Lade Inhalt...

Mitarbeiterführung durch Stationsleitungen im Krankenhaus

©1999 Diplomarbeit 160 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Führungsverhalten und –verständnis von Stationsleitungen in Krankenhäusern in Bezug auf ihre Mitarbeiter.
Der Position der Stationsleitung kommt im Krankenhaus eine immer wichtigere Bedeutung zu. Auf den Stationen entscheidet sich, ob die Ziele und Aufgaben des Krankenhauses realisiert werden und Patienten und Pflegepersonal sich wohlfühlen. Der Führungsstil einer Stationsleitung kann somit Einfuß auf die Arbeitszufriedenheit und Leistung des Pflegepersonals haben und damit auch auf den Grad der Patientenzufriedenheit und des „Erfolges“ eines Krankenhauses.
Umstrukturierungen im Krankenhaussektor, erhöhter wirtschaftlicher Druck auf die Krankenhäuser, die Einführung von neuen Arbeitszeitmodellen, qualitätssichernde Maßnahmen und neue Pflegekonzepte haben nachhaltig direkte Auswirkungen auf die Mitarbeiter einer Station. In diesem Prozeß sind insbesondere Stationsleitungen als Führungskräfte der ersten Ebene des Pflegemanagements gefordert, durch gezielte Mitarbeiterführung und Arbeitsorganisation Sicherheit und Zufriedenheit zu vermitteln. Gerade für die Zukunft resultieren daraus erhöhte Anforderungen an das Managementwissen und die Führungskompetenz von Stationsleitungen.
Das Interesse an der Themenstellung der Mitarbeiterführung durch Stationsleitungen im Krankenhaus entwickelte sich aus verschiedenen Gründen: aus meiner langjährigen Berufstätigkeit als Krankenschwester und die damit verbundenen Erfahrungen mit Stationsleitungen und vor allem auch durch Aushilfstätigkeiten während des Studiums. Während meines Praxissemesters in Edinburgh, Schottland (Mai 1996 - August 1996) hatte ich Gelegenheit, im „Royal Edinburgh Hospital“ Gespräche mit fast allen Stationsleitungen des Krankenhauses zu führen. Sie vermittelten mir eine Fülle von Informationen über interne Strukturen und über ihren Aufgaben-, Kompetenz-, und Verantwortlichkeitsbereich. Vergleiche mit der deutschen Stationsleitungsebene blieben nicht aus, und damit wuchs das Interesse an der Führungsrealität dieser Managementebene im Krankenhaus.
Letztendlichen Impuls für die Thematik der Mitarbeiterführung gab eine Forschungsübung, die im Rahmen des Studiums (Krankenpflegemanagement) im Fach Pflegewissenschaft mit Beteiligung der Verfasserin durchgeführt wurde. Mit dieser Diplomarbeit wird an diese Forschungsübung angeknüpft, mit dem Ziel, die Mitarbeiterführung von Stationsleitungen näher zu erfassen.
Gang […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Mechthild Gerdes
Mitarbeiterführung durch Stationsleitungen im Krankenhaus
ISBN: 978-3-8366-0272-3
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland, Diplomarbeit, 1999
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Abkürzungsverzeichnis
IV
Abbildungs-
und
Tabellenverzeichnis
V
...
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ...1
2 Problemidentifikation und Zielsetzung...2
3 Theoretische
Annäherung ...4
3.1 Mitarbeiterführung in der Organisation Krankenhaus ... 4
3.1.1 Begriffsklärungen ... 4
3.1.2
Funktionen der Führung: Lokomotion und Kohäsion... 5
3.1.3
Führungsfunktionen der Stationsleitung im Hinblick auf die Zielsetzung des
Krankenhauses... 6
3.1.4
Kreislauf der Führung... 9
3.1.5
Mitarbeiterführungsaufgaben einer Stationsleitung ... 13
3.2 Menschenbilder als Führungsgrundlage ... 15
3.2.1 McGregor`s
XY-Theorie ... 16
3.2.2 Grundtypen
von
S
CHEIN
... 17
3.2.3
Bedeutung von Menschenbildern für die Führungsebene der Stationsleitung 18
3.3 Ausgewählte Führungsstilmodelle ... 19
3.3.1 Kooperative
Führung... 19
3.3.2
Relevanz der kooperativen Führung für die Stationsleitung... 24
3.3.3
Das Verhaltensgitter nach B
LAKE
und M
OUTON
... 25
3.3.4
Relevanz des ,,Managerial Grid´s" für die Stationsleitung ... 28
3.4 Besonderheiten und Probleme von Führung im Krankenhaus... 32
3.4.1
Unterschiede zwischen Krankenhäusern und Industrie- oder
Dienstleistungsunternehmen ... 32
3.4.2
Qualifikation von Führungskräften... 33
3.4.3
Führungsverständnis im ,,Expertenbetrieb" Krankenhaus ... 34
3.4.4
Berufliches Selbstverständnis der Stationsleitungen... 34
3.5 Überblick über themenbezogene Forschungsarbeiten... 36
4 Problemstellung und Fragestellungen der Studie... 37

II
5 Forschungsdesign ...39
5.1 Qualitativer Forschungsansatz ...39
5.2 Methoden und Techniken der Datenerhebung...41
5.2.1
Einsatz kombinierter Datenerhebungsmethoden ...41
5.2.2
Das problemzentrierte Interview nach W
ITZEL
...42
5.2.2.1
Kommunikationsstrategien des problemzentrierten Interviews ...44
5.2.2.2
Instrumente des problemzentrierten Interviews...45
5.2.3 Experteninterview ...47
5.2.4 Dokumenteneinsicht ...50
5.3 Auswahl der Stichprobe und des Untersuchungsfeldes ...51
5.4 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring...52
6 Skizzierung des Verlaufs der Studie...54
6.1 Kontaktaufnahme mit den Krankenhäusern ...54
6.2 Entwicklung des Interviewleitfadens ...55
6.3 Darstellung der Stichprobe ...56
6.4 Durchführung und Verlauf der Interviews ...58
6.5 Transkription und Auswertung der Daten ...59
7 Ergebnisdarstellung...62
7.1 Übernahme der Station als Stationsleitung ...62
7.1.1 Anfangsschwierigkeiten
mit
Mitarbeitern ...62
7.1.2 Übernahme
der
Führungsrolle...66
7.1.3
Beziehung zur Pflegedienstleitung ...69
7.2 Berufliches Selbstverständnis der Stationsleitungen...73
7.2.1
Optimale Kombination von Pflegepraxis und organisatorischer
Aufgabenerfüllung...74
7.2.2 Arbeitszeitregelung
und
Arbeitsorganisation ...76
7.2.3
Selbstverständnis in Bezug auf die Führungsebene ...81
7.3 Führung aus Sicht der Stationsleitung...83
7.3.1
Selbstbeschreibung des Führungsverständnisses und ­verhaltens...83
7.3.2
Wahrnehmung und Durchführung von Mitarbeiterführungsaufgaben...90
7.3.3
Merkmale des Führungserfolges ...101
7.4 Problematische Führungssituationen mit Mitarbeitern ...103
7.4.1
Verhalten von Mitarbeitern gegenüber Patienten ...104
7.4.2
Mitarbeiterwiderstände gegen organisatorische und pflegefachliche
Veränderungen ...105
7.4.3
Probleme mit einzelnen Mitarbeitern ...107
7.4.4
Kritik von Mitarbeitern am Verhalten der Stationsleitung...111
7.5 Berufliche Weiterentwicklung der Stationsleitungen...113
7.5.1
Fort- und Weiterbildungsbedürfnisse...113
7.5.2
Stellenwert des Weiterbildungskurses zur Stationsleitung ...117
7.5.3 Berufliche
Zukunftsperspektiven ...119

III
8 Diskussion ... 120
8.1 Führungsstil der Stationsleitungen: Anspruch der Organisation
und Realität... 120
8.2 Rahmenbedingungen der Organisation in Bezug zum Selbstverständnis
der Stationsleitungen ... 123
8.3 Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ... 125
8.4 Die Rolle der Pflegedienstleitung in der Anfangsphase der Tätigkeit als
Stationsleitung ... 127
9 Vorschläge und Empfehlungen für die Praxis ... 129
Literaturverzeichnis...133
Anhangsverzeichnis...142

IV
Abkürzungsverzeichnis
(...)
Kennzeichnet die Auslassung von Text in direkten Zitaten
a. a. O
am angegebenen Ort
Abb. Abbildung
AG Arbeitgeber
Aufl.
Auflage
bzw.
beziehungsweise
bzgl. bezüglich
ca. circa
d. h.
das heißt
DBfK
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe
DKG Deutsche
Krankenhausgesellschaft
EDV Elektronische
Datenverarbeitung
et al
et alii ("und andere")
etc.
etcetera ("und so weiter")
ex ante
im vorhinein
ff. fortfolgende
(Seiten)
ggf. gegebenenfalls
Hg. Herausgeber
IBF Innerbetriebliche
Fortbildung
i. d. R.
in der Regel
Kap. Kapitel
KS Krankenschwester
lt. laut
M Männlich
MA Mitarbeiter
OP Operation/
Operationssaal
OP`s Operationen
PC Personalcomputer
PDL Pflegedienstleitungen
PDL`s Pflegedienstleitungen
s.
siehe
STL Stationsleitung(en)
sog. sogenannt
Tab. Tabelle
TZ Teilzeitkraft
u.
und
u. a.
unter anderem, und andere(s)
usw.
und so weiter
u. U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
VK Vollkraft
W weiblich
WB Weiterbildung
z. B.
zum Beispiel
zitiert zit.
zit. n.
zitiert nach

V
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Führungsprozeß als Regelkreis
9
Abbildung 2: Kreisläufe zu Theorie X und Theorie Y nach M
C
G
REGOR
16
Abbildung 3: Führungsstil-Grundformen im Kontinuum nach T
ANNENBAUM
& S
CHMIDT
20
Abbildung 4: Das Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach B
LAKE
& M
OUTON
26
Abbildung 5: Darstellung der eingesetzten Datenerhebungsmethoden 4
1
Abbildung 6: Ablaufschema problemzentriertes Interview
44
Tabelle 1: Merkmale der Interviewteilnehmer
5
7

