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Controlling in mittleren Unternehmensberatungen

Eine qualitative Untersuchung

©2011 Diplomarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Unternehmensberatungen steigt im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen seit Jahren überdurchschnittlich an. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich erreichte die Branche im Jahr 2008 eine Wertschöpfung von mehr als einem Prozent des Bruttoinlandprodukts. Neben Großbritannien haben Unternehmensberatungen in keinen anderen Ländern der Europäischen Union einen höheren Anteil an der gesamten Wertschöpfung.
Dabei erreichten in den vergangenen Jahren insbesondere die mittleren Unternehmensberatungen ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum. Sie haben in Deutschland mittlerweile einen Marktanteil von mehr als 34 % gemessen am Gesamtumsatz im Markt für Beratungsdienstleistungen. Fast alle großen privaten Konzerne, aber auch öffentliche Unternehmen und gemeinnützige Organisationen nehmen Beratungsleistungen in Anspruch.
Dieses hohe wirtschaftliche Gewicht wirft die Frage auf, wie es um die eigene betriebswirtschaftliche Planung und Steuerung innerhalb von mittleren Beratungsunternehmen bestellt ist. Hierzu ist zum Ersten festzustellen, dass sich Unternehmensberatungen insbesondere im Hinblick auf Marktdynamik und Personalstruktur stark von Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe und von klassischen Dienstleistungsbetrieben unterscheiden. Traditionelle Controlling- und Managementkonzepte, die ursprünglich für Industrieunternehmen entwickelt wurden, können daher in den meisten Fällen nicht eins zu eins auf Unternehmensberatungen angewendet werden.
Zum Zweiten beschäftigte sich die betriebswirtschaftliche Forschung bisher noch recht wenig mit auf die spezifischen Charakteristika von Unternehmensberatungen ausgerichteten Controllingsystemen. Unternehmensberatungen als Forschungsgegenstand gelten als ‘underconceptualized,…even atheoretical.’ Die wenigen Untersuchungen, die Unternehmensberatungen zum Betrachtungsgegenstand hatten, konzentrieren sich zudem zumeist nicht auf mittlere Beratungsunternehmen, sondern auf große, global operierende Unternehmensberatungen. Zum Dritten gibt es in der Praxis des Controllings in mittleren Unternehmensberatungen Defizite. ‘Der Schuster hat die am schlechtesten besohlten Schuhe’ – diese Redewendung trifft auf das Controlling vieler Beratungsunternehmen zu. Das Controlling nimmt dort im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen eine untergeordnete Stellung ein. In mittleren Beratungen wird das Controlling oft nebenbei durch ein Mitglied der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sonja Kickmaier
Managing Clinical Studies ­ A Critical Reflection
ISBN: 978-3-8428-1473-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Atlantic International University, Honolulu, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2011
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

II
Danksagung
Das Gelingen der Diplomarbeit wurde von einer Reihe von Personen begleitet, bei
denen ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte.
Besonderer Dank gilt meinem Betreuer o. Univ.-Prof. Dr. Rolf Eschenbach, dessen
wertvolle Anregungen und konstruktive Kritik ganz entscheidend zur zielgerichteten
Erstellung der Diplomarbeit beigetragen haben.
Sehr großer Dank gilt meinen Eltern. Ich danke Ihnen für die jahrelange Unterstüt-
zung und den Rückhalt, insbesondere während des Studiums. Auch während der
Erstellung der Diplomarbeit haben Sie mich mit vielen wertvollen Ratschlägen vorbe-
haltlos unterstützt und motiviert.
Mein größter Dank gilt meiner Freundin Betsy, eine wundervolle und verständnisvolle
Partnerin. Sie hat während der Erstellung der Diplomarbeit durch ihre grenzenlose
Unterstützung und ihren fortwährenden Glauben an mich, ganz Wesentlich zum Ge-
lingen beigetragen.
Schließlich gilt mein Dank allen Interviewpartnern. Nur durch ihren hochwertigen In-
put konnte die Diplomarbeit in dieser Form erstellt werden.

III
Ziele und Ergebnisse
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Besonderheiten des Controllings in der Praxis von
mittleren Unternehmensberatungen umfassend herauszuarbeiten. Dazu werden ne-
ben einer Literaturanalyse neun leitfadengestützte qualitative Interviews mit Füh-
rungskräften und Top-Controllern mittlerer Beratungen geführt.
Insgesamt ist festzuhalten, dass im Controlling in mittleren Unternehmensberatungen
der Fokus auf Personal und Projekten liegt. Dies sind die wichtigsten Steuerobjekte.
In der Branche wird sehr großer Wert auf die Leistungsorientierung der Mitarbeiter
gelegt, was sich in den Anreizsystemen widerspiegelt. Die Auslastung ist die zentrale
kurzfristige Steuergröße. Der Messung der verwendeten und abgerechneten Zeit
kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu.
Die Ergebnisse spiegeln aufgrund der begrenzten Anzahl an Interviews allerdings
nur einen ersten Eindruck wieder und sollten noch durch breit angelegte quantitative
Studien bestätigt werden.

IV
Inhaltsverzeichnis
Danksagung...II
Ziele und Ergebnisse ...III
Inhaltsverzeichnis... IV
Abbildungsverzeichnis ... VII
Tabellenverzeichnis ... VIII
Abkürzungsverzeichnis ... IX
1
Einleitung ...1
1.1
Problemstellung ...1
1.2
Ziele und Aufbau der Arbeit ...2
1.3
Wissenschaftstheoretische Einführung...4
1.3.1
Wissenschaftstheoretische Positionierung ...4
1.3.2
Forschungsansatz ...5
2
Untersuchungsgegenstand mittlere Unternehmensberatungen ...7
2.1
Unternehmensberatung ­ Begriffsabgrenzung ...7
2.2
Besondere Charakteristika von professionellen Dienstleistungen ...8
2.3
Spezifizierung des Begriffs der ,,mittleren Unternehmen" ...10
2.4
Marktkontext von Unternehmensberatungen...11
2.4.1
Entwicklung der Beraterbranche in Deutschland...11
2.4.2
Entwicklung der Beraterbranche in Österreich ...14
2.4.3
Deutschland und Österreich im europäischen Vergleich...14
2.5
Beratungsfelder ...15
2.6
Gründe für die wachsende Nachfrage nach Beratungsdienstleistungen ...16
2.7
Organisationsstruktur von Unternehmensberatungen ...18

