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Facebook - Die Persönlichkeitsstruktur und Motive der Nutzer

©2011 Magisterarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Soziale Netzwerkseiten – vor 10 Jahren noch eine Rarität und kaum verbreitet, boomt dieser Markt heutzutage und ein Abschwung ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Am 30. Juli 2011 sind 2.570.260 Nutzer aus Österreich bei dem Sozialen Online Netzwerk „Facebook“ registriert. 2,3 Millionen davon sind zwischen 14 und 49 Jahren alt.
Entworfen im Jahre 2004 als eine kleine, interne College Website der Universität Harvard, entwickelte sich „Facebook“ zu einer der größten Sozialen Netzwerkseiten weltweit. 2010 wird die Seite im Monat von 400 Millionen Nutzern besucht. Es wird gepostet, gechattet, Statusmeldungen/Fotos werden kommentiert, befürwortet oder abgelehnt, Freunde werden hinzugefügt, ja sogar Beziehungen werden per Facebook definiert – man präsentiert sich der Masse. Leichtfertig werden private Informationen freigegeben, den digitalen Fußspuren im World Wide Web wird häufig zu wenig Beachtung geschenkt, sie werden schlichtweg unterschätzt.
„Im Schnitt hat jeder Nutzer 130 Facebook-Kontakte – selbst wenn man seine Privatsphäre-Einstellungen so strikt regelt, dass nur diese 130 Personen die persönlichen Informationen sehen dürfen, ist das für viele Menschen eine ungewohnt große Menschenmenge. Das ist, als würde man vor vier Schulklassen ein Referat über sich selbst halten. Zudem gibt es die Einstellungen, dass Inhalte sichtbar für ‚Freunde von Freunden‘ sind – das sind im Schnitt 16.900 Facebook-Nutzer, also quasi eine Kleinstadt, vor der man sich entblößt. Privatsphäre bei Facebook ist eine Illusion – übrigens auch rechtlich gesehen“, so Jakob Steinschaden in einer Presseinformation für sein 2010 erschienenes Buch „Phänomen Facebook“.
Doch welche Persönlichkeit steckt hinter solchen Nutzern, die ihre privatesten Informationen preisgeben? Was sind deren Motive für die aktive Partizipation?
Sind es extravertierte Persönlichkeiten, die ihre Bühne brauchen, nach Selbstbestätigung suchen? Oder geht es eher in die andere Richtung: Sehen Menschen mit einem niedrigen Selbstwert ihre Chance in Facebook soziale Beziehungen aufzubauen? Wer profitiert von der schnellen, unkomplizierten Kontaktaufnahme?
Diesen Fragen soll unter anderem in meiner Untersuchung nachgegangen werden. Entworfen wurde ein Online Fragebogen, welcher die Persönlichkeitsmerkmale, das Selbstkonzept, die Motive und die Facebook-Nutzungsintensität der Nutzer misst.
Im zweiten Kapitel wird vorerst auf die Bedeutung sozialer Beziehungen eingegangen. Das […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Julia Haider
Facebook - Die Persönlichkeitsstruktur und Motive der Nutzer
ISBN: 978-3-8428-2152-1
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Universität Salzburg, Salzburg, Österreich, Magisterarbeit, 2011
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

2
Besonderer Dank gilt meinen Eltern, die während meines Studiums immer
unterstützend an meiner Seite gestanden sind, mir auch in schwierigen Zeiten Mut
zugesprochen haben und nie an mir gezweifelt haben.
Darüber hinaus möchte ich mich bei meinem Diplomarbeitsbetreuer,
Dr. Ao. Univ.-Prof. Christian Allesch für die professionelle, wertschätzende
Unterstützung bedanken.

