Lade Inhalt...

Prozessimplementierung im Rahmen Funktionseigenentwicklung

BMW AG

©2000 Diplomarbeit 111 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Es ist bekannt, daß Produkte aus der Automobilindustrie aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken sind. Die Anforderungen der Verbraucher in Bezug auf Optik und Qualität der Automobile unserer Zeit sind auf einem sehr hohen Niveau angekommen. In gleicher Weise wie die Anforderungen an die Optik sind auch die Anforderungen an die Performance gewachsen. Beides zusammen und die immer kürzeren Produktzyklen zwingen den Ingenieur zu immer kürzeren Entwicklungszeiten und es muß in immer kürzeren Zeitabschnitten ein technisch hoch komplexes Produkt zur Serienreife gebracht werden.
Um diesen Umständen gerecht zu werden müssen Prozesse innerhalb des Unternehmens optimiert werden. Bis in die Mitte der 1990er konzentrierten sich die Verbesserungsanstrengungen vor allem auf den Sektor der Produktion. Dies führte zu einer hochautomatisierten Fertigung. Das Potential in diesem Bereich erscheint nahezu ausgeschöpft.
Dies ist ein Gründ dafür, daß im Bereich der Konstruktion und Entwicklung nach Möglichkeiten der Prozeßoptimierung gesucht wird. Ziel dabei ist, mit der Verkürzung der Entwicklungszeit und einer höheren Qualität schneller innovative und marktgerechte Produkte auf den Markt zu bringen.
Bei der Entwicklung und Konstruktion eines komplexen Produktes, wie es ein Automobil darstellt, sind eine hohe Anzahl an Entwicklungs- und Konstruktionssachbearbeiter involviert. Der Entwicklungsprozeß kann nicht ohne Änderungen auskommen, da durch Änderungen Produktevolution und Lernprozesse stattfinden. Das Auftauchen von Änderungen kann kaum geplant oder vorhergesagt werden. Es kann aber versucht werden, den Zeitpunkt des Erkennens des Änderungsbedarfs so weit wie möglich nach vorne zu verlegen und einen schnellen und effizienten Ablauf der Änderungen sicherzustellen.
Inhalt dieser Arbeit ist es, aufbauend auf bestehenden Prozeßmodellen des Änderungsmanagements, aus vorherigen Arbeiten einen neuen Soll – Prozeß zur Implementierung vorzubereiten. Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt dabei auf dem Zusammenstellen der theoretischen Grundlagen des Reengineering, Change – Management, Systems Reengineering und allgemeinen Implementierungstheorien und deren Anwendung auf eine konkrete Aufgabenstellung im Bereich der Funktionsentwicklung der Motorsteuerung. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung4
2.Change Management5
2.1Grundsätze des Change Management5
2.1.1Zielorientiertes Managen6
2.1.2Keine Maßnahme ohne […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Frank Hoffmann
Prozessimplementierung im Rahmen Funktionseigenentwicklung
BMW AG
ISBN: 978-3-8428-0780-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Technische Universität Darmstadt, Darmstadt, Deutschland, Diplomarbeit, 2000
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Seite 2
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
I
NHALT
:
1 E
INLEITUNG
...4
2 C
HANGE
M
ANAGEMENT
...5
2.1 Grundsätze des Change Management ...5
2.1.1 Zielorientiertes Managen...6
2.1.2 Keine Maßnahme ohne Diagnose...7
2.1.3 Ganzheitliches Denken und Handeln ...7
2.1.4 Beteiligung der Betroffenen ...8
2.1.5 Prozeßorientierte Steuerung ...8
2.1.6 Lebendige Kommunikation ...9
2.1.7 Auswahl der Schlüsselpersonen ...11
2.2 Werkzeuge des Change Management ...13
2.2.1 Engagement der Führungskräfte...14
2.2.2 Information der Mitarbeiter ...14
2.2.3 Motivation der Mitarbeiter ...15
2.2.4 Integration der Mitarbeiter...16
2.2.5 Planen der Implementierung...17
2.3 Merkmale komplexer Handlungssituationen ...18
3 B
USINESS
R
EENGINEERING
...20
3.1 Phasen des Reengineering...20
3.2 Elemente des Reengineering...23
3.3 Beteiligte Personen ...25
3.4 Reengineeringfähige Prozesse ...28
3.5
G
ründe des Scheiterns ...30
4 S
YSTEMS
­
E
NGINEERING
(SE) ...33
4.1 Komponenten des SE ­ Modells...33
4.1.1 Vom Groben zum Detail...34
4.1.2 Stufenweise Variantenbildung und -ausscheidung...35
4.1.3 Phasengliederung...37
4.1.4 Problemlösungszyklus...42
5 G
ESTALTUNG DER
I
MPLEMENTIERUNG
...46
5.1 Phasen der Implementierung...47
5.1.1 Vorbereitungsphase ...47
5.1.2 Akzeptanzphase ...47
5.1.3 Engagementphase ...48
5.2 Kernaufgabe des Implementierungsmanagements...50
5.2.1 Vorbereiten der Implementierung ...51
5.2.2 Entwickeln der Implementierungsarchitektur ...52
5.2.3 Implementierungscontrolling...54

Seite 3
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
6 G
RÜNDE DES
S
CHEITERNS
...56
7 I
MPLEMENTIERUNG
...59
7.1 Situationsanalyse...60
7.1.1 Applikation mit SE-Teamleiter ...60
7.1.2 Koordinierungsstelle...60
7.1.3 Funktionsentwicklung ...62
7.1.4 SE ­ Team ...63
7.2 Zielformulierung ...63
7.3 Synthese von Lösungen ...64
7.3.1 Prozesse identifizieren...65
7.3.2 Überarbeiteter Soll ­ Prozeß...68
7.3.2.1 Aktion 2.3.1: Priorisierung der Problemmeldungen ...71
7.3.2.2 Aktion 2.3.2.1: Prüfen der Ursachen...72
7.3.2.3 Aktion 2.3.2.2: Detaillierte Ursachenanalyse...76
7.3.2.4 Aktion 2.3.2.3: Maßnahmen der Fehlervermeidung ...82
7.3.2.5 Zusammenfassung der
Überarbeitungen ...83
7.3.3 Festlegen und testen der Phaseninhalte der Implementierung...84
7.3.3.1 Vorbereitungsphase ...86
7.3.3.2 Akzeptanzphase...89
7.3.3.3 Engagementphase...90
8 Z
USAMMENFASSUNG UND
A
USBLICK
...94
A
NHANG
A:
I A
BKÜRZUNGEN
... II
II A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
... II
III T
ABELLENVERZEICHNIS
... II
IV Q
UELLEN
...III
A
NHANG
B:
I R
EALISIERUNGSPLAN
...V

