Die Merkmale von Wirtschaftssystemen und ihre Auswirkungen auf Logistik und Verkehr - dargestellt an den Volkswirtschaften Russlands und Deutschlands
©2010
Diplomarbeit
92 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft besitzen eine hohe Relevanz für die Logistik und stehen somit in einem direkten Zusammenhang mit den Logistikleistungen und Logistikerfolg eines Landes.
Um im Weiteren Verlauf der Arbeit die Einflüsse von Rahmenbedingungen auf die Logistik bzw. den Verkehr aufzeigen zu können, ist es zunächst notwendig, die Grundbegriffe Logistik und Verkehr zu klären.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur existieren unterschiedliche Begriffsdefinitionen von Logistik, je nach deren Aufgabenschwerpunkt. In dieser Arbeit wird folgender Logistikbegriff verwendet: Die Logistik ist eine moderne Führungskonzeption zur Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Flüsse von Objekten (Güter-, Informations-, und Finanzflüsse) in unternehmensweiten und unternehmensübergreifenden Wertschöpfungssystemen. Der Transport wird als der technisch-organisatorische Leistungsprozess zur physischen Ortsveränderung von Objekten definiert. Die Summe aller individuellen Transportvorgänge sind die Verkehre. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Transport und Verkehr als Synonyme verwendet.
Nachdem die notwendigen theoretischen Kenntnisse erlangt wurden, ist an dieser Stelle zu erklären, warum das Wissen über die logistikbeeinflussenden Rahmenbedingungen einen zunehmend höheren Stellenwert bekommt.
Die logistikrelevanten Rahmenbedingungen, die sich auf die Gestaltung der Logistiksysteme auswirken, nehmen quantitativ zu und verändern sich zudem auch qualitativ. Quantitative Erweiterung der Logistikumwelt erfolgt beispielweise durch die grenzüberschreitenden Güterflüsse, die die Zahl der notwendigen Auslands- und Zollbehörden erhöhen. Zu einer qualitativen Ausweitung kommt es durch die jeweiligen geographischen Gegebenheiten, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur sowie Informations- und Kommunikationsinfrastruktur und nicht zuletzt durch die Berücksichtigung von unterschiedlichen Länderkulturen. Dementsprechend kommt dem Wissen über die logistikrelevanten Rahmenbedingungen immer mehr Bedeutung zu.
Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung von Rahmenbedingungen, die die Logistik und den Verkehr beeinflussen, entstand die Idee dieser Arbeit, die logistikrelevanten Bedingungen in den Volkswirtschaften Russland und Deutschland zu untersuchen. Eine Untersuchung dieser Art ist zum einen deswegen relevant, da Deutschland seit Jahrzehnten Russlands wichtigster Handelspartner ist […]
Die Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft besitzen eine hohe Relevanz für die Logistik und stehen somit in einem direkten Zusammenhang mit den Logistikleistungen und Logistikerfolg eines Landes.
Um im Weiteren Verlauf der Arbeit die Einflüsse von Rahmenbedingungen auf die Logistik bzw. den Verkehr aufzeigen zu können, ist es zunächst notwendig, die Grundbegriffe Logistik und Verkehr zu klären.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur existieren unterschiedliche Begriffsdefinitionen von Logistik, je nach deren Aufgabenschwerpunkt. In dieser Arbeit wird folgender Logistikbegriff verwendet: Die Logistik ist eine moderne Führungskonzeption zur Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Flüsse von Objekten (Güter-, Informations-, und Finanzflüsse) in unternehmensweiten und unternehmensübergreifenden Wertschöpfungssystemen. Der Transport wird als der technisch-organisatorische Leistungsprozess zur physischen Ortsveränderung von Objekten definiert. Die Summe aller individuellen Transportvorgänge sind die Verkehre. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Transport und Verkehr als Synonyme verwendet.
Nachdem die notwendigen theoretischen Kenntnisse erlangt wurden, ist an dieser Stelle zu erklären, warum das Wissen über die logistikbeeinflussenden Rahmenbedingungen einen zunehmend höheren Stellenwert bekommt.
Die logistikrelevanten Rahmenbedingungen, die sich auf die Gestaltung der Logistiksysteme auswirken, nehmen quantitativ zu und verändern sich zudem auch qualitativ. Quantitative Erweiterung der Logistikumwelt erfolgt beispielweise durch die grenzüberschreitenden Güterflüsse, die die Zahl der notwendigen Auslands- und Zollbehörden erhöhen. Zu einer qualitativen Ausweitung kommt es durch die jeweiligen geographischen Gegebenheiten, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur sowie Informations- und Kommunikationsinfrastruktur und nicht zuletzt durch die Berücksichtigung von unterschiedlichen Länderkulturen. Dementsprechend kommt dem Wissen über die logistikrelevanten Rahmenbedingungen immer mehr Bedeutung zu.
Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung von Rahmenbedingungen, die die Logistik und den Verkehr beeinflussen, entstand die Idee dieser Arbeit, die logistikrelevanten Bedingungen in den Volkswirtschaften Russland und Deutschland zu untersuchen. Eine Untersuchung dieser Art ist zum einen deswegen relevant, da Deutschland seit Jahrzehnten Russlands wichtigster Handelspartner ist […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Nadja Spirin
Die Merkmale von Wirtschaftssystemen und ihre Auswirkungen auf Logistik und
Verkehr dargestellt an den Volkswirtschaften Russlands und Deutschlands
ISBN: 978-3-8428-0661-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg, Nürnberg, Deutschland,
Diplomarbeit, 2010
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2
Inhaltsverzeichnis ... 2
Darstellungsverzeichnis ... 5
Abkürzungsverzeichnis ... 6
1
Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft und ihre Einflusse auf die Logistik
... 7
1.1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ... 7
1.2
Aufbau der Arbeit ... 9
2
Besondere Rahmenbedingungen in Russland... 10
2.1
Infrastrukturelle und technische Rahmenbedingungen ... 10
2.1.1
Die natürliche Infrastruktur: Größe, Lage und Klima ... 10
2.1.2
Verkehrsinfrastruktur ... 11
2.1.3
Informationstechnologische Infrastruktur ... 14
2.2
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen ... 16
2.2.1
Wirtschaftswachstum ... 17
2.2.2
Wirtschaftsstruktur... 19
2.2.3
Angebots- und Nachfragesituation auf dem Logistikimmobilienmarkt . 19
2.3
Rechtliche, soziale und kulturelle Rahmenbedingungen ... 21
2.3.1
Zollrechtliche Prozesse ... 22
2.3.2
Arbeitsmarkt: der Bedarf an Logistikspezialisten steigt ... 25
2.3.3
Kulturelle Rahmenbedingen ... 26
3
Auswirkungen der Rahmenbedingungen auf die Logistik und den Verkehr in
Russland ... 30
3.1
Infrastrukturelle und technische Auswirkungen ... 30
3.1.1
Auswirkungen der natürlichen Infrastruktur auf die Logistik und den
Verkehr ... 30
3.1.2
Verkehrsinfrastruktur als Produktionsfaktor der Logistik ... 32
3.1.3
Auswirkungen der informationstechnologischen Infrastruktur auf die
Logistik ... 34
3.2
Wirtschaftliche Auswirkungen ... 35
3.2.1
Auswirkungen des Wirtschaftswachstums auf die
Güterverkehrsnachfrage und die Transportelastizität ... 35
3.2.2
Auswirkungen der Wirtschaftsstruktur auf die Gestaltung des
Güterverkehrs ... 37
3.2.3
Logistikimmobilien als Kostenfaktor ... 38
3.3
Rechtliche, soziale und kulturelle Auswirkungen ... 39
3.3.1
Auswirkungen der Zollabwicklung auf logistische Prozesse ... 39
Inhaltsverzeichnis
3
3.3.2
Auswirkung des Fachkräftemangels auf den Logistikmarkt ... 41
3.3.3
Auswirkung der kulturellen Rahmenbedingungen auf das
Logistikmanagement ... 42
4
Besondere Rahmenbedingungen in Deutschland ... 44
4.1
Infrastrukturelle und technische Rahmenbedingungen ... 44
4.1.1
Die natürliche Infrastruktur: Größe, Lage und Klima ... 44
4.1.2
Verkehrsinfrastruktur ... 45
4.1.3
Informationstechnologische Infrastruktur ... 46
4.2
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen ... 47
4.2.1
Wirtschaftswachstum ... 47
4.2.2
Wirtschaftsstruktur... 49
4.2.3
Angebots- und Nachfragesituation auf dem Logistikimmobilienmarkt . 50
4.3
Rechtliche, soziale und kulturelle Rahmenbedingungen ... 51
4.3.1
Zollrechtliche Prozesse ... 52
4.3.2
Arbeitsmarkt: der Bedarf an Logistikspezialisten steigt ... 53
4.3.3
Kulturelle Rahmenbedingen ... 54
5
Auswirkungen der Rahmenbedingungen auf die Logistik und den Verkehr in
Deutschland ... 56
5.1
Infrastrukturelle und technische Auswirkungen ... 56
5.1.1
Auswirkungen der natürlichen Infrastruktur auf die Logistik und den
Verkehr ... 56
5.1.2
Verkehrsinfrastruktur als Produktionsfaktor der Logistik ... 57
5.1.3
Auswirkungen der informationstechnologischen Infrastruktur auf die
Logistik ... 58
5.2
Wirtschaftliche Auswirkungen ... 60
5.2.1
Auswirkungen des Wirtschaftswachstums auf die
Güterverkehrsnachfrage und die Transportelastizität ... 60
5.2.2
Auswirkungen der Wirtschaftsstruktur auf die Gestaltung des
Güterverkehrs ... 62
5.2.3
Logistikimmobilien als Kostenfaktor ... 62
5.3
Rechtliche, soziale und kulturelle Auswirkungen ... 63
5.3.1
Auswirkungen der Zollabwicklung auf logistische Prozesse ... 63
5.3.2
Auswirkung des Fachkräftemangels auf den Logistikmarkt ... 64
5.3.3
Auswirkung der kulturellen Rahmenbedingungen auf das
Logistikmanagement ... 66
6
Russland versus Deutschland ... 67
6.1
Vergleich infrastruktureller und technischer Rahmenbedingungen mit ihrem
Einfluss auf Logistik und Verkehr ... 67
6.1.1
Natürliche Infrastruktur ... 67
6.1.2
Verkehrsinfrastruktur ... 68
4
6.1.3
Informationstechnologische Infrastruktur ... 69
6.2
Vergleich wirtschaftlicher Rahmenbedingungen mit ihrem Einfluss auf
Logistik und Verkehr ... 70
6.2.1
Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsstruktur ... 70
6.2.2
Logistikimmobilien ... 71
6.3
Vergleich zollrechtlicher, sozialer sowie kultureller Rahmenbedingungen mit
ihrem Einfluss auf Logistik und Verkehr ... 72
6.3.1
Zollrechtliche Prozesse ... 72
6.3.2
Fachkräftemangel in der Logistik ... 73
6.3.3
Kulturelle Einflüsse ... 73
7
Schlussbetrachtung ... 75
Literaturverzeichnis ... 77
5
Darst. 1: Wirtschaftswachstum in Russland. Veränderung des preisbereinigten
Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr
... 18
Darst. 2: Anteil der Wirtschaftsbereiche am BIP in Russland (2009)
... 19
Darst. 3: Wertvorstellungen in Russland
... 28
Darst. 4: Bevölkerungsverteilung in Russland
... 31
Darst. 5: Modal Split Russlands (2008)
... 37
Darst. 6: Wirtschaftswachstum in Deutschland. Veränderung des preisbereinigten
Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr
... 48
Darst. 7: Anteil der Wirtschaftsbereichen am BIP in Deutschland (2009)
... 49
Darst. 8: Wertvorstellungen in Deutschland
... 55
Darst. 9: Transportelastizität in Deutschland
... 61
Darstellungsverzeichnis
6
Carnet TIR
Carnet Transport international de marchandises par
vehicules routiers
DSL
Digital Subscriber Line
DVZ
Deutsche Verkehrs-Zeitung
E-Commerce
Electronic commerce
EDI
Electronic Data Interchange
Glonass
russ. Globalnaja Nawigazionnaja Sputnikowaja Sistema
(Globales Satellitennavigationssystem)
GPS
Global Positioning System
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie
JIT
Just-in-time
SCM
Supply-Chain-Management
UdSSR
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Abkürzungsverzeichnis
7
1 Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft und ihre Ein-
flusse auf die Logistik
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft besitzen eine hohe Relevanz für die
Logistik und stehen somit in einem direkten Zusammenhang mit den Logistikleistungen
und Logistikerfolg eines Landes.