3
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung... 7
2. Soziale Netzwerke... 10
2.1. Bedeutung Sozialer Netzwerke
10
2.2. Sozialkapital
12
2.2.1. Definitionen
12
2.2.2. Starke vs. Schwache Bindungen
13
2.3. Soziale Netzwerke und das Internet
14
3. Soziale Netzwerkseiten... 16
3.1. Bedeutung Sozialer Netzwerkseiten
16
3.2. Web 2.0
18
3.3. Facebook
20
3.3.1. Daten und Fakten
20
3.3.2. Funktionen 21
3.3.3. Freundschaftsbegriff 22
3.4. Motivationstheorien 25
3.4.1. Bedeutung von Motiven
25
3.4.2. Maslow's Bedürfnispyramide 26
3.4.3. Theorie von Kollock
28
3.4.4. Soziale Verstärkungshypothese
29
3.4.5. Soziale Kompensationshypothese
29
4. Forschungsprojekt... 31
4.1. Forschungsfragen und Hypothesen
31
4.2. Methodik
37
4.2.1. Messinstrument 37
4.2.2. Erhobene Konstrukte
37
4.2.2.1. Persönlichkeitsmerkmale 38

4
4.2.2.2. Selbstkonzept 39
4.2.2.3. Nutzungsintensität Facebooks
39
4.2.2.4. Motive der Nutzung
40
4.2.2.5. Facebook am Mobiltelefon
41
5.
Ergebnisse... 42
5.1. Beschreibung der Stichprobe
42
5.1.1. Soziodemographische Daten
43
5.1.2. Mitgliedsdauer 43
5.1.3. Anzahl der Facebook Freunde
44
5.1.4. Nutzungsintensität 45
5.1.5. Persönlichkeitsstruktur 47
5.1.6. Kommunikationstools 47
5.1.7. Mobiltelefon Applikation
51
5.2. Prüfung der Hypothesen
52
5.2.1. Extraversion 52
5.2.2. Kontakt- und Umgangsfähigkeit
54
5.2.3. Offenheit für Erfahrungen
55
5.2.4. Selbstwert 55
5.2.5. Neurotizismus 56
5.2.6. Verwendung von Mobiltelefone
57
5.2.7. Motive der Nutzung
58
6.
Diskussion... 61
7.
Literatur... 66
8.
Anhang... 72

5
Hinweis im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes:
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische
Differenzierung, wie z.B. NutzerInnen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im
Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter.

6
Abstract
Zwei gegensätzliche Hypothesen, die Soziale Verstärkungs- und die Soziale
Kompensationshypothese, beschreiben in der Literatur den Internetnutzer. Diese Studie
versuchte die Persönlichkeitsstruktur und die Motive der Facebook Nutzer zu
analysieren, bei der 777 Probanden zwischen 16 und 61 Jahren teilnahmen. Beide
Hypothesen scheinen ihre Berechtigung zu haben, denn sowohl extravertierte,
selbstbewusste als auch introvertierte, weniger selbstbewusste Menschen nutzen
Facebook. Nutzer mit einem hohen Selbstwert haben weniger Freunde in ihrer
Freundesliste, die sie noch nicht persönlich getroffen haben. Jene mit einem niedrigen
Selbstwert scheinen sich ihr soziales Netzwerk eher durch den Gebrauch von Sozialen
Netzwerkseiten aufzubauen, da diese viele noch nicht persönlich getroffen haben (
Æ
Kompensationshypothese). Als oberstes Motiv zur Partizipation an Facebook steht die
Erhaltung des Kontakts mit alten Freunden.
The Internet user is described by controversal hypotheses, namely the ,,Rich-Get-
Richer" and the ,,Poor-Get-Richer" hypotheses. In the present study ­ consisting of 777
people aged 16 to 61 ­ the author tries to analyze the personality and motives of
Facebook users. Both hypotheses seem valid since extraverted, self confident
individuals use facebook as well as introverted, less self confident individuals. People
with higher self-esteem have fewer friends in their friendlist, whom they have not met so
far. On the other hand people with lower self-esteem seem to build up their social
network upon using Social Network Sites, since their friendlists contain of many people,
whom they have not met face-to-face (
Æ
Poor-Get-Richer hypothesis). The priority
motive to use Facebook is to stay in touch with old friends.

