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Interkulturelle Kompetenzen als Anforderung im internationalen Verhandeln

©2010 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Diplomarbeit ist eingebettet in die Debatte über die Multikulturalität der Gesellschaft und soll einen Beitrag dazu leisten.
In der Diplomarbeit zum Thema ‘Interkulturelle Kompetenzen als Anforderung im internationalen Verhandeln’ gehe ich der Frage nach, welche Relevanz die interkulturellen Fähigkeiten für einen Erfolg auf dem internationalen Arbeitsmarkt haben. Ausgehend von der Hypothese, dass die interkulturellen Kompetenzen heutzutage zu den unentbehrlichen beruflichen Qualifikationen gehören, wird untersucht, inwiefern die zur Verfügung stehenden Methoden diese Fähigkeiten vermitteln können. Diese Problemstellung setzt voraus, dass die interkulturellen Kompetenzen erlernbar sind, was ebenso zu überprüfen ist.
Damit die vielen Vorteile, die Globalisierung und Welthandel mit sich bringen, entsprechend genutzt werden können, soll den Menschen ein passendes Werkzeug an die Hand gegeben werden. Interkulturelle Kompetenzen werden heute immer häufiger als ein solches Werkzeug eingesetzt. In der interkulturellen Forschung wurden zahlreiche Methoden zur Förderung und zum Erwerb interkultureller Kompetenzen entwickelt, je nachdem, für welchen Bereich diese Schlüsselqualifikationen dienen sollten. Die interkulturelle Forschung beschäftigt sich unter anderem mit den linguistischen Aspekten (Fremdsprachenbereich), analysiert die Kompetenz aus der Sicht der Globalisierung und Multikulturalität (gesellschaftswissenschaftlicher Bereich) oder entwickelt Ansätze zur Förderung interkultureller Kompetenz durch Trainingsprogramme, Coaching, sowie durch ihre Anwendung in interkultureller Beratung und Konfliktlösung (Bereich der internationalen Personal- und Organisationsentwicklung). In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie groß das Interesse an solchen Maßnahmen bei Personen ist, die fast täglich in internationale Handelsbeziehungen treten, und wie die Methoden zum Erwerb interkultureller Kompetenzen von ihnen bewertet werden.
Interkulturelle Kompetenzen sollten aber nicht nur als Werkzeug für einen erfolgreichen Umgang mit Geschäftspartnern aus anderen Kulturkreisen betrachtet werden. Wissenschaftlich betrachtet ist ‘interkulturelle Kompetenz’ ein sehr komplexer Terminus, dessen Analyse zur Entstehung zahlreicher Modelle führte, in denen die Teilkomponenten interkultureller Kompetenz nach verschiedenen Kriterien kategorisiert und in unterschiedlichen Dimensionen platziert werden (in der affektiven, der kognitiven […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Beata Janosz
Interkulturelle Kompetenzen als Anforderung im internationalen Verhandeln
ISBN: 978-3-8428-0824-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main,
Deutschland, Diplomarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung... 5
1.1
Fragestellung... 5
1.2
Aufbau und Gliederung der Arbeit ... 7
2
Grundbegriffe und Hypothesen ... 8
2.1
Was ist Kultur ­ Begriffserklärung... 8
2.2
Interkulturelle Kompetenzen ­ Versuch einer Definition... 12
3
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen ... 16
3.1
Internationalisierung und Globalisierung ... 16
3.2
Die Entwicklung von Unternehmen auf den globalen Märkten ... 17
3.3
Individualisierung in der globalisierten Gesellschaft ... 20
3.4
Migration und Mobilität... 23
4
Förderung und Vermittlung interkultureller Kompetenzen ... 26
4.1
Entwicklung und erste Ansätze zur Förderung interkultureller
Kompetenzen ... 26
4.2
Methoden zur Förderung interkultureller Kompetenzen ... 28
4.2.1
Eignungsdiagnostik... 28
4.2.2
E-Learning ... 29
4.2.3
Interkulturelles Training und Coaching ... 30
4.2.4
Interkulturelle Mediation und Konfliktlösung... 34
4.2.5
Interkulturelles Consulting ... 35
4.2.6
Interkulturelle Beratung... 37
4.2.7
Interkulturelle Studiengänge... 38
4.3
Ziele der Maßnahmen zur Förderung und zum Erwerb interkultureller
Kompetenzen ... 40
5
Empirische Untersuchung... 43
5.1
Beschreibung und Begründung der Forschungsmethode ... 43
5.2
Durchführung der Untersuchung ... 44
5.2.1
Fragestellung... 44
5.2.2
Auswahl der Untersuchungseinheit und Durchführung der Interviews... 49
5.3
Auswertungsmethode... 51
6
Ergebnisse der Untersuchung und ihre Auswertung... 59
6.1
Allgemeine statistische Daten der Stichprobe ... 59
6.2
Ergebnisse zum Thema interkulturelle Weiterbildungsmaßnahmen ... 61
6.3
Einschätzung der eigenen interkulturellen Kompetenzen ... 70
6.4
Interkulturell kompetente Mitarbeiter - Charakterisierung... 75
7
Zusammenfassung und Ausblick ... 81
8
Verzeichnisse ... 83
8.1
Literaturverzeichnis ... 83
8.2
Andere Quellen ... 87
8.3
Abbildungsverzeichnis... 88
8.4
Tabellenverzeichnis ... 89
8.5
Abkürzungsverzeichnis... 90

Einleitung
5
1
Einleitung
1.1
Fragestellung
Die vorliegende Diplomarbeit ist eingebettet in die Debatte über die
Multikulturalität der Gesellschaft und soll einen Beitrag dazu leisten.
In der
Diplomarbeit zum Thema ,,Interkulturelle Kompetenzen als Anforderung im
internationalen Verhandeln" gehe ich der Frage nach, welche Relevanz die
interkulturellen Fähigkeiten für einen Erfolg auf dem internationalen Arbeitsmarkt
haben. Ausgehend von der Hypothese, dass die interkulturellen Kompetenzen
heutzutage zu den unentbehrlichen beruflichen Qualifikationen gehören, wird
untersucht, inwiefern die zur Verfügung stehenden Methoden diese Fähigkeiten
vermitteln können. Diese Problemstellung setzt voraus, dass die interkulturellen
Kompetenzen erlernbar sind, was ebenso zu überprüfen ist.
