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Mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele - oder wie können Spiele Geschichten erzählen?

Eine kulturtheoretische Auseinandersetzung mit Lizenzspielen

©2010 Bachelorarbeit 54 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‚Die guten Gedanken über das Spiel sind rar, was damit zusammenhängt, dass der theoretische Mensch nicht geneigt ist, das Spiel ernst zu nehmen. Er pflegt sich selbst ernst zu nehmen, und indem er dies tut, entzieht er dem Spiel jeden Ernst.’ Friedrich Georg Jünger.
Einführung: Warum Spiel?:
Aus einem glühenden Interesse für Gesellschaftsspiele und meiner Betätigung als deren Entwickler heraus ist mir während meines Studiums aufgefallen, dass sich die Wissenschaft mit dem Spiel kaum auseinandersetzt. Nein, man muss sogar sagen: Das Spiel wird (im deutschsprachigen Raum) ignoriert.
Ich begann die Uni-Bibliotheken nach theoretischen Abhandlungen über ‚das Gesellschaftsspiel’ abzusuchen. Fasst man den Spielbegriff weiter, so bekommt man mehr, allerdings immer noch keine reichhaltige Auswahl an Literatur. Dieseverteilt sich vor allem auf Fachbibliotheken des Universitäts-Sportinstituts und der Pädagogik, ferner Publizistik, Anglistik und Philosophie.
Historisch betrachtet gab es in den 1970-er Jahren einen kurzfristigen Boom zum Thema, fast ausschließlich im Bereich der (Reform-)Pädagogik. Um die Jahrtausendwende erscheint dann eine vielversprechende und moderne Disziplin, die ‘Game Studies’ oder deutsch ‘Spielforschung’. Die Game Studies setzen sich allerdings fast ausschließlich mit dem Computerspiel auseinander. Methodisch sind diese stark interdisziplinär und analysieren die Rezeptions- und Produktionsbedingungen des Computerspiels.
Spiele nehmen einen wichtigen Platz in der kulturellen Entwicklung ein und man kann aus deren Erforschung einige Erkenntnisse gewinnen. Im Vorwort von ‚Spielen nach den Spielregeln’, wird das Spiel verglichen mit einem ‚microcosme de certains domaines ordonnés et réglés du monde réel, offre des parallèles aussi bien que des contrastes avec le macrocosme de notre vie quotidienne. Pour cette raison il n‘est pas étonnant que ces comportement humain dans tous ses aspects. La littérature sur le sujet [ … ] est loin d‘être exhaustive.’.
Der geordnete Mikrokosmos Spiel und Sport gewährt Einblick in unsere Lebenswelt indem Parallelen und Unterschiede aufgezeigt werden; im Zitatwird ebenfalls darauf hingewiesen, dass dieses Thema in der Literatur (der Geistes- und Kulturwissenschaften) keineswegs erschöpfend behandelt wird. Dies finde ich insofern schade, als ich mich selbst wissenschaftlich bei den Geisteswissenschaften (besonders der Philosophie) und den Cultural Studies verorten würde.
Exkurs: […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Johannes Krenner
Mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele ­ oder wie können Spiele
Geschichten erzählen?
Eine kulturtheoretische Auseinandersetzung mit Lizenzspielen
ISBN: 978-3-8428-1214-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Universität Wien, Wien, Österreich, Bachelorarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

Mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele
Johannes Krenner
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
1.1) Einführung: Warum Spiel?
1
1.2) Aber was ist denn überhaupt ein Spiel?
3
1.3) Ist das Spiel ein Medium?
4
2) Definition und Vorgehensweise
2.1) Merkmale des Spiels im Allgemeinen
5
2.2) Wagnis einer Definition
11
2.3) Literarizität von Spielen
12
2.4) Wie Spiele untersuchen?
13
2.5) Spiel als Medium
14
3) Gesellschaftsspiele und ihre Geschichten
3.1) Handlung und Darstellung
19
3.2) Ludischer und abbildender Narrativ
22
3.3) Das Spiel und der Erzähler (Fokalisierung)
24
3.4) Narratologen vs. Ludologen
25
4) Exemplarische Auseinandersetzung
4.1) Spiel »Herr der Ringe«
29
4.2) Spiel »Battlestar Galactica«
34
5) Schluss
5.1) Resümee
38
5.2) und Ausblick
40
6) Index
6.1) Quellenverzeichnis
41
6.2) Ludographie
43
7) Transkription
7.1) Andre Maack / Ravensburger
44
7.2) Stefan Stadler / Kosmos
45
7.3) Christian Hildenbrand /Amigo
48
III

Mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele
Johannes Krenner
1
1) Einleitung
»Die guten Gedanken über das Spiel sind rar, was damit zusammenhängt, dass
der theoretische Mensch nicht geneigt ist, das Spiel ernst zu nehmen. Er pflegt
sich selbst ernst zu nehmen, und indem er dies tut, entzieht er dem Spiel
jeden Ernst.« in: >Die Spiele, Frankfurt: Klostermann, 1953
Friedrich Georg Jünger
1)
Einführung: Warum Spiel?
