Lade Inhalt...

Publizität von Financial Instruments - Eine empirische Analyse

©2010 Diplomarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Als am 18.8.2005 das International Accounting Standards Board (kurz: IASB) den neuen Standard IFRS 7 verabschiedete, bedeutete dies erhebliche Neuerungen hinsichtlich der Offenlegungspflichten für Finanzinstrumente. So fasst, der zum 1.1.2007 anzuwendende IFRS 7, die zuvor in IAS 30 und IAS 32 aufgeteilten, Offenlegungspflichten für alle Unternehmensformen (sowohl Banken als auch Unternehmen) zusammen und verlangt detaillierte Angaben zu Finanzinstrumenten in Bilanz- und G.uV. sowie zur Risikoberichterstattung. Gerade die Offenlegungspflichten zur Risikoberichterstattung fordern von europäischen Banken nun wesentlich detailliertere Angaben zu Kredit-, Markt- und Liquiditätsrisiko als zuvor in IAS 32. Das IASB verfolgt damit das Ziel, dem Abschlussadressaten zum einen ausreichende Informationen über die Bedeutung von Finanzinstrumenten für das Unternehmen zu vermitteln. Zum anderen sollen den Abschlussadressaten geeignete Informationen über Art und Ausmaß, der mit Finanzinstrumenten verbundenen Risiken bereitgestellt werden, sodass diese die Risikopositionen des Unternehmens besser beurteilen können. Mit dieser Zielsetzung nähert sich das IASB den Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenregulierung (‘Basel II’) an. Die dritte Säule von Basel-II verlangt detaillierte Offenlegungspflichten zu Risikoaktiva. Jedoch sind diese nur teilweise rechtlich bindend. Daher ist diese Annäherung zwischen IASB und Baseler Ausschuss zu begrüßen. Insofern schaffen sowohl Basel II als auch das IASB mit diesen Offenlegungsregeln die Voraussetzung dafür, dass Marktakteure die Risikopositionen von Banken besser bewerten und die Banken anhand der geforderten Risikoprämien disziplinieren können.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit europäische Banken einerseits vor, andererseits nach Inkrafttreten des IFRS 7 die Offenlegungspflichten für Finanzinstrumente erfüllt haben und inwiefern sie somit Marktakteuren geeignete Informationen zur Beurteilung der Risikopositionen bereitgestellt haben. Diese Diplomarbeit konzentriert sich auf die Risikoberichterstattung und untersucht die Erfüllung der Angabepflichten hinsichtlich Kreditrisiko und Risikosteuerung. Denn Informationen aus diesen Bereichen sind für Marktakteure insofern von großer Bedeutung, als das Kreditrisiko die betragsmäßig größte Risikoart für europäische Banken darstellt. Zudem sind die Angabepflichten zur Risikosteuerung den Marktakteuren bei der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2. Lösungsansätze für das Vertrauensproblem zwischen Investoren und Banken innerhalb der Finanzintermediation
2.1 Theorie der Finanzintermediation
2.2 Der Bank Run als eine mögliche Folge der Vertrauenskrise: Theoretische Erklärungsansätze
2.2.1 Modell von Diamond und Dybvig (1983)
2.2.2 Modell von Calomiris und Kahn (1991)
2.3 Lösungen zur Beseitigung der Vertrauensunsicherheit
2.3.1 Selbstregulierung
2.3.2 Co-Regulierung

3. Publizitätspflichten für financial instruments nach IFRS 7
3.1 Anwendungsbereich und Definitionen
3.2 Zielsetzung des IFRS 7
3.3 Angabepflichten in der Bilanz und G.u.V. nach IFRS 7
3.4 Risikoberichterstattung nach IFRS 7
3.4.1 Grundlagen
3.4.2 Offenlegungspflichten zum Kreditrisiko und zur Risikosteuerung
3.4.2.1 Angabepflichten vor 2007 gemäß IAS 32
3.4.2.2 Angabepflichten nach 2007 gemäß IFRS 7
3.4.3 Ausgewählte Spezialfälle von financial instruments aus dem Bereich Kreditrisiko
3.4.3.1 Kreditderivate
3.4.3.1.1 Grundformen von Kreditderivaten
3.4.3.1.2 Bilanzielle Behandlung und Angabepflichten nach IAS 39 und IFRS 7
3.4.3.2 Monoliner-Anleihen
3.4.3.2.1 Grundmerkmale
3.4.3.2.2 Bilanzielle Behandlung und Angabepflichten nach IAS 39 und IFRS 7
3.5 Empirische Evidenz zur Offenlegung von Angaben zum Kreditrisiko

4. Empirische Untersuchung der Quantität von Angaben zum Kreditrisiko und der Risikosteuerung von europäischen Banken
4.1 Datenbasis und Untersuchungsdesign
4.2 Auswertung der Disclosure Indices
4.2.1 Deskriptive Statistik
4.2.2 Vergleich der Untersuchungsergebnisse der betrachteten Banken
4.3 Bewertung der Ergebnisse

5. Fazit

Summary

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Credit Default Swap

Abbildung 2: Total Return Swap

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Mindestangaben zum Kreditrisiko

