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Produktion des rekombinanten, menschlichen Wachstumshormons aus CHO-Zellen im 2 Liter Perfusionsbioreaktor mit Plattensedimenter

©2005 Diplomarbeit 105 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Unter Biotechnologie versteht man unter anderem die Herstellung von Lebensmitteln (z.B. Brot, Käse, Bier und Wein) oder Medikamenten (z.B. Antibiotika, rekombinante Proteine) aus biologischen Systemen im industriellen Maßstab.
Ein Teil der Biotechnologie wird als rote oder auch pharmazeutische Biotechnologie bezeichnet. Hierbei werden Medikamente wie z.B. Interleukine, Interferone, Erythropoietin, t-PA (tissue-plasminogen activator) oder monoklonale Antikörper in Prokaryoten und niederen Eukaryoten sowie in tierischen Zellen produziert. Ein Nachteil der Expression von Proteinen in Bakterien oder Hefen ist, dass sie keine oder keine korrekten, posttranslationalen Modifikationen wie Glykosylierungen oder Phosphorylierungen durchführen. Manche Proteine benötigen jedoch das Anhängen von Zuckerseitenketten, um ihre biologische Wirkung zu entfalten. Deshalb werden Säugetierzellen zur Herstellung von rekombinanten Proteinen eingesetzt, die diese, den Menschen annähernd gleichen, posttranslationalen Modifikationen, durchführen. Ein weiteren Grund für den Einsatz von tierischen Zellen zur Proteinherstellung ist, dass sie das Protein biologisch aktiv ins Nährmedium ausschleusen.
Das Ziel dieser Arbeit war es, das rekombinante, humane Wachstumshormon aus CHO-Zellen (chinese hamster ovary-Zellen) herzustellen. Bis auf einen Prozess der Firma Ares-Serono Pharma (Schweiz), wo das Protein in der adhärent wachsenden Maustumorzelllinie C127 produziert wird, erfolgt die Herstellung des menschlichen Wachstumsfaktors industriell bis heute in E. coli-Zellen. Diese besitzen eine kürzere Verdopplungszeit als Säugetierzellen, sezernieren den menschlichen Wachstumsfaktor jedoch nur ins Periplasma, wo er in Form von Einschlusskörperchen vorliegt. In kostspieligen und zeitaufwendigen Aufarbeitungsschritten müssen die Zellen nach der Fermentation aufgeschlossen und das Protein de- sowie renaturiert werden. Hierbei entstehen große Produktverluste.
Als Fermentationsbetriebsweise wurde ein Perfusionsprozess mit einem 2 Liter Bioreaktor gewählt. Es sollte ein Laborprozess etabliert werden, mit dem eine deutlich höhere Produktkonzentration hergestellt werden konnte, als in T-Flaschen, Spinnern, Superspinnern oder Bioreaktorsatzprozessen möglich war. Als Zellrückhaltungsgerät wurde dabei ein Plattensedimenter (englisch: inclined settler) verwendet. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung und Zielsetzung1
2.Theoretischer […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Werner Höra
Produktion des rekombinanten, menschlichen Wachstumshormons aus CHO-Zellen im
2 Liter Perfusionsbioreaktor mit Plattensedimenter
ISBN: 978-3-8428-1297-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

,,Lernen ist wie Rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt
man zurück."
Benjamin Britten (1913-1976)

Vorbemerkung
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von Oktober 2004 bis September 2005 an der Techni-
schen Fakultät der Universität Bielefeld in der AG Zellkulturtechnik unter der Leitung von Herrn
Professor Dr.-Ing. Jürgen Lehmann angefertigt.
Ich möchte mich recht herzlich bei Herrn Professor Lehmann für die interessante Themenstel-
lung, die Möglichkeit diese Arbeit in den Laboren der AG Zellkulturtechnik durchführen zu
können und für seine zahlreichen Ratschläge und Hilfen bedanken.
Besonders möchte ich Herrn Dipl.-Biotechnologen Tobias Nottorf für die sehr gute fachliche
Betreuung dieser Arbeit, seine wertvollen Hilfestellungen und seine permanente Diskussionsbe-
reitschaft meinen Dank aussprechen.
Des weiteren gebührt mein Dank Herrn Dr. Heino Büntemeyer für die Übernahme des Zweitgut-
achtens und seiner Hilfe im Umgang mit dem Prozessleitsystem.
Herrn Dr. Dirk Lütkemeyer möchte ich für die zur Verfügung Stellung des Plattensedimenters
und seine hilfreichen Tipps und Tricks danken.
Weiterhin möchte ich mich bei Frau Angela Ehrlich für die Durchführung der Aminosäuren- und
der Produktanalytik bedanken.
Ferner gilt mein Dank Frau Kathrin Koslowski für die Übernahme der Kultivierung der Super-
spinner und der back-up-Kulturen.
Außerdem möchte ich allen Mitarbeitern der AG Zellkulturtechnik und der AG Zelluläre Gene-
tik sowie den Beschäftigten der Firma BiBiTec GmbH für die anregende und angenehme Ar-
beitsatmosphäre meinen Dank aussprechen.
Zum Schluss möchte ich mich im besonderen Maße bei meiner Mutter und meinen Geschwistern
für die ideelle und finanzielle Hilfe während meines Studiums in Bielfeld bedanken.