Damit die vielen Vorteile, die Globalisierung und Welthandel mit sich bringen,
entsprechend genutzt werden können, soll den Menschen ein passendes Werkzeug an
die Hand gegeben werden. Interkulturelle Kompetenzen werden heute immer häufiger
als ein solches Werkzeug eingesetzt. In der interkulturellen Forschung wurden
zahlreiche Methoden zur Förderung und zum Erwerb interkultureller Kompetenzen
entwickelt, je nachdem, für welchen Bereich diese Schlüsselqualifikationen dienen
sollten. Die interkulturelle Forschung beschäftigt sich unter anderem mit den
linguistischen Aspekten (Fremdsprachenbereich), analysiert die Kompetenz aus der
Sicht der Globalisierung und Multikulturalität (gesellschaftswissenschaftlicher Bereich)
oder entwickelt Ansätze zur Förderung interkultureller Kompetenz durch
Trainingsprogramme, Coaching, sowie durch ihre Anwendung in interkultureller
Beratung
und
Konfliktlösung
(Bereich
der
internationalen
Personal-
und
Organisationsentwicklung). In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie groß das
Interesse an solchen Maßnahmen bei Personen ist, die fast täglich in internationale
Handelsbeziehungen treten, und wie die Methoden zum Erwerb interkultureller
Kompetenzen von ihnen bewertet werden.
Interkulturelle Kompetenzen sollten aber nicht nur als Werkzeug für einen erfolgreichen
Umgang mit Geschäftspartnern aus anderen Kulturkreisen betrachtet werden.
Wissenschaftlich betrachtet ist ,,interkulturelle Kompetenz" ein sehr komplexer
Terminus, dessen Analyse zur Entstehung zahlreicher Modelle führte, in denen die

Einleitung
6
Teilkomponenten interkultureller Kompetenz nach verschiedenen Kriterien kategorisiert
und in unterschiedlichen Dimensionen platziert werden (in der affektiven, der
kognitiven und der verhaltensbezogenen Dimension). Diese Kategorisierung liefert
Informationen über die Persönlichkeitsmerkmale, die beim Erwerb und der Förderung
interkultureller Kompetenzen eine entscheidende Rolle spielen. Abhängig davon, was
der Berührungspunkt im interkulturellen Kontakt ist, kann anhand der kategorisierten
Persönlichkeitseigenschaften entschieden werden, welche Methode am erfolgreichsten
eingesetzt werden kann.
Für wen sind die interkulturellen Qualifikationen besonders unverzichtbar?
Unter dem Gesichtspunkt des internationalen Verhandelns, das das Thema der Arbeit
umfasst, sind die interkulturellen Kompetenzen für alle Mitarbeiter von international
tätigen Unternehmen von sehr großer Bedeutung. Zwar ist der Übergang von einem
nationalen Unternehmen zu einem internationalen Unternehmen nicht einfach, aber für
dessen Erfolg sind nicht zuletzt die Mitarbeiter verantwortlich. In der Literatur sind
mehrere Ansätze zu finden, die den Ablauf des Internationalisierungsprozesses eines
Unternehmens beschreiben. Die Praxis zeigt aber, dass es sich bei diesen Ansätzen nur
um idealtypische Modelle handelt, die sehr selten oder nie in der beschriebenen Form
stattfinden. Was allen Unternehmen im Laufe des Internationalisierungsprozesses
gemeinsam ist, ist die Herausbildung einer Unternehmenskultur, die letztendlich durch
die Mitarbeiter entsteht und nicht mit Gesetzen und Regelungen erzielt werden kann.
Die Rolle der Mitarbeiter, nicht nur der Expatriates, sondern auch der im Inland tätigen
Mitarbeiter, wird oftmals besonders hervorgehoben, weil sie sich im interkulturellen
Raum bewegen und kommunizieren. Erfahrene Mitarbeiter wissen am besten, welche
Qualifikationen unentbehrlich sind, welche interkulturellen Bereiche für ihre Tätigkeit
relevant sind und welche Fähigkeiten sie noch ausbauen oder gar neu erwerben müssen,
um sich erfolgreich in der multikulturellen Umgebung zu behaupten.
Die Analyse der für dieses Zweck durchgeführten Forschung soll zur
Beantwortung der Frage dienen, ob die zahlreichen Methoden zur Vermittlung von
interkulturellen Kompetenzen zu hinreichendem Lernerfolg führen, und ob die
Betroffenen hinterher diese Werkzeuge erfolgreich benutzen können. Die der
Diplomarbeit zugrunde liegende Forschung basiert auf einer empirischen Untersuchung
mittels Fragebogenverfahren. Der Gegenstand der Untersuchung ist die Einstellung der
Probanden zu unterschiedlichen Kursen und Lernmaßnahmen im Bereich interkulturelle

Einleitung
7
Kompetenzen. Befragt wurden Personen, die im internationalen Bereich tätig sind und
sich zusätzlich berufsbegleitend weiterbilden. Die Untersuchungseinheit sowie die
Forschungsmethode sind im empirischen Teil (Kapitel 5) ausführlich beschrieben.
1.2
Aufbau und Gliederung der Arbeit
Der Aufbau der Arbeit setzt sich wie folgt zusammen:
Im ersten Teil befasse ich mich mit der Bedeutung der interkulturellen Kompetenzen in
der heutigen pluralisierten und multikulturellen Gesellschaft. Zunächst erkläre ich die
Bedeutung der dieser Arbeit zugrundeliegenden Begriffe ­ Kultur und interkulturelle
Kompetenzen. Ich stütze mich hauptsächlich auf den Kulturansatz von Hofstede
(Kapitel 2). Darüber hinaus versuche ich zu ermitteln, welches Verständnis von Kultur
dem Konzept interkultureller Kompetenz zugrunde liegt. Im Kapitel 3 wird aufgezeigt,
wie der Stand der Forschung zu diesem Thema ist. Zurzeit existieren zahlreiche
theoretische und empirische Arbeiten über den Einfluss der kulturellen Heterogenität
auf das Zusammenleben der Menschen. Kapitel 4 befasst sich vollständig mit
Methoden, Ansätzen und Verfahren zur Förderung und Vermittlung von interkulturellen
Kompetenzen. Dieses Kapitel stellt eine Art Übergang zum nächsten Teil dar, in dem
ausführlich auf die bereits von mir durchgeführte Forschung und deren Ergebnissen
eingegangen wird. Kapitel 5 besteht aus einem empirischen Teil, in dem nicht nur die
Analyse der Ergebnisse durchgeführt wird, sondern detailliert die Methode und
Fragestellung beschrieben wird. Aus der Analyse der Fragebögen wird beurteilt, wie
wichtig diese Fähigkeiten vor allem für Menschen sind, die in einem international
ausgerichteten Unternehmen arbeiten (Kapitel 6). Im Fazit werden meine
Schlussfolgerungen über die Bedeutung der interkulturellen Kompetenzen in
Anlehnung an die Ergebnisse der Forschung, zusammengefasst.