Tabelle 2: Untersuchte Banken nach Marktkapitalisierung geordnet

Tabelle 3: Disclosure Index 2006

Tabelle 4: Disclosure Index 2007

Tabelle 5: Deskriptive Statistik Disclosure Index 2006

Tabelle 6: Analyse des DI_2006 nach Größe der Banken

Tabelle 7: Ländervergleich DI_2006

Tabelle 8: Deskriptive Statistik Disclosure Index 2007

Tabelle 9: Analyse des DI_2007 nach Größe der Banken

Tabelle 10: Ländervergleich DI_2007

Tabelle 11: Auswertung Disclosure Index 2006

Tabelle 12: Auswertung des Disclosure Index 2007

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Als am 18.8.2005 das International Accounting Standards Board (kurz: IASB) den neuen Standard IFRS 7 verabschiedete, bedeutete dies erhebliche Neuerungen hinsichtlich der Offenlegungspflichten für Finanzinstrumente. So fasst, der zum 1.1.2007 anzuwendende IFRS 7, die zuvor in IAS 30 und IAS 32 aufgeteilten, Offenlegungspflichten für alle Unternehmensformen (sowohl Banken als auch Unternehmen) zusammen und verlangt detaillierte Angaben zu Finanzinstrumenten in Bilanz- und G.uV. sowie zur Risikoberichterstattung. Gerade die Offenlegungspflichten zur Risikoberichterstattung fordern von europäischen Banken nun wesentlich detailliertere Angaben zu Kredit-, Markt- und Liquiditätsrisiko als zuvor in IAS 32. Das IASB verfolgt damit das Ziel, dem Abschlussadressaten zum einen ausreichende Informationen über die Bedeutung von Finanzinstrumenten für das Unternehmen zu vermitteln. Zum anderen sollen den Abschlussadressaten geeignete Informationen über Art und Ausmaß, der mit Finanzinstrumenten verbundenen Risiken bereitgestellt werden, sodass diese die Risikopositionen des Unternehmens besser beurteilen können.[1] Mit dieser Zielsetzung nähert sich das IASB den Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenregulierung („Basel II“) an. Die dritte Säule von Basel-II verlangt detaillierte Offenlegungspflichten zu Risikoaktiva.[2] Jedoch sind diese nur teilweise rechtlich bindend.[3] Daher ist diese Annäherung zwischen IASB und Baseler Ausschuss zu begrüßen. Insofern schaffen sowohl Basel II als auch das IASB mit diesen Offenlegungsregeln die Voraussetzung dafür, dass Marktakteure die Risikopositionen von Banken besser bewerten und die Banken anhand der geforderten Risikoprämien disziplinieren können.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit europäische Banken einerseits vor, andererseits nach Inkrafttreten des IFRS 7 die Offenlegungspflichten für Finanzinstrumente erfüllt haben und inwiefern sie somit Marktakteuren geeignete Informationen zur Beurteilung der Risikopositionen bereitgestellt haben. Diese Diplomarbeit konzentriert sich auf die Risikoberichterstattung und untersucht die Erfüllung der Angabepflichten hinsichtlich Kreditrisiko und Risikosteuerung. Denn Informationen aus diesen Bereichen sind für Marktakteure insofern von großer Bedeutung, als das Kreditrisiko die betragsmäßig größte Risikoart für europäische Banken darstellt.[4] Zudem sind die Angabepflichten zur Risikosteuerung den Marktakteuren bei der Beurteilung von Banken behilflich, da sie zeigen, wie die entstandenen Risiken minimiert werden und welche Verfahren dazu angewendet werden.

Daher zielt diese Diplomarbeit darauf ab, zu untersuchen, inwieweit europäische Banken die Offenlegungspflichten zum Kreditrisiko und zur Risikosteuerung von Finanzinstrumenten in den Jahren 2006 einerseits und 2007 andererseits erfüllt haben. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit besteht darin zu klären, auf welche Offenlegungsbereiche des Kreditrisikos und der Risikosteuerung europäische Banken vor und nach der IFRS 7-Einführung ihre Schwerpunkte gelegt haben und wie diese Angaben vor dem Hintergrund der Informationsbereitstellung für disziplinierende Marktakteure zu bewerten sind.

1.2 Gang der Untersuchung

In Kapitel 2 der vorliegenden Diplomarbeit wird zunächst die Frage diskutiert, inwiefern es wichtig ist, dass Offenlegungsstandards eingehalten werden. Aufbauend auf der Theorie der Finanzintermediation wird die Entstehung des grundsätzlichen Vertrauensproblems zwischen Investoren und Banken erläutert. In diesem Zusammenhang werden die Modelle von Diamond/Dybvig (1983) und Calomiris/Kahn (1991) erörtert, die eine mögliche Folge des Vertrauensproblems, den Bank Run, analysieren und Instrumente zu dessen Verhinderung aufzeigen. Schließlich werden die Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich des Vertrauensproblems, nämlich Selbstregulierung und Co-Regulierung erörtert.

Im darauffolgenden Kapitel 3 werden die Publizitätspflichten für financial instruments nach IFRS 7 vorgestellt und diskutiert. Im Anschluss an eine knappe Charakterisierung von Anwendungsbereich, Zielsetzung und Angabepflichten in Bilanz und G.uV. konzentriert sich die Diskussion auf die Risikoberichterstattung nach IFRS 7. Hierbei wird ein weiterer Fokus auf die Angabepflichten zum Kreditrisiko und zur Risikosteuerung gelegt, da sich die nachfolgende empirische Untersuchung auf diese beiden Bereiche konzentriert. Beispielhaft werden darauffolgend zwei Spezialfälle von financial instruments aus dem Bereich Kreditrisiko, nämlich Kreditderivate und Monoliner-Anleihen, näher erläutert und ihre bilanzielle Behandlung nach IFRS 7 und IAS 39 diskutiert. Ein Literaturüberblick über die bisherigen Untersuchungen zu den Angabepflichten zum Kreditrisiko ordnet die darauffolgende empirische Untersuchung in den Forschungszusammenhang ein.

In der empirischen Untersuchung in Kapitel 4 wird die Frage geklärt, inwieweit europäische Banken die Publizitätspflichten zum Kreditrisiko und zur Risikosteuerung von Finanzinstrumenten für die Jahre 2006 und 2007 erfüllt haben. Hierzu werden zwei Disclosure Indices anhand der Anforderungen des IAS 32 für das Jahr 2006 und des IFRS 7 für das Jahr 2007 erstellt. Unter bestimmten Kriterien werden 25 der 50 größten europäischen Banken nach Marktkapitalisierung ausgewählt und deren Geschäftsberichte anhand dieser Disclosure Indices ausgewertet sowie den Grad der Offenlegung für jede einzelne Bank quantifiziert. Mit Hilfe der deskriptiven Statistik und eines Vergleiches der Untersuchungsergebnisse der betrachteten Banken innerhalb der Kriterien der beiden Disclosure Indices werden die Offenlegungsschwerpunkte der untersuchten Banken ermittelt und sodann hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Abschlussadressaten bewertet.

Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der zentralen Untersuchungsergebnisse und vermittelt einen Ausblick auf zukünftigen Forschungsbedarf im Bereich der Offenlegung von Angaben zum Kreditrisiko.