Seite 4
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
1
E
INLEITUNG
Es ist bekannt, daß Produkte aus der Automobilindustrie aus dem modernen Leben nicht mehr
wegzudenken sind. Die Anforderungen der Verbraucher in Bezug auf Optik und Qualität der
Automobile unserer Zeit sind auf einem sehr hohen Niveau angekommen. In gleicher Weise
wie die Anforderungen an die Optik sind auch die Anforderungen an die Performance ge-
wachsen. Beides zusammen und die immer kürzeren Produktzyklen zwingen den Ingenieur zu
immer kürzeren Entwicklungszeiten und es muß in immer kürzeren Zeitabschnitten ein tech-
nisch hoch komplexes Produkt zur Serienreife gebracht werden.
Um diesen Umständen gerecht zu werden müssen Prozesse innerhalb des Unternehmens op-
timiert werden. Bis in die Mitte der 1990er konzentrierten sich die Verbesserungsanstrengun-
gen vor allem auf den Sektor der Produktion. Dies führte zu einer hochautomatisierten Ferti-
gung. Das Potential in diesem Bereich erscheint nahezu ausgeschöpft.
Dies ist ein Gründ dafür, daß im Bereich der Konstruktion und Entwicklung nach Möglichkei-
ten der Prozeßoptimierung gesucht wird. Ziel dabei ist, mit der Verkürzung der Entwick-
lungszeit und einer höheren Qualität schneller innovative und marktgerechte Produkte auf den
Markt zu bringen.
Bei der Entwicklung und Konstruktion eines komplexen Produktes, wie es ein Automobil
darstellt, sind eine hohe Anzahl an Entwicklungs- und Konstruktionssachbearbeiter involviert.
Der Entwicklungsprozeß kann nicht ohne Änderungen auskommen, da durch Änderungen
Produktevolution und Lernprozesse stattfinden. Das Auftauchen von Änderungen kann kaum
geplant oder vorhergesagt werden. Es kann aber versucht werden, den Zeitpunkt des Erken-
nens des Änderungsbedarfs so weit wie möglich nach vorne zu verlegen und einen schnellen
und effizienten Ablauf der Änderungen sicherzustellen.
Inhalt dieser Arbeit ist es, aufbauend auf bestehenden Prozeßmodellen des Änderungsmana-
gements, aus vorherigen Arbeiten einen neuen Soll ­ Prozeß zur Implementierung vorzuberei-
ten. Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt dabei auf dem Zusammenstellen der theoretischen
Grundlagen des Reengineering, Change ­ Management, Systems Reengineering und allge-
meinen Implementierungstheorien und deren Anwendung auf eine konkrete Aufgabenstellung
im Bereich der Funktionsentwicklung der Motorsteuerung.

Seite 5
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2
C
HANGE
M
ANAGEMENT
Unter Change Management versteht man Konzepte zur Veränderung der Denkweise und zum
erreichen einer höheren Flexibilität.
Wichtigste Antriebsfeder für die zunehmende Anzahl von Änderungen ist die rasante Ent-
wicklung der Kommunikationstechnologien. Noch nie hatten so viele Beteiligte an einer Ent-
wicklung über eine derartig hohe Anzahl von Details informiert wie heute. Dies führt zu un-
übersichtlichen und hochkomplexen Situationen (s. Kapitel 2.3), in der sich die Handelnden
heute bewegen.
2.1
Grundsätze des Change Management
Bereits zu Beginn es Projektes muß an das eigentliche Ziel, die spätere, erfolgreiche Imple-
mentierung gedacht werden. Ziel des Change Management ist es die optimalen Voraussetzun-
gen für eine erfolgreiche und nachhaltige Implementierung zu schaffen.
Die folgenden Unterkapitel sollen Anhaltspunkte zur Durchführung von Change Management
Projekten darstellen und helfen schon zu Projektbeginn Fehler durch Nichtbeachten einzelner
Punkte zu vermeiden.
-
Zielorientiertes Managen
-
Keine Maßnahmen ohne Diagnose
-
Ganzheitliches Denken und Handeln
-
Beteiligung der Betroffenen
-
Prozeßorientierte Steuerung
-
Lebendige Kommunikation
-
Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen

Seite 6
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.1.1
Zielorientiertes Managen
Ein Projekt, das brauchbare Ergebnisse zeigen soll, muß zielorientiert geführt werden. Zu
Beginn eines Projektes müssen daher Klarheit über folgende Punkte herrschen:
1.
Ausgangslage
-
Wo drückt der Schuh?
-
Warum ist Veränderung angesagt?
-
Wie begründet sich der Handlungsbedarf?
2.
Zielsetzung
-
Welches sind die Ziele des Projekts?
-
Was soll durch das Projekt konkret erreicht werden?
-
Was wird danach anders sein, als es jetzt ist?
3.
Erfolgskriterien
-
Welches sind die Kriterien der Zielerfüllung
-
Wie soll das Projekt qualitativ beurteilt werden?
-
Wie soll das Projekt quantitativ gemessen werden?
4.
Organisation
-
Wie sollen die Aufgaben verteilt sein?
-
Wer ist für die Koordination und die Steuerung zuständig?
-
Wo liegt die Verantwortung für die Entscheidungen?
5.
Planung
-
In welchen Phasen verläuft die Projektarbeit und was passiert in den Pha-
sen?
-
Welches sind die wichtigen Meilensteine und was muß zu diesen Zeit-
punkten geleistet sein?
-
Wie sieht der Terminplan des Projektes aus?
6.
Kontrolle
-
Wie soll der Projektfortschritt kontrolliert werden?
-
Wann und wie soll eine Zwischenbilanz gezogen werden?
-
Wer hat die Befugnis bei Zielabweichungen korrigierend einzugreifen?
Diese Punkte sind für ein sinnvolles Zusammenwirken aller Beteiligten im Rahmen der Pro-
jektarbeit, für den ökonomischen Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen und somit
für die Umsetzung des Projektzieles von hoher Bedeutung.