Grundbegriffe und Hypothesen
8
2
Grundbegriffe und Hypothesen
2.1
Was ist Kultur ­ Begriffserklärung
Um die zentralen Begriffe ,,Kultur", ,,Interkulturalität" und ,,Kompetenz"
verständlich und nachvollziehbar für diese wissenschaftliche Studienarbeit zu machen,
erfordert es eine analytische Reflexion.
Der Begriff ,,Kultur" hat sehr viele Bedeutungen, wobei alle aus dem
lateinischen Wort ,,colere" abgeleitet sind, das ,,pflegen", ,,bebauen" bedeutet. Dieses
Wort bezog sich zunächst auf die ,,Pflege des natürlichen Wachstums."
1
,,Das Wort für die vornehmsten menschlichen Betätigungen entnehmen wir also der
Feldarbeit und Agrikultur, dem Kultivieren und Ernten"
2
heißt es bei Terry Eagelton.
Erst später bekam dieser Begriff eine metaphorische Bedeutung und wurde in andere
Bereiche übertragen. Ausschlaggebend war die Übertragung des Ausdruckes auf die
geistlichen und seelischen Anstrengungen des Menschen. Seitdem bedeutet Kultur und
Kultivierung unter anderem Erziehung, Bildung und Pflege des Menschen selbst.
Des Weiteren beziehe ich mich auf das Kulturkonzept von Geert Hofstede,
einem niederländischen Kulturwissenschaftler. Hofstede unterscheidet zwischen
,,Kultur im engeren Sinne" und einem breiter gefassten Verständnis von Kultur.
3
Die
erste Bedeutung umfasst eine Verfeinerung des Geistes, dessen Ergebnisse Bildung,
Kunst und Literatur sind und wird von ihm ,,Kultur Eins" genannt. Die zweite
Bedeutung bezieht sich auf die sozial- bzw. kulturanthropologische Ebene und schließt
alle Denk-, Fühl- und Handlungsmuster ein. In diesem Sinne ist ,,Kultur Zwei" ein
kollektives Phänomen. Mit den Worten des Kulturwissenschaftlers ist es die ,,kollektive
Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von
Menschen von einer anderen unterscheidet."
4
Wie kommt es dazu, dass eine Gruppe
oder Kategorie von Menschen dieselbe Kultur teilt oder in unterschiedlichen Kulturen
lebt?
Worauf
beziehen
sich
und
wie
entstehen
diese
Unterschiede?
1
Eagelton, Terry; Was ist Kultur? Eine Einführung; Beck Verlag; München; 2001; S. 7.
2
ebd. S. 7.
3
Hofstede, Geert; Interkulturelle Zusammenarbeit; Gabler Verlag, Wiesbaden, 1993; S. 18 ff.
4
ebd. S. 19.

Grundbegriffe und Hypothesen
9
Laut Hofstede ist Kultur erlernt und nicht ererbt. Einerseits soll man Kultur von der
menschlichen Natur unterscheiden und andererseits auch von der Persönlichkeit eines
Individuums. Diesem Ansatz zufolge ist die menschliche Natur das, was allen
Menschen gemeinsam ist. Sie ist geerbt und universell. Auch die physische und
psychische Funktionsweise eines Menschen ist durch die menschliche Natur bestimmt.
Im Gegensatz dazu betrachtet Hofstede den Menschen als ein Individuum, dessen
Persönlichkeit aus einzigartigen Merkmalen besteht, die mit keinem anderen Menschen
geteilt werden. Die Persönlichkeit eines Individuums ist teilweise durch Charakterzüge
gegründet, die geerbt sind, aber auch teilweise durch das Erlernte. In diesem Kontext ist
das Erlernte durch persönliche Erfahrungen und Kultur beeinflusst.
Der besseren Verständlichkeit dieses Ansatzes dient die folgende Abbildung:
Erlebt und
Individuumspezifisch
Persönlichkeit
Erlernt
Gruppen- oder
Kategorienspezifisch
Kultur
Erlernt
Universell
Menschliche Natur
Ererbt
Abbildung 1: Drei Ebenen der Einzigartigkeit in der mentalen Programmierung des Menschen
Quelle: Hofstede, Geert; Interkulturelle Zusammenarbeit; Gabler Verlag; Wiesbaden; 1993; S. 19.
Daraus geht hervor, dass die der menschlichen Natur zugrunde liegenden Fähigkeiten
Gefühle zu empfinden, allen Menschen gleich sind, die Ausdrucksweise der Gefühle
aber wiederum durch die Kultur bestimmt wird. Dies ist also das, was die Kulturen
voneinander unterscheidet, was durch die unterschiedlichen Denk-, Fühl- und
Handlungsweisen verschiedenen Gruppen oder Kategorien von Menschen sichtbar wird.
An dieser Stelle ist es sinnvoll zu erklären, was eine Gruppe und eine Kategorie von
Menschen gemeinsam haben. Hofstede beschreibt Gruppe als eine Anzahl von
Menschen, die in Kontakt zueinander stehen.

Grundbegriffe und Hypothesen
10
Eine Kategorie bilden Menschen, die etwas gemeinsam haben, aber nicht
unbedingt im Kontakt zueinander stehen (z.B. alle alleinerziehenden Frauen gehören
derselben Kategorie von Menschen an, obwohl sie nicht alle Kontakt zueinander
haben). Jeder Mensch gehört gleichzeitig mehreren Gruppen und Kategorien an,
deswegen gehört er auch verschiedenen Kulturebenen an. Dabei kann es sich u.a. um
nationale, regionale, sprachliche oder religiöse Ebenen handeln. Man kann die Gruppen-
bzw. Kategorienzugehörigkeit ebenfalls aufgrund des Geschlechtes, des Alters oder der
sozialen Klasse zuordnen.
Bei der Begriffsbestimmung von ,,Kultur" soll ebenfalls erklärt werden, wie sich
die angesprochenen Kulturunterschiede äußern.