V
3
Controlling ...20
3.1
Beschreibung eines schillernden Begriffs ...20
3.2
Das Controllingsystem ­ Konzeption und Anforderungen ...22
4
Details zur qualitativen Untersuchung ...24
4.1
Beschreibung des Untersuchungsschemas...24
4.2
Beschreibung der Interviewpartner und ihrer Unternehmen ...25
4.3
Form der Befragung...27
4.4
Strukturierung der Interviews und Leitfadenerstellung...29
4.5
Auswertung der Interviews und Darstellung der Ergebnisse ...30
5
Allgemeine Angaben zu Controlling-Aufgaben und Organisation ...32
5.1
Controlling-Philosophie der befragten Führungskräfte...32
5.2
Organisatorische Einbettung des Controllings...34
5.3
Messung der Controlling-Effizienz ...36
5.4
Herausforderungen für das Controlling...37
6
Controlling zur Unterstützung der normativen Führungsebene ...38
6.1
Mission und oberste Unternehmensziele...39
6.2
One-Firm-Kultur ...41
6.3
Controlling der normativen Ziele ...44
7
Controlling zur Unterstützung der strategischen Führungsebene ...48
7.1
Strategische Planung in den befragten Unternehmen ...49
7.2
Umfeldanalyse, Unternehmensanalyse und strategische Risiken ...52
7.3
Kennzahlensysteme ...54
7.4
Verbindung von Kennzahlen- und Anreizsystem ...57

VI
7.5
Exkurs: Literaturbasierte Darstellungen zum strategischen Controlling...63
7.5.1
Produktebenszyklus-Analyse ...63
7.5.2
Strategische Erfolgsfaktoren in der Beratungsliteratur ...65
7.5.3
Entwicklung einer Balanced Scorecard für Beratungen ...69
7.5.3.1
BSC-Perspektiven in Unternehmensberatungen ...70
7.5.3.2
BSC-Kennzahlen in Unternehmensberatungen ...72
7.5.3.3
Indikatoren der Finanzperspektive...76
7.5.3.4
Indikatoren der Kundenperspektive ...77
7.5.3.5
Indikatoren der Prozessperspektive...79
7.5.3.6
Indikatoren der Mitarbeiterperspektive...79
7.5.4
Strategische Kostensteuerung ...80
8
Controlling zur Unterstützung der operativen Führungsebene...83
8.1
Betrachtungsebenen der operativen Steuergrößen ...83
8.2
Interne Verrechnungspreise ...86
8.3
Steuerung des Leverage ...89
8.4
Zeithorizont und Prozess der operativen Planung ...90
8.5
Zeitmessung in Unternehmensberatungen...92
9
Verbindung der normativen, strategischen und operativen Ebene ...96
10
Zusammenfassung und kritische Bewertung der Ergebnisse...99
Literaturverzeichnis ...102
Anhang ...109
Interviewleitfaden ...109

VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 ­ Aufbau der Arbeit...3
Abbildung 2 ­ Entwicklung des Umsatzes der Beraterbranche ...12
Abbildung 3 ­ Deutschland und Österreich im europäischen Vergleich ...15
Abbildung 4 ­ Aufteilung des Beratermarktes nach Beratungsfeldern ...16
Abbildung 5 ­ Ziele von Unternehmensberatungen ...39
Abbildung 6 ­ Elemente der One-Firm-Kultur von Unternehmensberatungen ...42
Abbildung 7 ­ Controlling der normativen Ziele...45
Abbildung 8 ­ Prozess der strategischen Planung ...48
Abbildung 9 ­ Gestaltungsfelder in Bezug auf die Unternehmenswertsteigerung ...67
Abbildung 10 ­ Kennzahlensysteme in Unternehmensberatungen ...70
Abbildung 11 ­ Empirisch untersuchte Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge...71
Abbildung 12 ­ BSC nach eigener Darstellung ...1
Abbildung 13 ­ Die Maister-Formel und das Expanded Profit Model ...76
Abbildung 14 ­ Kostenstruktur von Beratungsunternehmen ...80
Abbildung 15 ­ Integration der Kostenrechnung in Beratungen ...85
Abbildung 16 ­ Mitarbeiter Zeiterfassungsbogen (Timesheet) ...93

VIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 ­ Anforderungen an die Beratungsforschung ...6
Tabelle 2 ­ Marktanteil und Wachstum nach Größenklassen ...13
Tabelle 3 ­ Anforderungen und Konzeption des Controllings ...23
Tabelle 4 ­ Unterteilung der befragten Unternehmen nach BDU-Beratungsfeldern..27
Tabelle 5 ­ Charakteristika der befragten Unternehmen...27
Tabelle 6 ­ Merkmale der Planung in mittleren Beratungen...51
Tabelle 7 ­ In den Interviews genannte Kennzahlen...56
Tabelle 8 ­ Anreizmöglichkeiten für Unternehmensberatungen ...57
Tabelle 9 ­ Merkmale der Lebenszyklusphasen ...63
Tabelle 10 ­ Strategische Erfolgsfaktoren in der Beratungsliteratur...67
Tabelle 11 ­ Bewertung der Berater-Arbeitszeit nach eigener Darstellung ...87
Tabelle 12 ­ Einteilung der befragten Unternehmen in Grundpositionen ...98

IX
Abkürzungsverzeichnis
DB ­ Deckungsbeitrag
BCG ­ Boston Consulting Group
BDU ­ Bundesverband Deutscher Unternehmensberater
BIP ­ Bruttoinlandsprodukt
BSC ­ Balanced Scorecard
BPR ­ Business Process Reengineering
EBIT ­ Earnings before Interests and Taxes
ERP ­ Enterprise Ressource Planning
EVA ­ Economic Value Added
FEACO ­ European Federation of Management Consultancies Associations
IFM ­ Institut für Mittelstandsforschung
IT ­ Informationstechnologie
HR ­ Human Resources
M&A ­ Mergers & Acquisitions
OECI ­ Österreichisches Controller Institut
PSF ­ Professional Service Firms
REFA ­ Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensent-
wicklung
UBIT ­ Fachverband Unternehmensberatung & IT
TQM ­ Total Quality Management
WIFI ­ Weiterbildungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich

