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Preisblasen auf Immobilienmärkten und die Rolle der Geldpolitik

©2008 Diplomarbeit 106 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘The surprise of recent months is not that global economic growth is slowing, but that there is any growth at all. The credit crunch of the past year has not followed the path of recent economically debilitating episodes characterised by a temporary freezing up of liquidity – 1982, 1989, 1997-8 come to mind. This crisis is different – a once or twice a century event deeply rooted in fears of insolvency of major financial institutions.’
Mit diesen deutlichen Worten verleiht Greenspan, in einem Artikel für die Financial Times vom 4. August diesen Jahres, seiner Sorge über die aktuelle Finanzkrise Ausdruck. Die anhaltende Krise, ausgelöst durch die Ausfälle von Hypothekenkrediten auf dem Subprime-Markt in den USA, hat die wissenschaftliche Diskussion über die Bedeutung des Wohnimmobilienmarktes für die Wirtschaft als Ganzes, über die Ursachen und Folgen von Preisblasen auf diesen Märkten, und über den Einfluss der Geldpolitik neu entfacht und in die Öffentlichkeit getragen. Die Aktualität, sowie das wissenschaftliche und öffentliche Interesse an der Thematik, lassen sich an der Anzahl und den Erscheinungsdaten der in dieser Arbeit zitierten Veröffentlichungen und an seiner medialen Präsenz ablesen.
In der folgenden Arbeit wird in Kapitel 2 die aktuelle Lage auf den Märkten für Wohnimmobilien in 18 Ländern dargestellt und diese im Hinblick auf die Bildung von Preisblasen untersucht. Im anschließenden Kapitel werden die möglichen Ursachen für die Entstehung von Immobilienblasen und im vierten Kapitel die Folgen einer platzenden Immobilienblase für die Finanzmärkte und die Wirtschaft erörtert. Abschließend werden die Möglichkeiten der Geldpolitik, die Entstehung und Folgen solcher Blasen zu verhindern bzw. zu lindern, diskutiert. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Abbildungs- und TabellenverzeichnisIII
AbkürzungsverzeichnisIV
1.Einleitung1
2.Analyse der Immobilienpreise2
2.1Preisbewertung auf Immobilienmärkten2
2.1.1Identifikationsprobleme bei Preisblasen2
2.1.2Bedeutung des Immobilienmarktes5
2.1.3Betrachtung der aktuellen Preisentwicklungen6
2.2Identifizierung der Immobilienblase9
2.2.1Vergleich der Preise mit Einkommen und Mieten9
2.2.2Anwendung der User Cost of Housing13
2.2.3Ergebnisse Ökonometrischer Untersuchungen16
2.2.4Einzelbetrachtungen veränderlicher Einflussfaktoren18
2.2.5Stimmung der Käufern als Indiz für eine Blase20
2.3Zusammenfassung der Ergebnisse21
3.Ursachen der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Maximilian Brauers
Preisblasen auf Immobilienmärkten und die Rolle der Geldpolitik
ISBN: 978-3-8428-1042-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland,
Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

I
Inhaltsverzeichnis
_________________________________________________________
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis...III
Abkürzungsverzeichnis...IV
1
Einleitung ...1
2
Analyse der Immobilienpreise...2
2.1
Preisbewertung auf Immobilienmärkten ...2
2.1.1 Identifikationsprobleme bei Preisblasen ...2
2.1.2 Bedeutung des Immobilienmarktes...5
2.1.3 Betrachtung der aktuellen Preisentwicklungen ...6
2.2
Identifizierung der Immobilienblase ...9
2.2.1 Vergleich der Preise mit Einkommen und Mieten ...9
2.2.2 Anwendung der User Cost of Housing ...13
2.2.3 Ergebnisse Ökonometrischer Untersuchungen ...16
2.2.4 Einzelbetrachtungen veränderlicher Einflussfaktoren ...18
2.2.5 Stimmung der Käufern als Indiz für eine Blase ...20
2.3
Zusammenfassung der Ergebnisse ...21
3
Ursachen der Immobilienblase ...22
3.1
Ausweitung der Geld- und Kreditmenge ...22
3.1.1 Geldschöpfung und Geldmengenwachstum...24
3.1.2 Geldangebot und Vermögenspreise ...27
3.1.3 Globale Ungleichgewichte und Savings Glut ...28
3.1.4 Verbriefung von Hypotheken...30
3.2
Strukturen des Kreditmarktes...34
3.2.1 Deregulierung und Innovation ...34
3.2.2 Disaster Myopia ...36
3.2.3 Perverse Incentives...37
3.3
Strukturen des Marktes für Vermögensgüter ...39

Inhaltsverzeichnis
- II -
3.4
Kulturelle und psychologische Erklärungsansätze...41
3.4.1 New Era Story und Feedback Mechanism ...41
3.4.2 Herd Behaviour und Greater Fool Theory ...43
4
Folgen der Immobilienblase ...46
4.1
Entstehung einer Finanzkrise ...46
4.2
Folgen der Finanzkrise für Investition und Konsum...48
4.3
Vermögenseffekte auf die Investitionstätigkeiten...49
4.4
Vermögenseffekte auf den privaten Konsum...50
4.4.1 Der traditionelle Wohlstandseffekt ...50
4.4.2 Liquidierung von Wohneigentum ...51
4.4.3 Verrentung von Wohneigentum ...53
4.5
Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen ...54
5
Handlungsmöglichkeiten der Geldpolitik ...56
5.1
Einführung eines Vermögenspreisindizes...56
5.2
Präventive Maßnahmen...57
5.3
Umgang mit den Folgen...58
6
Zusammenfassung...61
Anhangsverzeichnis...VI
Anhang...VII
Literaturverzeichnis...XX

Inhaltsverzeichnis
-
III
-
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung I: Entwicklung der realen Immobilienpreise 1970 - 2008...6
Abbildung II: Preis-Miete- und Preis-Einkommens-Verhältnisse 1970 - 2008. ...10
Abbildung III: Ausstehende Hypothekenschulden in Prozent des BIP...23
Abbildung IV: Leistungsbilanzen in Mrd. USD. Für Großbritannien in Mrd. Pfund. ...29
Abbildung V: Jährliche Ausgabe von RMBS in Mrd. EUR, bzw. in Mrd. USD. ...32
Tabelle I: Geschätzte Überbewertung an Hand der User Cost of Housing...15

