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Corporate Social Responsibility als Konzept für die gesellschaftspolitische Verantwortung von Unternehmen: Konzept sowie Umsetzungsmöglichkeiten im Marketing

©2007 Diplomarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Jede einzelne Zelle des menschlichen Organismus und jedes Körperorgan können nur dann ihre individuellen Funktionen erfüllen, wenn sie mit anderen Zellen sowie Organen zusammenarbeiten und dazu beitragen, die Lebensfähigkeit des gesamten Körpers zu bewahren. Weder das Herz noch die Lungen oder Nieren funktionieren alleine für sich – es sei denn, sie werden künstlich und zeitlich begrenzt am Leben erhalten, um in einen anderen Organismus transplantiert zu werden. Nur gemeinsam sind sie in der Lage, die Existenz des physischen Körpers zu sichern, andernfalls scheitert das gesamte System. Werden die Zellen ‘egoistisch’ und funktionieren sie nicht mehr aufeinander abgestimmt, bildet sich ein Tumor. Krebszellen zerfressen dann alles um sich herum, am Ende jedoch sterben auch sie selbst.
Analog hierzu lassen sich Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme betrachten. Die einzelnen Unternehmen bilden integrale Teile eines Wirtschaftssystems, das wiederum, wie ein Organ, nur Teil eines Ganzen ist: Das ‘Wirtschaftsorgan’ kann nicht isoliert und selbstsüchtig, sondern nur gemeinsam mit anderen Subsystemen wie Politik und Kultur die jeweilige Gesellschaft am Leben erhalten und prägen.
Seit zwei Jahrzehnten charakterisiert nun der Begriff ‘Globalisierung’ jene rasanten Veränderungen, denen sich die Gesellschaft heutzutage ausgesetzt sieht. Dieser Globalisierungsprozess erinnert ein bisschen an das Babylon der Bibel vor dem Beginn der Sprachverwirrung - also an eine mythische Zeit, als sich die Menschen sehr gut verstanden und keine Kommunikationshemmnisse verspürt haben. Heute weisen Grenzen, die einst für undurchdringlich gehalten wurden, eine wachsende Transparenz auf, und neue Nischen werden innerhalb und zwischen den Gesellschaften geschaffen. Die fortschreitende Vernetzung der Informationsmittel hat den Menschen bewusst gemacht, dass Umweltverschmutzung, Armut und soziale Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, die Menschenrechtssituation in vielen Länder, schnell wachsende Megastädte und die Bedrohung durch Terrorismus verschiedene Dimensionen einer umfassenden Problematik darstellen, die man als Aufgabenfeld einer globalen Gesellschaft begreifen sollte. Die nationale Politik ist solchen Herausforderungen schon lange nicht mehr ausreichend gewachsen.
Das Fundament des menschlichen Verhaltens, welches alle ökonomischen und sozialen Systeme antreibt, ist allerdings das Ego, das stets die persönlichen Interessen dem Wohl der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Valeria Gerol
Corporate Social Responsibility als Konzept für die gesellschaftspolitische
Verantwortung von Unternehmen: Konzept sowie Umsetzungsmöglichkeiten im
Marketing
ISBN: 978-3-8428-0861-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Fachhochschule Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
4
Abkürzungsverzeichnis
5
Gliederung
1. Einleitung
6
1.1
Zielsetzung
8
1.2
Aufbau der Arbeit
8
2.
Allgemeine Situationsanalyse des Unternehmens
10
2.1
Anforderungen an das Unternehmen aus der Makroumwelt
10
2.1.1 Gesellschaftspolitische
Anforderungen
11
2.1.2 Soziokulturelle Anforderungen
13
2.2
Anforderungen an das Unternehmen aus der Mikroumwelt
16
2.2.1 Anforderungen der verschiedenen Anspruchsgruppen
16
2.2.2 Stakeholderdialog als integre und nachhaltige Beziehungsgestaltung
22
2.3
Mögliche Konsequenzen für das Unternehmen
aus der Makro- und Mikroanalyse
25
3.
CSR als Konzept für die gesellschaftspolitische Verantwortung von
Unternehmen
30
3.1. Theoretische Grundlagen
30
3.1.1 Historische Entwicklung von CSR
30
3.1.2 Definitorische Abgrenzung und Systematisierung von CSR
35
3.2 CSR-Instrumente
41
3.2.1 Gesetzlich vorgegebene Instrumente
41
3.2.2 Freiwillige Instrumente entlang der Wertschöpfungskette
44
3.2.3 CSR-Instrumente außerhalb der Wertschöpfungskette
50
3.3
Bereiche des CSR-Engagements
56
2

4.
Umsetzungsmöglichkeiten im Marketing
62
4.1
Integration von CSR in die Unternehmensphilosophie und ­vision
62
4.2. Integration von CSR im Bereich Marketingziele
65
4.3. Integration von CSR im Marketingstrategien
67
4.4
Integration von CSR im Bereich der Marketinginstrumente
72
4.4.1 CSR in der Produktpolitik
72
4.4.2 CSR in der Preispolitik
74
4.4.3 CSR in der Distributionspolitik
76
4.4.4 CSR in der Kommunikationspolitik
78
5. Fazit
80
Quellenverzeichnis
82
3

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Modell des Stakeholder Konzepts
19
Abbildung 2: Anteil der Befragten, für die es ,,sehr wichtig" ist, dass Produkte umwelt-
und sozialverträglich sind
21
Abbildung 3: Präferenz für verantwortungsvoll handelndes Unternehmen
21
Abbildung 4: Dialogthemen mit Anspruchsgruppen
24
Abbildung 5: Boykottbereitschaft von Konsumenten
27
Abbildung 6: Verschiedene CSR-Modelle
32
Abbildung 7: Die Verantwortungspyramide von Caroll
40
Abbildung 8: Die Bedeutung von Betätigungsfeldern des gesellschaftlichen
Engagements
57
Abbildung 9: Gewünschtes Engagement der Unternehmen
58
Abbildung 10: Asiatische CSR-Bereiche
59
4