1
Um im Weiteren Verlauf der Arbeit die Einflüsse von Rahmenbedingungen auf die Lo-
gistik bzw. den Verkehr aufzeigen zu können, ist es zunächst notwendig, die Grundbe-
griffe Logistik und Verkehr zu klären.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur existieren unterschiedliche Begriffsdefini-
tionen von Logistik, je nach deren Aufgabenschwerpunkt. In dieser Arbeit wird folgen-
der Logistikbegriff verwendet: ,,Die Logistik ist eine moderne Führungskonzeption zur
Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Flüsse von
Objekten (Güter-, Informations-, und Finanzflüsse) in unternehmensweiten und unter-
nehmensübergreifenden Wertschöpfungssystemen."
2
Der Transport wird als der tech-
nisch-organisatorische Leistungsprozess zur physischen Ortsveränderung von Objek-
ten definiert.
3
Die Summe aller individuellen Transportvorgänge sind die Verkehre.
4
Nachdem die notwendigen theoretischen Kenntnisse erlangt wurden, ist an dieser Stel-
le zu erklären, warum das Wissen über die logistikbeeinflussenden Rahmenbedingun-
gen einen zunehmend höheren Stellenwert bekommt.
In
der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Transport und Verkehr als Synonyme ver-
wendet.
Die logistikrelevanten Rahmenbedingungen, die sich auf die Gestaltung der Logistik-
systeme auswirken, nehmen quantitativ zu und verändern sich zudem auch qualitativ.
Quantitative Erweiterung der Logistikumwelt erfolgt beispielweise durch die grenzüber-
schreitenden Güterflüsse, die die Zahl der notwendigen Auslands- und Zollbehörden
erhöhen. Zu einer qualitativen Ausweitung kommt es durch die jeweiligen geographi-
1
Vgl. Göpfert/Braun (2008), S.15.
2
Göpfert/Braun (2008), S.16.
3
Vgl. Ihde (2001), S.5.
4
Vgl. Gudehus (2005), S.882.
8
schen Gegebenheiten, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur sowie Informations- und
Kommunikationsinfrastruktur und nicht zuletzt durch die Berücksichtigung von unter-
schiedlichen Länderkulturen. Dementsprechend kommt dem Wissen über die logistik-
relevanten Rahmenbedingungen immer mehr Bedeutung zu.
5
Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung von Rahmenbedingungen, die die Logistik
und den Verkehr beeinflussen, entstand die Idee dieser Arbeit, die logistikrelevanten
Bedingungen in den Volkswirtschaften Russland und Deutschland zu untersuchen. Ei-
ne Untersuchung dieser Art ist zum einen deswegen relevant, da Deutschland seit
Jahrzehnten Russlands wichtigster Handelspartner ist und die mit Abstand größte
Kaufmannschaft stellt.
6
Zum anderen ist eine solche Auseinandersetzung insbesonde-
re vor dem Hintergrund eines potenziell attraktiven, noch zu erschließenden russischen
Marktes und dem somit einhergehenden Bedarf an logistischen Dienstleistungen inte-
ressant.
7
Ziel der vorliegenden Arbeit soll daher sein, zu analysieren, welchen Einfluss die Rah-
menbedingungen auf die Logistik bzw. den Verkehr in Russland und Deutschland ha-
ben. Hierzu muss geprüft werden, inwieweit die logistikrelevanten Rahmenbedingun-
gen russischer und deutscher Logistiker übereinstimmen und inwiefern Abweichungen
existieren. Gleichzeitig gilt es zu untersuchen, ob diese Rahmenbedingungen in glei-
cher oder unterschiedlicher Weise auf die Logistik und den Verkehr beider Länder ein-
wirken.
Hier ist allerdings anzumerken, dass in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur
meistens vielfältige Aspekte über Rahmenbedingungen angesprochen werden. Es gibt
jedoch kaum theoretische und konzeptionelle Ansätze, die Einflüsse der Rahmenbe-
dingungen auf die Logistik oder den Verkehr erfassen und abbilden können. Wie unter-
schiedlich diese Auswirkungen auf die russische oder deutsche Logistik sind, wurde
bisher noch nicht in empirischen Untersuchungen dargestellt. Daher werden in dieser
Arbeit oftmals Hypothesen gebildet, mit derer Hilfe versucht wird, die potenziellen Zu-
sammenhänge zwischen den Rahmenbedingungen der oben genannten Volkswirt-
schaften und der Logistik zu identifizieren. Der Forschungsbedarf auf diesem Themen-
gebiet bleibt aber nach wie vor groß.
