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Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung des Bankensektors während der Finanzkrise

©2010 Bachelorarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Allgemeinen refinanzieren sich Kreditinstitute durch Geldmittel, die sie am Geld- und Kapitalmarkt mit bonitätsabhängigen Zinsaufschlägen erhalten.
Refinanzierung als Mittelbeschaffung durch Aufnahme von Eigen- und Fremdkapital ist insbesondere notwendig, um das eigene Aktivgeschäft und das Kreditvergabepotenzial zu stützen. Da sich Banken überwiegend durch Fremdkapitalbestandteile refinanzieren, spielt Eigenkapital eine geringe Rolle. Diese Art der Mittelbeschaffung hat sich in der Finanzkrise, die sich aus der amerikanischen Subprimekrise entwickelte, als sehr problematisch erwiesen. Da der bereits angespannte Interbankenmarkt in Folge der Lehmann Brothers Pleite im September 2008 zusammenbrach und war die notwendige Neufinanzierung der kurzfristigen Geldmittel kaum möglich. Die ausgelöste lebensbedrohliche Starre des Geldmarktes drohte aufgrund des Misstrauens zwischen den Banken und der Kunden zu ihren Banken den Bankensektor und das Gesamtwirtschaftssystem zum Erliegen zu bringen.
In der Folge der Bankenkrise haben sich Notenbank und Regierungen weltweit für eine Stabilisierung des Bankensektors eingesetzt. Die Zentralbanken, eigentlich ‘lender of last resort’, entwickelten sich über Nacht zur Hauptfinanzierungsquelle für viele Kreditinstitute. In der vorliegenden Arbeit soll auf die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) während der Finanzkrise im Zeitraum von 2008 bis Ende 2009 bzw. Anfang 2010 eingegangen werden. Die konkreten Maßnahmen und deren Wirkung auf die Banken und den Bankensektor in Bezug auf Refinanzierung, Bankenstabilität und Indikatoren einer Stabilisierung sollen dabei dargestellt werden. Die Auswirkungen auf das Bankensystem sollen erläutert werden, um Handlungsfelder der EZB aufzuzeigen.
Basierend auf den zugänglichen Daten wird versucht, sich hauptsächlich auf das deutsche Bankensystem zu beziehen. Wenn dies aufgrund des Zahlenmaterials nicht möglich war, wurde sich auf den europäischen Bankensektor bezogen. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass eher wenige Informationen über den genauen Ablauf des Interbankenmarktes und die exakte Art der Refinanzierung von Banken vorliegen. Die verwendeten Zahlen stammen vorwiegend von der Europäischen Zentralbank. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitung1
1.Kapitel: Grundlegung1
1.1Europäische Zentralbank2
1.1.1Charakterisierung2
1.1.2Aufgaben3
1.1.3Trägerin der Geldpolitik4
1.2Bankwesen in Deutschland5
1.2.1Aufbau des deutschen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Susann Schmieder
Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung des Bankensektors
während der Finanzkrise
ISBN: 978-3-8428-0948-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH), Leipzig, Deutschland,
Bachelorarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

II
Einleitung
1
1.
Kapitel: Grundlegung
1
1.1. Europäische Zentralbank
2
1.1.1.
Charakterisierung
2
1.1.2.
Aufgaben
3
1.1.3.
Trägerin der Geldpolitik
4
1.2. Bankwesen in Deutschland
5
1.2.1. Aufbau des deutschen Bankensystems
5
1.2.2. Interbankenhandel
6
1.2.3. Refinanzierungsinstrumente von Banken
7
1.2.4. Bedeutung eines stabilen Bankensystems
8
1.3.
Finanzkrise
9
1.3.1. Ursachen
9
1.3.2. Ablauf
10
1.4. Auswirkungen der Finanzkrise auf den Bankenbereich
12
1.4.1. Konsequenzen für die deutsche Banken
12
1.4.1.1.
Auswirkungen auf Vermögensreserven
13
1.4.1.2
Image- und Vertrauensverlust
13
1.4.1.2.1.
Image- und Vertrauensverlust in der
Bevölkerung
14
1.4.1.2.2.
Image- und Vertrauensverlust zwischen den
Banken
14
1.4.2. Konsequenzen für den Interbankenhandel
15
1.4.3. Konsequenzen für die Refinanzierung der Banken
15
2.
Kapitel: Reaktionen und eingeleitete Maßnahmen der Europäischen Zentralbank
während der Krise
16
2.1. Analyse der wirtschaftlichen Kennzahlen durch die
Europäische Zentralbank
16
2.2. Eingesetzte geldpolitische Instrumente
16
2.2.1.
Standardinstrument
17
2.2.1.1.
Offenmarktgeschäft
17
2.2.1.1.1.
Begriffserläuterung
17
2.2.1.1.2.
Anwendung in der Finanzkrise
18

