Lade Inhalt...

Kalkulierbares Risiko? Versicherung von Umweltrisiken

©2010 Bachelorarbeit 62 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Zahl der Naturkatastrophen ist innerhalb der letzten 20 Jahre enorm gestiegen. Allein im Laufe des aktuellen Jahres 2010 ereigneten sich eine Vielzahl von Naturereignissen, wie die untere Abbildung verdeutlicht. Dabei ist deren Schadensausmaß häufig von immenser Größe.(Abb. 1: Naturkatastrophen Januar bis September 2010).
Die Häufung und zunehmende Intensität dieser Ereignisse lässt immer wieder die Diskussion nach den Ursachen und möglichen Lösungswegen aufkommen. Dabei vermuten viele eine anthropogen verursachte Klimaänderung, welche in der Zukunft noch weit verheerendere Auswirkungen haben könnte.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Versicherung von Umweltrisiken im Kontext des Klimawandels. Dabei wird den zentralen Fragen nachgegangen, ob Naturgefahren überhaupt versicherbar sind, wie sich deren Risiko angemessen kalkulieren lässt und welche Mittel im Rahmen eines erfolgreichen Risikomanagements angewendet werden können.
An erster Stelle wird sich mit den Begrifflichkeiten der Naturgefahr, des Naturrisikos und der Naturkatastrophe auseinandergesetzt. Wo liegen die Unterschiede und wie hängen die Terminologien zusammen?
Im Anschluss daran wird die Diskussion um den Klimawandel aufgegriffen. Es erscheint unstrittig, dass sich das globale Klima verändert. Uneinigkeit herrscht jedoch bezüglich der Ursachen und zukünftigen Entwicklungen. Vor allem für die Versicherungsbranche ist eine Prognose der klimatischen Veränderungen in den nächsten Jahren von großer Bedeutung. Aus diesem Grund wird untersucht, welcher Einfluss der Klimawandel auf den Bereich der Versicherungen hat, und ob die Zunahme der Schäden im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Zu diesem Zweck werden zwei Regressionsanalysen vorgenommen.
Im vierten Kapitel steht der Begriff des Risikos im Vordergrund. Warum werden Versicherungen überhaupt nachgefragt und welchen Risiken ist die Versicherungswirtschaft ausgesetzt? Anschließend werden die wichtigsten Instrumente im Rahmen des Risikomanagements kurz erläutert und eine genaue Definition des Schadens vorgenommen.
Eine Analyse der Versicherbarkeit von Umweltrisiken erfolgt schließlich im fünften Kapitel. Dies geschieht auf der Grundlage allgemeiner Kriterien der Versicherbarkeit. Im Anschluss daran werden die Möglichkeiten zur Erweiterung der Versicherbarkeitsgrenzen aufgezeigt. Beispielhaft werden dabei die Optionen der Rückversicherung, Katastrophenanleihen und Versicherungsderivate […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einführung

2. Naturgefahr, Naturrisiko und Abgrenzung des Begriffs der Naturkatastrophe
2.1 Naturgefahr und Naturrisiko im Kontext
2.2 Die Naturkatastrophe als Extremereignis

3. Klimawandel und Versicherung
3.1 Definition und Einfluss des Klimawandels auf die Versicherung von Umweltrisiken
3.2. Regressionsanalyse: Einfluss des Klimawandels auf die zunehmende Schadenhöhe
3.2.1 Zusammenhang zwischen der Anzahl extremer Wetterereignisse und den daraus resultierenden Schäden
3.2.2 Kontrollregression: Zusammenhang zwischen der Anzahl geophysikalischer Ereignisse und den aus Wetterereignissen resultierenden Schäden

4. Risiko, Risikomanagement und Schaden
4.1 Risikoaversion und Versicherungsnachfrage
4.2 Unterschiedliche Definitionen des Risikobegriffs
4.3. Risiken im Bereich der Versicherungen
4.3.1 Das Zufallsrisiko
4.3.2 Das Änderungsrisiko
4.3.3 Das Irrtumsrisiko
4.3.4 Risiken aufgrund asymmetrischer Informationen
4.4. Risikomanagement
4.4.1 Bedeutung des Risikomanagements in Bezug auf Risiko und Versicherung
4.4.2. Risikopolitische Instrumente im Rahmen des Risikomanagements
4.4.2.1 Risikomeidung
4.4.2.2 Risikotransfer
4.4.2.3 Risikodiversifikation
4.4.2.4 Risikoausgleich
4.4.2.5 Risikoreservebildung
4.5 Schadensbegriff und Umweltschaden

5. Die Versicherbarkeit von Umweltrisiken
5.1 Grundsätzliche Überlegungen zur Versicherbarkeit von Risiken
5.2. Versicherbarkeit von Naturereignissen im Hinblick auf die Kriterien versicherbarer Risiken
5.2.1 Kriterium der Zufälligkeit
5.2.2 Kriterium der Eindeutigkeit
5.2.3 Kriterium der Schätzbarkeit
5.2.4 Kriterium der Unabhängigkeit
5.2.5 Kriterium der Größenmerkmale
5.2.6 Versicherbarkeit von Naturrisiken mit Hilfe risikopolitischer Instrumente

6. Möglichkeiten zur Erweiterung der Versicherbarkeitsgrenzen von Naturkatastrophen
6.1 Rückversicherungen
6.2 Katastrophenanleihen
6.3 Versicherungsderivate

7. Empirische Untersuchung zur Ermittlung der subjektiven Wahrnehmungen von Umweltrisiken
7.1 Ziel der Untersuchung
7.2 Durchführung und Aufbau der Befragung
7.3 Teilnehmer der Online-Befragung
7.4. Auswertung des Fragebogens
7.4.1 Definition des Risikobegriffs
7.4.2 Auswirkungen der eigenen Erfahrungen auf Vorsorgemaßnahmen und Risikowahrnehmung bezüglich Naturereignissen
7.4.3 Eingetretene Schäden

8. Fazit
Anhang: Klassifizierung von Katastrophen
Anhang: Fragebogen zur subjektiven Wahrnehmung von Umweltrisiken

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Naturkatastrophen Januar bis September 2010

Abb. 2: Regressionsanalyse 1: Wetterextreme – Schäden aus Wetterextremen

Abb. 3: Regressionsanalyse 2: Geophysikalische Ereignisse – Schäden aus Wetterextremen

Abb. 4: Risikoscheue und Sicherheitsäquivalent.

Abb. 5: Der Katastrophenkreislauf

Abb. 6: Risikoausgleich und der notwendige Risikobeitrag des Kollektivs

Abb. 7: Weltkarten ausgewählter Naturgefahren

Abb. 8: Volkswirtschaftliche Schäden aufgrund von Naturkatastrophen

Abb. 9: Naturkatastrophen weltweit und durch diese verursachte Schäden in den Jahren von 1980 bis 2009

Abb. 10: Für welche Naturgefahr vermuten die Befragten die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit?

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Kriterien der Versicherbarkeit

Tab. 2: Anteil der jeweiligen Risikodefinitionen

Tab. 3: Vorsorgemaßnahmen bezüglich Naturgefahren in Abhängigkeit von den eigenen Erfahrungen.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellenverzeichnis

Auer, Michael (2008): Operationelles Risikomanagement bei Finanzinstituten: Risiken identifizieren, analysieren und steuern, Weinheim.

Benzin, Arne (2005): Versicherungstechnische Bewertung unterschiedlicher Deckungskonzepte für Terrorismusrisiken, Karlsruhe.

Berge, Klaus (2005): Katastrophenanleihen: Anwendung, Bewertung, Gestaltungsempfehlungen, Dresden.

Berz, Gerhard (2004): Naturkatastrophen und Klimaänderung – welche Risiken gehen davon für die Versicherungswirtschaft aus und wie kann sie vorsorgen, in: Erdönmez, Mukadder (Hrsg.): Trends und Herausforderungen in der Rückversicherung: Perspektiven der Praxis, I∙VW Management-Information, Band 7, St. Gallen.

Bogenrieder, Olav (2007): Die Versicherbarkeit und Kalkulationsgrundlage von Elementarrisiken, in: Bruns, Alexander/Grobenski, Zdenko (Hrsg.): Die Versicherung von Umweltrisiken, Karlsruhe.

Brühwiler, Bruno (2003): Die Integration des Risk Management ins Management-System, in: Romeike, Frank/Finke, Robert (Hrsg): Erfolgsfaktor Risiko-Management: Chancen für Industrie und Handel: Methoden, Beispiele, Checklisten, Wiesbaden.

Dikau, Richard/ Weichselgartner, Jürgen (2005): Der unruhige Planet: Der Mensch und die Naturgewalten, Darmstadt.

Dotterweich, Alexander (2004): Wertorientierte Steuerung von Schadenversicherungsunternehmen, in: Kromschröder, Bernhard/Wilhelm, Jochen (Hrsg.): Passauer Reihe, Band 12: Risiko, Versicherung und Finanzierung, Karlsruhe.

Ehlers, Eckart (2007): Die Natur kennt keine Katastrophen: Zu einer notwendigen Unterscheidung zwischen Natur- und Umweltkatastrophe, in: Busch, Bernd (Hrsg.): Jetzt ist die Landschaft ein Katalog voller Wörter: Beiträge zur Sprache der Ökologie, Göttingen.

Endres, Alfred (1994): Versicherungsökonomie, Stuttgart.

Farny, Dieter (2006): Versicherungsbetriebslehre, 4. Aufl., Karlsruhe.

Frisch, Max (1981): Der Mensch erscheint im Holozän, Frankfurt a.M.

Gabler Verlag (Hrsg.): Gabler Wirtschaftslexikon, online im Internet: URL: http://wirtschaftslexikon.gabler.de.

Gerrard, Simon (1994): Management von Umweltrisiken, in: O’Riodan, Timothy (Hrsg.): Umweltwissenschaften und Umweltmanagement, Berlin.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (1991): Lösungen und Grenzen für die Versicherbarkeit von Elementarschäden, Jahrbuch 1991, Karlsruhe.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (2008): Überschwemmungen in Deutschland: Die meisten Gebäude sind versicherbar, Pressetext vom 05.06.2008, online im Internet: URL: http://www.presseportal.de/meldung/1204954, Stand: 23.10.2010.

Glade, Thomas/ Dikau, Richard (2001): Gravitative Massenbewegungen: Vom Naturereignis zur Naturkatastrophe, in: Petermanns Geographische Mitteilungen, Band 145, Heft 6: Umweltkatastrophen, S. 42 – 55, Gotha.

Glade, Thomas (2007): Geographische Umweltrisiken und Versicherungen: Ursachen, Wirkungen, Szenarien, in: Bruns, Alexander/Grobenski, Zdenko (Hrsg.): Die Versicherung von Umweltrisiken, Karlsruhe.

Goßner, Alfred (2002): Gibt es neue unversicherbare Risiken, in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens: Der Umgang mit den Risiken im Grenzbereich der Versicherbarkeit: Dokumentation über ein Symposium am 18.-20. Oktober 2001 im Schloß Marbach, Karlsruhe.

Grandi, Marcel/ Müller, Andrea (1999): Versicherungsderivate: Zur Konvergenz von Kapital- und Versicherungsmärkten, in: Versicherungswirtschaft, Karlsruhe.

Gütersloh, Ralf (1999): Umwelthaftungsfonds: Haftungs- und versicherungsrechtliche Aspekte eines kollektiven Entschädigungssystems für Umweltschäden, Karlsruhe.

Hesberg, Dieter/ Nell, Martin/ Schott, Winfried (1994): Risiko, Versicherung, Markt: Festschrift für Walter Karten zur Vollendung des 60. Lebensjahres, Karlsruhe.

Hofman, David/ Brukoff, Patricia (2006): Insuring Public Finances Against Natural Disasters: A Survey of Options and Recent Initiatives, in: IMF Working Paper, Ausgabe 06/199, Washington.

Hofmann, Markus (1995): Umweltrisiken und –schäden in der Haftpflichtversicherung: Hintergründe – Schadensanalysen – Kostenkalkulationsmodell, Karlsruhe.

Höppe, Peter (2007): Naturkatastrophentrends: Änderungsrisiko Klimawandel, in: Bruns, Alexander/Grobenski, Zdenko (Hrsg.): Die Versicherung von Umweltrisiken, Karlsruhe.

IPCC (2008): Climate Change 2007: Synthesis Report/Vierter Sachstandsbericht des IPCC, Berlin/Genf.

Jaeckel, Liv (2010): Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, Tübingen.

