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Multipunktwettbewerb bei Franchisesystemen

Untersuchung der Bedeutung von Mutual Forbearance für in Franchisestrukturen organisierte Pizzalieferanten

©2010 Bachelorarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der wissenschaftlichen Literatur zum Thema Multipunktwettbewerb wird verbreitet die Meinung vertreten , dass Multipunktkontakt zu einer niedrigen Wettbewerbsintensität zwischen den beteiligten Unternehmen führt. Diese Beziehung wird als Mutual Forbearance bezeichnet. Es besteht jedoch noch Unklarheit darüber, ob dieser Zusammenhang für alle Branchen und Arten von Unternehmen gelten kann. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird untersucht, ob Mutual Forbearance bei in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten auftritt und welche Faktoren für die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance bei Franchise-Pizzalieferanten entscheidend sind. Franchisesysteme bieten für die Mutual-Forbearance-Theorie eine besondere Herausforderung, da die Franchisenehmer jeweils selbst Eigentümer ihrer Filialen sind , es sich also um Unternehmensverbunde handelt. Eine Koordination der Gesamtsystemaktivitäten ist somit nicht automatisch gegeben und muss zur Durchführung übergreifender Maßnahmen erst erzeugt werden. Pizzalieferanten sind repräsentative Vertreter für Franchisesysteme, da die sechs erfolgreichsten Systeme dieser Branche in Franchisestrukturen organisiert sind und dabei nahezu alle Filialen von Franchisenehmern geführt werden . Um zu untersuchen, ob Mutual Forbearance bei diesen Franchise-Pizzalieferanten auftritt, werden in Kapitel 2 die relevanten Aussagen der Wissenschaft zum Thema Multipunktwettbewerb zusammengefasst sowie Indikatoren beschrieben, mithilfe derer die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance festgestellt werden kann. Darüber hinaus werden Faktoren ermittelt, die das Auftreten von Mutual Forbearance fördern. In Kapitel 3 folgt die Untersuchung der sechs in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten. Hierfür werden zunächst die Multipunktverflechtungen, die zwischen den Systemen bestehen, dargestellt. Anschließend erfolgt eine Prüfung auf die Existenz von Mutual Forbearance auf Grundlage der im zweiten Kapitel genannten Indikatoren. Das Resultat wird mithilfe der ebenfalls im zweiten Kapitel erwähnten Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance analysiert und erläutert. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbkürzungsverzeichnisIV
TabellenverzeichnisV
AbbildungsverzeichnisVI
1.Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit1
2.Forschungsstand zum Thema Multipunktwettbewerb2
2.1Multipunktwettbewerb und Mutual Forbearance2
2.2Faktoren für die Erreichung von Mutual […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

2 Forschungsstand zum Thema Multipunktwettbewerb
2.1 Multipunktwettbewerb und Mutual Forbearance
2.2 Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance

3 Franchise-Pizzalieferanten im Multipunktwettbewerb
3.1 Analyse des Multipunktwettbewerbs bei Franchise-Pizzalieferanten
3.2 Untersuchung möglicher Erscheinungen von Mutual Forbearance
3.3 Begründung der Resultate mittels der Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance

4 Zusammenfassende Aussagen über die Bedeutung von Mutual Forbearance bei Franchise-Pizzalieferanten

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Indikatoren für Mutual Forbearance

Tabelle 2 Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance

Tabelle 3 Präsenz der Franchisesysteme in den Bundesländern

Tabelle 4 Filialen der Franchisesysteme in den Bundesländern

Tabelle 5 Anzahl der gemeinsamen Märkte, absolut

Tabelle 6 Anzahl der gemeinsamen Märkte, relativ

Tabelle 7 Dichte der Multipunktwettbewerber, absolut

Tabelle 8 Dichte der Multipunktwettbewerber, relativ

Tabelle 9 Durchschnittliche Systemverflechtung nach Märkten, absolut

Tabelle 10 Durchschnittliche Systemverflechtung nach Märkten, relativ

Tabelle 11 Präsenzmaß der Multipunktverflechtungen

Tabelle 12 Entwicklung der bundesweiten Filialzahlen zwischen 2005 und 2009

Tabelle 13 (Nicht-)Erfüllung der Faktoren für die Erreichung von Mutual

Forbearance durch Franchise-Pizzalieferanten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Negative Beziehung zwischen Multipunktkontakt und Wettbewerbsintensität