Teile dieser Arbeit wurden vor der Veröffentlichung während des 19. ESACT-Meetings vom
5.-8.6.2005 in Harrogate (United Kingdom) in Form eines Posters präsentiert:
PRODUCTION OF HUMAN GROWTH HORMONE IN A MAMMALIAN CELL HIGH
DENSITY PERFUSION PROCESS
T. Nottorf1, W. Höra1, H. Büntemeyer1, S. Siwiora-Brenke1, A. Loa2 and J. Lehmann1
1 Institute of Cell Technology, University Bielefeld, Germany
2 Cell Culture Service GmbH, Hamburg, Germany

Inhaltsverzechnis
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
und
Zielsetzung
...
1
2 Theoretischer
Hintergrund
...
2
2.1 Das
menschliche
Wachstumshormon
...
2
2.2
Einsatzgebiete des menschlichen Wachstumshormons ... 5
2.3 Allgemeine
Grundlagen
des Perfusionsprozesses ... 9
2.4 Der
Plattensedimenter
als
Zellrückhaltungsgerät ... 10
3
Material und Methoden ... 13
3.1 Die
Zelllinie
... 13
3.2 Die
Zellkulturmedien
...
14
3.3 Vorgehensweise
...
14
3.4 Die
Kultivierungsysteme
...
15
3.4.1 Die
T-Flaschen
... 15
3.4.2 Die
Spinner
... 15
3.4.3 Der
Superspinner
... 15
3.4.4
Der 2 Liter Satzbioreaktor ... 16
3.4.5
Der 2 Liter Perfusionsbioreaktor mit Plattensedimenter ... 17
3.4.5.1 Der Aufbau des Perfusionsbioreaktors ... 17
3.4.5.2 Kinetiken des Perfusionsprozesses ... 21
3.5 Fermentationsanalytik
...
24
3.5.1
Bestimmung der Lebendzelldichte und der Viabilität ... 24
3.5.2
Bestimmung der Glucose- und Lactatkonzentration ... 25
3.5.3
Bestimmung der Ammoniumkonzentration ... 25
3.5.4
Bestimmung der externen Aminosäurekonzentration ... 26
3.5.5
Bestimmung der Produktkonzentration ... 26
3.6
Kryokonservierung ... 27
4
Ergebnisse und Diskussion ... 28
4.1
Die Vorversuche in T-Flaschen und Spinnern ... 28
4.2
Die Kultivierung im Superspinner ... 28

Inhaltsverzechnis
ii
4.3
Die wiederholte Satzkultivierung im 2 Liter Bioreaktor ... 29
4.3.1
Wachstum und Produktbildung in der wiederholten Satzkultivierung ... 29
4.3.2 Substratverbrauch
in
der
wiederholten Satzkultivierung ... 32
4.3.3
Nebenproduktbildung in der wiederholten Satzkultivierung ... 34
4.3.4
Aminosäurekonzentrationen und spezifische Aminosäureverbrauchsraten in
der wiederholten Satzkultivierung ... 36
4.3.5
Diskussion der wiederholten Satzkultivierung ... 38
4.4 Die
Perfusionskultivierungen
...
39
4.4.1
Die erste Perfusionskultivierung ... 39
4.4.1.1 Wachstum in der ersten Perfusionskultivierung ... 39
4.4.1.2 Produktbildung in der ersten Perfusionskultivierung ... 43
4.4.1.3 Zellrückhaltung und Aggregatbildung in der ersten
Perfusionskultivierung ... 45
4.4.1.4 Substratverbrauch in der ersten Perfusionskultivierung ... 46
4.4.1.5 Nebenproduktbildung in der ersten Perfusionskultivierung ... 48
4.4.1.6 Aminosäurekonzentrationen sowie spezifische
Aminosäureverbrauchsraten in der ersten Perfusionskultivierung ... 50
4.4.1.7 Diskussion der ersten Perfusionskultivierung ... 52
4.4.2
Die zweite Perfusionskultivierung ... 53
4.4.2.1 Wachstum in der zweiten Perfusionskultivierung ... 53
4.4.2.2 Produktbildung in der zweiten Perfusionskultivierung ... 56
4.4.2.3 Zellrückhaltung und Aggregatbildung in der zweiten Perfusions-
kultivierung ... 58
4.4.2.4 Substratverbrauch in der zweiten Perfusionskultivierung ... 59
4.4.2.5 Nebenproduktbildung in der zweiten Perfusionskultivierung ... 61
4.4.2.6 Aminosäurekonzentrationen
sowie spezifische Aminosäureverbrauchs-
raten in der zweiten Perfusionskultivierung ... 63
4.4.2.7 Diskussion der zweiten Perfusionskultivierung ... 65
4.4.3
Die dritte Perfusionskultivierung ... 66
4.4.3.1 Wachstum in der dritten Perfusionskultivierung ... 66
4.4.3.2 Produktbildung in der dritten Perfusionskultivierung ... 69

Inhaltsverzechnis
iii
4.4.3.3 Zellrückhaltung und Aggregatbildung in der dritten
Perfusionskultivierung ... 71
4.4.3.4 Substratverbrauch in der dritten Perfusionskultivierung ... 72
4.4.3.5 Nebenproduktbildung in der dritten Perfusionskultivierung ... 74
4.4.3.6 Aminosäurekonzentrationen sowie spezifische
Aminosäureverbrauchsraten in der dritten Perfusionskultivierung ... 76
4.4.3.7 Diskussion der dritten Perfusionskultivierung ... 78
4.5 Vergleich
der
Bioreaktorkultivierungen ... 79
5
Zusammenfassung und Ausblick ... 82
6 Anhang
... 85
6.1 Literaturverzeichnis
...
85
6.2 Abkürzungsverzeichnis
...
90
6.3
Verzeichnis der Symbole und Indizes ... 91
6.4 Abbildungsverzeichnis
...
93

