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Der digitale Musikkonsument

Eine empirische Analyse der Veränderung des Musikkaufprozesses im digitalen Zeitalter

©2009 Diplomarbeit 131 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Kaum ein Produkt ist so global allgegenwärtig wie Musik. Nicht nur im Radio oder Musikfernsehen, auf etablierten Tonträgern oder in Diskotheken, im Hintergrund beim Einkaufen oder in Filmen, heute umgibt uns Musik auch im Internet und aus dem mp3-Player. Selbst in der Bahn oder auf der Straße kann man sich den zahlreichen Klingeltönen und mp3-Handys nicht mehr entziehen. Die digitale Revolution hat Musik heute allgegenwärtiger gemacht, als je zuvor.
Doch durch ihre technologischen Innovationen sind die Strukturen des klassischen Musikmarktes, welche sich über Jahrzehnte entwickelt hatten, gravierend ins Wanken geraten. Auf der einen Seite steht das Oligopol der vier großen Tonträgerhersteller, der sog. Majors, vermeintlich ‘kostenlosen’ Konkurrenten gegenüber, auf der anderen Seite haben sich aber auch die herkömmlichen Machtverhältnisse im Markt gravierend verändert. Mit den sinkenden CD-Verkäufen – die Plattenfirmen mussten in den letzten zehn Jahren einen Umsatzrückgang von über 45% vermelden - und der damit schwindenden Vormachtstellung der großen Labels, hat sich die Verhandlungsposition des Handels und der Medien kontinuierlich verbessert, aber es ist vor allem der/die Endkonsument/in , welche/r durch die neuen digitalen Möglichkeiten immens an Macht gewonnen hat. ‘The bottom line is, that consumer empowerment has finally reached the music business, and many consumers have now taken charge of their own entertainment’.
Es scheint also aufgrund dieser Machtverschiebung hin zum Konsumenten für die Musikindustrie von essentieller Bedeutung zu sein, dessen Verhalten genauer zu erforschen. Dies wird umso deutlicher, betrachtet man die abnehmende Käuferreichweite und das damit verbundene aktive Käuferpotenzial im Musikmarkt. So errechnet sich, aus dem von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aufgrund der deutschen Bevölkerungsstruktur mit 64,6 Millionen kalkulierten Potenzial der Tonträger-Käufer und dem 2007 mit 41% erfassten Wert der Käuferreichweite, ein aktives Käuferpotenzial von gut 26,5 Millionen Personen.
(hier erscheint im Original eine Abbildung)
Der leichte Anstieg im Vergleich zum Vorjahr kann hierbei auf die Entwicklung der digitalen Käufer und ihrer Mischformen zurückgeführt werden. Musik ist also allgegenwärtig und wird von jedermann auf die eine oder andere Weise konsumiert, aber nur 41% dieser Konsumenten können tatsächlich als Käufer gewonnen werden. Die Reduktion des Käuferpotenzials darf […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Anna Daus
Der digitale Musikkonsument
Eine empirische Analyse der Veränderung des Musikkaufprozesses im digitalen Zeitalter
ISBN: 978-3-8428-1065-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Technische Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
1.1 Ausgangslage und Problemstellung ... 1
1.2 Zielsetzung ... 4
1.3 Aufbau der Arbeit ... 5
2 Theoretischer Bezugsrahmen ... 6
2.1 Die Musikindustrie ... 6
2.1.1 Entwicklung der Musikindustrie ... 6
2.1.2 Entwicklung der digitalen Musikdistribution ... 8
2.2 Der Musikmarkt ... 13
2.2.1 Angebotsseite ... 13
2.2.2 Musiklabel ... 16
2.2.2.1 Artist & Repertoire ... 16
2.2.2.2 Marketing und Promotion ... 17
2.2.2.3 Vertrieb ... 20
2.2.3 Nachfrageseite ... 21
2.2.3.1 Handel ... 21
2.2.3.2 Medien ... 24
2.2.3.3 Endkonsumenten ... 25
2.3 Der Kaufprozess ... 26
2.3.1 Phasenmodell des Kaufprozesses ... 27
2.3.2 Psychologische Determinanten ... 30
2.3.2.1 Motivation ... 31
2.3.2.2 Einstellung ... 33
2.3.2.3 Involvement ... 34
2.3.2.4 Selektive Wahrnehmung ... 35
2.3.3 Impulskauf ... 35

II
2.3.4 Soziologische Determinanten ... 37
2.3.5 Adoptions- und Diffusionsprozess ... 39
3 Empirische Untersuchungen ... 42
3.1 Begründung der empirischen Vorgehensweise ... 42
3.2 Existierende Ergebnisse ... 43
3.2.1 Konsumentendaten ... 43
3.2.1.1 Internet- und Mediennutzung ... 44
3.2.1.2 Freizeitbeschäftigung und Medienbudget ... 46
3.2.1.3 Bedürfnisse und Bedeutung von Musik ... 48
3.2.2 Daten bezüglich des Kaufprozesses ... 49
3.2.2.1 Sources of Awareness ... 49
3.2.2.2 Kaufgründe physisch & digital ... 51
3.3 Eigene empirische Erhebung ... 52
3.3.1 Definition ... 52
3.3.2 Erhebungsdesign ... 53
3.3.2.1 Diskussionsleitfaden ... 53
3.3.2.2 Stichprobe ... 55
3.3.3 Datengewinnung ... 56
3.3.4 Datenanalyse ... 58
3.3.4.1 Transkription ... 58
3.3.4.2 Qualitative Inhaltsanalyse ... 59
3.3.5 Gütekriterien der Erhebung ... 60
4 Ergebnisse ... 63
4.1 Identifikation digitaler Käufer-Typen ... 63
4.1.1 Bedeutung der CD vs. Bedeutung von Musik ... 65
4.1.2 Die vier Download-Typen ... 67
4.2 Der Kaufprozess im zeitlichen Vergleich ... 70
4.2.1 Veränderung des Musikkonsumverhaltens ... 71

III
4.2.2 Vergleich der Aufmerksamkeitsquellen ... 73
4.2.3 Vergleich der Informationsbeschaffung ... 74
4.2.4 Vergleich der Kaufentscheidung ... 77
4.2.5 Darstellung der exemplarischen Prozesse im Vergleich ... 80
4.3 Digitale Distributionswege ... 84
4.3.1 Bisherige Adoptionshindernisse ... 85
4.3.2 Flatrate-Modelle ... 87
4.3.3 Download von der Künstler-Homepage ... 88
4.3.4 Zukunftsvisionen ... 89
5 Schlussbetrachtung ... 92
5.1 Handlungsempfehlungen ... 93
5.1.1 Reduktion der Verbreitung physischer Tonträger ... 93
5.1.2 Abschaffung aller Kopierschutzmaßnahmen ... 95
5.1.3 Weitere Vereinfachung des digitalen Kaufprozesses ... 96
5.1.4 Schaffung neuer Wege der Rechteverwertung ... 97
5.1.4.1 Kopplung an eine DSL- oder Handy-Flatrate ... 97
5.1.4.2 Werbefinanzierte Downloadplattform ... 97
5.1.4.3 Gesellschaftlich gesicherte Grundversorgung ... 98
5.1.5 ,,Music Like Water" ... 99
5.1.6 Verwertung der Künstlerbindung ... 100
5.1.7 Unterstützung des kompletten Kaufprozesses ... 101
5.2 Reflexion und Ausblick ... 102
Literaturverzeichnis ... 104
Anhang ... 113