Abkürzungsverzeichnis
Bsp
Beispiel
Bspw
beispielsweise
Bzw
beziehungsweise
CC Corporate
Citizenship
CG
Corporate Governance
CSR
Corporate Social Responsibility
CV Corporate
Volunteering
Etc
et cetera
EU
Europäische Union
FLO
Fairtrade Labelling Organizations
GfdS
Gesellschaft für deutsche Sprache
GfK
Growth from Knowledge
GRI
Global Reporting Initiative
GTZ
Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
Hrsg
Herausgeber
hrsg herausgegeben
ILO
International Labour Organization
Imug Institut
für
Markt-Umwelt-Gesellschaft
ISO
Internationale Organisation für Normung
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
NGO
Non-Governmental Organization
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
PPP
Public Private Partnership
SRI Social
Responsible
Investing
u.a.
unter anderem
URL
Uniform Resource Locator
Vgl. vergleiche
WTO
World Trade Organization
WWW
World Wide Web
5

1. Einleitung
Jede einzelne Zelle des menschlichen Organismus und jedes Körperorgan können nur dann
ihre individuellen Funktionen erfüllen, wenn sie mit anderen Zellen sowie Organen
zusammenarbeiten und dazu beitragen, die Lebensfähigkeit des gesamten Körpers zu
bewahren. Weder das Herz noch die Lungen oder Nieren funktionieren alleine für sich ­ es
sei denn, sie werden künstlich und zeitlich begrenzt am Leben erhalten, um in einen
anderen Organismus transplantiert zu werden. Nur gemeinsam sind sie in der Lage, die
Existenz des physischen Körpers zu sichern, andernfalls scheitert das gesamte System.
Werden die Zellen ,,egoistisch" und funktionieren sie nicht mehr aufeinander abgestimmt,
bildet sich ein Tumor. Krebszellen zerfressen dann alles um sich herum, am Ende jedoch
sterben auch sie selbst.
Analog hierzu lassen sich Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme betrachten. Die einzelnen
Unternehmen bilden integrale Teile eines Wirtschaftssystems, das wiederum, wie ein
Organ, nur Teil eines Ganzen ist: Das ,,Wirtschaftsorgan" kann nicht isoliert und
selbstsüchtig, sondern nur gemeinsam mit anderen Subsystemen wie Politik und Kultur die
jeweilige Gesellschaft am Leben erhalten und prägen.
Seit zwei Jahrzehnten charakterisiert nun der Begriff ,,Globalisierung" jene rasanten
Veränderungen, denen sich die Gesellschaft heutzutage ausgesetzt sieht. Dieser
Globalisierungsprozess erinnert ein bisschen an das Babylon der Bibel vor dem Beginn der
Sprachverwirrung - also an eine mythische Zeit, als sich die Menschen sehr gut verstanden
und keine Kommunikationshemmnisse verspürt haben. Heute weisen Grenzen, die einst für
undurchdringlich gehalten wurden, eine wachsende Transparenz auf, und neue Nischen
werden innerhalb und zwischen den Gesellschaften geschaffen. Die fortschreitende
Vernetzung der Informationsmittel hat den Menschen bewusst gemacht, dass
Umweltverschmutzung, Armut und soziale Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, die
Menschenrechtssituation in vielen Länder, schnell wachsende Megastädte und die
Bedrohung durch Terrorismus verschiedene Dimensionen einer umfassenden Problematik
darstellen, die man als Aufgabenfeld einer globalen Gesellschaft begreifen sollte. Die
nationale Politik ist solchen Herausforderungen schon lange nicht mehr ausreichend
gewachsen.
Das Fundament des menschlichen Verhaltens, welches alle ökonomischen und sozialen
Systeme antreibt, ist allerdings das Ego, das stets die persönlichen Interessen dem Wohl
6

der Allgemeinheit vorzieht. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Menschheit heutzutage
einer ganzen Anzahl von Krisen auf gesellschaftlichem Gebiet gegenüber: Der
Drogenmissbrauch steigt unaufhaltsam und beginnt in einem immer jüngeren Alter,
Depressionen breiten sich wie eine Seuche aus; außerdem hat die heutige junge Generation
so viele Genussquellen wie keine vor ihr und kann doch nicht genau bestimmen, für
welche sie sich entscheiden soll und was sie überhaupt eigentlich will.
1
Für das
Unternehmen ist nun der einzelne Mensch in seiner Rolle als Arbeitnehmer, Konkurrent
oder Konsument von Bedeutung; von seiner Motivation, Wahrnehmung, Persönlichkeit
und Bedürfnisbefriedigung hängt der Unternehmenserfolg ab. Jedes große Unternehmen
hat sicherlich die Möglichkeit, einzelne Menschen und unsere Gesellschaft im positiven
wie im negativen Sinne zu beeinflussen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass
nicht die Jagd nach Reichtum, Ehre und Kontrolle auf Kosten anderer die Hauptprioritäten
von Geschäftsinhabern und Managern bleiben, sondern dass die Umwelt- und
Sozialverantwortung so schnell wie möglich zum integralen Bestandteil unternehmerischer
Entscheidungen wird.
Bei der Bestimmung der Verantwortlichkeiten und der Formulierung von
Lösungsstrategien besteht jedoch eine große Uneinigkeit. Unternehmen stehen immer
stärker im Fokus kritischer Konsumenten, Nichtregierungsorganisationen oder staatlicher
Instanzen, die zunehmend eine Balance zwischen Nehmen und Geben und die Übernahme
gesellschaftspolitischer Verantwortung einfordern.
Doch wie reagieren die Unternehmen auf die veränderten Bedingungen, und wie wollen sie
den vielfältigen Anforderungen gerecht werden? Antworten auf diese Fragen werden
immer öfter unter dem Begriff ,,Corporate Social Responsibility" (CSR) entwickelt. Das
Konzept Corporate Social Responsibility ist zum Inbegriff für mehr Menschlichkeit und
freiwilliges gesellschaftliches Engagement in der Wirtschaft geworden. Es beinhaltet
Instrumente, mit deren Hilfe neben den wichtigsten ökonomischen auch soziale, ethische
und ökologische Ziele erreicht werden können.
Vgl. Laitman (2005), S.13
7
1