Hofstede fasste die vielen Äußerungsweisen von Kultur in vier Begriffen zusammen:
Symbole, Helden, Rituale und Werte. Er stellte anhand eines ,,Zwiebeldiagramms" die
Manifestationen von Kultur auf verschiedenen Tiefeebenen dar.
Abbildung 2: Das ,,Zwiebeldiagramm" - Manifestationen von Kultur auf verschiedenen
Tiefeebenen
Quelle: Hofstede, Geert; Interkulturelle Zusammenarbeit; Gabler Verlag, Wiesbaden, 1993; S. 22.
Diese Abbildung veranschaulicht, dass Symbole die oberflächlichsten und die Werte die
tiefgehendsten Manifestationen sind. Laut Hofstede unterliegen Symbole, als die
äußerste Schicht, am stärksten den Veränderungen. Am wenigstens veränderbar sind die
Werte, die er als Kern der Kultur sieht.
Symbole
Helden
Rituale
Werte
PRAKTIKEN

Grundbegriffe und Hypothesen
11
Dadurch, dass ein Kind das Wertesystem im frühen Alter erlernt - verändert sich dieses
Grundwertesystem in den späteren Jahren nur selten. Dieser Prozess ist meistens im
Alter von 10 Jahren abgeschlossen. Der Kulturwissenschaftler weist außerdem darauf
hin, dass der Erwerb dieser Grundwerte implizit erfolgt und somit ist sich der Mensch
vielen der eigenen Werte nicht bewusst.
5
Was versteht man unter diesen Begriffen, durch die sich die kulturellen
Unterschiede äußern? Wie bereits angedeutet, betrachtet Hofstede als Kern der Kultur
die Werte, die er als allgemeine Neigung bestimmte Zustände anderen vorzuziehen
versteht. Es sind also Prioritäten die die Lebensorientierung für eine Gruppe bilden.
Werte bringen kulturspezifische, gefühlsmäßige Einstellungen sowie wertende
Aussagen bezüglich gut/böse, aufregend/langweilig etc. zum Ausdruck.
Symbole sind
Worte, Gesten und Objekte mit bestimmter Bedeutung, die nur von denjenigen
verstanden werden, die der gleichen Kultur angehören. Dazu gehören unter anderem
sprachliche Symbole wie idiomatische Wendungen, Sprechakte, kulturspezifische
Floskeln (z.B. Höflichkeits- oder Begrüßungsformeln), aber auch Modesymbole
(z.B. Markennamen) und Statussymbole. Hofstede betont die Vergänglichkeit der Symbole:
,,Neue Symbole entwickeln sich rasch, und alte verschwinden."
6
In der zweiten
,,Zwiebelschicht" platziert Hofstede Helden. Dieser Begriff umfasst Personen (sowohl
tote als auch lebende, sowohl reale als auch fiktive), deren Eigenschaften in einer Kultur
hoch angesehen sind. Helden dienen als Verhaltensvorbilder. Es können Werbung-,
Fernseh- oder Filmpersönlichkeiten sein sowie historische Figuren. Rituale - in der
beinahe innersten Schicht platziert - beschreiben kollektive Tätigkeiten, die innerhalb
einer Kultur für sozial notwendig gehalten werden, obwohl sie, um etwas zu erzielen
eigentlich nicht notwendig sind. Als Beispiel nennt Hofstede religiöse und soziale
Zeremonien, Formen des Grüßens und der Ehrerbietung anderen gegenüber sowie
andere konventionalisierte Verhaltensmuster.
Hofstedes Kulturverständnis ist nur eine von vielen Definitionen dieses
Begriffes in der Literatur. Der Begriff ,,Kultur" ist sehr komplex und schwer erfassbar,
deswegen gibt es zahlreiche Erklärungen für ihn und keine allgemeingültige Definition.
Das Konzept von Hofstede deckt aber reichlich die für diese Arbeit relevanten Aspekte
ab, deswegen wurde es hier als zugrundeliegendes Kulturverständnis dargestellt.
5
Hofstede, Geert; Interkulturelle Zusammenarbeit; Gabler Verlag, Wiesbaden, 1993; S. 23.
6
ebd. S. 22.

Grundbegriffe und Hypothesen
12
Zwar wird seine Studie über die nationalen und regionalen Kulturdimensionen
7
und
deren Ergebnisse beständig kritisiert, aber auch ebenso oft zitiert, da seine Definition in
den meisten Punkten mit denen der anderen Kulturforscher übereinstimmt. Der Begriff
,,Kultur" bildet somit eine Grundlage für das Verständnis von ,,Interkultureller
Kompetenz".
2.2
Interkulturelle Kompetenzen ­ Versuch einer Definition
Interkulturelle Kompetenz ist ein umfassend definierter und diskutierter Begriff.
Vor allem in den letzten Jahrzehnten ist dieser Ausdruck sehr wichtig geworden. Es ist
keine leichte Aufgabe anhand der vielen Definitionsversuche in kurzen Worten den
Begriff ,,Interkulturelle Kompetenz" zu erklären, weil dies jeweils von den
theoretischen Zugängen abhängig ist. Die Anwendungsbereiche, auf die sich die
interkulturelle Kompetenz bezieht, spielen bei der Begriffsbestimmung ebenfalls eine
entscheidende Rolle.
Kompetenz ist ein Terminus, der von dem lateinischen Wort ,,competere"
stammt und ,,Fähigkeit", ,,Zuständigkeit" sowie ,,zusammentreffen", ,,ausreichen"
bedeutet. Über Kompetenz wird seit einigen Jahrzehnten hauptsächlich im
Zusammenhang mit Beschreibungen von Berufsprofilen oder speziellen Anforderungen
in professionellen Handlungsfeldern gesprochen.
8
Im deutschsprachigen Raum werden
die folgenden Ausdrücke als gleichbedeutende Termini verwendet: ,,interkulturelle
Handlungskompetenz", ,,interkulturelle Kommunikationsfähigkeit", ,,internationale
Handlungs- / Kommunikationskompetenz". In der englischen Sprache trifft man u.a. auf
,,global competence", ,,cross-cultural effectiveness" ,,intercultural communication
competence", ,,cross-cultural success."
9
Die vielen Synonyme von "interkultureller
Kompetenz" zeigen, dass dieser Begriff eine breite Verwendung findet.