5
Vgl. Göpfert/Braun (2008), S.16.
6
Vgl. Harms/Böhlmann (2008), S. 54
7
Vgl. Schnell (2008), S. 119
9
1.2 Aufbau der Arbeit
Einleitend
befasst sich Kapitel 1 mit der Problemstellung und Zielsetzung sowie dem
Aufbau der Arbeit.
Im
Kapitel 2 wurden zunächst die logistikrelevanten Rahmenbedingungen systemati-
siert. Hierfür wurde die von Pfohl vorgeschlagene Unterteilung der länderspezifischen
Rahmenbedingungen angewendet. Diese beinhalten von Land zu Land unterschiedli-
che geographische, infrastrukturelle, technische, rechtliche und kulturelle Bedingun-
gen.
8
Wie diese die russische Logistik bzw. den Verkehr beeinflussen, oder wenn nicht be-
kannt, potenzielle Einflüsse haben können, ist Gegenstand von
Kapitel 3.
Die Gliederung von Pfohl wurde außerdem durch die wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen ergänzt. Entsprechend der oben aufgeführten Unterteilung werden in die-
sem Kapitel länderspezifische Rahmenbedingungen in Russland dargestellt.
Im
Kapitel 4 wird anhand der Gliederung der Rahmenbedingungen im Kapitel 2 auf die
logistikrelevanten Bedingungen in Deutschland eingegangen.
Wie sich die Rahmenbedingungen in Deutschland auf die deutsche Logistik bzw. den
Verkehr auswirken, ist Thema des
Kapitels 5.
Kapitel 6 gibt schließlich einen Vergleich der logistikrelevanten Rahmenbedingungen
beider Länder. Es wird zudem ein resümierender Überblick gegeben, wie diese Bedin-
gungen die Logistik bzw. den Verkehr in Russland und Deutschland beeinflussen. Es
werden unter anderem die Fragen geklärt, ob die Auswirkungen ähnlich oder eher un-
terschiedlich sind, inwiefern die Logistik von gegebenen Rahmenbedingungen profi-
tiert, oder ob sie hohe Herausforderungen an die logistischen Prozesse im Land dar-
stellen.
8
Vgl. Pfohl (2004), S. 373.
10
2 Besondere Rahmenbedingungen in Russland
Infrastrukturelle, informationstechnologische, wirtschaftliche, zollrechtliche sowie sozia-
le und kulturelle Rahmenbedingungen bilden die Voraussetzungen für ein erfolgreiches
Wirtschaften im Logistiksektor. Diese Rahmenbedingungen in Russland werden im
Folgenden dargestellt. Wie sie sich auf die Logistik und den Verkehr auswirken, wird im
Kapitel 3 näher erläutert.
2.1 Infrastrukturelle und technische Rahmenbedingungen
2.1.1 Die natürliche Infrastruktur: Größe, Lage und Klima
Die Russische Föderation ist mit 17,2 Mio. km² der größte Staat der Erde und geogra-
fisch gesehen ein Gigant. Ihre Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 4000 km. Von Westen
nach Osten erstreckt sich Russland über 9000 km und umfasst elf Zeitzonen. Der
überwiegende Teil des russischen Territoriums befindet sich östlich des Urals und ge-
hört zum asiatischen Kontinent. Auf dem europäischen Kontinent erstreckt sich etwa
ein Viertel des Staatsgebietes. Landesgrenzen bestehen zu zwölf Staaten: Norwegen,
Finnland, Lettland, Estland, Weißrussland, Ukraine, Georgien, Aserbaidschan, Ka-
sachstan, Mongolei, China und Nordkorea. Darüber hinaus grenzt das Kaliningrader
Gebiet, eine Exklave des russischen Territoriums, an Polen und Litauen.
9
Das Land mit transkontinentalen Ausmaßen ist durch eine Vielzahl an Landschaftsfor-
men wie polare Wüsten, Hochgebirge, Steppen und subtropische Regionen geprägt.
Weite Teile Sibiriens und des Fernen Ostens nehmen 47% der gesamten Landesfläche
ein und zeichnen sich aus durch Dauerfrostböden. Etwa 50% der Landesfläche ist
waldbedeckt. Der boreale Nadelwald hat den größten Anteil und bedeckt knapp 50%
Sibiriens und große Teile Nordwest-Russlands.
10
Die klimatische Bandbreite Russlands umfasst alle Klimazonen außer Tropen. Insge-
samt überwiegt kontinentales Klima mit Ausnahme dreier Regionen. Das sind der
Süden des Fernen Ostens mit Monsunregen, Nordsibirien mit arktischem sowie die
Schwarzmeerküste mit subtropischem Klima. Für das überwiegend trocken-
9
Vgl. Kirchner/Rieder (2007), S. 42.
10
Vgl. Sünnemann (2005), S. 45.
11
kontinentale Klima sind kalte bis sehr kalte Winter sowie warme bis heiße Sommer ty-
pisch.
11
2.1.2 Verkehrsinfrastruktur
Die russische Verkehrsinfrastruktur war nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
großen Herausforderungen ausgesetzt. Zum einen verlaufen heute viele früher zur
Sowjetunion gehörenden Fernverkehrsstraßen und transnationale Eisenbahnlinien au-
ßerhalb von Russland. Zum anderen wurde durch den Zerfall der Zugang Russlands
zu den Weltmeeren eingeschränkt. Somit befindet sich etwa die Hälfte der sowjeti-
schen Seehäfen außerhalb der heutigen russischen Grenze.
12
Das öffentlich genutzte
Straßennetz Russlands umfasst rund 574.000 km. Weitere
340.000 km gehören den Ministerien (vor allem dem Verteidigungsministerium) und
privaten Unternehmen. Rund 90% der öffentlichen Straßen sind mit Asphalt, Beton
oder Schotter befestigt. Allerdings sind Alter und Qualität des Belages höchst unter-
schiedlich. Lediglich ein Viertel der so genannten föderalen Straßen, eher privilegierte
Fernverbindungen, sind in einem befriedigenden Zustand. Die regionalen Verkehrswe-
ge haben eine weitaus schlechtere Qualität. Nahezu die Hälfte der russischen Dörfer
kann nicht über geteerte Straßen erreicht werden. Bei etwa 80% hat der Belag Risse
und Löcher, die Markierungen fehlen oder sind verblasst.
13
Nach Angaben des russi-
schen Verkehrsministers Lewitin sind 40.000 Ortschaften, in denen insgesamt mehr als
drei Millionen Menschen leben, völlig vom Straßennetz abgeschnitten.
14
In der Russischen Föderation existieren nur wenige Autobahnen westlichen Standards.
Neben dem Autobahnring um Moskau mit einer Abzweigung zum internationalen Flug-
hafen Scheremetjewo gibt es eine Verbindung zwischen der Hauptstadt und Tula (liegt
knapp 200 km südlich von Moskau). Die ,,Don"-Autobahn führt von Moskau ins 120 km
entfernte Kaschira. Außerdem haben einige Teilstücke der Routen zwischen Moskau
und dem westrussischen Smolensk sowie zwischen Moskau und der lettischen Haupt-
stadt Riga autobahnähnlichen Charakter.
15
11
Vgl. Kerneck/Oertel (2008), S. 14-15.
12
Vgl. Sünnemann (2005), S. 46.
13
Vgl. Weber (2003), S. 452.
14
Vgl. Lewitin online (2008)
15
Vgl. Weber (2003), S. 453.
12
Der wichtigste Verkehrsträger Russlands ist die
Eisenbahn. Die vor 100 Jahren erbau-
te Transsibirische Eisenbahn ist noch immer die einzige Bahnverbindung zwischen
dem europäischen Raum und dem Fernen Osten des Landes. Die Gesamtlänge des
öffentlichen Eisenbahnnetzes beträgt rund 85.000 km und verläuft im Südwesten sowie
im mittleren europäischen Raum und in Teilen des Urals. Davon sind knapp 50% elek-
trifiziert und 43% zwei und -mehrgleisig.
16
Die wichtigste Fernlinie der Russischen Fö-
deration ist eine Strecke von 9.311 km Länge zwischen Moskau und Wladiwostok. In
Westsibirien wird die russische Staatsbahn durch zwei Parallelbahnen entlastet. Dane-
ben ist eine nördliche Parallelstrecke (Baikal-Amur-Magistrale) seit 1984 in Ostsibirien
und im Fernen Osten in Betrieb. Die Baikal-Amur-Magistrale verbindet die Städte Ust-
Kut und Komsomolsk am Amur und hat eine Länge von 3.110 km. Seit Dezember 2000
verkehrt zwischen den Metropolen Moskau und St. Petersburg der erste Hochge-
schwindigkeitszug Russlands. Statt der üblichen acht Stunden Fahrt benötigt der Zug
nur noch viereinhalb Stunden.
17
Darüber hinaus existiert ein nicht-öffentlich zugängliches Schienennetz mit einer Länge
von 80.000 km, welches industriell genutzt wird. Es gibt aber nach wie vor kleinere
Städte selbst in direkter Nähe zu Moskau die nicht an das Bahnsystem ange-
schlossen sind. Dazu kommt, dass das russische Schienensystem vielerorts zu eng
und marode ist. Die Waggons entsprechen noch nicht den westlichen Standards.
18
Nach der Beurteilung der britischen Wochenzeitschrift ,,The Economist", sind zehn Pro-
zent aller russischen Schienen mangelhaft und die Hälfte des Schienennetzes muss
dringend modernisiert werden.
19
Die Spurbreite der russischen Eisenbahn beträgt 1.524 mm. Da die europäischen Glei-
se nur 1.435 mm breit sind, müssen alle Güter an der Grenze zu Russland auf die
Breitspurwaggons der russischen Bahn umgestellt werden.
20
So werden Stückgut und
Kisten über eine Rampe mit Staplern und Kränen auf das Breitspurnetz umgeladen.
Zudem müssen Großkollis in Spezialwaggons rechtzeitig angemeldet werden, um die
entsprechenden russischen Waggons zeitnah vor Ort zu haben.
21
16
Vgl. Federal State Statistics Service online (2008a)
17
Vgl. Brill (2005), S. 170.
18
Vgl. Hones online (2008a)
19
Vgl. Jahns/Darkow/Weigl (2006), S.24.
20
Vgl. Schnell (2008), S. 125-126.
21
Vgl. Brill (2005), S.170.
13
Der
Flugverkehr Russlands befindet sich gegenwertig in einem Konzentrationspro-
zess. Während die großen Flughäfen immer mehr Fluggäste und Fracht registrieren,
müssen kleine Regionalflughäfen schließen. So existierten von den im Jahr 1992 etwa
1.300 Airports 2008 nur noch 351. Von 69 Flughäfen werden internationale Ziele ange-
flogen und sie werden von ausländischen Städten angesteuert.
22
Die größte Fluggesellschaft ist die Aeroflot, die zu 51 Prozent im staatlichen Besitzt ist.
Moskau ist das Zentrum des nationalen wie auch internationalen Flugverkehrs. Die
russische Hauptstadt verfügt allein über vier Zivilflughäfen: Scheremjetiewo I,
Scheremjetiewo II (Mehrheitsaktionär Staat), Domodedowo (Eastline, privat) und
Wnukowo (Stadt Moskau).
23
Die Moskauer Flughäfen sowie der St. Petersburger Air-
port werden laufend modernisiert und erweitert. Ihre Terminals und Logistikparks ste-
hen den großen europäischen Konkurrenten bald in nichts mehr nach. Die Qualität der
anderen russischen Flughäfen entspricht jedoch noch nicht den westlichen Stan-
dards.
24
Der russische Flugverkehr leidet unter der veralteten Flotte und den unzureichenden
Investitionen der Fluggesellschaften. Im Jahre 2007 waren knapp 62% aller Flugzeuge
älter als 15 Jahre.
25
Die inländischen russischen
Wasserwege sind mit einer Länge von 102.000 km zwar
umfangreich, jedoch weisen nur 33.000 km eine garantierte Wassertiefe auf.
26
Es gibt insgesamt 120 Flusshäfen. Der Auslastungsgrad vieler davon liegt bei 30 bis
50%.
Viele
Wasserstraßen waren in den vergangenen Jahren verschlackt. Deswegen ist in einigen
Teilen Russlands der Wassertransport unmöglich geworden.
27
Außerdem fehlt den russischen Binnenhäfen die moderne Ausrüstung. Die
meisten Kräne und Hebebühnen wurden vor 25 oder 30 Jahren aus der DDR geliefert.
Keiner der 120 Binnenhäfen hat in den vergangenen fünf Jahren moderne Kräne an-
geschafft. Ebenso veraltet ist die Flotte, das Durchschnittsalter der Binnenschiffe liegt
bei 29 Jahren.
28
22
Vgl. Hones online (2008a)
23
Vgl. Brill (2005), S.171.
24
Vgl. Hones online (2008a)
25
Vgl. Federal State Statistics Service online (2008b)
26
Vgl. Jahns/Darkow/Weigl (2006), S.25.
27
Vgl. Hones online (2008a)
28
Vgl. Hones online (2009a)
14
Der Großteil der befahrbaren Flüsse liegt in Sibirien und im Fernen Osten. Im Winter
dienen die gefrorenen Flüsse als Trassen für den Lkw-Verkehr. Denn viele Landwege
können wegen der starken Schneefälle nur eingeschränkt genutzt werden. Sie bleiben
für viele Städte und Dörfer im asiatischen Russland die einzige weitgehend zuverlässi-
ge Verbindung zum Rest des Landes. Zu den natürlichen Wasserstraßen kommen
15.500 km an Kanälen hinzu, vor allem im europäischen Teil Russlands.
29
In den vergangenen Jahren wurden fünf- bis sechsmal weniger Waren über russische
Seehäfen transportiert, als es zu Sowjetzeiten üblich war. Viele Häfen stehen still. Au-
ßerdem können sich die wichtigen Häfen in Murmansk, Wladiwostok, Nachodki, Nowo-
rossijsk und St. Petersburg kaum entwickeln, weil sie im Herzen von Städten liegen.
Erschwerend kommt hinzu, dass nur wenige der 62 russischen Seehäfen das ganze
Jahr über eisfrei sind.
Die Infrastruktur vieler Häfen bedarf einer dringenden Modernisierung. Dazu gehören
die Anlegestellen, die Molen, die Hafendämme, die Lagerhallen.
30
Im Jahre 2007 wa-
ren 23% aller Schiffe älter als 30 Jahre.
31
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die russische Verkehrsinfrastruktur infolge
der fehlenden Modernisierung unzureichend ist.
2.1.3 Informationstechnologische Infrastruktur
Mit dem Zerfall der UdSSR ging ein beträchtliches wissenschaftlich-technisches Po-
tenzial sowie Produktionspotenzial im Informations- und Kommunikationssektor verlo-
ren. Einige führende Betriebe dieses Zweiges waren außerhalb der Grenzen Russ-
lands in anderen Sowjetrepubliken angesiedelt. In der Versorgung mit Informations-
technik bestehen zwischen den einzelnen Regionen innerhalb Russlands große Unter-
schiede. Es fehlen im Grunde die notwendigen Gesetze und Norme, die die Spielre-
geln und Wechselbeziehungen zwischen den staatlichen Stellen und anderen Verfah-
rensbeteiligten festlegen.
Die technologische Basis der Informationsgesellschaft wurde in Russland bereits aus-
gebaut. Viele Zweige der Wirtschaft sind mit PCs ausgestattet, insbesondere der
Banksektor und der Bereich der staatlichen Versorgung. Die Exekutive hat auf födera-
29
Vgl. Weber (2003), S. 458-459.
30
Vgl. Hones online (2008a)
31
Vgl. Federal State Statistics Service online (2008c)
15
ler Ebene die Modernisierung durch die Computertechnologie vollzogen. Ein staatli-
ches System zur Sammlung, Verarbeitung und Verbreitung wissenschaftlich-
technischer Informationen wird aufgebaut.
32
Zurzeit plant die russische Regierung einen neuen Supercomputer zu finanzieren, mit
dessen Hilfe sich 10 bis 15% aller staatlichen Aufgaben bewerkstelligen lassen. Derart
leistungsstarke Rechner können auch in der freien Wirtschaft eingesetzt werden, etwa
bei Erderkundungsarbeiten in der Erdöl- und Gasindustrie.
33
Der Anteil des Telekommunikations- und IT-Sektors an der russischen Wirtschaftsleis-
tung betrug 2008 rund 4%. Wegen der Wirtschaftskrise gingen IT-Umsätze in 2009 um
13% zurück und betrugen 500 Mrd. Rubel (Verteilung des Marktvolumens: 51% Hard-
ware, 20% Software, 29% Dienstleistungen). Nach Expertenprognosen wird sich der
IT-Markt nur langsam erholen, der Trend geht zu einer längeren Nutzungsdauer der
eingesetzten Technik.
