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Die SS-Totenkopfverbände im Konzentrationslager Buchenwald

©2010 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Als das Thema dieser Arbeit fest stand, galt es zunächst, einen fast unüberschaubaren Fundus an Literatur zu sichten, zu lesen und zu bearbeiten. Viele Bücher waren zu beschaffen, Archive mussten aufgesucht und durchforstet werden. Selbst das Internet schien da eine schier unerschöpfliche Quelle zu sein. Für die Arbeit Wichtiges musste vom Unwichtigen getrennt werden. Aber was war wichtig, und was war weniger relevant?
Ein Großteil dieser Epoche deutscher Geschichte wurde bereits in der Vergangenheit erforscht und durchleuchtet. Viele Fragen wurden innerhalb der letzten über sechs Jahrzehnte beantwortet, viele blieben jedoch unbeantwortet - und werden es wohl auch bleiben.
Als erstes galt es festzustellen, wie sich der Forschungsstand darstellt. Welche Fragen sind noch offen und was bedarf noch einer expliziteren Aufarbeitung?
Thema der Arbeit waren also ‘Die SS-Totenkopfverbände im KZ Buchenwald’.
Sicher ist, wie bereits festgestellt, ein umfangreiches Literaturangebot zu diesem Thema vorhanden und man könnte meinen, die Thematik wäre erschöpft. Doch stellten sich selbst bei der Auswahl des Themas und der späteren Bearbeitung noch jede Menge Fragen, die dazu veranlassten, sich eingehender damit zu beschäftigen.
‘Sie trugen eine schwarze Uniform und waren der Schrecken einer ganzen Nation. Sie führten den Totenkopf an ihrer Mütze und schworen dem Führer ewige Treue. Sie folgten der doppelten Sigrune und ermordeten Millionen von Menschen’.
Doch wer waren die SS-Totenkopfverbände? Bekannt ist, dass über den Zeitraum des Bestehens des Lagers die SS-Verbände nahezu ständig wechselten und nicht ausschließlich eine SS-Einheit für das Geschehene verantwortlich ist. Doch welche SS-Truppen befanden sich tatsächlich von 1937 bis 1945 auf dem Ettersberg?
Welche Menschen steckten hinter der Fassade der einzelnen Führungspersönlichkeiten der Totenkopfverbände, speziell im Konzentrationslager Buchenwald? Waren alle von ihrer Tätigkeit überzeugt und machten alle aus reiner Loyalität, und vor allem freiwillig, mit?
Oder gab es Widerstände, gar Auflehnung, gegen das, was sie da taten? Hatten sie Skrupel, Abscheu oder sogar Mitleid mit ihren Opfern? Welchen Bevölkerungsschichten gehörten die Angehörigen der SS-Einheiten an? Und vieles mehr.
Eine Antwort auf all diese Fragen sollte gefunden werden. Dies stellte sich auf Grund der Komplexität des Themas, jedoch auch wegen des Mangels an Zeitzeugen, als große Herausforderung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Steffen Grimm
Die SS-Totenkopfverbände im Konzentrationslager Buchenwald
ISBN: 978-3-8428-0604-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Meiningen, Deutschland,
Diplomarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
1.
Einleitung
Seite
1
2.
Die SS
Seite 4
2.1
Die SS ­ eine allgemeine Betrachtung in Zahlen und Fakten
Seite 4
2.2
Die Konzentrationslager als Terrorwerkzeug der SS
Seite 8
2.3
Die organisatorische Stellung der SS-Totenkopfverbände
Seite 12
2.3.1 Größenentwicklung der SS-Totenkopfverbände
Seite 17
1935 - 1938
2.3.2 Dienstliche Verwendung von an SS-Junkerschulen
Seite 17
ausgebildeten SS-Führern 1936 - 1938
2.3.3
SS-Beitritte
nach
Altersgruppen
Seite
18
2.3.4 Zeitpunkt des SS-Beitritts nach schulischem Bildungsgrad
Seite 19
3.
Das Konzentrationslager Buchenwald ­ ein Überblick
Seite 21
3.1
Die
Entstehung
des
Lagers
Seite
21
3.2 Die Insassen ­ Zahlen und Fakten
Seite 22
3.3
Das Strafsystem
Seite 24
4.
Die
SS
in
Buchenwald Seite
28
4.1
Die
Lager-SS
­
eine
Einführung
Seite
28
4.2
Die Organisationsstruktur der SS im KZ Buchenwald
Seite 30
4.3
SS-Totenkopfverbände
auf
dem
Ettersberg
Seite
35