Koch, Peter (1998): Versicherungswirtschaft: Ein einführender Überblick, 5. Aufl., Karlsruhe.

Koch, Peter (2005): Versicherungswirtschaft: Ein einführender Überblick, 6. Aufl., Karlsruhe.

König, Robert (2006): Die Elementarschadenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland als Element der finanziellen Risikovorsorge gegen Naturereignisse, in: Müller, Udo/Budzinski, Oliver/Clbay, Yücel/Jasper, Jörg/Sundmacher, Torsten (Hrsg.): Schriften zur Politischen Ökonomie, Evolutorische und ökologische Aspekte, Band 4, Frankfurt a.M.

Kuck, Annette (2000): Abgrenzung traditioneller Rückversicherung von Katastrophenrisiken zu ausgewählten Konzepten des Alternativen Risikotransfers, Karlsruhe.

Lachmann, Werner (2004): Volkswirtschaftslehre 2: Anwendungen, 2. Aufl., Berlin.

Liebwein, Peter (2000a): Strukturierung von Rückversicherungsentscheidungen: Ein entscheidungstheoretisches Modell der Risikopolitik von Versicherungsunternehmen, Karlsruhe.

Liebwein, Peter (2000b): Klassische und moderne Formen der Rückversicherung, Karlsruhe.

Liebwein, Peter (2009): Klassische und moderne Formen der Rückversicherung, 2. Aufl., Karlsruhe.

Lupton, Deborah (1999): Risk, London.

Mahammadzadeh, Mahammad/ Biebeler, Hendrik/ Bardt, Hubertus (2009): Klimaschutz und Anpassung an die Klimafolgen: Strategien, Maßnahmen und Anwendungsbeispiele, Köln.

Manes, Alfred (1930): Versicherungslexikon, 3. Auflage, Berlin.

Meldung „Wohlstand vergrößert Schäden durch Naturkatastrophen“, in: Die Welt v. 13.11.2010.

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2005): Megastädte – Megarisiken: Trends und Herausforderungen für Versicherung und Risikomanagement, München.

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2006): Hurrikane – stärker, häufiger, teurer: Assekuranz im Äderungsrisiko, München.

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2009): Weltkarte der Naturgefahren, München.

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010a): GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE, München.

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010b): Topics Online 03/2010: Porträt Mark Bove: Dem nächsten großen Sturm einen Schritt voraus, online im Internet: URL: http://www.munichre.com/de/reinsurance/magazine/topics_online/PrintVersion.aspx?/de/reinsurance/magazine/topics_online/2010/03/portrait_mark_bove/page_04.aspx, Stand: 19.11.2010.

Nguyen, Tristan (2007): Grenzen der Versicherbarkeit von Katastrophenrisiken: Erweiterungsmöglichkeiten durch Rückversicherung, Katastrophenanleihen und Versicherungsderivate, Wiesbaden.

Richter, Andreas (1995): Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten: Informationsökonomische Analyse bei exogener, vom Versicherer nicht beobachtbarer Schadenverteilung, Karlsruhe.

Rippel, Marina (2006): Die Risikoberichterstattung von Versicherungsunternehmen nach HGB, IFRS und Solvency II, Karlsruhe.

Ritter, Mischa (2006): Absicherung von Katastrophen-Risiko über Kapitalmärkte: Eine kritische Bestandsaufnahme, Wiesbaden.

Schulenburg, Matthias (2005): Versicherungsökonomik: Ein Leitfaden für Studium und Praxis, Karlsruhe.

Schwake, Edmund (1988): Das Versicherungstechnische Risiko als arteigenes Risiko der Versicherungsunternehmen, in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft, Band 77, Karlsruhe.

Scinexx (2010): 2007: Mehr als 23.000 Tote durch Naturkatastrophen: Weltkatastrophenbericht vorgelegt, online im Internet: URL: http://www.g-o.de/wissen-aktuell-bild-8450-2008-07-01-6112.html, Stand: 24.10.2010.

UNISDR (2004): Living with Risk: A global review of disaster reduction initiatives, 2. Aufl., Genf/New York.

Vogt, Michael (2004): Optimale dynamische Rückversicherung: Ein kontrolltheoretischer Ansatz, Karlsruhe.

Wagner, Fred (2000): Risk Management im Erstversicherungsunternehmen: Modelle, Strategien, Ziele, Mittel, Karlsruhe.

WBGU (1999): Welt im Wandel: Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken, Jahresgutachten, Berlin.

Winter, Robert (2001): Risikomanagement und interne Kontrollen beim Sachversicherer im Sinne des KonTraG, Karlsruhe.

„Katastrophen kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt; die Natur kennt keine Katastrophen.“[1]

Max Frisch

1. Einführung

Die Zahl der Naturkatastrophen ist innerhalb der letzten 20 Jahre enorm gestiegen. Allein im Laufe des aktuellen Jahres 2010 ereigneten sich eine Vielzahl von Naturereignissen, wie die untere Abbildung verdeutlicht. Dabei ist deren Schadensausmaß häufig von immenser Größe.

Abb. 1: Naturkatastrophen Januar bis September 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010a).

Die Häufung und zunehmende Intensität dieser Ereignisse lässt immer wieder die Diskussion nach den Ursachen und möglichen Lösungswegen aufkommen. Dabei vermuten viele eine anthropogen verursachte Klimaänderung, welche in der Zukunft noch weit verheerendere Auswirkungen haben könnte.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Versicherung von Umweltrisiken im Kontext des Klimawandels. Dabei wird den zentralen Fragen nachgegangen, ob Naturgefahren überhaupt versicherbar sind, wie sich deren Risiko angemessen kalkulieren lässt und welche Mittel im Rahmen eines erfolgreichen Risikomanagements angewendet werden können.

An erster Stelle wird sich mit den Begrifflichkeiten der Naturgefahr, des Naturrisikos und der Naturkatastrophe auseinandergesetzt. Wo liegen die Unterschiede und wie hängen die Terminologien zusammen?

Im Anschluss daran wird die Diskussion um den Klimawandel aufgegriffen. Es erscheint unstrittig, dass sich das globale Klima verändert. Uneinigkeit herrscht jedoch bezüglich der Ursachen und zukünftigen Entwicklungen. Vor allem für die Versicherungsbranche ist eine Prognose der klimatischen Veränderungen in den nächsten Jahren von großer Bedeutung. Aus diesem Grund wird untersucht, welcher Einfluss der Klimawandel auf den Bereich der Versicherungen hat, und ob die Zunahme der Schäden im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Zu diesem Zweck werden zwei Regressionsanalysen vorgenommen.

