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Widerstände gegen Kulturwandel in Unternehmen - Ursachen und Lösungsansätze im Change Management

©2010 Diplomarbeit 73 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Anpassung von Unternehmen an die ständig wechselnden wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bedingungen ist aktueller denn je. Die weltumspannende Mobilität von Menschen und Waren und die grenzenlose Verfügbarkeit von Kapital und Wissen haben zu einer globalen Wettbewerbssituation geführt, in der Waren und Dienstleistungen in einem Maße austauschbar geworden sind, dass Unternehmen, die nur auf ‘bewährten’ Unternehmensstrukturen und Geschäftsprozessen beharren, in ihrer Existenz gefährdet sind. Weltweite Synergieeffekte und Wertschöpfungsprozesse sowie eine allgemeine gesellschaftliche Transformation machen allumfassende, ganzheitliche und langfristige Wandelprojekte in Unternehmen unumgänglich. Im globalen Wettbewerb kann sich nur behaupten, wer bereit und fähig ist, diesen Anpassungsprozess schnell und kontinuierlich zu vollziehen. Das Ziel, sich von anderen Unternehmen abzuheben und ‘besser’ zu sein, lässt sich heute nicht mehr allein durch die Anwendung rein betriebswirtschaftlicher Methoden realisieren, sondern wird immer stärker durch die aktive Beeinflussung der ‘Unternehmenskultur’ beeinflusst. Denn die Qualität der Unternehmenskultur entscheidet darüber, ob die Geschäftsprozesse sich so optimieren lassen, dass sie zum maximalen Unternehmenserfolg führen. Höhere Innovationsbereitschaft, stärkere Kundenorientierung und die reibungslose Zusammenarbeit der Geschäftsbereiche eines Unternehmens lassen sich nur durch eine geeignete Unternehmenskultur erzielen. Wie wichtig die Unternehmenskultur inzwischen genommen wird und wie notwendig es geworden ist, sie zu verbessern, lässt sich anhand aktueller Studien belegen.
Die Gründe, warum Unternehmen ihre Kultur verbessern müssen, sind vielfältig, wobei grob nach externen bzw. internen Auslösern für die Notwendigkeit des Kulturwandels unterschieden wird. Zu den wichtigsten internen Auslösern zählen die Ineffizienz/Ineffektivität der Unternehmensstruktur, eine akute Diskrepanz zwischen der Unternehmensstrategie, der Aufbauorganisation und der herrschenden Unternehmenskultur sowie gravierende Veränderungen bei den klassischen Unternehmenskennzahlen, z.B. Umsatz- und Gewinneinbrüche oder zu schnelles, unorganisches Wachstum. Zu den häufigsten internen Gründen, den Kulturwandel anzustreben, zählen aber auch alle Fusionierungsvorhaben, egal, ob es sich um den Zusammenschluss interner Unternehmensbereiche, eine Übernahme durch […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Gregor Przeworski
Widerstände gegen Kulturwandel in Unternehmen ­ Ursachen und Lösungsansätze im
Change Management
ISBN: 978-3-8428-1244-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland, Diplomarbeit,
2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...I
Abkürzungsverzeichnis...II
Abbildungsverzeichnis...III
1 Problemstellung...1
2 Theoretische und konzeptionelle Grundlagen...4
2.1 Begrifflichkeit: ,,Kultur", ,,Unternehmenskultur", ,,Kulturwandel"...4
2.2 Phasenmodelle der Veränderung...7
3 Entstehung und Ausprägung von Widerstand gegen den Kulturwandel...10
3.1 Definition von Widerstand und die Ursachen...10
3.1.1 Ängste als Ursache von Widerstand...14
3.1.2 Reaktanz als Ursache von Widerstand...15
3.1.3 Eigen- und Partikularinteresse als Ursache für Widerstand...16
3.1.4 Loyalitätsmangel als Ursache für Widerstand...17
3.1.5 Negative Erfahrung als Ursache für Widerstand...18
3.1.6 Divergierende Beurteilung der Wandelnotwendigkeit als Ursache für Widerstand...18
3.2 Ausdrucksformen des Widerstands gegen den Kulturwandel...19
3.2.1 Individueller Widerstand...21
3.2.2 Kollektiver Widerstand...22
3.2.3 Widerstände von Stakeholdern...23
3.2.4 Widerstände unterschiedlicher Hierarchieebenen...24
4 Überwindung der Widerstände gegen den Kulturwand...27
4.1 Bedeutung der Unternehmenskultur im Wettbewerb ...27
4.2 Voraussetzungen für erfolgreiche Kulturwandelprojekte...28
4.3 Analyse des Status Quo und Gestaltung des Wandelprozesses...30
4.3.1 Analyse der Unternehmenskultur...31
4.3.2 Gestaltung des Wandelprozesses...32
4.4 Die Six-Change-Approaches zur Überwindung der Widerstände ...36
4.4.1 Change Approach: Information und Kommunikation ...37
4.4.2 Change Approach: Teilnahme und Miteinbeziehung ...40
4.4.3 Change Approach: Erleichterung und Unterstützung ...45
4.4.4 Verhandlung und Vereinbarung...47
4.4.5 Manipulation und Beeinflussung...49
4.4.6 Expliziter und impliziter Zwang...49
5 Fazit und Ausblick...51
Literaturverzeichnis...53