5.
Biographien
Seite
47
6.
Alltagsgeschichten
Seite
67
7.
Schlussbemerkung
Seite
86
Quellen- und Literaturverzeichnis
Namenregister
Gegenüberstellung SS-Ränge / Heeresränge

Abkürzungsverzeichnis
Abt.
Abteilung
ASR
,,Arbeitsscheu Reich"
BArch
Bundesarchiv
BwA
Buchenwaldarchiv Gedenkstätte Buchenwald
d. Res.
der Reserve
EK
Eisernes Kreuz
Gestapo
Geheime Staatspolizei
HKW
Hauptkommission zur Verfolgung von Nazi-
und Kriegsverbrechen Warschau
IKL
Inspektion der Konzentrationslager
Kraftf.Ausb.u.Ers.Abt.
Kraftfahrerausbildungs- und Ersatzabteilung
Kraftf.Ausb.u.Ers.Rgt.
Kraftfahrerausbildungs- und Ersatzregiment
MStGB
Militärstrafgesetzbuch
Napola
Nationalpolitische Lehranstalt
NPEA
Nationalpolitische Erziehungsanstalt
NSDAP
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
OA
Oberabschnitt
o. O.
ohne Ortsangabe
Panz.Ers.Abt.
Panzer Ersatz Abteilung
RKPA
Reichskriminalpolizeiamt
RM
Reichsmark
RSHA
Reichssicherheitshauptamt
RuS-Hauptamt
Rasse- und Siedlungshauptamt der SS
SA
Sturmabteilung
SD
Sicherheitsdienst
SS
Schutzstaffel
SS Inf.Ers.Btl.
SS-Infanterie Ersatz Batallion
SS Inf. Rgt.
SS-Infanterie Regiment
SSO
SS-Officers-Akte Bundesarchiv Berlin

SS-TV
SS-Totenkopfverbände
SS-VT
SS-Verfügungstruppen
SS-WVHA
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt
ThHStA
Thüringer Hauptstaatsarchiv
Kdo.
Kommando
KL
Konzentrationslager
KZ
Konzentrationslager
vgl.
vergleiche

Vorwort
Nur ansatzweise war mir vor Beginn bewusst, welche Anstrengungen und Strapazen mit
der Erstellung dieser Arbeit verbunden waren und die in den folgenden Monaten auf mich
zukommen sollten.
In diesem Zusammenhang möchte ich das Vorwort nutzen und mich zunächst bei all
denjenigen Personen bedanken, die mir auf diesem Weg geholfen haben, mir jegliche
Unterstützung zuteil werden ließen und ohne deren Hilfe diese Arbeit nicht hätte wachsen
und Realität werden können.
Mein erster Dank gilt Herrn Kriminaldirektor Andreas Schneider, der, trotz seines eng
gesteckten Terminkalenders, stets ein offenes Ohr für mich hatte und mich neben seinen
Anregungen und Hinweisen im Vorfeld vor allem bei der Recherchearbeit in den Archiven
tatkräftig unterstützt hat. Auch für seine Literaturhinweise und Literaturleihgaben bin ich
ihm sehr dankbar.
Zu Dank verpflichtet bin ich auch gegenüber Herrn Polizeirat Andreas Röhner, der mir,
obwohl vorrangig in eigener Angelegenheit im Bundesarchiv Berlin tätig gewesen, bei
unserem gemeinsamen Aufenthalt dort eine große Unterstützung war und mir problemlos
und unkompliziert weiterhalf.
Weiterhin gilt mein besonderer Dank Frau Sabine Stein vom Archiv der Gedenkstätte
Buchenwald sowie deren Mann, Herrn Dr. Harry Stein. Neben ihrer regulären Arbeit
nahmen sie sich während vieler Tage, die ich im Archiv verbracht und recherchiert habe,
die Zeit, mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Besonders in Phasen, in denen ich das
Gefühl hatte, bei meiner Recherche auf der Stelle zu treten und mich im Kreis zu drehen,
hatte ich in Frau Stein eine geduldige, engagierte und kompetente Beraterin.
Gleiches gilt für Frau Hoffmann, Bibliothekarin der Gedenkstätte Buchenwald. Auch bei
ihr möchte ich mich herzlich für die gute fachliche Zusammenarbeit bedanken.
Unterstützt wurde ich weiterhin von Frau Weiß bei meiner, allerdings nur eintägigen,
Arbeit im Hauptstaatsarchiv Weimar. