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Wirtschaftsprüfung in der Krise

©2010 Diplomarbeit 60 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Funktionalität von Märkten hängt stark von den Informationen ab, die den Akteuren zur Verfügung stehen. Dies gilt insbesondere für Kapitalmärkte, da ökonomisch sinnvolle Entscheidungen nur getroffen werden können, wenn die wirtschaftliche Lage von Unternehmen verlässlich dargestellt wird. Hierbei kommt den Wirtschaftsprüfern eine zentrale Bedeutung zu. Sie sollen dazu beitragen, dass die Informationsasymmetrien zwischen dem Management und den verschiedenen Stakeholdern durch die Veröffentlichung von Bilanzen abgebaut werden und die tatsächliche Performance der Unternehmen nicht verschleiert wird. Hierzu bestehen Anreize für die Manager, beispielsweise aufgrund der Trennung von Leitung und Eigentum insbesondere bei Kapitalgesellschaften und des daraus resultierenden Agency-Konflikts. Zur Motivation der Manager werden diese oftmals leistungsabhängig vom erzielten Gewinn entlohnt, so dass es für sie von Interesse sein kann, die Zahlen des Unternehmens zur Maximierung des eigenen Nutzens zu gestalten. Dies kann zu einer Täuschung der Bilanzadressaten führen und deren Entscheidungseffizienz stark beeinträchtigen.
Die zahlreichen Bilanzskandale der letzten Jahre (Enron, Worldcom, Parmalat etc.) haben das Vertrauen in die finanzielle Berichterstattung erschüttert. Etablierte Unternehmen mussten trotz erhaltener uneingeschränkter Bestätigungsvermerke der Abschlussprüfer Insolvenz anmelden, so dass diese bei ihrer originären Aufgabe, die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen bei der Erstellung der zu veröffentlichenden Abschlussberichte zu gewährleisten, scheinbar versagt haben. Dies wirft ein schlechtes Licht auf die Branche der Wirtschaftsprüfer und deutet auf eine zu geringe Qualität der Abschlussprüfung hin. Weltweit wurden verschiedene Gesetze verabschiedet (beispielsweise der Sarbanes-Oxley Act in den USA 2002), um diese Qualität zu erhöhen und so das verlorengegangene Vertrauen in die Unternehmenspublizität, das für effizient funktionierende Kapitalmärkte von großer Bedeutung ist, zurückzugewinnen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst in Kapitel 2 die Bilanzpolitik (Earnings Management) als Möglichkeit vorgestellt, oben genannte Anreize der Manager zu verfolgen. Weiterhin wird das Ausmaß der Bilanzpolitik als Indikator für Prüfungsqualität veranschaulicht. Da Bilanzpolitik an sich unbeobachtbar ist, wird nachfolgend auf die diskretionären Periodenabgrenzungen als in der entsprechenden empirischen Forschung am […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung

Die Funktionalität von Märkten hängt stark von den Informationen ab, die den Akteuren zur Verfügung stehen. Dies gilt insbesondere für Kapitalmärkte, da ökonomisch sinnvolle Entscheidungen nur getroffen werden können, wenn die wirtschaftliche Lage von Unternehmen verlässlich dargestellt wird. Hierbei kommt den Wirtschaftsprüfern eine zentrale Bedeutung zu. Sie sollen dazu beitragen, dass die Informationsasymmetrien zwischen dem Management und den verschiedenen Stakeholdern durch die Veröffentlichung von Bilanzen ab­gebaut werden und die tatsächliche Performance der Unternehmen nicht ver­schleiert wird. Hierzu bestehen Anreize für die Manager, beispielsweise aufgrund der Trennung von Leitung und Eigentum insbesondere bei Kapitalge­sellschaften und des daraus resultierenden Agency-Konflikts. Zur Motivation der Manager werden diese oftmals leistungsabhängig vom erzielten Gewinn entlohnt, so dass es für sie von Interesse sein kann, die Zahlen des Unterneh­mens zur Maximierung des eigenen Nutzens zu gestalten. Dies kann zu einer Täuschung der Bilanzadressaten führen und deren Entscheidungseffizienz stark beeinträchtigen.[1]