2. Lösungsansätze für das Vertrauensproblem zwischen Investoren und Banken innerhalb der Finanzintermediation

Dieses Kapitel erläutert aufbauend auf der Theorie der Finanzintermediation, wie es zu einem Vertrauensproblem zwischen Investoren und Banken kommen kann und welche möglichen Folgen daraus resultieren können. Des Weiteren werden Ansätze zur Lösung des Vertrauensproblems vorgestellt, wobei ein wichtiger Bestandteil dieser Lösungsansätze eine effizient wirkende Marktdisziplinierung ist. Jedoch kann diese ohne ausreichende Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen nicht effizient wirken, sodass diese Bereitstellung zu überprüfen ist.

2.1 Theorie der Finanzintermediation

Die Theorie der Finanzintermediation befasst sich mit der Frage, warum Finanzintermediäre existieren und welche Funktionen sie auf Finanzmärkten übernehmen. Dabei lässt sich ein Finanzintermediär als „Mittler von Finanzbeziehungen zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer“[5] verstehen. Diese Finanzbeziehung zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer ist von enormen Transaktionskosten geprägt, da der Kapitalgeber nur unzureichendes Wissen über die zukünftige Nutzung des bereitgestellten Kapitals sowie des zukünftigen Verhaltens des Kapitalnehmers hat. Deshalb muss der Kapitalgeber Such- und Überwachungskosten aufwenden, um einen möglichen Vermögensverlust zu vermeiden.[6] An diesem Punkt setzt die Theorie der Finanzintermediation ein. Dabei wird gefragt wie durch eine Zwischenschaltung von Finanzintermediären die Such- und Überwachungskosten gesenkt werden können. Grundsätzlich werden dabei zwei unterschiedliche Argumentationslinien verfolgt: zum einen der „Transactions Cost Approach[7] (Transaktionskostenansatz i. e. S.), zum anderen der „Information Theoretic Approach[8] (Transaktionskostenansatz i. w. S.).

Der „Transactions Cost Approach“ wurde von Benston/Smith (1976) entwickelt. Er erklärt die Existenz von Finanzintermediären mit der möglichen Realisierung von Größen- und Verbundvorteilen (Economies of Scale and Scope) und die damit verbundene Senkung der Transaktionskosten in der Finanzbeziehung zwischen Kapitalgeber und -nehmer. Dabei wird argumentiert, dass Banken als Finanzintermediäre im Umgang mit den benötigten Daten auf eine Finanztransaktion spezialisiert seien und somit eine Zusammenführung von Kapitalnehmer und Kapitalgeber zu geringeren Kosten realisieren könnten. Die Vorteile, die aus der Spezialisierung resultieren, führen bei einer hohen Anzahl gleichartiger Leistungen zu sinkenden Stückkosten, die bei erhöhter Ausbringungsmenge als Skaleneffekte (Economies of Scale) bezeichnet werden.[9] Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Realisierung positiver Verbundvorteile (Economies of Scope), die aus der Nutzung verschiedener Bereiche von technischen Aggregaten (z. B. einem Rechenzentrum) resultieren.[10]

Der von Mester (1992) entwickelte „Information Theoretic Approach“ konzentriert sich auf das Informations- und Vertrauensproblem zwischen Kapitalgeber und -nehmer im Rahmen einer Direktfinanzierung, die aus der asymmetrischen Informationsverteilung resultieren. Demnach besteht ein Informationsproblem vor Vertragsabschluss und ein Vertrauensproblem danach. Es wird davon ausgegangen, dass der Kapitalnehmer vor Vertragsabschluss einen Informationsvorsprung besitzt, da nur er die wahre Güte der zukünftigen Investition kennt. Eine solche Qualitätsunsicherheit kann durch ein intensives „Aussieben“ (Screening)[11] der Vertragspartner aufgehoben werden. Jedoch fallen die Kosten der Informationsbeschaffung für den einzelnen Kapitalgeber zu hoch aus, sodass diese Aufgabe an den Finanzintermediär Bank weitergegeben wird. Dieser übernimmt dann für alle Kapitalgeber die Aufgaben der Beschaffung und Verwertung von notwendigen Informationen über potenzielle Kapitalnehmer und reduziert somit die Qualitätsunsicherheit, die sich sonst vor Vertragsabschluss ergeben hätte.[12]

Nach Vertragsabschluss besteht demgegenüber ein Vertrauensproblem zwischen Kapitalgeber und –nehmer, da der Kapitalgeber nicht sicher sein kann, ob sich der Kapitalnehmer vertragskonform verhält. So könnte z. B. der Kapitalnehmer das geliehene Kapital in risikoreiche Projekte investieren, um zusätzliche Gewinne zu realisieren. Der Kapitalgeber ist demgegenüber auf eine Risikominderung bedacht, da er mögliche Verluste mittragen dürfte.[13] Somit müsste der Kapitalgeber die Handlungen des Kapitalnehmers nach Vertragsabschluss überwachen, um das Vertrauensproblem zu lösen, jedoch sind wiederum die Transaktionskosten für den einzelnen Kapitalgeber zu hoch, sodass Banken von den Kapitalgebern beauftragt werden die Kapitalnehmer zu überwachen („delegated monitoring“[14]).

Durch die Delegation der Informations- und Überwachungsaufgaben an den Finanzintermediär Bank wird jedoch das Informations- und Vertrauensproblem nicht vollständig gelöst, sondern lediglich auf die Ebene der Finanzintermediation verschoben. So kann der Kapitalgeber grundsätzlich nicht sicher sein, dass die Bank ihre Informations- und Überwachungsaufgaben ordnungsgemäß und im Sinne der Kapitalgeber erfüllt.[15] Somit muss sich der Kapitalgeber (im Folgenden: Investor) in der Auftragsbeziehung mit der Bank mit zwei Anreizproblemen auseinandersetzen: der adversen Selektion („adverse selection“[16]) und dem moralischen Risiko („moral hazard“[17]).