Aus einem glühenden Interesse für Gesellschaftsspiele und meiner Betätigung
als deren Entwickler heraus ist mir während meines Studiums aufgefallen,
dass sich die Wissenschaft mit dem Spiel kaum auseinandersetzt. Nein, man
muss sogar sagen: Das Spiel wird (im deutschsprachigen Raum) ignoriert.
Ich begann die Uni-Bibliotheken nach theoretischen Abhandlungen über
» das Gesellschaftsspiel « abzusuchen. Fasst man den Spielbegriff weiter, so
bekommt man mehr, allerdings immer noch keine reichhaltige Auswahl an
Literatur. Diese verteilt sich vor allem auf Fachbibliotheken des Universitäts-
Sportinstituts und der Pädagogik, ferner Publizistik, Anglistik und Philosophie.
Historisch betrachtet gab es in den 1970-er Jahren einen kurzfristigen Boom
zum Thema, fast ausschließlich im Bereich der (Reform-)Pädagogik. Um die
Jahr tausendwende erscheint dann eine vielversprechende und moderne Dis-
ziplin, die »Game Studies« oder deutsch »Spielforschung«. Die Game Studies
setzen sich allerdings fast ausschließlich mit dem Computerspiel auseinander.
Methodisch sind diese stark interdisziplinär und analysieren die Rezeptions -
und Produktionsbedingungen des Computerspiels.
Spiele nehmen einen wichtigen Platz in der kulturellen Entwicklung ein und
man kann aus deren Erforschung einige Erkenntnisse gewinnen. Im Vorwort
von »Spielen nach den Spielregeln«, wird das Spiel verglichen mit einem
» microcosme de certains domaines ordonnés et réglés du monde réel, offre des parallèles
aussi bien que des contrastes avec le macrocosme de notre vie quotidienne. Pour cette
raison il n`est pas étonnant que ces comportement humain dans tous ses aspects. La litté-
rature sur le sujet [ ... ] est loin d`être exhaustive. « (Ghosh-Shellhorn, Marti, 2008: 7)
Der geordnete Mikrokosmos Spiel und Sport gewährt Einblick in unsere
Lebens welt indem Parallelen und Unterschiede aufgezeigt werden; im Zitat
wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass dieses Thema in der Literatur (der
Geistes- und Kultur wissenschaften) keineswegs erschöpfend behandelt wird
(vgl. auch Ghosh-Shellhorn, Marti, 2008: 31). Dies finde ich insofern schade,
als ich mich selbst wissenschaftlich bei den Geisteswissenschaften (besonders
der Philosophie) und den Cultural Studies verorten würde.

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2
Exkurs: Die Wissenschaft und das Autorenspiel
1
Warum ist also das Spiel so marginalisiert? Neben der plausiblen Meinung von
F. G. Jünger, dass das »Spiel« einfach ein blinder Fleck vieler Wissenschafter
ist, welche zu ernst sind um sich dieser >kindischen Tätigkeit zu widmen,
gibt es noch eine Vielzahl anderer Erklärungen:
Zum Beispiel besteht der Mythos, das Gesellschafts spiel sei wirtschaftlich
uninteressant. Bestimmt, es ist kein großer Markt, aber ein wachsender.
2
Von wirtschaftlichen Kennzahlen abgesehen, die aus kultur wissenschaftlicher
Perspektive nebensächlich sein sollten, ist das Spiel ein eigenständiges Kultur-
gut, welches in diesem Fall so alt ist wie die Menschheit selbst.
Das Autorenspiel (ein Spiel, bei dem der Entwickler namentlich genannt wird)
ist natürlich noch nicht so alt, weil sich die Praxis den Autor namentlich zu
erwähnen erst vor 30 Jahren in Europa eingebürgert hat. Das soll das Urheber-
recht der Entwickler, ähnlich den Buchautoren, würdigen. Langsam beginnt
dieser Trend auch in Amerika anzukommen, wo Autorenspiele bis heute eher
eine Nische darstellen.
Die Spiel entwicklung wurde seit 1980 auch professioneller und die Wege zu
einer Spielepublikation institutionalisierter.