Inhaltsverzeichnis
- IV -
Abkürzungsverzeichnis
A
ABS
Asset Backed Securities
ARM Adjustable
Rate
Mortgage
B
BBR
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Bd. Band
BIP Bruttoinlandsprodukt
BIS
Bank for International Settlement
BIZ
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
C
CBO
Congressional Budget Office
CMBS
Commercial Mortgage Backed Securities
E
EMF
European Mortgage Federation
et al.
et alteri
EUR Euro
EURIBOR
European Interbank Offered Rate
EZB Europäische
Zentralbank
F
FED
Federal Reserve System
FHA
Federal Housing Administration
FSA
UK Financial Services Authority
G
GB Großbritannien
H
HEW
Housing Equity Withdrawal
HUD
US Department of Housing and Urban Development

Inhaltsverzeichnis
- V -
I
i.H.v.
in Höhe von
ILO
International Labour Organization
IMF
International Monetary Fund
IWF Internationaler
Währungsfonds
L
LIBOR
London Interbank Offered Rate
M
MBS
Mortgage Backed Securities
MEW
Mortgage Equity Withdrawal
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
O
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development.
R
rd. rund
RMBS
Residential Mortgage Backed Securities
S
SIFMA
Securities Industry and Financial Markets Association
U
USD US-Dollar

Einleitung
- 1 -
1
Einleitung
"The surprise of recent months is not that global economic growth is slow-
ing, but that there is any growth at all. The credit crunch of the past year
has not followed the path of recent economically debilitating episodes
characterised by a temporary freezing up of liquidity ­ 1982, 1989, 1997-8
come to mind. This crisis is different ­ a once or twice a century event
deeply rooted in fears of insolvency of major financial institutions."
1
Mit diesen deutlichen Worten verleiht Greenspan, in einem Artikel für die Fi-
nancial Times vom 4. August diesen Jahres, seiner Sorge über die aktuelle Fi-
nanzkrise Ausdruck. Die anhaltende Krise, ausgelöst durch die Ausfälle von
Hypothekenkrediten
2
auf dem Subprime-Markt
3
in den USA, hat die wissen-
schaftliche Diskussion über die Bedeutung des Wohnimmobilienmarktes
4
für
die Wirtschaft als Ganzes, über die Ursachen und Folgen von Preisblasen auf
diesen Märkten, und über den Einfluss der Geldpolitik neu entfacht und in die
Öffentlichkeit getragen. Die Aktualität, sowie das wissenschaftliche und öf-
fentliche Interesse an der Thematik, lassen sich an der Anzahl und den Er-
scheinungsdaten der in dieser Arbeit zitierten Veröffentlichungen und an seiner
medialen Präsenz ablesen.
5
In der folgenden Arbeit wird in Kapitel 2 die aktuelle Lage auf den Märkten für
Wohnimmobilien in 18 Ländern dargestellt und diese im Hinblick auf die Bil-
dung von Preisblasen untersucht. Im anschließenden Kapitel werden die mögli-
chen Ursachen für die Entstehung von Immobilienblasen und im vierten Kapi-
tel die Folgen einer platzenden Immobilienblase für die Finanzmärkte und die
Wirtschaft erörtert. Abschließend werden die Möglichkeiten der Geldpolitik,
die Entstehung und Folgen solcher Blasen zu verhindern bzw. zu lindern, dis-
kutiert.
1
Greenspan (2008), S. 1.
2
Hypothek (griechisch): ,,eine Geldforderung zur Sicherheit mit einem Grundstück unterlegen"
Mändle/Galonska S. 440 und vgl. auch BGB §§1113 ff.
3
Subprime-Markt: Markt für Kreditnehmer mit geringer Bonität. Vgl. Heike/Mago (2005) S. 2.
4
Immobilien: ,,Grundstücke und Gebäude. [...] Wohnungsimmobilien lassen sich unterschei-
den nach Wohnraum zur Selbstnutzung und Wohnraum zur Vermietung" Mändle/Galonska S.
447. Der Begriffe Immobilie wird fortan im Sinne von Wohnimmobilie benutzt.
5
Z.B.: über 2000 Artikel zu ,,Housing Bubble" im Onlinearchiv der Financial Times.

Analyse der Immobilienpreise
- 2 -
2
Analyse der Immobilienpreise
2.1
Preisbewertung auf Immobilienmärkten
In diesem Abschnitt werden die aktuellen Preisentwicklungen auf den Märkten
für Wohnimmobilien im Vergleich zu ihren historischen Verläufen betrachtet.
Um die Preisentwicklungen bewerten zu können, werden zunächst der Prozess
der Preisbildung und der Begriff ,,Preisblase"
6
erläutert und die wirtschaftliche
Bedeutung des Immobilienmarktes eingeordnet.
2.1.1
Identifikationsprobleme bei Preisblasen
Während Konsumgüter gekauft werden, um aus ihrem Ver- und Gebrauch un-
mittelbar Nutzen zu ziehen, werden Vermögensgüter vornehmlich gekauft, um
ein Einkommen zu generieren.
7
Als die wichtigsten Vermögensgüter werden
Aktien, Anleihen, Wohn- und Gewerbeimmobilien unterschieden und meist
unter dem Begriff Asset oder Anlage in der Literatur zusammengefasst.
8
Die Preisbildung von Vermögensanlagen beschreibt Keynes (1937) in The Ge-
neral Theory of Employment:
"The prices of capital-assets move until, having regard to their pro-
spective yields and account being taken of all those elements of doubt
and uncertainty [...], they offer an equal apparent advantage to the
marginal investor who is wavering between one kind of investment and
another."
9
Der fundamentale Wert eines Vermögensgegenstandes wird also im Wesentli-
chen von zwei Faktoren bestimmt. Erstens: von den zu erwartenden Erträgen
aus dem Halten des Vermögensgegenstandes, wie z.B. bei Häusern die Mieter-
6
Eine der ältesten ökonomischen Definitionen für den Begriff Blase (engl. Bubble) findet sich
nach Garber (1990) in Palgraves Dictionary (1926), S. 181 : ,,any unsound commercial under-
taking accompanied by a high degree of speculation." Zitiert aus Garber (1990), S. 36.
7
Vgl. Bollard (2004), S. 1.
8
Vgl. Mussa (2003), S. 41 und Schütz et al. (2008), S. 1ff.
9
Keynes (1937), S. 217.