Seite 7
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.1.2
Keine Maßnahme ohne Diagnose
Am Anfang des Projektes muß eine gründliche Lagebeurteilung stehen. Eine ungenügende
Lagebeurteilung ist oft die Ursache des Scheiterns ganzer Projekte. Häufig wird geglaubt, daß
man die Situation zu genüge kenne und es wird mit der Entwicklung von Konzepten begon-
nen, anstatt die Ist-Situation systematisch zu analysieren und den Soll-Zustand möglicht kon-
kret zu beschreiben [1].
Am Anfang eines Veränderungsprojektes muß daher eine Befragung der betroffenen Personen
stattfinden in der folgende Fragen gestellt werden müssen:
-
Was läuft gut?
-
Was läuft nicht so gut?
-
Was für Veränderungen sind angezeigt?
-
Wie können sie realisiert werden?
Nach der Auseinandersetzung mit diesen Fragen liegt in der Regel das benötigte Material zur
Verfügung um ein Lösungskonzept zu entwickeln.
Bei der Diagnose empfiehlt es sich in vier Schritten vorzugehen:
-
Datenerhebung (Beragung)
-
Datenverdichtung (Reduktion der Datenflut auf das Wesentliche)
-
Datenfeedback (Information
aller
Beteiligter über die Ergebnisse)
-
Datenanalyse (Analyse
der
Zusammenhänge, Definition der
Schwachstellen, Aufzeigen von Lösungsansätzen)
2.1.3
Ganzheitliches Denken und Handeln
Eine weitere Ursache des Scheiterns liegt im Vernachlässigen des Faktors Mensch. Bei der
Planung werden häufig alle technischen, strukturellen und ökonomischen Aspekte berücksich-
tigt und die menschlichen Aspekte vernachlässigt (s. Kapitel 6). Auch auf diesem Gebiet lie-
gen die Ursachen für ein späteres Scheitern häufig schon bei der Analyse der Ist ­ Situation.
Die technischen und ökonomischen Strukturen und Abläufe werden untersucht und Arbeits-
klima, Motivation, Führungsstiel, Entscheidungsvorgänge, Zusammenarbeit innerhalb und
zwischen den einzelnen Organisationseinheiten werden kaum beachtet. Diese Sichtweise setzt
sich dann logisch in der Gestaltung der Projektarbeit und der Konzeption der zukünftigen,
mehrdimensionalen Organisationsstruktur fort.

Seite 8
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
Der Begriff Organisation beinhaltet drei Aspekte:
-
Strukturen (Aufbauorganisation,
Ablauforganisation, Führungs-
systeme)
-
Verhalten (Motivation,
Identifikation, Kommunikation, Koope-
ration)
-
Kultur
(geschriebene und ungeschriebene Gesetze und Spiel-
regeln)
2.1.4
Beteiligung der Betroffenen
Die Mitarbeiter sollten möglichst zu Beginn des Projektes (Analyse der Ist-Situation) einbe-
zogen werden. Denn nur, wenn alle Beteiligten über die Ausgangslage informiert sind und die
Hintergründe verstehen werden sie die sich daraus ergebenden Konsequenzen unterstützen
(s. Kapitel 2.2).
2.1.5
Prozeßorientierte Steuerung
Bei der Änderung von Strukturen sind viele Menschen in wechselnden Rollen und Gruppen.
In dieser Situation ist es nicht möglich vorauszusehen, wann an welcher Stelle ein Störfaktor
oder ein Reibungsverlust auftritt. Gründe für dieses Verhalten liegen im Verhalten und den
Fähigkeiten vom Menschen selbst. Die Geschwindigkeit, mit der der Mensch neue Informati-
onen aufnimmt und verarbeitet ist begrenzt. Da bei den Veränderungsprojekten Arbeitspro-
zesse auch Lernprozesse sind haben alle an diesen Prozessen beteiligten Personen mit Lern-
prozessen zu tun. Es ist daher unerlässlich allen Beteiligten die dazu notwendige Zeit zu las-
sen damit sie die innere Logik des Projektverlaufes nachzuvollziehen können. Geschieht dies
nicht, werden die Beteiligten von der Organisation abgehängt und kommen mit den Änderun-
gen nicht mehr mit. Die Folge ist das Erlöschen von Interesse an der Änderung, da sie nicht
mehr nachvollziehbar ist.

Seite 9
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
Die Schlußfolgerungen für die prozeßorientierte Steuerung sind daher:
1.
Regelmäßige Prozeß-Analyse
-
Mit den Mitarbeitern über ihre Arbeit sprechen
-
Regelmäßig gemeinsame Zwischenbilanz und Manöverkritik
2.
Bearbeiten von Wiederständen und Konflikten
-
Wiederstände erkennen und im Gespräch versuchen Ursache und Hinter-
gründe zu erkennen.
-
Gemeinsame Vorgehensweise festlegen, die für alle akzeptabel ist.
-
Konflikte nicht verdrängen, sondern offenlegen.
-
Bei Konfliktparteien Meinungs- und Interessenshintergründe klären.
-
Konfliktlösungen partnerschaftlich ausarbeiten
3.
Rollende Planung
-
Flexibilität der operativen Feinplanung
-
Steuerung unter Berücksichtigung situativer Gegebenheiten
-
(Jedoch konsequentes Einhalten von Phasenplan und Eckterminen)
2.1.6
Lebendige Kommunikation
Wenn es in einem Unternehmen zu Veränderungen kommt steigt der Kommunikationsumfang
erheblich an, da eine Menge neue Informationen verarbeitet werden muß. Darunter darf das
Tagesgeschäft jedoch nicht leiden. Beide Prozesse müssen koordiniert und aufeinander abge-
stimmt werden. Im Folgenden soll in kurzen Punkten dargestellt werden, worauf bei einer
effektiven Kommunikation zu achten ist.
1.
Information ist nicht Kommunikation
Wer Menschen für seine Ideen und Vorstellungen gewinnen will, muß mit ih-
nen sprechen. Er muß auf ihre Bedürfnisse, Anliegen und Hoffnungen einge-
hen und er muß sich auf Kompromisse einlassen.
2.
Individuelle Kontakte und Teamgespräche
Veranstaltungen im großen Führungs- und Mitarbeiterkreis sind notwendig,
damit alle das gleiche hören. Dies ist notwendig, da in diesen Situationen
Fragen gestellt werden können und sich aus den Antworten Diskussionen
über Problempunkte ergeben können, die sonst unter Umständen unentdeckt
geblieben wären.