Die zahlreichen Bilanzskandale der letzten Jahre (Enron, Worldcom, Parmalat etc.) haben das Vertrauen in die finanzielle Berichterstat­tung erschüttert. Etab­lierte Unternehmen mussten trotz erhaltener uneingeschränkter Bestätigungs­vermerke der Abschluss­prüfer Insolvenz anmelden, so dass diese bei ihrer ori­ginären Aufgabe, die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen bei der Erstel­lung der zu veröffentli­chenden Abschlussbe­richte zu gewährleisten, scheinbar versagt haben. Dies wirft ein schlech­tes Licht auf die Branche der Wirtschafts­prüfer und deu­tet auf eine zu geringe Qualität der Abschlussprü­fung hin. Weltweit wurden verschiedene Gesetze verabschiedet (beispielsweise der Sar­banes-Oxley Act in den USA 2002), um diese Qualität zu erhöhen und so das verlorengegangene Vertrauen in die Un­ternehmenspublizität, das für effizient funktionierende Ka­pitalmärkte von gro­ßer Bedeutung ist, zurückzu­gewinnen.[2]

Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst in Kapitel 2 die Bilanzpolitik (Ear­nings Management) als Möglich­keit vor­gestellt, oben ge­nannte Anreize der Manager zu verfolgen. Weiterhin wird das Ausmaß der Bilanzpolitik als Indikator für Prü­fungsqualität veran­schau­licht. Da Bilanzpo­litik an sich unbeobachtbar ist, wird nachfolgend auf die dis­kretionären Perio­denabgrenzungen als in der entspre­chenden empiri­schen For­schung am häu­figsten verwendeter Proxy eingegan­gen und das Jo­nes-Modell von 1991 sowie eine Modifizierung dieses Modells als Möglich­keiten zu deren Berechnung vorgestellt.[3] An­schlie­ßend wird in Kapi­tel 3 an­hand von empiri­schen Studien, in denen der er­läu­terte Indikator als ab­hän­gige Variable in Reg­ressi­onsmodel­len ein­gesetzt wird, der Ein­fluss ausge­wählter Faktoren auf die Prü­fungs­quali­tät unter­sucht. Zu diesen zählen der Wechsel von Big4 zu se­cond-tier, Anleger­schutz, Be­schäftigungs­dauer von sowohl ge­samten Wirt­schaftsprü­fungsgesell­schaften als auch einzel­nen Audit-Partnern und schließ­lich verschiedene Cha­rakteristika von unter­nehmensinter­nen Prü­fungs­aus­schüssen. Die Gründe für die Auswahl dieser Faktoren werden zu Be­ginn jedes Kapitels erläutert. Die Studien werden zusammengefasst dar­gestellt und deren Ergebnisse kritisch gewürdigt. Der Fokus liegt hierbei auf­grund der ein­schlägi­gen Literatur auf dem US -amerika­nischen Ka­pital­markt. Die Resul­tate der Stu­dien können bei der Entwicklung und Beur­teilung von Ideen und Maß­nahmen zur Verbesserung der Prüfungs­qualität nützlich sein. Abschlie­ßend wird in Ka­pitel 4 eine Schluss­betrachtung durchge­führt.