1.1 Zielsetzung
In der vorliegenden Diplomarbeit wird die gegenwärtige Situation von Unternehmen im
Hinblick auf die veränderten Umweltbedingungen und wachsenden Anforderungen
analysiert. Ziel dieser Untersuchung ist es, festzustellen, welche Relevanz die Übernahme
von gesellschaftlicher Verantwortung für Unternehmen hat. Durch den gesellschaftlichen
Wertewandel und die Veränderungen in den Märkten werden soziale Aspekte für
Unternehmen im Allgemeinen und für das Marketing im Besonderen immer wichtiger. Der
Staat zieht sich mehr und mehr aus seiner Rolle als Wohlfahrtsstaat zurück und verlagert
dadurch soziale Verantwortung auf den privaten Sektor. Zudem hat der Konsument
gegenüber den Unternehmen steigende Erwartungen bezüglich Ehrlichkeit, Transparenz
und ethischen Verhaltens. Die wirtschaftlichen Akteure können es sich nicht leisten, die
wachsenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen zu ignorieren. In diesem
Zusammenhang spielt das Thema Corporate Social Responsibility für Unternehmen eine
entscheidende Rolle.
Diese Arbeit befasst sich mit CSR aus der Perspektive der Unternehmen. Diese
Perspektive beinhaltet eine langfristige Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung
entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Mit dem CSR-Konzept wird eine Dimension
angesprochen, die weit
über die Erbringung bloßer wirtschaftlicher Leistungen hinausgeht
und vor allem keine Geschäftspraktik zur ,,kosmetischen" Imageverbesserung darstellt.
Des Weiteren ist es das Ziel, Anhaltspunkte für die Integration von CSR in die
Unternehmen vorzustellen sowie Vorschläge zu Umsetzungsmöglichkeiten im Marketing
zu unterbreiten. Dies birgt vor allem Chancen, sich im globalen Wettbewerb über
verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Handeln zu differenzieren.
1.2 Aufbau der Arbeit
Als Erstes werden die aktuellen gesellschaftspolitischen und soziokulturellen
Veränderungen thematisiert (Kapitel 2). Es sollen hierbei die Herausforderungen und
Chancen für ein Unternehmen aus seinem Makroumfeld untersucht werden. Daran schließt
sich eine Analyse der Forderungen und Erwartungen der relevanten Anspruchsgruppen
bzw. Stakeholder an. Sie bilden das geschäftliche Mikroumfeld eines Unternehmens. Wer
sich am Markt und gegenüber Wettbewerbern richtig positionieren will, muss dieses
Umfeld und die dort wirksamen Einflusskräfte genau kennen und für seine
Strategieplanung nutzen. Aus einer sorgfältigen Untersuchung der gesamten
8

Umfeldsituation kann ein Unternehmen entscheidungsrelevante Konsequenzen ziehen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Unternehmen die Notwendigkeit einer
Übernahme von gesellschaftspolitischer Verantwortung erkennen und dass sie ihr
Engagement strategisch angehen, es in die Unternehmensführung integrieren und an die
komplette Wertschöpfungskette anbinden.
Im Kapitel 3 wird das Konzept der Corporate Social Responsibility vorgestellt. Nach einer
Einführung in die historische Entwicklung von CSR erfolgt eine Begriffsdefinition und -
abgrenzung. Es wird hierbei untersucht, inwieweit populäre Begriffe und Ansätze, wie z.
B. Corporate Citizenship und Corporate Governance, in den CSR-Kontext eingeordnet
werden können. Schließlich werden zahlreiche CSR-Instrumente und Bereiche für das
gesellschaftliche Engagement erörtert und mit Hilfe einer Vielzahl von Praxisbeispielen
veranschaulicht. Sie stellen eine Orientierungshilfe für diejenigen Unternehmen dar,
welche das Ziel verfolgen, CSR langfristig in ihre Wertschöpfung zu integrieren.
Kapitel 4 thematisiert zunächst die Berücksichtigung von CSR im Marketing.
Anschließend werden Möglichkeiten aufgezeigt, in denen sich CSR für die Verbesserung
der Unternehmensstrategie einsetzen lässt. Anhand praktischer Beispiele soll dann
verdeutlicht werden, mit welchen glaubhaften Maßnahmen CSR zur Verbesserung des
Unternehmensimages und letztendlich zur Erhöhung des Unternehmenswertes genutzt
werden kann.
9

Kapitel 2
2. Allgemeine Situationsanalyse des Unternehmens
2.1 Anforderungen an das Unternehmen aus der Makroumwelt
Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass in den Medien über die Folgen der Globalisierung,
den demografischen Wandel, den Zerfall oder die Fragilität vieler Staaten, über religiöse
Spannungen, Epidemien, Umweltzerstörung oder Terrorismus berichtet wird. Es ist daher
kein Wunder, dass die Gesellschaft für deutsche Sprache den Ausdruck
,,Klimakatastrophe" zum Wort des Jahres 2007 gewählt hat.
1
Dabei stand das Thema
Klimawandel schon viel früher im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion und wurde zum
Beispiel 1992 auf dem Weltgipfel in Rio de Janeiro ausführlich besprochen. Damals
vereinbarte man, die Treibhausgasemissionen weltweit zu stabilisieren, und 1997 wurden
dann in Kyoto rechtsverbindliche Zusagen festgehalten, die vor allem die Industriestaaten
gegeben hatten.
2
Seit Mitte der 90er-Jahre eskalieren weltweit mehr und mehr
innerstaatliche Konflikte; neue Akteure, nämlich nichtstaatliche Organisationen, deren
Einfluss weniger von Mitgliederzahlen oder ihrer Finanzkraft abhängig ist, drängen auf die
politische Bühnen; und transnationale Terrornetze wie El Kaida wenden sich gegen die
globalisierte Welt westlicher Prägung.
3
Fernerhin berichtet das statistische Bundesamt
über gravierende demografische Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Der
Anteil von älteren Menschen über 60 Jahre wird zum Beispiel in den nächsten Jahrzehnten
deutlich ansteigen und der von jüngeren Menschen unter 20 Jahren sich verringern
.
4
Erstaunlich ist dabei, dass es niemals zuvor eine bessere Zeit als heute für Investitionen in
junge Menschen aus Entwicklungsländern gegeben hat, deren Anzahl auf 1,3Milliarden
gestiegen ist und welche die nächste Generation wirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Akteure darstellen.
5
Die rasante wirtschaftliche Entwicklung der asiatischen Länder setzt
sich weiter fort, wird aber gleichzeitig von so schwerwiegenden negativen Folgen wie
Armut, wachsender Schere zwischen Arm und Reich und massiven Umweltzerstörungen
Vgl. GfdS (2008), Pressemitteilungen vom 07.12.07
Vgl. Bundesumweltministerium (2005), Internationale Klimaschutzpolitik
Vgl. Geiger (2006), Informationen zur politischen Bildung (Heft 291)
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), 10. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
Vgl. Weltentwicklungsbericht(2007), S.32
10
1
2
3
4
5