III
2.2.1.2.
Ständige Fazilitäten
19
2.2.1.2.1.
Begriffserläuterung
19
2.2.1.2.2.
Anwendung in der Finanzkrise
19
2.2.1.3.
Mindestreserven
20
2.2.1.4.
Leitzins
21
2.2.1.4.1.
Begriffserläuterung
21
2.2.1.4.2.
Anwendung in der Finanzkrise
21
2.2.2.
Sonderinstrumente
22
2.2.2.1.
Ausweitung der akzeptierter Sicherheiten
22
2.2.2.2.
Ausweitung zugelassener Geschäftspartner
23
2.2.2.3.
Ankaufprogramm ,,Covered Bonds"
23
2.2.2.4.
Schnelltender
24
2.2.2.5.
Kooperation mit anderen Zentralbanken zur
Ausgabe von Euro
24
2.3.
Unterstützung durch die deutsche Bundesregierung
25
3.
Kapitel: Auswirkungen der eingesetzten Instrumentarien auf den Bankensektor 25
3.1.
Auswirkungen auf die einzelne Bank
25
3.1.1.
Refinanzierung
26
3.1.2.
Anlageverhalten
27
3.1.3.
Kreditvergabe an Dritte
28
3.2.
Auswirkungen auf den Bankensektor
29
3.2.1.
Stabilisierung der Geldmarktzinssätze
29
3.2.2.
Stabilisierung und Wiederaufnahme des Interbankenmarktes
30
4.
Kapitel: Bewertung der eingesetzten Instrumentarien der Europäischen Zentralbank
31
4.1.
Standardinstrumente
31
4.1.1.
Offenmarktgeschäfte
33
4.1.2.
Ständige Fazilitäten
33
4.2.
Sonderinstrumente
34
4.3.
Fazit
34
5.
Kapitel: Schlussbetrachtung und Ausblick
34

IV
Wissenschaftlicher Anhang
VI
Literaturverzeichnis
XXXI

V
Abkürzungsverzeichnis
ABS
Asset Backed Securities
Bafin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht
CDO
Collateralized Debt Obligations (besicher-
te Schuldverschreibungen)
DGZ
Deutsche Girozentrale
EG-Vertrag
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft
EONIA
European Overnight Index Average
ESZB
Europäisches System der Zentralbanken
EU
Europäische Union
EWU
Europäische Währungsunion
EZB
Europäische Zentralbank
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Fed
Federal Reserve Bank (US-Notenbank)
FTD
Financial Times Deutschland
HRE
Hypo Real Estate
HRG
Hauptrefinanzierungsgeschäfte
HVPI
Harmonisierten Verbraucherpreisindex
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KWG
Kreditwesengesetz
LBBW
Landesbank Baden-Württemberg
LIBOR
London Interbank Offered Rate
LOLR
lender of last resort
LRG
Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
MBS
Mortgage Backed Securities
NZB
Nationale Zentralbank
SZ
Süddeutsche Zeitung
WiWo
WirtschaftsWoche

1
Einleitung
Im Allgemeinen refinanzieren sich Kreditinstitute
1
durch Geldmittel, die sie am Geld-
und Kapitalmarkt mit bonitätsabhängigen Zinsaufschlägen
2
erhalten.
3
Refinanzierung als Mittelbeschaffung durch Aufnahme von Eigen-und Fremdkapital ist
insbesondere notwendig, um das eigene Aktivgeschäft und das Kreditvergabepotenzial
zu stützen.
4
Da sich Banken überwiegend durch Fremdkapitalbestandteile refinanzieren,
spielt Eigenkapital eine geringe Rolle. Diese Art der Mittelbeschaffung hat sich in der
Finanzkrise
5
, die sich aus der amerikanischen Subprimekrise entwickelte, als sehr prob-
lematisch erwiesen. Da der bereits angespannte Interbankenmarkt in Folge der Lehmann
Brothers Pleite im September 2008 zusammenbrach und war die notwendige Neu-
finanzierung der kurzfristigen Geldmittel kaum möglich
6
. Die ausgelöste lebensbedroh-
liche Starre des Geldmarktes drohte aufgrund des Misstrauens zwischen den Banken
und der Kunden zu ihren Banken den Bankensektor und das Gesamtwirtschaftssystem
zum Erliegen zu bringen.
In der Folge der Bankenkrise haben sich Notenbank und Regierungen weltweit für eine
Stabilisierung des Bankensektors eingesetzt. Die Zentralbanken, eigentlich ,,lender of
last resort", entwickelten sich über Nacht zur Hauptfinanzierungsquelle für viele Kredit-
institute
7
. In der vorliegenden Arbeit soll auf die Rolle der Europäischen Zentralbank
(EZB) während der Finanzkrise im Zeitraum von 2008 bis Ende 2009 bzw. Anfang
2010 eingegangen werden. Die konkreten Maßnahmen und deren Wirkung auf die Ban-
ken und den Bankensektor in Bezug auf Refinanzierung, Bankenstabilität und Indikato-
ren einer Stabilisierung sollen dabei dargestellt werden. Die Auswirkungen auf das
Bankensystem sollen erläutert werden, um Handlungsfelder der EZB aufzuzeigen.
Basierend auf den zugänglichen Daten wird versucht, sich hauptsächlich auf das
deutsche Bankensystem zu beziehen. Wenn dies aufgrund des Zahlenmaterials nicht
1
Die Begriffe Kreditinstitut, Bank und Bankbetrieb finden in Anlehnung des §39 Abs. 1 KWG im Fol-
2
Dabei sind die Zinsaufschläge abhängig vom externen Rating der Bank und der Laufzeit der aufgenom-
menen Gelder. Das heißt bei kürzerfristige Refinanzierungen verbessert sich nicht nur die generelle Boni-
tät und Ratingstufe, sondern auch die Zinsaufwendungen für die Verbindlichkeit sinken
3
Vgl.: Hofmann, Mathias: Management von Refinanzierungsrisiken in Kreditinstituten. Marktzinsorien-
tierte Kalkulationen und Steuerung des Ergebnisses aus der Refinanzierungsdisposition, Wiesbaden 2009,
S.3
4
Vgl.: Büschgen, Hans: Das kleine Bank-Lexikon, Düsseldorf 2006, S.775
5
Die Begriffe Finanzkrise, Finanzmarktkrise und Bankenkrise werden in Anlehnung an die verwendete
Literatur synonym verwendet.
6
Vgl.: Bloss, Michael/ Ernst, Dietmar/ Häcker, Joachim/ Eil, Nadine: Von der Wall Street zur Main
Street. Die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise, München 2009, S. 9
7
Vgl.: Zimmermann, Klaus F./ Schäfer, Dorothea: Finanzmärkte nach dem Flächenbrand. Warum es dazu
kam und was wir daraus lernen müssen, Wiesbaden 2010, S. 24