Die erwähnte Vernachlässigung des Spiels hat für eben jene Branche aber
schlimme Folgen, die über den Schönheitsfehler einer fehlenden Norm in
der Kategorisierung von Spielen hinaus gehen: Zu den weitreichenden Aus-
wirkungen zähle ich, dass Autorenspiele rechtlich kaum geschützt sind
(z. B. gegen Nachahmung). Ein deutsches Gerichtsurteil sieht Spiele (bzw.
Spielregeln) auf einer Ebene mit Bedienungs anleitungen (z. B. für Waschma-
schinen) oder Kochrezepten. (Vgl. Risthaus, nachzulesen in »Spiele ent wickeln
2009«: 16 oder WRP ­Wettbewerb in Recht und Praxis 6/2009, S. 698-713).
Klarerweise kann ich mit einer einzelnen theoretischen Arbeit nicht diese
Lücke in den Sozial-, Kultur- und Medienwissenschaften schließen.
Ich kann an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass Gesellschaftsspiele als
soziales und kulturelles Phänomen wissenschaftlich unterrepräsentiert sind.
Um diesem Umstand entgegenzuwirken, veranstalten einige Spiele autoren,
sowie Vertreter der deutschen Verlage und der Spieleautorenzunft seit 2006
jährlich eine Fachtagung in Weilburg. Diese leistet theoretische Vorarbeit über
Mikro- und Makro phänomene rund um Autorenschaft und Arbeit an Spielen,
weil die Wissenschaft diese nicht bemerkt und die Justiz sie nicht anerkennt.
1) nicht gemeint: Auto-Rennspiel
2) Die Gesellschaftsspielbranche konnte in den letzten 3 Jahren trotz der Krise Umsatzzuwächse verbuchen.
Innerhalb Deutschlands wurden 2007 mit rund 430 Mio. Euro neun Prozent zugelegt. Der Spielwarenmarkt gesamt
schaffte im Vergleich ein Prozent Umsatz plus auf 2,3 Mrd. Euro laut den Marktforschern von Eurotoys, siehe
http://www.welt.de/wirtschaft/article1677738/warum_deutsche_Brettspiele_so_erfolgreich_sind.html, 14.9.2010

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3
1.2) Aber was ist denn überhaupt ein Spiel ?
Geht man vom Sprachgebrauch an den Begriff »Spiel« heran, so wird man mit
einer großen Menge unterschiedlicher Bedeutungen konfrontiert: Von Kindern
mit Bausteinen, bis hin zu Berufsschach, Sport oder Glücksspiel. Der Begriff
Spiel selbst scheint schon eine Art Sprachspiel zu sein. Ist das Herumtollen
von Katzen oder das Liebesspiel ein Spiel oder glauben wir nur Mechanismen
zu erkennen, die denen eines Spiels gleichen? Gelingt etwas »spielerisch«, so
war es anscheinend einfach. Man mag es nicht, wenn einer nicht »mitspielt«
und auch nicht wenn »mit« einem gespielt wird.
Benutzt man das Wort Spiel metaphorisch, so beruft man sich dabei nicht auf
ein vorhandenes Spiel, sondern auf spezifische Mechanismen oder Attribute,
die dem Spiel zugeschrieben werden: Dass es einfach zu meistern ist, das
Teil-Sein, die Emergenz oder das Als-Ob: »Das ist ja nur ein Spiel.« Durch den
hohen ontologischen Status des Worts ist dies aber nicht immer eindeutig und
die Grenze ist so fließend und schwammig, wie die Grenze Spiel und Realität
selbst. Beispielhaft zeigt der Wettstreit »witticism«, eine Art alltäglicher und
zynischer Improvisation-Wettkampf, bei dem der Verlierer als >Depp aussteigt.
3
Vielleicht liegt es gerade daran, dass Spiel so alltäglich und allgegenwärtig ist,
sodass es nebensächlich erscheint. Zumindest wird dadurch eine Definition
erschwert. So schreibt Scheuerl, gerade weil Spiel
»so merkwürdig vielgestaltig
und wandelbar ist und sich jeder festen begrifflichen Fassung immer wieder überraschend
entzieht, fordert es auch die Theorien zu immer wieder neuen Variationen der Gesichts-
punkte heraus, zu unablässigen Gedanken- und Sprachspielen. Bisher jedenfalls hat das
Spiel noch jeder logischen und definitorischen Endgültigkeit der Philosophien und Wissen-
schaften sein Schnippchen geschlagen.« (Scheuerl, 1975: 9)
Eine der ersten großen Hürden bei meiner Studie scheint schon zu sein, mei-
nen Gegenstand definitorisch einzugrenzen. Daher stellt sich auch die Frage,
wie Spiele überhaupt untersuchbar sind.