34
Das US-Marktforschungsunternehmen eMarketer sieht Russland als einen der wich-
tigsten Wachstumstreiber für das Internet in Europa. Nach den Schätzungen des Insti-
tuts im Jahr 2008 betrug die Zahl der regelmäßigen Webnutzer 40 Mio. Es wird von ei-
nem weiteren Wachstum ausgegangen. Die Zuwächse führen zu einem starken An-
stieg des Werbeaufkommens auf russischen Webseiten.
35
Auf der anderen Seite kam das Marktforschungsinstitut J'son & Partners zum Ergebnis,
dass nur 18,2% aller russischen Bürger zum Ende 2008 einen Breitband-Zugang hat-
ten. Erst 2015 werden zwischen 60 und 70% aller Haushalte in den regionalen Haupt-
städten mit Breitbandanschlüssen ausgestattet sein. Einen schnellen Internetzugang
wird nicht einmal jeder zweite Haushalt haben. Die Ursachen dafür sind die fehlenden
technischen Voraussetzungen zur Entwicklung der Breitbandtechnologie. Zum Beispiel
ist es in vielen alten Telefonstationen nicht möglich, eine DSL-Ausrüstung zu verlegen.
Auch die schwächere Kaufkraft in den Provinzen hemmt die Entwicklung.
36
Der Telekommunikationskomplex in Russland fällt in der Entwicklung weit hinter die
Länder Zentral- und Westeuropas zurück. Das russische Telekommunikationssystem
ist eine merkwürdige Kombination aus dem ,,schweren Erbe der Vergangenheit" in
32
Vgl. Kassatkin/Maximow (2003), S. 431-432.
33
Vgl. Hones online (2010)
34
Vgl. Schulze online (2009)
35
Vgl. Bundesagentur für Außenwirtschaft online (2008)
36
Vgl. Hones online (2008b)
16
Form vieler Dörfer, in denen es bis heute kein Telefon gibt, und des schnell wachsen-
den Business im Bereich der neuesten Kommunikationstechnologien.
Außerdem ist die technische Infrastruktur nur in Ballungsgebieten des Landes gut ent-
wickelt. Während Moskau fast vollständig Zugang zum Telefonnetz hat, verfügen ande-
re Regionen nur über 43% des Telefonanschlusses.
37
Dies führt dazu, dass sich das
Mobilfunkgeschäft im Land rasch entwickelt und einen Anteil von rund 44% des Tele-
kommunikationsgeschäftes ausmacht. Die wichtigsten landesweit aktiven Mobilfunkan-
bieter sind: MTS, Megafon und Beeline. Jedes Unternehmen gewährt seinen Kunden
ein breites Spektrum von einzelnen Tarifsystemen, wie Flatrate, Studententarife, Ver-
günstigungen für bestimmte Lieblingstelefonnummern oder kostenlose Anrufe in den
eigenen Netzen die Auswahl ist kaum geringer als in Deutschland.
38
Der Bedarf an Telekommunikationsausrüstungen ist enorm, deswegen sieht ein Regie-
rungsprogramm für den Zeitraum 2010 bis 2012 die Installation von 6,5 Mio. neuen
Festnetz-Nummern, die Verlegung von 140.700 km Telefonkabel und die Einrichtung
von 1,5 Mio. neuer Kanäle für Fern- und Auslandsgespräche vor.
39
Ebenso ist festzustellen, dass die satellitengestützten Navigationssysteme wie GPS
und russisches Clonass im Land wenig verbreitet sind. Zum Beispiel waren nur 24%
(davon 92% GPS und 8% Glonass) aller russischen Flugzeuge im Jahr 2007 mit den
Navigationssystemen ausgerüstet. Der Schienenverkehr verfügte nur über 7.000 Wa-
gons, die von dem Glonass Navigationssystem profitieren könnten. Im Straßenverkehr
werden noch weniger Navigationssysteme eingesetzt.
40
2.2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
In den letzten zehn Jahren bis zur Wirtschaftskrise 2009 entwickelte sich die russische
Wirtschaft äußerst positiv. Es wurden zahlreiche Wirtschaftsreformen konsequent
durchgeführt. Dadurch verbesserten sich die Rahmenbedingungen für Investoren.
41
37
Vgl. Jahns/Darkow/Weigl (2006), S.16.
Auch viele Branchen profitierten von der dynamischen Wirtschaftsentwicklung. Vor al-
38
Vgl. Hones online (2009b)
39
Vgl. Schulze online (2009)
40
Vgl. Solonin online (2007)
41
Vgl. Engemann (2005), S. 54.
17
lem wurde in den Rohstoffsektor, den Maschinenbau, den Telekommunikations- und
IT-Sektor, die Kfz-Zulieferindustrie und die Nahrungsmittelindustrie viel investiert.
42
Trotz vieler Erfolge hat die russische Wirtschaft nach wie vor mit vielen Problemen zu
kämpfen. Die wesentlichen wachstumshemmenden Hindernisse sind die verbreitete
Korruption, die Bürokratie sowie die starke staatliche Regulierung im Land.
2.2.1 Wirtschaftswachstum
Größe, Transkontinentalität und Ressourcenreichtum beeinflussen die wirtschaftliche
Entwicklung in Russland. Dabei werden sehr große regionale Unterschiede sowohl
beim Wirtschaftswachstum, als auch in der Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftskraft
festgestellt.