1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Unternehmensberatungen steigt im Ver-
gleich zu anderen Wirtschaftszweigen seit Jahren überdurchschnittlich an. Sowohl in
Deutschland als auch in Österreich erreichte die Branche im Jahr 2008 eine Wert-
schöpfung von mehr als einem Prozent des Bruttoinlandprodukts. Neben Großbri-
tannien haben Unternehmensberatungen in keinen anderen Ländern der Europäi-
schen Union einen höheren Anteil an der gesamten Wertschöpfung.
1
Dabei erreichten in den vergangenen Jahren insbesondere die mittleren Unterneh-
mensberatungen ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum. Sie haben in
Deutschland mittlerweile einen Marktanteil von mehr als 34 % gemessen am Ge-
samtumsatz im Markt für Beratungsdienstleistungen.
2
Fast alle großen privaten Kon-
zerne, aber auch öffentliche Unternehmen und gemeinnützige Organisationen neh-
men Beratungsleistungen in Anspruch.
Dieses hohe wirtschaftliche Gewicht wirft die Frage auf, wie es um die eigene be-
triebswirtschaftliche Planung und Steuerung innerhalb von mittleren Beratungsunter-
nehmen bestellt ist. Hierzu ist zum Ersten festzustellen, dass sich Unternehmensbe-
ratungen insbesondere im Hinblick auf Marktdynamik und Personalstruktur stark von
Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe und von klassischen Dienstleis-
tungsbetrieben unterscheiden. Traditionelle Controlling- und Managementkonzepte,
die ursprünglich für Industrieunternehmen entwickelt wurden, können daher in den
meisten Fällen nicht eins zu eins auf Unternehmensberatungen angewendet wer-
den.
3
Zum Zweiten beschäftigte sich die betriebswirtschaftliche Forschung bisher noch
recht wenig mit auf die spezifischen Charakteristika von Unternehmensberatungen
ausgerichteten Controllingsystemen. Unternehmensberatungen als Forschungsge-
genstand gelten als ,,underconceptualized,...even atheoretical."
4
Die wenigen Unter-
1
Vgl. FEACO 2008: S. 16.
2
Vgl. Tabelle 2.
3
Vgl. Waldegge 2009: S. 3.
4
Lundberg 1997: S. 193.

2
suchungen, die Unternehmensberatungen zum Betrachtungsgegenstand hatten,
konzentrieren sich zudem zumeist nicht auf mittlere Beratungsunternehmen, sondern
auf große, global operierende Unternehmensberatungen. Zum Dritten gibt es in der
Praxis des Controllings in mittleren Unternehmensberatungen Defizite. ,,Der Schuster
hat die am schlechtesten besohlten Schuhe" ­ diese Redewendung trifft auf das
Controlling vieler Beratungsunternehmen zu. Das Controlling nimmt dort im Vergleich
zu Unternehmen anderer Branchen eine untergeordnete Stellung ein. In mittleren
Beratungen wird das Controlling oft nebenbei durch ein Mitglied der Geschäftsfüh-
rung erledigt.
5
Dennoch bieten viele dieser Consulting-Unternehmen ihren Kunden
eine umfassende Beratung zu Controllingthemen an.
Zuletzt nimmt der Bedarf an Controlling-Know-How in der Beraterbranche auch vor
dem Hintergrund der Wirtschaftskrise 2009 und den damit verbundenen Umsatzein-
brüchen zu.
1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit
Die Arbeit versucht, einen Beitrag zur Beseitigung der in der Problemstellung aufge-
zeigten Defizite zu leisten und verfolgt daher das Ziel, die Besonderheiten und die
Komplexität des Controllings in der Praxis von mittleren Beratungsunternehmen um-
fassend darzustellen. In diesem Zusammenhang soll eine Antwort auf die folgenden
Fragen gegeben werden:
- Wie gestalten mittlere Beratungsunternehmen ihre Controllingsysteme in der
Praxis ­ unterschieden nach normativer, strategischer und operativer Ebene?
- Inwiefern unterscheiden sich dabei Controlling-Aufgaben, Objekte und organi-
satorische Einbettung in mittleren Beratungen vom Controlling in anderen
Branchen?
Zur Beantwortung der Fragen werden qualitative Interviews mit Top-Controllern und
Führungskräften ausgewählter mittlerer Beratungen geführt. Grundlage dieser Inter-
views bildet ein Leitfaden, der auf einer umfassenden Literaturanalyse basiert. Dabei
wird dem in Abbildung 1 dargestellten Aufbau gefolgt.
5
Vgl. Brandt 2002: S. 27.

3
Abbildung 1 ­ Aufbau der Arbeit
Nach der wissenschaftstheoretischen Einführung (Kapitel 1) werden die Forschungs-
gegenstände näher erläutert. Dabei werden die Begriffe Unternehmensberatung,
mittlere Unternehmen und Controlling (Kapitel 2 und 3) definitorisch abgegrenzt. An-
hand einer Literaturanalyse werden die branchenspezifischen Merkmale von Unter-
nehmensberatungen herausgearbeitet.
Anschließend wird das Untersuchungsschema und die Erhebungsmethode spezifi-
ziert (Kapitel 4). Im empirischen Teil der Arbeit wird dann die Zusammenfassung von
neun qualitativen Interviews mit Top-Controllern und Führungskräften von mittleren
Beratungsunternehmen dargestellt und zu den Ergebnissen einer Literaturanalyse in
Kontext gesetzt (Kapitel 5-9). Am Schluss werden die Ergebnisse im Hinblick auf wei-
teren Forschungsbedarf kritisch bewertet (Kapitel 10).