Im vierten Kapitel steht der Begriff des Risikos im Vordergrund. Warum werden Versicherungen überhaupt nachgefragt und welchen Risiken ist die Versicherungswirtschaft ausgesetzt? Anschließend werden die wichtigsten Instrumente im Rahmen des Risikomanagements kurz erläutert und eine genaue Definition des Schadens vorgenommen.

Eine Analyse der Versicherbarkeit von Umweltrisiken erfolgt schließlich im fünften Kapitel. Dies geschieht auf der Grundlage allgemeiner Kriterien der Versicherbarkeit. Im Anschluss daran werden die Möglichkeiten zur Erweiterung der Versicherbarkeitsgrenzen aufgezeigt. Beispielhaft werden dabei die Optionen der Rückversicherung, Katastrophenanleihen und Versicherungsderivate angesprochen.

Den Abschluss bildet eine empirische Untersuchung, in welcher die subjektiven Wahrnehmungen von Umweltrisiken unter die Lupe genommen werden. Als Instrumentarium wird eine Umfrage gewählt, welche die individuellen Einschätzungen der Teilnehmer herausfiltern soll.

2. Naturgefahr, Naturrisiko und Abgrenzung des Begriffs der Naturkatastrophe

2.1 Naturgefahr und Naturrisiko im Kontext

Im Hinblick auf die Begriffe Gefahr und Risiko, bildet die Gefahr lediglich eine Unterstufe des Risikos.[2] Die Naturgefahr, welche als die

„Auftretenswahrscheinlichkeit eines potentiell schadenbringenden Ereignisses in einem Gebiet, in einem Zeitraum und mit einer bestimmten Stärke“[3]

definiert wird, stellt folglich die Unterstufe des Naturrisikos dar. Dieses wiederrum ergibt sich aus dem Produkt der Naturgefahr und der Vulnerabilität[4] des bedrohten Raumes mitsamt den darin befindlichen Objekten.[5] Alle Objekte, die gefährdet sind, zählen zu den Risikoelementen. Dazu gehören Menschen, Güter und die Umwelt. Dabei sollte diesen Risikoobjekten ein Wert beigemessen werden können, der nicht zwingend monetärer Art sein muss. Außerdem haben die genannten Elemente ein Schadenspotential, wodurch sie verwundbar gegenüber Risiken sind.[6] Der Vorsorgebegriff selbst erstreckt sich somit auf die Minimierung von Umweltrisiken und die Abwehr von Umweltgefahren.[7]

2.2 Die Naturkatastrophe als Extremereignis

Die Katastrophe wird von den Vereinten Nationen folgendermaßen definiert:

A disaster is

„a serious disruption o f he functioning of a community or a society causing widespread human, material, economic or environmental losses which exceed the ability of the affected community or society to cope using its own resources.”[8]

Die Naturkatastrophe gilt als ein schadenbringendes Extremereignis, welches durch Naturgewalten ausgelöst wird. Normalerweise hat ein Ereignis dieser Art mehrere einzelne Schäden zur Folge, welche verschiedene Parteien und Verträge der Versicherungswirtschaft betreffen. Naturkatastrophen beinhalten jedoch die Gefahr, mehrere Objekte gleichzeitig oder nacheinander zu treffen. Dabei ist zu beachten, dass das Ausmaß des Schadens nicht allein von der Stärke einer Naturkatastrophe abhängt, sondern vielmehr auch menschliche Faktoren mit einbezogen werden müssen. Beispielsweise spielen die Bauweise oder die Effizienz des Katastrophenschutzes in betroffenen Regionen eine entscheidende Rolle.[9] Eine Naturkatastrophe wird als „groß“[10] definiert, wenn die Selbsthilfefähigkeit der betroffenen Gebiete nicht mehr gewährleistet ist. Zudem ist Hilfe auf überregionaler oder internationaler Ebene erforderlich. Dabei nehmen die Zahl der Todesopfer und Obdachlosen, sowie die volkswirtschaftlichen Schäden im Verhältnis zu den wirtschaftlichen Zuständen des Landes eine immense Größe an.[11] Ein Naturereignis wird deshalb zur Katastrophe, weil die Betroffenen in einer Region die daraus resultierenden Auswirkungen nicht mehr allein überwinden können, sondern auf externe Hilfe angewiesen sind.[12]

In Bezug auf Umweltrisiken sind für die Versicherungswirtschaft und das notwendige Risikomanagement folgende Punkte relevant: Die allgemeine Exposition eines Risikoelements, die Geschwindigkeit (von kriechend bis schnell), die zeitliche Prozessentwicklung (von kontinuierlich langsam bis schnell) und die räumliche Ausbreitung (punktuell oder regional) einer Naturgefahr. Von diesen Kriterien ausgehend können mit Hilfe des Risikomanagements die Auswirkungen einer Naturkatastrophe ausgewertet werden.[13]

In der jüngsten Zeit sind vermehrt Meldungen über große Naturkatastrophen mit ihren verheerenden Auswirkungen in den Medien erschienen. In diesem Zusammenhang wird häufig der Einfluss des Klimawandels diskutiert. Ob ein globaler Wandel des Klimas stattfindet, und wie sich dieser auf die Versicherungswirtschaft auswirkt, wird im nächsten Kapitel erörtert.

3. Klimawandel und Versicherung

3.1 Definition und Einfluss des Klimawandels auf die Versicherung von Umweltrisiken

Gemäß des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) lässt sich der Klimawandel wie folgt definieren:

„Eine Zustandsänderung des Klimas, die über Änderungen von Mittelwerten und/oder der Variabilität seiner Eigenschaften identifiziert werden kann (z.B. mittels statistischer Verfahren), und die über einen ausgedehnten Zeitraum bestehen bleibt, typischerweise über Jahrzehnte oder länger. Der Ausdruck bezieht sich auf jegliche Klimaänderung im Verlauf der Zeit, sei es aufgrund natürlicher Schwankungen oder als Folge menschlicher Aktivitäten.“[14]

Diese Definition geht von einer Veränderung des Klimas aufgrund natürlicher oder menschlich verursachter Faktoren aus.