7
1. Einleitung
,,Wir werden die Welt verändern. Ich glaube, wir können
die Welt aufgeschlossener und offener machen."
(Zuckerberg, 2009, zitiert nach Kirkpatrick, 2010, S. 47)
Soziale Netzwerkseiten ­ vor 10 Jahren noch eine Rarität und kaum verbreitet, boomt
dieser Markt heutzutage und ein Abschwung ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Am
30. Juli 2011 sind 2.570.260 Nutzer aus Österreich bei dem Sozialen Online Netzwerk
,,Facebook" registriert. 2,3 Millionen davon sind zwischen 14 und 49 Jahren alt.
1
Entworfen im Jahre 2004 als eine kleine, interne College Website der Universität
Harvard, entwickelte sich ,,Facebook" zu einer der größten Sozialen Netzwerkseiten
weltweit. 2010 wird die Seite im Monat von 400 Millionen Nutzern besucht.
2
Es wird
gepostet, gechattet, Statusmeldungen/Fotos werden kommentiert, befürwortet oder
abgelehnt, Freunde werden hinzugefügt, ja sogar Beziehungen werden per Facebook
definiert ­ man präsentiert sich der Masse. Leichtfertig werden private Informationen
freigegeben, den digitalen Fußspuren im World Wide Web wird häufig zu wenig
Beachtung geschenkt, sie werden schlichtweg unterschätzt.
,,Im Schnitt hat jeder Nutzer 130 Facebook-Kontakte ­ selbst wenn man seine
Privatsphäre-Einstellungen so strikt regelt, dass nur diese 130 Personen die persönlichen
Informationen sehen dürfen, ist das für viele Menschen eine ungewohnt große
Menschenmenge. Das ist, als würde man vor vier Schulklassen ein Referat über sich
selbst halten. Zudem gibt es die Einstellungen, dass Inhalte sichtbar für ,Freunde von
________________
1
http://digitalaffairs.at/facebook-userzahlen-oesterreich/
[Stand: 30. 7. 2011]
2
http://www.businessinsider.com/how-facebook-was-founded-2010-3
[Stand: 5. 2011)
3
http://www.ueberreuter.at/download/presse/Presseinformation%20Steinschaden.pdf

8
Freunden` sind ­ das sind im Schnitt 16.900 Facebook-Nutzer, also quasi eine
Kleinstadt, vor der man sich entblößt. Privatsphäre bei Facebook ist eine Illusion ­
übrigens auch rechtlich gesehen", so Jakob Steinschaden in einer Presseinformation
3
für
sein 2010 erschienenes Buch ,,Phänomen Facebook".
Doch welche Persönlichkeit steckt hinter solchen Nutzern, die ihre privatesten
Informationen preisgeben? Was sind deren Motive für die aktive Partizipation?
Sind es extravertierte Persönlichkeiten, die ihre Bühne brauchen, nach Selbstbestätigung
suchen? Oder geht es eher in die andere Richtung: Sehen Menschen mit einem
niedrigen Selbstwert ihre Chance in Facebook soziale Beziehungen aufzubauen? Wer
profitiert von der schnellen, unkomplizierten Kontaktaufnahme?
Diesen Fragen soll unter anderem in meiner Untersuchung nachgegangen werden.
Entworfen wurde ein Online Fragebogen, welcher die Persönlichkeitsmerkmale, das
Selbstkonzept, die Motive und die Facebook-Nutzungsintensität der Nutzer misst.
Im zweiten Kapitel wird vorerst auf die Bedeutung sozialer Beziehungen eingegangen.
Das Sozialkapital und dessen verschiedene Formen werden erläutert. Außerdem wird
der Einfluss des Internets auf die sozialen Netzwerke näher betrachtet.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Sozialen Netzwerkseiten im Internet. Der
Wandel vom Web 1.0 zu Web 2.0 wird veranschaulicht. Des Weiteren wird auf die
Daten, Fakten und Funktionen von Facebook eingegangen. Außerdem wird auf die
Unterschiede des Freundschaftsbegriffes im realen Leben und im virtuellen Raum
Bezug genommen. Die Bedeutung von Motiven und Motivationstheorien von Maslow
und Kollock bilden den Abschluss dieses Kapitels.
Im folgenden vierten Kapitel gilt die Aufmerksamkeit dem Forschungsprojekt.
Forschungsfragen und Hypothesen werden zu Beginn aufgestellt. Anschließend wird
die Methodik erläutert, dies beinhaltet auch die Beschreibung des Messinstruments und
die verwendeten Skalen.