Analyse der Immobilienpreise
- 3 -
träge, zweitens: aus dem mit der Anlage verbundenem Risiko
10
im Vergleich
zu Ertrag und Risiko einer alternativen Anlage, z.B. einer Staatsanleihe
11
.
Vermögenswerte sind zukunftsgerichtete Größen, deren Preise den Gegen-
wartswert der erwarteten und damit unsicheren Ertragsströme eines Vermö-
gensgegenstandes widerspiegeln.
12
Daraus ergeben sich zwei Schwierigkeiten bei der Berechnung und Prüfung
von Vermögenspreisen. Diese liegen zum einen in der Prognose der zukünfti-
gen Erträge, einschließlich des Wiederverkaufswertes, und zum anderen in der
Wahl eines angemessenen Diskontierungszinses
13
, der das relative Risiko einer
Anlage widerspiegelt.
14
Die besonderen Eigenschaften des Gutes Immobilie,
ihre Langlebigkeit
15
, verbunden mit einer geringen Transaktionshäufigkeit
16
,
ihre Heterogenität
17
sowie die schwache Informationseffizienz des Marktes
18
erschweren die Wertermittlung zusätzlich.
19
Verändern sich die Preise von Vermögensgütern, weil sich ihre zukünftige Er-
tragsentwicklung und Risikostruktur ändern, sind die Preisanpassungen funda-
mental gerechtfertigt.
20
Eine Reihe historischer Beispiele großer Vermögens-
preisbewegungen, die fundamental nicht gerechtfertigt waren, finden sich bei
Kindleberger (1978) in seinem Buch Maniacs, Panics and Crashes. Diese Bei-
spiele zeigen, dass Preise auf Vermögensmärkten, wie Aktien oder Immobilien,
10
Risiko hier: erwartete Streuung der Erträge bzw. Rendite. Vgl. Francke (2005), S. 289.
11
Staatsanleihe: Wertpapier von Öffentlicher Hand, festverzinslich. Vgl. Müncks (1970), S. 1.
12
Vgl. Wöhle (2005), S. 209.
13
Der Diskontierungszins kann als Vergleichszins betrachtet werden. Er setzt sich aus einem
risikolosen Basiszins (als Maß dient meist der Zins im Interbankengeldverkehr, z.B. LIBOR,
EURIBOR), einem Inflationsaufschlag (für erwartete Inflation) und einer Risikoprämie, die die
Ertragsunsicherheit im Vergleich zu Alternativanlagen widerspiegelt, zusammen. Vgl. Adams
et al. (2001), S. 120f , Wöhe (2000) S. 776f. und Black et al. (2006), S. 1536.
14
Vgl. Stiglitz (1990), S. 13.
15
Die Lebensdauer liegt bei Wohnhäusern bei 60 bis 100 Jahren. Vgl. Kleiber (2006), S. 150.
16
In Deutschland wechselt ca. 1% des Bestandes im Jahr den Eigentümer. Vgl. Anhang A.
17
Die Lage ist einzigartig, Häuser sind nicht exakt reproduzierbar. Vgl. Nietzsch (2005), S. 65.
18
Informationseffizienz beschreibt die Fähigkeit des Marktes Informationen zu verarbeiten und
diese in den Preisen der Güter wiederzugeben. Vgl. Fama (1970), S. 383.
19
Vgl. Francke (2005), S. 292f.
20
Die Schwierigkeiten liegen in der Erfassung und Quantifizierung aller möglicher Einfluss-
faktoren auf die Ertrags- und Risikostruktur. Vgl. Ahearne et al. (2005), S. 2.

Analyse der Immobilienpreise
- 4 -
durch die Nachfrage einer wachsenden Zahl von Investoren in die Höhe getrie-
ben werden, die hoffen ihre Gewinne nicht so sehr aus den zukünftigen Erträ-
gen, sondern vielmehr aus steigenden Wiederverkaufspreisen zu erzielen. Die
Marktwerte steigen über die fundamental gerechtfertigten Preise.
21
Wenn sich
der Preisanstieg verlangsamt und die Investoren diese Tendenz erkennen,
kommt es zu einem Rückgang der Nachfrage. Schließlich platzt die Preisspe-
kulation wie eine Seifenblase.
22
Der Begriff ,,Blase", bzw. ,,Preisblase" wird in der neueren Literatur und in
dieser Arbeit gemäß der Definition von Stiglitz (1990) angewendet:
,,[...] if the reason that the price is high today is only because investors
believe that the selling price will be high tomorrow ­ when `fundamen-
tal' factors do not seem to justify such a price ­ then a bubble exists."
23
Eine spekulative Blase ist durch einen hohen und meist raschen Preisanstieg
der Spekulationsobjekte
24
und dem anschließenden Preisverfall gekennzeich-
net. Der starke Preisverfall grenzt eine Blase von einem Boom ab.
25
Aus dieser
Definition ergeben sich zwei Probleme. Erstens: Blasen können erst ex post
eindeutig identifiziert werden, d.h. nachdem sie geplatzt sind,
26
zweitens: alle
Blasen platzen.
27
Je volkswirtschaftlich bedeutender die von einer Preisblase betroffene Anlage-
klasse ist, desto größere realwirtschaftliche Folgen sind durch das Platzen der
Blase zu erwarten.
28
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Anla-
geklassen, lässt sich an Hand ihres Anteils am Gesamtvermögen einer Volks-
wirtschaft einordnen.
21
Vgl. Kindleberger (1978) S. 16f.
22
Vgl. Galbraith (1963), S. 68 und Shiller (2003), S. 35.
23
Stiglitz (1990) S. 13.
24
Es gibt zwei Charakteristika für Spekulationsobjekte. Für sie muss die Möglichkeit der Wei-
terveräußerung bestehen und das Angebot kurzfristig unelastisch sein, d.h. das Angebot kann
nicht der Nachfrage entsprechend ausgeweitet werden. Vgl. Tirole (1982), S. 1163f.
25
Vgl. Garber (2000), S. 7.
26
Vgl. Bhattacharya/Yu, (2008) S. 1 und Ahearne et al. (2005), S. 2.
27
Zur Problematik der Definition von Blasen, vgl. O'Hara (2008), S. 11ff.
28
Vgl. Case et al. (2005) S. 1, Detken/Smets (2004), S. 13 und Helbling/Terrones (2003) S. 68.