begleitet.
1
Globalisierung und Individualisierung prägen das gesellschaftliche Umfeld von
Unternehmen im 21. Jahrhundert, die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik
und weltweite Strukturvernetzung vermehren die Summe der entscheidungsrelevanten
Informationen und Umfeldfaktoren.
2
Im Folgenden werden die aktuellen, für die
Unternehmenstätigkeit relevanten gesellschaftspolitischen und soziokulturellen
Herausforderungen und Chancen aus der Unternehmensperspektive konkretisiert und auf
die Möglichkeiten eingegangen, hierfür Lösungsbeiträge zu leisten.
2.1.1 Gesellschaftspolitische
Anforderungen
Gesetzliche Rahmenbedingungen, ein stabiles politisches Klima sowie der Erhalt von
Institutionen und die Entwicklung von Werten gehören zu den wichtigsten Aufgaben des
Staates.
3
Die gesellschaftspolitische Situation Deutschlands war in den vergangenen
Jahren wesentlich durch die Wiedervereinigung, Europäische Union und Globalisierung
geprägt.
4
Nach den massiven Umstrukturierungen und erheblichen Infrastrukturausgaben
auf der wiedervereinten nationalen Ebene folgten die Europäisierung und Globalisierung
der nationalen und grenzüberschreitenden Informations- und Kapitalströme.
5
Globalpolitische Entwicklungstendenzen (bspw. Nordamerikanische Union und Asiatische
Ländergemeinschaft) setzten neue Maßstäbe für politische, gesellschaftliche und
wirtschaftliche Interaktionen. In diesem Zusammenhang lässt sich feststellen, dass immer
mehr Gesetze im nationalen Recht eine europäische Dimension aufweisen müssen: Die
Europäische Union räumt bspw. dem Umweltschutz einen relativ hohen Stellenwert ein
und ergreift Sanktionen gegen Staaten, die Richtlinien nicht oder mangelhaft umsetzen.
6
In
den letzten Jahren hat Deutschland zahlreiche internationale Umweltabkommen
unterschrieben, die unter anderem die Luft- und Meereswasserverschmutzung, die
Ozonschicht, den Erhalt von Feuchtgebieten und den Walfang betreffen.
7
Das von der
Regierung im Jahre 2001 gestartete Klimaschutzprogramm sieht neben nationalen
Entscheidungen, wie bspw. dem Umstieg auf Energie aus erneuerbaren Energieträger, auch
die internationale Umsetzung des Kyoto-Protokolls vor und damit die Verpflichtung, in
Vgl. Xuewu Gu (2006), China als Akteur der Weltpolitik
Vgl. Berndt/Altobelli/Sander (2005), S.14
Vgl. Habisch (2003), S.41
Vgl. Schäfers/ Zapf/Misoch/Lehmann (2001) S.314
Vgl. Meffert (1999), S 12ff
Vgl. Korte/Weidenfeld (2001), S.381
Vgl. Willermer(2003), S.218
11
1
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3
4
5
6
7

dem Zeitraum 2008 bis 2012 die Treibhausgasemissionen wesentlich zu senken.
1
Angesichts solcher Sachverhalte wird ersichtlich, dass unter den Bedingungen des
europäischen und globalen wirtschaftlichen Wettbewerbs und der politischen
Willensbildung in Europa der Nationalstaat in seiner traditionellen Form kaum mehr
aufrechtzuerhalten ist. Die Politik ist heute dazu aufgefordert, durch längerfristige
Anpassungsstrategien und normative Veränderungen weltweit solche Rahmenbedingungen
zu schaffen, die eine Grundlage für unternehmerisches Handeln bieten und Raum für
freiwilliges gesellschaftspolitisches Engagement öffnen.
2
Die Gesellschaft, in der die
nationalen Wirtschaftsakteure agieren, stellt schon länger kein in sich geschlossenes
System dar: Die sich im Zuge der Internationalisierung anbahnenden Konstellationen
beinhalten einen sog. ,,Schmetterlings-Effekt", der anhand der im Folgenden aufgeführten
Beispiele verdeutlicht werden kann.
3
Wenn ein beliebiger Konsument aus Philadelphia im benachbarten Discounter einkaufen
geht, beeinflusst er signifikant das Leben vieler Menschen auf der ganzen Welt, denn die
Produkte, die er kauft, können darüber bestimmen, ob eine Fabrik weiterbesteht, ob
Familien umziehen müssen oder ob ein Kind vor dem Verhungern bewahrt wird. Wenn
eine beliebige Konsumentin aus Düsseldorf sich durch die TV-Kanäle zappt, beeinflusst
sie den gesamten Werbemarkt, denn ein Klick auf der Fernbedienung kann die Jobs und
damit das Leben von Tausenden von Menschen beeinflussen. Die Globalisierung hat
unsere Welt so zerbrechlich gemacht, dass das geringste Ereignis sie zerbrechen lassen
kann.
Politische Entwicklungen, insbesondere in der Außenpolitik, haben zum Abbau von
Handelshemmnissen (bspw. Zölle, Importquoten) und zur Begünstigung der
internationalen Kooperationen von Unternehmen geführt.
4
Diese grenzüberschreitende
Geschäftstätigkeit hat in den letzten Jahren zur erneuten Diskussion über ,,Unternehmen
und Menschenrechte" geführt, und zwar im Hinblick auf ein vermehrtes Auftreten
negativer externer Effekte durch Aktivitäten international tätiger Unternehmen. Besonders
deutlich werden diese negativen externen Effekte an Beispielen wie Shell (Brent Spar),
Nike (Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten) und Aldi (Arbeitsbedingungen der
Näherinnen in China).
5
Aus solchen Vorfällen ergibt sich die Notwendigkeit einer
Vgl.Bundesumweltministerium (2001), Damit weniger in die Luft geht, S.19ff
Vgl. Hiß (2005), S.13
Vgl. Deser (1997), S.28
Vgl.Schipper (2007), S.15
Vgl. Scherer (2003), S. 27f
12
1
2
3
4
5