2 Bilanzpolitik als Indikator für Prüfungsqualität

2.1 Einführung

Healy und Wahlen (1999) definieren Bilanzpolitik wie folgt:

„Earnings Man­agement occurs when managers use judgment in finan­cial reporting and in structuring transactions to alter financial reports to either mislead some stake­holders about the underlying economic performance of the company or to in­fluence contractual outcomes that depend on reported accounting numbers .“[4]

Bilanzpolitik, auch Creative Accounting oder Window-Dressing genannt, bietet dem Management Möglichkeiten zu opportunistischem Verhalten.[5] Werden Manager beispielsweise abhängig vom erzielten Gewinn entlohnt, be­stehen Anreize, die Rechnungslegungsstandards so auszulegen, dass der Gewinn möglichst hoch ist. Ähnliches gilt im Falle eines management buyouts, nur dass hier die Anreize auf den Ausweis eines möglichst geringen Gewinnes abzielen, um so den Unternehmenswert zu senken.[6] Im Gegensatz dazu können Manager auch bilanzpolitische Maßnahmen nutzen, um den Informationsgehalt der Ab­schlussberichte zu erhöhen.[7] Die Aufgabe der Wirtschaftsprüfer wird in der Einschränkung opportunistischer Bilanzpolitik gesehen, so dass eine höhere Prüfungsqualität mit einem weniger opportunistischen Verhalten der Manager assoziiert wird.[8]

2.2 Identifikation mittels diskretionärer Periodenabgrenzungen

Diskretionäre Periodenabgrenzungen deuten auf die Auslegung von Rech­nungs­legungsstandards bei der Bewertung von Periodenabgrenzungen hin, die durch Manager zu ihrem eigenen Vorteil erfolgt und zu einer Verzerrung von Gewinnen führt. Somit können sie als Indikator für opportunistisches Ver­halten betrachtet werden.[9] Mit anderen Worten wird der Bereich der Periodenab­gren­zungen als diskretionär bezeichnet, der die bilanzpolitischen Maßnahmen der Manager repräsentiert. Der restliche Teil wird als nicht­diskretionär charakte­risiert und ergibt sich aus der normalen betrieblichen Tätigkeit eines Unter­nehmens.[10] Es sollte hier ebenfalls erwähnt werden, dass diskretionäre Perioden­abgrenzungen von Managern manchmal auch zur Erhö­hung des In­formationsgehalts der Abschlussberichte genutzt werden können.[11] Diese wer­den im Rahmen dieser Arbeit jedoch sinngemäß wie oben dargestellt betrach­tet, so dass bei der mittels diskretionärer Periodenabgrenzungen gemessenen Bilanz­politik ver­stärkt von opportunistischem Verhalten (siehe dazu Kapitel 2.1) ausgegan­gen wird. Daher wird angenommen, dass eine Reduzierung der diskretionären Peri­odenabgrenzungen auf eine Einschränkung opportunisti­scher Bilanzpolitik und somit eine höhere Prüfungsqualität hindeutet.[12]

Aus einer Reihe von Modellen zur Berechnung der diskretionären Periodenab­grenzungen heben sich vor allem Varianten basierend auf dem Modell von Jo­nes (1991) als besonders effizient hervor.[13] Die Gemeinsamkeit der Modelle liegt darin, dass zunächst der nichtdiskretionäre Teil der Periodenabgrenzungen (NPA) berech­net wird. Dieser wird dann mit den gesamten Periodenab­gren­zungen (GPA) verglichen und anschließend die Höhe der diskretionären Perio­denab­grenzungen (DPA) als Diffe­renz ermittelt.[14] Im Jones-Modell von 1991 werden die nichtdiskretionä­ren Periodenabgrenzungen berechnet als:

(1) NPAit = α1(1 / Ait-1) + α2(∆REVit / Ait-1) + α3(PPEit / Ait-1).

Hierbei stellt ∆REV die Veränderung der Umsatzerlöse im Vergleich zum Vorjahr dar (REVit – REVit-1), während PPE das Bruttosachanlagevermögen repräsentiert. Die Variable Ait-1 dient zur Skalierung mit dem Gesamtvermögen zu Beginn des Geschäftsjahres.[15] Sowohl die Umsatzerlöse als auch das Brutto­sachanlagevermögen werden in dieser Formel berücksichtigt, um wie oben er­wähnt die normale betriebliche Tätigkeit des Unternehmens widerzuspiegeln. Im Hinblick auf Umsatzerlöse können dies beispielsweise Veränderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten aus Liefe­rungen und Leistungen sein. Durch das Bruttosachanlagevermögen werden in diesem Sinne gewöhnliche Abschreibungen dargestellt.[16] Die Koeffi­zienten α1, α2 und α3 repräsentieren unternehmensspezifische Parameter und werden in folgendem Modell ge­schätzt:

(2) GPAit / Ait-1 = a1(1 / Ait-1) + a2(∆REVit / Ait-1) + a3(PPEit / Ait-1) + εit.