Analyse der Immobilienpreise
- 5 -
2.1.2
Bedeutung des Immobilienmarktes
Schätzungen zufolge liegt der Anteil von Immobilienvermögen am Gesamt-
vermögen der privaten Haushalte im Eurowährungsgebiet bei 60%.
29
In
Deutschland sind knapp 50% des Vermögens der privaten Haushalte in Immo-
bilien gebunden. Der Anteil von Immobilien allein am Realvermögen, das auch
langlebige Konsumgüter, Aktien und Rohstoffe umfasst, nicht aber Geld und
Anleihen, liegt bei rund 60% bis 70%.
30
In den USA hat ein durchschnittlicher
Haushalt sechsmal mehr Vermögen in einem Wohnobjekt angelegt als in Akti-
en.
31
Nach Schätzungen des Bureau of Economic Analysis (2008) beläuft der
Wert der rd. 129 Mio. Wohneinheiten in den USA auf über 17 Billionen US-
Dollar.
32
Für eine Privatperson ist das Eigenheim in der Regel die größte Investition, die
sie in ihrer Lebenszeit vornimmt.
33
Die Wohneigentumsquote, das Verhältnis
der von Eigentümern selbst bewohnten Wohnungen zu der Gesamtzahl der
Wohnungen, liegt in den USA und im Durchschnitt der 27 EU-Staaten bei
67%.
34
Damit sind rund zwei Drittel aller Haushalte in Europa und den USA
als Eigentümer direkt am Immobilienmarkt beteiligt.
35
Deutschland bildet hier
mit der niedrigsten Wohneigentumsquote aller EU Staaten, in Höhe von rd.
43%, die Ausnahme.
36
Diese Zahlen können einen Eindruck der herausragenden Rolle von Immobi-
lien für die Volkswirtschaft als Ganzes und für den einzelnen vermitteln. Im-
mobilien unterscheiden sich aber auch wesentlich von anderen Vermögensge-
genständen bezüglich ihrer qualitativen Merkmale. Sie dienen einem Grundbe-
29
Vgl. EZB (2006), S. 51.
30
Vgl. Anhang
B.
31
Vgl. Brounen et al. (2006), S. 3.
32
Vgl. Bureau of Economic Analysis (2008).
33
Laut Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (2003) verfügen die bundesdeutschen Haus-
halte im Durchschnitt aller Haushalte über ein Nettoimmobilienvermögen von 191.000 EUR.
Das Haushaltsnettoeinkommen lag bei rund 34.000 EUR/Jahr.
34
Vgl. EMF (2007), S. 42 und U.S. Consensus Bureau (2008).
35
Gilt unter der Annahme, dass, abgesehen von Obdachlosen, die Gesamtzahl der Haushalte
ungefähr der Gesamtzahl der Wohneinheiten entspricht. In Deutschland kommen auf knapp 40
Mio. Haushalte knapp 40 Mio. Wohneinheiten. Vgl. Statistisches Bundesamt (2008).
36
Vgl. EMF (2007), S. 51.

Analyse der Immobilienpreise
dürfnis: dem Wohnen.
37
Konsumverzicht auf diesem Markt ist nicht möglich.
Immobilienpreise beeinflussen bei gegebener Budgetrestriktion alle weiteren
Märkte für Vermögen, Güter und Dienstleitungen.
,,Die Immobilie [kann], verglichen mit anderen Produktionsfaktoren, als
Basisfaktor begriffen werden; denn Immobilien sind die Grundlage hu-
maner Existenz und damit aller anderen Kapitalbildung."
38
2.1.3
Betrachtung der aktuellen Preisentwicklungen
In untenstehender Abbildung I sind die Bewegungen der Immobilienpreise für
18 Länder der letzten 38 Jahre dargestellt.
39
Die realen Immobilienpreise wer-
den mittels eines Index mit dem Wert 100 für das Basisjahr 1995 abgebildet.
Zur Ermittlung der realen Preise wurden die nominellen Immobilienpreise
durch einen Verbraucherpreisindex
40
geteilt, um so inflationsbereinigte Preis-
bewegungen erfassen zu können.
41
Abbildung I: Entwicklung der realen Immobilienpreise 1970 ­ 2008. Index: 1995 = 100.
0
50
100
150
200
250
300
350
400
1970 197
2
1974 1976 1978 1980 1982 1984 198
6
1988 19
90
1992 19
94
1996 19
98
2000 20
02
2004 2006 200
8
Irland
Großbritannien
Norwegen
Dänemark
Spanien
37
Vgl. Maslow (1943), S. 370f.
38
Francke (2005), S. 287.
39
Ausführliche Erklärungen zu den Quellen für die einzelnen Länder finden sich in Anhang C.
40
Der Verbraucherpreisindex erfasst, die durchschnittlichen Preisbewegungen von Dienstleis-
tungen und Konsumgütern, nicht aber von Sachvermögen wie Immobilien. Vgl. ILO (2008).
41
Vgl. OECD (2005), S. 124.
- 6 -

Analyse der Immobilienpreise
0
50
100
150
200
250
1970 197
2
1974 1976 1978 1980 1982 1984 198
6
1988 19
90
1992 19
94
1996 19
98
2000 20
02
2004 2006 200
8
Schweden
Niederlande
Neuseeland
Finnland
Frankreich
0
50
100
150
200
250
197
0
197
2
1974 1976 1978 1980 1982 19
84
19
86
198
8
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 20
04
2006 2008
Australien
Kanada
USA
Italien
0
50
100
150
200
250
197
0
19
72
197
4
1976 197
8
1980 1982 1984 1986 198
8
1990 199
2
1994 19
96
1998 2000 2002 2004 20
06
2008
Schweiz
S. Korea
Deutschland
Japan
Quelle: OECD (2008), Paris. Eigene Darstellung.
Für die Zeit zwischen 1970 und 1995 lässt sich für die meisten Länder ein wel-
lenförmiger Verlauf und partiell ein leichter Anstieg der realen Preise beobach-
ten. Die Wellenbewegungen entstehen durch Verzögerungen in den Anpas-
sungsprozessen von Angebot und Nachfrage, die für zyklische Märkte typisch
sind.
42
Die Preise für Bestand und Neubauten reagieren in der Regel erst nach
42
Vgl. Wernecke/Rottke (2006), S. 79.
- 7 -