4
1.3 Wissenschaftstheoretische
Einführung
Kern dieser Arbeit ist die wissenschaftliche Untersuchung der in Kapitel 1.1 erläuter-
ten Problemstellung. Wissenschaft wird hier im Sinne einer Tätigkeit als der ,,Pro-
zess, Erkenntnis systematisch zu gewinnen, um so den Vorrat an Wissen zu vergrö-
ßern",
6
verstanden. Die Wissenschaftstheorie legt den Bezugsrahmen fest, in dem
die Erkenntnis gewonnen wird. Sie bestimmt, was als Erkenntnis gilt und formuliert
Ansätze darüber, wie Erkenntnis gewonnen werden kann.
7
In der Literatur gibt es
gegensätzliche wissenschaftstheoretische Ansichten. Vielfach wird formuliert, dass
es die ,,Wissenschaft als ein einheitliches und unbestrittenes System der Erkenntnis-
gewinnung nicht gibt."
8
Als Forscher ist man grundsätzlich auch nicht dazu gezwungen, sich auf eine be-
stimmte wissenschaftstheoretische Position festzulegen. Dennoch soll hier eine
grundsätzliche Positionierung erfolgen, um offenzulegen, durch welche Brille das zu
untersuchende Objekt hier betrachtet wird und um die Arbeit damit besser nachvoll-
ziehbar zu machen.
9
1.3.1 Wissenschaftstheoretische Positionierung
Als theoretische Grundposition bzw. ,,Brille", durch die das Controlling in mittleren
Unternehmensberatungen betrachtet wird, dient der Konstruktivismus. Demnach ist
die Wirklichkeit subjektabhängig, es gibt jenseits der eigenen Wahrnehmung keine
objektive, universell gültige Erkenntnis.
10
Aufgrund dieser Position wird im Rahmen der Untersuchung die Ansicht vertreten,
dass ,,die Realität lediglich durch Beobachtung zugänglich ist ­ und damit zwangsläu-
fig subjektiv interpretiert wird."
11
Die Wissenschaft selbst kann im Rahmen des Kon-
struktivismus ,,nicht losgelöst von kulturellen, sozialen, politischen und ökonomischen
Einflüssen betrachtet werden."
12
Die Wahrheit gilt dann als gegeben, wenn die Aus-
sagen auf Zustimmung stoßen und im jeweiligen Kontext von anderen geteilt werden.
6
Kornmeier 2007: S. 4.
7
Vgl. Chmielewicz 1994: S. 4.
8
Kromrey 2006: S. 54.
9
Vgl. Kriegmeier 2003: S. 114.
10
Vgl. Kornmeier 2007: S. 31.
11
Kornmeier 2007: S. 33.
12
Dyllick und Tomczak 2007: S. 75.

5
Als Leser sollte man von dieser Arbeit daher nicht die Darstellung einer objektiven
Realität erwarten, sondern die Anregung zur Reflexion und kritischen Hinterfragung
der Beobachtungen des Autors.
Des Weiteren versteht sich diese Arbeit als Beitrag zur Beratungsforschung (eng-
lisch: Consulting Research) im Sinne einer angewandten Wissenschaftskonzeption.
13
Die anwendungsorientierte Forschung zeichnet sich durch Umsetzungsorientierung
aus und befasst sich mit Problemstellungen, die nicht in der Wissenschaft selbst,
sondern in der Praxis entstehen. Wissenschaftliches Ziel ist nicht das Entwickeln rein
theoretischer Modelle, sondern Erkenntnisse zu gewinnen, die sich durch praktische
Relevanz und Umsetzbarkeit auszeichnen.
1.3.2 Forschungsansatz
In der Literatur wird zwischen qualitativen und quantitativen Forschungsansätzen
unterschieden. Quantitative Forschungsansätze werden meistens verwendet, um in
bereits relativ gut erschlossenen Gebieten zum Beispiel mit standardisierten schriftli-
chen Befragungen bestehende Theorien zu überprüfen.
In dieser Arbeit wird hingegen ein qualitativer Forschungsansatz gewählt. Dieser
zeichnet sich durch das Prinzip der Offenheit des Forschers im Hinblick auf Untersu-
chungsperson, Untersuchungsobjekt und Untersuchungsmethoden aus. Es gibt im
Vorfeld der Untersuchung keine durch Hypothesen festgelegte Meinung, die dann
empirisch überprüft werden könnte. Mayring stellt dazu fest, dass man durch qualita-
tive Untersuchungen ein grundlegendes Verständnis der Komplexität und Ganzheit
des Untersuchungsgegenstandes bekommen sollte.
14
Ob man einen qualitativen oder quantitativen Ansatz verfolgt, hängt in der For-
schungspraxis vor allem vom Forschungsgegenstand und der Forschungssituation
ab
15
. Für den qualitativen Ansatz spricht, dass der Forschungsgegenstand ­ das
Controlling in mittleren Unternehmensberatungen ­ noch relativ unerforscht und sehr
komplex ist.
16
13
Vgl. Nissen 2007: S. 19.
14
Vgl. Mayring 2002: S. 19ff.
15
Vgl. Kriegmeier 2003: S. 116.
16
Vgl. Kapitel 1.1.

6
Es gibt nach Recherchen des Autors noch keine geschlossene Theorie zum Control-
ling in mittleren Beratungsunternehmen, die quantitativ überprüft werden könnte. Au-
ßerdem ist die Beraterbranche als ,,People Business" durch den Faktor Mensch ge-
prägt. Dies führt dazu, dass auch im Controlling verhaltenswissenschaftlich geprägte
Sachverhalte eine wichtige Rolle spielen, zu deren Untersuchung sich qualitative An-
sätze anbieten.
17
Der qualitative Ansatz kommt in dieser Arbeit insbesondere durch
die Vorstellung der Ergebnisse der qualitativen Interviews in den Kapiteln 5-9 zum
Ausdruck.
Nissen schlägt vor, dass Untersuchungen im Gebiet der Beratungsforschung einer
Reihe von zusätzlichen Anforderungen genügen sollten.
18
Diese Anforderungen sol-
len wie in Tabelle 1 dargestellt in dieser Arbeit berücksichtigt werden.
Tabelle 1 ­ Anforderungen an die Beratungsforschung
19
Anforderung
Lösungsansatz in dieser Diplomarbeit
Klärung der verwendeten Begriffe
Relevante Begriffe werden in Kapitel 2 und 3
definiert und diskutiert.
Klare Zielsetzung der Untersuchung, Unvor-
eingenommenheit bezüglich des Ergebnis-
ses
Darstellung von Problemstellung und Zielen
der Arbeit in Kapitel 1.
Berücksichtigung des Status Quo der For-
schung
Literaturgestützte Analyse des aktuellen
Standes des Controllings in mittleren Unter-
nehmensberatungen als Grundlage für den
Interviewleitfaden für die qualitativen Inter-
views.
Methodisch fundiertes, systematisches und
kritisch reflektierendes Vorgehen
Auswertung der Interviews in Anlehnung an
die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse
nach Mayring,
20
kritische Bewertung der Er-
gebnisse in Kapitel 10.
Bereitschaft zur Offenlegung aller Ergebnis-
se und Details der Vorgehensweise
Ausführliche Darstellung des Untersu-
chungssschemas in Kapitel 4, Interviewleit-
faden im Anhang.
Generierung neuen Wissens - Innovation
Analyse der qualitativen Interviews auf Ge-
meinsamkeiten und Muster in Kapitel 9.
Starker Anwendungsbezug
Befragung von Führungskräften und Top-
Controllern aus der Praxis, siehe Kapitel 4.2.
17
Vgl. Grewe 2008: S. 24.
18
Vgl. Nissen 2007: S. 19.
19
In Anlehnung an Nissen 2007: S. 19.
20
Vgl. Mayring 1997: S. 1ff.