Abkürzungsverzeichnis
CCO Chief Change Officer
CEO Chief Executive Officer
CFO Chief Financial Officer
TMT Top Management Team
II

Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Kräftefeld des Wandels nach Lewin...9
Abb. 2: Widerstände gegen Wandel...11
Abb. 3: Veränderungsenergie und Veränderungsnotwendigkeit...12
Abb. 4: Das Verhältnis zwischen Motivation und Erfolgswahrscheinlichkeit...28
III

1
1 Problemstellung
Die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Anpassung von Unternehmen an die ständig
wechselnden wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bedingungen ist aktueller
denn je. Die weltumspannende Mobilität von Menschen und Waren und die grenzenlose
Verfügbarkeit von Kapital und Wissen haben zu einer globalen Wettbewerbssituation geführt,
in der Waren und Dienstleistungen in einem Maße austauschbar geworden sind, dass
Unternehmen, die nur auf ,,bewährten" Unternehmensstrukturen und Geschäftsprozessen
beharren, in ihrer Existenz gefährdet sind. Weltweite Synergieeffekte und
Wertschöpfungsprozesse sowie eine allgemeine gesellschaftliche Transformation machen
allumfassende, ganzheitliche und langfristige Wandelprojekte in Unternehmen
unumgänglich.
1
Im globalen Wettbewerb kann sich nur behaupten, wer bereit und fähig ist,
diesen Anpassungsprozess schnell und kontinuierlich zu vollziehen.
2
Das Ziel, sich von
anderen Unternehmen abzuheben und ,,besser" zu sein, lässt sich heute nicht mehr allein
durch die Anwendung rein betriebswirtschaftlicher Methoden realisieren, sondern wird immer
stärker durch die aktive Beeinflussung der ,,Unternehmenskultur" beeinflusst.
3
Denn die
Qualität der Unternehmenskultur entscheidet darüber, ob die Geschäftsprozesse sich so
optimieren lassen, dass sie zum maximalen Unternehmenserfolg führen.
4
Höhere
Innovationsbereitschaft, stärkere Kundenorientierung und die reibungslose Zusammenarbeit
der Geschäftsbereiche eines Unternehmens lassen sich nur durch eine geeignete
Unternehmenskultur erzielen. Wie wichtig die Unternehmenskultur inzwischen genommen
wird und wie notwendig es geworden ist, sie zu verbessern, lässt sich anhand aktueller
Studien belegen.
5
Die Gründe, warum Unternehmen ihre Kultur verbessern müssen, sind vielfältig
6
, wobei grob
nach externen bzw. internen Auslösern für die Notwendigkeit des Kulturwandels
unterschieden wird. Zu den wichtigsten internen Auslösern zählen die Ineffizienz/Ineffektivität
der Unternehmensstruktur, eine akute Diskrepanz zwischen der Unternehmensstrategie, der
Aufbauorganisation und der herrschenden Unternehmenskultur
7
sowie gravierende
Veränderungen bei den klassischen Unternehmenskennzahlen, z.B. Umsatz- und
Gewinneinbrüche oder zu schnelles, unorganisches Wachstum. Zu den häufigsten internen
Gründen, den Kulturwandel anzustreben, zählen aber auch alle Fusionierungsvorhaben,
egal, ob es sich um den Zusammenschluss interner Unternehmensbereiche, eine
1
Vgl. Krulis-Randa / Ergenzinger (1998), S. 22f.; Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 196.
2
Vgl. Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 6f.
3
Vgl. Schiessl (1999), S. 147.; Bartlett / Ghoshal (1990), S. 56.; Schein (1996), S. 235f.
4
Vgl. Sadri / Lees (2001), S. 858.
5
Vgl. Leitl / Sackmann (2009), S. 2-9.
6
Vgl. Schneier / Beatty (1994), S. 316.
7
Vgl. Gomez / Müller-Stewens (1994), S. 138; Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 197.