9
Der Ergebnisteil, Kapitel Nummer fünf, gliedert sich in die Beschreibung der
Stichprobe und die Prüfung der Hypothesen auf.
Die anschließende Diskussion verbalisiert die gewonnenen Ergebnisse und beleuchtet
die Hypothesen kritisch. Kritik an der Studie und Anregungen für weitere Forschung
bilden den Schlusspunkt dieser Arbeit.

10
2. Soziale Netzwerke
,,Vernetztheit und Ansteckung entsprechen der Struktur und der Funktion sozialer
Netzwerke. Sie sind die Anatomie und Physiologie des menschlichen Überorganismus."
(Christakis und Fowler, 2010, S. 50)
Der Begriff des Sozialen Netzwerkes ist keineswegs ein neuer ­ mit diesem wird seit
jeher die Gesamtheit aller sozialen Beziehungen einer Person beschrieben. Christakis
und Fowler (2010) heben bei sozialen Netzwerken zwei Aspekte hervor; zum einen die
Beziehung und zum anderen die Übertragung. Beziehungen können von kurzer Dauer
oder lebenslang sein, oberflächlich oder intensiv und freundschaftlich oder anonym sein
und es ist von Bedeutung ob etwas in Beziehungen weitergegeben wird. Durch eine
Studie kamen die beiden Autoren zu der Konklusion, dass der Einflussbereich des
Einzelnen auf das soziale Netzwerk drei Schritte beträgt. Worte und Taten eines
Individuums beeinflussen sozusagen nicht nur dessen Freunde (1. Schritt), sondern auch
deren Freunde (2. Schritt) und wiederum deren Freunde (3. Schritt), wobei die Intensität
der Beeinflussung natürlich abschwächt.
2.1. Bedeutung Sozialer Netzwerke
Die soziale Unterstützung scheint schon seit langem eine enorm wichtige Rolle in der
Bedeutung von Freundschaften einzunehmen. So hat Cantor (1979) das Modell der
,,Hierarchischen Kompensation" gebildet, welches eine Hierarchie an Personen
bestimmt, an die man sich wendet, sobald ein Problem auftritt. Laut diesem Modell
befinden sich an der Spitze dieses Modells die Verwandten, insbesondere Partner und
Kinder, gefolgt von außerfamiliären Beziehungen wie Freunden, Nachbarn, anderen
Verwandten, Professionellen wie zum Beispiel Psychologen. Die Präferenz für gewisse

11
Personen, die einem zur Seite stehen sollen, hängt prinzipiell von der Art der Beziehung
und nicht der Unterstützungsleistung ab. Laut der Autorin wendet man sich im Falle der
Nichtverfügbarkeit der gewünschten Person, an die nächste, darunterliegende Person in
der Hierarchie. Litwak (1985) kritisiert hingegen die Substituierbarkeit von
Beziehungen dieser These.
Dass alle Menschen weltweit ein großes soziales Netzwerk darstellen und Einfluss
aufeinander haben, versuchte Stanley Milgram 1967 mittels seines Experimentes
darzustellen. Ein Brief aus Nebraska mit dem Ziel einen Geschäftsmann in Boston zu
erreichen sollte dazu dienen, herauszufinden, wie viele Vermittlungspersonen
notwendig sind, um zwei zufällig ausgewählte Personen aus den Vereinigten Staaten in
Verbindung zu bringen. Die Aufgabe des Experiments an die Teilnehmer war, den Brief
an eine Person weiterzuschicken, von der man annahm, sie würde mit größerer
Wahrscheinlichkeit Kontakt zu diesem Geschäftsmann haben. Milgram kam nach
mehreren Durchgängen seines Experiments, welches später den Titel ,,Six Degrees of
Separation" erhielt, zu dem Ergebnis, dass zwei willkürlich ausgewählte Personen durch
lediglich sechs Schritte verbunden sind. Watts, Dodds und Muhamad (zitiert nach
Christakis & Fowler, 2010) zweifelten die Übertragbarkeit des Experiments der sechs
Schritte auf die weltweite Ebene an und führten 2003 eine ähnliche Studie mittels E-
mails durch. Auch hier setzte sich die Zahl der sechs Schritte durch.
Beziehungen unterliegen einem steten Wandel, Freundeskreise ändern sich ­ äußerst
selten bleiben Freundschaften über das ganze Leben hinweg bestehen. Antonucci und
Akiyama (1987) erläutern in ihrem Werk die These des ,,Sozialen Konvoi's" von Kahn
und Antonucci (1980), welche diese Netzwerkveränderungen von Individuen im Laufe
des Lebens behandelt. Drei Kreise, welche die Distanz zum sozialen Netzwerk
aufzeigen, sollen den Konvoi eines Individuums darstellen. Die Personen im inneren
Kreis bieten und erhalten die meiste Unterstützung, wobei es sich hierbei um relativ
stabile, andauernde Beziehungsformen handelt. Nach außen hin schwächt die Intimität
beziehungsweise Intensität ab, sodass sich im dritten Kreis nur Personen befinden,
welche die Unterstützung entsprechend ihrer jeweiligen Rolle anbieten. Besonders in
der heutigen Net-Generation, die mit dem Internet aufwächst, ist auf einen möglichen
Wandel in der Veränderung von Strukturen und Werten von Beziehungen zu achten.

12
2.2. Sozialkapital
Ein soziales Netzwerk, sei es nun online oder offline, gilt als bedeutend für die Psyche
eines Individuums. So steht das Sozialkapital in einem positiven Zusammenhang zu
dem Selbstwert und der Lebenszufriedenheit. (Bargh & Mc Kenna, 2004) Buss (2000)
geht davon aus, dass das Streben nach positiven Beziehungen ein universelles,
menschliches Bedürfnis sei und das Erlangen solcher, der Grundstein für Zufriedenheit
ist. Der Begriff wird unterschiedlich definiert, doch grundlegend geht es um die
Möglichkeiten, die sich einem durch den Kontakt mit anderen Menschen eröffnen. So
geht Resnik (2001) davon aus, dass zwischen dem sozialen Netzwerk eines Individuums
und dessen Sozialkapital ein positiver Zusammenhang besteht.
2.2.1 Definitionen
Bourdieu und Wacquant (1992, S.14) definieren das Sozialkapital als
,,the sum of the resources, actual or virtual, that accrue to an individual or a
group by virtue of possessing a durable network of more or less institutionalized
relationships of mutual acquaintance and recognition"
Franzen und Freitag (2007, S.10) zitieren in ihrem Buch Portes (1998), welcher mehr
den Nutzen des Einzelnen durch den Beitritt in sozialen Netzwerken hervorhebt:
,,Social capital stands for the ability of actors to secure benefits by virtue of
membership in social networks or other social structures."
Mit dem Begriff Sozialkapital verbindet auch Putnam (2000) die Vorteile einer
möglichst umfangreichen Vernetzung.