Hierbei kennzeichnen a1, a2 und a3 die Schätzwerte von α1, α2 und α3.[17] Die Formel wird anschließend nach dem Residuum des Modells εit aufgelöst, wel­ches den diskretionären Teil der Periodenabgrenzungen darstellt:

(3) εit = DPAit = GPAit / Ait-1 – NPAit.[18]

Ein Kritikpunkt am Jones-Modell ist die unvollständige Abbildung der Bilanz­politik durch die diskretionären Periodenabgrenzungen. Daraufhin wurde das modifizierte Jones-Modell konzipiert, das eine exaktere Bestimmung der bi­lanzpolitischen Maßnahmen aufgrund der Berücksichtigung der Netto-Forde­rungen (REC) ermöglicht. Diese stehen im Verdacht, Ermessensspielräume bei der Umsatzbestimmung zu eröffnen. Daher wird die Veränderung der Umsatz­erlöse bei der Berechnung des nichtdiskretionären Teils der Periodenabgren­zungen um die Veränderung der Netto-Forderungen korrigiert:

(4) NPAit = α1(1 / Ait-1) + α2[(∆REVit - ∆RECit) / Ait-1] +α3(PPEit / Ait-1).[19]

Des Weiteren wird das modifizierte Jones-Modell üblicherweise als Bran­chenmodell (cross-sectional) angewendet, so dass die Parameter α1-α3 nicht unternehmens-, sondern branchenspezifisch geschätzt werden.[20] Die Ermittlung der diskretionären Periodenabgrenzungen erfolgt anschließend analog zum ori­ginalen Jones-Modell.[21]

Die Fähigkeit der dargestellten Modelle zur Aufdeckung bilanzpolitischer Maßnahmen ist jedoch auch unter weiteren Aspekten umstritten. So sind die erzielten Ergebnisse zwar generell plausibel, doch weist beispielsweise ein Unter­nehmen in der Stichprobe eine extreme finanzielle Performance aus, wird die Aussage­kraft der Modelle verfälscht. Des Weiteren ist eine hohe Anzahl von Beobach­tungen nötig, um Bilanzpolitik überhaupt identifizieren zu kön­nen.[22] Auch die falsche Klassifizierung von Teilen der nichtdiskretionären Perio­den­abgrenzun­gen als diskretionär erweist sich als problematisch.[23] Die Annahme, dass die geschätz­ten Parameter im Zeitablauf stationär bleiben, stellt noch ei­nen zusätz­lichen Nachteil des Jones-Modells dar.[24]

Das Jones-Modell und dessen Modifizierung können sowohl als Querschnitts- als auch als Zeitreihenmodell angewendet werden. Erstgenann­tes scheint sta­tistisch besser geeignet zu sein, da es im Gegensatz zu Zeitrei­henmodellen auch die Untersuchung von jungen Unternehmen erlaubt und Schätzfehler auf­grund zeitlich nichtstationärer Parameter ausschließt.[25]