2
Übernahme durch ein anderes Unternehmen oder die Übernahme eines anderen
Unternehmens handelt. In den meisten Fusionsfällen verändert sich der Handlungsrahmen
für Angestellte und Führungskräfte gleichermaßen und erfordert ein Überdenken der
bestehenden Unternehmenskultur und eine eventuelle Neuausrichtung.
8
Dass die
Unternehmenskultur nicht mehr mit den Unternehmenszielen harmoniert oder sich die
Unternehmenskultur als zu unbeweglich und nicht innovationsfördernd genug erscheint,
kann natürlich auch die Folge externer Auslöseeffekte sein. Eine Änderung der politischen,
wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen (Wettbewerbs-) Bedingungen sind oftmals der
Grund für eine Justierung oder Neugestaltung der eigenen Unternehmenskultur.
Der Wandel der Unternehmenskultur durch ein gezieltes Change Management, in der
Literatur oftmals als ,,weicher" Faktor bezeichnet
9
, stößt sehr häufig auf offene oder
versteckte Widerstände, die, wenn sie nicht oder nicht ausreichend antizipiert werden, bis
zum vollständigen Scheitern des Wandelprozesses führen können
10
, wobei auch der durch
die unternehmensinternen Widerstände in die Länge gezogene und schließlich versandende
Wandelprozess als gescheitert betrachtet werden muss.
11
Der unternehmensinterne
Widerstand wird deshalb in der Literatur zum Change Management auch als das
Haupthindernis für einen erfolgreichen Wandel bezeichnet.
12
Zu spät kommt die Erkenntnis,
dass sich zwar die organisationalen Strukturen sehr zügig verändern lassen, der Wandel
aber im Wesentlichen von den Menschen geprägt werden muss, die innerhalb des Systems
arbeiten.
In der vorliegenden Diplomarbeit sollen die Widerstände gegen den Kulturwandel in
Unternehmen untersucht, ihre Ursachen benannt sowie Lösungsansätze zur Überwindung
der Widerstände aufgezeigt werden. Es soll gezeigt werden, welche Widerstände speziell
während eines Veränderungsprozesses der Unternehmenskultur auftreten können und wie
Lösungsansätze aussehen könnten. Als Theorie-Bezugspunkt zur Überwindung der
Widerstände dienen dabei Kotter/Schlesingers bekannte ,,Six Change Approaches", die
daraufhin überprüft werden, ob sie sich im praktischen Umgang mit den Widerständen gegen
den Unternehmenskulturwandel anwenden lassen.
13
Die Gliederung der vorliegenden Arbeit
folgt dabei nicht der zeitlichen Abfolge des Wandelprozesses, sondern ist methodologisch
strukturiert.
8
Vgl. Sikora (1994), S. 138f.
9
Vgl. Kotter / Heskett (1992), S. 15-27.
10
Vgl. Schein (1984), S. 14.; Mohr (1997), S. 114.
11
Vgl. Schreyögg / Noss (1995), S. 171.
12
Vgl. Grochla (1995), S. 72.
13
Vgl. Kotter / Schlesinger (1979); in diesem Zusammenhang wäre es tautologisch falsch von einem ,,Six Change
Approaches" ­ Ansatz zu sprechen, da die korrekte Übersetzung von ,,Approach" bereits der Ansatz ist.

3
In Kapitel 2 wird zunächst der begriffliche Rahmen erläutert. Anhand der Arbeiten von
Kluckhohn, Hofstede und Schein werden die zentralen Begriffe des Themas definiert.
Anschließend werden die generellen Aspekte des Change Managements und die in den
Wandelprozess einbezogenen Personen bzw. Unternehmensorgane vorgestellt. Schließlich
werden die diversen, in der Literatur behandelten Phasenmodelle des Kulturwandels
erläutert. Wegen des beschränkten Umfangs dieser Arbeit wird auf die vergleichende
Darstellung der diversen Wandelmodelle ebenso verzichtet wie auf die vertiefte
Beschreibung der Interdependenzen zwischen Kultur, Strategie, Prozessen und Strukturen
eines Unternehmens im Kulturwandel. Das Hauptaugenmerk liegt vielmehr auf den ­ohnehin
unabhängig vom angewendeten Wandelmodell ­ in der Praxis vorhandenen oder
entstehenden Widerständen gegen den Kulturwandel und deren Überwindung. Der Überblick
über die wichtigsten Ansätze und Theorien stellt trotzdem eine wichtige Grundlage dar, um
die Entstehung von Widerständen und Ansätze zu deren späterer Überwindung mit Hilfe
Kotters ,,Six Change Approaches" einzuordnen und herzuleiten.
In Kapitel 3 werden zunächst die Ursachen der Widerstände dargestellt, unterschieden nach
individuellen und kollektiven psychologischen Aspekten. Betrachtet werden fast
ausschließlich Widerstände gegen geplanten, also initiierten Unternehmenskulturwandel.
Widerstand gegen inkremental-evolutionären Wandel wird nicht behandelt. Anschließend
werden die aus den Ursachen entstehenden Ausdrucksformen des Widerstands untersucht,
untergliedert nach den Rollen und Verantwortlichkeiten der Beschäftigten.
Kapitel 4 befasst sich mit der Überwindung der in Kapitel 3 beschriebenen Widerstände.
Zunächst werden Ansätze zur Identifizierung und Veränderung untersucht. Dazu werden
Ansätze zur Veränderungsprozessgestaltung erarbeitet sowie die Notwenigkeit einer
Kulturanalyse betrachtet. Kotter/Schlesingers ,,Six Change Approaches" zur Überwindung
der Widerstände gegen Kulturwandel bilden den Rahmen für die Darstellung der
Lösungsansätze.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse kritisch betrachtet und in einem Ausblick auf die Zukunft
der Unternehmenskultur und des ,,Culture Change" zusammengefasst.