Interkulturelle Kompetenz zählt zu den Schlüsselqualifikationen, die das
berufliche Fachwissen ergänzt oder sogar als Voraussetzung beruflichen Erfolgs gilt.
Die Bedeutung dieser Qualifikation beschränkt sich aber nicht nur auf die beruflichen
oder professionellen Handlungsbereiche, sondern wird immer häufiger als unverzichtbar
7
Es handelt sich um eine von Geert Hofstede in den Jahren 1967-1972 durchgeführte Studie - ,,national
influences", mehr darüber im Kapitel 4.1.
8
Straub, Jürgen; in: Straub, Jürgen; Weidemann, Arne; Weidemann, Doris (Hrsg.); Handbuch
interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe ­ Theorien ­ Anwendungsfelder; Verlag
J. B. Metzler; Stuttgart ­ Weimar; 2007; S. 35.
9
ebd. S. 35.

Grundbegriffe und Hypothesen
13
im Privatleben angesehen (z.B. in Familienleben, in Freundschaften und Partnerschaften).
Es lassen sich eine Reihe von Anwendungsfelder nennen, in denen die interkulturellen
Fähigkeiten hohe Relevanz haben - internationale Personal- und Organisationsentwicklung,
Wirtschaftskommunikation, Tourismus, Migration und Integration oder bi-kulturelle
Partnerschaften und Familien, deswegen variiert die Definition dieses Begriffes je
nachdem in welchem Kontext die Kompetenz betrachtet wird. Die wissenschaftlichen
Arbeiten zu Analyse, Erscheinungsformen und Verfahren zur Förderung interkultureller
Kompetenz stammen aus unterschiedlichen Bereichen und sind äußerst zahlreich. Die
interkulturelle Forschung beschäftigt sich unter anderem mit den linguistischen
Aspekten (Fremdsprachenbereich), analysiert die Kompetenz aus der Sicht der
Globalisierung und Multikulturalität (gesellschaftswissenschaftlicher Bereich) oder
entwickelt Ansätze zur Förderung interkultureller Kompetenz durch Trainings,
Coaching sowie ihrer Anwendung in interkultureller Beratung und Konfliktlösung.
Aufgrund der Komplexität ,,interkultureller Kompetenz" als wissenschaftlicher
Terminus, sind zahlreiche Modelle entstanden, in denen die Teilkomponenten
interkultureller Kompetenz nach verschiedenen Kriterien kategorisiert und in
unterschiedlichen Dimensionen platziert sind.
10
Die einzelnen Modelle unterscheiden
sich sowohl in den Teilmerkmalen als auch in den Dimensionskriterien voneinander,
was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die einzelnen Untersuchungen und
Modellbildungen unter Verwendung anderer theoretischer Zugänge entstanden sind und
für unterschiedliche Anwendungsbereiche bestimmt sind.
Ein besonders gerne zitiertes Modell stammt von Gertsen,
11
der die Teilkompetenzen
drei verschiedenen Dimensionen zuordnet: 1. der affektiven Dimension; 2. der
kognitiven Dimension; 3. der verhaltensbezogenen Dimension.
10
Straub, Jürgen; in: Straub, Jürgen; Weidemann, Arne; Weidemann, Doris (Hrsg.); Handbuch
interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe ­ Theorien ­ Anwendungsfelder; Verlag
J. B. Metzler; Stuttgart ­ Weimar; 2007; S. 41.
11
Gertsen, Martine Cardel; Intercultural competence and expatriates; in: International Journal of Human
Resource Management, 1990, Nr. 1; S. 341-362.

Grundbegriffe und Hypothesen
14
Das Modell von Gertsen wurde um einige Komponenten erweitert (unter anderem
ausführlich erweitert durch Bolten
12
) und hat sich in folgender Form in der
kulturwissenschaftlichen Literatur durchgesetzt.
Kognitive
Dimension
Affektive
Dimension
Verhaltensbezogene
Dimension
· Verständnis des
Kulturphänomens in
Bezug auf Wahr-
nehmung, Denken,
Einstellungen sowie
Verhaltens- und
Handlungsweisen
· Verständnis fremd-
kultureller Handlungs-
zusammenhänge
· Verständnis der
Kulturunterschiede
der Interaktionspartner
· Verständnis der
Besonderheiten
interkultureller
Kommunikations-
prozesse
· Metakommunikations-
fähigkeit
· Ambiguitätstoleranz
· Frustrationstoleranz
· Fähigkeit zur
Stressbewältigung und
Komplexitätsreduktion
· Selbstvertrauen
· Flexibilität
· Empathie
· Rollendistanz
· Vorurteilsfreiheit
· Offenheit
· Toleranz
· Geringer
Ethnozentrismus
· Akzeptanz/ Respekt
gegenüber anderen
Kulturen
· Interkulturelle
Lernbereitschaft
· Kommunikations-
wille und
- bereitschaft i.S. der
initiierenden Praxis
der Teilmerkmale
der affektiven
Dimension
· Kommunikations-
fähigkeit
· Soziale Kompetenz
(Beziehungen und
Vertrauen
zu fremdkulturellen
Interaktionspartnern
aufbauen können)
· Handlungskonsequen
z: Bereitschaft,
Einstellungen auch
konsequent in
Handlungen
umzusetzen
(sprachlich und
außersprachlich)
Tabelle 1: Dimensionen interkultureller Kompetenz in Anlehnung an Gertsen und Bolten
Quelle: Gertsen, Martine Cardel; Intercultural competence and expatriates; in: International Journal of
Human Resource Management; 1990; Nr. 1; S. 341-362.
Bolten, Jürgen; Internationales Personalmanagement als interkulturelles Prozeßmanagement:
Perspektiven für die Personalentwicklung internationaler Unternehmungen; in: Clermont, Alois;
Schmeisser W.; Krimphove; D. (Hrsg.); Personalführung und Organisation; Rainer Hampp Verlag;
München; 2000; S. 841-856.
12
Bolten, Jürgen; Internationales Personalmanagement als interkulturelles Prozeßmanagement:
Perspektiven für die Personalentwicklung internationaler Unternehmungen; in: Clermont, Alois;
Schmeisser W.; Krimphove; D. (Hrsg.); Personalführung und Organisation; Rainer Hampp Verlag;
München; 2000; S. 841-856.