Eine andere Definition beschränkt sich nur auf die anthropogen verursachte Veränderung des Klimas. Dabei wird angenommen, dass der Ausstoß von Treibausgasen zu einer Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperaturen führt. Die Folgen sind beispielsweise eine veränderte Vegetation und Niederschlaghäufigkeit, der Anstieg des Meeresspiegels und ein vermehrtes Auftreten von Extremwetterereignissen.[15]

Problematisch erscheint, dass das Wissen über den Klimawandel unsicher ist. Es existieren eine Menge externer Einflussfaktoren auf das Klima. Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle der Mensch hinsichtlich der Beeinflussung des Klimas spielt. Bislang konnten keine eindeutigen Aussagen im Hinblick auf die jahrzehntelange Entwicklung und den zukünftigen Einfluss des Menschen auf seine Umwelt im gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Bereich gemacht werden. Die Kenntnisse über das globale Klimasystem sind beschränkt. Klimamodelle weisen noch Defizite auf, da die Leistungsfähigkeit der Rechner Grenzen hat. Regionale Modelle über das Klima befinden sich bereits im Anlaufstadium, aber die Erfassung vieler kleinräumiger Prozesse ist dennoch schwierig. Die Unsicherheit als Teil der Klimaforschung beeinflusst vor allem die Ergebnisse von Klimaszenarien, die Projektionen über das Ausmaß der Folgen, die Notwendigkeit und die Gestalt von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.[16]

Trotz des noch unzureichenden Wissensstandes gehen viele von einer höchstwahrscheinlich anthropogenen Klimaveränderung aus. Indikator ist hierbei die kausale Beziehung zwischen der Erderwärmung und der Emission von Treibhausgasen durch den Menschen. Mit Hilfe von Bohrungen in der Antarktis kann nachgewiesen werden, dass die Kohlendioxidkonzentration[17] seit 750.000 Jahren nicht mehr so hoch war wie heutzutage.[18] Natürliche Schwankungen der CO2-Konzentration, welche zu den globalen Temperaturen eine Korrelation aufweisen, sind normal. Dennoch hat die CO2-Konzentration mittlerweile einen Rekordwert erreicht.[19]

Im Vierten Sachstandsbericht des IPCC im Jahr 2007 zeigt sich, dass sich Wetterextreme weltweit häufen.[20] Beispielsweise hat die Niederschlagsmenge in vielen Regionen[21] stark zugenommen. Der Meeresspiegel ist in einigen Gebieten weltweit gestiegen, wodurch die Gefahr von Überschwemmungen größer geworden ist. Beobachtungen belegen eine zunehmende Aktivität starker tropischer Wirbelstürme besonders im Nordatlantik. Weiterhin besteht einer höhere Wahrscheinlichkeit von Bodeninstabilitäten in Permafrostgebieten[22] und Bergstürzen in Gebirgsregionen aufgrund gestiegener Durchschnittstemperaturen.[23]

Die Veränderungen des Klimas haben einen erheblichen Einfluss auf die Versicherungswirtschaft, da sich durch den Klimawandel das Risiko extremer Wetterereignisse verschärft. Die Zunahme von Treibhausgasen führt zu einer Erwärmung der Luft und der Ozeane. Dadurch hat die Luft einen höheren Feuchtegehalt und es kommt zum Meeresspiegelanstieg. All diese klimatischen Faktoren führen zu häufigeren und intensiveren Naturkatastrophen wie zum Beispiel Stürme, Gewitter, Hagelschläge, Starkregen und Dürren. Hierbei ist die Zunahme von Stärke und Häufigkeit jener Ereignisse für Versicherungsunternehmen relevant, denn Schadenpotentiale werden in der Zukunft eine neue Größenordnung erreichen. Ein verstärktes Auftreten von Extremereignissen führt zu Naturkatastrophen in einem häufigeren und größeren Ausmaß. Folglich nehmen auch die Auftretenswahrscheinlichkeit und Größe der dadurch verursachten Schäden zu. Bei steigender Wettervariabilität wächst die Schadensvolatilität. Schwierig erscheint die Entwicklung der Prämienanpassungen, welche erst nach Überprüfung der Schadenentwicklung erfolgen kann. Somit ist der Klimawandel ein großes Änderungsrisiko für die Versicherungswirtschaft.

Trotz dieser ungünstigen Lage in bezüglich des Schadentrends sind zahlreiche Elementarschadendeckungen im Angebot der Versicherung von Umweltrisiken. Zudem wird versucht, die Bevölkerung zu mehr Schadenvorsorge zu motivieren. Mit Hilfe moderner geowissenschaftlicher Methoden wird die fortlaufende wissenschaftliche Auseinandersetzung und Forschung im Bereich der Umweltrisiken gefördert. Ein Problem ist dabei die quantitative Prognose für die Zukunft, da die Auswirkungen der weiteren Veränderungen des Klimas für Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen schwer abzuschätzen sind. Deshalb besteht weiterhin jede Menge Forschungsbedarf.[24]

3.2. Regressionsanalyse: Einfluss des Klimawandels auf die zunehmende Schadenhöhe

Seit den 1990er Jahren ist ein kontinuierlicher Anstieg der Schäden durch Naturkatastrophen zu verzeichnen. Die Abbildungen 8 und 9 in Kapitel 5 verdeutlichen diesen Schadentrend. In den Jahren 1995, 2005 und 2008 erreichen die kumulierten Schäden neue Rekordwerte.

Im Hinblick auf den Klimawandel ist ein vermehrtes und intensiveres Auftreten von Extremwetterkatastrophen zu beobachten. Daher stellen sich die Fragen

- ob ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Katastrophen und den Schadensummen besteht, und

- inwiefern die höheren Schäden dem Klimawandel zuzurechnen sind.

Die Untersuchung dieser Fragen erfolgt mit Hilfe zweier linearer Regressionen. Die erste Regression soll den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Wetterextreme und der Höhe der aus diesen Ereignissen resultierenden Schäden in den Jahren von 1980 bis 2009 aufzeigen. Die zweite Regression dient als Kontrolle, indem die geophysikalischen Ereignisse[25], welche kaum einen Zusammenhang zu den klimatischen Veränderungen aufweisen, den Wetterschäden gegenübergestellt werden.