4
2. Theoretische und konzeptionelle Grundlagen
2.1 Begrifflichkeit: ,,Kultur", ,,Unternehmenskultur" und ,,Kulturwandel"
Der Begriff ,,Unternehmenskultur" ist abgeleitet aus dem allgemeinen Begriff ,,Kultur". Die
kulturellen Merkmale eines Unternehmens werden üblicherweise aus den kulturellen
Merkmalen einer Gesellschaft abgeleitet
14
und der allgemeine Kulturbegriff auf die
gesellschaftliche Untergruppe ,,Unternehmen" übertragen. In der allgemeinsten Form
definiert ist nach Kluckhohn ,,Kultur" als Konglomerat aus ,,Mustern von Denken, Fühlen und
Handeln, welche die charakteristisch in Gruppen erworbenen Erfahrungen und deren
Verkörperung in Artefakten darstellen, welche im Kern aus traditionellen, d.h. historisch
abgeleiteten und speziell ausgewählten Ideen und den mit ihnen verbundenen Werte,
bestehen."
15
Hofstede definiert ,,Kultur" genauer als ,,kollektive Programmierung des menschlichen
Geistes"
16
, die die Mitglieder einer Gruppe von Mitgliedern anderer Gruppen unterscheidet
und zu einer gemeinsamen Wertvorstellung führt. Kultur umfasst nach seiner Definition vier
Kategorien: ,,Symbole", ,,Helden", ,,Rituale" und ,,Werte". Symbole können Worte, Gesten,
Bilder oder Objekte sein und haben eine spezielle Bedeutung innerhalb der Firmenkultur. Als
,,Helden" bezeichnet er lebende oder verstorbene, reale oder imaginäre Personen, die
markante, innerhalb der Gruppe als vorbildlich geltende Eigenschaften besitzen. Rituale sind
gemeinschaftliche Aktivitäten, die nicht in erster Linie einen organisatorischen Zweck
erfüllen, sondern vor allem den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe stärken sollen.
,,Werte" werden von ihm als die tiefliegendste Schicht der Kultur definiert. Die Werte sind mit
Emotionen verbunden, die von allen Mitgliedern der Gruppe geteilt werden und damit ein
Wertesystem konstituieren, aus dem heraus die Denk- und Handlungsweisen der
Gruppenmitglieder als positiv oder negativ beurteilt werden.
17
Die ,,Unternehmenskultur"
18
, abgeleitet aus dem allgemeinen Kulturbegriff, manifestiert
sich nach Trompenaars in vier Dimensionen: die ,,innere Umwelt", bei der es sich um
Beziehungen zwischen Kollegen und Vorgesetzten handelt,
die direkte Umwelt, ,,transactional environment", die die Geschäftsbeziehungen prägt,
die sozio-politische Umwelt, die die Beziehungen zu Institutionen wie Banken oder Politik
reflektiert,
14
Vgl. Macharzina (2005), S. 238f.
15
Kluckhohn (1951), S. 86.
16
Hofstede (2001), S. 4.
17
Vgl. Hofstede (2001), S. 8-10.
18
Synonym zum Begriff Unternehmenskultur werden in der gängigen Literatur auch die Begriffe ,,Firmenkultur"
bzw. ,,Company Culture", ,,Organisationskultur", sowie ,,Geist" oder ,,Stil des Hauses" verwendet. Aus Gründen
der einfacheren Lesbarkeit werden im Folgenden der Begriff ,,Unternehmenskultur/Corporate Culture" und die
englischsprachigen Fachbegriffe verwendet, für die es keine adäquate deutsche Bezeichnung gibt.

5
die kulturelle Umwelt, die die vorgenannten drei Umwelt­Dimensionen formt.
19
Am ausführlichsten beschäftigt sich Edgar Schein mit den Begriffen ,,Kultur",
,,Unternehmenskultur" und ,,Kulturwandel". Schein betrachtet das Unternehmen als eine klar
definierte gesellschaftliche Gruppe beschreibt demzufolge die Unternehmenskultur, als ein
Muster von Grundannahmen, das die Gruppe ,,Unternehmen" zur Bewältigung von
Problemen, externer Anpassung oder interner Integration, ,,erfunden, entdeckt oder
entwickelt" hat
20
. Dieses Muster wird als so positiv betrachtet, dass es auch den neuen
Mitgliedern des Unternehmens als verbindlich in Bezug auf ihre Wahrnehmung, ihr Denken
und Fühlen vermittelt wird. Dieses grundlegende Muster manifestiert sich in bestimmten
Wertvorstellungen, Normen und Standards für das Verhalten im Unternehmen, die wiederum
in Symbolen und Artefakten sichtbaren Ausdruck finden.
21
Schein unterscheidet zwischen geplantem und ungeplantem Wandel. Eine
Unternehmenskultur ändert sich seiner Meinung nach nicht nur durch aktives Handeln,
sondern kann sich in einem evolutionären Prozess quasi von selbst ändern.
Unternehmenskultur ist nach Schein ,,tief, breit und stabil."
22
Scheins Modell umfasst drei Ebenen der Unternehmenskultur: ,,Artefakte" und ,,Symbole"
bilden die erste Ebene. Sie besteht aus Ritualen und Zeremonien, Sprache und
Umgangsformen sowie Kleidung und Raumarchitektur. Die Phänomene dieser Ebene sind
zwar sichtbar, aber doch soweit interpretationsbedürftig, dass ein einfacher, sofortiger
Rückschluss auf die Basisannahmen des Unternehmens nicht möglich, sondern eine
tiefergehende Analyse notwendig ist.
23
Die zweite Ebene beinhaltet Wertvorstellungen,
Normen und Standards, die teilweise offen geäußert werden, teilweise latent vorhanden sind.
Diese Regeln, Gebote und Verbote bilden das zentrale Wertesystem des Unternehmens und
werden häufig von der strategischen Planung als ,,Leitlinien" der offiziellen Unternehmens-
philosophie formuliert.
Bei der Entstehung von Gruppen überlegen die Mitglieder, was zu tun ist. Die akzeptierten
Überlegungen und als gut befundenen Erfahrungen werden in die Werthaltung mit
einbezogen. Je länger diese Entscheidungskriterien herangezogen werden, desto tiefer
dringen sie allmählich in unbewusste Bereiche vor und werden zu ,,Grundprämissen"
24
.
Grundprämissen bilden die dritte Ebene, in der sich die Grundannahmen über Welt, Umwelt,
Mitmenschen und deren Beziehungen zueinander sowie grundlegendes menschliches
19
Vgl. Trompenaars (1996), S. 51
.
20
Schein (1984), S. 3
21
Vgl. Schein (1984), S. 3f.
22
Schein (1999), S. 25f.
23
Vgl. Schein (1997), S. 30.
24
Andere Autoren sprechen im gleichen Zusammenhang von ,,Grundwerten" , Schein zieht den Begriff
,,Grundprämissen" vor, da dieser besser ausdrücke, dass es sich um etwas Nichtverhandelbares handle, Vgl.
Schein (1997), S. 29.; Doppler / Lauterburg (1995), S. 390f.