Analyse der Immobilienpreise
- 8 -
einer Anpassung der Mieten auf eine veränderte Nachfrage.
43
Anschließend
kann das Angebot, bedingt durch Knappheit von Bauland, behördliche Regu-
lierungen und bautechnische Beschränkungen, auch nur verzögert angeglichen
werden.
44
Die Nachfrage wird im Wesentlichen durch veränderliche Einkom-
mens- und Bevölkerungsentwicklungen bestimmt.
45
Zusätzlich können auch
globale Faktoren wie Weltkonjunktur und niedrige Realzinsen wichtige Ursa-
chen für Immobilienpreiszyklen sein.
46
Seit Mitte der Neunziger Jahre sind die Preise in fast allen erfassten Ländern
stark gestiegen. Die größten Zuwächse haben Irland mit einer Vervierfachung
der Preise sowie Großbritannien, Norwegen, Dänemark und Spanien erfahren.
In diesen Ländern stieg der Preisindex auf knapp 220 bis 270 Punkte (Index:
Basisjahr 1995 = 100). Das Preisniveau hat in Schweden, den Niederlanden,
Neuseeland, Finnland, Frankreich, Australien, Kanada, USA und Italien eben-
falls historische Höchststände erreicht. In der Schweiz und in Südkorea sind
die Preise in den letzten Jahren unverändert geblieben, lediglich in Deutschland
und Japan sind sie leicht rückläufig.
Spätestens seit dem Jahr 2006 zeichnet sich eine Trendwende in der Preisent-
wicklung für Irland, USA, Spanien, Großbritannien, Niederlande und Däne-
mark ab. Nicht nur in den USA sondern auch in Spanien und Großbritannien
sind die Folgen des Preisverfalls bereits deutlich sichtbar.
47
Bei näherer Betrachtung der Grafiken fällt auf, dass sich die Preisanstiege seit
Mitte der Neunziger von den vorangegangen Wellenbewegungen in drei wich-
tigen Punkten erheblich unterscheiden. Erstens, die Preise sind in 14 Ländern
auf historische Höchststände gestiegen. Zweitens, die Boomphase ist mit einer
Dauer von bis zu zehn Jahren doppelt solange als in vergangenen Zyklen.
48
43
In Deutschland unterliegen die Mieten hohen gesetzlichen Regulierungen. Vgl. §535ff BGB,
insbesondere §549ff BGB.
44
Vgl. Wernecke/Rottke (2006), S. 79.
45
Vgl. Evans/Hartwich (2005), S. 2.
46
Vgl. Otrok/Terrones (2005), S. 1f.
47
Vgl. Kapitel 4.
48
Case und Shiller (2003), sehen in dem Anstieg, den sie für die USA verzeichnen ,,at least
one aspect of a housing bubble." Case/Shiller (2003), S. 300.

Analyse der Immobilienpreise
- 9 -
Und drittens, die Entwicklung der Preise in den verschiedenen Ländern ist seit
Mitte der neunziger Jahre auffallend gleichläufig.
49
2.2
Identifizierung
der Immobilienblase
2.2.1
Vergleich der Preise mit Einkommen und Mieten
Das Preis-Einkommens-Verhältnis, bei dem der nominale Immobilienpreis ins
Verhältnis zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen gesetzt wird, ist ein
weit verbreitetes Maß für die Affordability
50
, die Erschwinglichkeit von Häu-
sern.
51
In der Literatur zu Immobilienmärkten war Weicher im Jahr 1977 einer
der ersten, der diese Kennzahl bei der Bewertung von Neubauten in den USA
angewandt hat.
52
Liegt das Preis-Einkommens-Verhältnis über dem langfristi-
gen Durchschnitt, kann dies auf ein Überhitzen des Marktes hindeuten.
53
Weil
die Höhe der Zahlungen, die ein Käufer für ein Haus entrichten kann von der
Höhe seines Einkommens abhängen, können zukünftig immer weniger poten-
tielle Käufer auf dem Markt aktiv werden.
54
Die Nachfrage geht zurück und
die Preise müssen wieder sinken.
55
Das Maß der Erschwinglichkeit kann als ein
erster Anhaltspunkt für die Interpretation der aktuellen Preisentwicklungen
dienen.
56
In Abbildung III ist das Verhältnis von nominalen Immobilienpreisen
zum verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen für 18 Länder dargestellt.
Die gleiche Grafik enthält auch das Preis-Miete-Verhältnis. Für die Berech-
nung werden die nominalen Hauspreisindizes durch den Anteil der Mieten an
49
Ursache des Gleichlaufs der Preise, könnte eine zunehmend einheitliche Geldpolitik und die
Deregulierung der Finanzmärkte sein. Vgl. Terrones (2004), S. 80 sowie Kapitel 3.1 und 3.2.
50
Mit dem Begriff wird manchmal auch das Verhältnis von Zinslast zu Einkommen bezeich-
net, Ziel beider Ansätze ist es die Erschwinglichkeit, bzw. Finanzierbarkeit von Häusern zu
erfassen. Vgl. Belke/Wiedmann (2005), S. 15 und Del Negro/Otrok (2006), S. 1977.
51
Vgl. Weicher (1977), S. 209f.
52
Vgl. Brounen et al. (2006), S. 9.
53
Eine Untersuchung zu den Bestimmungsgründen für Häuserpreise ergab ,,the single most
important determinant of real house prices is real income." Holly/Jones (1997), S. 549.
54
Vgl. DiPasqual/Wheaton (1992), S. 182.
55
Vgl. OECD (2005), S. 127.
56
Vgl. Shelburne/Palacin (2006), S. 10 und Cardarelli et al. (2008), S. 11.