1 Einleitung und Zielsetzung
1
1
Einleitung und Zielsetzung
Unter Biotechnologie versteht man unter anderem die Herstellung von Lebensmitteln (z.B. Brot,
Käse, Bier und Wein) oder Medikamenten (z.B. Antibiotika, rekombinante Proteine) aus biologi-
schen Systemen im industriellen Maßstab.
Ein Teil der Biotechnologie wird als rote oder auch pharmazeutische Biotechnologie bezeichnet.
Hierbei werden Medikamente wie z.B. Interleukine, Interferone, Erythropoietin, t-PA (tissue-
plasminogen activator) oder monoklonale Antikörper in Prokaryoten und niederen Eukaryoten
sowie in tierischen Zellen produziert. Ein Nachteil der Expression von Proteinen in Bakterien
oder Hefen ist, dass sie keine oder keine korrekten, posttranslationalen Modifikationen wie
Glykosylierungen oder Phosphorylierungen durchführen. Manche Proteine benötigen jedoch das
Anhängen von Zuckerseitenketten, um ihre biologische Wirkung zu entfalten. Deshalb werden
Säugetierzellen zur Herstellung von rekombinanten Proteinen eingesetzt, die diese, den Men-
schen annähernd gleichen, posttranslationalen Modifikationen, durchführen. Ein weiteren Grund
für den Einsatz von tierischen Zellen zur Proteinherstellung ist, dass sie das Protein biologisch
aktiv ins Nährmedium ausschleusen.
Das Ziel dieser Arbeit war es, das rekombinante, humane Wachstumshormon aus CHO-Zellen
(chinese hamster ovary-Zellen) herzustellen. Bis auf einen Prozess der Firma Ares-Serono
Pharma (Schweiz), wo das Protein in der adhärent wachsenden Maustumorzelllinie C127 produ-
ziert wird, erfolgt die Herstellung des menschlichen Wachstumsfaktors industriell bis heute in E.
coli-Zellen. Diese besitzen eine kürzere Verdopplungszeit als Säugetierzellen, sezernieren den
menschlichen Wachstumsfaktor jedoch nur ins Periplasma, wo er in Form von
Einschlusskörperchen vorliegt. In kostspieligen und zeitaufwendigen Aufarbeitungsschritten
müssen die Zellen nach der Fermentation aufgeschlossen und das Protein de- sowie renaturiert
werden. Hierbei entstehen große Produktverluste.
Als Fermentationsbetriebsweise wurde ein Perfusionsprozess mit einem 2 Liter Bioreaktor ge-
wählt. Es sollte ein Laborprozess etabliert werden, mit dem eine deutlich höhere Produkt-
konzentration hergestellt werden konnte, als in T-Flaschen, Spinnern, Superspinnern oder Biore-
aktorsatzprozessen möglich war. Als Zellrückhaltungsgerät wurde dabei ein Plattensedimenter
(englisch: inclined settler) verwendet.

2 Theoretischer Hintergrund
2
2
Theoretischer Hintergrund
2.1
Das menschliche Wachstumshormon
Das menschliche Wachstumshormon, auch Somatropin, Somatotropin, somatropes Hormon
(STH) oder human growth hormone (hGH) genannt, ist ein nicht glykosiliertes, einkettiges Pro-
tein, das aus 191 Aminosäuren besteht und 2 Disulfidbrücken besitzt. Es ist aus neun -Helices
aufgebaut (Abb. 1) und hat eine Molekülmasse von 21864 Da [RCSB Protein Data Bank, 2005].
Ungefähr 50% des im Blut vorkommenden Proteins sind als ein ,,Hormon-Reservoir" an das
growth hormone binding protein gebunden. Die Plasmahalbwertszit von hGH liegt bei ca. 20
Minuten [Klinke und Silbernagl, 2000]. Es kommt im Serum des gesunden Menschen in einer
Konzentration von 1-5 ng/mL vor. Die Werte sind hierbei stark abhängig von Alter, körperlicher
Belastung, Nahrungsaufnahme und Stress. Gebildet wird der menschliche Wachstumsfaktor in
den alpha-Zellen der Adenohypophyse, auch Hypophysenvorderlappen genannt [J. Lewis, Sinha
und P. Lewis, 2000].
Abb. 1:
3-D-Struktur des menschlichen Wachstumshormons, das aus neun -Helices besteht
[RCSB Protein Data Bank, 2005].
Das hGH-Gencluster ist auf Chromosom 17 lokalisiert und besteht aus fünf Exons. Die Regula-
tion erfolgt über je eine locus control region [Jones et al., 1995]. Aus der durch die Transkription