3.2.1 Zusammenhang zwischen der Anzahl extremer Wetterereignisse und den daraus resultierenden Schäden

Das folgende Punktediagramm zeigt, wie sich die Zahl der beobachteten Wetterereignisse zu den daraus entstandenen Schäden verhält.

Abb. 2: Regressionsanalyse 1: Wetterextreme – Schäden aus Wetterextremen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Erstellung, in Anlehnung an: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010a).

Das Bestimmtheitsmaß R2 beträgt 0,13. Demnach gehen nur 13 Prozent der Varianz von Schäden aus Wetterereignissen eines Jahres auf die Gesamtzahl der eingetretenen Wetterereignisse zurück. Es besteht lediglich ein schwacher linearer Zusammenhang zwischen beiden Variablen.

3.2.2 Kontrollregression: Zusammenhang zwischen der Anzahl geophysikalischer Ereignisse und den aus Wetterereignissen resultierenden Schäden

Zur Kontrolle der zuvor aufgeführten Beobachtung wird in der zweiten Regressionsanalyse die Anzahl der geophysikalischen Katastrophenereignisse den aus Wetterextremen entstandenen Schäden gegenübergestellt. Dabei ergibt sich die folgende Abbildung.

Abb. 3: Regressionsanalyse 2: Geophysikalische Ereignisse – Schäden aus Wetterextremen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Erstellung, in Anlehnung an: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010a).

Das Bestimmtheitsmaß R2 beträgt bei dieser Regression 0,159. Somit sind 15,9 Prozent der Varianz von Schäden aus Wetterereignissen eines Jahres auf die gesamten eingetretenen Wetterereignisse zurückzuführen. Der lineare Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen wäre folglich größer als in der ersten Regression.

Ein logischer Zusammenhang besteht nicht zwischen dem geophysikalischen Ereignissen und Wetterschäden, da sie in keinem Verhältnis zueinander stehen. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass es andere Gründe für die Zunahme der Schäden geben muss als den Klimawandel. Eine Erörterung der Ursachen erfolgt in Kapitel 5 im Rahmen der Überprüfung, ob Naturrisiken versicherbar sind.

4. Risiko, Risikomanagement und Schaden

4.1 Risikoaversion und Versicherungsnachfrage

Im Bereich der Versicherungen gehört das Risiko zum Kerngeschäft. Der Versicherungsunternehmer übernimmt ein versicherungstechnisches Risiko, welches als

„die Gefahr, dass für einen bestimmten Zeitraum der Gesamtschaden eines bestimmten Bestandes größer ist als die allein für die Risikoübernahme für diesen Zeitraum kalkulierte Prämie“[26]

definiert wird. Dieses Risiko wird ihm durch den Versicherungsnehmer transferiert. Die folgenden Ausführungen klären die Frage, weshalb Versicherungen überhaupt nachgefragt werden.

Die meisten Menschen gelten als risikoavers. Dies wird ebenfalls von der ökonomischen Theorie unterstellt, da die Risikoscheue bei einem rational denkenden Wirtschaftssubjekt die Voraussetzung für eine Versicherungsübernahme darstellt.[27] Die folgende Abbildung verdeutlicht die Nutzenfunktion eines risikoaversen Individuums.

Abb. 4: Risikoscheue und Sicherheitsäquivalent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Nutzenfunktion U ist eine stetig steigende Funktion, jedoch gilt das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens[28]. Die Funktion E stellt den Erwartungswert in Abhängigkeit des Nutzens dar. Der Nutzen wiederum ist vom Vermögen x abhängig.

Quelle: Schulenburg (2005), S. 233.

Die Funktion des Nutzens eines risikoaversen Wirtschaftsakteurs ist konkav. Es erfolgt eine überproportional hohe Bewertung großer Verluste, wohingegen große Gewinne unterproportional hoch bewertet werden. Das Individuum entscheidet sich aus diesem Grund für eine Versicherung, wenn die zu bezahlende Prämie größer ist als der erwartete Schadenswert[29]. Wie in der Abbildung ersichtlich wird, ist das Sicherheitsäquivalent SÄ kleiner als der Erwartungswert der Auszahlung E(x).[30] Das risikoscheue Individuum ist bereit, für die Vermeidung einer riskanten Situation einen Risikozuschlag in Höhe von SÄ zu zahlen und eine Versicherung in Anspruch zu nehmen.

Der wohlfahrtssteigernde Effekt von Versicherungen wird – wie eben gezeigt – bei risikoaversen Personen aufgrund des höheren Nutzens erzielt. Im Bereich der Versicherungswirtschaft existieren jedoch zahlreiche Definitionen für das Risiko. Einige wichtige Auffassungen vermittelt der folgende Abschnitt.

4.2 Unterschiedliche Definitionen des Risikobegriffs

Der Begriff des Risikos ist breit gefächert. Jede Wissenschaftsdisziplin hat eine eigene Definition.[31] Im Bereich der Versicherungswirtschaft existieren ebenfalls mehrere Auslegungen. Um einen kurzen Überblick zu geben, werden hier verschiedene Begriffserklärungen aufgeführt.

Koch definiert Risiko als eine

„Möglichkeit des Eintritts von Ereignissen, die wirtschaftliche Einbußen verursachen.“[32]

Die Verwirklichung des Risikos kann sich dabei in Personen, an Sachen oder in einer veränderten wirtschaftlichen Situation der Betroffenen widerspiegeln. Um das Risiko vorbeugend einzugrenzen, kann dies geteilt oder gestreut werden. Für ein vermindertes Risiko können Maßnahmen zur Vorsicht und zur Schadenverhütung dienen, welche eine ausführliche Kenntnis der Ursachen eines Risikos voraussetzen. Hierdurch wird das Bewusstsein für Gefahren hervorgerufen.[33]

Gerrard betrachtet das Risiko aus einer eher sozialen Perspektive. Er versteht darunter

„eine kulturelle Vorstellung, mit dem die Gefühle des Kontrollverlustes und der Ohnmacht angesichts der globalen sozialen Veränderungen, die zu einer Verschlechterung der Situation für die gesamte Erde führen, umschrieben werden.“[34]

Hier wird der Wandel innerhalb der Gesellschaft bezüglich der sozialen Gerechtigkeit und die Auswirkungen für jeden Einzelnen angesprochen.