6
Verhalten manifestieren. Diese unsichtbaren, unbewussten und als selbstverständlich
betrachteten Annahmen einer Gruppe werden als gemeinsames Fundament betrachtet, das
zu verlassen keinem Gruppenmitglied gestattet ist. Überlegungen, die bestehende
Grundannahmen anzweifeln oder gar negieren, werden nicht toleriert.
Unternehmenskultur, übersetzt aus dem englischen ,,Corporate Culture", ist also ein System
von gemeinsamen Werten, Normen und Überzeugungen, das den einzigartigen Charakter
und Stil eines Unternehmens begründet.
25
Dieses System umfasst das Verhalten des
Managements und der Mitarbeiter, unabhängig von der jeweiligen Hierarchieebene, wobei
sich, v. a. innerhalb von großen Unternehmen, zusätzliche ,,Subkulturen" mit spezifischen
Merkmalen entwickeln können, die sich z.B. aus der Nationalität, der betrieblichen Position
oder Funktion speisen können.
Die Werte und Normen der Unternehmenskultur sollen grundsätzlich schriftlich festgehalten
werden und mit einer ,,Corporate ­Identity"-Strategie umgesetzt und gepflegt werden. Die
Corporate Identity
26
umfasst dabei die Unternehmensleitlinien, das Unternehmensverhalten
(Corporate Behaviour), die Unternehmenserscheinung (Corporate Design) sowie die
Unternehmenskommunikation (Corporate Communication). Die Corporate Identity ist aufs
engste mit der im Unternehmen herrschenden Unternehmenskultur verbunden.
27
Unter ,,Kulturwandel" (Culture Change) versteht die Betriebswirtschaftslehre den Wandel
bzw. die Veränderung der Unternehmenskultur. Der Culture Change wird definiert als ein
bewusster und gesteuerter Prozess mit dem Ziel, eine vorhandene, strategisch
unzulängliche Unternehmenskultur so zu verändern, dass sie mit der von der
Unternehmensleitung präferierten Unternehmensstrategie im Einklang steht und die
Erreichung der Unternehmensziele nachhaltig gewährleistet. Dabei ist der Culture Change,
wie Deal/Kennedy schreiben, meist sehr langwierig und deshalb kostspielig und als
grundlegende Neuorientierung eines Unternehmens eine ,,Gratwanderung zwischen
Überforderung, die zu Widerstand führen kann, und Unterforderung, die den gesetzten
Zielen nicht gerecht wird".
28
Das gezielte Verändern der Unternehmenskultur ist die Hauptaufgabe des
Veränderungsmanagements (Change Management) Das Change Management ist die
Steuerung des Prozesses, durch den die Beschäftigten aller Ebenen bei der Initiierung,
Gestaltung und Umsetzung der Veränderung eingebunden werden, und zwar hinsichtlich
25
Vgl. Bleicher (2005), S. 236f.
26
An der deutschen Übersetzung für ,,Corporate Identity" wird deutlich, warum auch in der deutschsprachigen
Fachliteratur den englischen Fachausdrücken meist der Vorzug gegeben wird: ,,Unternehmenspersönlichkeit"
klingt nicht nur seltsam, sondern ist auch leicht zu verwechseln mit dem geläufigen, aber themenfremden
Begriff ,,Unternehmerpersönlichkeit". Ähnliches gilt auch für die Begriffe ,,Unternehmensverhalten" und
,,Unternehmenserscheinung".
27
Vgl. Doppler / Lauterburg (1999), S. 392.; Heuer / Geisler (1992), S. 152.
28
Deal / Kennedy (1982), S. 161-163.