Das Phänomen der adversen Selektion lässt sich im Rahmen einer Auftragsbeziehung zwischen Investoren und Banken wie folgt beschreiben: Es wird davon ausgegangen, dass Banken einen Informationsvorteil gegenüber Investoren haben, da sie über die Qualität ihrer Finanzdienstleistungen besser informiert sein dürften als Letztere. Des Weiteren dürfte einer großen Anzahl an Investoren (Kleinanlegern) das Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge fehlen[18], was zur Folge hat, dass sie die Qualität der Dienstleistungen und damit auch das Risiko der von der Bank vorgenommenen Investitionen nicht richtig einschätzen können. Aufgrund dieser Unkenntnis sind die Investoren nicht in der Lage, eine an die Bonität der Bank angepasste Risikoprämie[19] zu bestimmen und diese einzufordern. Infolgedessen bildet der Investor eine risikoadjustierte Prämie, indem er eine Durchschnittsbildung der Risikoprämien aller am Markt tätigen Banken vornimmt. Dies ruft jedoch das Phänomen der adversen Selektion hervor, da Banken mit guter Bonität nicht bereit sind, den für sie zu hohen Einheitszins zu zahlen und somit aus den Verhandlungen aussteigen. Somit verbleiben auf dem Markt nur Banken mit schlechterer Bonität. Da die Investoren im weiteren Verlauf ihre Risikoprämien immer wieder neu anpassen, scheiden weitere Banken aus dem Marktprozess aus, sodass die Kreditnehmerqualität stetig abnimmt und letztendlich ein sogenanntes „Lemon-Paradigma“[20] eintritt. Eine solche Kreditrationierung könnte dann zu einem Versagen des Bankenmarktes führen[21], da sich nur noch Banken minderer Bonität auf dem Markt befinden.

Das Anreizproblem des moralischen Risikos dagegen entsteht, wenn Banken die transaktionsrelevanten Fakten nach Vertragsabschluss zum Nachteil des Investors verändern oder vorher vertraglich zugesicherte Leistungen nicht erbringen.[22] Dabei wird davon ausgegangen, dass Banken Investitionen tätigen, die nicht der Risikoneigung des Kapitalgebers entsprechen. Dies liegt in der ungleichen Rendite-Risiko-Struktur begründet.[23] Banken sind eher bereit, in risikoreichere Projekte zu investieren, als Kleinanleger, weil sie anteilige erfolgsabhängige Gewinne aus den Investitionsprojekten ziehen können, wohingegen ein Investor nur seine feste Verzinsung erhält.[24] Dieser Fehlanreiz lässt sich nur dadurch ausgleichen, dass die Banken jederzeit überwacht werden.[25]

Jedoch kann im Rahmen des Überwachungsprozesses die sogenannte Free Rider-Problematik („Trittbrettfahrerproblem“) auftreten. Wenn nur ein Investor die Bank überwachen würde, würden alle anderen Investoren davon profitieren, ohne dass für sie Überwachungskosten anfielen. Da jeder Investor Kosten und Nutzen einander gegenüberstellt, wird sich kein Investor dazu bereiterklären, die Bank zu überwachen, da der Nutzen für einen Einzelnen zu gering ist, um die Überwachungskosten für alle Investoren zu rechtfertigen. Somit stellt die Überwachung einer Bank in diesem Sinne ein öffentliches Gut dar und müsste somit vom Staat bereitgestellt werden.[26]

Da Investoren die zuvor geschilderten Anreizprobleme kennen, achten sie sehr genau auf Informationen über die Bonität von Banken und reagieren bei negativen Nachrichten möglicherweise mit einem Abzug ihrer Einlagen. Wenn dies alle Investoren tun, muss die Bank Vermögenswerte verkaufen, um die Investoren auszahlen zu können. Dies wird in der Literatur als Phänomen des Bank Run beschrieben.[27] Die beiden nachfolgenden Modelle von Diamond/Dybvig (1983) und Calomiris/Kahn (1991) analysieren ein solches Run-Szenario und zeigen Instrumente auf, die einen Run verhindern können.

2.2 Der Bank Run als eine mögliche Folge der Vertrauenskrise: Theoretische Erklärungsansätze

2.2.1 Modell von Diamond und Dybvig (1983)

Im Mittelpunkt des Modells von Diamond und Dybvig(1983) steht die spieltheoretische Analyse der Nachfrage nach Liquiditäts- und Transformationsleistungen einer Bank. Die Autoren stellen heraus, dass Banken eine wichtige Rolle bei der Liquiditätsbereitstellung für Konsumenten und bei der Transformation kurzfristigen Fremdkapitals von Einlegern in langfristige Kredite an Unternehmen einnähmen. Die erbrachte Transformationsleitung könne dazu führen, dass sich die Risikoverteilung zwischen Investoren, die zu verschiedenen Zeitpunkten konsumieren wollen, verbessere. Zudem zeigen die Autoren, dass der verwendete Einlagenvertrag zwischen Investoren und Banken zwar zu Liquidität seitens der Investoren führe, jedoch Banken anfällig für einen sogenannten Bank Run mache. Die Autoren weisen nach, dass der Einlagenvertrag zwei Gleichgewichte haben kann: zum einen ein „gutes“ Gleichgewicht, in dem alle Investoren ihr Kapital nur nach ihrem individuellen und aktuellen Liquiditätsbedarf zurückfordern, sodass kein Bank Run droht, da sich die Bank rechtzeitig mit Liquidität ausstatten kann. Zum anderen kann sich ein unerwünschtes Gleichgewicht ergeben, in dem alle Investoren panisch reagieren und all ihre Einlagen zeitgleich zurückfordern. Dies wird als Bank Run bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Banken all ihre Aktiva veräußern, da sie aufgrund ihrer Transformationsleistungen zu wenig Liquidität halten, um die Investoren auszahlen zu können. Der Verkauf aller Aktiva wird notwendig, da damit zu rechnen ist, dass aufgrund des frühzeitigen Verkaufes der Aktiva ein Verlust entsteht.

Der Grund für das panische Verhalten der Investoren liegt dem Modell von Diamond und Dybvig zufolge in der Veränderung der Erwartungen der Investoren über die zukünftige Zahlungsfähigkeit der Banken. Diese Erwartungen können sich nach der Meinung der Autoren aus jedem beliebigen Grund[28] ändern. Ein Bank Run könne insofern schlimme ökonomische Schäden verursachen, als in einem solchen Fall die Produktion aufgrund der Rückforderung gewährter Kredite eingestellt werden muss und die optimale Risikoverteilung zwischen den Investoren zerstört wird.