Wie können Spiel mechanismen bestimmte Inhalte verkörpern, unterstützen
und erlebbar machen? Wie können Spiele eine Geschichte erzählen?
Der Gedanke einer aktiven Teilhabe des Rezipienten an einer Geschichte
fordert die herkömmlichen Theorien des Erzählens heraus. Auf Gonzalo Frasca
referenzierend, ein Wissenschafter der Game Studies, meint Hans-Joachim
Backe ,
»The idea that games are able to tell stories, is at odds with the
widespread of games
perception as purely procedural, that is, as mere action. Therefore, games in general have
to be re-assessed as a procedural m e d i u m, that is, as an activity that conveys mea-
ning.« (2008: 53)
3) Als unterhaltsame und geistreiche Literatur über diese Gratwanderung Realität- Spiel empfehle ich den Artikel
»Contingency, Games, and Wit« von Gary Saul Morson im »New Literary History«, 2009, 40: 131-157

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4
1.3) Ist das Spiel ein Medium?
In einem Spiel werden Geschichten erzählt ­ Geschichten, welche die
Mechanismen hervorbringen können und solche, die mitgeliefert werden um
die Interpretation zu lenken. Kurz: Ludischer (aus dem Spiel hervorgehender)
und abbildender Narrativ.
Oder ist es kein »Erzählen«, weil Spielen eine gänzlich andere Qualität aufweist
und eher einem Erfahren und Erleben gleicht? Ein Spiel ist gewissermaßen ein
Medium, welches seine spezifischen Möglichkeiten, aber auch Grenzen hat.
Ein Medium zeichnet sich nach einer berühmten publizistischen Definition da-
durch aus, dass sich komplexe institutionalisierte Systeme (Verlage, Agenturen)
um einen Kommunikationskanal (verkauftes Spiel) mit spezifischem Leistungs-
vermögen scharen (Rezeption, Immersion). (Vgl. Saxer 2007 [1980]: 271)
Vermutlich habe ich Ulrich Saxers Definition damit etwas überreizt, jedoch
weisen die Begrifflichkeiten Verlag und Agentur meines Erachtens auf eine ins-
titutionalisierte (Kultur-) Produktion hin. Im Wort Spieleautor steckt schließlich
der Begriff » Autor «. Für Spiele mit namentlich genanntem Entwickler hat sich
in der Fachsprache die Bezeichnung Autorenspiel eingebürgert.
4
Was ist ein Lizenzspiel?
Eine Form des Spiels, die gerade diese Gratwanderung zwischen Medium und
Beschäftigung gut darstellt, ist das Lizenzspiel.
Der Begriff Lizenzspiele bezeichnet Gesellschaftsspiele, die einen Film, eine
Show, eine Sendung, ein Computerspiel oder ein Buch als Vorlage haben und
vom Verlag dafür eine Lizenz erstanden wurde. Manchmal sind es auch nur
einzelne Charaktere, die in bildlicher Form wiedergegeben werden. Da meine
Arbeit mit »Die mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele « betitelt ist,
sei auch von Entwicklungen innerhalb der Medienwelt die Rede, über Medien-
konvergenz und warum Lizenzspiele so sind, wie sie sind.
4) [Anm.: In den USA und Korea benutzt man dafür die Bezeichnung »german game« oder »eurogames« , da in
Deutschland besonders viele (gute) Gesellschaftsspiele produziert werden. ]

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5
2) Definition und Vorgehensweise
»Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist,
und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« ­ Briefe über die ästhetische
Erziehung des Menschen (1795)
Friedrich Schiller
2.
1)
Merkmale des Spiels im Allgemeinen
Ludwig Wittgenstein hat den Begriff Spiel verwendet um die Vagheit und die
Verschwommenheit von Begrifflichkeiten im Allgemeinen zu zeigen und eben
jenes Wort ist in seiner Unbestimmtheit einfach einmalig.