3 Einfluss ausgewählter Faktoren auf die Prüfungsquali­tät

3.1 Wechsel von Big4 zu second-tier

3.1.1 Einführung

In den letzten Jahren ist die Zahl der Unternehmen, die von einer Big4 - zu ei­ner second-tier -Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gewechselt haben, angestie­gen. Gründe dafür könnten in der Konzentration auf profitablere Mandanten seitens der Big4 oder der Trennung von Mandanten, die nicht ihrem Risikopro­fil ent­sprechen, liegen. Auch die Umverteilung von Ressourcen durch die Big4 be­dingt durch den Anstieg der Anforderungen an die Compliance unter dem in 2002 verabschiedeten Sarbanes-Oxley Act (SOX) könnte hierfür verantwortlich sein. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob Änderungen in der Prüfungsquali­tät zu erwarten sind, wenn ein Unternehmen von Big4 zu second-tier wech­selt.[26] Generell wird angenommen, dass Big4 -Abschlussprüfungen von höhe­rer Qualität sind.[27] Auch die Ergebnisse früherer empirischer Studien (Be­cker et al. 1998; Francis et al. 1999), die zeitlich vor dem SOX liegen, deuten hierauf hin.[28] Dies könnte zum einen auf das im Vergleich zu den Nicht- Big4 höhere Reputationsrisiko, dass Anreize zu einer glaubwürdigeren Berichterstattung bietet und zum anderen auf die ausgeprägtere Unternehmensgröße, die eine bessere Ausbildung in der Wirtschaftsprüfung und weiterhin eine geringere Abhängigkeit von individuellen Mandanten ermöglicht, zurückzuführen sein.[29] Alternativ ist es auch denkbar, dass ‚gute’ Unternehmen, in denen die Aus­übung opportunistischer Bilanzpolitik von vornherein weniger wahrscheinlich ist, schlicht einen Big4 -Prüfer bevorzugen.[30]

3.1.2 Darstellung der Studien

In der Studie von Krishnan et alii (et al.) (2008) werden unter anderem (u. a.) zwei Fragestellungen analysiert. Zunächst wird untersucht, ob second-tier -Prü­fungs­ge­sellschaften eine gemessen an der Höhe der diskretionären Periodenab­gren­zungen ausgeprägtere Bilanzpolitik tolerieren als die Big4. Unter der An­nahme, dass Bilanzpolitik einen Indikator für Prüfungsqualität darstellt (siehe dazu Kapitel 2), könnte diese erste Forschungsfrage den Einfluss eines Wech­sels von Big4 zu second-tier auf die Prüfungsqualität ergründen. Des Weiteren wird geprüft, ob der Zusammenhang zwischen den diskretionären Periodenab­gren­zun­gen und dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von der Verab­schiedung des SOX 2002 beeinflusst wird.[31]

Die primäre Stichprobe bei dieser Untersuchung besteht aus 743 Beobachtun­gen für Firmengeschäfts­jahre von US -Unternehmen, wovon 624 Beobachtun­gen den Wechsel von Big4 zu second-tier reprä­sentieren. Die restlichen Beo­bachtungen beziehen sich auf Wechsel von Big4 zu kleineren Wirtschaftsprü­fungsgesellschaften. Unternehmen, die den Wirt­schaftsprüfer gewechselt ha­ben, wurden durch die Verwendung des Com­pustat -Datensatzes identifiziert. Als second-tier werden hier folgende Prü­fungsgesellschaften betrachtet: Grant Thornton, BDO Seid­man, McGladrey and Pullen und The Crowe Group LLP. Die Kontrollstich­probe enthält 41214 Beobachtungen für alle anderen nichtfi­nanziellen Unter­nehmen aus dem Com­pustat -Datensatz, die keinen Wechsel der Wirtschafts­prüfungsgesellschaft vollzogen haben. Ab­gedeckt wird der Zeit­raum 1998-2006, wobei beide Jahre in die Analyse mit einbezogen werden, das Jahr der Inkraftsetzung des SOX 2002, jedoch ausge­schlossen wird.[32]

Bei den verwendeten empirischen Modellen kommt zunächst ein modifiziertes Cross-Sectional -Jones-Modell zum Einsatz, um die diskretionären Pe­rio­denab­grenzungen zu berechnen (siehe dazu Kapitel 2.2). Als nächstes wird ein mul­tivariates Modell benutzt, um die Forschungsfragen zu analysieren. Dieses er­laubt die Untersu­chung der Beziehung zwischen den diskretionären Perio­den­abgrenzungen und dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von Big4 zu second-tier un­ter Berücksichtigung verschiedener Kontrollvari­ablen:

(5) DPAit = β0 + β1BIG4toTIER2it + β2LN(MVE)it + β3LEVERAGEit + β4OCFit + β5ABSTACCit + β6MVBVit + β7LOSSi + β8LITIGATIONit + β9FINANCEit + β10ALTZSCOREit.