2 Theoretischer Hintergrund
3
der DNA entstehenden prä-mRNA werden die nicht codierenden Abschnitte (Introns A-D) ent-
fernt, und es entsteht die für die 22 kDa-Variante codierende mRNA (Abb. 2). Beim Spleißen
wird mit einer Häufigkeit von ca. 5 bis 10% auch ein Teil des Exons 3 entfernt (Spleißstelle B`,
gelb markiert). Durch dieses alternative Spleißen entsteht eine verkürzte mRNA, die nach Trans-
lation zu einer 20 kDa hGH-Form führt [Jung, Scherges und Fürst, 2002]. Außerdem existiert
noch eine 27 kDa-Variante, die zu weniger als einem Prozent des Gesamtproteins im Körper
vorliegt und deren Funktion unbekannt ist.
Abb. 2:
Gencluster von hGH mit den zwei am häufigsten vorkommenden Varianten, der 22-
und der 20 kDa-Form [Jung, Scherges und Fürst, 2002].
In vivo wird die Bildung von hGH durch Somatolibrin (englisch: somatropin releasing-hormone,
SRH) des Hypothalamus stimuliert. Eine Hemmung der Produktion erfolgt durch Somatostatin.
Sekretionsstimuli sind ferner energieverbrauchende Prozesse wie körperliche Aktivität, psychi-
scher Stress und Hungern [Laursen, 2004]. Der menschliche Wachstumsfaktor wird zu 75% im
Schlaf abgegeben und erreicht seinen höchsten Wert in der Pubertät. Seine Ausschüttung nimmt
nach Abschluss des Längenwachstums um 10-15% je Lebensjahrzehnt ab.
Das menschliche Wachstumshormon wirkt über Somatomedine, besonders den insulin like
growth factor (IGF 1). Das Zielorgan ist hierbei die Leber sowie die sich im Knorpelgewebe
befindenden Chondrozyten. Besonders die Proteinbiosynthese im Muskelgewebe wird durch den
menschlichen Wachstumsfaktor stimuliert. Weiterhin kann es in der ersten Phase der Ausschüt-
tung direkt die B-Zellen des Pankreas und damit die Insulinsekretion steigern. In der zweiten
Phase jedoch hat hGH antagonistische Wirkungen zu Insulin. Dabei wird die Glucoseaufnahme
und der Glucoseverbrauch gehemmt und die Gluconeogenese gefördert. Des weiteren wird die

2 Theoretischer Hintergrund
4
Lipidsynthese gehemmt und die Lipolyse angeregt [Spina et al., 2004]. Bei Kindern ruft hGH in
Verbindung mit IGF 1 das Längenwachstum der Knochen hervor (Abb. 3).
Abb.
3:
Funktionen und Regulation von hGH (in Abb. STH). Der menschliche
Wachstumsfaktor stimuliert die Sekretion von IGF 1 (Somatomedin C) in der Leber
und bewirkt mit diesem zusammen an der Wachstumszone des Knochens das
Längenwachstum. Die multiple Regulation von hGH durch externe und interne
Reize sowie eine Rückkoppelung über Aminosäuren und Glucose sind ebenfalls
dargestellt. Wahrscheinlich entfaltet auch IGF 1 eine negative Feedback-Wirkung
auf die hGH-Sekretion [Klinke und Silbernagl, 2000].

2 Theoretischer Hintergrund
5
Das menschliche Wachstumshormon ist ein speziesspezifisches Proteohormon, das 1956 zum
ersten Mal aus Hypophysensektomie-Extrakten menschlicher Leichen gewonnen wurde. Von
1963 bis 1985 wurde dieses, aus isolierten Hypophysenextrakten von Toten gewonnene hGH
(pit-hGH: pituitary-derived growth hormone), als Therapeutikum eingesetzt. Bis zum Jahr 1985
starben jedoch in den USA 7 von 7000 Kindern an der prionenvermittelten Creutzfeldt-Jakob-
Krankheit [Zekauskas, Boggs und Wilson, 1990]. Daraufhin verlor pit-hGH die Zulassung durch
die Food and Drug Administration [Rappaport und Graham, 1987]. Ab 1985 wurde rekombinan-
tes hGH als Therapeutikum zugelassen und wird bis heute vor allem zur Behandlung des Min-
derwuchses verwendet.
2.2
Einsatzgebiete des menschlichen Wachstumshormons
In der Klinik wird hGH vor allem zur Therapie des hypophysären Minderwuchses bei Kindern
eingesetzt. Darunter wird ein angeborener oder vor Abschluss des Längenwachstums erworbener
Ausfall des Wachstumshormones z.B. durch ein Adenom verstanden. Das Krankheitsbild tritt
mit einer Häufigkeit von 1:2500 auf. Unbehandelt erreichen männliche Individuen eine
Endgröße von maximal 150 cm, weibliche Betroffene werden nicht größer als 140 cm (Abb. 4)
[Pschyrembrel, 2005]. Hände und Füße sind auffallend klein und das Gesicht bleibt kindlich. Die
Diagnose wird durch radioimmunologische hGH-Bestimmung unter Stimulationstests wie Insu-
linhypoglykämie- und Ergometerbelastungstests ermittelt. Die Behandlung des Minderwuchses
erfolgt mit gentechnologisch gewonnenem, menschlichen Wachstumshormon. Dabei liegt die
täglich subkutan zu verabreichende Dosis bei 0,7-1,0 mg hGH/m
2
Körperoberfläche. Das Län-
genwachstum kann jedoch nur beeinflusst werden, solange die Epiphysenfugen der Röhrenkno-
chen noch offen sind. Bei rechtzeitigem Beginn einer Substitutionstherapie lässt sich eine Er-
wachsenengröße im unteren Normbereich erreichen [Siegenthaler et al., 1992].