Seite
10
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
3.
Informationstransport in attraktiver Form
Informationsmärkte oder Präsentationen müssen attraktiv gestaltet werden.
Präsentationen und Handouts müssen nicht immer streng und rein informativ
aufgemacht sein. Kleine Auflockerungen sind durchaus gestattet und ange-
bracht, da sie unerwartet sind und so die Aufmerksamkeit erhöhen können.
4.
Größere Projekte benötigen eigene Kommunikationskonzepte
Es muß schon zu Beginn des Projekts klar sein, wer in welchen zeitlichen
Abständen in welcher Form aktiv in den Dialog oder in den Informationsfluß
einbezogen werden muß.
5.
Wachhalten des Interesses an dem Projekt
Während dem Projekt muß laufend über interessante Aktivitäten und Erfolge
berichtet werden. Das Projekt muß als Thema aktuell bleiben. Es ist jedoch
darauf zu achten, daß die Berichtform so gewählt wird, daß die Informationen
angenommen und nicht als Informationsmüll oder zusätzliche Belastung an-
gesehen werden.
6.
Managing by wandering around
Kontakte der Führungspersonen zur Basis ist unerläßlich um den Kontakt zu
den Ausführenden zu halten und zu vermitteln, daß Interesse an der Arbeit
und den Ergebnissen besteht.

Seite
11
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.1.7
Auswahl der Schlüsselpersonen
Soll ein neuer oder optimierter Prozeß implementiert werden ist es wichtig, daß in verschie-
denen Phasen der Implementierung Posten besetzt sind, die den Beteiligten zeigen, daß in
allen Hierarchieebenen an der Implementierung gearbeitet wird. Man kann folgende Posten
unterscheiden:
1.
Sponsor
Er ist ein Individuum oder eine Gruppe, die die Macht hat, eine Veränderung
zu legitimieren. Er hat die Aufgabe ein Umfeld zu kreieren, welches die
Durchführung der Veränderung rechtzeitig und im Rahmen des festgelegten
Budgets sicherstellt.
2.
Change ­ Agent
Sie sind Individuen oder Gruppen, die für die Durchführung der Veränderung
verantwortlich sind. Ihr Erfolg hängt von ihrer Fähigkeit ab, Probleme zu er-
kennen und zu beurteilen. Er hat auch die Aufgabe einen Realisierungsplan
der Implementierung zu entwerfen und für dessen Durchführung zu sorgen.
Der Change ­ Agent ist eine Art Vermittler zwischen Sponsor und Zielgrup-
pe. Er hat die Aufgabe das Engagement des Sponsors der Zielgruppe zu ver-
mitteln, die Informationen und Erfahrungen der Zielgruppe an den Sponsor
weiterzugeben und umgekehrt.
Ein erfolgreicher Change ­ Agent muß daher folgende Punkte im Blick behal-
ten:
-
Er ist Verantwortlich für das Zustandekommen der Veränderung. Der
Sponsor behält jedoch die Kontrolle über die Initiative.
-
Er muß über ein tiefes Verständnis der geplanten Änderungen verfügen. Er
muß sich über die Auswirkungen auf die Menschen und das Unternehmen
bewußt sein und muß auf Veränderungen der Verhaltensweisen achten.
-
Er muß sich darüber im Klaren sein, daß Veränderungen je nach Bezug
positiv oder negativ bewertet werden können. Offener Widerstand gegen-
über einer Veränderung sollte daher nicht verhindert werden, sondern soll-
te als Grundlage der Ursachenfindung dienen.
-
Er hat die Aufgabe den Verlauf der Implementierung zu dokumentieren.
Diese Dokumentation beinhaltet sowohl eingeleitete Maßnahmen als auch
Reaktionen auf die Maßnahmen. Bei Problemen dient diese Dokumentati-
on als Grundlage der Ursachensuche.

Seite
12
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
3.
Experten
Individuen oder Gruppen, die eine Änderung herbeiführen wollen, aber nicht
über die Kompetenzen verfügen diese zu legitimieren.
Die Personen, die die oben genannten Rollen ausfüllen müssen sich bewußt sein, daß Prozes-
se über Personen laufen. Wer eine Veränderung vorhat und sie erfolgreich durchführen will,
muß sich darüber im Klaren sein, daß er alleine keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Er benötigt
Verbündete, die ihn in seiner Aufgabe unterstützen.
Daher muß er sich bereits im Vorfeld folgende Fragen stellen:
-
Wo sind die wichtigsten Verbündeten?
-
Wo sind die ,,Opinion Leaders", die für die Idee gewonnen werden müssen,
wenn die Mehrheit mitziehen soll?
-
Wer hat Führungspotential und kann den Veränderungsprozeß oder wichtige
Arbeitschritte leiten?
Bei der Auswahl von Mitarbeitern für steuernde und koordinierende Funktionen haben fol-
gende Kriterien oberste Priorität [1
]
:
1.
Offene, ehrliche und unkomplizierte Art im Umgang mit Menschen
Die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, ist die vielleicht wichtigste Vorausset-
zung für erfolgreiche Projektarbeit.
2.
Fähigkeit, mit anderen Teams zusammenzuarbeiten
Projektarbeit vollzieht sich im wesentlichen Teil in Team und nur wenn diese
funktionieren, führt die Arbeit zu brauchbaren Ergebnissen.
3.
Fähigkeit zuzuhören und sich in die Lage anderer hineinversetzen zu können
Nur wer auf Menschen eingeht und Wiederstände rechtzeitig erkennen kann,
ist in der Lage, Prozesse richtig zu steuern.
4.
Mut zu Entscheidungen, Entschlossenheit
In einem Veränderungsprozeß müssen laufen Entscheidungen getroffen wer-
den. Dies sind nicht immer leichte und angenehme Entscheidungen. Wer
nicht handelt , verpaßt die Chance, die nie wiederkehrt. Probleme können zu
Krisen eskalieren.
5.
Hohe Akzeptanz bei Mitarbeitern und Führungskräften
Mangelnde Akzeptanz kann zur kompletten Ablehnung von Anweisungen
und Vorschlägen führen.

