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Funktionelle Lebensmittel für Best Ager

Analyse der Verbrauchereinstellungen und Empfehlung eines zielgruppengerechten Marketing-Mix

©2010 Bachelorarbeit 110 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1.1, Problemstellung:
Seit einigen Jahren steht die Lebensmittelindustrie in Deutschland signifikanten makro- und mikroökonomischen Veränderungen gegenüber. Sowohl auf der Angebotsseite, als auch auf der Seite der Nachfrager machen sich diese Entwicklungen bemerkbar. Auf der Verbraucherseite sind diese beeinflussenden Veränderungen hauptsächlich durch die Auswirkungen des demografischen Wandels, grundlegende Veränderungen der Konsumpräferenzen, sowie einer positiven Entwicklung des Einkommens zu spüren. Auf der Angebotsseite hingegen macht sich vor allem die Entwicklung der makroökonomischen Rahmenbedingungen bemerkbar, wie die Schaffung des EU-Binnenmarktes, die zunehmende Globalisierung der Märkte, der technische Fortschritt, die Sättigung der Absatzmärkte, ein gestiegener Verdrängungswettbewerb und die steigende Verhandlungsmacht des Lebensmittelhandels. Die Lebensmittelindustrie wird dadurch unter Druck gesetzt und zu neuen Ansätzen der Markterschließung gezwungen.
Vor dem Hintergrund schwieriger Marktbedingungen in der Lebensmittelindustrie wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich signifikante Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern zu sichern. Die Lebensmittelunternehmen müssen neue Märkte erschließen und sich in diesen etablieren. Hierbei müssen die Unternehmen erfinderisch sein, um sich von der großen Masse abzuheben, weshalb auf ihnen ein hoher Innovationsdruck lastet. Funktionelle Lebensmittel, auch Functional Food genannt, welche durch ihren gesundheitlichen Zusatznutzen und die bequeme Handhabung genau den heutigen Konsumentenwünschen entsprechen, werden als einer der Wachstumsmärkte der Zukunft angesehen. Funktionelle Lebensmittel können im Rahmen der Differenzierung einen Verkaufsvorteil gegenüber den Wettbewerbsprodukten bringen. Eine stärkere Gesundheitsprofilierung durch einen gesundheitlichen Zusatznutzen führt zu einem höheren Markenwert, welcher mit einer höheren Zahlungsbereitschaft der Konsumenten einhergeht. Daher gilt: ‘Functional Food ermöglicht Hersteller und Handel hohe Wachstumsraten und Premiumpreise.’ Die Ausweitung des Sortiments um funktionelle Lebensmittel kann somit eine geeignete Maßnahme darstellen, den aktuellen Herausforderungen des Marktes entgegenzutreten.
Doch um das Potenzial der Functional Food-Branche nachhaltig nutzen zu können müssen die Lebensmittelhersteller, angesichts der sich verändernden Alterstruktur in Deutschland, ihre Zielgruppenpolitik überdenken. Vor […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

2. Functional Food – Grundlagen
2.1 Definition von Functional Food
2.2 Ursprung von Functional Food
2.3 Warengruppen, Inhaltstoffe und Wirkungsweisen
2.4 Risiken und Gefahren von Functional Food
2.5 Aktuelle Rechtslage

3. Der Markt für Functional Food
3.1 Beeinflussende Trends
3.1.1 Quantitative Trends
3.1.2 Qualitative Trends
3.2 Nationale und internationale Marktentwicklung
3.3 Anbieterstrukturen in Deutschland
3.3.1 Multinationale Lebensmittelkonzerne
3.3.2 Pharmazeutische Unternehmen
3.3.3 Nationale Marktführer
3.3.4 Handelsunternehmen
3.3.5 Produzenten funktioneller Inhaltsstoffe
3.3.6 Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)
3.4 Hemmfaktoren für den Functional Food-Markt

4. Bedeutung der Best Ager für den Functional Food-Markt
4.1 Definition
4.2 Potenzial der Zielgruppe für den Functional Food-Markt

5. Analyse der Verbrauchereinstellungen von Best Agern bezüglich Functional Food
5.1 Problemstellung und Zielsetzung der Analyse
5.2 Hypothesen
5.3 Methodik
5.4 Art der Befragung und Vorgehensweise
5.5 Beschreibung der Stichprobe
5.6 Restriktionen
5.7 Ergebnisse der Befragung
5.7.1 Allgemeine Einstellungen und Einkaufsverhalten der Best Ager
5.7.2 Relevante Produkteigenschaften für Best Ager
5.7.3 Kenntnisse der Best Ager über Functional Food
5.7.4 Functional Food-Konsum der Best Ager
5.7.5 Einstellung der Best Ager zu Functional Food
5.7.6 Steigerung der Glaubwürdigkeit von Functional Food
5.7.7 Zusammenfassung der Ergebnisse der empirischen Analyse

6. Functional Food für Best Ager – Empfehlung eines zielgruppengerechten Marketing-Mix
6.1 Ageless Design vs. Agespecific Design
6.2 Kommunikationspolitik
6.2.1 Leitziele
6.2.2 Kommunikationswege
6.2.3 Tonalität
6.3 Produktpolitik
6.4 Preispolitik
6.5 Distributionspolitik
6.6 Zusammenfassung der Empfehlungen für den Marketing-Mix

7. Schlussbetrachtung und Ausblick
7.1 Zusammenfassung
7.2 Ausblick

Anlagenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Abbildung 2: Wachsende Märkte Convenience, Gesundheit und Genuss

Abbildung 3: Hauptgründe für den Nicht-Kauf von Functional Food

Abbildung 4: Heterogenität der Zielgruppe 45plus

Abbildung 5: Wachstumsmarkt Best Ager

Abbildung 6: Konsumaufwendungen privater deutscher Haushalte

Abbildung 7: „Ich lege viel Wert auf eine gesunde und aktive Lebensweise!“

Abbildung 8: „Mit der richtigen Ernährung kann man starken Einfluss auf die Gesundheit nehmen!“

Abbildung 9: Fühlen Sie sich eher jünger oder älter als Ihr tatsächliches Alter?

Abbildung 10: Wie ist Ihre Einstellung gegenüber Werbung?

Abbildung 11: Wie häufig kaufen Sie Produkte zum Ausprobieren?

Abbildung 12: Wichtigkeit verschiedener Eigenschaften beim Kauf von Lebensmitteln

Abbildung 13: Kennen Sie die Begriffe „Functional Food“ oder „funktionelle Lebensmittel“?

Abbildung 14: Kennen Sie solche funktionellen Lebensmittel? (nach Begriffsdefinition)

Abbildung 15: Welche funktionellen Lebensmittel verzehren Sie selbst gelegentlich?

Abbildung 16: Allgemeine Einstellung zu Functional Food

Abbildung 17: Einstellung zu Risiken und Wirkung von Functional Food

Abbildung 18: Einstellung zur Ausweitung des Angebots von Functional Food

Abbildung 19: Einfluss von Wirksamkeits- und Qualitätsnachweisen auf die Glaubwürdigkeit von Functional Food

Abbildung 20: Einfluss von Empfehlungsmarketing auf die Glaubwürdigkeit von Functional Food

Abbildung 21: Einfluss von diversen Marketingmaßnahmen auf die Glaubwürdigkeit von Functional Food

Abbildung 22: Geeignete Kommunikationskanäle für Best Ager (in %)

Abbildung 23: Wer hat Ihnen den Verzehr von Lebensmitteln mit Pflanzensterinzusätzen empfohlen?