Unternehmensführung, die im Falle fehlender oder unzureichender Rechtsgrundlagen in
den betroffenen Ländern automatisch diesen Steuerungsdefiziten verantwortungsvoll
entgegenwirkt. Angesichts dieser Entwicklungen rückt die gesellschaftliche Akzeptanz
von Produkten und Leistungen in den Vordergrund; zudem zeichnet sich ab, dass neben
der angestrebten Wirtschaftlichkeit aktuelle gesellschaftliche und ökonomische Trends
immer wichtiger werden.
1
Es ist feststellbar, dass im Laufe des letzten Jahrzehnts nicht nur
im Zusammenhang mit einem neuen Sozial- und Selbstwertverständnis der Menschen,
sondern auch bedingt durch die intensive Entwicklung der Informations- und
Kommunikationstechnologien die Bedeutung einer Auseinandersetzung mit den ethischen
sowie ökologischen Kosten ungebremsten Wirtschaftswachstum auch durch Unternehmen
erkannt worden ist.
2
In diesem gesellschaftspolitischen Kontext entsteht eine ganz neue
Perspektive für das wirtschaftliche Denken, in der nun die Betonung auf ,,Besser" im
Hinblick auf Gesundheit, Umwelt, Sicherheit, Lebensqualität, interpersonelle
Kommunikation etc. fällt. Um diese Perspektive zu verdeutlichen, bedarf es einer
Auseinandersetzung mit aktuellen soziokulturellen Entwicklungen, die im nächsten
Unterkapitel dieser Arbeit diskutiert werden.
2.1.2 Soziokulturelle
Anforderungen
Die soziokulturelle Komponente befasst sich mit den Faktoren, welche die Werte und
Normen von Gesellschaften beeinflussen, und ist somit für die Umfeldanalyse
unabdingbar, da die Veränderungen der Grundwerte erheblichen Einfluss auf das
Unternehmen und aus Marketingsicht insbesondere auf Kaufentscheidungen der
Konsumenten haben können.
3
Eine kritische Auseinandersetzung mit den demografischen
Aussagen über die Bevölkerung und deren Entwicklung, soziologischen Aussagen über
Familienstruktur, soziale Klassen und Bildungsniveau sowie mit kulturellen Aspekten kann
für das Unternehmen sehr sinnvoll sein, weil diese Faktoren ein Bündel an Chancen und
Risiken darstellen, auf die sich eine geeignete Unternehmensstrategie ausrichten muss.
4
Unter allen Staaten der Welt ist Deutschland Spitzenreiter bei der
Bevölkerungsschrumpfung und gehört mit Japan zu den Ländern mit der stärksten
demografischen Alterung.
Obwohl das Geburtendefizit hierzulande durch die
Vgl.Ziegler/Beinhauer (2007), S.251
Vgl.Kuckartz, Rheingans (2006), S.77
Vgl. Runia/Wahl/ Geyer/ Thewissen (2005), S. 51
Vgl. Quack (1995), S.52ff
13
1
2
3
4

Zuwanderung junger Menschen teilweise kompensiert wird, wirkt sich die demografische
Alterung in Deutschland nachhaltiger und wesentlich früher aus, als in allen vergleichbaren
Nationen.
1
Damit eröffnet sich die Möglichkeit, dass Deutschland im Umgang mit den
demografisch bedingten Problemen Lösungen entwickelt, die später auch für andere
Länder wichtig sein werden, und die Überalterung der Gesellschaft eine Chance darstellt,
um eine Seniorenwirtschaft zu etablieren.
2
Gleichzeitig vermehrt sich die Weltbevölkerung
explosionsartig: Dies ruft bei zahlreichen Regierungen und verschiedensten Organisationen
ernste Besorgnisse hervor, weil damit eine starke Ressourcenerschöpfung und
Umweltverschmutzung sowie eine allgemeine Verschlechterung der Lebensqualität
einhergeht.
3
Das Bevölkerungswachstum ist gerade in den Entwicklungsländern trotz der
hohen Mortalität, Armut und Aids-Epidemie am höchsten.. Die Menschen von heute sind
allerdings im Vergleich zu früheren Generationen einem völlig anderen Spektrum an
Gesundheitsrisiken ausgesetzt.
4
Das Wachstum der künftigen Nachfrage im
Gesundheitsmarkt wird in den nächsten Jahren deutlich steigen, doch es ist
unwahrscheinlich, dass diese Nachfrage ausschließlich mit den Ressourcen des deutschen
Staates oder allgemein von den öffentlichen Haushalten der betroffenen Länder befriedigt
werden kann.
5
Bund, Länder und Kommunen können die komplizierten Strukturen des
nationalen Gesundheitswesens nicht mehr finanzieren; es entstehen empfindliche Lücken,
welche die Verantwortung für die individuellen Risiken und Kosten von der Gemeinschaft
auf das Individuum verlagern.
6
Wer heute Soziologen danach fragt, in welcher Art von Gesellschaft und gesellschaftlicher
Entwicklung wir uns momentan befinden, wird mit völlig unterschiedlichen Antworten
konfrontiert, in denen Ausdrücke wie ,,Organisationsgesellschaft", ,,individualisierte
Gesellschaft", ,,Informationsgesellschaft" oder ,,Erlebnisgesellschaft" auftauchen. Sie
denken dabei an das heute noch anwachsende Angebot an Institutionen, Bürokratien,
Anstalten und anderen künstlich geschaffenen Strukturen, an
den wachsenden Anspruch
aller Bürger, außerhalb von institutionellen Bindungen und unbehelligt von
Gemeinschaftsbindungen ein selbstbestimmtes Leben zu führen, in moralischen ebenso
Vgl. Birg (2004), Bevölkerungsentwicklung
Vgl. Lehner, aus dem Interview von Susanne Sitzler, online im WWW abrufbar unter URL:
Vgl. Kotler/Bliemel (2001), S.287f
Vgl. Weltentwicklungsbericht (2007), S.32
Vgl. Ederer/Schuller (1999), S.122
Vgl. Habisch/Schmidpeter/Neureiter (2008), S.97
14
1
2
http://www.bpb.de
3
4
5
6