7
2 Untersuchungsgegenstand mittlere Unternehmensberatungen
2.1 Unternehmensberatung ­ Begriffsabgrenzung
Unternehmensberatung (auch Management-Beratung, Business-Consulting, Wirt-
schaftsberatung) ist als Begriff in der betriebswirtschaftlichen Literatur wenig präzise
und insgesamt eher inkonsistent definiert. Die uneinheitliche Verwendung liegt unter
anderem am breit gefächerten umgangssprachlichen Verständnis
21
und daran, dass
der Begriff Unternehmensberatung ­ anders als Dienstleistungen wie die Wirt-
schaftsprüfung oder die Steuerberatung ­ gesetzlich nicht geschützt ist.
22
Dies führt
dazu, dass sich Unternehmen bzw. Einzelpersonen mit unterschiedlichsten Dienst-
leistungsportfolios als Unternehmensberater bezeichnen können.
23
Terminologisch geht der Begriff auf die im Jahr 1954 erfolgte Gründung des Bundes-
verbandes Deutscher Unternehmensberater zurück.
24
Dieser definiert Unternehmensberatung als:
"Rat und Mithilfe bei der Erarbeitung und Umsetzung von Problemlösungen in allen
unternehmerischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Funktionsbereichen."
25
Sommerlatte untersuchte und verglich im Jahr 2000 fünfzehn verschiedene Begriffs-
bestimmungen der Unternehmensberatung. Dabei kam er zu dem Schluss, dass
trotz aller Probleme doch ,,ein gewisser Konsens bezüglich der Abgrenzungskriterien
und Wesensmerkmale der Unternehmensberatung besteht."
26
Auf Grundlage dieser
Untersuchung führte Sommerlatte die verschiedenen Einzeldefinitionen des Bera-
tungsbegriffes zu folgender Normaldefinition zusammen, die die Grundlage für die
weiteren Betrachtungen in dieser Arbeit bildet:
21
Vgl. Steyrer 1991: S. 7.
22
Vgl. BDU Berufsbild 2011, http://www.bdu.de/berufsbild.html.
23
Vgl. Nissen 2007: S. 71.
24
Vgl. Kriegmeier 2003: S. 27.
25
BDU Berufsdefinition 2011, http://www.bdu.de/karriere.html.
26
Sommerlatte 2000: S. 83.

8
,,Unternehmensberatung ist eine auftragsindividuelle Dienstleistung professioneller,
unabhängiger, organisationsinterner oder -externer Personen, die im Rahmen zeit-
lich und sachlich abgegrenzter Projekte zur Lösung betriebswirtschaftlicher Probleme
öffentlicher oder privatwirtschaftlicher Organisationen erbracht wird, innerhalb derer
die Leistungserbringer über keinerlei Entscheidungs- oder Durchsetzungskompetenz
verfügen."
27
In der angelsächsischen Forschung werden die Tätigkeits- und Forschungsbereiche
von Unternehmensberatungen sehr oft jenen der Professional Service Firms
(deutsch: professionelle Dienstleistungsunternehmen) zugeordnet.
28
Das Interesse
an diesen Unternehmen hat in der Forschung seit Mitte der 90er Jahre deutlich zu-
genommen. Dabei erschienen auch relevante Publikationen zu Management- und
Controlling Aufgaben im Bereich der PSF.
29
Der Begriff der Professional Service Firms ist breit angelegt und umfasst neben Un-
ternehmensberatungen auch u. a. Anwaltskanzleien, Architekturbüros und Invest-
mentbanken.
30
Als entscheidend bezüglich der Zugehörigkeit zur Gruppe der Profes-
sional Service Firms gilt, ob im Rahmen der Leistungserstellung die konstitutiven
Merkmale professioneller Dienstleistungen erfüllt sind. Diese werden in Folge im Be-
ratungskontext erläutert.
2.2 Besondere Charakteristika von professionellen Dienstleistungen
Professionelle Dienstleistungen unterscheiden sich stark von traditionellen Dienst-
leistungen und von der Industrieproduktion. Dies hat vielfältige Auswirkungen auf
Management- und Controllingaufgaben in Professional Service Firms.
"Professional service firms are different to such an extent that a direct application of
strategic management assumptions and tools is at best misleading and at worst dis-
astrous."
31
Dienstleistungen sind im Gegensatz zu Sachleistungen durch die konstitutiven
Merkmale Immaterialität und Integration des externen Faktors gekennzeichnet.
32
Der
27
Sommerlatte 2000: S. 85.
28
Vgl. Barchewitz und Armbrüster 2004: S. 12.
29
exemplarisch seien hier folgende Werke genannt: Gillmann 2002; Kriegmeier 2003; Wiemers 2001;
Løwendahl 1997.
30
Vgl. Kubr 2002: S. 54.
31
Løwendahl 1997: S. 10.

9
externe Faktor ist dabei der Kunde. Bei der Durchführung eines Beratungsprojekts
muss dieser im Rahmen eines Interaktionsprozesses in den Leistungserstellungs-
prozess mit einbezogen werden.
Die Intangibilität bzw. Immaterialität kommt dadurch zu Stande, dass man das Er-
gebnis der Dienstleistung nicht ,,greifen" kann. Oft werden die Ergebnisse beispiels-
weise in Form von Empfehlungen weitergegeben, was im Gegensatz zu einem phy-
sisch greifbaren Produkt wie einem Auto steht.
33
Dies wiederum führt dazu, dass
man Dienstleistungen nicht lagern kann und der Zeitsteuerung eine hohe Bedeutung
zukommt.
Professionelle (Beratungs-)Dienstleistungen unterscheiden sich des Weiteren von
,,traditionellen" Dienstleistungen durch die Ausprägungen der folgenden Merkmale:
34
· Hohe Wissensintensität. Die Problemstellungen sind komplex und unstruktu-
riert.
· Besonders ausgeprägter individueller Charakter. Es erfolgt eine Maßschneide-
rung der Dienstleistung an die Kundenbedürfnisse.
· Die Leistungserstellung erfolgt in einem iterativen Prozess mit regelmäßiger
Interaktion zwischen Kunde und Berater im Rahmen von zeitlich begrenzten
Projekten.
· Es besteht eine hohe Informationsasymmetrie zwischen Kunde und Berater.
Diese Faktoren führen dazu, dass in Unternehmensberatungen besondere Anforde-
rungen an die persönliche Qualifikation der dienstleistenden Personen gestellt wer-
den. Das Beraterpersonal muss in der Lage sein, die hohe Wissensintensität und
den regelmäßigen Kundenkontakt im Rahmen von zeitlich begrenzten Projekten zu
meistern. Mehr als in anderen Branchen hängt die Wertschöpfung in Unternehmens-
beratungen vom Know-How und der Motivation der Mitarbeiter ab, wie auch das fol-
gende Zitat verdeutlicht.
,,One of the most critical processes at work in any consulting firm is the growth and
development of its people."
35
32
Vgl. Stebel 2007: S. 7.
33
Vgl. Wegmann und Winklbauer 2006: S. 26.
34
Vgl. Løwendahl 1997: S. 20; Nissen 2007: S. 8; Binnewies 2002: S. 39.