2
möglich war, wurde sich auf den europäischen Bankensektor bezogen. Grundsätzlich
lässt sich festhalten, dass eher wenige Informationen über den genauen Ablauf des In-
terbankenmarktes und die exakte Art der Refinanzierung von Banken vorliegen. Die
verwendeten Zahlen stammen vorwiegend von der Europäischen Zentralbank.
1. Kapitel: Grundlegung
Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden zunächst definitorische Grundlagen zu
den Hauptfeldern dieser Arbeit aufgezeigt, weiterhin wird ein Abriss zur Entstehung der
Finanzkrise gegeben. Darauf folgt eine Analyse der Auswirkungen auf den Finanzsektor,
die die Ausgangspunkte der Maßnahmen der Europäischen Zentralbank darstellen
1.1. Europäische Zentralbank
In allen modernen Marktwirtschaften haben sich zweistufige Bankensysteme etabliert.
Eine Seite wird durch eine Zentralbank gebildet, die andere Seite umfasst die Geschäfts-
banken.
Eine Zentralbank ist eine Institution, die für die Regulierung der Geldmenge und die
Überwachung des Bankensystems in einer Volkswirtschaft zuständig ist. Sie operiert als
Bank der Banken, als Bank des Staates und als Hüterin der Währung.
8
Für die Mitglieds-
staaten der europäischen Währungsunion, dem Gebiet in dem der Euro Leitwährung ist,
übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt/Main diese Aufgabe.
Zusammen mit den alten nationalen Zentralbanken bildet die EZB seit dem 01. Juni 1998
das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) (siehe Anhang, Abb. 1) und über-
nahm die Verantwortung für die Geldpolitik im Euroraum
9
.
1.1.1. Charakterisierung
Die EZB ist eine supranationale Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit
10
. Nach dem
EG-Vertrag
11
ist sie eine spezielle und unabhängige Einrichtung mit eigenen Beschlus-
sorganen und Befugnissen. Die europäische Währungsbehörde besitzt nach Artikel 106
8
Vgl.: Tolkmitt, Volker: Neue Bankbetriebslehre. Basiswissen zu Finanzprodukten und Finanzdienstleis-
tungen. 2. Auflage, Wiesbaden 2007, S. 18
9
Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Europäische Zentralbank. Das Eurosystem. Das europäische System
der Zentralbanken, Frankfurt/ Main 2008, S. 33
10
Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Europäische Zentralbank, a.a.O., S. 12; Artikel 107 Abs.2 EG-
Vertrag
11
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) von 07.02.1992, Umbenennung
2009 in: Vertrag zur Arbeitsweise der Europäischen Union 2009

3
des EG-Vertrages das Monopol auf die Herausgabe von Banknoten als gesetzliche Zah-
lungsmittel
12
. Außerdem nimmt sie Einfluss auf das Ausmaß der Kreditvergabe der Ban-
ken und die Geldschöpfung innerhalb des Eurosystems
13
. Dadurch ist EZB in der Lage
die Bedingungen am Geldmarkt und die Geldmarktsätze maßgeblich zu beeinflussen
14
.
Die vorrangigen Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank sind der EZB-Rat und
das Direktorium der EZB
15
. Dabei werden die geldpolitischen Entscheidungen vom EZB-
Rat getroffen und vom Direktorium umgesetzt
16
.
1.1.2. Aufgaben
Die Aufgaben und Ziele der EZB wurden im EG-Vertrag festgeschrieben. Nach Artikel
105 Absatz 1 des EG-Vertrages ist das Hauptziel der EZB die Gewährleistung der Preis-
(siehe Anhang, Abb. 2) und Finanzstabilität in der Eurozone. Für die Preisstabilität soll
die Inflationsrate im Euro-Währungsgebiet unter, aber nahe zwei Prozent liegen
17
. Soweit
dies ohne die Gefährdung der Preisniveaustabilität möglich ist, wird ein weiteres Ziel, die
Unterstützung der Wirtschaftspolitik verfolgt. Dazu gehören die Schaffung und Erhaltung
eines dauerhaften Wachstums und eines hohen Beschäftigungsniveaus
18
.
Finanzstabilität hingegen heißt für die EZB im Allgemeinen, dass sie den Banken den
möglichst reibungslosen Zugang zu Liquidität gewährleistet. Ihre wichtigsten Steuer-
ungselemente sind dabei die Liquiditätsmenge und der Zinssatz. Durch diese stabilisiert
sie indirekt über die Banken den Geldmarkt und den dort vorherrschenden Zinssatz.
19
Die vier grundlegenden Aufgaben der Europäischen Zentralbank finden sich im Artikel
105 Absatz 2 des EG-Vertrages: die Festlegung und Durchführung der Geldpolitik, die
Durchführung von Devisengeschäften, die Verwaltung der offiziellen Währungsreserven
der Mitgliedsstaaten und die Versorgung der Volkswirtschaft mit Geld. Letzteres erfolgt
insbesondere durch die Förderung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs.
20
12
Vgl.: Heine, Michael: Die Europäische Zentralbank. Eine kritische Einführung in die Strategie und
Politik der EZB und die Probleme in der EWU, 3. Auflage, Marburg 2008, S. 41
13
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld und Geldpolitik, Frankfurt/Main 2009, S. 90
14
Vgl.: Scheller, Hanspeter: Die Europäische Zentralbank. Geschichte, Rolle und Aufgaben, 2. Auflage,
Frankfurt/Main 2006, S.83
15
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld, a.a.O., S. 215
16
Das dritte Beschlussorgan ist der Erweiterte Rat, der bestehen wird solange es EU-Mitgliedsländer gibt,
die den Euro noch nicht als ihre Währung eingeführt haben. Vgl.: Scheller, Hanspeter: a.a.O., S.67
17
Vgl.: Holtemöller, Oliver: Geldtheorie und Geldpolitik, Tübingen 2008, S. 340
18
Vgl.: Scheller, Hanspeter: a.a.O., S.51
19
Vgl.: Bley, Andreas: Gut geschlagen-Geldpolitik der EZB in der Finanzkrise. In: Vierteljahreshefte zur
Wirtschaftsforschung 78, Berlin 2009, S. 66­82, S. 69
20
Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Europäische Zentralbank, a.a.O., S. 13