»Der Begriff Spiel bleibt ständig in merkwürdiger Weise abseits von allen übrigen Ge-
dankenformen, in denen wir die Struktur des Geisteslebens und des Gemeinschaftslebens
ausdrücken können. So müssen wir uns vorläufig darauf beschränken, die Hauptkennzei-
chen des Spiels zu beschreiben.« (Johan Huizinga, 1987 [1938]: 15)
Dies mag am hohen ontologischen Status des Begriffs liegen, so schreibt Hans-
Joachim Backe:
» >Playing and >games are universal concepts in most languages, to an
extent that makes it almost impossible to tell their literal from their metaphorical meaning.«
(2008: 53)
und schlussfolgert weiter, dass
»their ubiquitous nature leads to a certain
vagueness that makes them almost impossible to define.« (2008: 53)
Dies erklärt vielleicht, warum sich schon viele große Denker und Philosophen,
zurückdatierbar bis in die Antike (Platon), an einer verbindlichen Definition
des dynamischen und universellen Begriffs >Spiel versucht haben. So auch der
Kulturhistoriker Johan Huizinga, der es nach dem obigen Zitat eigentlich bei
einer formalen und symptomatischen Beschreibung belassen wollte. Seine De-
finition (oder Beschreibung) wurde die meistzitierte und -kritisierte zu diesem
Thema:
»Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser
festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt
bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem
Gefühl der Spannun g und Freude und einem Bewusstsein des >Andersseins als das >ge-
wöhnliche Leben .« (Huizinga, 1987: 37)
Da sich diese Quelle auch nach bald 80 Jahren in allen möglichen Publika-
tionen wiederfindet, die das Thema Spiel streifen, könnte man Huizinga als
Instanz betrachten. Allerdings wird sehr selektiv und unreflektiert immer nur
diese eine Stelle zitiert, kontextlos, meist auf einer der ersten fünf Seiten, um
den Gegenstand lose bestimmt zu wissen.
Dabei geht es dem Niederländer aber um den homo ludens, ein Konzept,
welches er in der gleichnamigen , kulturanthropologischen Arbeit entwirft
und die persönliche, wie auch die gesamt menschliche Kulturaneignung, im

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Spielerischen festmacht (, was im Grunde auch schon Schiller in seinen Briefen
über die ästhetische Erziehung des Menschen verlautbart hat). Berechtigte Kri-
tik an diesem interessanten Gedankten übt Roger Caillois`, wenn er schreibt,
dass Huizingas Spielbeschreibung, »in der zwar alle Worte ihren Wert und
ihren Sinn haben, ... einerseits zu allgemein und anderer seits zu begrenzt
[ist]« (Caillois, In: Scheuerl [Hg.], 1975: 158). Huizingas Definition ist zu sehr
eingeschränkt auf die Kulturanthropologie und zu weit, weil auch Religionen,
Rituale und Kriegsführung bis ins 18. Jahrhundert mitgemeint sind.
Roger Caillois (1960) selbst unterscheidet vier Grundaspekte des Spiels:
Agon (Wettkampf), Alea (Glück, lat. für Würfel), Mimicry (Verkleidung
Darstellung) und
Ilinx (Rausch).
Auf einer weiteren Achse unterscheidet er die Geregeltheit. Die Regelhaftig-
keit ist eine Art Spektrum zwischen den beiden Polen
Paida (unkontrollierter
Phantasie, Herumtollen und Improvisation, ähnlich dem englischen »play«)
und
Ludus (formalisiertem Spiel, ähnlich dem »game«), einer
»ergänzenden
Tendenz , die der anarchischen und launenhaften Natur der anderen Seite in mancher,
wenn auch nicht in jeder Hinsicht entgegensteht [ ... ] und hemmenden Konventionen zu
unter werfen, sie immer in die Enge zu treiben.« (Caillois, In: Scheuerl [Hg.], 1975: 164)
Agon
(Wettkampf)
Alea
(Chance)
Mimicry
(Verkleidung)
Ilinx
(Rausch)
Paida
[»Kinderei«]
Lärm, Bewegung
unbändiges Gelächter
Drachen, Grillenspiel,
Patiencen
Kreuzworträtsel
Ludus
[»Spiel«]
nicht geregelter
Wettlauf, Kampf
usw.
Athletik
Boxen, Billiard
Fechten, Dame,
Fußball, Schach
Sportwettkämpfe
im Allgemeinen
Auszählspiele
>Zahl oder Adler
Wette
Roulette
Einfache Lotterie
Zusammen-
gesetzte Lotterie
Lott. auf Buchung
Kindliche Nach-
ahmung
Illusionsspiele
Puppe, Rüstung
Maske
Travestie
Theater
Schaukünste im
Allgemeinen
Kindliche Dreh-
spiele
Zirkus
Schaukel
Walzer
,,volador"
Jahrmarkt-
attraktionen
Ski
Alpinismus
Kunstsprünge
Caillois` Einteilung
5
ermöglicht eine gewisse Einsicht, bleibt aber aspekthaft,
zieht er sich doch mit der Begrifflichkeit >Ludus (lat. für Spiel) aus der Affäre,
wenn er Spiel beschreiben möchte.