2 Theoretischer Hintergrund
6
Abb.
4:
18-jähriger Patient (125 cm, 27,5 kg) mit hypophysärem Minderwuchs bei
idiopathischem Wachstumshormon- und Gonadotropinmangel [Siegenthaler et al.,
1992].
Des weiteren wird rekombinantes, menschliches Wachstumshormon beim Ullrich-Turner-
Syndrom eingesetzt. Dieses Krankheitsbild beruht auf dem Verlust eines Geschlechtschromo-
soms, so dass neben 22 Autosomen nur ein X-Chromosom vorhanden ist. Es ist eine nicht erbli-
che Krankheit, die nur bei Mädchen vorkommt. Der Verlust eines funktionierenden X-
Chromosoms kann entweder in allen Körperzellen (Karyotyp: 45, X) oder in einem Teil ihrer
Körperzellen (Mosaik-Typus, Karyotyp: 46, XX/45, X; bei etwa 40% aller Betroffenen) vor-
kommen. Die Symptome der Krankheit sind beim Neugeborenem meistens ein niedriges Ge-
burtsgewicht, Fuß- und Handrückenödeme sowie ein tiefer Nackenhaaransatz. Mit zunehmen-
dem Alter kommen dann Minderwuchs, die mangelnde Ausbildung sekundärer Geschlechts-
merkmale und primäre Amenorrhoe hinzu. Zur Therapie werden der Betroffenen täglich 1,4 mg
hGH/m
2
Körperoberfläche appliziert [Münch und Reitz, 1996].
Eine weitere Indikation für die Behandlung mit hGH ist das Prader-Labhard-Willi-Syndrom.
Diese Krankheit wurde erstmalig 1956 von den drei Schweizer Ärzten A. Prader, A. Labhard
und H. Willi beschrieben. Neben Minderwuchs sind die Symptome des Krankheitsbildes extre-
mes Übergewicht, eingeschränkte Intelligenz, dysmorphe Merkmale und eine ausgeprägte Mus-
kelschwäche. Die Häufigkeit wird auf 1:10000 bis 1:25000 geschätzt, wobei das männliche Ge-

2 Theoretischer Hintergrund
7
schlecht 1,5 bis 2 mal häufiger betroffen ist als das weibliche. Die Ursache beruht bei einem Teil
der Patienten auf einer Deletion des langen Arms von Chromosom 15. Die genaue Ursache der
Krankheit ist noch nicht aufgeklärt. Dem Patienten werden zur Therapie täglich 1,0 mg hGH/m
2
Körperoberfläche verabreicht [Siegenthaler et al., 1992].
Ferner wird das menschliche Wachstumshormon beim Krankheitsbild des HIV-wasting-
Syndroms eingesetzt. Dies ist eine Auszehrung, auch Kaxechie genannt, die sehr häufig in Afri-
ka bei AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome)-Patienten zu beobachten ist. Dabei
kommt es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme von 10% des Körpergewichtes verbunden mit
Fieber und länger anhaltenden Diarrhöen ohne Erregernachweis. Dem Patienten werden täglich
0,1 mg hGH/kg Körpergewicht subkutan über einen Zeitraum von 12 Wochen gespritzt. Das Ziel
hierbei ist es, wieder Körpermasse beim Betroffenem aufzubauen [Classen, Diehl und Kochsiek,
1993].
Abb. 5:
Junge mit Kachexie beim HIV-wasting-Syndrom [Baylor International Pediatric
AIDS
Initiative,
2005].
Die Nebenwirkungen von hGH, die vor allem bei Überdosierungen auftreten, sind das Karpal-
tunnelsyndrom, eine verminderte Glukosetoleranz und damit eine gewachsene Tendenz zu Dia-
betes, Brustvergrößerungen, sogar bei Männern, Flüssigkeitsretentionen und ein erhöhtes Risiko
für Krebserkrankungen [Kato et al., 2005].
Eine Überproduktion von hGH führt zum Krankheitsbild der Akromegalie. In der Mehrzahl der
Fälle liegt der Akromegalie ein gutartiger Tumor des Hypophysenvorderlappens zugrunde. In

2 Theoretischer Hintergrund
8
seltenen Fällen ist ein maligner Tumor der Adenophyse die Ursache der Krankheit. Die Symp-
tomatik der Akromegalie wird entscheidend davon geprägt, ob die Erkrankung vor oder nach
dem Verschluss der Epiphysenfugen eintritt. Vor Abschluss des Längenwachstums kommt es
zum sog. Gigantismus bzw. hyperphysärem Riesenwuchs. Die normalen Körperproportionen
bleiben weitgehend erhalten. Nach Verschluss der Epiphysenfugen ist ein Wachstum nur noch an
den knöchernen Akren (Nase, Finger, Zehen, Kinn und Jochbogen) und im Bereich der Weich-
teile möglich. Die Körperproportionen wirken durch dieses Wachstum unharmonisch und deut-
lich vergröbert. Zur Therapie der Akromegalie wird das Hypophysenadenom herausgeschnitten.
Dabei kann es bei großen Adenomen zur Entfernung der gesamten Hypophyse kommen. Des
weiteren können Dopamin- oder Somatostatin-Agonisten zur Behandlung verabreicht werden
[Classen, Diehl und Kochsiek, 1993].