Seite
13
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.2
Werkzeuge des Change Management
Wandel ist immer mit Veränderung und Unbekanntem verbunden. Die kann zu Angst vor den
ungewissen Folgen des Wandels führen. Diese Angst kann zu Reaktionen der Beteiligten füh-
ren, die schon frühzeitig zu einem Scheitern führen können (s. Kapitel 6). Ziel des Change
Management muß es demnach sein, eine positive Grundstimmung für die Änderung zu schaf-
fen. Diese positive Grundeinstellung gegenüber Veränderungen kann durch einen Abbau der
Angst vor den realen und vermeintlichen Folgen der Veränderung erreicht werden.
In der Abbildung 2.1 sind drei Schlüsselfunktionen in den Mittelpunkt einer erfolgreichen
Implementierung gestellt:
1.
Information der Betroffenen über den die Gründe und Ziele der geplanten
Veränderung,
2.
Integration der Mitarbeiter in den Veränderungsprozeß und
3.
uneingeschränktes Engagement der Führungskräfte.
Abbildung 2.1: Voraussetzungen für den Unternehmenserfolg
Die Führungskräfte haben die Aufgabe in Motivationstälern an die Aufgabe zu erinnern, zu
motivieren und den Prozeß zu revitalisieren. Weiterhin müssen die Führungskräfte die Ergeb-
nisse der Reorganisation laufend auf ihre Verträglichkeit mit der Strategie und der Kultur des
Engagement der Führungskräfte
Integration der Mitarbeiter
Information der Mitarbeiter
Motivation
Ängste
Widerspruch auflösen
Implementierungserfolg

Seite
14
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
Unternehmens überprüfen. Um ein Höchstmaß an Kontinuität während des Veränderungspro-
zeß sicherzustellen ist es anzustreben, daß eine Person den kompletten Prozeß in verantwortli-
cher Position begleitet. In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff des Implementie-
rungsmanagements benutzt.
2.2.1
Engagement der Führungskräfte
Implementierungsprozesse müssen entschlossen und konsequent angegangen werden. Viele
Fehlschläge von Veränderungen sind auf den Mangel von Engagement zurückzuführen. Füh-
rungskräfte sind in der Lage, das Unternehmen in einer Phase der Änderung sehr effektiv zu
lenken. Diese Fähigkeit ist jedoch an eine Reihe von Vorraussetzungen gekoppelt, die die
entsprechende Führungskraft mitbringen muß. Diese sind im Einzelnen:
-
Positive Einstellung gegenüber Änderungen,
-
Konzentration auf die eigenen Aufgaben,
-
konstante Weiterverfolgung der Ziele, auch bei Rückschlägen,
-
Flexibilität gegenüber der Vielzahl von Informationen und den sich dadurch
ergebenden Möglichkeiten,
-
organisiertes Handeln,
-
Entschlossenheit (Proaktivität) in unsicheren Situationen
-
Durchsetzungsvermögen
Das von den Führungskräften vermittelte Engagement muß öffentlich gezeigt werden. Jedoch
muß man sich darüber im Klaren sein, daß man kein Engagement erwarten darf, wenn man
das erwartete Engagement nicht mit einem Maßnahmenkatalog rechtfertigen kann. Das Ent-
stehen von Engagement ist ein Entwicklungsprozeß. Die einfache Ankündigung, daß die Imp-
lementierung eines optimierten Prozeß beginnen wird, kann kurzfristig, aber keinesfalls nach-
haltig funktionieren.
2.2.2
Information der Mitarbeiter
Essentiell für den Erfolg eines Änderungsvorhabens ist die Information der beteiligten Mitar-
beiter. In der Übergangszeit benötigen die Beteiligten Informationen über die Struktur und
den Hintergrund der Veränderung. Dieses Hintergrundwissen erleichtert es allen Beteiligten
während der Implementierung rasch und effektiv zu reagieren. Weiterhin vergrößert die
Kenntnis über die zu erwartende Veränderung die Flexibilität der Mitarbeiter und führt so
auch zu einer höheren Team- und Unternehmensflexibilität, die die Fähigkeit des Unterneh-
mens zur Assimilierung der Veränderung steigert.
Bei mangelnder Information kommt es zwangsläufig zu Reaktionen von Abwehr bis zu offe-
nen Widerstand. Um diese Reaktionen zu vermeiden sollten Fragen der Mitarbeiter offen be-

Seite
15
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
antwortet werden. Ein verheimlichen von befürchteten und unerwünschten Nebenwirkungen
zahlt sich nicht aus, da es beim Eintreten der Nebenwirkungen zu Trotzreaktionen kommt
(Habe ich doch gesagt, daß das nicht funktioniert.).
Fragen, mit denen sich Mitarbeiter, die mit einem Veränderungsvorhaben konfrontiert wer-
den, lauten [1]:
-
Weshalb kann nicht einfach alles so bleiben, wie es ist?
-
Was machen denn die anderen, die sich in einer ähnliche Situation befinden?
-
Was ist eigentlich das konkrete Ziel des Vorhabens?
-
Gibt es keine Alternativen?
-
Warum so und nicht anders vorgehen?
-
Welche Risiken kommen da auf uns zu? Was können wir verlieren?
-
Was werden wir in Zukunft anders oder neu machen müssen?
-
Gibt es überhaupt eine Zukunft für uns / mich?
-
Welche Rolle sollen wir bei dieser Veränderung spielen?
-
Können wir uns diesen Veränderungsschritt zutrauen?
-
Können wir denen vertrauen, die das ganze geplant haben?
-
Können wir uns nicht noch etwas Zeit lassen?
Ist ein allgemeines Problembewußtsein vorhanden genügt es auch einzelne Aspekte in mit den
Betroffenen anzuschauen. Eine schwierigere Situation liegt vor, wenn sich die von der Ände-
rung Betroffenen noch in einem Zustand völliger innerer Ruhe befinden und die Notwendig-
keit zur Änderung noch nicht erkannt haben. In diesem Fall kann man mit Hilfe von Szena-
rien über die Zukunft ein Problembewußtsein erzeugen. Vom Ausmaß des Problembewußt-
seins hängt auch der Grad der Motivation ab, mit dem die Beteiligten bereit sind sich zu en-
gagieren. Für diesen Vorgang der Sensibilisierung ist notwendig, daß der Ausgangszustand
bekannt ist.
2.2.3
Motivation der Mitarbeiter
Die Mitarbeiter haben wahrscheinlich unterschiedlichen Erwartungen und Einstellungen an
das Projekt und haben einen unterschiedlichen Stand der Information. Diese Unterschiede
müssen zu Beginn des Projekts ausgeglichen werden. Dies kann geschehen, indem sie in die
Analyse der Ist-Situation mit einbezogen werden. Wer aktiv an der Erarbeitung einer Lösung
beteiligt ist, wird sich auch im weiteren Verlauf den Fortgang persönlich unterstützen.
Ein weiterer Punkt der Mitarbeitermotivation ist die Identifikation mit der Lösung. Dies kann
durch das Einbeziehen der Beteiligten in die Entscheidungsvorbereitung erreicht werden.