Abbildung 2 Erklärungsansätze für Mutual Forbearance

Abbildung 3 Umgekehrt U-förmige Beziehung zwischen Multipunktkontakt und Markteintritt

Abbildung 4 Entwicklung der bundesweiten Marktanteile zwischen 2005 und 2009

1 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

In der wissenschaftlichen Literatur zum Thema Multipunktwettbewerb wird verbreitet die Meinung vertreten[1], dass Multipunktkontakt zu einer niedrigen Wettbewerbsintensität zwischen den beteiligten Unternehmen führt. Diese Beziehung wird als Mutual Forbearance bezeichnet. Es besteht jedoch noch Unklarheit darüber, ob dieser Zusammenhang für alle Branchen und Arten von Unternehmen gelten kann. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird untersucht, ob Mutual Forbearance bei in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten auftritt und welche Faktoren für die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance bei Franchise-Pizzalieferanten entscheidend sind. Franchisesysteme bieten für die Mutual-Forbearance-Theorie eine besondere Herausforderung, da die Franchisenehmer jeweils selbst Eigentümer ihrer Filialen sind[2], es sich also um Unternehmensverbunde handelt. Eine Koordination der Gesamtsystemaktivitäten ist somit nicht automatisch gegeben und muss zur Durchführung übergreifender Maßnahmen erst erzeugt werden. Pizzalieferanten sind repräsentative Vertreter für Franchisesysteme, da die sechs erfolgreichsten Systeme dieser Branche in Fran-chisestrukturen organisiert sind und dabei nahezu alle Filialen von Franchisenehmern geführt werden[3]. Um zu untersuchen, ob Mutual Forbearance bei diesen Franchise-Pizzalieferanten auftritt, werden in Kapitel 2 die relevanten Aussagen der Wissenschaft zum Thema Multipunktwettbewerb zusammengefasst sowie Indikatoren beschrieben, mithilfe derer die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance festgestellt werden kann. Darüber hinaus werden Faktoren ermittelt, die das Auftreten von Mutual Forbearance fördern. In Kapitel 3 folgt die Untersuchung der sechs in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten. Hierfür werden zunächst die Multipunktverflechtungen, die zwischen den Systemen bestehen, dargestellt. Anschließend erfolgt eine Prüfung auf die Existenz von Mutual Forbearance auf Grundlage der im zweiten Kapitel genannten Indikatoren. Das Resultat wird mithilfe der ebenfalls im zweiten Kapitel erwähnten Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance analysiert und erläutert.

2 Forschungsstand zum Thema Multipunktwettbewerb

2.1 Multipunktwettbewerb und Mutual Forbearance

Viele Unternehmen operieren zur gleichen Zeit in mehr als nur einem Markt.[4] Dabei treffen sie in den einzelnen Märkten auf unterschiedliche Kombinationen von Konkurrenten.[5] Je mehr Unternehmen in einer größeren Anzahl an Märkten präsent sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Unternehmen in mehr als nur einem Markt begegnen. Dieses mehrmalige Aufeinandertreffen sowie die daraus entstehenden Interaktionen werden als Multipunktwettbewerb bezeichnet.[6] Dementsprechend hat ein Unternehmen mit jedem seiner Konkurrenten einen unterschiedlichen Grad an Multipunktkontakt, abhängig davon, in wie vielen Märkten sie sich tatsächlich treffen.[7] Mögliche Märkte können hierbei geographische Räume oder unterschiedliche Produkte bzw. Dienstleistungen, die von einem Unternehmen angeboten werden, sein.[8] Als weitere Arten von Märkten werden in der Theorie auch Marktsegmente[9], Branchen[10] und Nationen[11] genannt, die allerdings eher Spezialisierungen der beiden genannten Marktformen oder Kombinationen von diesen darstellen. Ein anschauliches Beispiel von Multipunktkonkurrenten bilden die Unternehmen Coca-Cola und PepsiCo. Diese stehen sich nicht nur in mehreren geographischen Märkten, beispielsweise den verschiedenen Staaten, gegenüber, sondern sind gleichzeitig Wettbewerber bezüglich unterschiedlicher Produkte, namentlich einer Anzahl an Erfrischungsgetränken.