2 Theoretischer Hintergrund
9
2.3
Allgemeine Grundlagen des Perfusionsprozesses
Für die Kultivierung von CHO-Zellen können verschiedene Betriebsweisen wie Satz-,
Zufütterungs-, und kontinuierliche Fermentation gewählt werden. Für eine Satzkultivierung wird
eine gewisse Menge an Nährmedium vorgelegt. Während des Prozesses werden außer Luft und
den Gasen Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid sowie Lauge keine Substanzen zu- oder ab-
geführt. Bei einem Zufütterungsprozess wird die Fermentation mit weniger Nährmedium als im
Satzprozess begonnen. Im Laufe des Prozesses wird daraufhin kontinuierlich Substrat mit ver-
schiedenen Zufütterungsstrategien zugepumpt. Im kontinuierlichen Prozess werden die Zellen im
Satzprozess auf eine bestimmte Zelldichte herangezüchtet und danach wird kontinuierlich Sub-
strat zu- und Produkt abgeführt. Hierbei wird zwischen dem Chemostaten und dem
Turbidostaten unterschieden. Beim Chemostaten wird die Zelldichte über die Substratkonzentra-
tion geregelt, während beim Turbidostaten die Trübung der Kulturbrühe und damit die Zelldichte
selbst die Regelgröße ist. Der Vorteil einer kontinuierlichen Prozessführung ist, dass inhibieren-
de Stoffwechselprodukte wie Lactat oder Ammonium mit der Ernte aus dem System ausgetragen
werden, wobei inhibitorische Effekte wie beim Satzprozess vermieden werden.
Eine besondere Form der kontinuierlichen Kultivierung stellt der Perfusionsprozess dar
[Büntemeyer, 1988]. Im Perfusionsprozess werden im Gegensatz zum Chemostaten die Zellen
im Kultivierungssystem zurückgehalten, aber ebenfalls kontinuierlich mit Nährstoffen versorgt,
so dass im Vergleich zum Satzprozess bei Versorgung der Zellen mit genügend Nährstoffen kei-
ne Limitierungen auftreten.
Der Vorteil des Perfusions- gegenüber dem Zufütterungs- und Satzbetrieb ist die Eignung zur
Herstellung von unstabilen Proteinen, da das Produkt nur kurzfristig im Produktionssystem
bleibt. Außerdem wird bei Glykoproteinen das Produkt durch die kurze Verweilzeit weniger lang
Sialidasen der abgestorbenen Zellen ausgesetzt und besitzt somit einen höheren
Sialylierungsgrad. Bei nicht glykosilierten Proteinen besteht der Vorteil des Perfusions- gegen-
über dem Satz- und Zufütterungsprozess darin, dass höhere Produktivitäten aufgrund der höhe-
ren Zelldichten erzielt werden können [Lipscomb, Mowry und Kompala, 2004]. Im Perfusions-
betrieb sind Zelldichten von 10-50 Mio. Zellen/mL möglich, im Gegensatz zum Satzprozess mit
dem durchschnittlich nur Zelldichten von 2-4
Mio. Zellen/mL erreicht werden können [Ryll et
al., 2000].
Ferner lassen sich mit einem Perfusionsprozess unterschiedliche Kulturbedingungen einstellen,
so dass die Reaktion der Zellen auf diese Veränderungen genau untersucht werden kann. Zum

2 Theoretischer Hintergrund
10
Beispiel können Temperatur- oder pH-shifts durchgeführt und das darauffolgende Verhalten der
Zellen untersucht werden [Castilho, Anspach und Deckwer, 2002].
Des weiteren kann ein Perfusionsprozess über einen längeren Zeitraum als ein Satz- oder
Zufütterungsprozess durchgeführt werden. Somit entfallen die sich wiederholenden Rüstzeiten
der Vorbereitung und Sterilisierung des Bioreaktors und der Nachbehandlung in Form von Rei-
nigungsprozessen. Im Perfusionsprozess kann außerdem bei gleicher Reaktorgröße täglich eine
größere Menge an Protein geerntet werden, als im Satzbetrieb nach 4-5 Tagen herstellbar ist
[Dowd, Kwok und Piret, 2001].
Im Gegensatz zum Satz- oder Zufütterungsprozess wird in der Industrie im Perfusionsbetrieb ein
um das 100-1000fach kleinere Fermenter eingesetzt. Dafür sind die Zufütterungs- und Erntege-
fäße größer dimensioniert.
Der Nachteil des Perfusionsprozesses ist, dass er mehr Personal erfordert, da täglich zugefüttert
und geerntet werden muss. Des weiteren ist eine Perfusionskultivierung komplexer und anfälli-
ger als eine Satzfermentation. Die Produktkonzentrationen sind bei hohen Perfusionsraten oft-
mals niedriger als im Zufütterungsprozess, so dass das Produkt meistens noch konzentriert wer-
den sollte.
2.4
Der Plattensedimenter als Zellrückhaltungsgerät
Für den Perfusionsbetrieb ist ein Zellrückhaltungssystem notwendig [Castilho und Medronho,
2001]. Man unterscheidet hierbei zwischen internen und externen Zellrückhaltungsgeräten. Zu
den internen Zellrückhaltungssystemen gehören z.B. Spin-Filter und im Reaktor eingebaute
settler-Platten [Tokashiki und Takamatsu, 1993]. Externe Zellrückhaltungsgeräte sind Hydro-
zyklone, kontinuierliche Zentrifugen, Filtrationsmodule sowie akustische Filter und
Plattensedimenter [Woodside, Bowen und Piret, 1998].
In dieser Arbeit wurde ein Plattensedimenter als Zellrückhaltungsgerät eingesetzt. Er beruht auf
dem Prinzip der Gravitationskraft (Abb. 6). Die Zellen werden den Sedimenter hinaufgepumpt
und sedimentieren aufgrund der Schwerkraft auf die Platten. Von dort rutschen sie, erleichtert
durch die Vibration des Sedimenters, auf den Platten zum Bodenkonus des settlers, von wo sie
zurück in den Bioreaktor gepumpt werden [Batt, Davis und Kompala, 1990].