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung Musikkäufer und Käufer-Reichweite ... 2
Abbildung 2: Entwicklung der Vertriebsschienen 2006-2007 ... 3
Abbildung 3: Entwicklung des Musikmarktes ... 8
Abbildung 4: Entwicklung der Anbieteranteile ... 11
Abbildung 5: Arten des Musikdownloads ... 12
Abbildung 6: Die Musikindustrie ... 13
Abbildung 7: Entwicklung der Vertriebsschienen 1998-2007 ... 22
Abbildung 8: Erlös- und Kostenstruktur eines Musik-Downloads ... 24
Abbildung 9: Der Kaufprozess ... 27
Abbildung 10: Das System der psychischen Variablen ... 31
Abbildung 11: Adoptionsprozess des Internets als Einkaufsstätte ... 40
Abbildung 12: Käuferalter nach Marktsegmenten ... 44
Abbildung 13: Anteile am monatlichen Unterhaltungsbudget ... 47
Abbildung 14: Bedürfnishierarchie ... 48
Abbildung 15: Altersstruktur Erhebung ... 50
Abbildung 16: Gründe für den CD-Kauf ... 51
Abbildung 17: Zusammensetzung der Stichprobe ... 56
Abbildung 18: Die vier Download-Typen ... 67
Abbildung 19: Musikkaufprozess vor der Digitalisierung ... 81
Abbildung 20: Musikkaufprozess im digitalen Zeitalter ... 82

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Reasons for Embedding Music in Profile ... 46
Tabelle 2: Freizeitbeschäftigung ... 46
Tabelle 3: Sources of Awareness vs. Sources for Discovering ... 50
Tabelle 4: Gründe für den legalen Download ... 52

VI
,,Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum."
-- Friedrich Wilhelm Nietzsche --

1
1
Einleitung
1.1
Ausgangslage und Problemstellung
Kaum ein Produkt ist so global allgegenwärtig wie Musik. Nicht nur im Radio oder
Musikfernsehen, auf etablierten Tonträgern oder in Diskotheken, im Hintergrund
beim Einkaufen oder in Filmen, heute umgibt uns Musik auch im Internet und aus
dem mp3-Player. Selbst in der Bahn oder auf der Straße kann man sich den zahlrei-
chen Klingeltönen und mp3-Handys nicht mehr entziehen. Die digitale
1
Revolution
hat Musik heute allgegenwärtiger gemacht, als je zuvor.
Doch durch ihre technologischen Innovationen sind die Strukturen des klassischen
Musikmarktes, welche sich über Jahrzehnte entwickelt hatten, gravierend ins Wan-
ken geraten. Auf der einen Seite steht das Oligopol der vier großen Tonträgerherstel-
ler, der sog. Majors, vermeintlich ,,kostenlosen" Konkurrenten gegenüber, auf der
anderen Seite haben sich aber auch die herkömmlichen Machtverhältnisse im Markt
gravierend verändert. Mit den sinkenden CD-Verkäufen ­ die Plattenfirmen mussten
in den letzten zehn Jahren einen Umsatzrückgang von über 45% vermelden (vgl.
GfK, 2008b, Chart 28) - und der damit schwindenden Vormachtstellung der großen
Labels, hat sich die Verhandlungsposition des Handels und der Medien kontinuierlich
verbessert (vgl. dazu Kapitel 2.2.3), aber es ist vor allem der/die Endkonsument/in
2
,
welche/r durch die neuen digitalen Möglichkeiten immens an Macht gewonnen hat.
,,The bottom line is, that consumer empowerment has finally reached the music
business, and many consumers have now taken charge of their own entertainment"
(Leonhard, 2008, S. 38).
Es scheint also aufgrund dieser Machtverschiebung hin zum Konsumenten für die
Musikindustrie von essentieller Bedeutung zu sein, dessen Verhalten genauer zu er-
forschen. Dies wird umso deutlicher, betrachtet man die abnehmende Käuferreich-
weite und das damit verbundene aktive Käuferpotenzial im Musikmarkt (vgl.
Abbildung 1). So errechnet sich, aus dem von der Gesellschaft für Konsumforschung
(GfK) aufgrund der deutschen Bevölkerungsstruktur mit 64,6 Millionen kalkulierten
1
Der Begriff ,,digital" beschreibt die elektronische Informationsdarstellung durch binäre Codes. Hierbei werden
Nachrichten als Sequenzen der Alternativen ,,null" und ,,eins" gespeichert. Diese Darstellungsform ist für die
Übertragung von Informationen über das Internet erforderlich (vgl. Emes, 2004, S.16).
2
Im Folgenden wird in dieser Arbeit ausschließlich von der maskulinen Form Gebrauch gemacht. Diese Verein-
fachung dient lediglich dazu, den Lesefluss zu verbessern und darf nicht als Diskriminierung gewertet wer-
den.

2
Potenzial der Tonträger-Käufer und dem 2007 mit 41% erfassten Wert der Käufer-
reichweite, ein aktives Käuferpotenzial von gut 26,5 Millionen Personen.
41
GfK Consumer Panel
Musikmarkt
20. März 2008
© GfK Panel Services Deutschland
32,1
31,2
30,9
30,0
28,4
25,8
26,1
26,1
25,7
26,5
Musik Käufer
gesamt
1998
Entwicklung Musikkäufer und Käufer-Reichweite
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
51% 49% 49% 47% 45% 41% 41% 41% 40% 41%
Reichweite
Basis: Personen (absolut)
Audio+Video+Download+Mobile
Abbildung 1: Entwicklung Musikkäufer und Käufer-Reichweite
3
Der leichte Anstieg im Vergleich zum Vorjahr kann hierbei auf die Entwicklung der
digitalen Käufer und ihrer Mischformen zurückgeführt werden (vgl. GfK, 2008b, Chart
43). Musik ist also allgegenwärtig und wird von jedermann auf die eine oder andere
Weise konsumiert, aber nur 41% dieser Konsumenten können tatsächlich als Käufer
gewonnen werden. Die Reduktion des Käuferpotenzials darf hierbei aber nicht als
Abnahme des allgemeinen Musikinteresses gewertet werden. Laut einer Studie der
University of Hertfordshire hören Jugendliche und junge Erwachsene durchschnittlich
über sechs Stunden täglich Musik (vgl. British Music Rights, 2008, S. 7) und auch die
zunehmende Ausstattung mit mobilen Abspielgeräten (vgl. GfK, 2008b, Chart 176),
zeigt, dass der Musikkonsum heute verbreiteter ist als je zuvor.
Der Musikkonsum scheint also durch die Digitalisierung zugenommen zu haben,
wohingegen die Musikkäufe immer weiter abnehmen. Allerdings kann eine positive
Entwicklung der neuen Vertriebskanäle (Internet und Download/Mobile) beobachtet
3
Quelle: GfK Der Musikmarkt 2007, Chart 41.

3
werden, was deutlich wird, wenn man die Entwicklung der Vertriebswege am Umsatz
(vgl. GfK, 2008b, Chart 61) vergleicht. Während die Verkäufe über die bisher wich-
tigsten Vertriebskanäle des stationären Handels kontinuierlich abnehmen, liegt der
Anteil der Internetverkäufe mittlerweile (2007) bei 18% und Download- bzw. Mobile-
Plattformen machen immerhin 7% des Umsatzes aus.
Trotzdem können die digitalen Verkäufe die Verluste durch die sinkenden Stückzah-
len der physischen Verkäufe bei Weitem (noch) nicht auffangen, wie Abbildung 2
verdeutlicht:
62
GfK Consumer Panel
Musikmarkt
20. März 2008
© GfK Panel Services Deutschland
-3
-7
-7
-12
-12
-12
-12
-14
25
2
-1
1
Download Händler
Internet
LEH
Elektro-Fachmarkt
Total
Versandhandel
Buchhandel
Kauf- und Warenhäuser
Medien Facheinzelhandel
Drogeriemärkte
Club
Mobile Händler
Verlust
Gewinn
VR in % 2007 vs. 2006
(2006 vs. 2005)
2,9%
(3,3%)
8,2%
(7,8%)
29,7%
(29,0%)
7,1%
(7,4%)
3,7%
(4,1%)
3,6%
(2,8%)
(+34)
(±0)
(+6)
(-5)
(-2)
(-16)
Marktanteile
2007
(2006)
7,3%
(8,0%)
7,9%
(8,6%)
(-8)
(-12)
(±0)
(+1)
(-21)
(+3)
4,5%
(4,7%)
2,3%
(2,5%)
Basis: Wert
Audio+Video+Download+Mobile
Entwicklung der Vertriebsschienen
18,3%
(17,3%)
Abbildung 2: Entwicklung der Vertriebsschienen 2006-2007
4
Eine Aufgabe der Tonträgerhersteller muss es also sein, die sich aus der Digitalisie-
rung ergebenden Chancen zu erkennen und diese zu nutzen, um die rückläufigen
physischen Verkäufe auszugleichen. Um dies zu erreichen, ist es von großer Bedeu-
tung, sich nicht nur genauer mit dem Musikkonsum- bzw. Musikkaufverhalten zu be-
schäftigen, sonder vor allem die Veränderungen dieses Verhaltens aufgrund der Digi-
talisierung in den Fokus der Untersuchungen zu rücken.
4
Quelle: GfK Der Musikmarkt 2007, Chart 62.