1
1 Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Führungsverhalten und ­verständ-
nis von Stationsleitungen in Krankenhäusern in Bezug auf ihre Mitarbeiter.
Der Position der Stationsleitung kommt im Krankenhaus eine immer wichtigere Bedeutung
zu. Auf den Stationen entscheidet sich, ob die Ziele und Aufgaben des Krankenhauses
realisiert werden und Patienten und Pflegepersonal sich wohlfühlen. Der Führungsstil ei-
ner Stationsleitung kann somit Einfuß auf die Arbeitszufriedenheit und Leistung des Pfle-
gepersonals haben und damit auch auf den Grad der Patientenzufriedenheit und des ,,Er-
folges" eines Krankenhauses.
Umstrukturierungen im Krankenhaussektor, erhöhter wirtschaftlicher Druck auf die Kran-
kenhäuser, die Einführung von neuen Arbeitszeitmodellen, qualitätssichernde Maßnah-
men und neue Pflegekonzepte haben nachhaltig direkte Auswirkungen auf die Mitarbeiter
einer Station. In diesem Prozeß sind insbesondere Stationsleitungen als Führungskräfte
der ersten Ebene des Pflegemanagements gefordert, durch gezielte Mitarbeiterführung
und Arbeitsorganisation Sicherheit und Zufriedenheit zu vermitteln. Gerade für die Zukunft
resultieren daraus erhöhte Anforderungen an das Managementwissen und die Führungs-
kompetenz von Stationsleitungen.
Das Interesse an der Themenstellung der Mitarbeiterführung durch Stationsleitungen im
Krankenhaus entwickelte sich aus verschiedenen Gründen: aus meiner langjährigen Be-
rufstätigkeit als Krankenschwester und die damit verbundenen Erfahrungen mit Stations-
leitungen und vor allem auch durch Aushilfstätigkeiten während des Studiums. Während
meines Praxissemesters in Edinburgh, Schottland (Mai 1996 - August 1996) hatte ich Ge-
legenheit, im ,,Royal Edinburgh Hospital" Gespräche mit fast allen Stationsleitungen des
Krankenhauses zu führen. Sie vermittelten mir eine Fülle von Informationen über interne
Strukturen und über ihren Aufgaben-, Kompetenz-, und Verantwortlichkeitsbereich. Ver-
gleiche mit der deutschen Stationsleitungsebene blieben nicht aus, und damit wuchs das
Interesse an der Führungsrealität dieser Managementebene im Krankenhaus.
Letztendlichen Impuls für die Thematik der Mitarbeiterführung gab eine Forschungsübung
(C
ONERS
, E. et al.: Wie fühlen sich Stationsleitungen im Krankenhaus auf ihre Rolle vor-

2
bereitet?), die im Rahmen des Studiums (Krankenpflegemanagement) im Fach Pflege-
wissenschaft mit Beteiligung der Verfasserin durchgeführt wurde. Mit dieser Diplomarbeit
wird an diese Forschungsübung angeknüpft, mit dem Ziel, die Mitarbeiterführung von Sta-
tionsleitungen näher zu erfassen.
2 Problemidentifikation und Zielsetzung
Das Phänomen Führung spielt im Krankenhaus und in den Arbeitsbeziehungen der Orga-
nisationsmitglieder eine bedeutsame Rolle. ,,Sowohl im administrativen wie auch im medi-
zinischen und pflegerischen Sektor hängt nicht nur die Leistungsfähigkeit, und damit di-
rekt und indirekt die Betreuung der Patienten, sondern auch die Arbeitszufriedenheit der
Mitarbeiter in entscheidendem Maße von der Qualität der Führung ab" (L
EUTZINGER
&
L
UTERBACHER
1994, S. 5).
Der Position der Stationsleitung kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Be-
deutung zu, da sie von allen Führungspositionen des Krankenhauses den Patienten und
Mitarbeitern gleichermaßen am nächsten steht. Bei steigenden internen und externen
Anforderungen sind Stationsleitungen gefordert, Mitarbeiterbedürfnisse nach Selbstentfal-
tung und Zufriedenheit durch die Arbeit zu erkennen und flexibel darauf zu reagieren. Da-
bei kann die Mitarbeiterführung der Stationsleitungen nicht unabhängig vom Organisati-
onskontext erfolgen, sondern orientiert sich im Hinblick auf die Ziele des Krankenhauses.
Mitarbeiterführung heißt demnach auch, die Pflegenden
1
zu motivieren, ihre persönlichen
Fähigkeiten in den Dienst einer gemeinsamen Aufgabe zu stellen (vgl. L
OTMAR
& T
ON-
DEUR
1994, S. 11).
Viele Personalprobleme mit Mitarbeitern entpuppen sich bei näherem Hinsehen auch als
Folge von Führungsproblemen. Folgen wie Mitarbeiterfluktuation, krankheitsbedingte Aus-
fälle und Mitarbeiterunzufriedenheit der personalintensiven Berufsgruppe der Pflegenden
haben insbesondere für eine soziale Einrichtung wie das Krankenhaus empfindliche Aus-
wirkungen auf eine adäquate Versorgung der Patienten und sind langfristig finanziell un-
tragbar. Stationsleitungen als direkte erste Vorgesetzte der Pflegenden haben, neben
1
Statt ,,Pflegende" werden auch synonyme Begriffe, wie ,,Pflegepersonal" oder ,,Krankenschwestern/ -pfleger"
in den nächsten Kapitel der Diplomarbeit verwendet.

3
anderen Einflußfaktoren, durch motivierendes und förderndes Führungsverhalten einen
positiven Einfuß auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Mitarbeiterzufriedenheit hat deshalb
auch etwas mit der Managementleistung der Stationsleitung zu tun (vgl. R
EICH
1997, S.
258). Es bedarf einer hohen Führungsqualifikation und -kompetenz der Stationsleitungen,
um einerseits Mitarbeiterbedürfnisse zu berücksichtigen und andererseits die Ziele des
Krankenhauses zu erreichen.
Dem gegenüber sind Stationsleitungen überwiegend nicht ausreichend für ihre Führungs-
funktion hin qualifiziert (vgl. Kap. 3.4.2). Häufig fehlt den Stationsleitungen das Bewußt-
sein für die Wichtigkeit ihrer Position. Ihnen fehlen oft konkrete Vorstellungen von den
Aufgabenbereichen und ihrer Rolle. Sie sehen sich gegenüber ihren Mitarbeitern eher als
kollegialer Vorarbeiter denn als Führungsperson mit Leitungs- und Führungsaufgaben
(vgl. Kap. 3.4.3). Der praktischen Arbeit im Pflegebereich kommt ein hoher Stellenwert zu,
wobei letztlich wenig Freiraum für Führungs- und Leitungstätigkeiten übrig bleibt. Der Be-
griff Führung ist bei Stationsleitungen negativ besetzt, da er mit ungünstigen Aspekten der
Machtausübung verbunden wird (vgl. M
EYENBURG
-A
LTWARG
1998, S. 18).
Mit dieser Studie soll erreicht werden, die Mitarbeiterführung und damit die Führungsreali-
tät von Stationsleitungen im Krankenhaus näher zu erfassen. Weiterhin wird hier ange-
strebt, mögliche Problembereiche in der Mitarbeiterführung aufzuweisen, um Erkenntnisse
zu gewinnen, wie Führungsqualifikationen und ­kompetenzen der Stationsleitungen in
Zukunft gesichert und verbessert werden können.
In den folgenden Kapiteln erfolgt die theoretische Annäherung zu der Thematik der Mitar-
beiterführung durch Stationsleitungen aus verschiedenen Perspektiven.
Die Durchführung einer Literaturstudie zur theoretischen Annäherung dient dazu, vertiefte
Kenntnisse bezüglich der Themenstellung zu erwerben und so die Problemstellung zu
präzisieren (vgl. Kap. 4).

4
3 Theoretische
Annäherung
3.1 Mitarbeiterführung in der Organisation Krankenhaus
3.1.1 Begriffsklärungen
Der Begriff der Führung wird in der Literatur unter verschiedenen Perspektiven definiert.
Dabei steht im Mittelpunkt der gängigsten Führungsdefinitionen der Prozeß der zielbezo-
genen und persönlichen und/ oder unpersönlichen Verhaltensbeeinflussung (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 303).
Führung in einer Organisation wird nach W
UNDERER
(1980a, S. 62) als ,,zielorientierte
soziale Einflußnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in/ mit einer strukturierten
Arbeitssituation" verstanden. In Anlehnung an diese Begriffsbestimmung wird von R
ICH-
TER
(1989, S. 225) Führung als ,,zielorientierte Einflußnahme zur Erfüllung der in einer
betrieblichen Arbeitsbeziehung vorgegebenen Verhaltens- und Ergebnisziele" definiert.
Auf der Grundlage dieser Definitionen wird im Rahmen der vorliegenden Studie Mitarbei-
terführung
2
als eine verhaltensbezogene-personale Tätigkeit verstanden, die die Einstel-
lungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter durch den Vorgesetzten, hier die Stationslei-
tung, zielorientiert beeinflußt (vgl. S
CHOLZ
1993, S. 399).
Die Personen oder Personengruppen, denen Führungsaufgaben in einer Organisation
obliegen, werden als Führungskräfte bezeichnet (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 65). Träger der
Führung in einer Organisation sind Stelleninhaber auf allen Hierarchieebenen. Zur Unter-
scheidung von Führungskräften hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten hie-
rarchischen Stufe in der Organisation wird üblicherweise die Einteilung in eine obere, mitt-
lere und untere Führungsebene vorgenommen. Anzumerken ist aber, daß die Übergänge
von der einen zur nächsten Ebene fließend verlaufen und nicht deutlich voneinander zu
trennen sind (vgl. H
ENTZE
1997, S. 38). Die untere Führungsebene kennzeichnet sich
dadurch, daß sie die Schnittstelle zwischen den Managementpositionen und den ausfüh-
rend tätigen Mitarbeitern darstellt (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 82). Stationsleitungen werden
demnach der unteren Führungsebene als Führungskräfte zugeordnet.
2
In den folgenden Kapiteln werden die Begriffe Personal- und Mitarbeiterführung synonym verwendet (vgl.
K
IRSCH
&
ZU
K
NYPHAUSEN
1992, S. 220).