2 Theoretischer Hintergrund
11
Abb.
6: Schemazeichnung der im Plattensedimenter wirkenden Kräfte mit G:
Gewichtskraft, A: Auftriebskraft, R
1
: hydrodymamischer Widerstand, der
Gewichtskraft entgegenwirkend, R
2
: hydrodynamischer Widerstand, der Flussrate
entgegenwirkend und F
P
: Perfusionsflussrate.
Für den Vorgang der Sedimentation ergibt sich aus dem Stoke`schen Gesetz folgende Sinkge-
schwindigkeit der Zellen:
-
=
18
)
(
2
E
L
S
Z
g
d
v
[mm/h]
[1]
Hierbei ist v die Sinkgeschwindigkeit der Zellen, d
Z
der Teilchendurchmesser,
S
und
L
die
Dichte des Feststoffes und der Flüssigkeit, g
E
die Erdbeschleunigung und die dynamische Vis-
kosität.
Sedimenterplatte
F
P
G
Bioreaktor
Bioreaktor
Ernte
Zelle
Vibrator
R
1
R
2
A
Sedimenterplatte
F
P
G
Bioreaktor
Bioreaktor
Ernte
Zelle
Vibrator
R
1
R
2
A

2 Theoretischer Hintergrund
12
Die Zellrückhaltung R berechnet sich aus folgender Gleichung (Abb. 13):
X
X
h
R
-
=
100
100
[%]
[2]
wobei X die Zelldichte im Bioreaktor und h
*
X die Zelldichte in der Ernte sind.
Mit dem Plattensedimenter können bei der Einstellung von adequaten Perfusionsraten hohe Zell-
rückhaltungen von über 90% erreicht werden. Er ist einfach gebaut, robust und leicht zu handha-
ben. Im Gegensatz zu anderen Zellrückhaltungsgeräten wie Filtrationsmodulen oder Spin-Filtern
zeichnet er sich dadurch aus, dass keine Verstopfungen von Membranen oder Verblockungen
auftreten, so dass er über einen längeren Zeitraum einsetzbar ist [Searles, Todd und Kompala,
1994]. Es sind in der Literatur Fermentationen bis zu 160 Tagen beschrieben [Voisard et al.,
2003]. Auch der Energieeintrag durch den Vibrator ist geringer als beim akustischen Filter, was
zu einer kostengünstigeren Betriebsweise führt. Im Gegensatz zu kontinuierlichen Zentrifugen
und Hydrozyklonen treten keine Scherkräfte auf, die die Zellen beschädigen könnten. Der
Plattensedimenter ist ferner leicht zu reinigen und zu sterilisieren. Des weiteren hat er gegenüber
den anderen Zellrückhaltungsgeräten den Vorteil, dass er einzelne, tote Zellen passiv austrägt,
was mit keinem weiteren Abfall oder sogar einem Anstieg der Viabilität der Kultur verbunden
ist. Ein Austrag von Totzellaggregaten, welche bei längeren Fermentationszeiten auftreten kön-
nen, findet jedoch nicht statt. Ein weiterer Vorteil des Plattensedimenters gegenüber anderen
Zellrückhaltungsgeräten ist seine leichte Skalierbarkeit. Es können im Produktionsmaßstab Per-
fusionsflussraten von 250-1000 L/d eingestellt werden [Voisard et al., 2003]. In der Industrie
eingesetzt wird ein Plattensedimenter mit einer Klärfläche von 4,7 m
2
bei der Bayer Health Care
AG in Berkley, USA zur Herstellung von Faktor VIII [persönliche Kommunikation: Heidemann,
2005].

3 Material und Methoden
13
3
Material und Methoden
3.1
Die Zelllinie
Für die Kultivierungen wurde die rekombinante, nichtadhärente Zelllinie CHO
SFS
der Firma Cell
Culture Service GmbH aus Hamburg eingesetzt (Abb. 7). Die transfizierte Suspensionszelle pro-
duziert rekombinantes, humanes Wachstumshormon und sezerniert dieses biologisch aktiv in das
Nährmedium. Die Zelllinie stammt von einem Klon aus der American Type Cell Collection
(ATCC) mit der Bezeichnung CRL-9096, der eine Dihydrofolatreduktasedefizienz aufweist. Das
Enzym Dihydrofolatreduktase (DHFR) ist in die Neubildung von Purinen und Pyrimidinen in-
volviert. Die nichttransfizierte Zelle wächst nur in der Anwesenheit von Hypoxanthin und
Thymidin. Die transfizierte Zelle kann somit ohne den Einsatz von Antibiotika selektiert werden.
Der Expressionsvektor pEF1
-dhfr komplementiert die DHFR-Defizienz der transfizierten
CHO-Zelle, indem er die Sequenz für die murine Dihydrofolatreduktase enthält. Die DHFR-
Expression wird durch den schwachen, frühen SV40-Promotor reguliert. Weiterhin vermittelt die
DHFR-Expression Resistenz gegen Methotrexat. Dieses sorgt für eine Stabilisierung der DHFR-
Kassette, die ebenfalls das hGH-Gen enthält. Die Expression von hGH wird weiterhin über die
starke Promotor-/Enhancersequenz des humanen Elongationsfaktors EF1
reguliert, was zu ei-
ner gesteigerten Bildung von hGH führt.
Abb. 7:
CHO
SFS
-Zellen unter dem Mikroskop.