Dennoch ist diese Unterteilung sinnvoll, letztere ähnelt meiner Ansicht nach
5) Diese Tabelle findet man u. a. bei Caillois 1960: 46, 1982: 16 und in: Scheuerl [Hg.], 1975: 165

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der philosophischen Kultur-Natur-Debatte, aber vor allem der Trennung in der
englischen Sprache, wo zwischen »game« (einem Spiel, dem Regelspiel oder
Wettkampf) und »play« (das Spielen als Aktivität) unterschieden wird.
Dies findet in der symbolisch-interaktionistischen Sozialisationstheorie, die
auf George Herbert Mead zurückgeht, Verwendung, wo beides als wichtige
Vorraussetzungen für die Integration eines heranwachsenden Kindes in die
Gesellschaft gesehen wird. (Vgl. Runkel, 2003: 23)
Durch das play lernen wir spielerisch die Haptik, das Bewegen und unsere
Sinne kennen, im game das Mit- und Gegeneinander und können dort den
prozessualen Charakter einer emergierenden Welt begreifen , bzw. wie sich
verschiedene Akteure in Interaktion verzahnen.
[ Auch Psychologen unterstellen dem Spiel vergleichbare Sozialisations-
Funktionen. Aus der Sicht der Psychoanalyse sind diese Ersatzbefriedigung,
Angstabwehr und »virtuelle Realitäts aneignung«. (Vgl. Runkel 2003: 19) ]
Das Spielweltparadigma oder Der Zauberkreis
Diese virtuelle Realitäts aneignung geschieht an oder in einer Spielwelt.
Synonym auch als magischer Kreis oder Zauberkreis bezeichnet, beschreibt
dieses Konzept eine von der reellen Welt räumlich und zeitlich abgegrenzte
Spielwelt. Eine ähnliche Perspektive hat die Systemtheorie, wenn das Spiel als
Realitäts verdopplung angesehen wird.
»Es wird durch das Spiel eine zweite Realität
eingeführt, die eine zeitliche Begrenzung nötig macht. [ ... ] In dieser Variante der System-
theorie kann man das Spiel als eine Illustration der Autopoiesis auffassen. Ein Spiel wird
gespielt , Konstruktionen und Architektur werden aufgebaut. Dadurch entsteht Realität.
Mit dem Ende des Spiels verschwindet dieses System. Das Licht im Stadion wird gelöscht,
das Spielfeld ist leer.« (Runkel, 2003: 21)
Sowohl Goethes Faust, als auch Nietzsche, haben das Motiv der Welt als Spiel
gebraucht. Auch Heidegger begriff das Sein als Spiel (Vgl. Runkel 2003: 8), al-
lerdings verstehe ich das eher poetisch-metaphorisch, weil das Spiel eben jene
Spielwelt eröffnet, in der sich der Mensch selbst entwerfen kann.
Die Untersuchung der Spielwelt kann, wie eingangs (siehe S. 1) Ghosh-
Shellhorn und Marti feststellen, aufschlussreich sein für die Betrachtung des
Makrokosmos, der reellen Welt.
Die Spielwelt als konkretes, nicht-metaphorisches Konzept ist gekennzeichnet
durch Aspekte, die schon Huizinga (siehe S. 5) festgestellt hat, wie dem abge-
grenzten Raum und der abgehobenen Zeit. Laut Kolb kann nur dadurch » ein
Teil des Binnenweltlichen das Ganze der Welt repräsentieren.« (1990: 345)
» Ich denke, der Reiz des Spiels liegt gerade in dieser dialogischen Verschränkung von
Spiel und Mensch, der Schöpfer und Teil des dynamischen Prozesses zugleich ist, der
vom Spiel auch seinerseits »gespielt« wird. Das Spiel ist wesentlich ein Produzieren von

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spielweltlichem Schein. Im Merkmal des ERrscheinens liegt ein Verweis auf die Bewegung
der Welt. [...] der minderwertige Anschein ist nicht das Wesentliche des Spiels, sondern
das zum-Vorschein-kommen. In ihm verweist das Spiel auf das Wesen der Welt, das alles
Seiende hervorbringt bzw. zum Vorschein kommen lässt.« (Kolb, 1990: 344)
In den Überlegungen Hans-Joachim Backes zur Abgrenzung von Spielen ge-
genüber dem restlichen Leben taucht die Spielwelt ebenfalls auf; Obwohl kein
komplett neues Konzept und nicht unbeeinflusst von den bereits erwähnten
Wissenschaftlern, ist die Kombination der folgenden Aspekte eine der besten
Annäherungen an das Spiel: Einerseits ist die Freiwilligkeit wichtig ( work,
duty), weiters die Konsequenzen losigkeit (gemeint als Gefahrlosigkeit) und
andererseits , dass Spiel ein mentales Konstrukt, nämlich eine sogenannte
»game world« erschafft (Vgl. 2008: 55f). Dies alles grenzt es von anderen
Konzepten ab, zum Beispiel der Arbeit oder der physikalischen Welt:
»This mental space, which I call >game world, is the abstract level on which the processes
happening in physical reality are evaluated in respect to the rules of the game. [...] In
summary , play and games are intrinsically motivated, have no consequences, and create
mental spaces called >game worlds. « (2008: 56)
Zusammengedacht Game und Play
Spiel und Spielen (game und play) sind also intrinsisch motivierte, im Prinzi p
gefahrlose Tätigkeiten, in welchen eine gewisse Spielwelt kreiert wird.