Analyse der Immobilienpreise
-
10
-
den Verbraucherpreisindizes geteilt. Diese Bewertungsmethode folgt einem
Asset-Pricing-Ansatz aus der Finanzwirtschaft.
57
In Analogie zum Aktien-
markt und der Dividendenrendite
58
oder dem Kurs-Gewinn-Verhältnis lässt
sich auf dem Immobilienmarkt das Preis-Miete-Verhältnis als Bewertungsme-
thode für die Preisentwicklung anwenden.
59
Ein starker Anstieg kann als ein
Indiz für ein Überhitzen des Marktes und als Zeichen einer Blase interpretiert
werden.
60
Die Preise werden von Käufern nicht mehr in Erwartung der zukünf-
tigen Einnahmen, bzw. Mietersparnisse, sondern in Hoffnung auf weitere
Preissteigerungen gezahlt. Bald aber entscheiden sich potentielle Käufer wie-
der dafür Mietverhältnisse einzugehen, die Nachfrage geht zurück und die
Kaufpreise geraten unter Druck.
61
Die in Abbildung II dargestellten Indizes
geben die Abweichungen vom langfristigen Durchschnitt (=100) wieder.
Abbildung II: Preis-Miete- und Preis-Einkommens-Verhältnisse 1970 - 2008.
Spanien
0
50
100
150
200
197
0
197
2
197
4
19
76
197
8
19
80
19
82
198
4
19
86
198
8
19
90
199
2
199
4
199
6
199
8
200
0
200
2
200
4
200
6
200
8
Preis-Miete-Verhältnis
Preis-Einkommens-Verhältnis
Irland
0
50
100
150
200
197
0
19
72
197
4
197
6
19
78
19
80
198
2
19
84
198
6
198
8
19
90
199
2
199
4
199
6
199
8
200
0
200
2
200
4
200
6
200
8
Preis-Miete-Verhältnis
Preis-Einkommens-Verhältnis
57
Vgl. Scott (2000), S. 167.
58
Dividendenrendite: Dividende/Kurs, vgl. Gabler (2001).
59
Vgl. Krainer/Wei (2004), S. 1 und Leamer (2002), S. 1.
60
"The view that a low rent-price ratio indicates that house prices could be too high appears
to have some empirical basis." Gallin (2004), S. 3.
61
Vgl. Taipalus (2006), S. 3.
Großbritannien
0
50
100
150
200
19
70
19
72
19
74
197
6
197
8
19
80
19
82
198
4
198
6
19
88
19
90
19
92
19
94
199
6
199
8
20
00
20
02
200
4
200
6
20
08
Australien
0
50
100
150
200
19
70
19
72
19
74
19
76
197
8
198
0
198
2
19
84
19
86
19
88
199
0
199
2
199
4
19
96
19
98
20
00
20
02
200
4
200
6
20
08
Norwegen
0
50
100
150
200
19
70
197
2
19
74
19
76
197
8
198
0
198
2
198
4
198
6
198
8
199
0
19
92
19
94
199
6
19
98
20
00
200
2
20
04
20
06
200
8
Dänemark
0
50
100
150
200
19
70
197
2
19
74
19
76
19
78
198
0
19
82
19
84
198
6
198
8
19
90
19
92
199
4
19
96
19
98
200
0
200
2
20
04
200
6
200
8

Analyse der Immobilienpreise
-
11
-
Quelle: OECD (2008), Paris. Eigene Darstellung.
In fast allen Ländern liegt das Preis-Einkommens-Verhältnis über dem lang-
fristigen Durchschnitt. In den Ländern mit den höchsten realen Preisanstiegen
(Irland, Spanien, Großbritannien, Australien und Neuseeland) stieg es auf mehr
als 40% über den langfristigen Durchschnitt. In Kanada, Dänemark, Frankreich
und den USA werden ebenfalls Rekordstände erreicht.
USA
0
40
80
120
160
19
70
19
72
197
4
197
6
197
8
19
80
19
82
19
84
198
6
198
8
199
0
19
92
19
94
19
96
199
8
200
0
200
2
20
04
20
06
20
08
Kanada
0
50
100
150
200
19
70
19
72
197
4
197
6
197
8
19
80
19
82
19
84
198
6
198
8
199
0
19
92
19
94
19
96
199
8
200
0
200
2
20
04
20
06
20
08
Süd Korea
0
50
100
150
200
197
0
19
72
197
4
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
19
88
19
90
19
92
19
94
199
6
19
98
200
0
20
02
200
4
20
06
20
08
Schweiz
0
50
100
150
200
197
0
19
72
197
4
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
198
8
19
90
199
2
19
94
19
96
19
98
200
0
20
02
200
4
20
06
20
08
Deutschland
0
50
100
150
200
19
70
197
2
19
74
197
6
197
8
198
0
198
2
19
84
198
6
19
88
199
0
19
92
199
4
19
96
199
8
20
00
200
2
20
04
200
6
200
8
Japan
0
50
100
150
200
19
70
197
2
19
74
19
76
197
8
198
0
198
2
198
4
198
6
198
8
199
0
19
92
199
4
19
96
199
8
20
00
200
2
20
04
200
6
200
8
Finnland
0
40
80
120
160
19
70
19
72
19
74
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
19
88
199
0
199
2
19
94
199
6
199
8
20
00
200
2
200
4
200
6
200
8
Niederlande
0
40
80
120
160
19
70
197
2
19
74
19
76
19
78
198
0
19
82
19
84
198
6
198
8
19
90
19
92
199
4
19
96
19
98
200
0
200
2
20
04
200
6
200
8
Italien
0
40
80
120
160
197
0
19
72
197
4
197
6
19
78
198
0
19
82
19
84
198
6
19
88
19
90
19
92
19
94
19
96
19
98
20
00
20
02
20
04
20
06
20
08
Schweden
0
50
100
150
200
19
70
19
72
19
74
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
198
8
19
90
19
92
199
4
19
96
199
8
200
0
200
2
200
4
200
6
200
8
Frankreich
0
50
100
150
200
19
70
19
72
19
74
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
19
88
19
90
199
2
19
94
199
6
199
8
20
00
200
2
200
4
20
06
200
8
Neuseeland
0
40
80
120
160
197
0
197
2
197
4
197
6
197
8
198
0
198
2
198
4
198
6
19
88
199
0
199
2
19
94
19
96
199
8
20
00
20
02
20
04
20
06
20
08