Grundbegriffe und Hypothesen
15
Basierend auf diesem Strukturmodell wird oft versucht einen Zusammenhang zwischen
den Teilfähigkeiten zu entwickeln. Die Auflistung der Persönlichkeitsmerkmale ist
hilfreich, wenn man untersuchen will, wann und wie welche Faktoren zum Ausdruck
kommen und wie sie zur Förderung interkultureller Kompetenz eingesetzt werden
können.
An dieser Stelle möchte ich mich von definitionstheoretischen Ausführungen
zum Begriff ,,interkulturelle Kompetenz" abwenden, da ich im weiteren Verlauf dieser
Arbeit noch mehrmals darauf eingehen werde. Ich beabsichtige, mittels der Ergebnisse
meiner empirischen Forschung, eine für dieses Thema brauchbare Definition dieses
Begriffes zu erstellen.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
16
3
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
Wie in der Einleitung angedeutet, soll diese Diplomarbeit einen Beitrag zur
Debatte über die Multikulturalität der Gesellschaft leisten. Dieses Stichwort wird in
diesem Kapitel ausgebaut, indem auf die wichtigsten Facetten der Multikulturalität der
Gesellschaft eingegangen wird.
3.1
Internationalisierung und Globalisierung
Seit ein paar Jahrzehnten lässt sich ein intensives Wachstum des Welthandels
beobachten. Es ist vor allem dadurch sichtbar, dass immer mehr ausländische Firmen
auf dem deutschen Markt platziert sind und Produktion und Weltmärkte voneinander
abhängig sind. Durch die, mit der Globalisierung ausgelöste aufsteigende Anzahl von
Auslandsdelegierten sowie internationalen Kooperationen und Projekten nimmt die
Thematik der interkulturellen Kompetenz einen zunehmenden Stellenwert in der
betriebswirtschaftlichen Forschung ein.
13
Es begann mit der Gründung der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1957 im Rahmen der europäischen
Integration und später mit der Europäischen Gemeinschaft, die mit dem Vertrag von
Maastricht 1992 zu einem Teil der Europäischen Union (EU) geworden ist. Diese
Entwicklung ist ein Prozess, der mit dem Zusammenbruch des Kommunismus und der
Osterweiterung der EU an weiterer Dynamik gewonnen hat.
14
Dieser Prozess der
Internationalisierung, der durch die Überwindung der nationalen Grenzen ermöglicht
wurde, betrifft nicht nur den europäischen Kontinent. Ähnliche Verbünde und
Organisationen sind in Nordamerika (NAFTA) und in Asien (ASEAN) entstanden.
NAFTA (North American Free Trade Agreement) ist ein striktes wirtschaftliches
Abkommen und bildet eine Freihandelszone zwischen Kanada, den USA und Mexiko.
Die Zielsetzungen von ASEAN (Association of Southeast Asia Nations) weiten sich
nicht nur auf die wirtschaftliche, sondern auch auf die politische und kulturelle Ebene
südostasiatischer Staaten aus.
13
Graf, Andrea; Interkulturelle Kompetenzen im Human Resource Management: Empirische Analyse
konzeptioneller Grundfragen und der betrieblichen Relevanz; Gabler Verlag; Wiesbaden; 2004; S.1.
14
Trabold, Harald; Bach, Stefan; Weise, Christian; Herausforderung Globalisierung; Schüren Verlag;
Marburg; 2001; S. 9.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
17
Die europäische Wirtschaft steht in enger Beziehung mit den asiatischen und
überkontinentalen Märkten. Immer mehr Unternehmen aus Japan, China und Indien
sind in Europa vertreten und dieser Trend nimmt zu.
Nicht nur die Entstehung einheitlicher Wirtschaftsverbünde hat die
kontinentüberschreitenden Handelsbeziehungen ermöglicht, sondern auch die
technologischen Entwicklungen. Durch den raschen Fortschritt in der Kommunikations-
und Informationsbranche gewinnt die Weltwirtschaft an zusätzlichen Aussichten.
15
Durch die Überwindung der nationalen Grenzen und vor allem durch die geltenden
Wirtschaftsabkommen ist die Abhängigkeit der Länder voneinander noch stärker
geworden und für alle teilnehmende Länder noch vorteilhafter. Ohne Import und Export
kann man sich kaum ein Wirtschaftswachstum vorstellen, denkt man nur an das
einfachste Beispiel von Rohstoffhandel oder Nutzung weitentwickelten Technologien.
3.2
Die Entwicklung von Unternehmen auf den globalen Märkten
An diesem Punkt wird konkreter darauf eingegangen, wie sich Unternehmen den
Anforderungen der Globalisierung anpassen und welche Strategien sie wählen um
international erfolgreich zu werden.
Ein Unternehmen richtet sich nach möglichen Vorteilen, die sich aus der
Internationalisierung ergeben können. Gemeint ist hier unter anderem Umsatzsteigerung
durch einen hohen Exportanteil, Tochtergesellschaften und Standorte im Ausland,
wodurch der Zugang zu fremden Absatz- und Beschaffungsmärkten ermöglicht wird
16
.
Die Entwicklung eines nationalen Unternehmens hin zu einem internationalen
Unternehmen fängt mit der Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter sowie Gründung
von Arbeitsfilialen und Produktionsbetrieben in fremden Ländern an
17
.
Als unentbehrlich bei vielen internationalen Unternehmen wird der weltweite Einsatz
von Auslandsdelegierten (Expatriates) angesehen, z. B. zur Übertragung von
technischen und wirtschaftlichen Verfahren, zur Förderung des Kommunikationsflusses
zwischen Stammhaus und Auslandsniederlassung, in Joint Ventures oder zur
Durchsetzung einer einheitlichen Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur.
15
Stark, Oliver; Interkulturelle Kompetenz als Wettbewerbsfaktor international agierender Unternehmen;
Peter Lang Verlag; Frankfurt am Main; 2005; S. 17.
16
Krystek, Ulrich; Zur, Eberhard (Hrsg.); Handbuch Internationalisierung: Globalisierung - eine
Herausforderung für die Unternehmensführung; Springer Verlag; Berlin; 2000; S. 5.
17
Vorwort von Prof. Kappler in: Hogen, Jörg; Entwicklung interkultureller Kompetenz; Metropolis;
Marburg; 1998; S. ix.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
18
Diese Aufgaben werden in einigen Unternehmen durch eine kostengünstigere
Alternative
ersetzt,
d.h.
durch
die
Entstehung
von
internationalen
Verantwortungsbereichen im Stammhaus.