4
Außerdem hat der EG-Vertrag der ESZB die Aufgabe übertragen eine ,,reibungslosen
Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die
Geldinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen"
21
zu gewähr-
leisten. Dies geschieht durch den Ausschuss für Bankenaufsicht auf drei Arten:
Zum einen durch die Überwachung und Bewertung der Finanzmarktstabilität im Euroge-
biet und der EU. Zum zweiten erteilt die ESZB Ratschläge über die Gestaltung und Prü-
fung von aufsichtsrechtlichen und regulatorischen Anforderungen an die Kreditinstitute
und zum Letzten fördert die EZB die Zusammenarbeit zwischen Notenbanken und Auf-
sichtsbehörden bei finanzwirtschaftlichen Themen.
22
1.1.3. Trägerin der Geldpolitik
Als Geldpolitik bezeichnet man alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die eine Zentral-
bank durchführt um auf die Geldmenge und den Geldmarkt einzuwirken, um so das
,,ökonomische Geschehen oder dessen Rahmenbedingungen zu beeinflussen"
23
. Man un-
terscheidet dabei zwischen expansiver und restriktiver (=kontraktive) Geldpolitik. Bei
dieser wird die sich im Umlauf befindliche Geldmenge entweder ausgeweitet oder ver-
knappt
24
(siehe Anlage, Abb. 3). Durch diese Maßnahmen kann eine Zentralbank die
Konjunktur theoretisch ankurbeln oder abschwächen. Dafür braucht Sie allerdings die
Kreditinstitute als Finanzintermediäre. Über diese gelangt das Geld in die Volkswirt-
schaft und kann ebenso über Banken wieder abgezogen werden. Daher setzen alle geld-
politischen Maßnahmen am Bankensystem an und wirken über verschiedene Kanäle auf
die Preisstabilität, dem Hauptziel der EZB
25
.
Ansatzpunkt ist hierbei der Bedarf der Banken an Zentralbankgeld zur Erfüllung ihrer
Mindestreservepflicht, zur Befriedigung der Bargeldnachfrage und für den Zahlungsver-
kehr
26
. Um den Bedarf der Banken zu decken, gibt die Zentralbank üblicherweise mit
Wertpapieren besicherte Kredite an Banken aus, die auf dem Zentralbankkonto gutge-
schrieben werden. Da die EZB das Monopol auf die Geldschaffung besitzt, hat diese da-
durch Einfluss auf die Banken und die Konditionen von Kredit- und Einlagezinsen. Somit
kann die EZB die Kreditvergabe der Geschäftsbanken beeinflussen. So veranlasst das
Anheben des Leitzinses die Banken zu einem Anheben ihrer Darlehenszinsen. Tendenzi-
21
Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Europäische Zentralbank, a.a.O., S. 30
22
Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Europäische Zentralbank, a.a.O., S. 31
23
Holtemöller, Oliver: a.a.O.,S. 1
24
Vgl.: Blanchard, Olivier/ Illing, Gerhard: Makroökonomie, 5.Auflage, München 2009, S. 157f.
25
Vgl.: Glatzl, Stefan: Geldpolitik und Bankenaufsicht im Konflikt. Baden-Baden 2009, S. 46f.
26
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld a.a.O., S. 135