Als mögliche Instrumente zur Verhinderung eines Bank Run nennen Diamond und Dybvig zum einen die Aufschiebung der Wandelbarkeit von Einlagen in Bargeld, zum anderen eine staatlich garantierte Einlagensicherung. Durch das Aufschieben der Wandelbarkeit könne ein möglicher Bank Run verhindert werden, indem nur eine bestimmte Anzahl Investoren ihr Kapital zurückfordern dürfe und die restlichen Investoren, die ihr Kapital zurückfordern möchten, erst in den zukünftigen Perioden ausgezahlt würden. Da Diamond und Dybvig dabei von der Annahme ausgehen, dass zunächst die Investoren ausbezahlt werden, die zuerst eingezahlt haben („sequential service contraint“), wird ein Teil der Investoren erst gar nicht ihr Kapital zurückverlangen. Jedoch funktioniere das Instrument der Aufschiebung der Wandelbarkeit nur, wenn der Anteil an Investoren, die ihr Kapital zurückfordern werden, vorher bekannt sei, was dieses Instrument für Diamond und Dybvig nicht zur optimalen Lösung macht. Diese bestehe vielmehr in einer Einlagensicherung durch den Staat. Dabei garantiert der Staat, dass alle Investoren ihre Auszahlungen wie geplant erhalten. Somit wird den Investoren die Ungewissheit über die Zahlungsfähigkeit der Banken genommen, und es tritt kein Bank Run ein. Um solche Garantien finanzieren zu können, wird die Erhebung einer Steuer vorgeschlagen, die sich an der Anzahl der Investoren, die ihr Kapital frühzeitig zurückfordern, und deren Auszahlungsbeträgen orientiert. In diesem Zusammenhang wird von den Autoren angemerkt, dass eine Notenbank eine ähnliche Funktion ausüben könne. Diese könne als „Leiher der letzten Chance“ auftreten und solvente aber illiquide Banken mit der notwendigen Liquidität versorgen.

2.2.2 Modell von Calomiris und Kahn (1991)

Calomiris und Kahn (1991) betrachten im Gegensatz zum Modell von Diamond und Dybvig (1983) die Möglichkeit des sofortigen Abzugs von Einlagen durch Investoren im Rahmen eines Einlagenvertrages nicht als Risiko, sondern als Chance. Sie zeigen, inwiefern kurzfristig einforderbares Fremdkapital ein optimales Mittel zur Verhinderung eines Bank Run[29] sein könne. Die Autoren nehmen dabei eine Ausgangssituation an, in der das Anreizproblem des moralischen Risikos[30] zwischen Investor und Bank besteht. Somit wird der Bank das Potenzial des „Raubes“ der Einlagen der Investoren unterstellt und angenommen, dass der „Raub“ durch die Bank sozial schlimmere Folgen hätte als ein Bank Run. Die Autoren zeigen, dass die Bank bei einer hohen eingeforderten Rendite seitens der Investoren einen größeren Anreiz hätte zu „rauben“, als den Investoren die versprochene Rückzahlung zu gewähren. Die Investoren antizipieren dies und legen deshalb ihr Kapital nicht bei einer Bank an. Dadurch finde keine effiziente Intermediation statt, und die Banker hätten Schwierigkeiten, neue Bankkunden zu gewinnen.

Die Autoren zeigen im weiteren Verlauf ihrer Analyse, dass die Drohung der Investoren, ihre Einlagen abzuziehen und damit einen Bank Run auszulösen, einen möglichen „Raub“ der Bank verhindere. Um diese Drohung wahr machen zu können, müsse die Bank von Investoren überwacht werden. Dabei könne es ausreichen, dass nur einige wenige Investoren die Bank überwachen. Diese würden die Kosten der Überwachung übernehmen, da sie dadurch das Recht erhielten, als Erste ausgezahlt zu werden („sequential service constraint“). Somit würden sie zwar die Kosten der Überwachung tragen, hätten jedoch die Gewissheit, dass sie bei der Gefahr eines kompletten Vermögensverlustes frühzeitig ausgezahlt würden. In diesem Zusammenhang untersuchen Calomiris und Kahn in ihrem Modell zwei Situationen. Zunächst wird die Situation mit nur einem Investor und im Folgenden mit mehreren Investoren analysiert. Im ersten Fall nehmen die Autoren an, dass ein überwachender Investor zu bestimmten Kosten ein Signal über die Zahlungsfähigkeit der Bank erhalten könne[31] und aufgrund dieses Signals entscheide, ob er seine Einlagen abzieht oder nicht. Die optimale Strategie des Investors, ob er ein Bank Run ausgelöst wird oder nicht, hänge von den Kosten des Signals ab. Wenn das Signal perfekt und kostengünstig sei, werde ein Bank Run nur geschehen, wenn die Bank das Kapital in „schlechte“ Kredite investiert hätte. Wenn das Signal nicht perfekt und kostenintensiv sei, werde der Investor immer den Bank Run fordern, da er aufgrund des schlechten Signals die Situation der Bank nur unzureichend einschätzen könne und für ihn ein Bank Run stets vorteilhafter wäre als der „Raub“ durch die Bank.

Im Fall mehrerer Investoren, wird die Bank Reserven bilden, um den überwachenden Investoren eine frühe Rückzahlung garantierter Zahlungen anbieten zu können, damit diese nach einem schlechten Signal nicht sofort einen Bank Run auslösen.

Somit konnten diese beiden Modelle zeigen, dass das Vertrauensproblem zwischen Investoren und Banken einen Bank Run auslösen kann, der mit massiven Vermögensverlusten verbunden ist. Deshalb ist es von großer Bedeutung, das Vertrauensproblem zu lösen. Diese Lösungsmöglichkeiten, nämlich Selbstregulierung und Co-Regulierung, werden im weiteren Verlauf dargestellt.