Eine weitere Auffassung stellt eine Umschreibung der wesentlichen Eigenschaften des Risikos dar. Es wird dabei als eine Unsicherheit der Ergebnisse einer Handlung des Entscheidungsträgers im Zeitablauf definiert. Der einzelne Schaden an sich ist lediglich eine mögliche Ausprägung einer Handlung oder eines Ereignisses und folglich nur ein Ausschnitt des Risikos.[35] Der kausale und finale Zusammenhang zwischen einer Handlung und dem daraus resultierenden Ergebnis ist nicht eindeutig vorhersehbar, sondern hängt von äußeren Einflussfaktoren ab. Die Zielverfehlung stellt der Schaden dar.

Mit der fortdauernden Entwicklung der Gesellschaft kommt eine Veränderung des allgemeinen Risikos einher. Heute kann zwischen natürlichen Risiken wie Sturm, Hochwasser und Lawinen, und anthropogenen Risiken[36] unterschieden werden. Ein anthropogenes Risiko ist meist technischer Art und kann Schäden katastrophalen Ausmaßes zur Folge haben. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass anthropogen verursachte Klimarisiken wie beispielsweise der Treibhauseffekt oder das Ozonloch allgegenwärtig sind und zu immensen Veränderungen des Klimas führen können. Die daraus resultierenden Auswirkungen, welche in einer globalen Dimension vorherrschen werden, betreffen ebenso die Versicherungswirtschaft.[37]

4.3. Risiken im Bereich der Versicherungen

Versicherungstechnische Risiken beziehungsweise das Geschäft mit Versicherungsrisiken steht für Versicherungsunternehmen im Mittelpunkt. Dieses Risiko ergibt sich aus der tatsächlichen Abweichung der Gesamtschäden vom Erwartungswert, wofür das Unternehmen ein zusätzliches Entgelt in Form des Sicherheitszuschlags benötigt. Die Abweichung vom erwarteten Wert des gesamten Schadens kann unterschiedliche Gründe haben, welche sich in Zufallsrisiko, Änderungsrisiko oder Irrtumsrisiko unterteilen lassen. Daneben gibt es das Risiko aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung, welches Moral Hazard und Adverse Selektion beinhaltet.[38]

4.3.1 Das Zufallsrisiko

Liegt ein Zufallsrisiko vor, ist die Abweichung des Gesamtwertes der Schäden vom erwarteten Wert zufällig. Zum einen kann die Ursache darin liegen, dass die Anzahl der Schäden falsch geschätzt wurde und zu viele oder zu wenige Versicherungsfälle eingetreten sind. Zum anderen kann die Schadenhöhe zu stark variieren, weil zum Beispiel zufällig besonders hohe oder niedrige einzelne Schäden eingetreten sind.[39]

Das Zufallsrisiko bezeichnet folglich die Abweichungen des tatsächlichen Wertes aller Schäden vom erwarteten Wert bei gegebenem und konstantem Schadenerwartungswert aufgrund zufälliger Ausprägungen der Anzahl und der Höhe der Schäden.[40]

Es gibt drei Formen des Zufallsrisikos:

Durch das Kumulrisiko wird eine Akkumulation von mehreren Einzelschäden bezeichnet, welche durch ein Ereignis entstehen. Als klassisches Beispiel wird in der Literatur häufig der Münchener Hagelsturm am 12. Juli 1984 genannt, durch welchen ein Gesamtschaden von umgerechnet 750 Millionen Euro entstand.[41]

Beim Ansteckungsrisiko werden ebenfalls mehrere Versicherungsfälle durch ein Ereignis ausgelöst, jedoch geschieht dies zeitlich versetzt. Ein typisches Beispiel ist ein Gebäudebrand, welcher auf benachbarte Gebäude übergreift.

Tritt ein Großschaden- oder Katastrophenrisiko ein, wird eine vorab definierte Schadenshöhe überschritten. Diese ist abhängig von der jeweiligen Zeichnungskapazität eines Versicherers. Ereignisse, welche einen solchen Schaden verursachen, haben eine in der Regel geringe Eintrittswahrscheinlichkeit. Weiterhin verursachen solche Risiken zwar eine geringe Anzahl an Schadenereignissen, dafür aber eine enorme Schadenhöhe pro Ereignis.[42]

4.3.2 Das Änderungsrisiko

Das Änderungsrisiko definiert eine Abweichung des tatsächlichen Gesamtwertes der Schäden vom geschätzten erwarteten Wert aufgrund einer Veränderung der versicherten Risiken. Dieses Risiko tritt nach der Prämienkalkulation ein.[43] Die Gründe liegen entweder in einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung im Zeitverlauf oder einer Veränderung der Risikofaktoren.[44] Besonders im Bereich der Natur können sich Risikofaktoren wie beispielsweise das Klima rasch ändern, wodurch bei der Elementarschadenversicherung eine Prämienanpassung unabdingbar ist.[45] Häufig erscheint eine korrekte Trennung von Zufalls- und Änderungsrisiko schwierig, wodurch sich veränderte Risikofaktoren schwer identifizieren lassen.[46]

4.3.3 Das Irrtumsrisiko

Irrtumsrisiken können aufgrund einer fehlerhaften oder unvollständigen Datenbasis entstehen. Dadurch kann keine ausreichend sichere Kalkulation der Prämien erfolgen.[47] Da Versicherungsunternehmen mit unvollkommenen Informationen arbeiten müssen, liegt die tatsächliche Schadenverteilung nicht vollständig vor und man muss Schätzverfahren anwenden. Diese können fehlerhaft sein. Aus diesem Grund resultieren Irrtumsrisiken aus der Nichtbeachtung vorhandener Informationen oder aus einer fehlerhaften Risikobewertung.[48]

4.3.4 Risiken aufgrund asymmetrischer Informationen

Asymmetrische Informationen liegen vor, wenn beide Vertragspartner über einen unterschiedlichen Informationsstand verfügen.[49] Dies kann zu folgenden Problemen führen:

Das Phänomen des Moral Hazard wird auch als „Verhaltensveränderungsgefahr“[50] umschrieben. Aufgrund des Versicherungsschutzes kann die versicherte Person ihr Verhalten in einer Art und Weise ändern, dass sich entweder die Wahrscheinlichkeit eines Schadens[51] oder die potentiellen Schäden[52] erhöhen. Das Nichteinhalten von Maßnahmen zur Schadensverhütung und Schadensbegrenzung ist jedoch vom Versicherungsunternehmen nicht genau beobachtbar.[53]