Seite
16
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.2.4
Integration der Mitarbeiter
Es sprechen mehrere Gründe dafür, die betroffenen Mitarbeiter in die Projektarbeit und die
Entscheidungsvorbereitung zu integrieren:
1.
Praxisgerechtere Lösungen
Die Mitarbeiter kennen als unmittelbar Betroffene Details des Prozesses und
wissen auf was besonders geachtet werden muß und an welchen Stellen es zu
Problemen kommen kann.
2.
Erzeugen von Motivation
Wer an der Erarbeitung von Lösungen aktiv beteiligt gewesen ist, engagiert
sich anschließend persönlich für deren Umsetzung.
3.
Identifikation
Durch die aktive Mitarbeit in der Projektarbeit und in der Entscheidungsvor-
bereitung fühlen sich die Mitarbeiter ernst genommen und können sich besser
mit den getroffenen Entscheidungen identifizieren.
Die oben genannten Punkte behandeln nur die Beteiligung der Betroffenen nachdem die Ent-
scheidung zur Implementierung eines optimierten Prozesses bereits gefallen ist. Diese Beteili-
gung ist sicher wichtig. Viel entscheidender ist jedoch die Beteiligung aller Betroffenen bei
der Analyse der Ist ­ Situation. Denn nur wenn die Ausgangslage bekannt ist und die Hinter-
gründe verstanden sind, können die Konsequenzen der Änderung getragen werden.
Es werden auch immer wieder Gründe genannt, die gegen eine Beteiligung der Mitarbeiter
sprechen. Diese Gründe können aber als Vorurteile entlarvt werden.
1.
Die Beteiligung von Mitarbeitern kostet viel Zeit.
Die Beteiligung kostet Zeit, jedoch muß auch bedacht werden, daß diese Zeit
während und nach der Realisierung wieder hereingeholt wird. Zeitprobleme
sind in der Regel hausgemacht. Entscheidungen werden von den Verantwort-
lichen herausgezögert und wenn der Leidensdruck zu einer Entscheidung
führt ist bereits viel Zeit im Vorfeld verloren worden.
2.
Wenn jeder überall mitreden will, wird ja nur noch geredet.
Dies ist ein populärer Irrtum. Die Beteiligten wollen in der Regel nicht über-
all mitreden. Mitarbeiter haben meist nur das Bedürfnis bei denjenigen Fra-
gen mitzureden, von denen sie in ihrer täglichen Arbeit direkt betroffen sind
und zu denen sie aufgrund ihrer Erfahrungen und Kenntnisse auch etwas
sinnvolles beitragen können. Herauszufinden wer auf welchem Gebiet zur
Lösung einer Frage beitragen kann ist Aufgabe der Führung.
Die Kompliziertheit von Änderungsprojekten macht Teamarbeit unverzichtbar. Teambildung
und Teamentwicklung ist daher ein wichtiger Punkt bei der Implementierung. Man muß sich

Seite
17
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
aber auch darüber im Klaren sein, daß man einen Kompromiß zwischen Produktivität und
Integration finden muß. Wenn zu wenige Personen einbezogen werden besteht die Gefahr,
daß Probleme übersehen werden, daß unpassende Lösungen gefunden werden und daß die
Implementierung am Widerstand der Mitarbeiter scheitert. Auf der anderen Seite besteht bei
der Einbeziehung zu vieler Personen die Gefahr, daß man an Handlungsfähigkeit verliert, da
man hauptsächlich mit koordinativen Aufgaben beschäftigt ist.
2.2.5
Planen der Implementierung
Planen kann auch als Probehandeln bezeichnet werden. Man stellt sich die Frage, was heraus-
kommt, wenn man die Aktion a oder b durchführt. Beim Planen entstehen mehr oder weniger
lange Sequenzen von gedachten Aktionen. Diese Aktionsketten bestehen aus einzelnen Glie-
dern. Diese Glieder bestehen wieder aus drei Bestandteilen, dem Bedingungsteil, dem Akti-
onsteil und dem Ergebnisteil. Planen muß sich nicht eindimensional in eine Richtung bewe-
gen. Es kann zu Verzweigungen und Schleifen kommen.
Man kann weiterhin die Art der Planung unterscheiden. Es gibt das Vorwärtsplanen und das
Rückwärtsplanen. Das Vorwärtsplanen ist ein zielgerichtetes Planen mit dem Ziel, durch
Überlegungen Möglichkeiten zu finden sein Ziel zu erreichen. Das Vorwärtsplanen entspricht
dem natürlichen Vorgang. Man geht von einem Ausgangspunkt gedanklich in die Zukunft
und erreicht sein Ziel auch gedanklich in der Zukunft. Das Rückwärtsplanen bezeichnet man
als ein unnatürliches Planen. Es ist in der Realität nicht möglich rückwärts zu Handeln. Daher
macht es scheinbar keinen Sinn rückwärts zu planen. Dies ist ein folgenschwerer Irrtum.
Durch ein rückwärtsplanen kann der Planende überlegen welche Situation vor der angestreb-
ten Zielsituation vorliegen muß, damit seine geplante Aktion erfolg haben kann. Für das
Rückwärtsplanen ist es unerläßlich ein sehr konkretes Ziel zu haben.
Gerade bei der Implementierung optimierter Prozesse darf das Rückwärtsplanen nicht ver-
nachlässigt werden, da hier ein konkretes Ziel besteht und der Weg zu diesem Ziel gesucht
werden soll.
Beim Planen muß man sich darüber bewußt sein, daß das Planen selten vollständig sein kann.
Der Planende muß ein hohes Maß an Unbestimmtheit ertragen können. Kann die planende
Person diese Unbestimmtheit nicht ertragen ist sie versucht genauer zu planen. Dies führt in
der Regel zu einer noch größeren Unbestimmtheit. Die planende Person wird sich jetzt auf
einen Planungsbereich zurückziehen, den sie beherrscht und tritt so einer Flucht vor der ei-
gentlichen Entscheidung an.
Möglichkeiten diesem Verhalten zu entfliehen sind das Nutzen von Patentrezepten (,,Das hat
früher auch schon so geklappt.") der man verringert die Unbestimmtheit durch ein Vereinfa-
chen der Fragestellung. Dadurch kann unter Umständen Übersicht wiedergewonnen werden,
die den Blick auf eine mögliche Lösung freimacht.