4
Wurden bisher in der Marktforschung vor allem quantitative Daten erhoben und der
Musikkaufprozess nur partial untersucht, so hat man den Veränderungen durch die
digitalen Möglichkeiten bisher wenig Beachtung geschenkt. Generell wurde die Be-
deutung der sehr schnellen Verbreitung des Internets - verfügten 2000 noch 23%
der Bevölkerung über einen Internetanschluss, so waren es 2007 bereits 66% (vgl.
GfK, 2008b, Chart 175) ­ in der Musikindustrie eher unterschätzt. Als die negativen
Konsequenzen der illegalen Downloads unübersehbar wurden, beschäftigten sich da-
raufhin viele Autoren mit dieser sog. ,,Piraterie" und möglichen Kopierschutz-
maßnahmen. Der Einfluss auf das legale Kaufverhalten und der neue Prozess des
digitalen Kaufes
5
wurden hingegen wenig beachtet. Daher und weil durch den ein-
gangs beschriebenen ,,Power-Shift" zum Konsumenten, dieser eine immer größere
Rolle spielt, ergibt sich die Notwendigkeit einer genaueren Untersuchung des digita-
len Musikkonsumentens und seiner Kaufprozesse, was im Folgenden das Ziel dieser
Arbeit sein wird.
1.2
Zielsetzung
Im Rahmen dieser Arbeit gilt es, aus einer internetaffinen Zielgruppe, also einer
Gruppe, die über ausreichende technische Ausstattung und Kenntnisse verfügt, ver-
schiedene Typen von ,,Download-Käufern" zu identifizieren. Die Erfahrungen der Ver-
fasserin haben gezeigt, dass es beim Musikkauf oftmals zu einem hybriden Verhalten
kommt und die unterschiedlichsten Wege der Musikbeschaffung herangezogen wer-
den. Es ist daher von besonderem Interesse zu ergründen, inwiefern die Probanden
zwischen digitalen und physischen Käufen unterscheiden und ob sich daraus eine
Klassifizierung der Downloader ableiten lassen wird. Dabei sei an dieser Stelle noch
einmal erwähnt, dass illegale Downloads nur ganz am Rande Beachtung finden sol-
len. Neuste Studien haben gezeigt, dass sog. ,,Download-Piraten" sogar eher Musik
zusätzlich käuflich erwerben, als Konsumenten welche keine Tauschbörsen benutzen
(vgl. Cheng, 2009). Diese Studien konnten ein komplett hybrides Verhalten zwischen
illegalem Download und käuflichem Download bzw. CD-Kauf feststellen und bestäti-
gen somit die Auffassung der Verfasserin, dass es für den Gegenstand der Untersu-
chung nicht notwendig ist, eine entsprechende Unterscheidung vorzunahmen. Trotz-
5
Die Bezeichnung ,,digitaler Kauf" meint in dieser Arbeit immer den Download aus dem Internet. Natürlich
handelt es sich bei der CD auch um einen digitalen Datenträger, bezüglich der Thematik ist aber vor allem ihr
physischer Charakter ausschlaggebend. Wenn daher zukünftig von Digitalisierung einer CD die Rede ist, ist
damit der Vorgang des Einlesens der CD in eine Datenbank und die Speicherung der Musikdateien im mp3-
Format gemeint.

5
dem soll versucht werden, Probanden zu identifizieren, die überwiegend die legalen
Plattformen nutzen.
Im Folgenden soll der Kaufprozess dieser digitalen Käufer genauer beleuchtet wer-
den. Dabei wird der Fokus auf jene Phasen gelegt, die für den Musikkauf relevant
erscheinen bzw. für die zuvor bereits Sekundärdaten als Orientierungshilfe herange-
zogen werden konnten. Wie der Titel dieser Arbeit verrät, sind vor allem die durch
die Digitalisierung bedingten Veränderungen dieses Prozesses von Interesse. Daher
ist es Ziel der Autorin, auf diese in den einzelnen Schritten einzugehen, bevor der
gesamte Kaufprozess abgebildet werden kann. In den einzelnen Phasen soll auch der
anfangs erwähnte digitale Musikkonsum genauere Betrachtung finden. Außerdem
sind das Involvement der Konsumenten sowie die Impulsivität ihrer Kaufentschei-
dung von besonderem Interesse. Die intensive Betrachtung der einzelnen Phasen soll
schließlich in eine exemplarische Abbildung des Musikkaufprozesses münden.
Nachdem auf den momentanen Kaufprozess und die Veränderungen des Verhaltens
eingegangen wurde, ist das nächste Ziel dieser Arbeit, bisherige Adoptionshindernis-
se und zukünftige Wünsche bezüglich des digitalen Kaufes zu identifizieren, um da-
raus Handlungsempfehlungen für die Musikindustrie im Allgemeinen abzuleiten, wel-
che für XXX im Speziellen von Interesse sein dürften. Abschließend können gegebe-
nenfalls neue Modelle des digitalen Vertriebs formuliert werden.
1.3
Aufbau der Arbeit
Um diese Zielsetzung zu verfolgen, ist es erforderlich zunächst eine theoretische
Grundlage zu vermitteln. Hierbei soll im nachfolgenden Kapitel zum einen auf die
Besonderheiten des Musikmarktes eingegangen werden. Die vielen verschiedenen
Akteure bedingen eine komplizierte Marktsituation, welche dem Leser zunächst näher
gebracht werden muss, damit es ihm möglich ist, die späteren Ausführungen nach-
zuvollziehen. Daraufhin können zum anderen wissenschaftliche Theorien zur Kauf-
verhaltensforschung widergegeben werden. Auf der einen Seite wird hierbei auf das
klassische Phasenmodell des Kaufprozesses eingegangen, auf der anderen Seite sol-
len für die Arbeit relevante Teilkonstrukte dargestellt werden. Im folgenden Schritt
werden in Kapitel 3 zunächst Sekundärdaten herangezogen, ehe schließlich die eige-
ne empirische Erhebung durchgeführt wird. Es handelt sich hierbei um fünf Gruppen-
diskussionen, deren Erhebungsdesign zunächst genauere Betrachtung findet. Die
Ergebnisse der Untersuchung werden schließlich in Kapitel 4 dargestellt, bevor im
letzten Kapitel eine Schlussbetrachtung mit konkreten Handlungsempfehlungen er-
folgt.