Im Rahmen der Forschung zum Multipunktwettbewerb wurde die Theorie entwickelt, dass ein steigender Grad an Multipunktkontakt zu einer Schwächung der zwischen den beteiligten Unternehmen bestehenden Wettbewerbsintensität führt. Dieser Zusammenhang wird Mutual Forbearance genannt. Die Idee hierfür wurde bereits im Jahr 1955 von Edwards[12] formuliert.[13] Eine spieltheoretische Entwicklung dieser Beziehung erfolgte durch Feinberg[14], Bernheim und Whinston[15] sowie Hughes und Oughton[16].[17] Eine Behandlung dieses Themas ist seitdem in der Industrial-Organization- und Strategic-Management-Literatur zu finden.[18] Dort wurde diese Theorie, trotz der Existenz teils widersprechender Ergebnisse[19], empirisch untermauert[20].[21]

Mutual Forbearance beschreibt eine Art der stillschweigenden Kollusion, wobei Multipunktkontakt eine Schwächung der Intensität des Wettbewerbs zwischen den beteiligten Konkurrenten in all ihren gemeinsamen Märkten zur Folge hat. Der Grad an Multipunktkontakt und die Wettbewerbsintensität sind dabei negativ korreliert, bei einer steigenden Anzahl gemeinsamer Märkte wird der Wettkampf also weniger aggressiv.[22] Der negative Zusammenhang zwischen dem Multipunktkontaktgrad und der Wettbewerbsintensität ist in Abbildung 1 idealisiert abgebildet.

Abbildung 1: Negative Beziehung zwischen Multipunktkontakt
und Wettbewerbsintensität (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mutual Forbearance wird dadurch ermöglicht, dass aufgrund der größeren Anzahl an gemeinsamen Märkten das Potenzial für mehr zukünftige Interaktionen steigt.[23] Die Theorie bietet zwei Erklärungsansätze, die die Entstehung von Mutual Forbearance aus der Existenz von Multipunktwettbewerb beschreiben. Die Abbildung 2 bietet eine Zusammenführung dieser beiden, meist unabhängig voneinander behandelten Ansätze.

Abbildung 2: Erklärungsansätze für Mutual Forbearance (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gemäß des ersten Erklärungsansatzes spielen vor allem die durch mehr Multipunktkontakt erzeugten Möglichkeiten für strategische Schritte bei der Entstehung von Mutual Forbearance eine Rolle. Durch das mehrmalige Aufeinandertreffen in verschiedenen Märkten ist es einem Unternehmen möglich, auf eine aggressive Handlung eines Wettbewerbers nicht nur im fokalen Markt, sondern in jedem beliebigen anderen gemeinsamen Markt mit einer Gegenattacke zu reagieren. Dabei ist der ursprüngliche Angreifer sowohl über die Anzahl und Art der betroffenen Märkte, in denen der Konkurrent den Gegenschritt einsetzt, als auch über das Ausmaß der Gegenattacke in Ungewissheit. Das reagierende Unternehmen hat zudem die Möglichkeit, in genau denjenigen gemeinsamen Märkten einen Gegenschritt einzuleiten, in denen der potenzielle Verlust des Konkurrenten besonders hoch und die durch die Attacke entstehenden Kosten für das die Gegenmaßnahme einsetzende Unternehmen besonders niedrig sind. Die Unsicherheit über das Ausmaß der Konsequenzen einer ersten Attacke führt demzufolge zu einer Abschreckung von einem aggressiven Verhalten. Wenn der erwartete Gewinn einer Attacke kleiner ist als die Kosten für diese, inklusive der durch die Gegenattacke entstehenden Kosten, sinkt also die Wettbewerbsintensität in allen gemeinsamen Märkten und Mutual Forbearance entsteht.[24] Ergänzt wird dieser Zusammenhang dadurch, dass sich die Unternehmen durch zunehmenden Multipunktkontakt angreifbarer für die Attacken und Gegenattacken des jeweiligen Konkurrenten machen und sich somit glaubhaft an diese stillschweigende Kollusion binden können.[25]