13
2.2.2. Starke vs. Schwache Bindungen
Putnam (2000) unterscheidet zwei Formen des Sozialkapitals: Zum einen das ,,bridging
social capital" und zum anderen das ,,bonding social capital". Ersteres deutet auf lose,
lockere Bekanntschaften und ein heterogenes Netzwerk hin. Der Begriff ,,bonding
social capital" umschließt enge, emotionale Verbindungen, wie zum Beispiel Freunde
und Familie ­ soziale Unterstützung ist hierbei ein wichtiger Faktor. Granovetter (1973)
schätzt die Qualität von Beziehungen anhand von folgenden Faktoren ein:
1. den Zeitumfang, den zwei Personen miteinander verbringen
2. die Intimität, die sie verbindet
3. die gegenseitige Vertrautheit
4. die Leistungen (z.B. Informationen oder Gefallen), die die Personen
miteinander austauschen.
Donath und Boyd (2004) betonen die Wichtigkeit des oft Internet-basierten ,,bridging
social capitals", da man in kurzer Zeit ein großes Netzwerk aufbauen kann, welches sich
in Zukunft als profitabel für einen selbst erweisen kann. Schon im Jahre 1973 behauptet
Granovetter, dass lockere Beziehungen/Bekanntschaften für das Verbreiten bzw.
Erhalten von Informationen nützlicher sind als ein enges Netzwerk. Die Abbildung 1
verdeutlicht den Unterschied zwischen den weak (=schwache) und strong ties (=starke
Beziehungen).
Abbildung 1. Weak vs. Strong Ties in einem sozialen Netzwerk (Petti, 2009)
1
____________________
1
http://billpetti.com/2009/10/25/organizing-for-innovation-a-conversation-with-ana-andjelic/

14
In den letzten Jahren scheint es einen Wandel in der Struktur der sozialen Netzwerke zu
geben. So geht der Trend laut McPherson, Smith-Lovin und Brashears (2006) zu
wenigen aber starken Bindungspersonen. Die Autoren fanden heraus, dass die Anzahl
der Personen mit denen man wichtige Dinge bespricht, gesunken ist. So scheint das
Internet zwar die globale Vernetzung und die Vergrößerung des eigenen sozialen
Netzwerkes zu fördern, doch vertraut der Einzelne im Ernstfall doch auf ein paar
wenige, starke Bindungen.
Ellison, Steinfield und Lampe (2007) fanden in ihrer Studie einen interessanten
Zusammenhang: So galt die Facebook- Nutzungsintensität als Prädiktor für das
,,bonding social capital". In einer anderen Studie gaben 20% der Teilnehmer an, dass sie
sich aufgrund von Sozialen Netzwerkseiten zu ihren Freunden mehr verbunden fühlen.
(Subrahmanyam, Reich, Waechter & Espinoza, 2008)
2.3. Soziale Netzwerke und das Internet
Laut der Studie der beiden Soziologen Hampton und Wellman (2002) haben Internet
Nutzer im Gegensatz zu Nicht Nutzern zu den Freunden in ihrer realen Welt eine
intensivere Verbindung. Allerdings glauben die beiden Autoren nicht, dass das Internet
andere Formen der Kommunikation ersetzt, sondern lediglich eine additive Form
einnimmt. Auch Boase, Horrigan, Wellman und Rainie (2006) weisen darauf hin, dass
sowohl durch das Mobiltelefon als auch durch das Internet ein regelmäßigerer Kontakt
zu den engen, sozialen Verbindungen besteht. Ellison et al. (2007) postulieren einen
positiven Zusammenhang zwischen der aktiven Internetnutzung und der Größe des
sozialen Netzwerkes. Allerdings gibt es auch Untersuchungen die gegensätzliche
Ergebnisse aufweisen.
So entdeckten die Autoren Kraut, Patterson, Lundmark, Kiesler, Mukopadhyay und
Scherlis (1998) in ihrer Längsschnittstudie negative Effekte des Internet Gebrauchs auf
die soziale Involviertheit und die psychische Zufriedenheit. Eine darauffolgende Studie
wies darauf hin, dass diese Effekte nach geraumer Zeit verschwinden, jedoch jene, die