2.3 Lösungen zur Beseitigung der Vertrauensunsicherheit

2.3.1 Selbstregulierung

Eine Möglichkeit zur Lösung des geschilderten Vertrauensproblems ist das Prinzip der Selbstregulierung. Selbstregulierung bedeutet in diesem Kontext „eine bewusste staatliche Delegierung regulativer Vollmachten an die privatwirtschaftlichen Akteure, welche in der Folge angemessene Risikomanagementstrategien ausarbeiten, deren unternehmensinterne Einhaltung und Verbesserung sie überwachen und für deren Durchsetzung sie sorgen“[32]. Das bedeutet, dass Banken - wissend um die Gefahr eines möglichen Bank Run - versuchen, eigenständig das Vertrauensproblem zwischen ihnen und den Investoren zu lösen. Aus diesem Grunde könnten Banken anhand einer Selbstverpflichtung bekräftigen, dass sie sich nicht opportunistisch zu Lasten des Investors verhalten werden und stets Zahlungsfähigkeit garantieren.[33] Durch das Setzen eines Qualitätssignals wie z. B. einer freiwilligen Einlagensicherung zeigen sie, dass die Investoren jederzeit über ihr eingezahltes Kapital verfügen können.[34]

Jedoch stellt die soeben beschriebene Selbstverpflichtung nicht sicher, dass die von der Bank eingegangenen Risiken richtig bemessen werden. Somit müsste die Risikomessung von Banken überwacht werden, um einen möglichen Vermögensverlust für die Investoren durch den erhöhten Eintritt dieser Risiken zu verhindern. Diese Überwachung könnte anstatt von einer staatlichen Organisation durch Finanzmarktteilnehmer durchgeführt werden.[35] Diese müssten neben dem Anreiz, die Risiken der Banken einschätzen, zu wollen auch fähig sein, die Risiken adäquat einzuschätzen, und zudem die Möglichkeit haben, das Bankmanagement zu beeinflussen bzw. zu sanktionieren.[36] Die Markteilnehmer[37], die diese Voraussetzungen erfüllen, beurteilen anhand der von der Bank veröffentlichten Informationen deren Risikopositionen und sanktionieren sie wenn sie zu hohe Risikopositionen aufweisen - mit höheren Risikoprämien als andere Banken. Daraufhin hätte die abgestrafte Bank den Anreiz, ihre überhöhten Risikopositionen abzubauen, um eine niedrigere Risikoprämie verlangen und somit ihre Finanzierungskosten senken zu können. Jedoch kann diese sogenannte Marktdisziplinierung[38] erst effizient wirken, wenn ausreichend entscheidungsrelevante Informationen für die Marktteilnehmer zur Bewertung der Risikopositionen zur Verfügung stehen.[39] Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, Banken dazu zu verpflichten, regelmäßig entscheidungsrelevante Informationen über ihr internes Risikomanagement zu veröffentlichen.[40]

Diese Verpflichtung zur Offenlegung entscheidungsrelevanter Daten kann jedoch nur durch eine staatlich autorisierte Instanz erfolgen, da einer privaten Instanz die dazu erforderliche Durchsetzungskraft fehlen dürfte. Die im folgenden Unterkapitel geschilderte Lösung der Co-Regulierung erzeugt durch die Einsetzung einer staatlich autorisierten Instanz die Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen, sodass die disziplinierenden Kräfte des Marktes die Banken sanktionieren können.

2.3.2 Co-Regulierung

Eine zu dem Sachverhalt passende Form der Co-Regulierung [41] wird als „angeordnete Selbstregulierung“ („mandated self regulation“) bezeichnet. Darunter wird folgender Sachverhalt verstanden: „Eine privatwirtschaftliche Organisation wird vom Staat eingesetzt, Regeln zur Selbstregulierung innerhalb eines Ordnungsrahmens (Rechtsrahmens) zu formulieren und durchzusetzen.“[42]

Dabei folgt die Co-Regulierung der Intention, dass die von der privatwirtschaftlichen Organisation formulierten Offenlegungspflichten, die Banken dazu veranlassen die entscheidungsrelevanten Informationen aus ihrem internen Risikomanagement zu publizieren. Auf diese Informationen können dann die Marktakteure zurückgreifen und Banken mit erhöhten Risikopositionen disziplinieren, indem sie höhere Risikoprämien fordern. Da höhere Risikoprämien höhere Finanzierungskosten implizieren, besteht ein Anreiz das Risikomanagement zu optimieren.[43] Dadurch werden die Risikopositionen gesenkt, was die Gefahr eines möglichen Vermögensverlustes der Investoren reduziert. Somit wird durch eine funktionierende Marktdisziplinierung das Vertrauensproblem zwischen Investoren und Banken gemindert.

Der Lösungsansatz einer Co-Regulierung wird auch auf der Ebene der europäischen Rechnungslegung verfolgt. Das International Accounting Standards Board (kurz: IASB) wurde von der Europäischen Union(kurz: EU) dazu befugt, internationale Rechnungslegungsstandards (IFRS) zu verfassen, die dann von der EU durchgesetzt werden. Mit der Veröffentlichung des IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben wurden umfangreiche Offenlegungsvorschriften für Finanzinstrumente erlassen, die Marktakteuren entscheidungsrelevante Informationen über die Risikopositionen der Unternehmen liefern sollen. Diese Informationen sollen dazu führen, dass sie eine Disziplinierung von Unternehmen, darunter dann auch Banken, vornehmen können. Im folgenden Kapitel 3 dieser Diplomarbeit werden zunächst die Offenlegungspflichten für Finanzinstrumente nach IFRS 7 vorgestellt, um dann in einer empirischen Untersuchung in Kapitel 4 zu klären, inwieweit europäische Banken überhaupt die Anforderungen des IAS 32 für das Jahr 2006 und des IFRS 7 für das Jahr 2007 erfüllt haben und ob durch diese Quantität der Angaben überhaupt eine wirksame Marktdisziplinierung möglich war.