Der zweite Erklärungsansatz für die Entstehung von Mutual Forbearance aus Multipunktkontakt beruht auf der Möglichkeit für die Unternehmen, bei einer höheren Anzahl an gemeinsamen Märkten mehr Informationen über die Konkurrenten zu sammeln.[26] Dies führt dazu, dass Unternehmen durch die Beobachtung vergangener Verhaltensweisen ihrer Wettbewerber gegenwärtiges Verhalten besser einschätzen sowie zukünftiges Verhalten eher antizipieren können.[27] Darüber hinaus bietet eine höhere Anzahl an gemeinsamen Märkten die Möglichkeit, Wettbewerbern eigene Verhaltensvorhaben wie beispielsweise ein weniger aggressives Verhalten zu signalisieren.[28]

Eine bessere Informationsbasis über den Konkurrenten trägt allerdings nicht nur direkt, sondern auch indirekt durch die Beeinflussung des Ausmaßes der Abschreckung zur Entstehung oder aber auch Verhinderung von Mutual Forbearance bei. Durch größere Beobachtungsmöglichkeiten ist es Unternehmen mit einem hohen Multipunktkontaktgrad möglich, eine genauere Einschätzung über die Fähigkeit und Motivation eines Wettbewerbs, eine stillschweigende Kollusion einzugehen, zu erhalten.[29] Hinzu kommt, dass sich ein Unternehmen durch diese neu gewonnenen Informationen häufig erst der Interdependenz, die zwischen ihm und seinen Konkurrenten besteht, bewusst wird.[30]

Diese Theorie einer negativen Beziehung zwischen dem Grad an Multipunktkontakt und der Wettbewerbsintensität zwischen den Konkurrenten wurde im Jahr 1999 von Baum und Korn[31] erweitert. Es stellte sich die Frage, welcher Grad an Multipunktkontakt erreicht werden muss, um Mutual Forbearance zu erzeugen. Das Resultat ist eine umgekehrte U-Form, die die Beziehung zwischen dem Multipunktkontaktgrad und der Wettbewerbsintensität beschreibt.[32] Zur empirischen Überprüfung dieser Hypothese wurde von den meisten Wissenschaftlern die Rate des Eintritts der Unternehmen in die gegenseitigen Märkte als Indikator für die Wettbewerbsintensität genutzt[33], wobei eine hohe Markteintrittsrate als Zeichen für einen intensiven Wettbewerb angenommen wird[34]. Abbildung 3 zeigt den umgekehrt U-förmigen Zusammenhang zwischen dem Multipunktkontaktgrad und der Markteintrittsrate in idealisierter Form.

Abbildung 3: Umgekehrt U-förmige Beziehung zwischen Multipunktkontakt und Markteintritt (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein geringer bis mittlerer Multipunktkontaktgrad führt hierbei noch nicht zu einem Sinken, sondern zu einem Anstieg der Wettbewerbsintensität.[35] Dafür existieren mehrere Erklärungen. Wenn die Unternehmen bereits bei einem niedrigen Grad an Multipunktkontakt erkannt haben, dass die Möglichkeit für eine Kollusion besteht, verfolgen sie womöglich eine Multipunktkontaktstrategie.[36] Mittels dieser erzeugen sie absichtlich durch gegenseitige Markteintritte einen höheren Multipunktkontaktgrad. Dabei wird eine Erhöhung der Anzahl an gemeinsamen Märkten genutzt, um Information über die Konkurrenten zu gewinnen und Standbeine in fremden Märkten aufzubauen, mit denen die Unternehmen ihren Konkurrenten drohen können.[37] Es kann aber auch sein, dass sich Unternehmen, die sich bisher nur in wenigen Märkten begegnet sind, noch keiner möglichen Interdependenz bewusst sind. Der Anstieg des Multipunktkontaktgrads im Zeitverlauf ist dann eine Zufallserscheinung, die aus einer von dem Potenzial für Mutual Forbearance unabhängigen Expansionsstrategie der Unternehmen entsteht. Die Unternehmen versuchen hierbei aggressiv, Wettbewerbsvorteile durch eine schnelle Ausbreitung in für sie neue Märkte zu nutzen und dabei ihre Position im Wettbewerb bestmöglich festzulegen[38]. Manche Unternehmen imitieren durch Markteintritte aber auch lediglich erfolgreiche Konkurrenten.[39] Haben sie dann einen ausreichenden Grad an Multipunktkontakt erreicht, erkennen sie ihre Interdependenz und beginnen die stillschweigende Kollusion.[40] Es folgt also, dass ein mittlerer Multipunktkontaktgrad erreicht werden muss, um Mutual Forbearance zu erzeugen.[41]