10
Dabei sind insbesondere in Bezug auf die Gestaltung der Anreiz- und Controllingsys-
teme folgende Besonderheiten des Beraterpersonals zu berücksichtigten:
· Das Beraterpersonal ist einerseits in der Regel hervorragend ausgebildet und
äußerst belastbar. Andererseits zeichnen sich überdurchschnittlich viele Mit-
arbeiter auch durch hohes Streben nach Unabhängigkeit und autonomes Ar-
beiten mit Gestaltungsfreiraum aus.
· Die
Personalfluktuation
ist in der Branche allgemein überdurchschnittlich hoch.
· Die große Bedeutung und zeitliche Belastung der Berater durch das Projekt-
geschäft führt oft dazu, dass für das Controlling wichtige Berichte bzw. Proto-
kolle gar nicht erst erstellt werden. ,,Consultants just don´t have and don´t
want to take the time for detailed reports and formal procedures."
36
· Creativity VS Control: Berater müssen außergewöhnliche Lösungen entwi-
ckeln. Gerade in einer auf Innovativität und Kreativität ausgerichteten Unter-
nehmenskultur wird daher oft ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für Un-
ternehmensberatungen gesehen. Rigide Kontrollmechanismen könnten darauf
kontraproduktiv wirken.
2.3 Spezifizierung des Begriffs der ,,mittleren Unternehmen"
Es gibt keine einheitliche oder gesetzlich vorgeschriebene Definition für den Begriff
der mittelgroßen Unternehmen. In der deutschsprachigen Literatur ist allerdings ins-
besondere die Größenklasseneinteilung des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn
relativ weit verbreitet.
37
In dieser Größenklasseneinteilung werden alle unabhängigen Unternehmen mit min-
destens 10 und maximal 499 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindes-
tens einer Million und maximal 50 Millionen Euro zu den mittleren Unternehmen ge-
zählt.
38
Diese Definition dient auch als grobe Grundlage für die Ausführungen in die-
35
Esposito und Koplos 1994: S. 20.
36
Løwendahl 1997: S. 51.
37
Vgl. Ossadnik, Lengerich, und Barklage 2010: S. 11.
38
Vgl. IFM Internetseite 2011: http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89.

11
ser Arbeit ­ insbesondere die qualitativen Interviews im empirischen Teil der Arbeit
werden ausschließlich in Unternehmen dieser Größenklasse durchgeführt.
39
Für die nachstehende Marktanalyse werden unter dem Begriff der mittleren Unter-
nehmen allerdings nur all jene Beratungen betrachtet, die einen Umsatz zwischen 1
und 45 Millionen Euro im Jahr erwirtschaften, ohne Berücksichtigung der Mitarbeiter-
zahl. Die leichte Abweichung im Vergleich zur Definition des Instituts für Mittelstands-
forschung und die Reduktion auf die Umsatzgröße hat ausschließlich forschungs-
praktische Gründe. Die Analyse von Marktentwicklungen wird dadurch wesentlich
einfacher möglich, da der BDU bei seinen veröffentlichten Statistiken zum Berater-
markt bei 45 Millionen Euro Jahresumsatz eine Grenze zwischen mittleren und gro-
ßen Beratungen setzt und dabei nicht nach Mitarbeiteranzahl differenziert.
40
2.4 Marktkontext von Unternehmensberatungen
Der Markt für Beratungsdienstleistungen ist durch hohe Wachstumsraten und ein
komplexes Umfeld gekennzeichnet. Kürzer werdende Produktlebenszyklen und
Netzwerkbildungen unter den Beratungen führen zu einer überdurchschnittlichen Dy-
namik mit sich ständig ändernden, volatilen Wettbewerbssituationen.
41
Diese äußern
sich unter anderem in stark schwankenden Umsatzwachstumsraten, wie anhand der
folgenden Statistiken dargelegt wird.
2.4.1 Entwicklung der Beraterbranche in Deutschland
Allgemein gilt Deutschland laut Umfragen des BDU als einer der weltweit größten
Märkte für Beratungsunternehmen.
42
In den letzten zehn Jahren konnte die Branche
wesentlich höhere Umsatzwachstumsraten als der gesamtdeutsche Branchenschnitt
erzielen. Im Zuge der Wirtschaftskrise 2009 gerieten allerdings auch die Unterneh-
mensberatungen unter Druck und der Branchenumsatz schrumpfte um mehr als drei
Prozent. Daran sieht man, dass der Markt trotz der hohen durchschnittlichen Wachs-
tumsraten durch eine hohe Volatilität gekennzeichnet ist. Eine Änderung des Um-
39
Vgl. Kapitel 4.2.
40
Vgl. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater 2010: S. 3ff.
41
Vgl. Binnewies 2002: S. 155.
42
Vgl. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater 2010: S. 8ff.