wie in politischen Fragen allein ihren persönlichen Überzeugungen zu folgen und mit ihren
ganz privaten subjektiven Wahrnehmungen, Erlebnissen und Gefühlen ernst genommen zu
werden.
1
Die Gewissheit, dass sich die moderne Welt mit zunehmender Geschwindigkeit
verändert, führt zu Unübersichtlichkeit und Identitätsverlust innerhalb der Gesellschaft.
Der Lebensentwurf von Menschen wurde früher durch traditionelle Quellen der
Orientierung geprägt, wie die Religion, die Kirche, den stabilen Familienverbund, die
moralische Institution Schule usw.
2
Heute hingegen herrscht eine Orientierungslosigkeit,
in der das Bedürfnis nach Stabilität, Sinngebung und Werten wächst. Die Vielfältigkeit der
Lebensformen - die sich im Rückgang der Personen pro Haushalt und in der Zunahme von
Einpersonenhaushalten als wesentliche Trends widerspiegeln und eine veränderte Struktur
von Lebensläufen, d.h. der zeitlichen Abfolge unterschiedlicher Lebensphasen, bedingen -
stehen in engem Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Verhältnissen.
3
Die mit der
Analyse des sozialen Wandels verbundenen Aufgaben und Probleme sind daher so
vielschichtig, dass sie eine besondere Herausforderung für die Unternehmensleitung
darstellen und ein anspruchsvolles Bildungsniveau ihrer Mitarbeiter erfordern. Die
allgemeine Bedeutung von Bildung ist im Laufe der vergangenen 150 Jahre beständig
gestiegen. Dies hat dazu geführt, dass die Zeit, die junge Menschen in Schulen und
Hochschulen verbringen, immer länger und die mit Bildung verbundenen Investitionen
immer wichtiger und größer wurden. Einschlägige Untersuchungen zum Investitionsklima
haben ergeben, dass mehr als ein Fünftel aller Firmen in Entwicklungsländern die
unzureichenden Fertigkeiten und Schulkenntnisse ihrer Mitarbeiter als großes bzw.
schwerwiegendes Hindernis für ihre Geschäftsabwicklung betrachten.
4
Die Arbeitskraft
stellt den größten Vermögenswert armer Menschen dar, sodass sich der Aufbau einer
soliden Humankapitalbasis als der beste Weg zur Armutsverringerung erweist.
5
Die
Investitionen in die Bildung der Jugend der industrialisierten Länder könnten außerdem zur
Lösung solcher Probleme wie Antisemitismus und abwertende Handlungen gegenüber
Zuwanderern, Muslimen, Frauen, homosexuellen, behinderten sowie obdachlosen
Menschen beitragen. Gleichzeitig bedeutet Bildung für die Bevölkerung der
Entwicklungsländer mehr Chancengerechtigkeit sowie für viele junge Frauen, dass ihnen
eine frühe Eheschließung bzw. frühe Schwangerschaft und eine geschlechtsspezifische
Vgl. Geser (2001), Zur Krise des Helfens in der individualisierten Gesellschaft
Vgl. Habisch/Schmidpeter/Neureiter (2008), S.87f
Schader Stiftung: Wandel des Lebenslaufs
Vgl. World Bank (2005r), World Development Report
Vgl. Weltentwicklungsbericht (2007), S.3
15
1
2
3
4
5

Unterdrückung erspart bleibt. Weltweit leben bereits über 150 Millionen Menschen als
Emigranten in einem Staat, der nicht ihre ursprüngliche Heimat ist; und immer mehr
Menschen auf der ganzen Welt verlassen ihre Heimat, um ihren Lebensmittelpunkt an
einen anderen Ort zu verlegen. Die Solidarität mit Einwanderern und die Einstellung zu
Menschen anderer ethnischer und religiöser Zugehörigkeit erweisen sich aber immer noch
als mangelhaft und stehen daher im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Das
migrations- und integrationspolitische Geschehen bedarf sowohl einer intensiven
Auseinandersetzung mit den interkulturellen Werten und Normen als auch mit ihren
historischen Wurzeln, um die gegenwärtige Situation der Menschheit und ihre
Perspektiven verstehen zu können.
1
In der Frage nach Sinn und Werten spielt die Wirtschaft heute eine entscheidende Rolle, da
die Identität des Einzelnen immer mehr durch den Konsum beeinflusst wird und die an
Werten orientierte Unternehmensmarke nur dann den Nerv des Zeitgeistes trifft, wenn sie
durch ihre Produkte und kommunizierten Botschaften die tatsächlich gelebten Werte und
Normen transportiert.
2
Da die öffentlichen Haushalte immer weniger in der Lage sind, die
soziale und kulturelle Infrastruktur zu finanzieren, zu steuern und somit zu beeinflussen,
entsteht eine neue Rollenverteilung zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Daraus
resultiert für Unternehmen die Möglichkeit, freiwillig mehr gesellschaftliche
Verantwortung zu übernehmen.
2.2
Anforderungen an das Unternehmen aus der Mikroumwelt
2.2.1 Anforderungen der verschiedenen Anspruchsgruppen
Um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen genauer zu untersuchen, wird
im Weiteren zunächst betrachtet, wie sich die Erwartungen der Gesellschaft an
Unternehmen erfassen und strukturieren lassen
.
Dabei ist es hilfreich, sich von dem
Allgemeinbegriff der Gesellschaft zu lösen und konkrete Akteure und Inhalte zu
identifizieren, auf die sich die unternehmerische Verantwortung beziehen kann
.
In diesem
Sinne werden einzelne Personen, Gruppen oder Institutionen
,
die Interesse an dem
Unternehmen haben, direkt oder indirekt von den unternehmerischen Aktivitäten
betroffen
sind oder ihrerseits einen signifikanten Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, als
Vgl. Quack (2000), S.31.ff
Vgl. Habisch/Schmidpeter/Neureiter (2008), S.88ff
16
1
2