Für die Untersuchung von Mutual Forbearance bei in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten ist es notwendig, Indikatoren zu benennen, die den Grad der bestehenden Wettbewerbsintensität näherungsweise bestimmen lassen. In der empirischen Forschung wurden bereits viele unterschiedliche Indikatoren für die Analyse der Wettbewerbsintensität genutzt. Diese Indikatoren lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Während die einen direkt das Verhalten der Wettbewerber beobachten, messen die anderen die Performance der Unternehmen.[42]

Eine Art der direkt beobachtbaren Aktionen ist das Markteintrittsverhalten[43] der Wettbewerber, das von den Unternehmen als Signal für ein aggressives Wettbewerbsverhalten oder eine stillschweigende Kollusion eingesetzt werden kann. Der Eintritt in einen Markt des Konkurrenten ist eine aggressive Tat. Unternehmen, die miteinander einen hohen Multipunktkontaktgrad haben und Kollusion nutzen, treten demzufolge seltener in die Märkte des entsprechenden Wettbewerbers ein.[44] Ein niedriges Markteintrittsniveau ist also ein Indikator für eine niedrige Wettbewerbsintensität und damit Mutual Forbearance.[45]

Die Beobachtung des Marktaustrittsverhalten der Wettbewerber kann ebenfalls Aufschluss über die Existenz von Mutual Forbearance geben. Stehen die Unternehmen im Multipunktwettbewerb und nutzen Mutual Forbearance, sind sie interessiert daran, diese Kollusion aufrechtzuerhalten. Da ein hoher Multipunktkontaktgrad dafür notwendig ist, treten die Unternehmen nicht aus den gemeinsamen Märkten aus, selbst wenn ihre Performance in diesen Märkten schwach sein sollte.[46] Die Standbeine in diesen Märkten sind notwendig, um den Konkurrenten mit einer Rache für einen aggressiven Schritt zu drohen und somit auch in den eigenen wichtigen Märkten eine niedrige Wettbewerbsintensität zu erhalten.[47]

Ein dritter Indikator für Mutual Forbearance ergibt sich aus dem Preisverhalten der Unternehmen. Eine Ausprägung der stillschweigenden Kollusion besteht dabei darin, dass die beteiligten Unternehmen den Wettbewerb nicht über die Preissetzung führen, sondern versuchen, verhältnismäßig hohe Preise zu erhalten.[48] Als Anzeichen für die Existenz von Mutual Forbearance gilt daher ein hohes Preisniveau.[49]

Neben den beschriebenen Indikatoren des Markteintritts, Marktaustritts und Preisverhaltens lassen sich noch andere Wettbewerbsaktionen für die Einschätzung der Wettbewerbsintensität beobachten. So gehen beispielsweise bei Unternehmen, die in einer Mutual-Forbearance-Beziehung stehen, die Anzahl der Produkteinführungen sowie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zurück, da die Einführung verbesserter Produkte eine aggressive Handlung darstellt.[50] Weiterhin reduzieren sie ihr Streben, durch Werbung die Kunden der Konkurrenten für sich zu gewinnen.[51] Eine Senkung der Wettbewerbsintensität kann aber auch dadurch erfolgen, dass die Unternehmen versuchen, ihre Produkte voneinander zu differenzieren oder beginnen, unterschiedliche Marktsegmente anzuvisieren.[52]