5
Der bereits dargestellte Begriff Führung wird mit den Begriffen Management und Leitung
größtenteils in der Umgangssprache und auch in der Fachliteratur synonym gesetzt.
Streng genommen kann ihnen jedoch eine unterschiedliche Bedeutung zugewiesen wer-
den (vgl. H
OEFERT
1997, S. 24).
Management wird als Unternehmens- bzw. Betriebsführung identifiziert und wird mit
sachbezogenen Führungsaufgaben verknüpft. Zudem wird eine personenbezogene, ver-
haltenswissenschaftliche Komponente des Managements angegeben, die meist mit dem
Begriff Personalführung belegt wird (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 66). Leitung dagegen hat fast
ausschließlich administrativen Charakter und meint eher die ,,formale Berechtigung zur
Wahrnehmung bestimmter zugestandener Kompetenzen, z. B. Zeichnungsrechte" (H
OE-
FERT
1997, S. 24).
Obgleich in dieser Studie der verhaltensbezogene Aspekt der Führung durch Stationslei-
tungen aufgegriffen werden soll, ist aber nicht auszuschließen, daß diese Begriffe in der
verwendeten Literatur und auch in den Interviews der Stationsleitungen gleichgesetzt und
so mit einem anderen Bedeutungsgehalt versehen werden.
3.1.2 Funktionen der Führung: Lokomotion und Kohäsion
Führen heißt persönliche Einflußnahme auf das Verhalten anderer zur Realisierung be-
stimmter Ziele. Dabei übernimmt die Führungsperson in der Mitarbeiterführung zahlreiche
Einzelfunktionen (z. B. Motivation und Anreizgestaltung, Zielplanung, Kontrolle etc.).
Weite Verbreitung hat die grundlegende Reduzierung dieser Einzelfunktionen auf die fol-
genden beiden Führungsfunktionen gefunden: Die Zielerreichungsfunktion (Lokomotions-
funktion) und die Gruppenerhaltungsfunktion (Kohäsionsfunktion).
Zum Bereich der Lokomotion gehören alle Führungsaufgaben, die dazu dienen, die Mitar-
beiter sachbezogen auf die Ziele der Organisation auszurichten (vgl. R
AHN
1990, S. 22).
Nach M
ÜLLER
& H
ILL
(1977) wird im Rahmen der Lokomotionsfunktion von dem Vorge-
setzten dafür gesorgt, daß Entscheidungen im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung und
Problemlösung getroffen werden, und daß die Mitarbeiter diese Entscheidungen zielge-
richtet umsetzen (vgl. H
ENTZE
1997, S. 33). Die Gestaltung dieses Aufgabenbereichs ist
notwendig, damit eine Organisation leistungs- und wettbewerbsfähig bleibt (vgl. S
TROEBE

6
& S
TROEBE
1990, S. 14). Mit der Erfüllung der Lokomotionsfunktion wird also die sach-
rationale Dimension der Führung angesprochen.
In den Bereich der Kohäsionsfunktion fallen Aufgaben, die die Aufrechterhaltung und För-
derung der gruppeninternen Beziehungen und Beziehungen zwischen Führungsperson
und Mitarbeitern zum Inhalt habe. Nach M
ÜLLER
& H
ILL
(1977, zitiert n. H
ENTZE
1997, S.
33) hat die Führungsperson mit der Kohäsionsfunktion darüber hinaus dafür zu sorgen,
daß die Mitarbeiter ihre persönlichen Ziele erreichen können, die individuellen Bedürfnisse
der Mitarbeiter befriedigt werden, damit der Verbleib in der Gruppe gesichert wird. Die
Mitarbeiter sollen sich im Rahmen der gegebenen Aufgaben zu Mitdenkern und Problem-
lösern entwickeln, so daß die Aktionsfähigkeit der Gruppe erhalten und erweitert wird. Da
durch diese Aufgabenwahrnehmung der Beziehungsaspekt der Führung angesprochen
wird, kann auch von der sozio-emotionalen Dimension der Führung gesprochen werden
(vgl. H
ENTZE
1997, S. 32).
Stationsleitungen als Krankenhausführungskräfte sollten, wie in jedem anderen Betrieb
auch, diese beiden Führungsfunktionen im Hinblick auf die Zielsetzung des Krankenhau-
ses erfüllen.
3.1.3 Führungsfunktionen der Stationsleitung im Hinblick auf die Ziel-
setzung des Krankenhauses
Mitarbeiterführung fungiert in Organisationen als Bindeglied zwischen den Organisations-
zielen und dem Personal. Führung im Krankenhaus ist demnach auf ein bzw. mehrere
Ziele ausgerichtet, die aus der Gesamtzielsetzung der zu erfüllenden Aufgaben bestimmt
werden (vgl. H
ENTZE
1997, S. 30).
Als Hauptziel des Krankenhauses wird die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung an
Krankenhausleistungen angegeben. Neben dem Hauptziel werden je nach Gegebenheit
des jeweiligen Krankenhauses verschiedene Nebenziele verfolgt. Nach E
ICHHORN
&
S
CHMIDT
-R
ETTIG
(1995b, S. 121) gewinnt dabei das Nebenziel ,,Sicherung der Arbeitszu-
friedenheit des Krankenhauspersonals" zunehmend an Bedeutung. Dieses entspricht der
zunehmenden Forderung der Anerkennung der Mitarbeiterbedürfnisse, weil den Mitarbei-
tern ,,im Hinblick auf die Gestaltung von Motivationssystemen besondere Bedeutung zu-
kommt" (a. a. O., S. 122).

7
Um das Hauptziel des Krankenhauses zu erreichen, werden vom Krankenhaus Leistun-
gen in Form von Behandlungs- und Pflegeprozessen bereitgestellt. Die Verbesserung des
Gesundheits-/ Krankheitszustandes des Patienten, aber auch die Qualität des Proze-
ßablaufs stellen das Ergebnis der Krankenhausproduktion dar (vgl. E
ICHHORN
& S
CHMIDT
-
R
ETTIG
1995b, S. 7 ff.). An anderer Stelle wird als Ziel der Krankenhausproduktion die
Gesundheitswiederherstellung, -erhaltung und -verbesserung eines Menschen oder der
Versuch dessen angegeben (vgl. H
OEFERT
1997, S. 38; E
ICHHORN
1997, S. 7). Nach
M
ORRA
(1996, S. 39) ist Gesundheit als Produktdefinition nicht empfehlenswert, da der
Gesundheitsbegriff nicht operationalisierbar und meßbar ist. Auch wenn die Produktdefini-
tion des Krankenhauses noch nicht abschließend geklärt ist, kann dennoch von einer
Produktorientierung im Krankenhaus ausgegangen werden (vgl. H
OEFERT
1997, S. 38).
Der Prozeß zur Leistungserstellung des Krankenhausproduktes hängt dabei im wesentli-
chen von zwischenmenschlichen und sozialen Interaktionen zwischen Patient und Mitar-
beitern des Krankenhauses ab (vgl. E
ICHHORN
1997, S. 13). Der Prozeß, der zu dem
Krankenhausprodukt führt, kann in einem Dienstleistungsunternehmen auch schon als
Produkt der Leistungserstellung gesehen werden. Dabei bedingen die primäre Zielset-
zung des Krankenhauses und die daraus abgeleiteten Aufgabenstellungen einen hohen
Grad an Patientenorientierung (vgl. E
ICHHORN
1993b, S. 245). Da Führung auf die direkte
personale Beeinflussung des Verhaltens von Mitarbeitern im Sinne der Unternehmenszie-
le abzielt, dient sie ,,(...) nicht anders als in anderen Institutionen - der Sicherung von Pro-
zeß- und Produktqualität" (H
OEFERT
1997, S. 38). Führung im Krankenhaus dient auf allen
Führungsebenen, also auch auf der Führungsebene der Stationsleitungen, zur Sicherstel-
lung der Produkt- und Prozeßorientierung (vgl. H
OEFERT
1997, S. 38). Dabei kann der
Führungsstil der Krankenhausführungskräfte u. a. ein wichtiges Instrument sein, um zur
Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter beizutragen. Nach E
ICHHORN
(1993a, S. 72) hat die
Art und Weise, wie mit Mitarbeitern umgegangen und Verantwortung delegiert wird, sowie
das Informationsverhalten der Vorgesetzten Einfluß auf den Motivationsprozeß der Mitar-
beiter.
Abgeleitet aus der Gesamtzielsetzung wird bei arbeitsteiliger Leistungserstellung der
Krankenhausproduktion die kleinste organisatorische Einheit Träger einer betrieblichen
Teilaufgabe. Jeder Stelleninhaber, mit Ausnahme der nur ausführenden, übernimmt damit
Führungsfunktionen. In diesem Sinne übernimmt auf der unteren Führungsebene die Sta-

8
tionsleitung Führungsfunktionen bezüglich einer bestimmten betrieblichen Teilaufgabe
(vgl. E
ICHHORN
1987, S. 316; E
ICHHORN
& S
CHMIDT
-R
ETTIG
1995b, S. 124).
Die Dienstleitung der Station orientiert sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Pati-
enten. Die Stationsleitung ist dabei ,,produktorientiert", d.h. grundsätzlich daran interes-
siert, dem Patienten eine optimale Behandlung und Betreuung zur Gesundheitswieder-
herstellung anzubieten (vgl. J
ANSEN
1997, S. 64). Die Mitarbeiterführung der Stationslei-
tung erfolgt in der Sicherstellung der produkt- und prozeßorientierten Ziele und die daraus
ergebenden betrieblichen Teilaufgaben der Station.
Die Führungsfunktionen werden dabei von der Stationsleitung in der Hinsicht wahrge-
nommen, einzelne Mitarbeiter und die Gruppe so zu führen, daß einerseits die Stations-
ziele erreicht werden (Lokomotionsfunktion) und andererseits Mitarbeiterbedürfnisse be-
achtet werden und Mitarbeiter in der Aufgabenerfüllung motiviert bleiben (Kohäsionsfunk-
tion), (vgl. J
ANSSEN
1994, S. 63). Die zielorientierte Führungsfunktion (Lokomotion) der
Stationsleitung besteht u. a. darin, die Aufgaben der Mitarbeiter zu definieren und zu
strukturieren, Informations- und Kommunikationsprozesse innerhalb der Gruppe zweck-
mäßig zu gestalten, Entscheidungsprozesse zu steuern und umzusetzen. Die mitarbeiter-/
gruppenorientierte Führungsfunktion (Kohäsion) der Stationsleitung hat zur Aufgabe, Mit-
arbeiter zu einem Team zu integrieren und die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter durch
eine befriedigende und sinnvolle Aufgabenerfüllung zu erreichen (vgl. E
ICHHORN
&
S
CHMIDT
-R
ETTIG
1995b, S. 175).
Eine Integration beider Führungsfunktionen kann nur dann als gelungen angesehen wer-
den, wenn beide Komponenten der Führungsfunktion berücksichtigt werden und wenn
sich Mitarbeiter- und Zielorientierung wechselseitig unterstützen. Damit angesprochen ist
auch das Führungsproblem, daß sich aus der Integration beider Aspekte mögliche
Konflikte ergeben können. Die Führungsperson sollte zu einer Harmonisierung der auf
den Patienten ausgerichteten Zielen einerseits und den Mitarbeiterzielen andererseits
beitragen. So betrachtet stellt sich Mitarbeiterführung im Krankenhaus als ein recht
schwieriges Verhaltensproblem für die Stationsleitungen dar (vgl. E
ICHHORN
1993b, S.
253).
Mitarbeiterführung zielt damit nicht einseitig auf Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter
ab, sondern hat diese in Einklang mit den Zielen des Krankenhauses zu bringen. Die Ziel-
orientierung ergänzt insofern die Mitarbeiterorientierung der Führung, als daß sie den Be-