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Definitionen von Functional Food im Vergleich

Tabelle 2: Überblick der bekanntesten funktionellen Inhaltsstoffe

Tabelle 3: Produktbeispiele für Functional Food

Tabelle 4: Wichtige gesetzliche Richtlinien in Bezug auf Functional Food

Tabelle 5: Soziodemografische Struktur der Verbraucherstichprobe

Tabelle 6: Fallen Ihnen spontan Hersteller, Marken oder Produkte ein? (nach Begriffsdefinition)

Tabelle 7: Übersicht der Empfehlungen eines Marketing-Mix von Functional Food für das Kundensegment der Best Ager

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Seit einigen Jahren steht die Lebensmittelindustrie in Deutschland signifikanten makro- und mikroökonomischen Veränderungen gegenüber. Sowohl auf der Angebotsseite, als auch auf der Seite der Nachfrager machen sich diese Entwicklungen bemerkbar. Auf der Verbraucherseite sind diese beeinflussenden Veränderungen hauptsächlich durch die Auswirkungen des demografischen Wandels, grundlegende Veränderungen der Konsumpräferenzen, sowie einer positiven Entwicklung des Einkommens zu spüren.[1] Auf der Angebotsseite hingegen macht sich vor allem die Entwicklung der makroökonomischen Rahmenbedingungen bemerkbar, wie die Schaffung des EU-Binnenmarktes, die zunehmende Globalisierung der Märkte, der technische Fortschritt, die Sättigung der Absatzmärkte, ein gestiegener Verdrängungswettbewerb und die steigende Verhandlungsmacht des Lebensmittelhandels. Die Lebensmittelindustrie wird dadurch unter Druck gesetzt und zu neuen Ansätzen der Markterschließung gezwungen.[2]

Vor dem Hintergrund schwieriger Marktbedingungen in der Lebensmittelindustrie wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich signifikante Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern zu sichern. Die Lebensmittelunternehmen müssen neue Märkte erschließen und sich in diesen etablieren.[3] Hierbei müssen die Unternehmen erfinderisch sein, um sich von der großen Masse abzuheben, weshalb auf ihnen ein hoher Innovationsdruck lastet.[4] Funktionelle Lebensmittel, auch Functional Food[5] genannt, welche durch ihren gesundheitlichen Zusatznutzen und die bequeme Handhabung genau den heutigen Konsumentenwünschen entsprechen, werden als einer der Wachstumsmärkte der Zukunft angesehen.[6] Funktionelle Lebensmittel können im Rahmen der Differenzierung einen Verkaufsvorteil gegenüber den Wettbewerbsprodukten bringen.[7] Eine stärkere Gesundheitsprofilierung durch einen gesundheitlichen Zusatznutzen führt zu einem höheren Markenwert, welcher mit einer höheren Zahlungsbereitschaft der Konsumenten einhergeht.[8] Daher gilt: „Functional Food ermöglicht Hersteller und Handel hohe Wachstumsraten und Premiumpreise.“[9] Die Ausweitung des Sortiments um funktionelle Lebensmittel kann somit eine geeignete Maßnahme darstellen, den aktuellen Herausforderungen des Marktes entgegenzutreten.

Doch um das Potenzial der Functional Food-Branche nachhaltig nutzen zu können müssen die Lebensmittelhersteller, angesichts der sich verändernden Alterstruktur in Deutschland, ihre Zielgruppenpolitik überdenken. Vor allem die Zielgruppe der Best Ager[10], das sind Personen über 45 Jahre, rücken dabei immer mehr in den Fokus und werden in Fachkreisen als eine der zukunftsträchtigsten Zielgruppen überhaupt angepriesen.

Nicht nur die Volumenzunahme dieses Kundensegments aufgrund des demografischen Wandels, sondern auch ihre Charakteristika sind für den Functional Food-Markt sehr interessant. Die Prävention und die aktive Bekämpfung von gesundheitlichen Beschwerden spielt eine immer größere Rolle bei der Kaufentscheidung der Best Ager.

Doch so viel versprechend die ältere Generation für die Functional Food-Branche zu sein scheint, birgt sie auch große Herausforderungen. Bei Best Agern handelt es sich um eine anspruchsvolle und sehr heterogene Zielgruppe, was die richtige Wahl des Marketing-Mix schwierig gestaltet. Um die zwei potenziellen Erfolgsfaktoren, Functional Food und Best Ager, erfolgreich zusammenzuführen, bedarf es umfangreichen Marktforschungsaktivitäten. Bisher haben sich jedoch nur sehr wenige Hersteller von Functional Food auf die Zielgruppe 45plus fokussiert. Dem entsprechend gibt es in der Literatur relativ wenige Erkenntnisse über die Einstellung der Best Ager bezüglich funktioneller Lebensmittel, was wiederum die Hemmung der Lebensmittelindustrie, sich dem zukunftsträchtigen Kundensegment der Best Ager zuzuwenden, noch weiter verstärkt. Doch gerade die Integration dieser Zielgruppe in die Marketingstrategie könnte essentiell zum langfristigen Unternehmenserfolg der Functional Food-Anbieter beitragen.

1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

Ziel dieser Arbeit ist es zur Schließung der Informationslücke beizutragen und sowohl den Markt für funktionelle Lebensmittel, als auch die Zielgruppe der Best Ager näher zu beleuchten. Des Weiteren soll die „Kompatibilität“ der Trend-Zielgruppe der Best Ager mit dem Trend-Produktbereich der funktionellen Lebensmittel analysiert werden, Informationen über die Einstellung der Best Ager bezüglich Functional Food zur Verfügung gestellt und Empfehlungen für einen zielgruppengerechten Marketing-Mix abgeleitet werden.

Anhand sekundärer, literaturgestützter Marktforschung wird zunächst auf die Grundlagen bezüglich Functional Food eingegangen, wie die Definition, den Ursprung und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren wird ein Einblick in das Marktumfeld der funktionellen Lebensmittel gewährt, wie die beeinflussenden Trends und die Anbieterstruktur. Auch mögliche Grenzen des Wachstums werden aufgezeigt.

Im Anschluss an die Vorstellung des Marktes für Functional Food wird der Fokus der Arbeit auf dem Kundensegment der Best Ager liegen. Es wird sowohl Grundlagenwissen zu dieser Zielgruppe vermittelt, als auch deren Potenzial für den Functional Food-Markt verdeutlicht.

Ein bedeutender Teil dieser Arbeit liegt in der empirischen Analyse der Einstellungen der Best Ager bezüglich funktioneller Lebensmittel. Zunächst wird der Aufbau, die Vorgehensweise, sowie die Zusammensetzung des Samples[11] erläutert und die zu prüfenden Hypothesen aufgestellt. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der Befragung vorgestellt. Im nächsten Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse der quantitativen Verbraucherbefragung mit Daten aus sekundärer Marktforschung verknüpft, um Empfehlungen für einen zielgruppengerechten Marketing-Mix herauszuarbeiten.

Abgeschlossen wird die Forschungsarbeit mit einem Fazit und einem Ausblick auf zu erwartende Entwicklungen im Functional Food-Segment.

2. Functional Food – Grundlagen

Im folgenden Kapitel wird näher auf das Konzept von Functional Food eingegangen. Es werden Einblicke in den Ursprung von Functional Food gegeben, sowie Definitionen, Warengruppen und Wirkungsweisen erläutert. Auch die Gefahren und Risiken von Functional Food und die rechtliche Rahmenbedingungen werden in diesem Kapitel beleuchtet.

2.1 Definition von Functional Food

Für funktionelle Lebensmittel werden in Fachkreisen auch Synonyme, wie Designer Food, Pharma Food, Wellness Food oder Nutraceuticals verwendet.[12] Schon die Vielfalt der Bezeichnungen lässt darauf schließen, dass es sich bei funktionellen Lebensmitteln um keine konkrete Produktkategorie handelt, sondern eher um ein Konzept.[13] Es gibt in der Literatur tatsächlich keine international anerkannte einheitliche Begriffsdefinition. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über vorherrschende Definitionen in Europa, Japan und den USA.

In der deutschen Literatur ist die Definition von Goldberg am weitesten verbreitet. Diese besagt „Ein funktionelles Lebensmittel kann generell jedes Lebensmittel sein, das zusätzlich zu seinem ernährungsphysiologischen Wert einen positiven Einfluss auf die Gesundheit eines Individuums, dessen physische Leistungsfähigkeit oder dessen Gemütszustand ausübt.“ [14] Uneinig ist man sich weltweit zum Beispiel darüber, ob es sich bei funktionellen Lebensmitteln auch um naturbelassene Lebensmittel handeln kann. Nach der Definition von Goldberg könnte demnach auch ein Apfel mit seinem hohen Anteil gesundheitsfördernder sekundärer Pflanzenstoffe zu Functional Food gezählt werden.[15]

Tabelle 1: Definitionen von Functional Food im Vergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Sohnsmeyer (2008), S. 17

Des Weiteren ist laut der japanischen Definition (siehe Tabelle 1) nur die Anreicherung mit natürlichen Inhaltstoffen zulässig, während in den USA funktionelle Lebensmittel auch mit synthetisch hergestellten Inhaltstoffen modifiziert werden dürfen.[16] Die Arbeitsgruppe Functional Food Science in Europe (FUFOSE), welche auf Initiative der EU-Kommission gegründet und vom International Life Science Institute (ILSI) koordiniert wurde, zählt auch solche Lebensmittel zu Functional Food, bei denen ein Lebensmittelbestandteil mit unerwünschten Effekten entfernt (zum Beispiel Fett) oder bei denen ein unerwünschter Bestandteil durch einen vorteilhafteren ersetzt wurde (zum Beispiel Zucker durch einen kalorienärmeren Zuckeraustauschstoff).[17]