12
satzwachstums von +10,7 Prozent im Jahr 2008 auf -3,1 Prozent im Jahr 2009 gab
es in dieser Intensität in kaum einer anderen Branche.
Abbildung 2 ­ Entwicklung des Umsatzes der Beraterbranche
43
Betrachtet man das Unternehmenswachstum nach verschiedenen Größenklassen,
kann man feststellen, dass mittlere Unternehmensberatungen in den letzten Jahren
in Deutschland die durchschnittlich höchsten Wachstumsraten erzielten.
Auch die Wirtschaftskrise 2009 überstanden sie relativ gut. Während die großen Be-
ratungen hier im Schnitt mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes einbüßten, konnten klei-
ne und mittlere Beratungen ihren Umsatz weitestgehend konstant halten.
44
Trotzdem
muss man anmerken, dass in Deutschland zumindest gemessen an den absoluten
Marktanteilen, weiterhin große Unternehmensberatungen dominieren. Die mittleren
Unternehmensberatungen konnten ihren Marktanteil allerdings in den vergangenen 5
Jahren in jedem Jahr ausbauen und kommen mittlerweile auf fast 35 Prozent.
45
43
Die Abbildung wurde der Consulting Beilage der Süddeutschen Zeitung vom 13.03. 2010 entnom-
men ­ Die Zahlen beziehen sich auf BDU Facts & Figures zum Beratermarkt 2009/2010.
44
Vgl. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater 2010: S.5.
45
Vgl. Tabelle 2.

13
Tabelle 2 ­ Marktanteil und Wachstum nach Größenklassen
46
Ø Unternehmenswachstum
2006
2007
2008
2009
Ø 2006 bis 2009
Große Beratungen (Über 45
Millionen Euro Umsatz)
8,5%
11,0%
10,6%
-5,0%
6,1 %
Mittlere Beratungen (1 bis 45
Millionen Euro Umsatz)
10,1%
12,5%
12,0%
-0,6%
8,4 %
Kleine Beratungen (Weniger
als 1 Million Euro Umsatz)
8,8%
9,2%
7,5%
0,6%
6,5 %
Marktanteil
Ende
2005
Ende
2006
Ende
2007
Ende
2008
Ende
2009
Große Beratungen (Über 45
Millionen Euro Umsatz)
45,7%
46,3%
45,9%
46,2%
45,3%
Mittlere Beratungen (1 bis 45
Millionen Euro Umsatz)
31,9%
32,9%
33,5%
34,1%
34,5%
Kleine Beratungen (Weniger
als 1 Million Euro Umsatz)
22,4%
20,8%
20,5%
19,7%
20,2%
Mittlere Unternehmensberatungen fahren überdurchschnittlich häufig eine Nischen-
strategie. Unternehmensberatungen, die sie sich auf bestimmte Nischen konzentrie-
ren und dort über Spezialisten Know-How verfügen, sind laut Schnieder, Präsident
des BDU, besser durch die Wirtschaftskrise gekommen.
,,Wenn sie eine bestimmte Größe unterschreiten, ist für Beratungsunternehmen eine
Spezialisierung erfolgversprechender als eine Internationalisierung", sagt Schnieder.
Wer sich auf seine Qualitäten besonnen und auf das richtige Thema gesetzt habe,
der gehe nun aus der Krise gestärkt hervor."
47
Gaiser, der Vorstandssprecher von Horvath & Partners, rechnet auch in Zukunft mit
einem steigenden Einfluss von spezialisierten mittleren Unternehmensberatungen.
Gaiser prophezeit sogar: ,,Der Beratermarkt entwickelt sich wie die US-Filmindustrie.
Die einst so mächtigen Filmfabriken sind verschwunden, stattdessen arbeiten dort
heute hunderte Topexperten."
48
46
Die Zahlen in Tabelle 2 beruhen auf einer eigenen Analyse der BDU Facts & Figures Publikationen
der Jahre 2005/2006 - 2009/2010. Die relevanten Marktstatistiken sind dort jeweils auf Seite 5.
47
Handelsblatt Nr. 081 2010: S. 58.
48
Handelsblatt Website 2009: http://www.handelsblatt.com/unternehmensberatung-wenn-die-kleinen-
berater-besser-sind;2489260.

14
2.4.2 Entwicklung der Beraterbranche in Österreich
Die Wirtschaftskrise haben Unternehmensberatungen laut einer Presseinformation
des Beraterbranchenverbandes UBIT in Österreich wesentlich besser überstanden
als in anderen Ländern. Demnach konnte die Branche im Jahr 2009 um 9,1 Prozent
wachsen und erwirtschaftete dabei einen Umsatz von 2,6 Milliarden Euro.
49
Aller-
dings werden in dieser Pressemitteilung keine Angaben zur Erhebungsmethode ge-
macht.
Leider gibt es zum österreichischen Beratermarkt keine nach den in dieser Arbeit
verwendeten Größenklassen differenzierten Statistiken. Insgesamt kann man aber
annehmen, dass der österreichische Beratermarkt noch wesentlich stärker als der
deutsche durch kleine und mittlere Beratungen geprägt ist.
Laut einer Studie der Fachhochschule-Wiener Neustadt aus dem Jahr 2007 erwirt-
schaften nämlich nur 8 Prozent der österreichischen Unternehmensberatungen einen
Umsatz von mehr als einer Million Euro im Jahr. Lediglich 5 Prozent aller Unterneh-
mensberatungen haben mehr als 20 Mitarbeiter.
50
2.4.3 Deutschland und Österreich im europäischen Vergleich
Die Branche der Unternehmensberater hat laut Angaben des europäischen Dach-
verbandes FEACO in Deutschland und Österreich mit einem Anteil von je über einem
Prozent des BIP eine wesentlich höhere gesamtwirtschaftliche Bedeutung als in den
meisten anderen Ländern der Europäischen Union. Dies deutet einerseits auf einen
hohen Entwicklungsstand des Marktes hin. Andererseits kann es aber auch bedeu-
ten, dass der Beratermarkt in diesen Ländern schon relativ gesättigt ist und es daher
in der mittleren Frist zu einem Verdrängungswettbewerb mit sinkenden Wachstums-
raten und erhöhter Unsicherheit kommt. Dies könnte auch ein Grund für verstärkte
Internationalisierungsbewegungen deutscher und österreichischer Beratungen in den
nächsten Jahren werden.
49
Vgl. UBIT-Radar 2010:
http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=520028&dstid=334&opennavid=31940.
50
Vgl. Kainz 2008: S. 11ff.