9
Kommuni-
kation
zug zum Patienten herstellt. Somit gerät Mitarbeiterführung nicht zum Selbstzweck, son-
dern ist mit einem Wertzuwachs für die Patienten verbunden (vgl. B
ÜHNER
1998, S. 5).
3.1.4 Kreislauf der Führung
Stationsleitungen als Führungspersonen sollen, wie in jedem anderen Betrieb auch, im
Führungsprozeß Einfluß auf die Mitarbeiter nehmen, damit diese die übertragenen Aufga-
ben erfüllen und zur Problemlösung beitragen. Dieser Führungsprozeß vollzieht sich da-
bei in bestimmten Teilprozessen. Der Prozeß der Mitarbeiterführung erfolgt dabei nicht
linear, sondern vollzieht sich in Phasen eines Kreislaufes, der sich ständig wiederholt (s.
Abbildung 1).
Der Kreislauf der Führung, die einzelnen Phasen und die sich aus den Phasen ergeben-
den Führungsaufgaben, werden im folgenden näher beschrieben.
Abbildung 1: Führungsprozeß als Regelkreis (Darstellung und Modifikation nach
L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 185)
Ideen entwickeln
Probleme lösen
Anpas-
sungen
vorneh-
men
Abwei-
chungen
feststellen
Weisun-
gen
geben
Tätigkeiten
aufeinander
abstimmen
Kreativität
Anweisung
Koordination
Kontrolle
Korrektur
F Ü H R U N G S P R O Z E S S

10
Der Führungsprozeß wird von L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
in fünf Phasen unterteilt (s.
Abb. 1). Der Führungsprozeß beginnt mit der Willensbildung (Kreativität), daran schließt
die Phase der Willensdurchsetzung an (Anweisung und Koordination) und dann folgt die
Willenssicherung (Kontrolle und Korrektur). Der Ablauf der Phasen erfolgt nicht linear,
sondern in Form eines sich wiederholenden Regelkreises.
In der kreativen Phase geht es darum, neue Ideen zur Lösung eines Problems oder zur
Erreichung eines Ziels zu entwickeln. Die Phase dient der Entscheidungsvorbereitung bei
mehreren Handlungs- und /oder Lösungsalternativen. Idealtypisch wird von der Stations-
leitung als Vorgesetzte gefordert, daß sie kreativ bei der Aufgabenerfüllung und Problem-
lösung vorgeht und dieses auch bei den Mitarbeitern fördert. Sie stößt kreative Prozesse
an und wendet situativ geeignete Kreativitäts- und Entscheidungstechniken, wie z. B.
Mind-Mapping
3
an, um zu einer Problemlösung zu kommen. Sie bezieht Mitarbeiter in
diese Phase mit ein und versucht, Ideen, Meinungen und Werte aufeinander abzustim-
men. Dabei zeigt die Führungsrealität oft, daß Stationsleitungen zu einsamer Problemlö-
sung neigen, ohne die Ressourcen von Mitarbeitern, anderen Stationsleitungen und PDL
einzufordern (vgl. H
OFMANN
1998, S. 1026). Die sachbezogenen Führungsaufgaben einer
Stationsleitung liegen darin, Probleme zu erkennen und zu analysieren, Ziele zu formulie-
ren, Handlungsalternativen zu suchen und zu bewerten, Lösungen zu initiieren und Ent-
scheidungen zu treffen (vgl. L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 191-195).
In der Phase der Anweisung geht es um die zielorientierte Einflußnahme auf das Verhal-
ten des Mitarbeiters. Dabei kann die Stationsleitung auch von ihrem Recht zur Weisungs-
befugnis Gebrauch machen. Das disziplinarische Weisungsrecht bezieht sich dabei auf
Fragen der Umgangs- und Verhaltensnormen bei der Aufgabenerfüllung. Die fachliche
Weisungsbefugnis gibt das Recht, eine getroffene Entscheidung durchzusetzen und die
Aufgabenerfüllung zu kontrollieren. Die Phase der Anweisung bzw. der Willensdurchset-
zung ist aber nicht nötig, wenn die Zielvorstellungen vom Vorgesetzten und Mitarbeiter
identisch sind. Als Machtgrundlagen sollten Identifikation und Information zu Grunde ge-
legt werden, weil diese im Zusammenhang mit guten Leistungen und hoher Zufriedenheit
bei den Mitarbeitern stehen (a. a. O., S. 195-198).
3
Mind-Mapping ist gewissermaßen ein schriftliches Brainstorming. Stichwortartig werden zu einem Haupt-
thema in der Mitte des Blattes Assoziationen grafisch in Haupt- und Nebenäste verschieden farbig angeglie-
dert. Mind-Maps bieten ein übersichtliches Gesamtbild über umfangreiche Sachverhalte (vgl. Neuhaus 1994,
S. 35).

11
Der hohe Grad an Spezialisierung im Krankenhaus macht die Phase des Koordinierens
notwendig. Von der Stationsleitung werden die Tätigkeiten der Mitarbeiter im Hinblick auf
bestimmte Ziele in Verbindung mit einem übergeordneten Zielsystem abgestimmt. Weite-
rer Koordinierungsbedarf bezieht sich auf die Faktoren Raum, Zeit und Sachmittel. Direkte
Koordinationsentscheidungen finden in persönlichen Interaktionen in der Beziehung zwi-
schen Stationsleitung und Mitarbeiter statt, z. B. durch Einweisung, Mitarbeiterbespre-
chungen. Durch Instrumente, wie z. B. Dienstplanung, Organigramme, Führungsgrund-
sätze, Richtlinien, Stellenbeschreibungen oder standardisierte Arbeitsablaufbeschreibun-
gen werden die Mitarbeiter indirekt koordiniert. Koordinationsaufgaben der Stationsleitung
sind des weiteren die Planung der Arbeit, die Anwendung effizienter Arbeitstechniken und
die Einarbeitung und Eingliederung von neuen Mitarbeitern in den Arbeitsprozeß (vgl.
L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 204-208).
Die Phase der Willenssicherung kann in zwei Teilphasen unterschieden werden: Kontrolle
und Korrektur. Die Kontrolle stellt eine Überprüfung bereits geleisteter Ergebnisse (Ist-
Wert) mit den angestrebten Ergebnissen (Soll-Wert) dar. Dieser Aufgabenbereich ist für
viele Vorgesetzte, also auch für die Stationsleitung eine unbeliebte Aufgabe, da sie von
den Mitarbeitern häufig als Eingriff in die persönliche Freiheit und als Ausdruck von
Mißtrauen interpretiert wird. Nach N
EUBERGER
(1993, S. 39) wird in der kooperativen Füh-
rung die vereinbarte Zwischen- oder Endkontrolle gegenüber der Verhaltenskontrolle
bevorzugt. In der Pflege wird man diese Form der Kontrolle dennoch nicht ganz außer
Acht lassen können, da z. B. bei der Mobilisation eines Schlaganfallpatienten nicht nur
das Ergebnis, sondern gerade der Prozeß der Mobilisation von Wichtigkeit ist. In der
Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdkontrolle wird die Selbstkontrolle der Mitarbeiter
angestrebt. Bei Fremdkontrollen wird eine negative Wirkung in Bezug auf Zufriedenheit
und Leistungsmotivation der Mitarbeiter angenommen. Die Selbstkontrolle legt das Bild
eines Mitarbeiters zu Grunde, der eigenverantwortlich und leistungsmotiviert handelt. Auf
Fremdkontrollen durch die Stationsleitung kann dennoch nicht ganz verzichtet werden, sie
sollten jedoch in einem Klima des gegenseitigen Vertrauens stattfinden (ebenda, S. 210-
213). Nach L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
besteht im allgemeinen ein Kontrollvakuum im
Krankenhaus. Sie geben nach einer Studie von B
ORDEMANN
(1978, zitiert nach L
UTERBA-
CHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 213) an, daß
die Stationsschwester allein über den Weg der
Ergebniskontrolle von ihrem Kontrollrecht Gebrauch machte. Die Verlaufskontrolle wurde
dagegen eher wenig auf der Pflegestation angewendet.

12
Die Phase der Korrektur wird von L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
besonders ausführlich be-
handelt. ,,Korrektur heißt Analyse der Abweichungsursachen und entsprechende Verhal-
tens-, Situations- und Zielanpassungen" (a. a. O., S. 210). Die Korrektur bezieht sich
demnach mit ihren Anpassungsmaßnahmen und Verbesserungen auf negative Soll-Ist-
Abweichungen in der Phase der Kontrolle, um zukünftig optimale Arbeitsergebnisse und
eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erzielen. Dazu ist es nötig, Anerkennung oder
Kritik als verbale Feedbacks an die Mitarbeiter zu geben. Wenn die Stationsleitung diese
Führungsinstrumente einsetzt, sollte sie deren Wirkung und Funktion dieser Instrumente
einschätzen können. In einem gelungenen Kritikgespräch weist die Stationsleitung auf
Fehler und Mängel so hin, daß Mitarbeiter zur Verbesserung aktiviert und stimuliert wer-
den. Voraussetzung dafür ist, daß die Kritik sachlich, konstruktiv und offen und unter vier
Augen erfolgt. Der Anerkennung durch Vorgesetzte wird in der Regel eine große Bedeu-
tung durch die Mitarbeiter beigemessen. Dieses Bedürfnis bezieht sich auf die Anerken-
nung der Arbeitsleistungen und darüber hinaus auch auf die persönliche Wertschätzung.
Deshalb ist verbale und auch nonverbale Anerkennung notwendig, um Frustrationen und
Enttäuschungen unter Mitarbeitern vorzubeugen (a. a. O., S. 228).
Mitarbeiterführung ist nur durch Kommunikation möglich und durchführbar, deshalb steht
Kommunikation im Zentrum des Führungskreises. Anhand einer Zusammenstellung von
Untersuchungsergebnissen zeigt S
CHIRMER
(1981, S. 221) auf, daß ,,im Durchschnitt zwi-
schen 50% und 80% der Arbeitszeit für Aufnahme und Weitergabe von Informationen
genutzt wird, wobei die Kommunikation mit Untergebenen im Vergleich zum aufwärtsge-
richteten Informationsaustausch dominiert" (zitiert nach H
ENTZE
1997, S. 419). Ohne
Kommunikation ist keine Führung möglich, keine Motivation von Mitarbeitern, keine Ziel-
vereinbarung und keine koordinierende Aktivität. Das Medium, durch welches die Stati-
onsleitung das Verhalten ihrer Mitarbeiter beeinflußt, ist die Kommunikation. Allerdings ist
es für die Zufriedenheit der Mitarbeiter auch wichtig, daß Kommunikation nicht nur als
Mittel zum Zweck gebraucht wird, sondern daß ,,Spielräume" existieren, die eine absichts-
lose Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern erlauben (vgl. L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 233-234). Für eine gelungene Kommunikation am Arbeitsplatz und
ein gutes Arbeitsklima spricht die Häufigkeit der kommunikativen Interaktionen. Je befrie-
digender diese von den Mitgliedern einer Gruppe erlebt werden, desto besser ist das Ar-
beitsklima. Studien weisen nach, daß ,,die Zufriedenheit mit der Aufgabe und der Bereit-
schaft zu kooperativer Aufgabenerfüllung mit dem Grad der Kommunikationsfreiheit