Die Indikatoren für Mutual Forbearance der zweiten Gruppe messen die Performance der beteiligten Unternehmen. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine Kollusion zu einer verbesserten Performance führt[53], da die Unternehmen ansonsten auf Mutual Forbearance verzichten würden. Anzeichen für eine niedrige Wettbewerbsintensität ist dabei zum Beispiel eine höhere Stabilität der Marktanteile der einzelnen Wettbewerbsteilnehmer[54], da bedeutende Veränderungen in Marktanteilen meist durch aggressive Schritte erreicht werden. Ein weiterer Indikator für Mutual Forbearance sind hohe Preis-Kosten-Margen[55], die beispielsweise mittels des durch die stillschweigende Kollusion erzeugten angehobenen Preisniveaus erreicht werden. Aufgrund derselben Begründung gelten auch hohe Gewinn- und Umsatzniveaus[56] als Indikatoren für Mutual Forbearance. Ein anderes Anzeichen für eine niedrige Wettbewerbsintensität ist eine geringe Unternehmenssterberate[57] in den einzelnen Märkten.

[...]


[1] Vgl. Edwards (1955, S. 335); Heggestad/Rhoades (1978); Feinberg (1984); Feinberg (1985); Bernheim/Whinston (1990); Hughes/Oughton (1993); Evans/Kessides (1994); Baum/Korn (1996); Gimeno/Woo (1996); Jans/Rosenbaum (1996); Parker/Röller (1997); Fernández/Marín (1998).

[2] Vgl. Rubin (1978, S. 224).

[3] Vgl. Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (2010, S. 9-11).

[4] Vgl. Baum/Korn (1999, S. 251).

[5] Vgl. Baum/Korn (1996, S. 256).

[6] Vgl. Karnani/Wernerfelt (1985, S. 87); Gimeno/Woo (1996, S. 322); Ma (1998, S. 129); Gimeno (1999, S. 102); Gimeno/Woo (1999, S. 240); Korn/Baum (1999, S. 171); Ma (1999, S. 95).

[7] Vgl. Baum/Korn (1999, S. 252).

[8] Vgl. Boeker et al. (1997, S. 126); Fernández/Marín (1998, S. 301); McGrath et al. (1998, S. 725); Korn/Baum (1999, S. 171); Coccorese/Pellecchia (2009, S. 245).

[9] Vgl. Jayachandran et al. (1999, S. 50); Ketchen et al. (2004, S. 787).

[10] Vgl. Gimeno/Woo (1999, S. 240).

[11] Vgl. Ma (1999, S. 95).

[12] Vgl. Edwards (1955, S. 335).

[13] Vgl. Bernheim/Whinston (1990, S. 1); Evans/Kessides (1994, S. 344); Boeker et al. (1997, S. 128); Fuentelsaz/Gómez (2006, S. 479).

[14] Vgl. Feinberg (1984).

[15] Vgl. Bernheim/Whinston (1990).

[16] Vgl. Hughes/Oughton (1993).

[17] Vgl. Baum/Korn (1996, S. 262); Pilloff (1999, S. 165).

[18] Vgl. van Wegberg/van Witteloostuijn (2001, S. 265).

[19] Vgl. Strickland (1985); Mester (1987).

[20] Vgl. Heggestad/Rhoades (1978); Feinberg (1985); Evans/Kessides (1994); Baum/Korn (1996); Gimeno/Woo (1996); Jans/Rosenbaum (1996); Parker/Röller (1997); Fernández/Marín (1998).

[21] Vgl. Baum/Korn (1999, S. 255); Stephan/Boeker (2001, S. 230); Li/Greenwood (2004, S. 1136).

[22] Vgl. Feinberg/Sherman (1988, S. 985); Ma (1998, S. 129); Baum/Korn (1999, S. 251); Jayachandran et al. (1999, S. 52); Coccorese/Pellecchia (2009, S. 245).