Daneben tritt häufig das Problem der Adversen Selektion auf. Zu dieser „negativen Risikoselektion“[54] kommt es aufgrund unterschiedlicher Schadenverteilungen beziehungsweise Risiken. Auf Seiten des Versicherungsunternehmens ist eine genaue Identifizierung aller Risikomerkmale oftmals sehr schwierig. Auch der Versicherungsnachfrager kennt nicht immer seine exakte Schadensverteilung. Aber selbst wenn in manchen Fällen die individuellen Ausprägungen der Schadenwahrscheinlichkeit dem Kunden vorliegen, sind diese für den Versicherer nur schwierig zu beobachten. Dadurch ist das Versicherungsunternehmen zu einer Durchschnittstarifierung gezwungen, durch welche den „guten“ Risiken zu hohe und den „schlechten“ Risiken[55] zu niedrige Prämien abverlangt werden. Die Versicherungsnachfrage der „guten“ Risiken fällt zu niedrig und die der „schlechten“ Risiken zu hoch aus.[56]

Versicherungsunternehmen können sich dem Einfluss versicherungstechnischer Risiken nicht entziehen. Deshalb ist der richtige Umgang mit Risiken zur Gefahrenminderung von enormer Bedeutung in einem solchen Unternehmen. Der folgende Abschnitt befasst sich deshalb mit dem Risikomanagement in der Versicherungswirtschaft.

[...]


[1] Frisch (1981), S. 103.

[2] Vgl. Jaeckel (2010), S. 67.

[3] Glade (2007), S. 75.

[4] Die Vulnerabilität ist ein Maß für die Empfindlichkeit eines gefährdeten Objektes gegenüber einer Naturgefahr. Die Werte liegen zwischen 0 für Unempfindlichkeit und 1 für höchste Vulnerabilität.

[5] Vgl. Glade/Dikau (2001), S. 43.

[6] Vgl. Glade (2007), S. 75.

[7] Vgl. Jaeckel (2010), S. 67.

[8] UNISDR (2004), S. 3.

[9] Vgl. Berge, Klaus (2005), S. 1.

[10] Entspricht der Katastrophenklasse 6 gemäß der Einteilung der globalen Schadendatenbank für Naturkatastrophen der Münchener Rückversicherung. Als Grundlage der Zuordnung dienen die finanziellen und humanitären Ausmaße einer Katastrophe. Die Tabelle „Aufteilung in Katastrophenklassen“ ist als Überblick im Anhang zu finden.

[11] Vgl. Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2010a).

[12] Vgl. Ehlers (2007), S. 100 f.

[13] Vgl. Glade (2007), S. 78.

[14] IPCC (2008), S. 34.

[15] Gabler Verlag: Stichwort: Klimawandel, online im Internet: URL:

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/222075/klimawandel-v2.html, Stand: 02.11.2010.

[16] Vgl. Mahammadzadeh/Biebeler/Bardt (2009), S. 244 f.

[17] Die Zunahme der Kohlendioxid (CO2)-Konzentration in der atmosphärischen Luft trägt wesentlich zur Erderwärmung der Erdoberfläche (Treibhauseffekt) bei.

[18] Vgl. Höppe (2007), S. 8 f.

[19] Der höchste Wert lag in den vergangenen 750.000 Jahren bei 300 ppm. Heute handelt es sich um einen Betrag von 380 ppm.

[20] Vgl. Mahammadzadeh/Biebeler/Bardt (2009), S. 9.

[21] Als betroffene Regionen werden Nord- und Südamerika, Nordeuropa sowie Nord- und Zentralasien genannt.

[22] Permafrost bezeichnet einen dauerhaft gefrorenen Boden in Gebieten, wo die Temperatur über mehrere Jahre unter 0° C liegt.

[23] Vgl. IPCC (2008), S. 35 ff.

[24] Vgl. Höppe (2007), S. 14 ff.

[25] Hierzu zählen Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche.

[26] Schwake (1988), S. 68.

[27] Vgl. Gabler Verlag: Stichwort: Risikoneigung, online im Internet: URL:

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/14089/risikoneigung-v6.html, Stand: 08.11.2010.

[28] Der Nutzenzuwachs nimmt durch eine zusätzliche Vermögenseinheit mit steigendem Vermögen ab.

[29] Dies wird in der Regel als Normalfall angesehen.

[30] Vgl. Schulenburg (2005), S. 232.

[31] Vgl. Lupton (1999), S. 17.

[32] Koch (1998), S. 24.

[33] Vgl. Ebenda, S. 24 ff.

[34] Gerrard (1994), S. 497.

[35] Vgl. Hesberg/Nell/Schott (1994), S. 341.

[36] Zum Beispiel die Verschmutzung der Umwelt durch Industrieunfälle.

[37] Vgl. Hofmann (1995), S. 13.

[38] Vgl. Schulenburg (2005), S. 55.

[39] Vgl. Ebenda, S. 56.

[40] Vgl. Farny (2006), S. 84.

[41] Vgl. Winter (2001), S. 74.

[42] Vgl. Schulenburg (2005), S. 56 f.

[43] Vgl. Winter (2001), S. 59.

[44] Vgl. Schulenburg (2005), S. 58.

[45] Vgl. Rippel (2006), S. 30.

[46] Vgl. Winter (2001), S. 60.

[47] Vgl. Ebenda, S. 60.

[48] Vgl. Schulenburg (2005), S. 58.

[49] Vgl. Ebenda, S. 59.

[50] Ebenda, S. 282.

[51] Risikoerhöhendes Moral Hazard.

[52] Mengenerhöhendes Moral Hazard.

[53] Vgl. Schulenburg (2005), S. 282 f.

[54] Ebenda, S. 297.

[55] „Gute“ Risiken sind solche Risiken, deren Schadensaufwendungen niedriger ausfallen als erwartet, während bei „schlechten“ Risiken der Erwartungswert überschritten wird.

[56] Vgl. Richter (1995), S. 1; Schulenburg (2005), S. 297.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842813052
DOI
10.3239/9783842813052
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Trier – Wirtschaftswissenschaften, Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (April)
Note
2,0
Schlagworte
naturkatastrophe klimawandel versicherung risikomanagement schadensbegriff
Zurück

Titel: Kalkulierbares Risiko? Versicherung von Umweltrisiken
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
62 Seiten
Cookie-Einstellungen