Analyse der Immobilienpreise
-
12
-
Das Preis-Miete-Verhältnis kletterte in den letzten Jahren zwischenzeitlich in
Spanien auf 97% und in Irland, Großbritannien, Australien und Kanada auf
80% über den langfristigen Durchschnitt. Auch in den übrigen Ländern in de-
nen die realen Preise in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen sind, liegt das
Verhältnis um 30% bis 80% über dem Schnitt. In allen Ländern lässt sich ein
starker Gleichlauf der beiden Maße erkennen. Sowohl die Entwicklung des
Preis-Einkommens- als auch des Preis-Miete-Verhältnisses können in allen 18
Ländern, mit Ausnahme der Schweiz, Südkorea, Deutschland und Japan, als
Indiz für eine Preisblase gewertet werden. Eine Trendwende, ein Platzen der
Blase ist an Hand der Daten bereits für Irland und die USA seit dem Jahr 2006
klar erkennbar.
Der Vergleich der Preisindizes mit dem verfügbaren Einkommen kann kritisch
bewertet werden. Zum einen werden ausschließlich die Preise, nicht aber even-
tuell gesunkene Finanzierungskosten, die höhere Preise zu gleichen Einkom-
men erschwinglich machen würden, berücksichtigt.
62
Des Weiteren ist das
Preis-Einkommens-Verhältnis ein Maß, dem das Durchschnittseinkommen der
gesamten Bevölkerung zu Grunde liegt. Die Gruppe der Bevölkerung, die als
Käufer auf dem Immobilienmarkt aktiv ist und die Preise bestimmt, erzielt im
Durchschnitt höhere Einkommen als die Gesamtbevölkerung.
63
Gerade in Zei-
ten wachsender Lohndifferentiale
64
, gibt das Durchschnittseinkommen jedoch
nicht mehr die Einkommensentwicklung der Hausbesitzer und Käufer wie-
der.
65
Auch wenn der Vergleich zwischen Preis-Miete-Verhältnis und der Dividen-
denrendite nahe liegt, müssen doch einige Unterschiede, die diese Vergleich-
barkeit einschränken, erwähnt werden. Die Höhe der Dividenden wird von den
Vorständen der Unternehmen festgesetzt und bekannt gegeben, wohingegen
Mieten das Ergebnis von individuellen Verhandlungen und, insbesondere in
Deutschland, von starken gesetzlichen Regulierungen sind.
66
Da Aktien im
Unterschied zu Immobilien täglich an den Börsen gehandelt werden, können
62
Vgl. Ahearne et al. (2005), S. 7.
63
Vgl. Shelburne/Palacin (2006) S. 10.
64
Lohndifferential hier: Auseinandertriften der Einkommen hoher und niedriger Lohngruppen.
65
Vgl. Canals (2006), S. 1f und Borjas (2003), S. 1335f.
66
Vgl. BGB §§ 543ff.

Analyse der Immobilienpreise
-
13
-
die Preisreaktionen auf Dividenden viel unmittelbarer gemessen werden als bei
Immobilien, d.h. der Zusammenhang lässt sich leichter nachweisen.
67
2.2.2
Anwendung der User Cost of Housing
Das Preis-Einkommens- und das Preis-Miete-Verhältnis sind in der Literatur
weit verbreitete Maße für die Einschätzung von Immobilienmärkten.
68
Him-
melberg et al. (2005) kritisieren diese Indikatoren zur Prüfung der Preise im
Hinblick auf eine Blasenbildung. Der Verkaufspreis, so argumentieren sie,
würde nicht die tatsächlichen, jährlichen Kosten für das Wohnen im eigenen
Haus widerspiegeln. Um die finanziellen Folgen durch das Wohnen in einem
eigenem Haus korrekt zu berechnen, müsse die gesparte Miete den verlorenen
Kapitaleinkünften aus Alternativanlagen des im Haus gebundenen Geldes, den
Opportunitätskosten, gegenüber gestellt werden.
69
Dieser Vergleich sollte un-
terschiedliche Risikostrukturen, Steuervor- und -nachteile, Instandhaltungskos-
ten und antizipierte Wertsteigerungen berücksichtigen.
70
Himmelberg et al (2005) greifen damit auf einen zweiten, in der Literatur ver-
breiteten Ansatz zur Bewertung der Preisentwicklung auf dem Immobilien-
markt zurück. Nicht der Kaufpreis wird als Maß für die Kosten des Hausbesit-
zes herangezogen, sondern ähnlich dem Konzept der ,,User Cost of Capital" die
,,User Cost of Housing".
71
Die Kosten für das Wohnen im Eigenheim setzen sich aus verschiedenen
Komponenten zusammen, die die jährlichen Kosten und finanziellen Vorteile
für den Besitz eines Eigenheims repräsentieren. Es finden sich in der Literatur
zahlreiche Modelle, die verschiedene Abwandlungen des Modells von Poterba
(1984) sind und immer, in der einen oder anderen Form, die gleichen Einfluss-
67
Vgl. Taipalus (2006), S. 12.
68
Vgl. z.B.: Brounen et al. (2006), Case/Shiller (2003), Gallin (2004), Leamer (2002), OECD
(2005), Shelburne/Palacin (2006) und Taipalus (2006).
69
Vgl. Poterba (1991), S. 149.
70
Vgl. Himmelberg et al. (2005), S. 5f.
71
Vgl. Jorgenson (1963), S. 249ff und McFadyen/Hobart (1978), S. 106.