[23] Vgl. Baum (1999, S. 555); Baum/Korn (1999, S. 254).

[24] Vgl. Baum/Korn (1999, S. 251); Gimeno (1999, S. 102f.); Gimeno/Woo (1999, S. 240); Jayachandran et al. (1999, S. 51); Stephan/Boeker (2001, S. 233); Upson/Ranft (2010, S. 51).

[25] Vgl. Greve (2000, S. 820).

[26] Vgl. Feinberg/Sherman (1988, S. 986).

[27] Vgl. Boeker et al. (1997, S. 126); Baum/Korn (1999, S. 256); Gimeno/Woo (1999, S. 241); Haveman/Nonnemaker (2000, S. 234f.).

[28] Vgl. Boeker et al. (1997, S. 126); Baum/Korn (1999, S. 256).

[29] Vgl. Jayachandran et al. (1999, S. 51).

[30] Vgl. Fuentelsaz/Gómez (2006, S. 480).

[31] Vgl. Baum/Korn (1999).

[32] Vgl. Baum/Korn (1999); Haveman/Nonnemaker (2000, S. 237); Stephan/Boeker (2001); Fuentelsaz/Gómez (2006).

[33] Vgl. Baum/Korn (1999); Stephan/Boeker (2001); Fuentelsaz/Gómez (2006).

[34] Vgl. Kapitel 2.1, S. 7.

[35] Vgl. Stephan/Boeker (2001, S. 235).

[36] Vgl. Greve (2000, S. 820).

[37] Vgl. Haveman/Nonnemaker (2000, S. 237); Stephan/Boeker (2001, S. 235).

[38] Vgl. Korn/Rock (2001, S. 57); Upson/Ranft (2010, S. 50).

[39] Vgl. Stephan/Boeker (2001, S. 235-239).

[40] Vgl. Baum/Korn (1999, S. 256).

[41] Vgl. Greve/Mitsuhashi (2004, S. 12).

[42] Vgl. Gimeno/Woo (1996, S. 327); Fuentelsaz/Gómez (2006, S. 480).

[43] Vgl. Chen (1996, S. 109).

[44] Vgl. Haveman/Nonnemaker (2000, S. 236f.); van Wegberg/van Witteloostuijn (2001, S. 266).

[45] Vgl. Baum/Korn (1996, S. 257); Fuentelsaz/Gómez (2006, S. 482).

[46] Vgl. Baum/Korn (1996, S. 258); Boeker et al. (1997); Baum/Korn (1999, S. 253).

[47] Vgl. Gimeno (1999, S. 109).

[48] Vgl. Edwards (1955, S. 335); Feinberg/Sherman (1988, S. 985); Gimeno (1999).

[49] Vgl. Phillips/Mason (1992, S. 396); Evans/Kessides (1994); van Wegberg et al. (1994, S. 253); Gimeno/Woo (1996); Jans/Rosenbaum (1996); Singal (1998); Parker/Röller (1997); Barros (1999); van Wegberg/van Witteloostuijn (2001, S. 266); Kang et al. (2009).

[50] Vgl. Baum/Korn (1996, S. 257); Chen (1996, S. 109); Shankar (1999); Kang et al. (2009).

[51] Vgl. Edwards (1955, S. 335); Baum/Korn (1996, S. 257).

[52] Vgl. van Wegberg/van Witteloostuijn (2001, S. 266).

[53] Vgl. Pilloff (1999); Li/Greenwood (2004); Coccorese/Pellecchia (2009).

[54] Vgl. Sandler (1988); Upson/Ranft (2010, S. 50).

[55] Vgl. Gimeno/Woo (1996, S. 327); Jans/Rosenbaum (1996); Parker/Röller (1997); van Wegberg/van Witteloostuijn (2001, S. 266); Gimeno (2002); Upson/Ranft (2010, S. 50).

[56] Vgl. Greve (2000, S. 820).

[57] Vgl. Baum (1999).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842811348
DOI
10.3239/9783842811348
Dateigröße
726 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
multipunktwettbewerb franchise pizza wettbewerbsdynamik mutual forbearance
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