Russisches Roulette und existenzbedrohendes Glücksspiel sind demnach keine
Spiele; Mannschaftssportarten auf beruflicher Basis fallen in eine Grauzone.
Als Kennzeichen für das »game« habe ich
Regeln, Interaktion und
ferner
Challenge herausgearbeitet ­ analog dazu gibt es beim »play«:
Begrenzung , Konsequenz (Feedback z. B. via PC) und Aufgabe.
Sowohl »game«, als auch »play«, sind freiwillig und ungezwungen. Bei beiden
wird eine Spielwelt oder ein System erzeugt (welches die Realität doppelt).
In einem
»game« allerdings, welches sich durch Interaktion mit Mitspielern
und Challenge (Wettstreit) auszeichnet, müssen Regeln die Aktionsmöglich-
keiten der Spieler eingrenzen und diese Spielwelt »regeln«: z. B. die Dauer
eines Spiels beim Mannschaftssport; sie legen ein Spielziel fest und verbieten,
was nicht erlaubt sein soll. Interaktion bedeutet in diesem Fall, dass meine
Handlungen Auswirkungen auf das Spiel selbst und somit auf alle Mitspieler
haben (z. B. wenn ich bei Monopoly meine Miete erhöhe, indem ich ein Haus
auf mein Grundstück baue). Eben jene Mitspieler können sich u. a. in einem
Wettstreit befinden, wer das System besser beherrscht, oder gemeinsam gegen
das System spielen: z. B. die Frisbee 100 Mal hin- und herwerfen ohne Boden-
berührung.

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Analog zu den Regeln gibt es im
»play« die Begrenzung. Beim Puppenspielen
ist die einzige Grenze die eigene Fantasie und das »Thema«, das man gewählt
hat. Bei PC-Spielen
6
sind es die Levelgrenzen, Munition, Leben und Ähn-
liches. Das play kennzeichnet sich also weniger durch Regeln, weil es keine
kontrollierenden oder intervenierenden Mitspieler gibt. Auch kann der PC die
Kontrollfunktion übernehmen, ebenso, wie er Konsequenzen bezüglich der
Aktionen des Spielers ausgibt, indem er visuelles und akustisches Feedback
liefert. Eine weitere Dimension des play ist die gestellte Aufgabe (vergleichbar
zum Challenge im game). Der PC kann diese Aufgabe erteilen oder man stellt
sie sich selbst: Die Frisbee zu fangen oder sie so gut zu werfen, sodass der
andere sie leicht fangen kann.
Spiel ist Ordnung
Im einem Artikel von Gary Saul Morson wurde ich auf einen weiteren wich-
tigen Aspekt des Spiels gebracht: Die Ordnung. Ein Spiel beinhaltet bindende
Regeln; so verschließt sich das System. Diese unterbundene Kontingenz unter-
scheidet >game stark vom >play und übrigens auch vom alltäglichen Leben.
Mit anderen Worten:
»Nothing forbidden by the rules can ever happen in a game.