5
ell dämpft das die Nachfrage der Unternehmen und Haushalte nach Krediten und somit
auch das Kredit- und Geldmengenwachstum, was sich auf das volkswirtschaftliche
Wachstum auswirkt.
27
(siehe Anhang, Abb. 4)
1.2. Bankwesen in Deutschland
Wie Eingangs erläutert besteht in Deutschland ein zweistufiges Bankensystem. Dabei
steht auf der einen Ebene die Zentralbank, hier die EZB, und auf der anderen Ebene die
Geschäftsbanken. Geschäftsbanken übernehmen die Aufgabe der Kreditversorgung der
Volkswirtschaft, die Durchführung von Geldanlagen nach dem Wettbewerbsprinzip und
die Abwicklung des Zahlungsverkehrs
28
. Im Folgenden sollen der Geschäftsbankensektor
näher erläutert werden.
1.2.1. Aufbau des deutschen Bankensystems
In Deutschland herrscht, im Gegensatz zu den USA und Großbritannien, ein historisch
entstandenes Universalbankensystem (siehe Anhang, Abb. 5) vor. Das bedeutet, dass
das deutsche Bankwesen von Banken mit einer breitangelegten Geschäftsstruktur domi-
niert und durch Spezialbanken ergänzt wird. Man unterscheidet innerhalb der Ge-
schäftsbanken drei große Blöcke (siehe Anhang, Abb. 6): Den ersten Block bilden die
Banken des privaten Kreditgewerbes: die deutschen Kreditbanken. Darunter die drei
deutschen Großbanken: Deutsche Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank. Den
Block mit der größten Bedeutung und dem größten Marktanteil stellt der öffentlich-
rechtliche Sparkassensektor, das heißt Sparkassen, Landesbanken und die DGZ-Dekra-
Bank dar. Der letzte größere Bankengruppe wird durch die Genossenschaftsbanken ge-
bildet.
29
Daneben spielen auch Spezialbanken, d.h. Banken mit spezieller Geschäftsaus-
richtung, eine Rolle. Dazu zählen unter anderen Hypothekenbanken, Bausparkassen,
Kapitalanlagegesellschaften und Kreditinstitute mit Sonderaufgaben, wie die KfW-
Bank
30
. Ergänzt wird der Bankensektor durch Finanzmarktakteure, die nur bestimmte
Leistungen anbieten und dem Kreditwesengesetz unterliegen.
Die Sparkassen und Genossenschaften haben vor allem im ländlichen Raum überdurch-
schnittlich hohe Marktanteile. Dagegen dominieren die großen Kreditbanken in Bal-
lungsräumen und im Geschäft mit Großkunden. Letztere bedienen in ihren Kreditportfo-
27
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld a.a.O., S. 145
28
Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 18
29
Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., 51
30
Vgl.: Büschgen, Hans/ Börner, Christoph: Bankbetriebslehre, 4. Auflage, Stuttgart 2003, S.81f.

6
lien vor allem größere Unternehmen, gehobene Privatkunden, Projekte sowie den Staat
mit jeweils größeren Einzelkreditbeträgen. Sparkassen und Genossenschaften finanzie-
ren hingegen vor allem regionale Kunden mit überwiegend kleinen Kreditsummen.
31
Die deutsche Bankenlandschaft unterliegt seit einigen Jahren massiven Veränderungen.
Der erhöhte Wettbewerbsdruck und das Streben nach besseren Marktpositionierungen
führt zu einer anhaltenden Fusions-und Übernahmeaktivität
32
. So ist die Zahl der Kre-
ditinstitute in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken.
1.2.2. Interbankenhandel
Der Interbankenhandel ist der weltweite Handel zwischen Kreditinstituten mit Finanzin-
strumenten, wie Geld, Devisen, Wertpapieren und Derivaten. Dabei differenziert man
aufgrund von Laufzeiten, Handelsobjekten, Organisationsgrad und Marktteilnehmern
zwischen unterschiedlichen Finanzmärkten (siehe Anhang, Abb. 7).
33
Die zwei bedeu-
tendsten Finanzmärkte sind dabei der Geldmarkt und der Kapitalmarkt. Der Geldmarkt,
als ein typischer Interbankenmarkt, dient dem kurzfristigen horizontalen
34
Ausgleich von
Liquiditätsüberschüssen und -defiziten zwischen den Banken und der Refinanzierung der
Kreditinstitute
35
. Er wird, wie die anderen Finanzmärkte, nicht an einem bestimmten Ort
abgehalten, sondern vielmehr werden Zentralbankguthaben telefonisch oder elektronisch
zwischen den Kreditinstituten gehandelt. Am Geldmarkt ist die Laufzeit der Geschäfte im
Allgemeinen kürzer als ein Jahr und man unterscheidet je nach Fristigkeit zwischen Ta-
gesgeld, Monatsgeld und Dreimonatsgeld.
36
(siehe Anhang, Abb. 8) Dabei schließt der
Handel auf dem Geldmarkt neben Zentralbankgeld auch Geldmarktpapiere ein, die prak-
tische jederzeit in Zentralbankgeld umgewandelt werden können. Die Zinssätze am
Geldmarkt bilden sich aufgrund von Angebot und Nachfrage und liegen zwischen Einla-
gefazilitäts- und Spitzenrefinanzierungssatz der EZB. Die Banken orientieren sich außer-
dem am EURIBOR und LIBOR zzgl. Risikoaufschlägen. Die Differenz (auch Spread
31
Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 53
32
Beispielhaft kann hier die Fusion der Commerzbank mit der Dresdner Bank 2008 angeführt werden.
33
Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 20 ff.
34
Vgl.: Büschgen, Hans: a.a.O., S. 909
35
Bei Sparkassen, Landesbanken und Kreditgenossenschaften kann der Liquiditätsausgleich auch zwi-
schen den einzelnen Verbundstufen erfolgen. Kleine Sparkassen und Kreditgenossenschaften gewährleis-
ten ihren Zugang zum Liquiditätsausgleich über das Zentralinstitut.
35
Vgl.: Büschgen, a.a.O., S. 909
36
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld .a.a.O., S. 136