15
Land
Wachstum des Brut-
toinlandprodukts
2008
Umsatzwachstum der
Beraterbranche - 2008
Anteil des Umsatzes der
Beraterbranche am Bruttoin-
landsprodukt - 2008
Großbritannien
0,70%
5%
1,10%
Deutschland
1,30%
11%
1,06%
Österreich
2,00%
keine Daten vorhanden
1,05%
Schweden
0,97%
keine Daten vorhanden
0,97%
Spanien
1,20%
11%
0,87%
Niederlande
2,00%
keine Daten vorhanden
0,54%
Frankreich
0,40%
6%
0,43%
Belgien
1,10%
keine Daten vorhanden
0,39%
Schweiz
1,80%
0%
0,25%
Norwegen
2,40%
keine Daten vorhanden
0,23%
Italien
2,00%
keine Daten vorhanden
0,19%
Griechenland
2,90%
9%
0,10%
Polen
5,00%
keine Daten vorhanden
0,09%
Abbildung 3 ­ Deutschland und Österreich im europäischen Vergleich
51
Außerdem ist noch zu erwähnen, dass der erwirtschaftete Umsatz je Berater in
Deutschland und Österreich bei rund 150.000 Euro je Jahr und damit im europäi-
schen Mittelfeld liegt. Deutlich höhere Umsätze je Berater werden europaweit in der
Schweiz und in Schweden erzielt. Demgegenüber erwirtschaften Berater in den
meisten osteuropäischen Ländern weniger als 70.000 Euro je Jahr. Hier gibt es also
noch deutliches Entwicklungspotenzial.
52
2.5 Beratungsfelder
In der Literatur wird eine Vielzahl an Segmentierungsmöglichkeiten für den Berater-
markt aufgezeigt. Weit verbreitet ist die Segmentierung nach Beratungsfeldern, an
der sich viele der großen Beraterverbände (z.B. BDU, FEACO) orientieren. Dabei
handelt es sich um die Aufteilung des Beratermarktes nach inhaltlichen Aufgaben-
schwerpunkten. Allerdings führen die meisten Beratungen Geschäfte in mehr als ei-
nem Beratungsfeld durch und lassen sich daher nicht eindeutig einem Bereich zu-
ordnen, was die Erhebung von Statistiken erschwert.
Der BDU unterteilt den deutschen Beratermarkt in die Beratungsfelder HR-Beratung,
IT-Beratung, Organisations- und Prozessberatung und Strategieberatung. Der meiste
51
Zahlen aus FEACO 2009: S. 17.
52
Vgl. FEACO 2009: S. 16ff.

16
Umsatz wird in Deutschland in der Organisations- und Prozessberatung erwirtschaf-
tet.
53
Abbildung 4 ­ Aufteilung des Beratermarktes nach Beratungsfeldern
54
2.6 Gründe für die wachsende Nachfrage nach Beratungsdienstleistungen
Das starke Wachstum der erwirtschafteten Umsätze im Beratermarkt in den vergan-
genen Jahrzehnten lässt die Frage nach den Gründen aufkommen. Im Rahmen einer
vergleichenden Literaturanalyse von mehreren Monographien wurden folgende Trei-
ber des Wachstums identifiziert. Je nach Beratungsfeld und Unternehmensgröße
nehmen diese Treiber eine unterschiedliche Wichtigkeit ein.
Outsourcing ­ Aufgrund des Trends hin zu mehr Spezialisierung und Arbeitsteilung
konzentrieren sich viele Großunternehmen auf ihr Kerngeschäft und beauftragen Be-
ratungsunternehmen daher mit der Evaluation, Organisation und Durchführung des
Outsourcings von Randaktivitäten. Oft werden nicht zum Kerngeschäft zählende Ge-
53
Vgl. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater 2010: S.8.
54
In Anlehnung an Bundesverband Deutscher Unternehmensberater 2010: S. 8 und S. 25.

17
schäftsfelder auch einfach verkauft, wovon dann insbesondere das M&A Beratungs-
geschäft profitiert.
55
Globalisierung/Internationalisierung ­ Seit Jahrzehnten ist der internationale Wa-
renaustausch stark im Wachsen. Beratungsunternehmen profitieren davon, indem
sie ihre Kunden unter anderem bei der Analyse und Erschließung neuer Auslands-
märkte unterstützen und selbst neue Auslandsstandorte eröffnen.
56
Steigende Umweltkomplexität und Veränderungsdruck ­ Die Umwelt wird immer
komplexer und schnelllebiger. Die Produktlebenszyklusse werden immer kürzer, was
Unternehmen dazu zwingt, ständig innovative Produkte zu entwickeln. Dies stellt er-
höhte Anforderungen bezüglich Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Kreativität an
Unternehmen und Management, die damit oft überfordert werden. Zur Unterstützung
holen sie sich daher Berater.
57
Wegfall von staatlichen Regulierungen ­ Insbesondere im deutschsprachigen
Raum wirkt sich die vor allem durch die EU vorangetriebene Liberalisierung der
Märkte positiv auf das Beratergeschäft aus. Das Beratergeschäft war bis in die 70er
Jahre stark reglementiert und daher oft von öffentlichen Anbietern (z.B. REFA-Institut
in Deutschland, WIFI in Österreich) beherrscht. Diese öffentlichen Anbieter verlieren
jedoch seit zirka 30 Jahren zunehmend an Bedeutung, wovon private Beratungsun-
ternehmen profitieren.
58
Stärkerer Konkurrenz- und Kostendruck ­ Durch Globalisierung und Liberalisie-
rungstendenzen drängen immer mehr Anbieter in den Markt. Zusammen mit der zu-
nehmenden Dominanz des Shareholder Value-Ansatzes und kurzfristigen Rendite-
erwartungen der Aktionäre entsteht ein erhöhter Druck, kosteneffizient zu arbeiten.
59
Dabei können Beratungsunternehmen ihre Kunden insbesondere durch Benchmar-
king und ihre in anderen Projekten erworbenen branchenübergreifenden Erfahrungen
unterstützen.
Stärkeres Verlangen nach externer Legitimation ­ Im Zuge der verstärkten Not-
wendigkeit kosteneffizient zu arbeiten, werden Berater oft dazu eingesetzt, als exter-
55
Vgl. Poulfelt, Bhambri, und Greiner 2010: S. 17.
56
Vgl. Poulfelt, Bhambri, und Greiner 2010: S. 17.
57
Vgl. Hummel und Zander 2009: S. 45.
58
Vgl. Hasenzagl und Kainz 2008: S. 285ff.
59
Vgl. Hasenzagl und Kainz 2008: S. 285.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842814639
DOI
10.3239/9783842814639
Dateigröße
4.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft, Unternehmensführung und Innovation
Erscheinungsdatum
2011 (Mai)
Note
1,0
Schlagworte
controlling consulting unternehmensberatung management controller
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Titel: Controlling in mittleren Unternehmensberatungen
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