13
wachsen" (L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 234). Der Stil der betrieblichen Zusam-
menarbeit und das Führungsverhalten der Stationsleitung bestimmen dabei auch die Ar-
beitsatmosphäre. Das Arbeitsklima und der Kommunikationsstil einer Station wirken sich
letztendlich auch auf das Wohlbefinden des Patienten aus, der aufgrund seiner Befind-
lichkeit in der Regel angewiesen ist auf eine funktionierende Kommunikation zwischen
den Mitgliedern einer Station (vgl. L
UTERBACHER
& L
EUTZINGER
1994, S. 234).
3.1.5 Mitarbeiterführungsaufgaben einer Stationsleitung
Explizite Beschreibungen von Führungsaufgaben für Stationsleitungen lassen sich in der
Literatur nur wenige finden. Wenn Führungsaufgaben beschrieben werden, erfolgt dieses
in der Regel in Anlehnung an Stellenbeschreibungen. Üblicherweise wird in Stellenbe-
schreibungen die Einteilung in patienten-, mitarbeiter- und betriebsbezogene Aufgaben
vorgenommen. Da in dieser Studie der Fokus auf den personalbezogenen Aufgaben liegt,
sollen diese im folgenden dargestellt werden.
Nach W
ÖRETSHOFER
(1986) gehört es zu den Führungsaufgaben einer Stationsleitung,
Zielvorgaben bzw. ­vereinbarungen für die Qualität pflegerischer Arbeit anzustreben und
entsprechende Entscheidungs-, Handlungs- und Freiheitsspielräume an die Mitarbeiter zu
delegieren. Dabei werden fachliche Fähigkeiten und Qualifikation der Mitarbeiter beachtet;
so kann einer Unter- bzw. Überforderung der Pflegenden begegnet werden. Im Rahmen
der Vorgaben können die Mitarbeiter, entsprechend ihrer Qualifikation, selbständig und
verantwortlich arbeiten. Dieses dient auch dem Ziel der Arbeitszufriedenheit der Mitarbei-
ter (ebenda, S. 315-316). Durch gezielte Personalführung gilt es, Mitarbeiter durch Bera-
tung zu motivieren und die regelmäßige Teilnahme der Mitarbeiter an internen und exter-
nen Fortbildungsveranstaltungen zu fördern und zu planen, um eine persönliche und be-
rufliche Weiterentwicklung zu ermöglichen (vgl. U
HDE
1997, S. 477). Es sollte auch Auf-
gabe der Stationsleitung sein, Fort- und Weiterbildung mit Unterstützung der Pflegedienst-
leitung auf Stationsebene zu organisieren (vgl. S
CHÄFER
1988, S. 59). Ebenso sollte sie
offen sein für Verbesserungsvorschläge oder Beschwerden der Mitarbeiter und vermit-
telnd bei bestehenden Konflikten zwischen Mitarbeitern eingreifen (vgl. W
ILD
1989, S.
147). Die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter erfolgt durch konsequente Qualitätskontrol-
len im zugewiesenen Verantwortungsbereich. Dabei hat sie die fachliche Weisungsbefug-
nis gegenüber ihren Mitarbeitern. Die Organisation und Durchführung von protokollierten

14
Mitarbeiterbesprechungen stellt ein wichtiges Führungsinstrument dar. Dadurch soll ge-
währleistet werden, daß Informationen aus den Stationsleitungsbesprechungen durch die
Stationsleitung vollständig an die Mitarbeiter weitergegeben werden; gleichzeitig können
Sachverhalte und Probleme fach- wie auch personenbezogen diskutiert werden. Die
Dienstplan- und Urlaubsplangestaltung erfolgt einerseits nach dem optimalen und kontinu-
ierlichen Arbeitseinsatz aller Mitarbeiter und anderseits unter der Berücksichtigung per-
sönlicher Bedürfnisse. Die Stationsleitung organisiert die fachgerechte, systematische
Einarbeitung von neuen Mitarbeitern und die praktische Ausbildung der Krankenpflege-
schüler. Die Beurteilung von neuen Mitarbeitern und den Schülern gehört ebenfalls zu
ihren Aufgaben (vgl. W
ÖRETSHOFER
1986, S. 314-315).
M
ETZLER
(1988) betont die Fürsorgepflicht der Stationsleitung; Führungsaufgaben liegen
hier im Bereich der Gesundheitserziehung und in der Gestaltung von Arbeitsbedingungen
zum Wohle der Mitarbeiter.
Weitere Entwicklungen in Bezug auf Personaführungsaufgaben einer Stationsleitung er-
geben sich nach W
APPLINGER
(1993) im Zusammenhang mit Lean Mangement
4
. Die Sta-
tionsleitung wird demnach vermehrt Aufgabengebiete von der Abteilungsleitung überneh-
men. Schwerpunkt ist dabei im Bereich der Mitarbeiterführung eine aktive Wahrnehmung
von Personalmanagement und Personalentwicklung durch die Stationsleitung. Sie ist im
Rahmen einer strategischen Personalplanung in Zusammenarbeit mit der Pflegedienstlei-
tung an die Personalauswahl und den ­einsatz der Mitarbeiter ihrer Station beteiligt und
ist ermächtigt, im Extremfall die Kündigung auszusprechen. Regelmäßige Qualifikations-
gespräche sollen mit den Mitarbeitern durchgeführt werden, um gezielte Fördermaßnah-
men im Zuge der Personalentwicklung einleiten zu können. Kritisch angemerkt wird, daß
Stationsleitungen in der Regel in einem stark hierarchischen System eines Krankenhau-
ses sozialisiert werden, und daß erst von Seiten der Pflegedienstleitung Personalentwick-
lung ,,on the job"
5
betrieben werden muß, um Stationsleitungen zu diesen neuen Aufga-
benstellungen zu befähigen und langfristig prozeßhafte Veränderungen zu erzielen (e-
benda, S. 28-29). Wie dieses im Einzelnen geschehen soll, darüber äußert sich die Ver-
fasserin nicht.
4
Lean Mangement: Bedeutet eine unternehmensübergreifende Dezentralisierung mit einer Verringerung der
Leitungstiefe und einer Dezentralisierung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereichen. (vgl.
G
ABLER
-W
IRTSCHAFTSLEXIKON
1997, S. 2410)
5
Personalentwicklung ,,on the job" meint eine qualifikationsfördernde Aufgabengestaltung und Ergänzungs-
und Anpassungsweiterbildungsmaßnahmen in Verbindung mit der regulären Arbeit.

15
W
EINERT
(1993) nimmt Kommunikation als zentrales Mittel des Führungsprozesses auf
und betont die Wichtigkeit von ,,organisierter" Kommunikation. Damit ist gemeint, daß die
Stationsleitung Mitarbeiterbesprechungen, Teambesprechungen, Arbeitsgruppensitzun-
gen und Beratungs- und Konfliktgespräche aktiv und geplant wahrnimmt.
Dieser Bereich sollte Teil des beruflichen Selbstverständnisses werden, als Arbeit akzep-
tiert werden und auch geplant und verbindlich in die Dienstplangestaltung einfließen.
Durch den Erwerb von Schlüsselqualifikationen sollen diese zunehmenden Anforderun-
gen bewältigt werden. Als unzureichend wird demzufolge die herkömmliche Weiterbildung
zur Stationsleitung kritisiert und Supervision als Instrument empfohlen, um Versagens-
ängsten und Überforderungen entgegenzusteuern (ebenda, S. 662).
3.2 Menschenbilder als Führungsgrundlage
Die der Mitarbeiterführung zugrundeliegenden Menschenbilder (Persönlichkeitsbilder)
sind Grundannahmen über andere Menschen, über ihre Ziele, Werte und Fähigkeiten (vgl.
H
ENTZE
1997, S. 54). In der Führungsbeziehung prägen die teils bewußten, aber auch
unbewußten Vorstellungen über das ,,Wesen" des Mitarbeiters das Verhalten des Führen-
den. Vorgesetzte unterliegen damit dem Phänomen der ,,self-fulfilling prophecy" (sich
selbst erfüllende Prophezeiung): Geht ein Vorgesetzter davon aus, daß ein Mitarbeiter
z. B. keine Eigenverantwortung übernehmen möchte, so wird er sich durch sein Verhalten
darauf einstellen und ihm keinen Autonomiefreiraum einräumen und ihm somit letztendlich
die Möglichkeit zu eigenverantwortlichen Handlungsweisen nehmen (vgl. S
CHOLZ
1993, S.
405; L
ILGE
1980, S. 55). Das Vorhandensein von Menschenbildern bei einer Führungs-
person wirkt sich direkt auf das Führungsverhalten aus, während Menschenbilder von
Führungsforschern das Führungsverhalten indirekt beeinflussen, indem sie in Füh-
rungstheorien einfließen, die ihrerseits wiederum Führungsverhalten beeinflussen (vgl.
S
CHOLZ
1993, S. 403).
Zwei Klassifizierungen sollen hier vorgestellt werden: Die XY-Theorie von M
C
G
REGOR
, die
auf einem dualistischen Menschenbild fußt, und der pluralistische Ansatz der Grundtypen
von S
CHEIN
(vgl. S
CHOLZ
1993, S. 404).

16
3.2.1 McGregor`s XY-Theorie
M
C
G
REGOR
(1960) unterscheidet zwischen zwei Extremtypen an Menschenbildern, näm-
lich den der ,,Theorie X" und den der ,,Theorie Y" (ebenda, S. 27 u. S. 35). Diese Men-
schenbilder gehen von stark vereinfachten Annahmen über Menschen in Organisationen
aus, wie sie von Vorgesetzten gesehen werden können (vgl. S
CHOLZ
1993, S. 404).
Die pessimistische Sichtweise X schreibt dem Mitarbeiter eine angeborene Abneigung
gegen Arbeit und Verantwortung, geringen Ehrgeiz und Wunsch nach Kontrolle zu. Gear-
beitet wird nur unter Kontrolle und Zwang, und erst dann sind zielgerichtete Aktivitäten im
Unternehmen möglich (vgl. D
IETERICH
& S
OWARKA
1995, S. 434). Die optimistische ,,Theo-
rie Y" geht von einem Menschen aus, dem Arbeiten natürlich wie Spielen ist. Menschen
sind eigeninitiativ, nehmen freiwillig an zielgerichteten Aktivitäten teil, solange sie mit den
Zielen einverstanden sind. Die Erreichung der Ziele wird mit dem Bedürfnis nach Selbst-
verwirklichung und nach Verantwortung verbunden. Kreative und intellektuelle Fähigkeiten
der arbeitenden Menschen im Unternehmen sind vorhanden; sie werden jedoch nur zum
Teil aktiviert (vgl. M
C
G
REGOR
1960, S. 36-37).
Abbildung 2: Kreisläufe zu Theorie X und Theorie Y nach McGregor (Probst
1993, S. 428, zitiert nach Borsi 1995, S. 195)
Strenge Vorschriften
und Kontrollen
Verantwortungsscheu,
keine Initiative
Theorie X
bestätigt
daraus folgt
Passives Arbeitsver-
halten
führt zu
führt zu
Theorie Y
Initiative und Verantwor-
tungsbereitschaft
Handlungsspielraum,
Selbstkontrolle
Engagement für die
Arbeit
verstärkt
daraus folgt
ermöglicht
führt zu