7
genannt) zwischen Interbanken- und Leitzins spiegelt die Stimmung am Markt wider.
Sinkt die Liquidität am Markt, steigt der Spread.
37
Der Kapitalmarkt umfasst den Handel mit langfristigen Finanzierungsmitteln, die in
wertpapierrechtlich verbriefter oder unverbriefter Form auftreten und schuld- oder betei-
ligungsrechtlichen Charakter annehmen. Marktobjekte sind hier u.a. Aktien, Unterneh-
mensanteile und verbriefte bzw. unverbriefte Wertpapiere mit festen oder variablen Zins-
satz.
38
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass Interbankenkredite in den unterschiedlichsten For-
men existieren, so dass sie sowohl Geldmarkt- als auch Kapitalmarktcharakter haben
können. Wesentlich beim Handel mit Interbankenkrediten ist, dass sie oftmals ohne Stel-
lung von Sicherheiten und formlos gewährt werden.
39
1.2.3. Refinanzierungsinstrumente von Banken
Die Refinanzierung dient bei Banken der Mittelbeschaffung für die eigene Vergabe von
Krediten. Dies kann in Form von Eigen- oder Fremdkapital erfolgen. Neben dem vom
deutschen Kreditwesengesetz (KWG) vorgeschriebenen anteiligen Einsatz von Eigenka-
pital können Kreditinstitute dazu als Fremdkapital u.a. Einlagen wie kundeneigene Ter-
mingelder, Kredite der Zentralbank und anderen Banken über den Interbankenhandel
nutzen.
40
(siehe Anhang, Abb. 9)
Die Refinanzierungsstruktur der Banken ist abhängig vom jeweiligen Bankentyp (siehe
Anhang, Abb.10, 11). Für Geschäftsbanken stellen Kundeneinlagen die wichtigste Refi-
nanzierungsmethode dar.
41
Daneben kommen langfristige Kapitalmarktinstrumente, wie
Verbriefung
42
, Factoring
43
, Anleihen oder Ausgabe von Schuldverschreibungen zum tra-
gen. Kreditverbriefungen waren vor der Krise eine der wesentlichen Refinanzierungsin-
37
Vgl.: Bloss, Michael/ Ernst, Dietmar/ Häcker, Joachim/ Eil, Nadine: a.a.O., S. 29
38
Vgl.: Büschgen, a.a.O., S. 189, 194ff.
39
Vgl.: Hofmann, Mathias: a.a.O., S. 37
40
Vgl.: Hofmann, Mathias: a.a.O., S. 9
41
Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 53, 265
42
Die klassische Verbriefung von Forderungen ermöglicht die Umwandlung illiquider Forderungen bzw.
Kredite in handelbare Wertpapiere die am Kapitalmarkt emittiert werden. Dabei spricht man auch von
ABS (=Asset Backed Securities), da sie durch Vermögenswerte, meist Immobilien besichert sind. Vgl.:
Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 220
43
Factoring dient der Liquiditätsbeschaffung durch den Verkauf von Forderungen aus dem Bestand. Da-
bei muss es sich um kurzfristige Forderungen (bis 90 Tage) aus Lieferung und Leistung aufgrund von
Waren und Dienstleistungsgeschäften handeln. Vgl.: Tolkmitt, Volker: a.a.O., S. 220

8
strumente da sie es der Bank ermöglichten Risiken freizusetzen und Eigenkapital freiset-
zen
44
.
Zur notwendigen kurzfristigen Refinanzierung kommt dem Geldmarkt eine besondere
Bedeutung zu. Auf ihm legen einige Geschäftsbanken vorübergehend nicht gebundenes
Zentralbankgeld an. Diese Anlage erfolgt für kurze Fristen um Liquidität zu sichern und
zugleich Zinserträge zu erwirtschaften
45
. Andere Banken mit kurzfristigem Bedarf an
Zentralbankgeld, zum Beispiel für Auszahlungen an Kunden und andere Banken oder zur
Erfüllung der Mindestreserve bei der EZB, können dann gegen Zinsen und meist ohne
Hinterlegung von Sicherheiten einen Geldmarktkredit erhalten.
Die kurzfristige Refinanzierung über die Zentralbank erfolgt im Normalfall selten, da sie
aufgrund höherer Zinsen teurer ist.
1.2.4. Bedeutung eines stabilen Bankensystems
Bankensysteme gelten als stabil, wenn die darin ,,befindlichen Banken [...] solvent sind
und aller Voraussicht nach auch in Zukunft bleiben und eine effiziente Verteilung der
Ersparnisse in Investitionen bereitstellen"
46
.
Banken sind ein wichtiger Bestandteil des Wirtschaftskreislaufes. Sie agieren als Fi-
nanzintermediäre und stehen somit zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern. Sie
bedienen die unterschiedlichen Interessen der Letzeren und versorgen so den Wirt-
schaftkreislauf mit Liquidität. Der Wirtschaftskreis ist allerdings im hohen Maß vom
gegenseitigen Vertrauen der Teilnehmer abhängig. Vertrauen Sparer und Anleger den
Kreditinstituten, stellen sie diesen vereinfacht gesagt, dass Kapital zur Verfügung, wel-
ches Banken als Kredite ausgeben können. Diese Kredite wirken sich darauf folgend
positiv auf das Konsumverhalten und die Investitionstätigkeit von Unternehmen, Haus-
halten und der öffentlichen Hand aus
47
.
Ein gesundes Banksystem ist abschließend von großer Bedeutung, da es neben der Be-
reitstellung von Intermediation und Fristentransformation, für eine Erleichterung bei
den Zahlungsströmen, der Kredit-und Ressourcenverteilung, sowie den Erhalt der Fi-
44
Vgl.: Schneider, Susannne: Wie sich Banken besser refinanzieren können In: Bankmagazin 01/10,
S. 30-34, S. 32
45
Vgl.: Borchert, Manfred: Geld und Kredit, 8.Auflage, München 2003, S. 315f
46
Knittel, Michael: Geldpolitik und Stabilität des Bankensystems. Das Liquiditätsproblem aus Sicht der
Theoriegeschichte und der gegenwärtigen Finanzmarktentwicklung, Diss. Frankfurt/Main 2007, S. 18
47
Vgl.: Bloss, Michael/ Ernst, Dietmar/ Häcker, Joachim/Eil, Nadine: a.a.O., S. 28