Folgende Definition wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit zugrunde gelegt. Sie trifft weitestgehend den Kern aller vorhandenen Definitionen: Functional Food sind verarbeitete Nahrungsmittel, die nicht nur zur Sättigung, Nährstoffzufuhr und Befriedigung von Genuss und Geschmackserlebnis dienen, sondern dem Verbraucher einen oder mehrere gesundheitliche Zusatznutzen versprechen. [18] Dabei soll die Wirkung durch Verzehrmengen erzielt werden, die den normalen Verzehrgewohnheiten dieses Produkts entspricht. [19] Auch darf es sich bei der Darreichungsform nicht wie bei Nahrungsergänzungsmitteln, um Pillen, Kapseln oder Pulver handeln, sondern um ein Lebensmittel, welches als Teil der normalen Kost verzehrt werden kann. [20]

Weiterhin ist es wichtig zu wissen, dass der Begriff Functional Food den Verbrauchern eher unbekannt ist. Die Bezeichnung ist vielmehr von der Industrie und den Medien im Gebrauch und wird kaum in der Kommunikation gegenüber dem Verbraucher eingesetzt.[21]

2.2 Ursprung von Functional Food

Dank der Ernährungswissenschaft haben wir Erkenntnisse darüber gewonnen, welche für den Körper notwendigen Nährstoffe in Lebensmitteln stecken, zum Beispiel Eiweiß, essentielle Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Durch wissenschaftliche Studien wurde der tägliche Bedarf des Körpers an diesen Stoffen ermittelt und es wurde möglich, diese wichtigen Nährstoffe zu isolieren und künstlich herzustellen.[22] Seit einigen Jahren macht sich die Lebensmittelindustrie diese wissenschaftlichen Errungenschaften zu Nutzen und bringt Lebensmittel in den Handel, welche mit Stoffen zur Gesundheitsvorsorge angereichert werden.

Ihren Ursprung haben funktionelle Lebensmittel in Japan, wo traditionell auf die Wirksamkeit von Heilsubstanzen vertraut wird. „Nahrung und Medizin entspringen derselben Quelle.“[23] In Japan wurde bereits 1933 der probiotische Joghurtdrink Yakult entwickelt.[24] Funktionelle Lebensmittel werden hier seit 1991, nach Durchlaufen eines strengen Zulassungsverfahrens, mit dem FOSHU-Siegel (Food for Specific Health Use) ausgezeichnet.[25] Dieser Umgang mit funktionellen Lebensmitteln ist weltweit einmalig. Japan gilt generell als Vorzeigemodell was Neuentwicklungen von funktionellen Lebensmitteln und deren gesetzliche Regelungen angeht.[26]

Im Gegensatz zu Japan entstanden funktionelle Lebensmittel in den USA Anfang der 90er Jahre aus der Fitnesswelle heraus. Als Vorreiter von Functional Food gelten isotonische Getränke für Sportler. Über die USA gelangte der Trend Mitte der 90er Jahre nach Europa und damit auch nach Deutschland.[27] 1995 kam in Deutschland, inspiriert durch die Entwicklungen in Japan und den USA, der erste probiotische Joghurt Nestlé LC 1 auf den Markt.[28] Doch schon zuvor waren vereinzelt Lebensmittel mit funktionellem Nutzen im Handel verfügbar. So kamen zum Beispiel bereits 1962 die bekannten „Nimm Zwei“ - Bonbons auf den Markt. und ab 1979 wurde „Dr. Koch Trink 10 Multivitamin“ angeboten.[29] Mittlerweile werden in 40% aller Haushalte ACE-Getränke konsumiert. Funktionelle Lebensmittel haben sich in den letzten Jahren im „Relevant-Set“[30] der Verbraucher etabliert und stellen einen wachsenden Markt dar.[31]

2.3 Warengruppen, Inhaltstoffe und Wirkungsweisen

Funktionelle Lebensmittel finden sich in fast allen Warenklassen wieder: in Molkereierzeugnissen (Weiße Linie), alkoholfreien Getränken, Backwaren, Süßwaren, Getreideprodukten, Fetten und Ölen, Fleisch- und Wurstwaren, speziellen Kinderprodukten und sogar in Eiern.[32] Die Inhaltsstoffe funktioneller Lebensmittel sind sehr vielfältig. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die bekanntesten Nährstoffgruppen und Wirkstoffbeispiele.

Tabelle 2: Überblick der bekanntesten funktionellen Inhaltsstoffe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Kraemer (2008), S. 6 und Verbraucherzentrale (2005), S. 20

Folgende Zielfunktionen des Körpers sind für die Entwicklung von Functional Food von besonderem Interesse[33]:

- Physiologie des Magen-Darm-Trakts,
- Abwehr reaktiver Oxidantien,
- Herz-Kreislauf-System,
- Knochengesundheit,
- Stoffwechsel,
- Wachstum und Entwicklung,
- Verhalten und Stimmung,
- Geistige und körperliche Leistungsfähigkeit.

Für ein tiefergehenderes Verständnis, welche weiteren Wirkstoffe für die Beeinflussung bestimmter Zielfunktionen im Körper eingesetzt werden können, gibt die Tabelle im Anhang (siehe Anhang 2) der Arbeit Auskunft.

In Tabelle 3 werden einige Produktbeispiele aus unterschiedlichen Warengruppen vorgestellt und ihre jeweiligen funktionellen Inhaltstoffe angegeben. Die Definition von Functional Food ist in der Darstellung sehr weit gegriffen.[34]

Tabelle 3: Produktbeispiele für Functional Food

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung erweitert nach Dustmann (2006)

2.4 Risiken und Gefahren von Functional Food

Bei einer oberflächigen Betrachtung des Konzepts von Functional Food spricht alles für eine Ausweitung des Angebots dieser gesundheitsfördernden Lebensmittel. Jedoch sollten die Argumente von Functional Food-Kritikern nicht unberücksichtigt bleiben, da sie einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung von Functional Food bei den potenziellen Verbrauchern haben können. Ob funktionelle Lebensmittel in den Augen der Konsumenten glaubwürdig sind oder nicht hängt daher auch von der Bewertung durch Verbraucherschutzinstitutionen ab. Vor folgenden Risiken und Gefahren von Functional Food warnen Experten und Verbraucherschützer gleichermaßen:

Nebenwirkungen durch Überdosierung: Viel hilft nicht immer viel, so dass es beim Verzehr einer überdurchschnittlichen Menge an funktionellen Produkten zu negativen Effekten kommen kann. Es ist zum Beispiel bekannt, dass Prebiotika bei einem übermäßigen Verzehr abführend wirken.[35] Auch beim Verzehr von verschiedenen Produkten mit dem gleichen Inhaltsstoff können Probleme auftreten. Wer über den Tag verteilt zwei Gläser ACE-Saft, Frühstücksflocken mit Vitaminen, vitaminisierte Bonbons und einen angereicherten Fruchtjoghurt zu sich nimmt, kann die empfohlene Tagesmenge an bestimmten Vitaminen in einem bedenklichen Rahmen übersteigen.[36] Die Angst vor der Unterversorgung mit Nährstoffen ist mitunter Grund für die hohen Wachstumsraten von Functional Food. Tatsächlich gibt es, laut der Nationalen Verzehrsstudie 2008 des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, zumindest in Deutschland lediglich eine leichte Unterversorgung mit Ballaststoffen, Vitamin D, Folsäure, Eisen, Jod und Calcium.[37] Das Angebot an zugesetzten Stoffen im Handel ist aber sehr viel größer und vielfältiger.