6
2
Theoretischer Bezugsrahmen
2.1
Die Musikindustrie
Die Begriffe Musikmarkt, Musikindustrie sowie Tonträgermarkt und Tonträgerindust-
rie werden in der Literatur oftmals synonym verwendet. Es gibt zahlreiche Branchen
und Bereiche, die sich mit Musik im weitesten Sinne beschäftigen und die daher zu-
sammengefasst werden könnten. Um den für diese Arbeit relevanten Kernbereich
abzugrenzen, werden daher in Kapitel 2.2 die für ihn wesentlichen Marktteilnehmer
beschrieben. Zunächst soll aber kurz die Geschichte der Industrie anhand der Ent-
wicklung ihrer Tonträgerformate skizziert werden. Die oben genannten Begrifflichkei-
ten werden im Folgenden entsprechend der Literatur synonym gebraucht.
2.1.1
Entwicklung der Musikindustrie
Seit der Erfindung des Grammofons 1887 und dem damit verbundenen Wandel von
Musik als dynamischem und interaktivem Unterhaltungserlebnis hin zu einem stati-
schen Produkt (vgl. Kusek/Leonhard, 2006, S. 12), hat die technologische Entwick-
lung eine Vielzahl von Tonträgerformaten hervorgebracht.
Die darauf folgende industrielle Fertigung von Schellack-Platten ermöglichte erstmals
die mehrmalige Wiedergabe eines Musikstückes im heimischen Wohnzimmer. Mit der
Erfindung der Langspielplatte (LP) aus Vinyl 1948 war der endgültige Durchbruch
dieses Formates erreicht und die Musikindustrie konnte damit bis in die 80er Jahre
hohe Gewinne erzielen (vgl. Emes, 2004, S. 32).
Mit der Musikkassette (MC) etablierte sich in den 60er Jahren ein weiteres Format
auf dem Massenmarkt. Die mobile Verwendbarkeit und einfache Handhabung führten
zu einer sehr schnellen Verbreitung dieses Mediums.
Des Weiteren entstand zum ersten Mal die Möglichkeit, Musik selbst aufzuzeichnen.
Da aber die Qualität dieser Aufzeichnungen oftmals mangelhaft war und durch das
Mitschneiden von Radiosendungen und deren Verbreitung sogar ein gewisser Promo-
tion-Effekt erzielt wurde, stellten diese ,,illegalen" Kopien für die Plattenfirmen keine
größere Bedrohung dar.
Ungeahnten Erfolg brachte 1983 die Einführung der CD, welche aufgrund höherer
technischer Qualität bei geringerem Volumen und so gut wie keinen Störungen bei
der Wiedergabe (vgl. Spiesecke, 2007, S. 110) eine bahnbrechende digitale Innova-
tion darstellte, die zweistellige Wachstumsraten hervorbrachte. Anfangs konnte die-
ser Schub vor allem durch die Substitution der Vinyl-Platten erklärt werden - viele

7
erwarben ihre Alben erneut in dem frischen Format; später brachten die Verbreitung
des Musikfernsehens in den 90er Jahren und die damit einhergehenden internationa-
len Vermarktungsmöglichkeiten (vgl. Gebhardt, 2006, S. 13) neues Wachstum.
Doch da die CD zunächst ohne jeglichen Kopierschutz auf den Markt gebracht wurde,
war der Umsatzrückgang, der seinen Ursprung Mitte der 90er Jahre in der Einführung
von CD-Rekordern und bespielbaren CDs hatte, vorprogrammiert.
Ihren Höhepunkt erreichte die Verbreitung von Musik-Brennern 2002, als 36% der
Deutschen über einen solchen verfügten (vgl. GfK, 2008a, Chart 22). Seitdem war
auch die Anzahl der mit Musik bespielten Rohlinge rückläufig, wobei der Anteil der
DVD-Rohlinge, welche über eine entsprechend höhere Speicherkapazität verfügen,
weiter kontinuierlich stieg (vgl. GfK, 2008a, Chart 25). Die Anzahl der Personen, wel-
che Musik auf bespielbare Medien brennen, hat sich 2007 mit 21,8 Mio. auf 34% der
Bevölkerung eingependelt.
Es lässt sich also leicht erklären, warum die Umsatzzahlen in der Tonträgerindustrie
bereits seit Ende der 90er Jahre, also noch vor der Verbreitung der Online-
Tauschbörsen, rückläufig sind. Der bisherige Rekordverlust von 11% wurde aller-
dings erst 2003 erreicht, als das Musikbrennen bereits stagnierte. Deshalb befasst
sich Kapitel 2.1.2 noch einmal gesondert mit der digitalen Entwicklung und ihren
Konsequenzen. Abschließend zeigt an dieser Stelle Abbildung 3 die allgemeine Um-
satzentwicklung des Musikmarktes in den letzten 10 Jahren. Auffällig ist hierbei, dass
trotz der seit 2003 wieder steigenden Stückzahlen, aufgrund der sinkenden Durch-
schnittspreise keine Stabilisierung erreicht werden konnte.

8
28
GfK Consumer Panel
Musikmarkt
20. März 2008
© GfK Panel Services Deutschland
-3%
-4%
0,3%
Audio+Video+Download+Mobile
215
191
172
158
167
189
191
226
228
191
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
11,07
10,85
11,16
11,59
11,70
11,27
10,45
9,64
9,08
8,76
2397
2219
2011
1784
1745
1807
1709
2448
2526
1653
Entwicklung des Musikmarktes
Ø-Preis in Euro
Wert in Mio. Euro
Menge in Mio. Stück
Abbildung 3: Entwicklung des Musikmarktes
6
2.1.2
Entwicklung der digitalen Musikdistribution
Nach der Entwicklung des sog. Motion Picture Expert Group Layer-3 Standards
(MPEG Audio Layer-3, kurz mp3-Standard) durch die Fraunhofer-Gesellschaft Anfang
der 90er Jahre, konnten erstmals Musikstücke ohne größeren Qualitätsverlust kom-
primiert werden. Hierdurch ergab sich die Möglichkeit, Inhalte kompletter CDs inner-
halb kürzester Zeit über das Internet zu transferieren (vgl. Joppig, 2005, S. 7).
Im Jahr 1999 gründete Shawn Fanning den ersten so genannten ,,P2P-Filesharing-
Service" Napster, mit dessen Hilfe Benutzer die Computerfestplatten anderer Nutzer
nach Dateien durchsuchen und Kopien dieser auf ihre eigene Festplatte herunterla-
den konnten (vgl. Bauckhage, 2002, S. 25).
Es folgte ein Adaptionsprozess, der so noch nie da gewesen war. Nach nur 1,5 Jah-
ren gab es bereits 50 Mio. Nutzer in den USA; zum Vergleich dauerte es ganze 39
Jahre um die gleiche Verbreitung des Radios zu erreichen (vgl. Stähler, 2002, S.
283). Zu Höchstzeiten hatte die Tauschbörse 70 Mio. Nutzer, die ca. 3 Mrd. Musikda-
6
Quelle: GfK Der Musikmarkt 2007, Chart 92.

9
teien pro Monat tauschten (vgl. Buhse, 2004, S. 2). Allerdings wurde Napster auf-
grund von Urheberrechtsklagen bereits 2001 wieder geschlossen, doch andere
Tauschbörsen wie Morpheus oder Kazaa rückten an seine Stelle.
Neben zahlreichen juristischen Maßnahme,n versuchten die Musikkonzerne zwischen
2000 und 2003 auch durch eigene kommerzielle Download-Angebote den digitalen
Musikmarkt zu kontrollieren. Die Bertelsmann AG verfolgte hierbei den Ansatz,
Napster zu einer kommerziellen Download-Plattform umzufunktionieren, scheiterte
aber an der Blockade-Politik der anderen Majors, die sich nicht nur weigerten, ihre
Musik an Napster zu lizenzieren, sondern sogar die laufenden Schadensersatzklagen
gegen Napster auf die Bertelsmann AG ausweiteten. Stattdessen versuchten sie, je-
weils in Kooperation mit unterschiedlichen Technologieanbietern, ihre eigenen Down-
load-Angebote zu gründen, welche aber aufgrund mangelnder Kooperation unterei-
nander sowie rigider Nutzungseinschränkungen und DRM
7
-Systeme so uninteressant
für den Konsumenten waren, dass sie innerhalb kürzester Zeit wieder eingestellt
wurden.
2004 startete man schließlich gemeinsam den Versuch, das 1991 vom Bundesver-
band der Phonograpischen Wirtschaft gegründete PhonoNet
8
auch als digitale Groß-
handelsplattform zu etablieren. Allerdings war selbst die Kooperation aller Majors
und zahlreicher Independents kein Erfolgsgarant und so führten technische und
rechtliche Probleme dazu, dass das Projekt niemals aus den Kinderschuhen heraus-
wuchs (vgl. Dolata, 2008, S. 16 ff.).
Schließlich war es der branchenfremde Computerhersteller Apple, der, mit der Grün-
dung des iTunes Music Stores 2003 und dessen überraschenden Erfolgs (vgl. Fried-
richsen, 2004, S. 72), den kommerziellen Vertrieb digitaler Musik weltweit für zahl-
reiche Wettbewerber attraktiv machte.
Auf dem deutschen Markt konnte sich neben iTunes mit musicload, dem Download-
Shop des Internetproviders T-Online, ein weiterer branchenfremder Player durch-
setzten. Alle weiteren Download- oder Abonnement-Angebote konnten bisher nur
Nischen bedienen. Bedingt wird dies auch durch die preispolitischen Möglichkeiten
der beiden großen Player. Gerade Apple betreibt mit iTunes ein Cross-Selling-Modell
7
Der Begriff DRM (Digital Rights Management) beschreibt Nutzungsregeln an digitalen Gütern. ,,DRM-
Technologien regeln, wer welche digitalen Inhalte wann und wo wie nutzen kann." (Buhse & Günnewig,
2005, S. 215 ff.).
8
,,Die PhonoNet Gesellschaft für Handelsdienstleistungen GmbH in Hamburg wurde 1991 nach langjähriger
Vorbereitung vom Bundesverband der phonographischen Wirtschaft [...] gegründet, um als Mittler zwischen
Tonträgerindustrie und Handel den elektronischen Datenaustausch zu ermöglichen." (Mahlmann, 2007, S.
114).