7
aller Strategien, Strukturen, Systeme und Verhaltensweisen des Unternehmens.
29
Das
Change Management koordiniert die Abläufe, die Beschäftigten und die
Informationstechnologien zielgerichtet und betreibt aktiv den Veränderungsprozessmit dem
Ziel sicherzustellen, dass Mitarbeiter, leitende Angestellte und die Unternehmensleitung
sowohl willens als auch fähig sind, notwendige neue Verhaltensweisen und Fähigkeiten zu
adaptieren und gleichzeitig nicht weiter an ungeeignet erscheinenden Verhaltensmustern
festzuhalten. Wird das erreicht und werden Änderungen akzeptiert, kommt ein Prozess der
Verinnerlichung in Gang, und die vorher festgelegten Ziele werden dadurch selbst
Bestandteil der Unternehmenskultur.
30
Diese Erkenntnis über den unmittelbaren
Zusammenhang zwischen der Einstellung der Beschäftigten und dem Gelingen eines
Wandelprojekts war maßgebend für den Einzug des Begriffs Change Management in die
Organisationslehre.
31
In der vorliegenden Arbeit wird unterschieden zwischen dem reaktiven Change
Management, das der Bewältigung von extern ausgelösten Krisensituationen dient, und dem
proaktiven Management des Wandels, das auf den langfristigen und geplanten Aufbau von
Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft abzielt.
Die sog. ,,Organisationsentwicklung" bildet innerhalb des Change Managements einen
eigenen Bereich, der sich primär mit der Konsensbildung zwischen der
Unternehmenszielsetzung einerseits und den Mitarbeitern andererseits beschäftigt und damit
das ,,Harmoniepostulat" des Culture Change erfüllen soll. Diese Konsensfindung, moderiert
vom ,,Change Agent", ist ein partizipativer Prozess dar, der sowohl auf der Ebene der
Individuen und Gruppen als auch bezüglich des Gesamtunternehmens ablaufen soll.
32
Die im Prozess des Kulturwandels agierenden, bzw. betroffenen Personen und Organe
lassen sich grundsätzlich unterteilen in Mitarbeiter, Mittleres Management, Leitungssebene
sowie in die Gruppe der unmittelbar oder mittelbar involvierten Stakeholder. Eine spezielle
Gliederung der Beschäftigten nach Hierarchiestufen und ihren spezifischen Reaktionen und
Einflussnahmen erfolgt in Kapitel 3.
2.2 Phasenmodelle der Veränderung
In der Forschung besteht Einigkeit darüber, dass der Culture Change nur in einem
hochkomplizierten Prozess realisiert werden kann, In der einschlägigen Literatur wird dieser
Prozess als Abfolge von unterschiedlichen Phasen und Aktivitäten verstanden.
33
Ein deskriptives, aus empirischen Studien abgeleitetes Prozessmodell ist der ,,Kreislauf der
kulturellen Evolution" von William G. Dyer.
34
29
Vgl. Gattermayer / Al-Ani (2001), S. 14f.
30
Vgl. Macharzina (2005), S. 243.
31
Vgl. Steinmann / Schreyögg (2000), S. 443.
32
Vgl. Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 9f.
33
Vgl. Mohr (1997), S. 72.

8
Zentraler Ausgangspunkt in Dyers Modell ist eine Unternehmenskultur, die in eine Krise
geführt hat und aktuellen Anforderungen nicht mehr entspricht. Die defizitäre
Unternehmenskultur ist gekennzeichnet durch mangelnde Glaubwürdigkeit hinsichtlich der
ursprünglichen Werte und Symbole und führt zu einer grundsätzlichen Verunsicherung der
Beschäftigten. Diese Verunsicherung wird durch andere, latent vorhandene
,,Schattenkulturen" bzw. Orientierungsmuster überlagert. Dadurch entsteht fast zwangsläufig
ein Konflikt zwischen der offiziellen, ,,alten" und der ,,neuen" Kultur. Die Beschäftigten
entscheiden letztlich darüber, ob die neue Kultur geeignet ist, die Krise zu bewältigen.
Werden die neuen Werte und Symbole im Unternehmen akzeptiert und etabliert, kann der
Kulturwandel als abgeschlossen und geglückt gelten und der Kreislauf beginnt von vorn. An
Dyers Modell ist deutlich erkennbar, dass der Culture Change nur gelingen kann, wenn die
Beschäftigten die Werte und Ausdrucksformen der neuen Kultur akzeptieren, d.h. von ihnen
als sinnvoll erachtet werden.
35
Kurt Lewin entwickelte bereits ab 1947 das normative Modell der sozialen Veränderung, das
als Grundmodell organischer Veränderungsprozesse gesehen werden kann.
36
Nach seinem
Modell vollziehen sich Wandelprozesse in Unternehmen nicht linear, sondern zyklisch, und
weisen inkrementelle bzw. evolutionäre Züge auf. Bevor sich ein Unternehmen kulturell
verändert, stehe es, so Lewin, in einem ,,quasi stationären Gleichgewicht"
37
zwischen den
systembewahrenden bzw. veränderungshemmenden Kräften und den systemverändernden
bzw. veränderungsantreibenden Kräften. Diese gleichgewichtige Unternehmenskultur ­ eine
Konstellation bekannter Regeln, Normen und Werte ­ erfülle das individuelle Bedürfnis der
Beschäftigten nach Sicherheit. Eine Veränderung empfänden die Beschäftigten als
Bedrohung. Nach Lewin muss sich ein Unternehmen deshalb erst aus diesem Gleichgewicht
lösen, um eine Veränderung der Kultur erzielen zu können. Das sei schwierig, so Lewin, weil
sich Individuen in ihrer Einstellung und ihren Verhaltensweisen mit großer Wahrscheinlichkeit
nur ändern, wenn sich auch die Werte und Verhaltensweisen ihrer sozialen Gruppe
verändern. Aus dieser Überlegung heraus entwickelte Lewin sein in der Literatur häufig
beschriebenes Drei-Phasen-Modell. Es besteht aus der Auftau-Phase (,,Unfreezing"), in der
Bereitschaft und Verständnis für Veränderung geschaffen werden soll
38
und in der bereits
Widerstände
34
Vgl. Dyer (1985), S. 210-212.
35
Vgl. Steinmann / Schreyögg (1993), S. 602.
36
Vgl. Mohr (1997), S. 73.
37
Lewin (1947), S. 13-19.
38
Vgl. Mohr (1997), S. 74, in Anlehnung an Hersey (1972), S. 162, Schein (1973), S. 139.