Nebenwirkungen bei Risikogruppen: Bei der Risikogruppe der Raucher haben Studien belegt, dass eine hohe Zufuhr an isoliertem Beta-Carotin (Vitamin A), wie es zum Beispiel in großen Mengen in ACE-Säften vorkommt, mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko einhergeht.[38] Manche Produkte sind auch nicht für Kinder, Schwangere oder stillende Personen geeignet, da die Wirkung noch nicht näher erforscht wurde oder für ungeeignet befunden wurde. Beispiele sind hier koffeinhaltige Getränke oder Margarine mit Pflanzensterinen.[39]

Wechselwirkungen und Langzeiteffekte: „Forschungsbedarf besteht auch bei Langzeit- und Synergieeffekten mit anderen Nahrungsbestandteilen oder der Kombination mehrerer funktioneller Lebensmittel.“[40] Bei gleichzeitigem Konsum von mehreren funktionellen Produkten oder bei paralleler Einnahme von Medikamenten, können unerwünschte Wechselwirkungen auftreten, da sich die Wirkstoffe gegenseitig negativ oder positiv beeinflussen können. Bei Einnahme von cholesterinsenkenden Medikamenten sollte zum Beispiel ein Arzt konsultiert werden bevor Margarine mit Pflanzensterinen verzehrt wird.[41] Darüber hinaus ist der Zeitraum der Studien zur Wirksamkeit der funktionellen Lebensmittel aus Kostengründen oftmals zu kurz, um verlässliche Informationen über Langzeitwirkungen der Inhaltsstoffe zu gewinnen. Dies kann zu einem Gesundheitsrisiko werden.[42]

Begünstigung einer Fehlernährung: Süßigkeiten werden nicht gesünder nur weil sie mit Vitaminen angereichert sind.[43] Doch genau dies kommuniziert oftmals die Werbung für diese Produkte. Dadurch kann eine Fehlernährung gefördert werden. “Süßigkeiten, die als gesund angepriesen werden, können leicht missverstanden werden und zu erhöhtem und unreflektiertem Konsum verleiten.“[44] Auch befürchten Verbraucherschützer, dass funktionelle Lebensmittel als bequemer Ausgleich zu einer ungesunden Lebensweise angesehen werden und keinen Wert mehr auf eine ausgewogene Ernährung mit natürlichen Produkten gelegt wird. Dies kann zu einer Mangelernährung führen.[45] Funktionelle Lebensmittel sind keine Garantie für eine ausgewogene Ernährung und Ernährungsfehler lassen sich durch funktionelle Lebensmittel nicht ausgleichen.[46]

Irreführung des Verbrauchers: Oftmals werden herkömmlichen Lebensmitteln einfach Vitamine und andere Gesundheitsstoffe zugesetzt, um diesen ein positives Image zu verleihen und positive Assoziationen hervorzurufen. Nicht selten werden sogar nur Spuren an Wirkstoffen oder Aromen den Produkten zugefügt und angepriesen. Der Wirkerwartung des Verbrauchers kann ein solches Produkt aber nicht gerecht werden.[47] Die Wirkungslosigkeit ist nicht unbedingt eine Gefahr für den Verbraucher, aber dennoch ein ernstzunehmendes Argument der Verbraucherschützer gegen die Irreführung der Konsumenten.

Unzureichende Studien: Bisher sind nur wenige funktionelle Inhaltstoffe ausreichend wissenschaftlich erforscht worden. Oftmals weisen die zugrunde liegenden Untersuchungen auch methodische Mängel und Unzulänglichkeiten auf.[48] Denn fast nur große Unternehmen können sich umfassende und komplexe Studien, wie Interventionsstudien am Menschen, leisten.[49] Der durch Studien belegte gesundheitliche Zusatznutzen eines funktionellen Produkts bedeutet somit nicht immer gleichzeitig, dass der Verzehr dieses Produkts gänzlich unbedenklich ist.[50]

Verbraucherschützer stehen den angereicherten Nahrungsmitteln in vielerlei Hinsicht kritisch gegenüber und äußern starke Bedenken. Viele Gegner von Functional Food lehnen die Anreicherung von Lebensmitteln generell ab und argumentieren, dass Lebensmittel, welche von Natur aus funktional sind, die gesünderen Lebensmittel seien.[51] Durch die zugesetzten Inhaltsstoffe gehen von funktionellen Lebensmitteln tendenziell mehr gesundheitliche Risiken aus als von naturbelassenen Lebensmitteln. Ein kritischer Umgang mit Functional Food ist daher, trotz aller gesundheitlichen Nutzenversprechen, durchaus angebracht. Der Verbraucher sieht sich in Bezug auf Functional Food, laut Verbraucherschutzorganisationen, einer ungenügenden Informationstransparenz gegenüber. Die Verbraucherzentrale fordert daher eine eindeutigere Kennzeichnung der Risiken und eine gesonderte Platzierung im Handel.[52] Des Weiteren muss dem Verbraucher aufgezeigt werden, dass eine ungesunde Lebensweise nicht mit dem Verzehr von einzelnen funktionellen Lebensmitteln ausgeglichen werden kann, sondern nur einen von vielen Bestandteilen einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung darstellen sollte.[53]

2.5 Aktuelle Rechtslage

Funktionelle Lebensmittel sind Lebensmittel und keine Arzneimittel. Jedoch versprechen diese Produkte Wirkungen, die sonst nur Arzneimitteln zugesprochen werden.[54] Die Produkte befinden sich daher oft in einer Grauzone zwischen Nahrung und Arzneimittel, was ihre rechtliche Einordnung schwierig gestaltet.[55]

Japan ist weltweit das einzige Land, welches speziell für diese Produktkategorie genaue gesetzliche Regelungen eingeführt hat. Wie bereits kurz erwähnt, werden Funktionelle Lebensmittel hier, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, mit dem Siegel FOSHU (Food for Specified Health Use) ausgezeichnet. Dieses Siegel wird durch ein unabhängiges Expertengremium im Einzelfallverfahren vergeben.[56] In Europa hingegen ist der Begriff „Functional Food“ nicht legal definiert. Es gibt dennoch gesetzliche Rahmenbedingungen für diesen Produktbereich.[57] Da es bisher in den EU-Mitgliedstaaten keine einheitliche Regelung zur Bewerbung von Lebensmitteln gab, hat die Europäische Kommission die so genante Health-Claims-Verordnung initiiert. Es handelt sich um eine EU-weit geltende Rechtsvorschrift über nährwert –und gesundheitsbezogene Angaben, welche am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist.[58] Die Verordnung soll zur Harmonisierung beitragen und so mehr Rechtssicherheit in Bezug auf Angaben von Lebensmittelherstellern schaffen, den Verbraucherschutz fördern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die gesamte Lebensmittelindustrie ermöglichen.

In der deutschen Gesetzgebung sind die in Tabelle 4 aufgezählten Gesetze für die Regelung von Functional Food besonders maßgebend.

Tabelle 4: Wichtige gesetzliche Richtlinien in Bezug auf Functional Food

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (2009)

Nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sind gesundheitsbezogene Angaben zulässig, soweit sie nicht irreführend sind (§11 LFGB). Aussagen mit Krankheitsbezug, auch wenn sie wissenschaftlich belegt sind, sind dagegen generell verboten (§12 LFGB). Das Verbot soll den Verbraucher vor falscher Selbstmedikation schützen und eine Gleichsetzung der funktionellen Lebensmittel mit Arzneimitteln verhindern.[59] Es darf daher gesagt werden, dass Calcium zum Aufbau der Knochen beiträgt. Aber die Aussage, dass Calcium das Osteoporoserisiko mindern kann, ist nicht erlaubt.[60] Jedoch besteht in der Praxis oft eine unklare Abgrenzung zwischen den Begriffen krankheitsbezogen und gesundheitsbezogen, so dass von der Lebensmittelindustrie viele grenzwertige Angaben gemacht werden. Jeder unklare Fall müsste individuell in der Rechtssprechung überprüft werden.

Am 1. Juli 2007 ist daher die neue Health-Claims-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in Kraft getreten. Durch sie soll eine irreführende Etikettierung und Werbung über Ernährungs- und Gesundheitsangaben von vornherein verhindert werden. Im Gegensatz zu dem früheren Motto „Was nicht verboten ist, ist erlaubt“ gilt nun nach der neuen Verordnung „Was nicht erlaubt ist, ist verboten“.[61] Die Health-Claims-Verordnung soll festlegen, wann nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben im Zusammenhang mit einem Lebensmittel gemacht werden dürfen und wann nicht. Generell dürfen Hersteller nur mit Angaben werben, wenn sie wissenschaftlich belegt sind. Doch zusätzlich müssen die Angaben auf einer Positivliste der EU aufgeführt sein. Diese Liste umfasst alle zurzeit zugelassenen Health-Claim-Aussagen. Diese Liste kann im Einzelfall auch krankheitsbezogene Werbeaussagen zulassen.[62] Zusätzlich muss sich die Etikettierung zukünftig nach spezifischen Nährwertprofilen in Bezug auf den Gehalt an Nährstoffen, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz richten. Dies soll zum einen sicherstellen, dass Lebensmittel, die mit positiven Gesundheitseffekten beworben werden, nicht gleichzeitig bei übermäßigem Verzehr gesundheitsschädigend sind. Zum anderen soll diese Maßnahme zur besseren Aufklärung der Verbraucher und zum Schutz vor Irreführung dienen. „Die Health-Claims-Verordnung bietet mittelfristig die Chance, die Glaubwürdigkeit von Functional Food in den Augen der Verbraucher zu unterstützen“, meint Michaela Hockenberger, Director Marketing & Corporate Communications bei ACNielsen Deutschland.[63]