10
zur Unterstützung seiner Endgeräte und ist daher nicht auf die Gewinnmargen der
Downloads angewiesen (vgl. Gmelin et al., 2008, S. 39 f.). Vielmehr haben Studien
gezeigt, dass gerade die Verbindung mit dem iPod als benötigtem Endgerät den Er-
folg des iTunes-Musicstores ausgemacht hat (vgl. Simpson, 2009, S.12).
Neben dem Download auf den heimischen PC gibt es auch die Möglichkeit des sog.
Streamings. Anders als beim herkömmlichen ,,Herunterladen" wird keine größere Da-
tei abgespeichert, es herrscht vielmehr während des kompletten Vorgangs ein kon-
stanter Datenverkehr zwischen dem Server, auf dem der Stream generiert wird und
dem Nutzer (vgl. Eggert, 2005, S. 27). Je nach Geschäftsmodell kann auch ein sol-
cher Anbieter als digitaler Händler gesehen werden, allerdings werden sie typischer-
weise nicht zusammen mit den originären Download-Plattformen betrachtet. Per De-
finition werden hingegen neben den Downloads auf den PC auch solche auf das Han-
dy erfasst . Hierdurch lässt sich der große Anteil der Mobilfunkanbieter in der nach-
folgenden Abbildung erklären. Durch die rasante Weiterentwicklung der Mobiltelefone
ist der Klingeltonmarkt allerdings bereits rückläufig. Es besteht bei mp3-fähigen
Handys nicht mehr die Notwendigkeit sich kostenintensiv Klingeltöne herunterzula-
den, was sich 2007 in einem Umsatzrückgang um 26% widerspiegelte (vgl. GfK,
2008b, Chart 205). Ganz vernachlässigen darf man den sogenannten Mobile Content
aber nicht.
Bezüglich der Vielzahl der Marktteilnehmer ist in den letzten Jahren eine positive
Entwicklung zu verzeichnen, wie Abbildung 4 veranschaulicht:

11
190
GfK Consumer Panel
Musikmarkt
20. März 2008
© GfK Panel Services Deutschland
Anbieter
4
2
2
2
2
2
2
2
2
5
5
15
11
9
14
10
8
7
11
10
7
10
9
41
29
25
43
33
27
30
37
40
30
35
36
2
2
2005
2006
2007
2005
2006
2007
iTunes
musicload
Vodafone
AOL
Napster
O2
Freenet
One4Music
Saturn
Web.de
Media Online
Medion
Weltbild
T-Mobile
Jamba
Sonstige
Entwicklung der Anbieteranteile
MV in Mio. Stück/
21
29
40
39
54
68
Anteil Top 4 in %
93%
89%
83%
94%
87%
79%
Absatz in Mio Stück
Umsatz in Mio Euro
Basis: Menge (%), Wert (%)
Musikdownload (PC-Download, Full Track on Mobile)
Abbildung 4: Entwicklung der Anbieteranteile
9
Fielen 2005 noch 94% des Umsatzes den Top 4 Marktteilnehmern zu, so sind es
2007 nur noch 79%. iTunes bleibt aber der größte Teilnehmer auf dem Markt, was
sich auch durch die Markentreue seiner Kunden begründen lässt. Betrachtet man ihre
Kaufintensität im Vergleich zu musicload, so liegt der höchste Anteil der iTunes-
Kunden bei den Intensivkäufern (11 und mehr Downloads), während musicload-
Kunden häufiger Probierkäufer sind und nach einem Download wieder abspringen
(vgl. GfK, 2008b, Chart 192).
Ein bisheriges Adoptionshemmnis im Diffusionsprozess der legalen Downloads stell-
ten die strengen DRM-Systeme der Anbieter da, welche zu Inkompatibilität zwischen
den Endgeräten führten. Seit Kurzem werden diese vermehrt entschärft oder wie im
Falle von iTunes, ganz aufgegeben (vgl. o.V., 2007a). Des Weiteren kann man ver-
einzelte Modelle am Markt beobachten, die versuchen, Musik über andere Vergü-
tungsprinzipien zu vertreiben. So gibt es Testprojekte, in denen die Musik-Flatrate
mit dem Handy- oder DSL-Vertrag kombiniert wird und dann vor allem zur Kunden-
bindung dient (vgl. Gmelin et al., 2008, S. 42).
9
Quelle: GfK Der Musikmarkt 2007, Chart 190.

12
Abschließend kann also festgestellt werden, dass in den letzten fünf Jahren eine gro-
ße Entwicklung auf dem kommerziellen Download-Markt stattgefunden hat, welche
auch zukünftig weitergehen wird. Trotzdem soll an dieser Stelle nicht vernachlässigt
werden, dass, wie Abbildung 5 verdeutlicht, 2007 immer noch mit 77 % der Großteil
der in Deutschland heruntergeladenen Musiktitel auf (illegale) Tauschbörsen entfiel.
41
GfK Consumer Panel
Brenner-Studie 2008
Januar 2008
© GfK Panel Services Deutschland
8%
34 Mio.
6%
26 Mio.
4%
21 Mio.
15%
61 Mio.
14%
65 Mio.
15%
79 Mio.
77%
312 Mio.
80%
374 Mio.
81%
412 Mio.
2005
2006
2007
kostenlose
Musiktitel
(Tauschbörse)
kostenlose
Musiktitel
(Homepage)
kostenpflichtige
Musiktitel
54%
42%
37%
39%
41%
42%
36%
40%
44%
2005
2006
2007
Arten der Musikdownloads
Reichweite
Menge
407
512
465
Basis: Musikdownloader
2007: 9,3 Mio.; 2006: 9,4 Mio.; 2005: 8,2 Mio.
in Mio.
Stück
Personen
in Mio.
4,4
3,7
3,4
3,4
3,9
3,7
3,0
4,0
4,1
Abbildung 5: Arten des Musikdownloads
10
Positiv hervorzuheben bleibt allerdings, dass die Anzahl der Nutzer kostenpflichtiger
Angebote bereits 2006 die Anzahl der Tauschbörsennutzer übertreffen konnte. Es
scheint also der erste Rausch der ,,heavy user", welche ihr Archiv aufbauten und ex-
zessiv Musik bezogen (vgl. Altig/Clement, 2008, S. 22) bereits abgeklungen zu sein.
Trotzdem konnten die optimistischen Prognosen mit digitalen Marktanteilen von über
50% bis zum Ende des Jahrzehnts nicht erreicht werden. Wie in Kapitel 1.1 erwähnt,
erwerben immer noch 79% der Konsumenten Musik nur physisch. Inwieweit die Digi-
talisierung trotzdem Einfluss auf ihr Kaufverhalten hat, wird im empirischen Teil die-
ser Arbeit untersucht werden. Zunächst sollen in Abschnitt 2.2 die einzelnen Akteure
auf dem Tonträgermarkt genauer beleuchtet werden.
10
Quelle: GfK Brenner-Studie 2008, Chart 41.