18
Die hier genannten Punkte sind nur wenige Bedingungen, die erfüllt werden müssen,
damit von einer interkulturellen Organisation bzw. einem interkulturellen Unternehmen
gesprochen werden kann. Für den Erfolg sind letztendlich die Mitarbeiter
verantwortlich. Prof. Kappler im Vorwort zu Jörg Hagens ,,Entwicklung interkultureller
Kompetenz" schreibt, dass man dann von einer interkulturellen Organisation sprechen
kann,
,,wenn
die
Differenzen
unterschiedlicher
Sozialisationsprozesse
in
unterschiedlichen Lebenswelten anerkannt werden. Interaktion und Dialog sind die
entsprechenden Umgangformen. Der Raum zwischen den Kulturen ist selbst das
Ferment für Lernprozesse, nicht seine Abschaffung."
19
Wenn ein Unternehmen den Weg der Internationalisierung einschlägt wird es entweder
ausländische Mitarbeiter beschäftigen oder eigene Mitarbeiter ins Ausland delegieren.
In beiden Fällen ist sehr wichtig, dass sich eine gewisse Sensibilität im Umgang mit den
Mitarbeitern entwickelt. Es ist also von zentraler Bedeutung, inwiefern die Mitarbeiter
bereit sind den Umgang mit ihren ausländischen Kollegen zu lernen. Verschiedene
Studien berichten, dass kulturelle Unterschiede zwischen den kooperierenden
Unternehmen entscheidend für die Instabilität oder sogar den Misserfolg der
Kooperationen verantwortlich sind.
20
Aus diesem Grund sind interkulturelle
Kompetenzen bei Auswahl und Weiterbildung von international agierenden
Mitarbeitern und Führungskräften, als auch von Expatriates (ins Ausland entsandten
Mitarbeitern) ein wichtiges Erfolgskriterium.
Zum Thema internationale Ausrichtung von Unternehmen sowie Entwicklung
interkulturellerer Kompetenzen in einer Organisation hat Pearlmutter
21
mit seinem im
Jahr 1969 entwickelten Internationalisierungsansatz am meisten beigetragen.
Pearlmutter unterscheidet verschiedene Formen von Begegnung fremder Kulturen. Die
erste Form beschreibt eine ,,ethnozentrische Mentalität, die nur das bereits Bekannte
18
Graf, Andrea; Interkulturelle Kompetenzen im Human Resource Management: Empirische Analyse
konzeptioneller Grundfragen und der betrieblichen Relevanz; Gabler Verlag; Wiesbaden; 2004; S. 4.
19
Vorwort von Prof. Kappler in: Hogen, Jörg; Entwicklung interkultureller Kompetenz; Metropolis;
Marburg; 1998; S. ix.
20
s. Graf, Andrea; Interkulturelle Kompetenzen im Human Resource Management: Empirische Analyse
konzeptioneller Grundfragen und der betrieblichen Relevanz; Gabler Verlag; Wiesbaden; 2004; S. 3.
21
Pearlmutter, Howard V.; The Tourtuous Evolution of the Multinational Corporation; in: Columbia
Journal of World Business, 4 Jg. Nr. ¾, 1969; S. 271-284.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
19
erkennen lässt und von Erfahrungen nicht lernt, sondern nur Bestätigung erfährt."
22
Die
zweite Form ­ eine polyzentrische Mentalität ist darauf ausgerichtet, ,,spezifisch
unbekannte, fremde Verhaltensmuster aufzuspüren und sich anzueignen ­ mit der Folge
der Enteignung des Eigenen."
23
Es gibt noch eine dritte Form von Aufeinandertreffen
der Kulturen, die sich in einer geozentrischen Mentalität ausdrückt und versucht in
,,symbiotischem Vorgehen Eigenes und Fremdes zusammenführen zu können."
24
Pearlmutter nennt ergänzend die regiozentrische Mentalität, die sich dadurch
auszeichnet, dass die Entscheidungen in regionalen Zentren getroffen werden. Die
einzelnen Regionen sind ebenfalls für die Entwicklung von Personal zuständig.
25
Dieser Ansatz zeigt, dass es unterschiedliche Zusammenhänge zwischen
Unternehmenskultur und Internationalität gibt. Was die unternehmenskulturellen
Anpassungsprozesse betrifft, wird hier die Typologie von Töpfer
26
dargestellt, der unter
anderem anhand dieses Ansatzes die Wirkungsfelder von Unternehmenskultur und
Internationalisierung eines Unternehmens untersucht hat.
Die
ethnozentrische
Ausrichtung
ist
gleichzeitig
die
erste
Stufe
von
Internationalisierung eines Unternehmens. Sie ist durch eine Stammhaus-Mentalität
geprägt, d.h. eigene Wertevorstellungen, Normen und Verhaltensweisen werden auf das
Unternehmen im Ausland übertragen. Im Bereich von fachlichen und sozialen
Kompetenzen
wird
großer
Wert
auf
die
Herausbildung
von
sozialem
Einfühlungsvermögen
und
Entwicklung
von
international
ausgerichteten
Entscheidungs- und Durchsetzungsfähigkeiten gelegt.
27
Die ethnozentrische Mentalität
funktioniert nach dem Leitgedanken ,,Was zu Hause funktioniert hat, wird auch in der
Ferne funktionieren."
28
Die zweite Stufe im Prozess der Internationalisierung eines
Unternehmens ist charakterisiert durch die polyzentrische Mentalität und richtet sich
danach
aus,
Eigenständigkeiten
und
Verantwortungsfreiräume
in
den
Tochtergesellschaften zu ermöglichen. Sie lässt kulturelle Vielfalt zu, so dass sich die
Unternehmenskultur der Tochtergesellschaft und die des Stammhauses voneinander
22
Hogen, Jörg; Organisation interkultureller Kompetenz; in: Michael Hutter (Hrsg.) Wittener Jahrbuch
für ökonomische Literatur; Marburg; 1996; S. 70.
23
ebd.
24
ebd.
25
Deller, Jürgen; Kusch, René Immanuel; in: Straub, Jürgen; Weidemann, Arne; Weidemann, Doris
(Hrsg.); Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe ­ Theorien ­
Anwendungsfelder; Verlag J. B. Metzler; Stuttgart ­ Weimar; 2007; S. 566.
26
Töpfer, Armin; Der lange Weg zum Global Player; in: UNI ­ Magazin. Internationale Unternehmen;
Nr. 3; 1995; S. 3 ff.
27
ebd. S. 19.