3 Material und Methoden
14
3.2
Die Zellkulturmedien
Für die T-Flaschen-, Spinner-, Superspinner- und Satzkultivierungen wurden unter anderem die
Flüssigmedien ProCHO 4 und ProCHO 5 (Cambrex, Baltimore, USA) benutzt. Diese Medien
sind bis auf Insulin, bei dessen Herstellung tierische Substanzen verwendet werden, frei von ani-
malischen Komponenten. Sie sind chemisch nicht definiert, da sie Sojahydrolysat enthalten und
weisen Glucosekonzentrationen von 22,2 mM (ProCHO 4) und 45,5 mM (ProCHO 5) auf. Die
Fermentationsmedien wurden vor Gebrauch auf eine Glutaminkonzentration von 4 mM einge-
stellt.
Für die Superspinner und Satzkultivierungen wurde weiterhin das Medium MAM-PF 2 (Amimed
AG, Basel, Schweiz) im Verhältnis MAM-PF 2 : ProCHO = 21:1 eingesetzt. MAM-PF 2 ist ein
proteinfreies Medium und enthält in etwa viermal so hohe Aminosäurekonzentrationen wie her-
kömmliches DMEM/F12-Medium. Es hat ferner eine Glucosekonzentration von 24,0 mM und
enthält 0,1% Pluronic F68. Das Medium wurde ebenfalls vor Gebrauch auf eine Glutamin-
konzentration von 4 mM eingestellt.
In den Vorkulturen, also T-Flaschen, Spinnern und Superspinnern, wurde ferner Methotrexat in
einer Konzentration von 1,0 M zur Stabilisierung der hGH-Genkassette eingesetzt.
Für die Perfusionskulturen wurde eine Mediummischung von MAM-PF 2 und ProCHO im Ver-
hältnis 11:1, 21:1 bzw. 41:1 eingesetzt, die auf 4 mM Glutamin eingestellt war.
3.3
Vorgehensweise
Nach Erhalt des Kryoröhrchens und der mit Zellsuspension gefüllten T25-Flasche wurden die
Zellen in weiteren T25-, T75 und T175-Flaschen passagiert und hierbei verschiedene Medien
getestet. Daraufhin wurden die Kultivierungen in ungeregelten, gerührten Systemen, den Spin-
nern und Superspinnern durchgeführt und ebenfalls mehrere Medien ausprobiert. Danach wurden
Versuche im 2 Liter Satzbioreaktor und im 2 Liter Perfusionsbioreaktor gefahren, wobei im 2
Liter Satzbioreaktor ebenfalls unterschiedliche Nährmedien getestet wurden.

3 Material und Methoden
15
3.4
Die Kultivierungsysteme
3.4.1
Die T-Flaschen
Zur Vorkulturführung wurden die Zellen in T25,- T75- und T175-Flaschen kultiviert. In den
T25-Flaschen wurde neben dem ProCHO 4-Medium auch reines MAM-PF 2-Medium und
DMEM/F12-Medium getestet.
Die Zellen wurden mit einer Zelldichte von 2,0-2,5
*
10
5
Zellen/mL eingesät und nach einer Kul-
tivierungszeit von 5 bis 6 Tagen bei einer durchschnittlichen Zelldichte von 1,0-1,4
*
10
6
Zel-
len/mL passagiert.
3.4.2
Die Spinner
Zu Beginn der Arbeit wurden für die Kultivierungen Spinner (Techne Corporation, Minneapolis,
USA; Schott AG, Jena; Integra Biosciences, Chur, Schweiz) mit einem Arbeitsvolumen von 60
und 125 mL und einem Füllvolumen von 250 und 500 mL eingesetzt. Die Spinner besaßen Stab-
sowie Paddelrührer und wurden mit einer Drehzahl von 50 Upm gerührt. Es wurden in den Spin-
nern das Medium ProCHO 4 getestet.
3.4.3
Der Superspinner
Für die Vorkultur der Bioreaktorversuche wurden 0,5 Liter Superspinner verwendet (Abb. 8).
Das Arbeitsvolumen hierbei betrug 500 mL. Der Superspinner ist ein Kultivierungssytem [Leh-
mann et al., 1992], mit dem größere Volumina als mit herkömmlichen Spinnern aufgrund der
Volumenbegasung eingesetzt werden können. Die Besonderheit des Superspinners ist seine bla-
senfreie Membranbegasung. Hierbei wird eine Silikonmembran aus Accurel auf ein Gestänge
gewickelt, in dem sich ein Magnet befindet. Nach Positionierung des Superspinners auf einem
Magnetrührer rotiert der Taumelrührer im Kulturgefäß und ermöglicht somit eine Durchmi-
schung und blasenfreie Begasung der Kulturbrühe. Der Superspinner ist an eine Gasversorgung
angeschlossen und wird mit 5% CO
2
begast. Er wird in einem Brutraum bei einer Temperatur
von 37 °C betrieben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783842812970
DOI
10.3239/9783842812970
Dateigröße
3.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld – Technische Fakultät, Molekulare Biotechnologie
Erscheinungsdatum
2011 (März)
Note
1,3
Schlagworte
cho-zellen perfusionsbioreaktor wachstumshormon plattensedimenter
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Titel: Produktion des rekombinanten, menschlichen Wachstumshormons aus CHO-Zellen im 2 Liter Perfusionsbioreaktor mit Plattensedimenter
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