Anspruchsgruppen (Stakeholder) definiert.
1
Eine Differenzierung der relevanten
Anspruchsgruppen dient der Beobachtung der jeweiligen Verhaltensweisen und des
Aufbaus von wechselseitigen Beziehungen. Grundsätzlich kann zwischen
unternehmensinternen und unternehmensexternen Anspruchsgruppen unterschieden
werden, wobei in der Literatur und Praxis oft auch zwischen internen, marktbezogenen,
gesellschaftlichen und staatlichen Anspruchsgruppen differenziert wird.
2
Zu den
unternehmensinternen Anspruchsgruppen, deren unterschiedliche Interessen in der Regel
durch eine vertragliche oder gesetzliche Grundlage gesichert werden, zählen beispielsweise
Management, Führungskräfte, Aktionäre, Kapitaleigentümer, Unternehmenseigentümer,
Mitarbeiter und Betriebsrat.
3
Diese Stakeholder können entsprechend ihren
Verhaltensweisen gegenüber den Unternehmen typisiert und kategorisiert werden. Mitchell
teilt zum Beispiel Stakeholdertypen nach den Kriterien Macht, Dringlichkeit und
Legitimität auf und beschreibt in diesem Zusammenhang verschiedene Arten von
Stakeholdern: So gibt es bei ihm die idealen (welche die Ziele und Vorgehensweisen des
Unternehmens unterstützen, ein geringes Bedrohungs-, aber ein hohes
Kooperationspotenzial aufweisen), die nur begrenzt interessierten (die weder eine große
Bedrohung noch ein bedeutsamer Kooperationspartner sind) und schließlich die
herausfordernden Stakeholder.
4
Viele Akteure lassen sich mehreren Gruppen gleichzeitig
zuordnen; zum Beispiel kann ein Mitarbeiter auch Anteilseigner und Kunde eines
Unternehmens sein. Interne Stakeholder haben bestimmte Erwartungen und Ansprüche an
ein Unternehmen, die je nach Unternehmen und Situation variieren und sich teilweise
untereinander sogar widersprechen. So bringen beispielsweise Topmanager und
Führungskräfte mit ihrer Kompetenz und ihrem Engagement das Unternehmen immer
näher an die Verwirklichung seiner ökonomischen Ziele, erwarten jedoch im Gegenzug ein
entsprechend hohes Einkommen und viel Macht.
5
Somit existiert hier ein
Orientierungsdilemma hinsichtlich der angestrebten wirtschaftlichen Effizienz und der
vernachlässigten Nachhaltigkeit, was durch die Integration einer gesellschaftspolitischen
Verantwortungsdimension in die Führungspolitik gelöst werden kann.
6
Vgl. Kramer/Urbaniec/Möller (2003), S. 97
Vgl.Balderjahn (2004), S.16
Vgl.Erdmann (2000), S.109
Vgl. Mitchell (1997) S. 853 ff
Vgl. Schmid (1997), S.633
Vgl. Hülsmann (2003), S.37
17
1
2
3
4
5
6

In diesem Zusammenhang ist auch der Shareholder-Value zu erwähnen.. Mit diesem
Begriff verbindet sich die Idee einer konsequenten Ausrichtung der Unternehmensführung
auf die Anteilseigener (Shareholder), aber auch die Tatsache, dass einer kurzfristige
Wertsteigerung eines Unternehmens auch nur kurzfristig vonseiten des Marktes belohnt
wird.
1
Der Kapitalgeber ist bemüht, unnötige Risiken zugunsten gesicherter Renditen zu
vermeiden, und erwartet für seine Risikobereitschaft eine angemessen hohe Rendite, was
die Wiederinvestitionen verringert.
Die Erkenntnis, dass die Unternehmen sich in einem revolutionären Veränderungsprozess
befinden, dessen Gründe in den früher beschriebenen fortschreitenden Veränderungen der
ökonomischen, technologischen, soziokulturellen und gesellschaftspolitischen
Rahmenbedingungen liegen, führt zur Anerkennung der Mitarbeiter (des Human Capital)
als strategischen Erfolgsfaktor, deren Ansprüche auch maßgeblich für
Unternehmensentscheidungen sind.
2
Die Mitarbeiter erbringen für das Unternehmen
Arbeitsleistungen und erwarten dafür nicht nur die Zahlung von Löhnen und Gehältern,
sondern u.a. eine Arbeitsplatzsicherheit, soziale Sicherheiten, gesundheitsfördernde und
nicht ,,giftige" Produktionsanlagen, sinnvolle Betätigungen für die Entfaltung persönlicher
Fähigkeiten, Status und Prestige.
3
Während in anderen westeuropäischen Ländern die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch ein hinreichendes Angebot an Kinderbetreuung
unterstützt wird, weist die Betreuungssituation in Deutschland erhebliche Mängel auf.
4
In
unserem Land verzichten 40 % der Frauen mit einem Diplom auf Kinder oder treffen eine
umgekehrte Entscheidung zulasten ihrer Karriere. Einerseits beinhaltet diese Problematik
gesellschaftspolitische Konsequenzen, andererseits öffnet sie Chancen für solche
Unternehmen, die sich im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf engagieren
möchten. Eine hohe Arbeitsmotivation, das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen,
die Loyalität und ein tägliches Engagement am Arbeitsplatz sind durch langfristige
Bemühungen seitens der Unternehmensführung zu erzielen und durch eine praktisch
ausgestaltete interne Kommunikation zu verankern.
5
Die vielfältigen menschlichen
Bedürfnisse können Kategorien zugeordnet werden, die in Abhängigkeit von der
jeweiligen Lebenssituation unterschiedliche Verhaltensauswirkungen aufweisen.
6
Je nach
Vgl. Skrzipek (2005), S.9
Vgl. Bullinger/Warnecke/Westkämper (2003), S.370
Vgl. Kramer (2003), S.100f
Vgl. Habisch/Schmidpeter/Neureiter (2008), S.393
Vgl. Laufer (2005), S.96
Vgl. Jung (2006), S.386
18
1
2
3
4
5
6