Des Weiteren unterwirft die so genannte Novel Food-Verordnung neuartige, das heißt vor dem 15. Mai 1997 nicht in der EU in nennenswertem Umfang verzehrte Lebensmittel, vor ihrem Inverkehrbringen einem Genehmigungsverfahren. Nur ausdrücklich genehmigte neuartige Lebensmittel beziehungsweise Lebensmittelzutaten dürfen in der EU vermarktet werden. Zum Beispiel fiel die cholesterinsenkende Margarine Becel pro-activ mit Phytosterolen wegen ihrer Neuartigkeit unter die Novel Food-Verordnung und wurde durch die Europäische Kommission genehmigt.[64]

Bei der Frage, welche Vitamin- und Mineralstoffverbindungen zugesetzt werden dürfen und welche Anforderungen an die Kennzeichnung zu stellen sind, ist die europäische „Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten andere Stoffen zu Lebensmitteln“, die so genannte Anreicherungs-Verordnung heranzuziehen.[65]

3. Der Markt für Functional Food

Zum besseren Verständnis der Marktgegebenheiten, werden im folgenden Kapitel die Entwicklungen und Trends umrissen, welche Einfluss auf das Potenzial von Functional Food nehmen können. Anschließend wird ein Einblick in die nationale und internationale Marktentwicklung, sowie in die Anbieterstruktur in Deutschland gewährt. Zum Abschluss der Beleuchtung des Marktes werden die Grenzen des Wachstums für Functional Food aufgezeigt.

3.1 Beeinflussende Trends

Seit einiger Zeit gibt es auf der Seite der Konsumenten deutliche Trends, welche sich voraussichtlich auch auf das Wachstum der Functional Food-Märkte auswirken werden. Diese Entwicklungen kann man in quantitative und qualitative Trends unterteilen.

3.1.1 Quantitative Trends

Bei den quantitativen Trends ist vor allem die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur zu berücksichtigen, auch bekannt unter dem Begriff „demografischer Wandel“. Durch den Rückgang der Geburtenraten sowie eine, durch den medizinischen Fortschritt bedingte, gestiegene Lebenserwartung ist eine Veränderung der Alterstruktur zu verzeichnen. Die altersmäßige Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland hat sich schon in den letzen Jahren verändert und diese Entwicklung wird sich in Zukunft deutlich beschleunigen.[66] Das Wachstum der Gesamtbevölkerung wird bis zum Jahr 2030 rückläufig sein, wobei der Anteil der Menschen ab 50 Jahren an der deutschen Gesamtbevölkerung bis 2030 voraussichtlich von 41% auf 49% steigen wird (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Darstellung der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt. http://www.destatis.de/bevoelkerungspyramide (Stand: 24.02.2010)

Neben der Bevölkerungsentwicklung ist auch die Haushaltsstruktur von Bedeutung, da private Haushalte als Konsumenten die Kaufentscheidung treffen. Obwohl die Bevölkerungszahl rückläufig ist, prognostiziert das Statistische Bundesamt eine Zunahme der privaten Haushalte und einen Rückgang der Haushaltsgrößen. In Deutschland gibt es ca. 81,5 Millionen Einwohner und davon leben 71% mit steigender Tendenz in 1- beziehungsweise 2-Personen-Haushalten.[67] Neben vielen Faktoren tragen vor allem eine steigende Anzahl älterer Menschen sowie die Tendenz zu sinkenden Geburtenraten und Single-Haushalten zu diesem Trend bei. In den westlichen Bundesländern sinkt die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2007 bis 2020 voraussichtlich von 2,1 auf 2,0, in den neuen Ländern von 2,0 auf 1,9 und in den Stadtstaaten von 1,8 auf 1,7 Personen je Haushalt.[68]

Als weiterer wichtiger quantitativer Trend ist der Wandel der Einkommensstruktur zu nennen. Dieser hat einen großen Einfluss auf das Konsumverhalten und die Esskultur der Menschen. Es ist erwähnenswert, dass sich das Wohlstandsgefälle vergrößern wird. Der Anstieg der Arbeitslosenquote und die wachsende Zahl ärmerer Alleinerziehendenhaushalte auf der einen Seite und die Zunahme von finanzstarken kinderlosen Doppelverdienerhaushalten auf der anderen Seite sind Teilaspekte dieser Entwicklung. Eine Polarisierung der Märkte ist das Resultat, so dass es verstärkt Zuwächse sowohl im Niedrigpreissegment als auch im Hochpreissegment geben wird. Dies geschieht auf Kosten des Mittelpreissegments.[69] Diese Entwicklung zwingt die Lebensmittelhersteller zu einer gezielten Positionierung der Produkte: entweder Produkte zur Grundnutzenbefriedigung im Niedrigpreissegment oder Produkte mit Zusatznutzen oder Erlebnisorientierung im Hochpreissegment.[70]

Bedingt durch die Änderung der Einkommensstruktur hat sich auch der Umsatzanteil der Discounter stark erhöht. Bereits im Jahr 2006 lag der Anteil bei 42,5% und er wird noch weiter steigen. Insbesondere der Discounter ALDI hat in den letzten Jahren stetig Marktanteile hinzugewonnen.[71]. Das Wachstum der Discountermärkte hat auch Einfluss auf die Entwicklung der Sortimentspolitik im Lebensmitteleinzelhandel, so dass Handelsmarken[72] inzwischen die dominierende Angebotsform darstellen. In 2006 haben Handelsmarken bereits 36% des gesamten Umsatzes des Lebensmitteleinzelhandels ausgemacht. Diese Entwicklung hat einen erhöhten Preisdruck auf Markenhersteller zur Folge. Zusätzlich bauen viele Handelsketten analog zu den Premiummarken von Markenherstellern eigene Mehrwert-Handelsmarken aus, deren Preise trotz guter Qualität deutlich unter denen der Premiummarken liegen.[73] Markenhersteller bekommen demnach verstärkt Wettbewerbsdruck von Seiten der Handelsmarken und müssen entsprechend mit innovativen Lebensmitteln mit differenzierten Alleinstellungsmerkmalen reagieren.

3.1.2 Qualitative Trends

Um Verbrauchertrends in Bezug auf funktionelle Lebensmittel analysieren zu können bedarf es neben den quantitativen Trends auch der Bestimmung qualitativer Trends. Diese resultieren zum Teil aus den quantitativen Entwicklungen. Die wichtigsten beeinflussenden Trends sind Convenience [74] , Gesundheit und Genuss (siehe Abbildung 2), welche in Relation zum Gesamtmarkt der Konsumgüterbranche ein überproportionales Wachstum aufweisen. Die Ausgaben privater Verbraucher für den Konsumgütergesamtmarkt sind zwischen den Jahren 2002 und 2006 nur um 5% gestiegen. Wohingegen der Markt für Convenience-Produkte ein Wachstum von 39% aufweist. Ebenso zeigen die Märkte für Gesundheitsprodukte und die Genussmärkte ein überproportionales Wachstum von 23% beziehungsweise von 16%. Aber auch die beiden gesellschaftlichen Trends Qualität und Nachhaltigkeit werden im Folgenden näher erläutert.

Abbildung 2: Wachsende Märkte Convenience, Gesundheit und Genuss[75]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: GfK Panel Service Deutschland (2007), S. 11

Die Nachfrage nach so genannten Convenience-Produkten wird auch weiterhin steigen. Die zuvor erwähnte Zunahme der privaten Haushalte bei rückläufiger Haushaltsgröße wirkt sich insofern auf die Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen aus, als dass in kleinen Haushalten seltener aufwändig gekocht wird und daher die Nachfrage nach einfach und schnell zuzubereitenden Nahrungsmitteln steigt. „Chronischer Zeitmangel ist ein weit verbreitetes Phänomen.“[76] Darüber hinaus werden kleine Packungsgrößen bevorzugt gekauft.[77]

Der neuste Trend geht zu Convenience in Verbindung mit Gesundheit. Tütensuppen der Marken Knorr und Maggi, welche mit Vitaminen angereichert werden, sind hier als zeitgemäße Beispiele zu nennen. Diese Produkte versprechen nicht nur eine schnelle und einfache Zubereitung, sondern auch noch einen Nutzen für die Gesundheit.[78] Lebensmittel, die gezielt mit ihrem Gesundheitsnutzen beworben werden, können nicht nur eine Antwort auf den Gesundheitstrend sein, sondern auch auf das Streben nach Bequemlichkeit. „Der Verbraucher möchte stressfrei gesund genießen.“[79]