Seite
18
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
2.3
Merkmale komplexer Handlungssituationen
1.
Komplexität
Der Grad an Komplexität ergibt sich aus dem Ausmaß , in dem verschiedene
Aspekte eines Realitätsausschnittes und ihre Verbindungen beachtet werden
müssen, um eine Situation in dem jeweiligen Realitätsausschnitt zu erfassen
und Handlungen zu planen. Es handelt sich um einen Prozeß oder ein System
mit untereinander verknüpften Variablen.
2.
Intransperenz
Dem Handelnden stehen nicht alle Informationen und Merkmale einer Situa-
tion, die er für sein Handeln benötigt zur Verfügung. Er ist gezwungen Ent-
scheidungen zu treffen, obwohl er die Situation nicht komplett beurteilen
kann. Er ist jedoch dazu angehalten Ereignisse nicht nur hinzunehmen son-
dern es soll versucht werden die Ursachen zu ergründen. Dies führt zu einem
Verständnis der Wechselwirkungen in einem System.
3.
Dynamik
Ein Handlungssituation ist häufig dynamisch. In diesem Zusammenhang be-
zeichnet man Dynamik mit einem weiterentwickeln der Situation ohne zutun
des Handelnden (Eigendynamik). Die Eigendynamik eines Systems führt
auch dazu, daß Entwicklungen nur sehr eingeschränkt vorhergesagt werden
können. Es können höchstens Tendenzen abgeschätzt werden.
4.
Vernetztheit
Die Handlungssituation hängt von vielen Faktoren ab, die unter Umständen
auch außerhalb des gewählten Realitätsausschnitte liegen. So hat das Handeln
auch immer Auswirkungen nach außen. Man kann zusammenfassend sagen,
daß man sich darüber bewußt sein muß, daß Abhängigkeiten bestehen.
5.
Unvollständigkeit
Es ist in der Regel nicht der Fall, daß alle Informationen vorliegen. Die Dy-
namik und der real existierende Zeitdruck machen es notwendig, daß das
Sammeln von Informationen an einer sinnvollen Stelle abgebrochen werden
muß.
6.
Falschheit der Kenntnisse
Annahmen können sich als falsch herausstellen. Dies ist in komplexen Situa-
tionen nichts ungewöhnliches, wie weiter oben schon beschrieben wurde. Be-
halten Annahmen jedoch über längere Zeit ihre Gültigkeit, besteht die Gefahr,
daß Annahmen zu ,,Wahrheiten" werden. Diese sogenannten Wahrheiten ha-
ben ihren Ursprung häufig in unvollständigen Information oder falschen
Hypothese. Bei Hypothesen muß daher häufig durch Nachfragen geprüft
werden ob sie weiterhin Geltung haben.

Seite
19
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
Dörner hat die Merkmale komplexer Handlungssituationen folgendermaßen beschrieben [2]:
,,Ein Akteur in einer komplexen Handlungssituation gleicht einem Schachspieler,
der mit einem Schachspiel spielen muß, welches sehr viele (etwa einige Duzend)
Figuren aufweist, die mit Gummibändern miteinender verbunden sind, so daß es
ihm unmöglich ist, nur eine Figur zu bewegen. Außerdem bewegen sich seine und
des Gegners Figuren auch von alleine, nach Regeln, die er nicht genau kennt oder
über die er falsche Annahmen hat. Weiterhin befinden sich ein Teil seiner und des
Gegners Figuren im Nebel und er kann sie nicht genau sehen."
Um in einer solchen Situation möglichst erfolgreich Entscheidungen treffen zu können ist es
daher unerläßlich möglichst umfassende Informationen über die Einflüsse der Systemvariab-
len, der Systemhierarchie und der Systembestandteile und -elemente zu besitzen.

Seite
20
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
3
B
USINESS
R
EENGINEERING
Im Business Reengineering heißt die elementare Idee für erfolgreiche Führung Ganz von vor-
ne anfangen. Die Kernfrage lautet dementsprechend: Wie würde ein konkretes Unternehmen
aussehen, wenn man es gemäß dem aktuellen Wissen und dem Stand der Technik neu grün-
den würde?
Die im Business Reengineering ­ Konzept verankerte Antwort basiert auf folgenden vier Ele-
menten [3]:
1.
Um den zukünftig angestrebten Idealzustand zu erreichen, ist ein fundamenta-
les Überdenken des eingespielten Zustandes erforderlich Warum tun wir die
Dinge, die wir tun, so, wie wir sie tun?
2.
Den Erkenntnissen aus diesen Überlegungen folgen Taten: Kein partielles
Verbessern, sondern radikale Neugestaltung wird gefordert.
3.
Der Fokus des organisatorischen Redesigns richtet sich auf eine Abkehr von
aufgabenorientierten, funktionalen Strukturen hin zu prozeßorientierten Ges-
taltungsansätzen.
4.
Diese Vorgehensweise verspricht Verbesserungen bei der Zielerreichung in
der Dimension eines Quantensprunges.
Die Kernbotschaft des Business Reengineering verheißt also überwältigende Überlegenheit
eines als prozeßorientierte, lernende Organisation radikal neugestalteten Unternehmens. Das
Business Reengineering wird zunächst festgelegt, was getan werden muß und erst dann, wie
dabei vorgegangen werden sollte. Man ignoriert was ist und konzentriert sich darauf was sein
sollte.
3.1
Phasen des Reengineering
Neben den verschiedenen Theorien zum Business Reengineering lassen sich leider kaum kon-
krete Konzepte und Instrumente in der Literatur finden. Das mag zum einen daran liegen, daß
diese Konzepte bei einem Reengineering Prozeß sehr individuell auf das einzelne Unterneh-
men zugeschnitten werden. Zum anderen entspricht dieses der Leistung der Beratungsunter-
nehmen, die verständlicherweise mehr Interesse daran haben, ihre Konzepte zu verkaufen, als
zu veröffentlichen.
Bezüglich des groben Vorgehensmodells von Business Process Reengineering gibt es in der
Literatur weitgehend Einigkeit, wobei es aber bei der Feingliederung unterschiedliche Vorge-