3. Publizitätspflichten für financial instruments nach IFRS 7

In dem folgenden Kapitel werden die Offenlegungsanforderungen für Finanzinstrumente nach IFRS 7 dargestellt. Nachdem kurz auf den Anwendungsbereich, die Zielsetzung und die Angabepflichten in Bilanz und G.uV. eingegangen wird, konzentriert sich die Analyse auf die Risikoberichterstattung nach IFRS 7. Dabei wird der Fokus auch auf die Angabepflichten zum Kreditrisiko und zur Risikosteuerung gelegt, da sich die nachfolgende empirische Untersuchung auf diese beiden Bereiche konzentriert. Beispielhaft werden darauffolgend zwei Spezialfälle von financial instruments aus dem Bereich Kreditrisiko, nämlich Kreditderivate und Monoliner-Anleihen, näher erläutert und ihre bilanzielle Behandlung nach IFRS 7 und IAS 39 diskutiert. Ein Literaturüberblick über die bisherigen Untersuchungen zu den Angabepflichten zum Kreditrisiko ordnet die darauffolgende empirische Untersuchung in die wissenschaftliche Diskussion ein.

Die Publizitätspflichten von Finanzinstrumenten sind seit Einführung des IFRS 7 in einem Standard gebündelt. Der vom IASB am 18.8.2005 verabschiedete IFRS 7 ersetzt den bankspezifischen Standard IAS 30[44] und die Angabepflichten nach IAS 32.54-95. IFRS 7 ist verpflichtend zum 1.1.2007 anzuwenden, wobei aber eine frühere Anwendung erwünscht war.[45] Zum Standard gehören die Paragraphen 1- bis 45 und die Anhänge A und B. Anhang A umfasst Definitionen von innerhalb des Standards verwendeten Begriffen wie z. B. „Kreditrisiko“, „Marktrisiko“ und „Liquiditätsrisiko“. Anhang B gibt hingegen erklärende Hinweise zur Auslegung einzelner Paragraphen. Zusätzlich können die Umsetzungshinweise der Implementation Guidance (IFRS 7.IG) und die Basis for conclusions (IFRS 7.BC) herangezogen werden, jedoch sind diese Ausführungen nicht verpflichtend anzuwenden.[46]

3.1 Anwendungsbereich und Definitionen

Die Definition eines financial instrument wird aus IAS 32 übernommen. Ein financial instrument ist nach IAS 32.11 „ein Vertrag, der gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt“. Auf der Definition eines financial instrument aufbauend ist IFRS 7 von sämtlichen Unternehmen für alle Arten von Finanzinstrumenten anzuwenden. Das bedeutet, dass sowohl zu bilanzierten als auch zu nicht bilanzierten Finanzinstrumenten Angaben gemacht werden müssen.[47] Somit ist der Anwendungsbereich des IFRS 7 im Vergleich zu IAS 39 weiter gefasst.[48] Folgende Finanzinstrumente sind von der Anwendung des IFRS 7 ausgenommen:

- Anteile an Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen (IAS 27),
- Anteile an assoziierten Unternehmen (IAS 28),
- Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus Versorgungsplänen für Arbeitnehmer (IAS 19),
- Versicherungsverträge (IFRS 4),
- Finanzinstrumente, die eine anteilsbasierte Vergütung haben (IFRS 2),
- Verträge mit bedingten Gegenleistungen aus Unternehmenszusammenschlüssen beim erwerbenden Unternehmen (IFRS 3).[49]

3.2 Zielsetzung des IFRS 7

Die Zielsetzung des IFRS 7 kann in zwei Bereiche unterteilt werden. Zum einen verpflichtet IFRS 7 Unternehmen zur Offenlegung von Angaben zu Finanzinstrumenten, um den Abschlussadressaten Informationen bereitzustellen, mit denen sie die Bedeutung der Finanzinstrumente für die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens einschätzen können.[50]

Zum anderen sollen die bereitgestellten Informationen den Abschlussadressaten zur Beurteilung der Art und des Ausmaßes der Risiken dienen, denen ein Unternehmen während des Berichtszeitraumes und zum Berichtszeitpunkt durch Finanzinstrumente ausgesetzt war.[51] Zudem wird betont, dass diese Zielsetzung ergänzend zu den Zielsetzungen von IAS 32 und IAS 39 zu sehen sei.[52] Diese Zielsetzung dokumentiert die Absicht des IASB, die Voraussetzungen für eine effizient wirkende Marktdisziplinierung zu schaffen.

3.3 Angabepflichten in der Bilanz und G.u.V. nach IFRS 7

An vielen Stellen des IFRS 7 werden Angaben innerhalb zuvor eingeteilter Klassen von Finanzinstrumenten verlangt.[53] Nach IFRS 7.6 sind Finanzinstrumente in Klassen aufzuteilen, jedoch bleibt die Art der Aufteilung dem bilanzierenden Unternehmen weitestgehend selbst überlassen. Verpflichtend ist lediglich eine Unterteilung zwischen Finanzinstrumenten, die zu fortgeführten Anschaffungskosten und zum beizulegenden Zeitwert bilanziert werden.[54]

Die bilanzbezogenen Angabepflichten sind nach IFRS 7.8-19 geregelt. Nach IFRS 7.8 sind die Buchwerte der Finanzinstrumente je Kategorie im Sinne des IAS 39.9[55] anzugeben. Die Angabe dieser Buchwerte kann entweder in der Bilanz oder im Anhang erfolgen. Des Weiteren sind nach IFRS 7.9-11 Angaben zu Vermögenswerten und Verbindlichkeiten zu machen, die zur Fair-Value-Option bilanziert sind. Von Finanzinstrumenten, die innerhalb des Geschäftsjahres in eine andere Kategorie umgegliedert wurden, sind nach IFRS 7.12 der umgegliederte Betrag und der Grund für die Umgliederung anzugeben. Wird ein finanzieller Vermögenswert verkauft, erfüllt er jedoch nicht oder nur teilweise die Kriterien einer Ausbuchung gemäß IAS 39.15-37; somit sind nach IFRS 7.13 (a) und (b) die Art des Vermögenswertes und die Chancen und Risiken, die weiterhin bestehen, anzugeben. Werden diese Vermögenswerte weiterhin in der Bilanz angesetzt, so ist der Buchwert der Vermögenswerte nach IFRS 7.13 (c) anzugeben; falls die Vermögenswerte weiterhin nach Maßgabe des anhaltenden Engagements bilanziert werden, ist nach IFRS 7.13 (d) der Gesamtwert der Vermögenswerte und der Buchwert der verbundenen Verbindlichkeiten offenzulegen. Des Weiteren verlangt IFRS 7.14-15 die Angaben der Buchwerte der gestellten Sicherheiten. Zudem sind bei einem Verkauf der Sicherheiten, ohne vorherigen Zahlungsverzug, der beizulegende Zeitwert der gehaltenen Sicherheiten, der beizulegende Zeitwert aller verkauften oder weitergereichten Sicherheiten und die Vertragsbedingungen anzugeben. Wenn finanzielle Vermögenswerte des Unternehmens durch Kreditausfälle im Wert gemindert werden und das Unternehmen diese Wertminderung auf ein separates Konto bucht, anstatt die Buchwerte der Vermögenswerte abzuschreiben, so hat das Unternehmen nach IFRS 7.16 eine Überleitungsrechnung bezüglich der Änderungen auf dem Wertberichtigungskonto vorzunehmen und anzugeben. Emittiert ein Unternehmen ein Finanzinstrument, das sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalkomponenten aufweist und mehrere eingebettete Derivate enthält, deren Wert voneinander abhängt, dann hat das Unternehmen nach IFRS 7.17 über die Merkmale dieses Instruments zu informieren. Außerdem müssen nach IFRS 7.18-19 Angaben zu Finanzinstrumenten mit Zahlungsverzug und Vertragsbruch getätigt werden.