9
Abb.1: Kräftefeld des Wandels nach Lewin
39
auftreten könnten, da die widerstrebenden Kräfte noch in der Überzahl seien. In der Phase
des Bewegens (,,Moving") fänden dann die eigentlichen Veränderungen statt, infolge derer
u.a. ein Sinken des Effizienzniveaus aufgrund von Turbulenzen innerhalb der Organisation
beobachtet werden könne. In diese Phase gelte es, eine Veränderungsrichtung vorzugeben
und neue Verhaltensweisen einzuführen.
40
Während der letzten Phase, des sog. Einfrierens
(,,Refreezing"), in der die treibenden Kräfte theoretisch stärker ausgeprägt seien, müsse
versucht werden, den erreichten Zustand zu festigen und dabei Ruhe und Sicherheit soweit
wieder herzustellen, dass die veränderten Strukturen auf einem höheren Effizienzniveau
stabilisiert würden und gleichzeitig ein Rückfall in den alten Zustand verhindert werde. Der
neue Zustand sei keinesfalls ein statischer, sondern solle als neues Gleichgewicht und
Ausgangspunkt für weiteres Lernen begriffen werden.
41
Alle Modelle, Ansätze und Konzepte des Kulturwandels im Unternehmen haben gemeinsam,
dass sie sich grundsätzlich mit dem Inhalt der Veränderung und mit für die Veränderung
notwendigen Infrastruktur auseinandersetzen.
42
39
Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Lewin (1951), S. 207f., zitiert durch Mohr (1997), S. 73.
40
Vgl. Mohr (1997), S. 74f.
41
Vgl. Mohr (1997), S. 75, in Anlehnung an Schanz (1982), S. 349.; Töpfer / Mehdorn (1995), S. 181f.; Robbins
(1993), S. 676-678.
42
Vgl. Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 22f.

10
3. Entstehung und Ausprägung von Widerstand gegen den Kulturwandel
3.1 Definition von Widerstand und die Ursachen
Lewins ,,Physikalische Psychologie", mit der er im Zusammenhang mit seiner Theorie der
Kraftfeldanalyse, bekannt als Force Field Analysis
43
, widerstrebende und wandelfördernde
Kräfte beschreibt, lassen sich mit der Aussage Eislers vergleichen, der, Leibniz zitierend,
Widerstand definiert als ,,die Gegenwirkung, die ein Wille, ein Wirken, eine Kraft oder eine
Bewegung durch eine andere erfährt."
44
Widerstand gegen den Wandel im Unternehmen
beschreibt Ansoff als ,,a multi-faced phenomenon, which introduces unanticipated delays,
costs and instabilities into the process of a strategic change"
45
versteht. Allerdings sind diese
Definitionen sehr abstrakt deshalb nicht genau genug, um die um die komplexen
psychologischen Zusammenhänge der Entstehung von Widerstand zu erklären. Eine
deutlich konkretere Definition findet sich bei Doppler und Lauterburg:
,,Von Widerstand kann immer dann gesprochen werden, wenn vorgesehene Entscheidungen
oder getroffene Maßnahmen, die auch bei sorgfältiger Prüfung als sinnvoll, ,logisch' oder
sogar dringend notwendig erscheinen, aus zunächst nicht ersichtlichen Gründen bei
einzelnen Individuen, bei einzelnen Gruppen oder bei der ganzen Belegschaft auf diffuse
Ablehnung stoßen, nicht unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugen oder durch
passives Verhalten unterlaufen werden."
46
Die Autoren erklären hier Widerstand als ein
,,facettenreiches Phänomen"
47
, das sich eher als ein Ausdruck von Emotionen denn als
Ergebnis rationaler Überlegung und logischer Argumentation manifestiert.
48
So setzen Kotter
und Schlesinger auch als ganz selbstverständlich voraus, dass die von Veränderungen
betroffenen Personen in emotionale Aufruhr versetzt werden.
49
Deshalb werde jede
Veränderung von den meisten Individuen erst einmal als unliebsam betrachtet.
50
Die Aussage ,,Widerstand ist ein Ausdruck von Emotionen"
51
kann demnach als ein wichtiger
Ansatzpunkt zur Überwindung von Widerstand verstanden werden. So beginnt Kotter und
Schlesingers Aufsatz ,,Choosing Strategies for Change" aus dem Jahre 1979 auch mit einem
Satz aus Machiavellis ,,The Prince": ,,It must be considered that there is nothing more difficult
to carry out, no more doubtful of success, no more dangerous to handle, than to initiate a
43
Vgl. Lewin (19951)
44
Vgl. Eisler (1930), S. 145, zitiert nach Mohr (1997), S. 114.
45
Ansoff (1988), S.207, zitiert nach Mohr (1997), S. 114.
46
Doppler / Lauterburg (1995), S. 293.
47
Mohr (1997), S. 155.
48
Vgl. Mohr (1997), S.115, in Anlehnung an Doppler (1994), S. 203.
49
Vgl. Kotter / Schlesinger (1979), S. 107.
50
Vgl. Berger / Sikora / Berger (1994), S. 255.
51
Doppler / Lauterburg (1995), S. 294