Die endogene Variable DPA stellt die diskretionären Periodenabgrenzungen dar. Die Dummy-Variable BIG4toTIER2 nimmt den Wert 1 an, wenn ein Un­ter­nehmen von Big4 zu second-tier wechselt (0 sonst). Die restlichen Vari­ablen dienen zur Kontrolle für Faktoren, durch welche die diskretionären Peri­oden­abgrenzungen zusätzlich beeinflusst werden können.[33] Tabelle 1 stellt die Ergeb­nisse der Regression dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

** signifikant auf dem 5%-Niveau

*** signifikant auf dem 1%-Niveau

Tabelle 1: Effekt des Wechsels von Big4 zu second-tier auf diskretionäre Periodenabgrenzun­gen (in Anlehnung an: KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 32 - 34)

Bei Verwendung der vollen Stichprobe über den gesamten Zeitraum ist der Koeffizient der Variable BIG4toTIER2 statistisch nicht signifikant.[34] Somit werden keine Anzeichen für eine Veränderung der diskretionären Perioden­abgrenzun­gen bei einem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gefun­den.[35] Dieses insignifikante Ergebnis wird auf zwei sich möglicherweise entge­genwirkende Effekte zurückgeführt. Zum einen die Tolerierung einer ausge­prägteren Bi­lanzpolitik in der Periode vor dem SOX (1998-2001) und zum an­deren eine deutliche Einschränkung dieser in der Periode nach dem SOX (2003-2006).[36] Nach Aufteilung der Stichprobe in diese Perioden bestätigt sich die Interpreta­tion der herausgestellten Insignifikanz. Der Koeffizient der Vari­able BIG4toTIER2 ist positiv (0.0378) und signifikant auf dem 5%-Niveau für den Zeit­raum vor dem SOX, jedoch negativ (-0.0375) und signifikant auf dem 1%-Niveau für den Zeitraum nach dem SOX.[37] Dies deutet darauf hin, dass die Ausübung der Bilanzpolitik bei einem Wechsel von Big4 zu second-tier zwi­schen 1998-2001 zugenommen hat und zwischen 2003-2006 eingeschränkt wurde.[38] Somit sugge­rieren die Ergebnisse, dass solch ein Wechsel die Prüfungs­qualität nach der Verabschie­dung des SOX 2002 nicht beeinträchtigt und im Gegensatz dazu sogar zu erhö­hen scheint.[39]

[...]


[1] Vgl. DORIN, M. (2006), S. 1f. Die Bonuszahlungen können erheblich höher als das Grundgehalt sein. So beliefen sich beispielsweise die Gesamtbezüge des Vorstands der Deutschen Bank im Jahr 2009 auf 39 Millionen Euro, wovon 32.2 Millionen Euro auf variable Vergütungsbestandteile entfielen, vgl. DEUTSCHE BANK (Hrsg.) (2010), S. 307.

[2] Vgl. DORIN, M. (2006), S. 2 - 4.

[3] Vgl. LIN, J. W./HWANG, M. I. (2010), S. 58.

[4] HEALY, P. M./WAHLEN, J. M. (1999), S. 368.

[5] Vgl. SCHIPPER, K. (1989), S. 92; HEALY, P. M./PALEPU, K. G. (1993), S. 2; SUBRA­MANYAM, K. R. (1996), S. 250.