15
auch offline über ein starkes soziales Netzwerk verfügen mehr von der Internetnutzung
profitieren. (Kraut, Kiesler, Boneva, Cummings, Helgeson & Crawford, 2002a).
Laut Nie (2001) werden Menschen durch das Internet nicht automatisch sozialer;
sondern jene die dieses Medium gerne verwenden, sind allgemein als sozialer
einzustufen.
Resnick (2001) geht davon aus, dass sich aufgrund der Internetnutzung das
Sozialkapital verändern kann, da einerseits Zeit und Entfernung keine Rolle mehr
spielen und sich dadurch die Reichweite erhöht. Andererseits kann man auch
Konversationen in seinem E-Mail Ordner archivieren oder sich durch Beitritt in
Interessensgruppen zugehörig fühlen. Allerdings hat das Internet laut Caplan (2005)
auch negative Auswirkungen auf das Sozialverhalten von Menschen. Ihm zufolge
resultiert aus der Präferenz für soziale Onlineinteraktionen die extreme, zwanghafte
Internetnutzung, was wiederum zu fehlendem sozialen Engagement führt. Somit wirkt
die extreme Internetnutzung kompensatorisch für die fehlende soziale Kompetenz im
realen Leben.

16
3. Soziale Netzwerkseiten
3.1. Bedeutung Sozialer Netzwerkseiten
Soziale Netzwerkseiten wie zum Beispiel Facebook, My Space oder Xing ermöglichen
dem Nutzer in erster Linie den Aufbau einer virtuellen Identität und das Aufzeigen
seines sozialen Netzwerkes. Abhängig von den Nutzern werden solche Plattformen
einerseits zur Pflege bestehender Beziehungen oder zum Aufbau neuer Bekanntschaften
verwendet. Allerdings bleiben online geknüpfte Bekanntschaften laut Parks und Floyd
(1996) meist auch virtuell, denn nur bei einem Drittel der Befragten kam auch ein
persönliches Treffen zustande. Laut Lampe, Ellison und Steinfield (2006) liegt jedoch
der Fokus der Nutzer von Sozialen Netzwerkseiten (SNS) auf der Pflege von
Beziehungen und nicht dem Aufbauen von neuen Beziehungen. So gilt die
Beziehungspflege laut Ebersbach, Glaser und Heigl (2008) als ein wesentlicher Teil der
Kommunikation solcher Plattformen, welche in Wikis, Blogs, Social Sharing und
Soziale Netzwerkdienste unterteilt werden.
Der tägliche, oft-mehrmals tägliche Log-In auf solchen Sozialen Netzwerkseiten ist für
viele alltäglich geworden. Die Basis aller sozialen Plattformen ist das Profil des Nutzers
zuzüglich dessen sozialen Netzwerkes. Schlüter und Münz (2010, S.13) definieren
Social-Media-Plattformen wie folgt:
,,Social-Media-Werkzeuge ermöglichen den einfachen Austausch von
Nachrichten, Daten oder Meinungen. Sie schaffen zugleich netzartige
Verbindungen und persönliche Kontakte zwischen den Schöpfern dieser
Nachrichten, Daten und Meinungen. All das passiert an einem zentralen Ort, der
jeweiligen Social-Media-Plattform eben."
Szugat, Gewehr und Lochmann (2006) unterscheiden bei den sozialen Plattformen zwei
Arten von Nutzern. Während sogenannte ,,Content-Aggregatoren" ein bestimmtes Ziel
verfolgen, stehen bei ,,People-Aggregatoren" der Mensch und die Beziehung zu diesem

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842821521
DOI
10.3239/9783842821521
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Salzburg – Naturwissenschaftliche Fakultät, Studiengang Psychologie
Erscheinungsdatum
2011 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
facebook soziale netzwerkseiten social media motive persönlichkeit
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