[...]


[1] Vgl. IFRS 7.1.

[2] Vgl. BCBS (2004): Capital standards, Tz. 808 ff.

[3] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 296.

[4] App (2009): Risikoberichterstattung, S.85.

[5] Siehe Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S.21.

[6] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S.22.

[7] Siehe Benston/Smith (1976): Transactions cost approach.

[8] Siehe Mester (1992): Traditional and nontraditional banking.

[9] Vgl. Benston/Smith (1976): Transactions cost approach, S. 11.

[10] Vgl. Paul/Süchting (1998): Bankmanagement, S. 14.

[11] Siehe Paul/Süchting (1998): Bankmanagement, S. 17.

[12] Vgl. Leland/Pyle (1977): Informational Asymmetries, S. 375 ff.

[13] Vgl. Paul/Süchting (1998): Bankmanagement, S. 18 f.

[14] Vgl. Diamond (1984): Financial Intermediation, S. 394 ff.

[15] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 25.

[16] Vgl. Jaffee/Russel (1976): Imperfect information , S. 651 ff .

[17] Vgl. Holmström (1979): Moral hazard, S. 74 ff .

[18] Vgl. Santos (2000): Bank Capital Regulation, S. 10.

[19] Als Risikoprämie soll im weiteren Verlauf ein Aufschlag auf einen risikolosen Zins verstanden werden, der sich an dem Grad der eingegangenen Risiken orientiert.

[20] Vgl. Akerlof (1970): The market for “lemons”, S. 488.

[21] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 31.

[22] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 32.

[23] Vgl. Dewatripont/Tirole (1994): Theory of debt and equity.

[24] Vgl. Dewatripont/Tirole (1994a): Prudential Regulation, S .31.

[25] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 32.

[26] Vgl. Paul/Süchting (1998): Bankmanagement, S. 19.

[27] Vgl. Diamond/Dybvig (1983): Bank runs, S. 401.

[28] Als mögliche Gründe werden schlechte Geschäftszahlen, ein Bank Run bei einer anderen Bank oder ein zufälliges Ereignis angegeben.

[29] Im Text wird von einer Liquidation der Bank gesprochen. Dieses ist mit einem Bank Run gleichzusetzen, sodass im Folgenden nur der Begriff des Bank Run verwendet wird.

[30] Siehe Kapitel 2.1.

[31] Dieses Signal kann in beiden Fällen nur die Zustände „gut“ oder „schlecht“ annehmen.

[32] Siehe Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 172.

[33] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 165.

[34] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 167 f. und für die Annahmen einer effizienten Einlagensicherung siehe Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 168 ff.

[35] Vgl. Grossman/Hart (1982): Financial Structure, Stiglitz (1985): Credit Markets und Jensen (1986): Agency Costs.

[36] Vgl. Flannery (2001): Faces of market discipline, S. 109f und Bliss/Flannery (2002): Market discipline, S. 363f.

[37] Die zuvor beschriebenen Voraussetzungen sollten Finanzanalysten, Rating-Agenturen und institutionelle Kapitalgeber erfüllen. Vgl. Uhde(2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 201.

[38] Als Marktdisziplinierung wird im Folgenden die direkte oder indirekte Beeinflussung des Bankmanagements durch Eigen- und Fremdkapitalgeber verstanden. Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 143.

[39] Vgl. Baumann/Nier (2006): Market discipline, S. 333 f.

[40] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S. 202.

[41] Für weitere Formen der Co-Regulierung siehe Uhde(2007): Selbstregulierungspotenzial, S.146f.

[42] Siehe Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S.147.

[43] Vgl. Uhde (2007): Selbstregulierungspotenzial, S.297.

[44] Vgl. IFRS 7.45.

[45] Vgl. IFRS 7.43.

[46] Vgl. Kuhn/Scharpf (2006): Rechnungslegung, S.583f und KPMG (2007): Offenlegung, S.2.

[47] Vgl. IFRS 7.4.

[48] Vgl. PwC (2008): IFRS für Banken, S.1228.

[49] Vgl. IFRS 7.3.

[50] Vgl. IFRS 7.1.(a).

[51] Vgl. IFRS 7.1(b).

[52] Vgl. IFRS 7.2.

[53] Für eine Auflistung siehe PwC (2008): IFRS für Banken, S. 1231.

[54] Vgl. IFRS 7.B2.

[55] Die Bewertungskategorien nach IAS 39.9 lauten: (a) erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte, (b) bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen, (c) Kredite und Forderungen, (d) zur Veräußerung verfügbare finanzielle Vermögenswerte, (e) erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Verbindlichkeiten und (f) andere Verbindlichkeiten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842806573
DOI
10.3239/9783842806573
Dateigröße
837 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2010 (November)
Note
1,7
Schlagworte
publizität ifrs finanzinstrument kreditderivate monoliner anleihen
Zurück

Titel: Publizität von Financial Instruments - Eine empirische Analyse
Cookie-Einstellungen