„Die Zahl derjenigen Konsumenten, die Gesundheit essen und trinken wollen, wächst stetig. Gesunde Ernährung wird daher zu einem entscheidenden Katalysator für die Food-Märkte.“ so Thomas Bachl, Geschäftsführer GfK Panel Services Deutschland.[80] Mehrere Faktoren, wie zum Beispiel die Zunahme der Lebenserwartung, erhöhte Kosten im Gesundheitswesen, das Bedürfnis nach mehr Lebensqualität und neuste Erkenntnisse der Wissenschaft tragen zu einem gestiegenen Interesse an gesundheitsbewusster Ernährung bei. Allen voran sind die Verbraucher über 60 Jahren, welche sich zahlenmäßig immer weiter ausdehnen und zusehends selbst Verantwortung für ihr gesundheitliches Wohlbefinden nehmen wollen.[81] Gesund alt werden, ohne alt zu sein, könnte man die allgemeine Einstellung vereinfacht beschreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, betreiben viele Menschen Gesundheitsprävention, was sich unter anderem im Konsum gesundheitsfördernder Lebensmittel äußert.[82] Essen und Trinken dient heutzutage also nicht mehr zur reinen Nahrungsaufnahme, sondern ist zugleich eine Art Gesundheitsvorsorge. Die Befriedigung von elementaren Bedürfnissen, wie Sättigung, spielt eher eine untergeordnete Rolle.

Zwischen der Einstellung zu gesunder Ernährung und dem tatsächlichen Ernährungsverhalten im Alltag besteht allerdings eine gewisse Diskrepanz. Der Genuss gehört nämlich auch zu den Hauptnachfragetrends. Für die meisten Konsumenten steht dieser Aspekt bei der individuellen Wahl der Lebensmittel ganz vorne.[83] „Verbraucher suchen daher häufig einen Kompromiss zwischen Gesundheit, Genuß und Bequemlichkeit.“[84] Dies bietet ein enormes Potenzial für den Lebensmittelmarkt. In wohlschmeckenden Lebensmitteln, die zugleich einen hohen Gesundheitswert haben und einfach in der Handhabung sind, stecken starke Erfolgschancen. Die Zukunft der Ernährung wird eine Synthese aus Convenience, Gesundheit und Geschmack sein.[85] „Jene Unternehmen, die gesundheitsfördernde Produkte herstellen, welche auch noch gut schmecken und quasi verzehrfertig sind, können mit einer hohen Akzeptanz rechnen.“[86]

Neben den Trends Convenience, Gesundheit und Geschmack spielen bei Functional Food auch die Trends Qualität und Nachhaltigkeit eine Rolle. Die Verbraucher werden immer preissensibler bei gleichzeitig hohen Qualitätsansprüchen.[87] Das bedeutet, dass zwischen der Qualität eines Produkts und dem Preis eine angemessene Relation bestehen muss. Günstigere Produkte müssen über eine annehmbare Qualität verfügen und Produkte im Premium-Preissegment sollten ihren höheren Preis über Zusatznutzen und eine herausragende Qualität rechtfertigen.[88] Bezeichnend für den Trend der Nachhaltigkeit ist der Begriff LOHAS. Die Abkürzung steht für Lifestyle of Health and Sustainability und spiegelt in erster Linie nicht nur einen allgemeinen Trend wider, sondern vielmehr eine ständig wachsende Zielgruppe und deren neuer Lebensstil. Für diese Personengruppe sind Gesundheitswert und Nachhaltigkeit von Bedeutung und sie beschäftigt sich stark mit ökologischen und sozialen Themen. Ihre Einstellungen und Werte drücken sie auch in der Wahl Ihrer Lebensmittel aus.[89] Ob die Anhänger dieses Lebensstils für Functional Food begeistert werden können, ist fraglich. Im Lebensmittelbereich werden im Grunde bevorzugt Bioprodukte, regionale Produkte mit guter CO²-Bilanz und Fair-Trade Produkte gekauft. Einig sind sich die Experten darüber, dass es sich um eine sehr interessante Premium-Zielgruppe der Zukunft handelt. Das Zukunftsinstitut ist der Meinung, dass die LOHAS schon im Jahre 2015 die Konsummärkte weltweit dominieren werden.[90] Lebensmittel mit öko-sozialem Mehrwert stellen somit eine Wachstumschance in gesättigten Märkten dar.[91] Hersteller funktioneller Lebensmittel sollten den Nachhaltigkeitstrend bei der Wahl des Herstellungsverfahrens und den Inhaltstoffen der Lebensmittel daher nicht unberücksichtigt lassen.

3.2 Nationale und internationale Marktentwicklung

Da es viele unterschiedliche Definitionen von Functional Food gibt und keine klar abgegrenzte Functional Food-Industrie existiert, ist eine eindeutige Angabe über das Marktvolumen und die Marktentwicklung sehr schwierig.[92] In der Literatur findet man Schätzungen zum Marktvolumen zwischen 400 Millionen und 2,5 Milliarden €.[93] Als wichtigste Märkte für funktionelle Lebensmittel werden aber übereinstimmend die USA, gefolgt von Japan und Europa genannt.[94] Innerhalb Europa ist Deutschland der Hauptproduzent und Hauptkonsument von Functional Food.[95] Die Functional Food-Märkte in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden folgen Deutschland bezüglich ihrer wertmäßigen Bedeutung.[96]

Im Jahr 2007 lag der Umsatz an funktionellen Lebensmitteln in den USA bei ca. 20 Milliarden €.[97] Vor allem Soja-Produkte sind in den USA sehr beliebt, genauso boomt der Markt für funktionelle Getränke. Pro- und prebiotische Milchprodukte sind eher weniger verbreitet.[98]

In Japan lag der Umsatz im Jahre 2004 bei ca. 10 Milliarden € mit mehr als 2000 SKU’s[99], wovon über 400 das FOSHU-Siegel trugen.[100] 91% der FOSHU-Produkte sind für die Regulierung des Magen-Darm-Traktes ausgelegt.[101]

In Europa wird ein Anstieg der Wettbewerbsintensität sowohl auf Seiten der Wirkstofflieferanten als auch der Hersteller vorausgesagt. Der Gesamtmarkt für funktionelle Lebensmittel befindet sich noch in der Wachstumsphase, wobei einzelne Teilmärkte bereits rückläufig sind, wie zum Beispiel funktionelle Süßwaren.[102] Europa ist allgemein von einer hohen Produktvielfalt und einem vielfältigen Einsatz von Wirkstoffen geprägt. In Europa gibt es, aufgrund eines hohen Wachstumspotentials, weiterhin die Chance zur Premiumpreispolitik, wohingegen Functional Food in den USA und Japan bereits zum Standardsortiment gehört und Premium-Preise nicht mehr ohne weiteres realisierbar sind. 79% der Hersteller bestätigen die Tendenz, dass es genügend Platz für neue Anbieter von Functional Food gibt und Wachstumschancen in fast allen Produktgruppen bestehen.[103]

Für Deutschland schätzte das Marktforschungsinstitut AC Nielsen für Functional Food im Jahr 2002 einen Umsatz von 2,25 Mrd. €. Dies entspricht einem Marktanteil von 1,75% am Gesamtmarkt für Lebensmittel. Experten prognostizieren auf dem deutschen Markt ein stetiges Wachstum des Anteils funktioneller Lebensmittel. Bis zum Jahre 2011 wird ein Marktanteil von bis zu 5% vorausgesagt.[104] Die am weitesten verbreiteten Zusatzstoffe funktioneller Lebensmittel in Deutschland waren im Jahr 2002 Vitamine (Multivitamine, ACE- und B-Vitamine), Calcium und Probiotika gefolgt von Eisen und Folsäure.[105]

3.3 Anbieterstrukturen in Deutschland

Hersteller funktioneller Lebensmittel sind hauptsächlich Unternehmen, die auch bekannte herkömmliche Produkte vertreiben und mit funktionellen Lebensmitteln nur ihr bestehendes Portfolio erweitern. Bekannte Ausnahmen sind hier zum Beispiel Yakult und Red Bull, welche sich ganz auf die Herstellung funktioneller Produkte spezialisiert haben.[106] Für die Marktentwicklung funktioneller Lebensmittel wird eher ein Multi-Nischenmarkt als ein Massenmarkt vorhergesagt. Wobei der Markt sowohl für Hersteller als auch für den Handel aufgrund überdurchschnittlicher Gewinnspannen weiterhin attraktiv bleiben wird.[107]

Die Zahl der Anbieter funktioneller Lebensmittel in Deutschland betrug in 2001, je nach Abgrenzung des Begriffs Functional Food, ca. 500 Hersteller, welche insgesamt zwischen 1400 bis 2000 verschiedene Produkte aus 41 bis 60 unterschiedlichen Warengruppen anboten. Anbieter von funktionellen Lebensmitteln in Deutschland können wie folgt kategorisiert werden[108]:

3.3.1 Multinationale Lebensmittelkonzerne

Beispiele: Nestlé (z.B. LC1, Fitness Cerealien), Danone (z.B. Actimel, Activia, Fruchtzwerge), Unilever (z.B. Becel pro-activ), Kellog’s (z.B. Cornflakes) und Coca Cola (z.B. Coca-Cola light Plus, Powerade, Appolinaris), Dr. Oetker (z.B. Vitalis Plus)

Charakteristik: Sie verfügen über die notwendigen finanziellen Mittel, um die hohen Kosten der Markteinführung und Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu realisieren.