Seite
21
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
hensweisen in der Literatur gibt. Hier ist eine fünfstufige Gliederung wiedergegeben, der sich
Davenport / Short bedienen [4].
Abbildung 3.1: Vorgehensmodell des Business Reengineering
1.
Prozeßidentifikation und ­selektion
Es wird zuerst eine Übersicht aller Unternehmensprozesse im Rahmen einer
Prozeßidentifikation erstellt. Dadurch wird auf hoher Abstraktionsebene die
Ausgrenzung der Prozesse und deren Beziehung untereinander veranschau-
licht.
Danach folgt mit der Prozeßselektion die Auswahl jener Prozesse, die einer
radikalen Neugestaltung unterzogen werden.
Die Fokussierung ist notwendig, da Business Reengineering erhebliche Res-
sourcen für den Gestaltungsprozeß benötigt, gleichzeitig aber das operative
Geschäft weiterlaufen soll. Häufig ist die Auswahl von zwei bis drei Prozes-
sen ein geeigneter Kompromiß.
Bezüglich der Prozeßselektion werden in der Literatur weitgehend ähnliche
Kriterien genannt (s. Kapitel 3.4)
2.
Identifizieren von Ansatzpunkten zur Prozeßneugestaltung
Wenn man einen Prozeß identifiziert und abgegrenzt hat, muß man die geeig-
neten Hebel für eine grundlegende Neugestaltung des Prozesses suchen (sog.
"change levers").
Entwickeln eines Prozeßmodells
Verstehen und Messen von bestehenden Prozessen
Entwicklung einer Vision
Identifizieren von Ansatzpunkten zur Prozeßneugestaltung
Prozeßidentifikation und -selektion

Seite
22
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
Dabei kann es folgende Vorgehensweise geben:
-
Identifizieren von potentiellen Möglichkeiten der Veränderung bei Technik
und Arbeitskraft.
-
Identifizieren von möglichen eingeengten technischen und menschlichen
Faktoren.
-
Forschungsmöglichkeiten bestimmen.
-
Entscheiden, welche Zwänge akzeptiert werden.
3.
Entwickeln einer Vision
Die Geschäftsführung sollte eine Vision entwickeln, auf die das Business
Process Reengineering angewendet wird. Jede Vision beinhaltet bestimmte
Ziele zur Prozeßneugestaltung.
Die wichtigsten Ziele sind:
-
Zeitreduktion
-
Verbesserung der Produktqualität
-
Verbesserung der Arbeitsqualität
-
Kostenreduktion: Die Reduktion der Kosten ist ein wichtiges Ziel, aber es
sollte in Kombination zu den anderen Zielen stehen.
4.
Verstehen und Messen von bestehenden Prozessen
(Analyse der Ist - Prozesse)
Probleme müssen verstanden werden, damit sie nicht wieder auftreten kön-
nen. Genaues Messen kann einen Anhaltspunkt für zukünftige Verbesserun-
gen schaffen. Allerdings sollte dieser Punkt nicht überbewertet werden. Das
Ziel der Firmen sind radikale Verbesserungen und nicht das Eliminieren von
Problemen.
5.
Entwickeln eines Prozeßmodells
Grundlage für die Entwicklung sind die Analyseergebnisse und die vorgege-
bene Vision. Das Business Reengineering ­ Team entwickelt Gestaltungsal-
ternativen und -szenarien. Dafür gibt es keine vorgeschriebene Vorgehens-
weise, es handelt sich vielmehr um die Kreativität des Business Reenginee-
ring ­ Teams.
Hat man ein Modell entwickelt, kann man durch Prozeßprototyping erste
praktische Erfahrungen machen und noch vorhandene Schwächen und Fehler
beseitigen.
Wenn keine Fehler mehr auftreten, wird der neue Prozeß in das operative Ge-
schäft implementiert werden und das Business Reengineering ­ Team löst
sich auf.

Seite
23
TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
DARMSTADT
6.
Beteiligte am Business Reengineering ­ Projekt
Da ein Business Reengineering ­ Projekt umfangreiche Änderungen mit sich
bringt, aber auch Risiken, müssen aus allen betroffenen Bereichen Mitarbeiter
an dem Projekt beteiligt werden (s. Kapitel 3.3):
-
Leader
Ein Manager aus der oberen Geschäftsführung, von dem der Auftrag und
die Motivation für Business Reengineering ausgeht.
-
Prozeßverantwortlicher
Ein Manager, der die Verantwortung für einen spezifischen Unterneh-
mensprozeß und die ihn betreffenden Business Reengineering ­ Vorhaben
trägt. Er leitet das Business Reengineering ­ Team.
-
Business Reengineering ­ Team
Eine Gruppe von Personen, die an dem Business Reengineering ­ Projekt
arbeiten. Sie setzt sich aus Mitarbeitern aus den betroffenen Abteilungen
zusammen und ist für die Analyse, Entwicklung und Implementierung der
Prozesse verantwortlich.
-
Lenkungsausschuß
Koordinierungsstelle wenn mehrere Business Reengineering ­ Projekte
gleichzeitig laufen
-
Reengineering ­ Zar
Unterstützt den Leader, indem er ihm koordinative Aufgaben abnimmt.
3.2
Elemente des Reengineering
Einige Elemente können beim Business Reengineering von Unternehmensprozessen immer
wieder beobachtet werden [5]:
-
Zusammenfassen mehrerer Positionen
Bisher örtlich oder personell getrennt voneinander ablaufende Vorgänge des
gleichen Prozesses können häufig zusammengelegt oder parallel bearbeitet
werden. Dies reduziert Übergabeprozeduren und führt somit zu einer Abnah-
me der daraus resultierenden Fehler, Verzögerungen und Nacharbeiten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783842807808
DOI
10.3239/9783842807808
Dateigröße
686 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Darmstadt – Maschinenbau, Datentechnik
Erscheinungsdatum
2010 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
change management business reengineering systems engineering prozessimplementierung eigenentwicklung
Zurück

Titel: Prozessimplementierung im Rahmen Funktionseigenentwicklung
Cookie-Einstellungen