13
2.2
Der Musikmarkt
Wie jeder Markt besteht auch der für Tonträger aus einer Anbieter- und einer Nach-
frager-Seite, vereinfacht also den Künstlern und den Konsumenten. Verbunden wer-
den diese Seiten durch Musiklabel, Künstler- und Konzertagenturen sowie Verlage,
wobei hier das Hauptaugenmerk auf den Labels liegen soll. Diesen Akteuren
zwischengelagert sind auf der Angebotsseite die Verwertungsgesellschaften und auf
der Nachfrageseite die sog. Vermittler Handel und Medien.
Abbildung 6: Die Musikindustrie
11
Nachfolgend sollen die in Abbildung 6 dargestellten Akteure auf dem Musikmarkt
entsprechend ihrer Relevanz für diese Arbeit beschrieben werden.
2.2.1
Angebotsseite
Den Ausgangspunkt des Wertschöpfungsprozesses in der Musikindustrie bilden im-
mer die Musikschaffenden, also Texter und Komponisten. Sie verfügen als Urheber
über die Exklusivrechte an ihrem ,,geistigen Eigentum".
In der Regel übertragen diese Autoren ihre Rechte an einen Musikverlag, wofür sie
sog. ,,Copyright Royalties" erhalten. Der Verlag erhält in einem solchen Vertrag aber
nicht nur die gesamte urheberrechtliche Auswertungsbefugnis (Texte, Noten, Tonträ-
11
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Buhse, 2004, S. 25.
Autoren,
Interpreten,
Komponisten
Verwertungs-
gesellschaften
Major Label
Independent Label
Handel
Medien
End-
konsumenten
A&R
Marketing
Distribu-
tion
Angebotsseite
Musiklabel
Nachfrageseite

14
geraufnahmen, etc.), sondern verpflichtet sich auch, die erworbenen Lizenzen aus-
zuwerten. Kommt er dieser Auswertungspflicht nicht nach, so kann der Autor seine
Rechte zurückrufen (vgl. Berneike, 2007, S. 130 ff.). In der Praxis können bzw. müs-
sen allerdings nur wenige Verwertungslizenzen von den Musikverlagen direkt erwor-
ben werden, da diese in der Regel von der GEMA verwaltet werden (siehe unten).
Den Verlagen kommen vor allem administrative Aufgaben zu; sie sollen aber auch
gemäß ihrer Auswertungspflicht eine Nutzungsnachfrage schaffen, da diese Aufgabe
nicht von der GEMA wahrgenommen wird. Nicht zuletzt fungieren sie als eine Art
Kreditgeber der Autoren, da diesen meistens ein Vorschuss auf die ,,Royalties" ge-
zahlt wird und die Verlage durch Partizipation an den GEMA-Ausschüttungen der Au-
toren vergütet werden (vgl. Ventroni, 2008, S. 70 f.).
Auch die Darbietungen der ausübenden Künstler sind durch ein Leistungsschutzrecht
geschützt. Vor der Aufnahme dieser Darbietung auf einem Tonträger muss die Plat-
tenfirma oder der entsprechende Musikproduzent also nicht nur die Rechte der Auto-
ren sondern auch des Künstlers einholen. Die Übertragung dieser Nutzungsrechte
findet entweder in einem Künstler(exklusiv)- oder in einem Bandübernahmevertrag
statt (vgl. Emes, 2004, S. 40 f.).
Bei einem Künstlervertrag trägt die Plattenfirma das alleinige Risiko der Produktion
und erwirbt damit die entsprechenden Leistungsrechte. In der Regel nimmt sie auch
aktiven Einfluss auf den gesamten kreativen Prozess, also auch die Gestaltung von
Musik und Künstler-Image und stellt hierfür die finanziellen Mittel zur Verfügung. Der
Künstler verpflichtet sich ihr für einen bestimmten Zeitraum und eine bestimmte An-
zahl von Tonträgeraufnahmen (vgl. Ventroni, 2008, S. 64 f.) und erhält in der Regel
einen Vorschuss für seine Dienste, welcher mit seiner vereinbarten Tantieme an den
zukünftigen Verkaufserlösen verrechnet wird.
Bei einem Bandübernahmevertrag übernimmt die Plattenfirma ein bereits mehr oder
weniger fertig produziertes Produkt und erwirbt die dazugehörigen Leistungsschutz-
rechte von dem entsprechenden Produzenten. Positionierung und Image des Künst-
lers bestehen üblicherweise bereits und die Aufgaben des Labels beschränken sich
auf Marketing, Promotion und Vertrieb.
Da es ihnen nicht möglich ist, mit jedem einzelnen Musiknutzer Verträge abzuschlie-
ßen, übertragen Musikschaffende und ihre Werkmittler, also Verlage und Plattenfir-
men, diese Aufgabe an sog. Verwertungsgesellschaften. Man spricht hierbei von kol-
lektiver Rechtewahrnehmung. ,,Eine Verwertungsgesellschaft ist eine Organisation,

15
die die vom Rechteinhaber eingebrachten Rechte wie Tonträgerauswertung, Sendung
und öffentliche Wiedergabe exklusiv wahrnimmt." (Berneike, 2007, S. 137)
In Deutschland vertritt die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und
mechanische Vervielfältigungsrechte) die Rechte ihr beigetretener Komponisten und
Texter oder deren Verlage. Die GEMA unterscheidet die Bereiche Aufführungsrecht,
hier werden Lizenzvergütungen anhand des geldwerten Vorteils einer Veranstaltung
erhoben, und mechanisches Vervielfältigungsrecht, hier entfällt eine Lizenzvergütung
prozentual zum Händlerabgabepreis des Tonträgers (vgl. Geyer, 2007, S. 126 f.).
Das aus diesen Bereichen erhobene Pauschalabgabenaufkommen wird anteilig ihres
Verkaufs- und Nutzungserfolgs in regelmäßigen Abständen an die Mitglieder ausge-
zahlt.
Des Weiteren werden die Zweitverwertungsrechte wie z. B. in Radiosendungen von
der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) wahrgenommen.
Die Verwertung einer rechtmäßig aufgenommenen und veröffentlichten Darbietung
kann nicht verboten werden, dem Rechteinhaber steht lediglich ein Anspruch auf an-
gemessene Vergütung zu. Radiosender müssen daher beispielsweise im Voraus keine
Genehmigungen zur Wiedergabe veröffentlichter CDs einholen, sondern erbringen
lediglich eine regelmäßige pauschale Vergütung an die GVL (vgl. Spiesecke, 2007, S.
115).
Nicht eindeutig ist bis heute die Rechtssituation im digitalen Bereich. Zum einen ist
der Rechteerwerb von über Landesgrenzen hinaus operierenden Download-
Plattformen problematisch, zum anderen führt die rechtliche Einordnung
verschiedener Online-Dienste (z.B. youTube) immer wieder zu Kontroversen. Per
Definition sind diese nämlich als Sendung zu betrachten und müssen demnach nur
die Zweitverwertung entsprechend vergüten. Da aber hierdurch die Notwendigkeit
der Erstverwertung reduziert wird, wird diese pauschale Vergütung oftmals als
unzureichend betrachtet. Man spricht hier in der Mediendiskussion auch von einer
Kannibalisierung der Erstverwertung (vgl. Berneike, 2007, S. 134 f.).
Zusammenfassend stellen die Verwertungsgesellschaften also vereinfacht gesehen
die rechtliche Schnittstelle zwischen den Musikschaffenden und ihren ,,Kunden" da.
Auf ökonomischer Seite entfällt diese Position auf die Plattenfirmen, die sog.
Musiklabel.