So radically do games differ from life in this respect that Huizinga and his successors have
located games in a wholly different kind of milieu.« (Morson, 2009: 134)
Dies macht erst klar, was Huizinga damit gemeint hat, wenn Spiele in einer
anderen Zeit und einem anderen Ort stattfinden. Für eine begrenzte Zeit un-
terwerfen sich alle Mitspieler freiwillig diesem Reglement:
»Innerhalb des Spielplatzes herrscht eine eigene und unbedingte Ordnung. Hier sieht man
also noch einen neuen, noch positiveren Zug des Spiels. Es schafft Ordnung, ja es ist Ord-
nung. In die unvollkommene Welt und in das verworrene Leben bringt es eine zeitweilige,
begrenzte Vollkommenheit« (Huizinga, 1987:19)
Man kann ein Spiel unterbrechen und Auszeit nehmen, dies ist aber keine
Unterbrechung in der Spielzeit bzw. im Spiel selbst. Im richtigen Leben ist
diese Unter brechung unmöglich. Auch kann man den Spielort verlassen, aber
im Leben ist man immer irgendwo. (Vgl. Morson, 2009: 134)
»Contingent events not allowed for by the game`s rules cannot happen because if they did
they would not be in the game. One appeal of games is that they, unlike the rest of life,
can prevent unwanted events simply by ruling them out of existence ... (A)n athlete who
brings a gun to a tennis court is no longer playing tennis, and someone who moves a rook
diagonally ... is no longer playing chess.« (Morson, 2009: 134)
6) Anm: PC-Spielen, als einsame Betätigung, gleicht wohl eher dem »play«, obwohl Massive-Online-Games und LAN-
Spiele diese Beschäftigung wieder zum »game« machen. In >World of Warcraft z. B. können soziale Verpflichtungen
gegenüber dem Clan als Regeln verstanden werden. Schon die Bezeichnung Clan beinhaltet logisch eine gewisse
Form der sozialen Interaktion. Der Spieler nimmt Teil an der Ausgestaltung dieser fiktiven Welt: Er interagiert mit
tausenden Menschen und hinterlässt Spuren.

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Spiel geschieht
Ich möchte nochmals auf eine spezifische Erscheinung der Interaktion (eine
Dimension des game) ein gehen, welche von meiner Einteilung eine Brücke zur
>Spielwelt schlägt: die Emergenz.
»Emergenz ist die spontane Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen ...
eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emer-
genten Eigenschaften des Systems nicht ­ oder jedenfalls nicht offensichtlich ­ auf Eigen-
schaften der [einzelnen] Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen. Synonym
[verwendet man das Wort] Fulguration.« (de.wikipedia.org/wiki/Emergenz, 29.9.2010)
Durch die regelgeleitete Interaktion der Spieler mit dem Spiel und der Spieler
untereinander treten bestimmte Mechanismen hervor. Die Spieler tauchen
neugierig in eine Welt ein, in welcher sie mit Rohstoffknappheit und einem
künstlichen Konflikt konfrontiert werden. Sie wählen bestimmte Strategien;
es stellt sich ein Spielgefühl ein; das Spiel verläuft in gewisser Weise. Auf all
diese Dinge reagieren die Spieler wiederum. Durch deren Performance ver-
läuft jede Partie und jedes Spiel unterschiedlich.
Die Spieler beginnen ihre wenigen Rohstoffe zu tauschen, weil das die Regeln
erlauben und es schneller ermöglicht diese zu mehren und größeren Einfluss
auf das Spiel zu bekommen. Dieses Prinzip, welches sich herausbildet, kann
als Handel interpretiert werden und eben jene Interpretation habe ich bewußt
durch die Worte »Tausch« und »Rohstoffe« gefördert.
Wir haben dadurch vielleicht ein Handelsspiel in dessen Regeln das Handeln
nicht forciert, sondern einfach nicht verboten, wurde. Ein Spiel emergiert also.
Wird als Thema eine Inselbesiedelung suggeriert und die Interpretationen der
Spieler durch die Grafik und Namensgebung (z.B. einzelner Spielaktionen wie
> ein-Dorf-bauen ) dorthin geführt, so emergiert auch eine Geschichte. Das
Spiel entsteht durch einen regelgeleiteten Aktion-Reaktion-Zyklus aus sich
selbst und durch die Spieler, welche es zum Leben erwecken ­ einfach indem
sie es spielen.
»Ähnlich dem Verhältnis zwischen einem Manuskript und seiner Aufführung
im Theater bestimmt die Inszenierung der nackten Mechanismen das Erlebnis und den
Genuss der Spieler.« (Casasola-Merkle, 2007: 55)
Ian Bogost hat auf der Wiener Spielekonferenz F.R.O.G. 2010 »variability«
und »iterability« als Kennzeichen für Sport und Spiel genannt.
7
Beides
trifft in hohem Maße zu. Man muss aber bedenken, dass dies eben aus der
Struktur eines Spiels folgt, also symptomatisch ist. Ich kann ein Spiel immer
von Neuem beginnen, weil die Startbedingungen festgelegt sind: Sie sorgen
zu Beginn einer Partie für Ausgeglichenheit, Ordnung und Fairness. Da sie
definiert sind, sind sie wiederherstellbar und damit ist das Spiel iterierbar.
7) Dr. Ian Bogost »What is a Sports Videogame?«, F.R.O.G. conference, Wien, 2010

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842812147
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1
Schlagworte
spiele brettspiel game studies narration medien
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Titel: Mediale Gesellschaft und ihre Gesellschaftsspiele - oder wie können Spiele Geschichten erzählen?
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