Entwicklungsstand und gesellschaftspolitischen Gegebenheiten haben die in verschiedenen
Ländern tätigen Mitarbeiter unterschiedliche Erwartungen an ihrem Arbeitsplatz: Während
in den Industrieländern interessante und abwechslungsreiche Tätigkeiten mit
Aufstiegsperspektiven sowie genügend Freizeit für Motivation sorgen, sind die Arbeiter in
Entwicklungsländern bemüht, durch den Arbeitsplatz ihre materielle Existenz sowie die
Versorgung ihrer Familien zu sichern. Das Südwind-Institut aus Siegburg befragte
Beschäftigte von Fabriken in China und Indonesien und berichtete über schlechte
Arbeitsverhältnisse und gravierende Menschenrechtsverletzungen, die durch mangelhafte
soziale Bedingungen zustande kommen.
1
Die Vernachlässigung von internen Stakeholdern
und ihren Ansprüchen kann einem Unternehmen erhebliche Schäden zufügen, die
bewusste Einbeziehung solcher Faktoren in die Unternehmensentscheidungen vermag
dagegen Wettbewerbsvorteile und einen dauerhaften Unternehmenserfolg zu sichern.
Weitere externe Gruppen, die Einfluss auf die Zielerreichung eines Unternehmens nehmen,
sind Lieferanten, Kunden, Konkurrenten, Banken, Börsen, der Staat, lokale, nationale und
internationale Behörden, Nichtregierungsorganisationen, Verbände, Versicherungen,
Beratungsbetriebe und Medien (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Modell des Stakeholder-Konzepts
Quelle: Business-Wissen (2007)
Kreditinstitute üben keinen direkten Einfluss auf die Umwelt aus, allerdings kann dies
indirekt durch Beteiligung an Unternehmen erfolgen. Außerdem können sie unter
Umständen durch die Kreditvergabe ein Unternehmen beeinflussen.
2
So kann die
Unterstützung ökologisch oder gesellschaftlich fragwürdiger Projekte auch eine negative
Vgl. Süddeutsche Zeitung (2007), Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländer
Vgl. Oberdorfer (2007), S.39
19
1
2

Auswirkung auf das Kreditinstitut haben, besonders wenn sein Image dadurch Schaden
nimmt. Durch die internationalen Transaktionen findet auf den Finanzmärkten eine globale
Kapitalverteilung statt; gleichzeitig erhöht sich so die Intransparenz bezüglich der
Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards, vor allem wenn Unternehmen außerhalb der
Industriestaaten involviert sind.
1
Eine Zeit lang spielten die Nachhaltigkeitskriterien bei
Kreditwürdigkeitsprüfungen keine Rolle; heute hingegen werden sowohl Fremdkapital als
auch Eigenkapital immer mehr nach ethischen Überlegungen und speziellen Kriterien
vergeben.
2
(An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass im 3. Kapitel die Möglichkeiten
der Kapitalanlage von Unternehmen unter Nachhaltigkeitskriterien diskutiert werden, denn
eine solche ethisch begründete Investitionstätigkeit gilt als ein Instrument der Übernahme
gesellschaftspolitischer Verantwortung durch Unternehmen.)
Versicherungen haben normalerweise auch ein großes Interesse an der Risikobewertung
ihrer Kunden. Als eine unternehmensexterne Interesseninstitution berücksichtigen die
Versicherungen praktisch alle Risiken, die unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit
betrachtet werden können: Dazu gehören sowohl ökonomische als auch ökologische und
soziale Risiken.
3
Umsatzeinbußen durch einen Image-Schaden aufgrund mangelhafter
Produktion, hohe Entsorgungskosten für Sonderabfälle sowie hohe Krankheitsquoten
durch einen schlechten Arbeits- und Gesundheitsschutz zählen zu den Risiken, die
beispielsweise von Sparten-Haftpflicht-, Feuer- und Transportversicherungen bei ihren
Analysen in Betracht gezogen werden.
4
Es ist offensichtlich, dass ohne Kunden weder Produkte noch Dienstleistungen abgesetzt
werden können. Unzufriedene oder enttäuschte Kunden wandern schnell zu innovativeren
und bedürfnisorientierteren Wettbewerbern ab und können durch Protest,
Konsumentenboykott oder nachhaltigen Vertrauensverlust eine unverantwortliche
Unternehmenstätigkeit verhindern.
5
Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsum-,
Markt- und Absatzforschung (GfK) steigt die Zahl der kritischen Konsumenten an, die mit
,,gutem Gewissen" konsumieren möchte.
6
Die Ergebnisse der Konsumentenbefragungen
zeigen, dass gesunder sowie moralischer Konsum am allerwichtigsten bei Lebensmitteln
und Kosmetika ist (vgl. Abbildung 2). Mehr als die Hälfte der Konsumenten, für die der
Vgl.Pinner (2003), S.128
Vgl. Garmer (2003), S.101
Vgl. Büchner (1996), S.474
Vgl. Garmer (2003), S.107f
Vgl. Maak/Ulrich (2007), S.172
Vgl. GfK: Mehr Moral im Markt der Mode (2008)
20
1
2
3
4
5
6

Aspekt ,,Umwelt- und Sozialverträglichkeit" beim Kauf von Bekleidung und Schuhen
entscheidend war, wären bereit, mehr Geld für umweltfreundlich und sozialverträglich
produzierte Bekleidung auszugeben. Dies ist ein Signal bzw. Hinweis für die Hersteller
und Händler, die Möglichkeit zu nutzen, sich mit der Übernahme von Verantwortung zu
profilieren und für den zusätzlich gebotenen Nutzen einen angemessenen Preis zu erzielen.
Eine weitere repräsentative Studie des Instituts für Markt, Umwelt und Gesellschaft
(imug)
1
zeigt, dass 67 % von 1008 befragten Bürgern die Unternehmen präferieren, die in
Deutschland neue Arbeitsplätze schaffen, und 49 % die Hersteller von energiesparenden
und umweltverträglichen Produkten ( vgl. Abbildung 3).
Abbildung 2: Anteil der Befragten, für die es ,,sehr wichtig" ist, dass Produkte umwelt-
und sozialverträglich sind:
Quelle: GfK Marktforschung (2008)
Abbildung 3:
Präferenz für ein verantwortungsvoll handelndes Unternehmen,
da ein solches Unternehmen
Quelle: Das Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug) 2006
Vgl. imug :Präferenzbereitschaft (2006)
21
1

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783842808614
DOI
10.3239/9783842808614
Dateigröße
2.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Düsseldorf – Wirtschaft, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (Januar)
Note
1,5
Schlagworte
marketing verantwortung gesellschaftspolititik soziale
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Titel: Corporate Social Responsibility als Konzept für die gesellschaftspolitische Verantwortung von Unternehmen: Konzept sowie Umsetzungsmöglichkeiten im Marketing
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