11
new order of things."
52
Veränderungsprozesse und damit das Zusammentreffen
unterschiedlicher Interessen bergen fast immer Konfliktpotenzial, das mit dem Risiko der
Entstehung von Widerstand einhergeht.
53
Das Zusammenspiel von Wandel und Widerstand
wird in der Literatur überwiegend als ,,offensichtlich untrennbar miteinander verknüpft"
bezeichnet.
54
Der ,,1. Grundsatz" lautet Doppler und Lauterburg zufolge deshalb auch: ,,Es
gibt keine Veränderung ohne Widerstand!"
55
In der psychoanalytischen Theorie wird der
Widerstand gegen den Wandel mit der natürlichen Existenz von Abwehrmechanismen
erklärt, die das Individuum nicht willentlich und unbewusst entwickelt, um sich vor
unangenehmen oder schmerzhaften Veränderungen zu schützen.
56
Die Ursache für
Widerstand lässt sich nach Reiß, von Rosenstiel und Lanz unterteilen in ,,Wissensbarrieren"
und ,,Willensbarrieren". Während die Wissensbarrieren den Widerstand aufgrund von "Nicht-
Kennen" hervorrufen, also auf ein Informationsdefizit zurückzuführen sind, dominiert bei den
Willensbarrieren die Ohnmacht (das Nicht-Dürfen), die primär durch ein Organisationsdefizit
verursacht wird. Beide Barrieren führen sowohl zur Überforderung aufgrund von
Qualifikationsdefiziten (Nicht-Können), während Motivationsdefizite (Nicht-Wollen) zu einer
Schlechterstellung führen.
57
ÜBERFORDERUNG
WISSENSBARRIEREN
WILLENSBARRIEREN
INFORMATIONSDEFIZITE
MOTIVATIONSDEFIZITE
QUALIFIKATIONSDEFIZITE
ORGANISATIONSDEFIZITE
ATION
UNKENNTNIS
SCHLECHTER-
STELLUNG
OHNMACHT
Abb. 2: Widerstände gegen Wandel
58
52
Kotter / Schlesinger (1979), S. 106. Die deutsche Übersetzung aus Machiavellis ,,Der Fürst" (Reclam, 1961)
lautet: "Dabei ist zu bedenken, daß (...) nichts so schwierig zu betreiben, so unsicher im Hinblick auf den Erfolg
und so gefährlich in der Durchführung ist als die Vornahme von Neuerungen."
53
Vgl. Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 114., S. 192., S.208; Lawrence (1969), S. 4.
54
Krebsbach-Gnath (1992), S. 37.; Doppler / Lauterburg (1995), S. 293.
55
Doppler / Lauterburg (1995), S. 302.; Mohr (1997), S.115.
56
Vgl. Krebsbach-Gnath (1992), S. 40f.
57
Vgl. Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 17f.
58
Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Reiß / von Rosenstiel / Lanz (1997), S. 17.

12
Wann die Grenze zur Überforderung überschritten wird, ist allerdings abhängig von den
individuellen Voraussetzungen des Betroffenen hinsichtlich Alter, Vorbildung,
Auffassungsgabe, persönliche Lebenssituation etc..
59
So verschieden, wie die individuellen
Voraussetzungen sind, so unterschiedlich ist auch die Fähigkeit, sich an Veränderungen von
(Qualifikations-) Anforderungen anzupassen. Soziale Veränderungen haben dabei im
Vergleich zu technischen Veränderungen im Unternehmen einen größeren Einfluss.
60
Bei
tiefgreifenden Wandelprojekten wie der Veränderung der Unternehmenskultur, besteht
zusätzlich die Gefahr, dass ein zu schnelles, radikales ,,Umkrempeln" der bestehenden
Normen und Werte einem Identitätsverlust gleichkommt und Beschäftigte aller
Hierarchieebenen Widerstand leisten, da sich eine neue Identitätsmöglichkeit noch nicht
entwickelt hat.
61
Eine Spannung, bei der der tatsächliche Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand, der angestrebten,
überzeugenden und wünschenswerten Vision der Unternehmenskultur verglichen wird
62
, ist
die Voraussetzung für das Freisetzen von Energie für die Veränderung. Ist die Spannung
sehr hoch, kann dies zu unterschiedlichsten Ängsten und somit zu Widerstand führen
(umgekehrt führt eine zu geringe Spannung, bedingt z.B. in dem die angestrebte Kultur
unklar, unverständlich und wenig überzeugend kommuniziert wird und die Konsequenzen
den Mitarbeitern und Führungskräften nicht deutlich genug gemacht werden, zu Apathie,
Arroganz und Zufriedenheit).
Abb. 3: Der Zusammenhang zwischen Spannung und Veränderung
63
59
Vgl. Kotter / Schlesinger (1979), S. 108., in Anlehnung an Watson (1969), S. 489.
60
Vgl. Lawrence (1969), S. 4.
61
Vgl. Krebsbach-Gnath (1992), S. 38.
62
Vgl. Doppler / Lauterburg (1995), S. 397.
63
Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Evans (1991), zitiert bei Krebsbach-Gnath (1992), S.45.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842812444
DOI
10.3239/9783842812444
Dateigröße
740 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München – Betriebswirtschaftslehre, Strategische Unternehmensführung
Erscheinungsdatum
2011 (März)
Note
2,0
Schlagworte
unternehmenskultur widerstand lösungsansatz
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Titel: Widerstände gegen Kulturwandel in Unternehmen - Ursachen und Lösungsansätze im Change Management
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