Analyse der Immobilienpreise
-
14
-
größen beinhalten.
72
Dieses Konzept wird auch häufig als ,,kalkulatorische
Miete" bezeichnet.
73
Die kalkulatorische Miete R
t
k
lässt sich
aus sechs Komponenten berechnen.
74
Den Opportunitätskosten aus verlorenen Einnahmen, berechnet als Kaufpreis P
t
mal einem risikofreien Zins r
trf
, sowie zu zahlende Grundbesitzsteuer, berech-
net als Grundsteuersatz mal Preis (P
t
w
t
), plus Instandhaltungskosten (P
t
d
t
),
plus einer Risikoprämie (P
t
y
t
). Hiervon werden Steuervorteile, in Form von
steuerlich absetzbaren Ausgaben, den Grundsteuern und Hypothekenzinsen
P
t
(r
tm
+ w
t
) mal einem durchschnittlichen Einkommenssteuersatz f
t
, und der
erwartete Gewinn bzw. Verlust aus Wertveränderungen abgezogen (P
t
g
t+1
).
Damit ergibt sich:
R
t
k
= P
t
r
trf
+ P
t
w
t
+ P
t
d
t
+ P
t
y
t
­ P
t
f
t
(r
tm
+w
t
) ­P
t
g
t+1
(1)
(1) lässt sich schreiben als
R
t
k
= P
t
u
t
(1)'
mit:
u
t
= (r
trf
+ w
t
+ d
t
+ y
t
­ f
t
(r
tm
+ w
t
) ­ g
t+1
).
(2)
Letzterer Term gibt die User Cost of Housing, die jährlichen Eigen-
tumskosten
75
pro Dollar des Hauspreises an.
76
Setzt man die jährlichen Eigen-
tumskosten gleich den jährlichen Mieten (R
t
) und stellt den Term um, erhält
man:
P
t
/ R
t
= 1 / u
t
.
(3)
Aus dieser Gleichung folgt, dass im Gleichgewicht das Preis-Miete-Verhältnis
den reziproken User Cost of Housing entspricht.
Änderungen in den User Costs können zu Änderungen im Preis-Miete-
Verhältnis führen. Ein Sinken des risikofreien Zinssatzes, z.B. für Bundesan-
leihen, reduziert die Kosten an einem selbst genutzten Haus, weil die entgan-
72
Vgl. van den Noord (2005), S. 29f.
73
Vgl. Hendershott/Slemrod (1983), S. 375f und Poterba (1984), S. 730f.
74
Vgl. Himmelberg et al. (2005), S. 6.
75
Eigentumskosten: Cost of Ownership. Vgl. Himmelberg et al. (2005), S. 6.
76
Vgl. van den Noord (2005), S. 31.

Analyse der Immobilienpreise
-
15
-
genen Kapitaleinkünfte einer Alternativanlage zurückgehen. Dadurch ist eine
steigende Zahl an Kaufinteressenten bereit einen im Vergleich zur Miete höhe-
ren Preis zu zahlen. Die Nachfrage und die Preise steigen. Ähnlich können vom
Gesetzgeber angehobene Einkommensteuersätze (f
t
) den Kauf im vergleich zur
Miete attraktiver machen, weil steigende Steuersätze den Wert der Steuerer-
sparnisse für Eigenheimbesitzer erhöhen.
77
Ein steigendes Preis-Miete-Verhältnis per se müsste also kein Beleg für eine
Blase sein, es könnte nach diesem Konzept auch fundamental gerechtfertigt
sein.
78
Die User Cost of Housing können aber auch für die Marktteilnehmer
,gefühlt' sinken, weil sie zu hohe Erwartungen bezüglich zukünftiger Wertstei-
gerungen (g
t+1
) haben. Die Preise steigen, weil in der Hoffnung anhaltender
Wertsteigerungen gekauft wird, bis die Nachfrage wieder sinken muss: es läge
der klassische Fall einer Blasenbildung vor.
79
Beide Ansätze, das Preis-Miete-Verhältnis und die User Cost of Housing, las-
sen sich zur Einschätzung des Marktes verbinden. Wenn ein Vergleich des be-
obachtbaren Preis-Miete-Verhältnisses mit einer Schätzung des Preis-Miete-
Verhältnisses nach dem Modell der User Cost of Housing einen signifikanten
Unterschied aufweist, so kann dies als Zeichen für eine Blase gedeutet werden.
In der folgenden Tabelle sind die Differenzen des beobachteten zum berechne-
ten Preis-Miete-Verhältnis als geschätzte Überbewertungen für das Jahr 2004
abgebildet.
80
Tabelle
I:
Geschätzte Überbewertung an Hand der User Cost of Housing.
Land
Geschätzte Überbewertung
Differenz in Prozentpunkten
Durchschnittlicher
Hypothekenzins
geschätzte Höhe in %
Australien
51,8
7,1
Großbritannien
32,8
6,1
Niederlande
20,4
5,1
Norwegen
18,2
4,7
Irland
15,4
3,5
77
Vgl. Poterba (1991), S. 143f.
78
Vgl. Himmelberg et al. (2005), S. 4.
79
Vgl. Stiglitz (1990), S. 13.
80
Vgl. OECD (2005), S. 132.

Analyse der Immobilienpreise
-
16
-
Spanien
13,4
3,6
Dänemark
13,1
3,9
Kanada
13,0
6,2
Frankreich
9,3
4,3
Schweden
8,0
5,3
Neuseeland
7,6
8,0
USA
1,8
5,8
Schweiz
-9,7
3,2
Italien
-10,9
4,6
Finnland -15,6
3,4
Japan
-20,5
2,4
Deutschland
-25,8
5,7
Quelle: OECD (2005). Eigene Darstellung.
In den meisten Ländern die hohe reale Häuserpreisanstiege verzeichnen (Aust-
ralien, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Irland, Spanien, Dänemark,
Kanada) waren die beobachteten Preis-Miete-Verhältnis deutlich über den auf
Basis der fundamental Werte geschätzten Levels. So lag, nach diesen Berech-
nungen, der Preis eines Hauses in Australien im Jahr 2004 rund 50% über
Wert. Ein klares Anzeichen für die Existenz einer Preisblase. In Deutschland
und Japan ist eine deutliche Unterbewertung erkennbar. In den übrigen Län-
dern lassen sich im Rahmen der Schätzgenauigkeit keine signifikanten Unter-
schiede feststellen. Himmelberg et al. (2005) haben das oben beschriebene
Modell der User Cost of Housing auf Daten für 46 Großstädte in den USA für
den Zeitraum von 1970 bis 2005 angewandt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass
keine Überbewertungen auf den Märkten für Wohnimmobilien bestünden.
81
Die Ergebnisse sind jedoch zurückhaltend zu bewerten, da die Berechnungen
der User Cost of Housing sehr sensibel sind bezüglich einiger Variablen, z.B.
der Schätzung der durchschnittlichen Hypothekenzinsen, die in der Spalte 2 der
Tabelle I angegeben sind.
82
2.2.3
Ergebnisse Ökonometrischer Untersuchungen
Für die Untersuchung der Immobilienpreise im Hinblick auf die Bildung einer
Blase finden auch die Methoden der Ökonometrie Anwendung. Die Bestim-
81
Vgl. Himmelberg et al. (2005), S. 1f.
82
Vgl. OECD (2005), S. 132.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783842810426
DOI
10.3239/9783842810426
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaften, Studiengang Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
preisblasen immobilien geldpolitik mortgage backed securities verhaltensökonomie
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Titel: Preisblasen auf Immobilienmärkten und die Rolle der Geldpolitik
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