9
nanzdisziplin unter den Darlehensnehmern sorgt
48
. Ein effektives Banksystem trägt so-
mit zum Wirtschaftswachstum und Wohlstand eines Landes bei.
49
1.3.
Finanzkrise
Finanzkrisen, auch Bankenkrisen genannt, gelten als ,,Verwerfungen in einem Finanz-
system, die gekennzeichnet sind durch einen Wertverlust bei Vermögenswerten und die
Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Unternehmen der Finanzwirtschaft und anderer Bran-
chen, die zudem die ökonomische Aktivität eines Landes negativ beeinflussen."
50
Sie
treten in unterschiedlichen Heftigkeiten immer wieder in der Geschichte auf. Dennoch
war die Finanzkrise, die sich aus der US-Subprimekrise entwickelte, in ihren globalen
Auswirkungen einzigartig.
1.3.1. Ursachen
Die Subprime-Krise ist eine US-Immobilienkrise, die im Frühjahr 2007 begann und sich
zu einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise entwickelte.(siehe Anhang, Abb. 12)
Ihren Ursprung hat sie in der geplatzten Dotcom-Krise 2000, worauf die US-Notenbank
die Zinsen deutlich senkte.
51
. Durch die dadurch ebenfalls niedrigen Hypothekenzinsen
konnten sich immer mehr US-Bürger Wohneigentum leisten und Anleger investierten
aufgrund des schwachen Aktienmarktes verstärkt in Immobilien. Dies löste einen Im-
mobilienboom aus
52
. Aufrecht erhalten wurde dieser Boom durch Banken und andere
Kreditinstitute, die sich verstärkt auf Subprime-Kredite
53
spezialisiert hatten und da-
durch den Hypothekenmarkt für immer breitere Bevölkerungsschichten öffneten. Als
Sicherheit dienten die erworbenen Immobilien und die steigenden Immobilienpreise.
48
Vgl.: Knittel, Michael: a.a.O., S. 8
49
Vgl.: Deutsche Bundesbank: Geld, a.a.O., S. 71
50
Vgl.: Hellerforth, Michaela: Die globale Finanzmarktkrise. Ursachen und Auswirkungen auf die Im-
mobilien- und Realwirtschaft, Hamburg 2009, S. 17
51
Vgl.: Boss, Alfred/ Boysen-Hogrefe, Jens/ Dovern, Jens/ Groll,Dominik: Die deutsche Wirtschaft im
Sog der Weltrezession, In: Deutsche Konjunktur im Frühjahr 2009, Institut für Weltwirtschaft Kiel, Kiel,
2009, S. 15
52
Vgl.: Boss, Alfred/ Boysen-Hogrefe, Jens/ Dovern, Jens/ Groll,Dominik: a.a.O., S. 9
53
Als Subprime-Kredite werden ,,zweitklassige" Kredite bezeichnet, die an Kreditnehmer mit schlechter
Bonität vergeben werden, sei es aufgrund niedrigen Einkommens, risikoreicher Finanzierung, mangelnder
Rückzahlungsmoral oder vorhergehender Zahlungsausfälle. Im Gegensatz zu Prime-Krediten bei denen
die Ausfallwahrscheinlichkeit vor der Krise bei etwa 1-3 Prozent lag, musste man bei diesen, oft mit
variablen den Leitzinsen angepassten (= Adjustable Rate Mortgages) oder nur mit Zinstilgungen belegten
Discount-Krediten mit Ausfällen zwischen 10-14 Prozent rechnen. Diese hohen Ausfallwahrscheinlich-
keiten wurden durch höhere Darlehenszinsen ausgeglichen
.
Vgl. Münchau, Wolfgang: Kernschmelze im
Finanzsystem, München 2008, S.5f

10
Um die US-Bevölkerung mit Kapital für immer weitere neue Kredite bedienen zu kön-
nen, hatten sich Investmentbanken verstärkt auf die Verbriefung und den damit verbun-
denen Handel mit Asset Backed Securities (ABS) spezialisiert
54
. Das Wundermittel der
Verbriefung ermöglichte es den Banken, die Risiken für ihre Kredite am Kapitalmarkt
zu veräußern und sie somit aus ihren Bilanzen zu tilgen
55
. Die neuen mehrfach gebün-
delten Anlageinstrumente wurden als festverzinste, forderungsbesicherte Wertpapiere
ausgegeben
56
. Handelt es sich bei den ABS um reine Hypotheken spricht man von
Mortgage Backed Securities
57
, diese konnten durch eine neue Verbriefung in besicherte
Schuldverschreibungen umgewandelt werden
58
. Diese wurden weltweit als sichere, ren-
ditereiche Geldanlage verkauft
59
.
Durch das Anheben der Leitzinsen in den folgenden Jahren und der damit verbundenen
variablen Zinsen und der Stagnierung der Immobilienpreise setzte 2006 eine langsam
anschwellende und schließlich 2007 brechende Welle über den Immobilienmarkt ein.
Die einsetzenden Kreditausfälle und Zwangsversteigerungen durch Subprime-Kredite
ließen die Blase am US-Häusermarkt platzen und die Immobilienpreise immer stärker
sinken. Anfang Februar 2007 vermeldeten erste Kreditinstitute Verluste und Abschrei-
bungen aus zu erwartende Kreditausfällen
60
.
1.3.2. Ablauf
Man kann die Finanzkrise grob in drei Phasen gliedern: Die erste Phase beginnt mit den
ersten Abschreibungen im Februar 2007. Sie endet mit dem Beginn der zweiten Phase
am 09. August 2007, ausgelöst durch Herabstufung einiger verbriefter Wertpapiere.
Hierdurch kommt es zur ersten massiven Liquiditätsverknappung am Interbankenmarkt.
Die dritte und schwerste Phase der Finanzkrise wird durch die Insolvenz von Lehmann
54
Vgl.: Münchau, Wolfgang:
a.a.O.
, S.10
55
Vgl.: Köhler, Wolfgang: Wall Street Panik. Banken außer Kontrolle. Wie Kredithaie die Weltkonjunk-
tur ins Wanken bringen, Murnau a. Staffelsee 2009, S.69
56
Vgl. Bloss, Michael/ Ernst, Dietmar/ Häcker, Joachim/ Eil, Nadine: a.a.O., S.9
57
Vgl. Münchau, Wolfgang: a.a.O., S.10f
58
Vgl.
Sommer, Rainer: Die Subprimekrise. Wie einige faule US-Kredite das internationale Finanzsystem
erschüttern, Hannover 2008, S.45
59
Um diese Papiere besser weitergeben zu können wurden sie von Rating-Agenturen nach ihrer Bonität
beurteilt. Ziel war es immer eine möglichst hohe Tranche mit guten Rating zu erreichen. Es gibt 3 Arten
von Tranchen: 1. Equity Tranche besitzt das höchste Ausfallrisiko, aber auch die höchste Verzinsung und
ist seit dem Beginn der Krise auch als Toxic Waste bekannt; 2. Mezzanine Tranche beinhaltet Ratings
zwischen AA und BB und 3. Senior Tranche, wurden mit AAA bewertet und tragen das geringste Risiko.
Vgl.: Münchau, Wolfgang:
a.a.O.
, S.15
60
Vgl. Köhler, Wolfgang: a.a.O., S.88