16
2.2.2
Musiklabel
Als Geschäftsmodell eines Musiklabels kann man ,,das Entdecken, Entwickeln und die
Vermarktung musikalischer Talente" (Briegmann/Jakob, 2008, S. 97) bezeichnen.
Dabei ist es zuerst einmal egal, ob es sich um ein kleines ,,Independent Label"
handelt oder um einen großen Musik-Major, der mehrere Labels unter sich vereint.
Die Hauptaufgaben lassen sich immer in die drei Bereiche Artist & Repertoire (A&R),
Marketing und Promotion sowie Vertrieb unterteilen.
2.2.2.1
Artist & Repertoire
Ausgansgspunkt des Wertschöpfungesprozesses einer Plattenfirma ist ihre A&R-
Politik. Sie ist unterteilt in die Komponenten ,,Artist", mit der die Künstlerauswahl
und Gestaltung des Künstlerimages beschrieben wird, und ,,Repertoire", welche die
Songauswahl und musikalische Gestaltung beinhaltet. Je nach Positionierunsgziel
kann eine Komponente dominieren. So steht bei einem langfristigen Künstleraufbau
die Personendimension im Vordergrund, während es bei einer kurzfristigen
Hitkreation vor allem auf die Auswahl eines starken Songs und einer populären
Produktionsweise ankommt. Auch im A&R-Prozess kann man zwei Vorgehensweisen
unterscheiden. Bei einem synthetischen Prozess werden sowohl Künstlerimage als
auch musikalischer Inhalt von dem Musiklabel konzipiert und umgesetzt. Hierbei liegt
in der Regel ein Künstler(exklusiv)vertrag, wie im vorigen Kapitel beschrieben, vor.
Im Gegensatz dazu ist die kreative Rolle bei einem organischen Prozess auf die Aus-
wahl bestehender Künstler beschränkt, welche als ,,Fertigprodukt" in einem Band-
übernahmevertrag übernommen werden (vgl. Engh, 2008, S. 104 ff.).
Output des A&R-Prozesses sind in beiden Fällen dann die sog. ,,Mastercopy" und das
Künstler-Image mit dazugehörigem Positionierungsplan. Langfristig ist vor allem eine
kluge Lizenzpolitik von essenzieller Bedeutung, um von den entsprechenden Verwer-
tungsrechten so effektiv wie möglich zu profitieren.
Dies ist auch insofern wichtig, da die Musikindustrie typischerweise mit einer enorm
hohen Flop-Quote zu wirtschaften hat (vgl. Cordes, 2007, S. 35). So muss der Erfolg
eines Top-Stars in der Regel 10 bis 15 wenig erfolgreiche Künstler kompensieren. Da
aber gerade diese Top-Seller heute verstärkt von der illegalen Musikbeschaffung be-
troffen sind (vgl. Zitzewitz, 2007, S. 238), die Lebenszyklen von Popstars tendenziell
immer kürzer werden und ihre Verhandlungspositionen trotzdem durch die neuen
Möglichkeiten zur Selbstvermarktung gestärkt werden, rückt der langfristige Aufbau
von Nachwuchskünstlern, mit umfassender Rechteverwertung, wieder in den Vorder-
grund der A&R-Arbeit
(vgl. Gmelin et al., 2008, S. 39).

17
Die Produkt- und Programmpolitik, unter welche zudem die Gestaltung des beste-
henden Artist Rosters (alle unter Vertrag stehenden Künstler) und die Auswertung
des Katalogs (Alben, an denen noch Leistungsrechte besessen werden) fällt, stellt
den wichtigsten Bereich einer Plattenfirma dar (vgl. Mahlmann, 2008, S. 138). Sind
diese strategischen Entscheidungen getroffen, obliegt die Ausführung im Folgenden
dem jeweils zugeordneten Product Manager. Dieser erstellt den Marketingplan und
koordiniert die Umsetzung der einzelnen Bereiche des Marketing-Mixes mit den
Fachabteilungen.
2.2.2.2
Marketing und Promotion
Im Rahmen der Produktpolitik müssen die Fragen nach dem Format (CD, SACD
12
,
DVD-Audio, MC, LP), der Angebotsbreite (physisch und/oder digital, verschiedene
Versionen/Formate) und dem jeweiligen Veröffentlichungsdatum in Absprache mit
dem Vertrieb geklärt werden. Die Veröffentlichungspolitik ist hierbei durch die Ein-
führung der sog. ,,Digital Only"-Single (= Download Track ohne physisches Äquiva-
lent) wesentlich komplexer geworden und bedarf besonderer Beachtung (vgl.
Mahlmann, 2008, S. 139 f.). Wurde früher eine Single typischerweise erst einige Wo-
chen nach Beginn der Radio- und Video-Rotation veröffentlicht, um sicherzustellen,
dass ein hoher Charts-Einstieg durch den bereits erreichten Bekanntheitsgrad erzielt
werden kann, so bietet sich heute gerade für Newcomer die Möglichkeit, erst test-
weise kostengünstig digital zu veröffentlichen und dann gegebenenfalls ein physi-
sches Äquivalent nachzureichen (vgl. Joppig, 2005, S. 96).
Im Rahmen der Preispolitik besteht für das Product Management meistens wenig
Spielraum, da bei den international agierenden Musiklabels ein Nettotiefstpreis (sog.
,,Rock Bottom") und eine Standard-Preiskategorie zentral vorgegeben werden. Die
Möglichkeiten von Rabatten oder Boni fallen hier in die Vertriebspolitik, welche ge-
sondert betrachtet werden soll.
Bedingt durch die Besonderheit des Produktes Musik, wodurch es sowohl als Werbe-
objekt, als auch als Programminhalt zu sehen ist, kommt den Medien eine Doppelrol-
le als Werbeträger und gleichzeitig als Abnehmer zu. Innerhalb der Plattenfirmen
wird dieser Dualität Rechnung getragen, indem man die Kommunikationspolitik typi-
scherweise in Promotion und ,,klassische" Werbung unterteilt.
,,Promotion entsteht als ,,ungekaufte Werbung" durch den Einsatz der Musikprodukte
im Medienbereich" (Mahlmann, 2008, S. 136). Sie soll den Künstler bzw. das Produkt
12
SACD=Super Audio Compact Disc.