3.3.2 Pharmazeutische Unternehmen

Beispiele: Novartis Consumer Health (Aviva ), GlaxoSmithKline (Odol-med3 Zahnpflegekaugummi), Johnson&Johnson (Benecol), Queisser Pharma in Kooperation mit Bauer (Doppelherz Joghurt).

Charakteristik: Interessant für diese Unternehmen ist der Markt für funktionelle Produkte wegen der kürzeren Entwicklungszeiten und geringeren Kosten im Vergleich zu Pharmazeutika. Auch haben diese Unternehmen bereits Erfahrung mit gesundheitsrelevanten Wirkstoffen und der Organisation von klinischen Studien. Jedoch stoßen Pharmaunternehmen oft auf Schwierigkeiten, da sie nicht mit den Gegebenheiten der Lebensmittelbranche vertraut sind. Die Floprate von Functional Food von Pharmaunternehmen war in der Vergangenheit recht hoch.[109]

3.3.3 Nationale Marktführer

Beispiele: Alois Müller (z.B. Fructiv, Müllermilch), Bauer (z.B. Fit& Aktiv), Eckes-Granini (z.B. Hohes C, Granini, Frucht Tiger, Dr. Koch Bio Trink 10), Amecke (z.B. Amecke Plus), Becker’s Bester (z.B. Ocean Spray Cranberry), Kampffmeyer Mühlen (z.B. Aurora Omega-3 Brötchen)

Charakteristik: Nationale Marktsführer haben sich insbesondere auf funktionelle Milchprodukte und alkoholfreie Getränke spezialisiert.

3.3.4 Handelsunternehmen

Beispiele: Aldi (z.B. Bi’AC, VollFit, Rio d’Oro), Lidl (z.B. Linessa, ProViact), Penny (z.B. Line, ProVit), Edeka (z.B. Gut&Günstig)

Charakteristik: Handelsunternehmen spielen als Anbieter von funktionellen Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Die Marke BI’AC von Aldi konnte sich bereits im Jahr 2000 26% des monetären Marktanteils bei funktionellen Joghurts in Deutschland sichern.

3.3.5 Produzenten funktioneller Inhaltsstoffe

Beispiele[110]: Roche Vitamins (z.B. Vitamine), Degussa AG (z.B. Pflanzenextrakte), DSM (z.B. Probiotika, Enzyme, Grünteeextrakte, Antioxidantien), ADM (z.B. Xanthan Gum, Pflanzensterine, Ballaststoffe), Wild (z.B. diverse Getränkegrundstoffe), Christian Hansen (z.B. Probiotika), Novozymes (z.B. Enzyme), Danisco (z.B. Pro-und Prebiotika)

Charakteristik: Zulieferunternehmen spielen eine große Rolle als Innovationsquelle der Functional Food-Branche. Fast alle Zulieferunternehmen der Lebensmittelindustrie sind auch an der Entwicklung von funktionellen Inhaltsstoffen beteiligt. Ziel der meisten Zulieferer ist es die Wirksamkeit einer Substanz nachzuweisen und diese an möglichst viele Lebensmittelunternehmen zu vertreiben.

3.3.6 Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)

Charakteristik: KMU konzentrieren sich meist auf sehr kleine Marktnischen und sind „me-too“-Produkte[111]. Fehlendes Know-how und begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen verringern die Erfolgschancen am Markt.

3.4 Hemmfaktoren für den Functional Food-Markt

Für das ganze Functional Food-Segment wird ein großes Wachstum vorausgesagt. Jedoch gibt es auch Faktoren, die das prognostizierte Wachstum von Produkten mit gesundheitlichem Zusatznutzen hemmen könnten. Diese Grenzen des Wachstums werden im Folgenden näher betrachtet.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Functional Food stellen eine erhebliche Herausforderung für Innovatoren auf dem Functional Food-Markt dar. Gerade die Einschränkungen in Bezug auf gesundheitliche Wirkversprechen erschweren zum einen die Kommunikation gegenüber dem Verbraucher und führen zum anderen zu erheblichen Forschungs- und Entwicklungskosten noch vor Produkteinführung.[112] Die Entwicklungskosten sind im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmitteln daher um ein vielfaches teurer.[113] Für ein Produkt wie Nestlé LC1 oder Unilever’s Becel pro-activ Margarine kann die Grenze von 50 Millionen € durchaus überschritten werden.[114] Die hohen Entwicklungs- und Studienkosten stellen besonders für Klein- und Mittelständische Unternehmen eine erhebliche Eintrittsbarriere dar.

Die wachsende Bedeutung von Handelsmarken ist eine weitere Gefahr für Hersteller von Functional Food, da diese Entwicklung mit fallenden Durchschnittspreisen einhergeht. Für viele Deutsche ist der Discounter Aldi die erste Wahl beim Kauf probiotischer Joghurts. Circa 50% aller probiotischen Joghurts werden hier umgesetzt.[115] Diese Entwicklung der „Aldisierung“ führt zu einem gestiegenen Preisdruck auf die Markenhersteller und kann die Gewinnmargen erheblich reduzieren.[116]

Der Erfolg von funktionellen Produkten ist jedoch auch abhängig von der Konsumentscheidung des Verbrauchers am „Point of Sale“. Produktinnovationen sind nicht immer von Erfolg gesegnet, sondern haben eine hohe Flopquote. Nur etwa 25% der neu eingeführten Lebensmittel können sich am Markt halten.[117] Die Produktlinie AVIVA des Pharmaunternehmens Novartis, welche verschiedene funktionelle Produkte zur Vorsorge gegen Osteoporose, erhöhten Cholesterinspiegel und Verdauungsprobleme einschloss, ist aufgrund von geringem Umsatz nach kurzer Zeit wieder aus den Regalen des Handels verschwunden. Die Produktlinie war trotz nachgewiesener positiver Wirkung auf die Gesundheit nicht erfolgreich. Weitere Flop-Beispiele sind das Doppelherz-Joghurt und der Zahnpflegekaugummi von Blend-a-med. Mögliche Ursachen für die hohe Flopquoten könnten die meist hohen Preise für Functional Food sein oder eine zu medizinische Kommunikation, welche dem Produkt zum einen ein „Apotheken-Hochpreisimage“ verschafft und zum anderen negative Assoziationen auslösen kann.[118] Ein zu künstlicher, chemischer oder medizinischer Charakter von funktionellen Lebensmitteln wird vom Konsumenten eher negativ beurteilt.

Der anhaltende Wunsch der Verbraucher nach möglichst naturbelassenen Lebensmitteln legt den Verdacht nahe, dass der bestehende Trend zu Bio-Produkten eine konkurrierende Gegenbewegung zu den verarbeiteten und angereicherten Functional Food-Produkten darstellt und deren Wachstum begrenzen kann.[119] Der Anteil der Bio-Produkte am deutschen Lebensmittelmarkt ist in den letzten Jahren von 1% auf 3,5% gestiegen. Das Marktvolumen von Bioprodukten hat sich ab dem Jahr 2000 verdoppelt und lag im Jahr 2006 bei 4,6 Mrd. €. Vor allem ältere Konsumenten zwischen 50 und 69 Jahren haben eine überdurchschnittliche ökologische Affinität und bevorzugen naturbelassene Lebensmittel.[120]

Das fehlende Vertrauen der Konsumenten in die Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit der Produkte ist eine der größten Gefahren für den Erfolg von Functional Food.[121] Auch eine Studie von AC Nielsen bestätigt, dass die mangelnde Glaubwürdigkeit, neben hoher Preise, der Hauptgrund für die Ablehnung von funktionellen Produkten ist (siehe Abbildung 3). Viele Produktinnovationen auf diesem Gebiet können am Misstrauen aufgeklärter und kritischer Konsumenten scheitern.[122] Die mangelnde Glaubwürdigkeit von Functional Food wird durch eine eher negative Berichterstattung in den Medien und durch „schwarze Schafe“ der Branche noch verstärkt.[123] Weiterhin ist es für Hersteller von Functional Food wichtig, dass die bestehende Informationsasymmetrie zwischen Produzenten und Verbrauchern reduziert wird. Viele Verbraucher sind über die gesundheitlichen Wirkungen der Lebensmittel nur sehr gering informiert.[124] Eine zielgruppengerechte Kommunikation der Wirkversprechen und eine Untermauerung durch aussagekräftige und glaubwürdige Studien sind zu empfehlen.[125]

Abbildung 3: Hauptgründe für den Nicht-Kauf von Functional Food

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: AC Nielsen (2008)

[...]