17
Die Kreisläufe in Abbildung 2 stellen noch einmal dar, daß Menschen dazu neigen, sich
so zu verhalten, wie es von ihnen erwartet wird. Wenn die Vorgesetzte, also die Stations-
leitung, ihre Mitarbeiter z. B. für unselbständig hält, werden sie so von ihr wahrgenommen
und behandelt werden (selektive Wahrnehmung) und sich dann zum Teil auch so verhal-
ten (vgl. B
ÖHME
1997, S. 96). S
PRENGER
(1996) stellte in durchgeführten Erhebungen fest,
daß der Kriterienblock ,,Nicht-Zutrauen" die größte Demotivationsquelle für die Mitarbeiter
bildete. Darunter fallen noch weitere Aspekte, wie: ,,Geringe Leistungserwartung, Mißach-
tung fachlicher Kompetenz, Nicht-Zutrauen eigenverantwortlicher Arbeit, Chef weiß und
kann immer mehr, übertriebene Kontrolle" (S
PRENGER
1996, S. 180).
Die Sichtweise der Theorie X führt dabei zu einem autoritär-kontrollierenden Führungsstil,
während die Theorie Y einen kooperativ-delegierenden Führungsstil impliziert. (vgl. D
IE-
TERICH
& S
OWARKA
1995, S. 434). Dabei spricht sich M
C
G
REGOR
klar dafür aus, nur vom
Menschenbild Y auszugehen und die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Be-
friedigung sozialer und ideeller Bedürfnisse der Mitarbeiter zu schaffen (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 174). Die Arbeit von M
C
G
REGOR
wird letztendlich als normativ-deduktiv kritisiert,
weil in seinem Konzept im Hinblick auf die Unternehmensziele immer (und nicht situativ)
von Theorie Y ausgegangen werden soll (vgl. S
CHOLZ
1993, S. 406).
3.2.2 Grundtypen von S
CHEIN
S
CHEIN
(1980, vgl. S
TAEHLE
1991, S. 175), dessen Typologie ebenfalls weit verbreitet ist,
unterscheidet vier verschiedene Persönlichkeitsbilder im Verlauf der historischen Entwick-
lung: Den rational-ökonomischen, den sozialen, den nach Selbstentfaltung strebenden
und den komplexen Menschen. S
TAEHLE
(1991, S. 176) greift diese Klassifikation auf und
leitet daraus idealtypische Konsequenzen für das Management ab.
Der als rational-ökonomisch charakterisierte Mensch gilt in erster Linie vor allem durch
materielle Anreize motivierbar. Aus diesem Grunde gilt er eher als passiv und manipulier-
bar. Die Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten ist ein formales Ver-
hältnis. Die Aufgabe der Führungsperson besteht darin, materielle Anreize zu entwickeln
und den Arbeitsprozeß und den Einsatz von Mitarbeitern effektiv zu gestalten (vgl. W
UN-
DERER
1980a, S. 79; H
ENTZE
1997, S. 57).

18
Der als sozial typisierte Mensch findet hohe Befriedigung durch soziale Beziehungen am
Arbeitsplatz, ist dadurch auch motivierbar. Er fügt sich den Normen seiner Gruppe und
strebt nach Nähe, Anerkennung und Zugehörigkeit (vgl. N
EUBERGER
1995, S. 26). Vorge-
setzte sollten hier in der Lage sein, die Bedürfnisse nach Anerkennung, Zugehörigkeitsge-
fühl und Identität zu befriedigen (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 176).
Das Bild des nach Selbstentfaltung strebenden Menschen (,,self-actualizing man") be-
schreibt einen Typus, der die Individualität des Menschen betont. ,,Selbstverwirklichung
und psychologisches Wachstum, Ich-Bedürfnisse und Autonomie sind die zentralen Beg-
riffe (...)" (N
EUBERGER
1995, S. 26). Der Vorgesetzte verhält sich angemessen kooperativ
zu seinen Mitarbeitern, versteht sich als Katalysator und Förderer.
Der komplexe Mensch gilt als ,,flexibel, plastisch, lern- und wandlungsfähig, er kann nicht
auf eine bestimmte Eigenart festgeschrieben werden, sondern verändert sich je nach den
Anforderungen der Situation, in der er handeln muß" (N
EUBERGER
1995, S. 26). Die an-
gemessene Funktion des Vorgesetzten liegt hier darin, ein guter Diagnostiker zu sein,
d. h. er sollte die unterschiedlichen Motive und Fähigkeiten der Mitarbeiter wahrnehmen,
einschätzen und beantworten können (vgl. L
ILGE
1980, S. 59).
Zusammenfassend läßt sich sagen: Wenn auch die Menschenbilder von M
C
G
REGOR
und
S
CHEIN
stark vereinfacht und verallgemeinernd dargestellt wurden, so sind sie doch in
alltäglichen Führungsbeziehungen unbewußt oder bewußt präsent. Dabei ist anzumerken,
daß jeder dieser Ansätze in bestimmten Situationen und bei bestimmten Mitarbeitern nicht
zutreffen können (vgl. L
ILGE
1990, S. 59).
3.2.3 Bedeutung von Menschenbildern für die Führungsebene der Sta-
tionsleitung
Es stellt sich die Frage, von welchen Menschenbildern sich das Pflegemanagement und
damit die Stationsleitungen bei der Organisation und Gestaltung der Pflege und im Um-
gang mit ihren Mitarbeitern leiten lassen. Inwieweit nehmen Stationsleitungen als ,,erste
Ebene des Pflegemanagements" (S
CHRÖCK
1998, S 34) die Reflexion ihres Menschenbil-
des wichtig? Insgesamt gibt es nur wenig Literatur zu diesem Aspekt. B
ORSI
(1995, S.
194) gibt an, daß ,,ohne eine Reflexion verschiedener Menschenbilder (...) ein Zugang
zum Thema Arbeitsgestaltung und Pflegemanagement nicht möglich ist". So kann das
Menschenbild der Theorie X als Grundlage des Pflegesystems der Funktionspflege gese-

19
hen werden. In dieser Arbeitsorganisation werden die Pflegetätigkeiten auf der Station in
kleine Verrichtungseinheiten aufgeteilt und diese einzelnen Pflegepersonen zur Erledi-
gung an allen oder mehreren Patienten zugewiesen (vgl. B
ÜSSING
1997, S. 20). Pflegende
in der Funktionspflege sind eher nur ausführende Elemente, die einen reibungslosen und
zeitsparenden Arbeitsablauf garantieren sollen. Stationsleitungen in diesem System der
Funktionspflege nehmen eine starke hierarchische Position ein; sie sind für die gesamte
Durchführung der pflegerischen Tätigkeiten verantwortlich (vgl. M
ÜHLBAUER ET AL
1995, S.
469). Demzufolge beklagen sich die Mitarbeiter u. a. über ,,fehlende (eigene) Verantwor-
tung" und ,,qualitative Unterforderung" (E
LKELES
1988, zitiert nach F
EUERSTEIN
& B
ADURA
1991, S. 78). Wird dagegen das Menschenbild der Theorie Y oder das Bild des ,,self-
actualizing man" (s. Kap. 3.2.1 u. 3.2.2) zugrundegelegt, so ergibt sich die Notwendigkeit,
die Arbeitsorganisation zu ändern. Geht man weiterhin vom Menschenbild des ,,Sozialen
Menschen" aus, kann man annehmen, daß in einem patientenorientierten System die
sozialen Bedürfnisse der Pflegenden eher befriedigt werden als in der ,,sozialen Bezie-
hungslosigkeit" der Funktionspflege (E
LKELES
1988, zitiert nach F
EUERSTEIN
& B
ADURA
1991, S. 78). Eine Schlüsselfunktion spielt die Stationsleitung, da sie verantwortlich in
Kooperation mit der übergeordneten Pflegemanagementebene die Organisation der Stati-
on gestalten kann.
3.3 Ausgewählte Führungsstilmodelle
In der vorhandenen Krankenhaus-Managementliteratur und auch in Stellenbeschreibun-
gen wird immer wieder die kooperative Führung von Mitarbeitern als der zeitgemäße und
anzustrebende Stil angegeben. Vereinzelt wird auch auf das Verhaltensgitter nach B
LAKE
& M
OUTON
(s. Kapitel
3.3.3) eingegangen. Von daher werden im folgenden die beiden
Führungsstilmodelle näher beleuchtet und ihre mögliche Relevanz für die Stationslei-
tungsebene dargestellt.
3.3.1 Kooperative Führung
Ein kooperativer Führungsstil wird dann idealtypisch praktiziert, wenn die Vorgesetzte die
Mitarbeiter maßgeblich an Entscheidungen beteiligt. Dabei sind nach heutigem Verständ-
nis kooperativer Führungsstil und autoritärer Führungsstil ,,keine sich ausschließenden

20
Autoritärer Führungsstil
Kooperativer Führungsstil
Gegensätze, sondern Pole auf einem Kontinuum, das eine Vielzahl von Zwischenstufen
zuläßt" (D
AHLGAARD
1997, S. 332).
Stations-
leitung ent-
scheidet und
ordnet an.
Stationslei-
tung ent-
scheidet, ist
jedoch be-
strebt, Mitar-
beiter von
ihrer Ent-
scheidung zu
überzeugen,
bevor sie sie
anordnet.
Stationslei-
tung ent-
scheidet,
gestattet
jedoch Fragen
zu der Ent-
scheidung, um
durch Beant-
wortung deren
Akzeptanz zu
erreichen.
Stationslei-
tung
informiert
über beab-
sichtigte Ent-
scheidung,
Mitarbeiter
können sich
äußern, bevor
die Stations-
leitung die
Entscheidung
trifft.
Die Gruppe
der Mitarbeiter
entwickelt
Vorschläge.
Aus den ge-
meinsam
gefundenen
und akzeptier-
ten möglichen
Lösungen
entscheidet
sich die
Stationslei-
tung für eine
Lösung.
Die Gruppe
der Mitarbeiter
entscheidet,
nachdem die
Stationslei-
tung das
Problem auf-
gezeigt und
die Grenzen
des Entschei-
dungsspiel-
raumes
festgelegt hat.
Die Gruppe
entscheidet.
Die Stations-
leitung fun-
giert als Koor-
dinator nach
innen und
außen.
Abbildung 3: Führungsstil-Grundformen im Kontinuum nach T
ANNENBAUM
&
S
CHMIDT
(1958); (zitiert in Anlehnung nach O
LFERT
; S. 202)
Kooperative Führung als Entscheidungsbeteiligung bezieht sich zumeist auf das Klassifi-
kationsschema von T
ANNENBAUM
& S
CHMIDT
(1958). In diesem Kontinuum (s. Abbildung
3) werden sieben Verhaltensweisen der Führung unterschieden nach dem Ausmaß der
Anwendung von Autorität durch den Vorgesetzten, hier in dieser Studie die Stationslei-
tung, und das Ausmaß der Entscheidungspartizipation durch den Mitarbeiter (vgl. S
TAEH-
LE
1991, S. 311). Dabei ist zu beachten, daß Ergebnisse der Führungsforschung zeigen,
daß keine sinnvollen Handlungsempfehlungen zu der Frage abgegeben werden können,
welches der ,,beste" Führungsstil ist (vgl. D
AHLGAARD
1997, S. 333). Stationsleitungen als
Vorgesetzte müssen eine Reihe von situativen Variablen erfassen und aus der Situati-
onsanalyse heraus sich für den der Situation jeweils adäquaten Führungsstil entscheiden.
Zu den Variablen gehören:
· Die Eigenheiten des Vorgesetzten
Die eigenen Wertvorstellungen des Vorgesetzten spielen bei der Bemessung des Ent-
scheidungsspielraums eine große Rolle: Wer Selbstbestimmung für einen wichtigen Wert
erachtet, wird sich auch im Kontinuum für eine eher kooperative Form entscheiden. Das
Entscheidungsspielraum der Stationslei-
tung
Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter

21
Vertrauen in die Mitarbeiter, die eigenen Führungsqualitäten und das Sicherheitsempfin-
den der Führungsperson bestimmen, inwieweit er die Mitarbeiter an Entscheidungen par-
tizipieren läßt (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 311).
· Die Eigenheiten der Mitarbeiter
Die Übernahme von Entscheidungskompetenzen bei der kooperativen Führung fordert
von den Mitarbeitern ein Maß an Kompetenz, Erfahrung und Engagement, das nicht bei
allen vorausgesetzt werden kann. Von Interesse sind auch die eigenen Ansprüche der
Führungsperson hinsichtlich der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung. Ein
Vorgesetzter kann dieses für den Problemlösungsprozeß nutzen (vgl. a. a. O., S. 311).
· Die Eigenheiten der Situation
Das Führungsverhalten des Vorgesetzten wird ferner von den Gegebenheiten der Situati-
on, wie Art des Krankenhauses und der Station, den Eigenarten des Entscheidungsprob-
lems und der zur Verfügung stehenden Zeit bestimmt. Abstimmungs- und Entscheidungs-
prozesse mit Gruppen kosten Zeit; der Zeitaufwand wird aber dadurch relativiert, daß Wi-
derstände bei der Umsetzung der Entscheidung verringert werden (vgl. H
ENTZE
1997, S.
253).
Jede unterschiedliche Konstellation in den dargestellten drei Charakteristika erfordert ei-
nen anderen Führungsstil; erfolgreich ist derjenige Führer, der die verschiedenen Einfluß-
faktoren realistisch einschätzt und sich mit seinem Führungsverhalten entsprechend flexi-
bel darauf einzustellen mag (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 313; H
ENTZE
1997, S. 253).
Die Kritik an der Typologie von T
ANNENBAUM
& S
CHMIDT
bezieht sich vor allem auf die
Eindimensionalität des Ansatzes. Es berücksichtigt nur einen Aspekt der Führung, näm-
lich Entscheidungspartizipation und vernachlässigt andere Führungsaspekte (z. B. Pla-
nung und Kontrolle), (vgl. K
IEHL
1985, S. 44).
Nach W
UNDERER
(1980b) wird folgende Arbeitsdefinition der kooperativen Führung vorge-
schlagen:
,,Kooperative Führung wird verstanden als zielorientierte soziale Einflußnahme zur Erfül-
lung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturierten Arbeitssituation unter wechselsei-

22
tiger, tendenziell symmetrischer Einflußausübung und konsensfähiger Gestaltung der Ar-
beits- und Sozialbeziehungen."
Die kooperative Führung als umfassendes Konzept kann durch neun grundlegende
Merkmale beschrieben werden, die nicht unabhängig voneinander zu sehen sind, sondern
sich gegenseitig bedingen (vgl. W
UNDERER
1980b, S. 99ff.). Als Grundwerte kooperativer
Führung werden dabei Arbeit und Leistung, Wechselseitigkeit und Selbstverwirklichung
bezeichnet.
1. Gemeinsame Einflußausübung
Der Vorgesetzte soll seinen Mitarbeitern Einfluß an Entscheidungen gewähren und die
damit verbundene Partizipation an Macht akzeptieren. Die kooperative Führung betont
neben der Entscheidungsbeteiligung in zunehmendem Maße die wechselseitige Einflu-
ßausübung vieler Organisationsmitglieder.
2. Funktionale Rollendifferenzierung und Sachautorität
Eine gemeinsame Aufgabenerfüllung durch Vorgesetzte und Mitarbeiter unter funktionaler
Rollendifferenzierung wird angestrebt. Dabei kann die strikte und auf Positionsautorität
beruhende Trennung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in Abhängigkeit von der
Situation und den Sachkompetenzen des jeweiligen Mitarbeiters aufgegeben werden.
3. Multilaterale Informations- und Kommunikationsbeziehungen
Das System von hierarchisch strukturierten Informationsbeziehungen soll aufgegeben
werden und durch ein Netz von vertikalen, horizontalen und diagonalen Informations- und
Kommunikationsbeziehungen ersetzt werden. Die Aufgabenerfüllung wird dadurch
erleichtert und soziale Beziehungen gefördert.
4. Konfliktregelung durch Aushandeln und Verhandeln
Einseitige autoritäre Entscheidungen sollen durch Prozesse des Aushandelns und Ver-
handelns in konflikthaften Situationen ersetzt werden.
5.
Gruppenorientierung
Eine gruppenorientierte Führung ermöglicht es dem Mitarbeiter zunehmend, Einfluß auf
die Führungsaufgaben zu nehmen, und soll zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und -
leistung beitragen.

23
6. Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit
Vertrauen ist eine Voraussetzung für konsensfähige Arbeits- und Sozialbeziehungen. Eine
kooperative Führung fördert das wechselseitige Vertrauen der Organisationsmitglieder.
7. Bedürfnisbefriedigung der Mitarbeiter und Vorgesetzten
Im Rahmen der kooperativen Führung sollen auch Selbstverwirklichungsbedürfnisse der
Mitarbeiter weitgehend berücksichtigt werden. Mitarbeiter sollen nicht nur als Mittel zum
Zweck der Produktivitätssteigerung gesehen werden, sondern auch persönlich und/ oder
beruflich in ihrer Entwicklung gefördert werden. Kooperative Führung gilt in dem Maße
erfolgreich, wie sie die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter sichert bzw. erhöht.
8. Ziel- und Leistungsorientierung
Bei der kooperativen Führung wird der Widerspruch von Organisations- und Individualzie-
len akzeptiert, der durch Zielvereinbarungen unter aktiver Mit ­ und Selbstbestimmung
aller Beteiligten gemildert werden kann. Erfolgreiche kooperative Führung zeigt sich darin,
daß die Arbeitsleistung der Organisationsmitglieder gesichert bzw. erhöht wird.
9. Bedürfnisorientierte Personal- und Organisationsentwicklung
Kooperative Führung versteht sich als stetiger Entwicklungsprozeß der Organisation und
ihrer Mitglieder. Durch begleitende Personal- und Organisationsentwicklung und fortlau-
fende interne und externe Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen wird versucht, Fähigkei-
ten und Kompetenzen der Mitarbeiter auf Arbeitsplatzerfordernisse mehr abzustimmen
und die persönlichen und beruflichen Entwicklungsziele der Mitarbeiter mit den Organisa-
tionszielen zu verbinden.
Wie W
UNDERER
(1980b) feststellte, gibt es allerdings zur kooperativen Führung so viele
Auffassungen wie Autoren. Häufig wird mit der kooperativen Führung eine bestimmte Art
des Umgangs mit den Mitarbeitern verbunden: locker, freundlich, den anderen akzeptie-
rend (vgl. D
AHLGAARD
1997, S. 333). Zudem gibt es in der Führungsforschung keinen
anerkannten und abgesicherten Wissensbestand zu diesem Thema. Die bloße Aufzäh-
lung der genannten neun Merkmale kann von daher nur beispielhaft erfolgen, dennoch
kann man davon ausgehen, daß die Merkmale eine vorherrschende Sichtweise repräsen-
tieren (vgl. W
UNDERER
1980b, S. 8-9).

24
Kooperative Führung wurde von vielen Autoren als das ,,Allheilmittel" zur Lösung von per-
sonalen und sachlichen Führungsproblemen angesehen (vgl. W
UNDERER
1980b, S. 128).
Erfahrungen aus der Praxis der Betriebe und Forschungsberichte zeigen, daß sich das
Konzept der kooperativen Führung als die ,,beste aller möglichen Führungsformen" als
illusionär erwiesen hat und vielfachen Einschränkungen unterworfen ist. Dies bezieht sich
zu einem auf eine mögliche Überforderung der Mitarbeiter und zum anderem auf die Kri-
tik, daß die kooperative Führung eine normative Idealkonzeption ist, die in der praktischen
Durchführung als wenig ausgereift gilt (vgl. W
UNDERER
1980b, S. 128-129; S
CHWARZ
1995, S. 107). Dem gegenüber betonen neuere sozialpsychologische Erkenntnisse, daß
die kooperative Führung gerade in der heutigen wirtschaftlichen Situation angebracht ist
(vgl. S
CHWARZ
1995, S. 107).
3.3.2 Relevanz der kooperativen Führung für die Stationsleitung
In der gesichteten Literatur zu Führungsstilen im Krankenhaus ist eine deutliche Präferenz
zu erkennen, eine kooperative Führung anzustreben (z. B. M
ANYCH
1987, S. 242; P
EIL
1990, S. 171; E
ICHHORN
& S
CHMIDT
-R
ETTIG
1995, S. 374). Das bezieht sich auf alle Füh-
rungsebenen des Krankenhauses, somit auch auf die Stationsleitungsebene.
Nach P
EIL
(1990) kann der Führungsstil einer Stationsleitung unter der Zielsetzung einer
ganzheitlichen Pflege nur kooperativ sein. Dieser Ansatz, den kooperativen Führungsstil
mit in die Zielsetzung des Pflegedienstes aufzunehmen, kann nach P
EIL
dazu führen, daß
,,autoritär auftretende Stationsleitungen immer mehr Schwierigkeiten der Akzeptanz bei
den Mitarbeitern bekommen" (P
EIL
1990, S. 173). Mit der Einführung eines Bezugspflege-
systems
6
im Krankenhaus verändert sich auch die Rolle der Stationsleitung, indem sie ein
verändertes Führungsverhalten erfordert. Bezugsschwestern können nicht selbständig
und eigenverantwortlich arbeiten, wenn sie von einer ,,hochgradig autoritären Stationslei-
tung überwacht werden" (H
ELLIGE
& H
OLLER
1993, S. 252).
6
Bezugspflege: Die Bezugspflege sieht eine kontinuierliche Patientenbetreuung durch eine zuständige Be-
zugsschwester/ -pfleger vor, von der Aufnahme des Patienten bis zur seiner Entlassung bzw. Verlegung. Mit
der Übernahme der Bezugspflege ist die volle Verantwortung für den gesamten Pflegeverlauf, Durchführung
der Pflegemaßnahmen und ­dokumentation verbunden. Deshalb braucht es innerhalb der Station keine In-
stanz, die Anweisungen gibt und die Arbeit verteilt und darüber die Aufsicht führt. An die Stelle von Hierarchie
auf der Stationsebene tritt ein Team von eigenverantwortlich und gleichberechtigt Pflegenden
(S
CHLETTIG
&
VON DER
H
EIDE
1995, S. 10, 91).