11
Brothers am 15.September 2008 ausgelöst. Im Folgenden soll der Verlauf noch etwas
genauer geschildert werden
61
.
Anfang des Jahres 2007 gerieten immer mehr amerikanische Banken durch ausbleiben-
de Kredittilgungen in Liquiditätsengpässe. Dies wurde im Juni 2007 noch verstärkt
durch die Rating-Agenturen und deren Bewertungen der ABS und besicherten Schuld-
verschreibungen. In dem sie diese herabstuften, brachen die Preise für bankeneigene
und verkaufte Verbriefungsprodukte ein
62
. Der wegbrechende Markt, die in Anspruch-
nahme der gewährten Kreditlinien ausgelagerter Zweckgemeinschaften
63
und die immer
wertloser werdenden eigenen Papiere machten den Banken zu schaffen.
Da die Banken untereinander nicht einschätzen konnten, wie es um die Anderen bestellt
war, kam das Interbankengeschäft für kurzfristige Ausleihen zum Erliegen. Die Geld-
flüsse auf den Finanzmärkten, die für die unverzichtbare Liquidität der Märkte sorgen
und das reibungslose Funktionieren absichern, verknappten sich.
64
Am 9. August 2007, bekannt als der eigentliche Beginn der Finanzkrise und Beginn der
zweiten Phase, stieg der Marktzins für Tagesgeld über den Leitzins der EZB.
Die schlechten Bedingungen auf den internationalen Finanzmärkten machten das Ein-
greifen Notenbanken erforderlich. Diese pumpten daraufhin Geld in das Finanzsys-
tem
65
. Trotz Interventionen internationaler Notenbanken weitete sich das Liquiditäts-
problem immer weiter aus und griff auch auf den Markt für Commercial Papers, die
große Industrieunternehmen für kurzfristige Finanzierungen nutzen, über.
Auch deutsche Banken meldeten Probleme: IKB, Postbank, WestLB, SachsenLB,
Bayern LB, Commerzbank und Deutsche Bank.
66
Im Sommer 2008 mussten einige bedeutende (Investment-) Banken von der US-
Regierung durch Finanzspritzen und Verstaatlichungen gerettet werden.
Den Höhepunkt hatte die Finanzkrise in der Insolvenz der viertgrößten Investmentbank
der USA, Lehmann Brothers, am 15. September 2008. Das bis dahin unvorstellbare
Nicht-Eingreifen der US-Regierung brachte den bereits schon geschädigten Geldmarkt
zum Erliegen und produzierte einen akuten Liquiditätsengpass. Banken weltweit beka-
61
Zum genauen Ablauf der Finanzkrise siehe Anlagen Abb. 13
62
Vgl.: Bleser, Sven
:
Die Subprimekrise und ihre Folgen. Ursachen und Auswirkungen der 2007 ausge-
lösten Finanzmarktkrise, Hamburg 2009, S. 32
63
Vgl.: Köhler, Wolfgang: a.a.O., S. 91
64
Vgl.: Köhler, Wolfgang: a.a.O., S. 96
65
Allein die EZB stellte 156 Milliarden Euro zur Verfügung. Vgl.: Köhler, Wolfgang: a.a.O., S. 100
66
Die IKB in Deutschland teilt mit das sie von neubewerteten Tranchen mit einem Betrag von 1 Mrd.
Euro betroffen ist. Daraufhin stellt die Hauptanteilseignerin KfW 8,1 Mrd. Euro Liquidität zur Verfü-
gung. Vgl.: Hellerforth, Michaela: a.a.O., S. 139

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (eBook)
9783842809482
DOI
10.3239/9783842809482
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig – Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (Januar)
Note
2,0
Schlagworte
finanzkrise bankensektor interbankenhandel geldpolitik
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Titel: Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung des Bankensektors während der Finanzkrise
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