28
Rothlauf, Jürgen; Interkulturelles Management; Oldenbourg; München - Wien; 2006, S. 60.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
20
unterscheiden. Ein polyzentrisch ausgerichtetes Unternehmen ist gekennzeichnet durch
Vertrauen in die Entscheidungen der Tochtergesellschaft. Ein Kompromiss zwischen
den beiden beschriebenen Mentalitäten bildet die dritte Stufe dieses Prozesses, die als
geozentrische Mentalität bzw. Ausrichtung in der Fachliteratur bezeichnet wird. Die
Unternehmenskultur einer solchen Organisation ist vielfältig. Die geozentrische
Mentalität fordert in starkem Maße die Kenntnisse von unterschiedlichen
Ländermarktgegebenheiten und auf der sozialen Ebene ein Verständnis für
unterschiedliche nationale Mentalitäten. Die Mitarbeiter sollen zu intensiver
Kommunikation und internationaler Teamarbeit fähig sein.
29
Die Typologie von Töpfer zeigt einen idealtypischen Ablauf des
Internationalisierungsprozesses eines Unternehmens. Dieser Prozess findet nicht immer
in dieser Form statt und nicht allen Organisationen gelingt es die dritte Stufe zu
erreichen. In allen Fällen liegt der wesentliche Punkt an der Herausbildung der
Unternehmenskultur, die letztendlich nicht mit Gesetzen und Vorgaben geregelt werden
kann, sondern von Seite der Mitarbeiter aus entsteht. Im nächsten Punkt wird deswegen
auf die Mentalität der Menschen, die in einer internationalen Organisation tätig sind,
eingegangen.
3.3
Individualisierung in der globalisierten Gesellschaft
Nationale Wirtschaftsmärkte entwickeln sich rasch zu einer Weltwirtschaft.
Analog dazu erfordert der allgemein genannte Prozess der Internationalisierung auch
von den Menschen, sich in dieser Situation zurechtzufinden.
Ein grundlegender Diskussionspunkt ist die globale Mentalität als Konsequenz der
Anpassung der Menschen an die Anforderungen der Internationalisierung. Gibt es so
etwas wie eine globale Mentalität? Wenn ja, auf welcher Ebene ist sie zu finden?
Der heutige Stand der Forschung zeigt den Menschen als ein Individuum oder
zumindest als ein Wesen, das sich nach Individualisierung sehnt. Sehr allgemein gesagt
bedeutet Individualisierung die Ablösung eines Typus von Bindungen durch einen
anderen und führt zur Unbegrenztheit der Wahlmöglichkeiten. Der Begriff ist schon in
den 80-er Jahren letzten Jahrhunderts zu einem der zentralen sozialwissenschaftlichen
Begriffe geworden. Entstanden auf der Grundlage der Schriften der Soziologie ­
29
vgl. Töpfer, Armin; Der lange Weg zum Global Player; in: UNI ­ Magazin. Internationale
Unternehmen; Nr. 3; 1995, S. 19 ff.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
21
Klassiker wie Simmel, Durkheim und Weber. Jedoch erst in den letzten Jahrzehnten
beherrschte der Individualisierungsprozess in sehr großem Maße die moderne
Gesellschaft. Dank Giddens und Ulrich Beck gewann dieser Prozess eine neue
Universalisierung.
30
Dadurch
dass
die
modernen
Informations-
und
Kommunikationstechnologien einen weltweiten Austausch von Ideen und Symbolen
und zugleich von Lebensstilen und Identitätsschablonen ermöglichen, verlieren Nation
und Nationalkultur als Bezugspunkt für normativ gelegte Identitäten an Bedeutung
31
.
Der von den Herkunftsbindungen befreite Mensch kann sich seine Biographie selbst
basteln, sagt Ulrich Beck
32
. Kann sich der Mensch auch von der Kultur, die ihn von
Geburt an prägte, komplett lösen? Will der Mensch überhaupt auf die Eigenheiten
seiner Kultur verzichten und in einer globalisierten Einheitskultur leben?
In dieser Hinsicht ist es sinnvoll, den Zusammenhang zwischen der Identität eines
Menschen und der sie prägenden Kultur tiefer zu analysieren. Inwieweit determiniert
die Herkunftskultur das menschliche Wesen, und welche Gründe führen den Menschen
dazu, dass er sich von den Bindungen lösen will?
Im Bezug auf das anfangs dargestellte Modell von Hofstede über die drei
Ebenen der mentalen Programmierung des Menschen, ist die Persönlichkeit eines
Menschen sowohl durch das Erlernte als auch durch das Geerbte geprägt. Das, was allen
Gruppen und Kategorien von Menschen gemeinsam ist, ist die angeborene universelle
menschliche Natur. Der Drang zur Individualisierung bedeutet somit nicht den Drang,
sich von den grundlegenden Gemeinsamkeiten der menschlichen Natur zu lösen,
sondern ist eher ein Versuch, sich von den kulturellen persönlichkeitsgestaltenden
Eigenschaften zu lösen.
In den Zeiten, in denen es möglich ist, die eigene Biographie selbst zu erstellen
oder zumindest partiell einen Einfluss darauf haben zu können, ist das Verlangen
danach umso größer. Das neuste Phänomen, das zu einem beträchtlichen Teil den
Individualisierungsprozess unterstützt, sind verschiedene soziale Online-Netzwerke
(Social Network Sites) wie MySpace.com, Facebook.com oder StudiVZ.net. Der
Mensch hat die Möglichkeit, seine Präsenz im Internet nach einem individuellen
Identitätsentwurf
zu
gestalten.
Auf
diese
Weise
werden
diejenigen
30
vgl. Ebers, Nicola; Individualisierung: Georg Simmel - Norbert Elias - Ulrich Beck; Königshausen &
Neumann; Würzburg; 1995; S. 34-46.
31
vgl. Eickelpasch, Rolf; Rademacher, Claudia; Identität; Transcript Verlag; Bielefeld; 2004; S. 12.
32
Beck, Ulrich; Beck ­ Gernsheim, Elisabeth (Hrsg.); Riskante Freiheiten; Suhrkamp; Frankfurt am
Main; 1998; S. 13.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842808249
Dateigröße
974 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Gesellschaftswissenschaften, Soziologie
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
2
Schlagworte
interkulturelle kompetenz weiterbildung empirisch methode verhandlung
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Titel: Interkulturelle Kompetenzen als Anforderung im internationalen Verhandeln
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