25
Der eher autoritäre Führungsstil in der Pflegeorganisation der Funktionspflege
7
sollte ei-
nem angemesseneren kooperativen Stil in der Bezugspflege weichen, indem sich die Sta-
tionsleitung als Coach und Ansprechpartner und verantwortlich für die Pflegequalitätskon-
trolle versteht (vgl.
H
ELLIGE
& H
OLLER
1993, S. 252).
Studien über eher kooperative Führungsformen erbrachten einen Zusammenhang zwi-
schen Führungsverhalten und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter. S
TOGDILL
(1997, S.
404f, zitiert nach W
UNDERER
1980b, S. 434) systematisierte in einer Übersicht Studien zur
kooperativen Führung: Dabei zeigten 48 Studien einen positiven Zusammenhang mit der
Arbeitszufriedenheit auf und 16 Studien standen in negativer (bzw. null) Beziehung zur
Arbeitszufriedenheit. ,,Oder kausalanalytisch interpretiert: Kooperative Führung übt auf die
Arbeitszufriedenheit einen tendenziell positiven Einfluß aus" (W
UNDERER
1980b, S. 434).
Umgekehrt beeinflußt autoritäres Führungsverhalten die Arbeitszufriedenheit i. d. R. nega-
tiv (vgl. W
UNDERER
1980b, S. 434).
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß es eine deutliche Präferenz für eine koopera-
tive Führung im Krankenhaus gibt. Insbesondere auf der Stationsleitungsebene wird die-
ser Stil im Zuge eines patientenorientierten Pflegesystems als unumgänglich gesehen.
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Auffassungen der kooperativen Führung ist es
von Interesse, ob die Interpretation dieser Form des Führungsverhaltens der einzelnen
Stationsleitung überlassen wird oder in die Führungskonzeption des Krankenhauses ein-
fließt und dort näher bestimmt wird.
3.3.3 Das Verhaltensgitter nach B
LAKE
und M
OUTON
B
LAKE
und M
OUTON
(1980, vgl. G
ABELE
1992, S. 122) orientieren sich in ihrem bekannten
zweidimensionalen Modell an den beiden Führungsdimensionen Aufgabenorientierung
(,,initiating structure") und Beziehungsorientierung (,,consideration"). Die Verteter der Ohio-
7
Funktionspflege: Dieses Pflegesystem ist geprägt von der Aufteilung gesamtpflegerischer Arbeit in Einzeltä-
tigkeiten, welche von einer Pflegenden bei allen Patienten auf der Station durchgeführt werden. Die Pflegende
arbeitet in der traditionellen Funktionspflege weisungsgebunden auf Anordnung der Stationsleitung und ist als
Ausführende in dem, was sie gelernt hat, eigentlich unterfordert. Der fachlich unterforderten Pflegenden steht
die organisatorische und koordinierende Stationsleitung im Funktionspflegesystem gegenüber. Ihr wird ein
Höchstmaß an persönlichen und beruflichen Fähigkeiten abverlangt, die nicht nur subjektiv zur Überforderung
führen können. Bei ihr laufen sämtliche Fäden zusammen, sie begleitet die Ärzte auf der Visite und hat den
Überblick über die Pflege aller Patienten oder sollte ihn wenigstens haben (S
CHLETTIG
&
VON DER
H
EIDE
1995,
S. 68 ff.; H
OFER
1987, 116).

26
State Forschung behaupten, daß der erfolgreiche Führer hohe Ausprägungen in beiden
Dimensionen aufweist (vgl. S
TAEHLE
1991, S. 317). Sie postulieren dabei aber eine
grundsätzliche Unabhängigkeit der beiden Faktoren, d. h. eine hohe Merkmalsausprä-
gung auf der einen Dimension schließt einen hohen Wert auf der anderen Dimension
nicht ein oder aus. Für die Autoren handelt es sich um einander ergänzende Größen im
Führungsprozeß und nicht, wie z. B. bei dem eindimensionalen Modell von T
ANNENBAUM
& S
CHMIDT
(s. Kapitel 3.3.1) um sich gegenseitig ausschließende Führungsstile, bei de-
nen die Zunahme in der einen Dimension eine Reduktion der anderen verlangt (vgl. G
A-
BELE
1992, S. 122-123).
Wie die Abbildung 4 zeigt, spiegelt das Verhaltensgitter als Koordinatensystem die Wech-
selbeziehung zwischen den beiden Führungsdimensionen der Aufgaben- und Bezie-
hungsorientierung wieder. In der Literatur finden sich unterschiedliche Bezeichnungen für
die beiden Dimensionen. So ist auch von Sach- oder Produktionsorientierung die Rede
9
8
7
6
5
4
3
2
1
1,9-Führungsverhalten
,,Country Club-
Management"
Rücksichtnahme auf die
Bedürfnisse der Mitarbeiter
nach zufriedenstellenden
zwischenmenschlichen
Beziehungen bewirkt ein
gemächliches und freundli-
ches Betriebsklima und
Arbeitstempo.
9,9-Führungsverhalten
,,Team Management"
Hohe Arbeitsleistung vom
engagierten Mitarbeiter;
Interdependenz im gemein-
schaftlichen Einsatz für das
Unternehmensziel verbin-
det die Menschen in Ver-
trauen und gegenseitiger
Achtung.
1,1-Führungsverhalten
,,Überlebens-Mangement"
Minimale Anstrengung zur
Erledigung der geforderten
Arbeit genügt gerade noch,
sich im Unternehmen zu
halten
9,1_Führungsverhalten
,,Aufgaben-Management"
Hier ist ein Einrichten der
Arbeitsbedingungen, das
die Wirkung persönlicher
Faktoren auf ein Minimum
beschränkt, die Grundlage
des Betriebserfolges
5,5-Führungsverhalten
,,Organisationsmanagement"
Eine angemessene Leistung
wird ermöglicht durch die
Herstellung eines Gleichge-
wichts zwischen der Notwendig-
keit, die Arbeit zu tun, und der
Aufrechterhaltung einer zufrie-
denstellenden Betriebsmoral.
M
I
T
A
R
B
E
I
T
E
R
O
R
I
E
N
T
I
E
R
U
N
G
(hoch)
1 2 3 4 5 6 7 8 9
A U F G A B E N O R I E N T I E R U N G
Abbildung 4: Das Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach B
LAKE
und M
OUTON
(1980,
S. 27; zitiert nach S
CHOLZ
1993, S. 456)
(niedrig)
(niedrig)
(hoch)

27
und von Mitarbeiter- bzw. Menschenorientierung (vgl. S
TAEHLE
1991; S
TROEBE
& S
TROE-
BE
1990
).
Die Beziehungsorientierung zeigt sich z. B. durch praktische Besorgtheit und Einsatz für
die Belange der Mitarbeiter und eine von Achtung, Wärme und Vertrauen geprägte Ein-
stellung. Beispiele für Aufgabenorientierung sind: Die Vorgesetzte verlangt eine hohe
Einsatzbereitschaft und Initiative, spornt zu größeren Anstrengungen an, hält Leistungs-
standards ein, organisiert und strukturiert die Aufgabenbereiche. Dieses Verhalten orien-
tiert sich eher an der Erreichung der Organisationsziele (vgl. N
EUBERGER
1993, S. 35-36).
Jede der beiden Dimension wird wiedergegeben durch neun Merkmale, wobei eins die
niedrigste und neun die höchste Ausprägung angibt. Damit werden insgesamt 81 Füh-
rungsstile erfaßt. Idealtypisch werden von B
LAKE
& M
OUTON
jedoch nur fünf Führungsstile
beschrieben (vgl. W
UNDERER
1980a, S. 225). Ein 9,1-Vorgesetzter ist demnach durch
extreme Aufgaben- und minimale Mitarbeiterorientierung gekennzeichnet, beim 1,9-
Vorgesetzten ist es umgekehrt. Nach B
LAKE
& M
OUTON
gibt es einen optimalen Füh-
rungsstil (9,9), der unter allen Umständen erfolgversprechend ist. Die gleichzeitige Maxi-
mierung der Arbeitsleistung soll unter einer hohen Rücksichtnahme auf die individuellen
Besonderheiten jedes Mitarbeiters erfolgen (vgl. G
ABELE
1992, S. 126). Die Dimension der
,,Mitarbeiterorientierung" wird an anderer Stelle auch mit einem kooperativen bzw. partizi-
pativen Stil verknüpft (vgl. N
EUBERGER
1993, S. 39). Ein hoher mitarbeiterbezogener bzw.
kooperativer Führungsstil (9,9) gilt auch hier als der beste (vgl. K
LAUS
1994, S. 224). Das
9,9-Führungsverhalten wird, verbunden mit begleitenden organisatorischen Veränderun-
gen, auch als Ansatz der Organisationsentwicklung verstanden (vgl. S
CHWARZ
1995, S.
111).
Kritisiert wird an dem Verhaltensgiter der ,,normative Charakter" des Konzeptes (S
TAEHLE
1991, S. 773). Der einzig als optimal postulierte 9,9-Führungsstil legt einen ,,Ideologiever-
dacht" nahe (H
ENTZE
1997, S. 243). Ebenso gibt es nur widersprüchliche empirische Be-
lege für das 9,9-Führungsverhalten. In der Mehrzahl der Untersuchungen wurde festge-
stellt, daß eine erfolgreiche Führung auf unterschiedliche Weise erreicht werden kann, so
daß es den einzig richtigen Führungsstil nicht gibt (vgl. N
EUBERGER
1993, S. 36). Am gra-
vierendsten dürfte jedoch die Kritik sein, daß die Autoren in ihrem Modell nicht situativ
vorgehen, d. h. daß eine Analyse der Situation zur Bestimmung des Führungsverhaltens
wegfällt (vgl. B
ERNHARD
& W
ALSH
1997, S. 93).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783836602723
DOI
10.3239/9783836602723
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Fachhochschule Norddeutschland Osnabrück – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (April)
Note
1,3
Schlagworte
krankenhaus krankenpflege pflegemanagement mitarbeiterführung gesundheitswesen
Zurück

Titel: Mitarbeiterführung durch Stationsleitungen im Krankenhaus
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
160 Seiten
Cookie-Einstellungen