Aus der wirtschaftsgeographischen Perspektive sind folgende Entwicklungen im Land
zu beobachten:
·
Die Stabilisierung und die Konsolidierung der russischen Wirtschaft erfolgt regi-
onal sehr unterschiedlich.
·
Es gibt einen sehr starken Unterschied zwischen den Metropolen, insbesondere
Moskau und Sankt Petersburg, und den peripheren Regionen. Eine Ausnahme
bilden Erdöl- und Erdgasfördergebiete.
·
Das rasante Wirtschaftswachstum konzentriert sich vor allem in Moskau, weite-
ren Ballungszentren sowie in den rohstoffreichen Gebieten (Tjumen, Krasno-
jarsk).
43
Die russische Wirtschaft hat 2009 den stärksten Einbruch seit 15 Jahren erlitten. Das
Statistikamt in Moskau teilte mit, dass das Bruttoinlandprodukt um 7,9% fiel. Im Jahr
2008 war die Wirtschaftsleistung noch um 5,6% gewachsen (vgl. Darstellung 1).
42
Vgl. Deutsch-Russisches Auslandshandelskammer online ( 2006), S.10.
43
Vgl.Sünnemann (2005), S. 52.
18
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Federal State Statistics Service (2008d, 2009a,
2010a)
Darst. 1: Wirtschaftswachstum in Russland. Veränderung des preisbereinigten
Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in %
In den Jahren 1998 und 1999 war die Situation schon einmal ähnlich. Die Russische
Föderation erlitt damals eine der schwersten Wirtschaftskrisen ihrer Geschichte. Da-
nach stieg Russland wieder auf ,,wie Phoenix aus der Asche-Bauboom und immensen
Wachstum inklusive".
44
In den kommenden Jahren wird die russische Wirtschaft zwar wachsen, jedoch nur
langsam. Für das Jahr 2010 wird ein Wirtschaftswachstum zwischen 1 und 3% prog-
nostiziert. Voraussetzung ist jedoch, dass die Kreditvergabe im Land wieder in Gang
kommt und sich die Verbrauchernachfrage belebt.
Besonders Moskau profitierte als wirtschaftliches Zentrum.
Umso heftiger war der Absturz 2009. Die russische Volkswirtschaft wurde um mehrere
Jahre zurückgeworfen. Die Abhängigkeit von der globalen Nachfrage nach Rohstoffen
hat sich bei diesem Abschwung als besonders fatal erwiesen, weil alle weiteren Stüt-
zen des Wirtschaftswachstums durch den Preisverfall für Öl, Gas und Metalle zusam-
mengebrochen sind. Dies hat insbesondere den Privatkonsum, die Bauwirtschaft und
die Investitionen getroffen. Gleichzeitig waren einheimische Banken nur noch zu unak-
zeptablen Zinsätzen von mehr als 25% p.a. bereit, Geld an russische Unternehmen zu
verleihen. Das Wirtschaftsministerium schätzt, dass viele Branchen sich erst ab 2013
wieder erholen und das Vorkrisen-Niveau erreichen werden.
45
44
o. V (2010), S. 28.
45
Vgl. Schulze online (2009)
4,7
7,3
7,2
6,4
7,7
8,1
5,6
-7,9
-10
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
19
2.2.2 Wirtschaftsstruktur
Russland ist reicht an Rohstoffen und Bodenschätzen und verfügt über eine stark ent-
wickelte Industrie. Die Schwerindustrie, insbesondere die Öl- und Gasförderung sowie
die Metallurgie bringen Russland hohe Exporterlöse und tragen wesentlich zum Wirt-
schaftswachstum bei.
46
Das verarbeitende und produzierende Gewerbe machte 2009
ca. 28% des BIP aus. Weitere große Anteile am BIP haben der Handel, die sonstigen
öffentlichen und privaten Dienstleistungen und der Transport ausgewiesen (vgl. Dar-
stellung 2).
Quelle: Eigene Berechnung und Darstellung in Anlehnung an Federal State Statistics Service
(2010a)
Darst. 2: Anteil der Wirtschaftsbereiche am BIP in Russland (2009; %)
Auf den tertiären Sektor (Dienstleistungen) entfielen 2009 62% des BIP, was deutlich
weniger als in den meisten westeuropäischen Ländern ist. Dies wird zum einen durch
die besondere Bedeutung der Industrie erklärt. Zum anderen hat sich der Dienstleis-
tungssektor erst im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs der letzten Jahre dynamisch
entwickelt.
47
2.2.3 Angebots- und Nachfragesituation auf dem Logistikimmobilienmarkt
Der russische Logistikimmobilienmarkt
48
46
Vgl. Außenwirtschaftsportal Bayern online (2009), S.11.
erlebte in den zurückliegenden Jahren einen
regelrechten Boom. Dies führte zu einer erhöhten Nachfrage im Bereich von modernen
47
Vgl. Außenwirtschaftsportal Bayern online (2009), S.12.
48
Nehm/Veres-Homm/Kille (2009), S.24: ,,Eine Logistikimmobilie ist eine Immobilie, also ein
Gebäude, für deren Errichtung primär die Nutzung hinsichtlich Umschlag und Lagerung so-
wie damit verbundene Leistungen ausschlaggebend sind."
Industrie
28,0%
Landwirtschaft
4,4%
Bau
5,6%
Handel/Gastgewer
be
20,5%
Transport/Kommu
nikation
9,6%
Finanzdienstleistun
gen
4,8%
Sonstige
Dienstleistungen
27,2%
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (eBook)
- 9783842806610
- DOI
- 10.3239/9783842806610
- Dateigröße
- 712 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg – Betriebswirtschaft, Logistik
- Erscheinungsdatum
- 2010 (November)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- logistik russland deutschland rahmenbedingungen wirtschaftssystem
- Produktsicherheit
- Diplom.de