18
nicht nur bekannt machen, sondern auch durch ihre emotionale Ansprache eine
Kauf-Motivation hervorrufen. Da das Marketing in der Musikindustrie immer strenge-
ren Budgetbeschränkungen unterliegt und die Aufmerksamkeit und Akzeptanz, die
durch Promotion erreicht wird, durch ,,klassische" Werbung so nicht geschaffen wer-
den kann (vgl. Reichert, 2007, S. 107 f.), liegt der Schwerpunkt der Kommunikati-
onspolitik in der Promotion. In den großen Musiklabels gibt es daher in der Regel
eine eigenständige Promotion-Abteilung, die nicht nach Künstlern sondern nach Me-
dien unterteilt ist und in enger Zusammenarbeit mit dem Product Management arbei-
tet.
Ziel der Promoter ist es, ein Maximum an medialem Output in ihrem entsprechenden
Medium zu erreichen. Dazu versuchen sie, zum Teil mit erheblichem Aufwand und
mit Hilfe von Zuwendungen (sog. Payola) bzw. Anreizen (z. B. Konzertkarten), ihre
Künstler in dem entsprechenden Programm zu platzieren (vgl. Peters, 2007, S. 251
ff.).
Das Massenmedium Radio eignet sich besonders gut als Promotion-Tool, da die Mu-
sik in der Regel das Zuwendungsmotiv des Hörers ist und diese repetitiv eingesetzt
wird. Allerdings kann man dies auch als Substitut für Musik auf Tonträgern verstehen
(vgl. Buhse, 2004, S. 37). Des Weiteren hat in der Vergangenheit eine Umstellung
hin zu Programm-Radioformaten stattgefunden, wodurch zwar die Ansprache der
richtigen Zielgruppen erleichtert, die eigentliche Platzierung aber erschwert wird. Die
Sender treffen ihre redaktionellen Entscheidungen meist aufgrund von Marktfor-
schungsdaten und Verkaufszahlen und unter geringerer Einflussnahme der Musikla-
bels.
Musikeinsätze im Fernsehen werden durch ihren audiovisuellen Charakter intensiver
wahrgenommen. Durch den wiederholten Videoeinsatz im Musikfernsehen stellt sich
zudem ein ähnlicher Effekt wie beim Radio ein. Allerdings sind Musikflächen mittler-
weile sehr begrenzt (vgl. Seifert, 2007, S. 75 f.) und es werden wesentlich mehr Vi-
deos produziert, als im Musikfernsehen zum Einsatz kommen. Mit allgemeiner Prä-
senz der Künstler in Sendungen zur ,,Primetime" in den Hauptsendern kann man
trotz gewisser Zielgruppenungenauigkeit gute Ergebnisse erreichen, da diese in der
Regel bewusst wahrgenommen und nicht nebenbei verfolgt werden, wie dies häufig
bei Radio und Musikfernsehen der Fall ist (vgl. Mahlmann, 2008, S. 147).
Die Durchschlagskraft von Printmedien ist eher begrenzt, da diese den wichtigsten
Aspekt des auditiven Produktes Musik, nicht wiedergeben können; daher werden sie

19
nur ergänzend zu TV- und Radio-Promotion eingesetzt und vor allem als Medium der
klassischen Werbung (z. B. Anzeigen in Magazinen) genutzt.
Auch in den anderen Medien findet klassische Werbung statt. Besonders hervorzuhe-
ben sind dabei Kooperationen mit branchenfremden Partnern, die z. B. Werbespots
mit Musik unterlegen und dabei einen Hinweis auf den Interpreten geben oder die
mit einem Musiker als für die Zielgruppe interessantem Testimonial
arbeiten (vgl.
Seifert, 2007, S. 79 f.) sowie Direct Marketing-Maßnahmen, bei denen potenzielle
Käufer direkt angesprochen werden. Besonders im Bereich des Online-Marketing bie-
ten sich hier viele Wege, Fan-Adressen zu sammeln und diese dann kostengünstig
mit Informationen (z. B. über Newsletter) zu versorgen.
Aber nicht nur im Bereich des klassischen Marketings bieten sich durch das Internet
neue Möglichkeiten. Laut Mahlmann wird das Internet schon bald das Radio in seiner
Bedeutung als Promotion-Instrument überholt haben (vgl. Mahlmann, 2008, S. 154
f.). Das Besondere am Promotion-Tool Internet ist, dass zusätzlich zu dem in Radio
und TV bewährten System ,,Content gegen Platzierung", durch das sog. ,,Web2.0"
weitere kostengünstige und glaubwürdige Wege der Musikpromotion entstanden
sind. Schon immer war es Ziel des Musikmarketings einen ,,Word of mouth"-Prozess
in Gang zu setzen. Bisher versuchte man dazu, Meinungsführer über die herkömmli-
chen Medien anzusprechen und in Streetteams, Fans in die Vermarktung zu integrie-
ren (vgl. Hall/Taylor, 2000, S. 174 f.), ohne gewährleisten zu können, dass diese
dann auch den gewünschten Endkonsumenten erreichten. Heute, in einer Zeit, da
jeder über sog. ,,Social Networks" vernetzt ist - schrieb der Guardian doch bereits
2006, dass MySpace das zehngrößte Land der Welt sei (vgl. Leonhard, 2008, S. 60) -
setzt sich dieser Prozess fast automatisch in Bewegung. ,,Word of mouth is now a
public conversation, carried in blog comments and customer reviews" ­ Chris
Anderson (Leonhard, 2008, S. 90). Die stattfindende Machtverschiebung hin zum
Konsumenten kann also auf Seite des Musikmarketings durchaus als eine Chance
gesehen werden. So zeigt die Studie "The Impact of Social Networks on Music Com-
merce" (vgl. Olswang, 2007, S. 8)
den steigenden Einfluss der Social Networks auf
die Entdeckung und den Kauf von Musik. 69% der in dieser Untersuchung befragten
Teenager nutzen YouTube und sogar 77% von ihnen sind auf MySpace aktiv. Da-
durch ergibt sich für Russell Hart, Chief Executive of Entertainment Media Research
unternehmerisches Potenzial:

20
,,Social networks are fundamentally changing the way we discover, purchase,
and use music. The dynamics of democratisation, word of mouth
recommendation, and instant purchase challenge the established order and
offer huge opportunities to forward-thinking businesses."
(Leonhard, 2008, S. 185)
Betrachtet man abschließend den Anteil der unterschiedlichen Medien am Erfolg ei-
nes Tonträgers, so findet auch hier eine Verschiebung hin zu den Neuen Medien
statt. Schrieb man Mitte der 80er Jahre dem Radio noch einen Anteil von gut 70,
dem Fernsehen von 20 und der Presse von 10 Prozent zu, so wurden 1993 schon 70
Prozent dem Fernsehen und nur noch 20 Prozent dem Radio zugeordnet (vgl.
Zitzewitz, 2007, S. 239 f.). Heute müsste dieses Verhältnis wieder ganz anders aus-
sehen. Kapitel 3.2.2.1
zeigt hierzu später die genauen ,,Sources of Awareness" beim
Musikkauf. Es lässt sich an dieser Stelle aber auf jeden Fall sagen, dass das Internet
als unterstützendes Medium, also für Hintergrundinformationen und Fan-
Kommunikation, bereits nicht mehr wegzudenken ist (vgl. Zitzewitz, 2007, S. 241)
und auch dabei ist, als aktives Promotion-Tool aufgrund des Potenzials des Web 2.0
die anderen Medien zu überholen.
2.2.2.3
Vertrieb
Alle Marketingmaßnahmen können nur erfolgreich sein, wenn in der Folge auch die
Ware zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort verfügbar ist und der Konsument sie
dort auch wahrnimmt. Dies zu gewährleisten ist Aufgabe des Vertriebs. Er unter-
scheidet hierbei zwei Verkaufsziele, zum einen den ,,Hineinverkauf" in den Handel
(Platzierung), zum anderen den ,,Herausverkauf" aus dem Handel an den Konsumen-
ten, die sog. ,,Over the Counter"-Sales (vgl. Mahlmann, 2008, S. 160). Wie bereits
erwähnt sind die preispolitischen Maßnahmen der Plattenfirmen meist beschränkt.
Bedingt durch die Struktur des Tonträgerhandels in Deutschland (siehe 2.2.3.1) und
den Kampf um die abnehmenden Regalflächen, kommt dem Handel eine große Ver-
handlungsmacht zu und umfangreiche Rabatte sind keine Seltenheit. Zudem verkau-
fen die großen Handelsketten Top-Erscheinungen zum Teil unter dem Händlerabga-
bepreis, was oftmals zu einem falschen Preisempfinden bei den Käufern führt. Ältere
Produkte werden daraufhin als überteuert empfunden, da sie erheblich über dem
Preis der unter dem Wert verkauften, aktuellen Artikel liegen. Außerdem ist man
auch auf die Kooperation des Handels im PoS-Marketing angewiesen, welches eine
große Rolle für die Kaufentscheidung der Konsumenten spielt.
Der kostengünstigere digitale Vertrieb bietet daher eine neue Chance für die Platten-
firmen, da quasi ,,unbegrenzter Regalplatz" zur Verfügung steht, teure Retouren

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2009
ISBN (eBook)
9783842810655
DOI
10.3239/9783842810655
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Marketing
Erscheinungsdatum
2011 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
musikkonsum musikmarketing digitalisierung konsumentenverhalten download
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Der digitale Musikkonsument
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