[1] Vgl Kutsch (1999) S. 14-18

[2] Vgl. Dustmann (2006), S. 27

[3] Vgl. Senf (2008), S. 11

[4] Vgl. Rogdaki (2003), S. 8

[5] Die Begriffe „Funktionelle Lebensmittel“ und „Functional Food“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

[6] Vgl. Sohnsmeyer (2008), S. 31

[7] Vgl. Dustmann (2006), S. 274-275

[8] Vgl. Jüttner (2009), S. VI

[9] A.C. Nielsen (2006b), S. 26

[10] Die Begriffe „Best Ager“, „Zielgruppe 45plus“ und „die ältere Generation“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

[11] Sample= Stichprobe in der Marktforschung. Hier: Zielpersonen der Befragung.

[12] Vgl. Goergens (2004), S. 6 und Verbraucherzentrale (2005), S. 18

[13] Vgl. Rogdaki (2003), S.7

[14] Goldberg (1994), S. 15

[15] Vgl. Groeneveld (1998), S. 157

[16] Vgl. Groeneveld (1998), S. 157

[17] Vgl. Roberfroid (1998), S. 34 - 38

[18] Vgl. Goergens (2004), S. 6

[19] Vgl. Menrad (2000), S.13

[20] Vgl. Goldberg (1994) und Menrad (2000) S. 13

[21] Vgl. Yamaguchi (2004), S. 10

[22] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 8

[23] Vgl. Yamaguchi (2004), S. 12

[24] Vgl. Die Entwicklung von Yakult auf www.yakult.de

[25] Vgl. Persin/ Kuhn (1999), S. 688

[26] Vgl. Yamaguchi (2004), S. 8

[27] Vgl. Menrad (2000). S. 16 und Herrmann (2003), S. 36

[28] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 30 und Menrad (2005), S. 56

[29] Vgl. Sabersky (2008), S. 14

[30] Relevant Set = Eine vom Verbraucher getroffene Auswahl an Produkten, aus einem bestimmten Produktangebot, welche für den Kauf in Frage kommen.

[31] Vgl. Matiaske (2005), S. 15-16

[32] Vgl. Herrmann (2003), S. 61

[33] Vgl. Menrad (2000), S. 21

[34] Vgl. Dustmann (2006), S. 69

[35] Vgl. Menrad (2000), S. 114

[36] Vgl Verbraucherzentrale (2005), S. 46

[37] Vgl. Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008), S. 167 - 172

[38] Vgl. Menrad (2000), S. 114 und König (2005), S. 43

[39] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 62 und Verbraucherzentrale und BfR (2007), S.44

[40] Krauße (2007), S. 54

[41] Vgl. Verbraucherzentrale und BfR (2007), S. 44

[42] Vgl. Menrad (2000), S. 116

[43] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 44

[44] Krauße (2007), S. 56

[45] Vgl. Menrad (2000), S. 117

[46] Vgl. Krauße (2007), S. 54

[47] Vgl. König (2005), S. 40

[48] Vgl. Menrad (2000), S. 119

[49] Vgl. Dustmann (2006), S. 57 und S. 81

[50] Vgl. O.V. (2009), S. 23

[51] Vgl. Sabersky (2008), S.94

[52] Vgl. Verbraucherzentrale und BfR (2007), S. 41

[53] Vgl. König (2005), S.52 und Schleifer (2005), S. 18

[54] Vgl. Sohnsmeyer (2008), S. 13

[55] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 22

[56] Vgl. Rogdaki (2003), S. 6

[57] Vgl. Schomburg (2008), S. 21 und Sohnsmeyer (2008), S. 37

[58] Vgl. Europäische Union (2007)

[59] Vgl. Maciejewski (2008), S. 54

[60] Vgl. Verbraucherzentrale (2005), S. 2

[61] Vgl. Heinz (2007), S. 115

[62] Vgl. Schomburg (2008), S. 111 - 127

[63] Vgl. AC Nielsen (2006a)

[64] Vgl. Schomburg (2008), S. 99- 103

[65] Vgl. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (2009), S. 2

[66] Vgl. Statistisches Bundesamt (2009), S. 513

[67] Vgl. Hofmann (2009), S. 9

[68] Vgl. Statistisches Bundesamt (2007)

[69] Vgl. Dustmann (2006), S. 38

[70] Vgl. Herrmann (2003), S. 15

[71] Vgl. Menrad (2005), S. 56

[72] Handelsmarken= Eigenmarken von Handelsunternehmen

[73] Vgl. GfK Panel Service Deutschland (2007), S. 19-21

[74] Convenience = Bequemlichkeit

[75] FMCG = Fast Moving Consumer Goods (Konsumgüter)

[76] A.C. Nielsen (2007), S. 7

[77] Vgl. Dustmann (2006), S. 24

[78] Vgl. Maciejewski (2008), S. 13 und Krauße (2007), S. 58

[79] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2002), S. 1

[80] GfK Panel Service Deutschland (2007), S. 9

[81] Vgl. Maciejewski (2008), S. 14

[82] Vgl. Krauße (2007), S. 26

[83] Vgl. Herrmann (2003), S.16

[84] Herrmann (2003), S. 18

[85] Vgl. Krauße (2007), S. 44

[86] Krauße (2007), S. 48

[87] Vgl. Dustmann (2006), S. 38

[88] Vgl. Herrmann (2003), S.22

[89] Vgl. Aue (2008), S.4

[90] Vgl. Kreutle (2009),. S. 33

[91] Vgl. Aue (2008), S. 15

[92] Vgl. Menrad (2005), S. 63

[93] Vgl. Bless (2008), S. 66

[94] Vgl. Schomburg (2008), S. 6 und Dustmann (2006)

[95] Vgl. Maciejewski (2008), S. 42

[96] Vgl. Menrad (2005), S. 55

[97] Vgl. Sloan (2008), S. 25

[98] Vgl. von Ribbeck (2005), S. 19

[99] SKU = Stock Keeping Unit (Bestandseinheiten)

[100] Vgl. Yamaguchi (2004), S. 8

[101] Vgl. von Ribbeck (2005), S. 23

[102] Vgl. Dustmann (2006), S. 118

[103] Vgl. von Ribbeck (2005), S.26

[104] Vgl. Dustmann (2006), S. 118 und 171 und König (2005), S. 35

[105] Vgl. CMA (2007), S. 37

[106] Vgl. Dustmann (2006), S. 65

[107] Vgl. Rogdaki (2004), S. 10

[108] Aufstellung auf der Grundlage von Menrad (2005), S. 63-66

[109] Vgl. Dustmann (2006), S. 57

[110] Vgl. Menrad (2005), S. 65, Dustmann (2006) S. 229, Barnhart et al (2002), S. 18

[111] „Me-too“-Produkt = Nachahmerprodukt, welches einem meist innovativem Originalprodukt nachempfunden wurde.

[112] Vgl. Menrad (2000), S. 193

[113] Vgl. Matiaske (2005), S. 16

[114] Vgl. Menrad (2005), S. 64

[115] Vgl. Matiaske (2005), S. 13

[116] Vgl. Dustmann (2006), S. 226

[117] Vgl. Eberle (2004), S. 25

[118] Vgl. Herrmann (2003), S.77 und Dustmann (2006), S. 57

[119] Vgl. Potratz, Wildner (1999b), S. 19

[120] Vgl. Hofmann (2009), S. 11

[121] Vgl. Matiakse (2005), S. 16

[122] Vgl. Eberle (2004), S. 51

[123] Vgl. Herrmann (2003), S. 78

[124] Vgl. Potratz,, Wildner (1999a), S. 4

[125] Vgl. Schleifer (2005), S. 17

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842806641
DOI
10.3239/9783842806641
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim – Fakultät für Wirtschaft & Recht, Studiengang International Marketing
Erscheinungsdatum
2010 (November)
Note
1,3
Schlagworte
functional food best ager marketing verbrauchereinstellung glaubwürdigkeit
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