[6] Vgl. XIE, B. et al. (2003), S. 297.

[7] Vgl. SUBRAMANYAM, K. R. (1996), S. 250; HEALY, P. M./WAHLEN, J. M. (1999), S. 369; LEUZ, C. et al. (2003), S. 510.

[8] Vgl. BOONE, J. P. et al. (2009), S. 26; LIN, J. W./HWANG, M. I. (2010), S. 60. Zur Assoziation zwischen Prüfungsqualität und opportunistischer Bilanzpolitik vgl. auch JOHNSON, V. E. et al. (2002), S. 644; FRANCIS, J. R. (2004), S. 353.

[9] Vgl. SCHIPPER, K. (1989), S. 99; FRANCIS, J. R. et al. (1999), S. 21; FRANCIS, J. R. (2004), S. 353. Im Rahmen der Diplomarbeit wird die anhand der diskretionären Perio­denabgrenzungen gemessene Bilanzpolitik daher auch als „opportunistisch“ bezeichnet.

[10] Vgl. ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 76.

[11] Vgl. LEUZ, C. et al. (2003), S. 510.

[12] Vgl. BECKER, C. L. et al. (1998), S. 17 - 19; FRANCIS, J. R. et al. (1999), S. 31f; FRANCIS, J. R. (2004), S. 353. Zur Assoziation zwischen Prüfungsqualität und oppor­tunistischer Bilanzpolitik vgl. auch JOHNSON, V. E. et al. (2002), S. 644; BOONE, J. P. et al. (2009), S. 26.

[13] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 223; BARTOV, E. et al. (2000), S. 450; KLEIN, A. (2006), S. 13f.

[14] Vgl. ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 76.

[15] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 198; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 78.

[16] Vgl. JONES, J. J. (1991), S. 211f; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 78.

[17] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 198f; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 78.

[18] Vgl. JONES, J. J. (1991), S. 212; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 78f.

[19] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 199; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 79.

[20] Vgl. BARTOV, E. et al. (2000), S. 427; JOHNSON, V. E. et al. (2002), S. 649; ZIM­MERMANN, R. C. (2008), S. 79.

[21] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 199; JOHNSON, V. E. et al. (2002), S. 649.

[22] Vgl. DECHOW, P. M. et al. (1995), S. 223. Für die Analyse von 1% der Bilanzsumme sind bereits hunderte von Beobachtungen nötig.

[23] Vgl. BERNARD, V. L./SKINNER, D. J. (1996), S. 317; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 83.

[24] Vgl. LARCKER, D. F./RICHARDSON, S. A. (2004), S. 633; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 83.

[25] Vgl. BARTOV, E. et al. (2000), S. 450; LARCKER, D. F./RICHARDSON, S. A. (2004), S. 633; KLEIN, A. (2006), S. 14; ZIMMERMANN, R. C. (2008), S. 83.

[26] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 3.

[27] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 23.

[28] Vgl. BECKER, C. L. et al. (1998), S. 17 – 19; FRANCIS, J. R. et al. (1999), S. 31f; FRANCIS, J. R. (2004), S. 353; BOONE, J. P. et al. (2009), S. 1f.

[29] Vgl. DE ANGELO, L. E. (1981), S. 197; FRANCIS, J. R./WANG, D. (2006), S. 157; BOONE, J. P. et al. (2009), S. 1f.

[30] Vgl. FRANCIS, J. R. (2004), S. 354.

[31] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 3f.

[32] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 11f.

[33] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 8 – 11.

[34] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 16.

[35] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 23.

[36] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 5f.

[37] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 16.

[38] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 5f.

[39] Vgl. KRISHNAN, G. V. et al. (2008), S. 24.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842814295
DOI
10.3239/9783842814295
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum – Wirtschaftswissenschaft
Erscheinungsdatum
2011 (Mai)
Note
2,7
Schlagworte
wirtschaftsprüfung prüfungsqualität bilanzpolitik periodenabgrenzungen audit quality
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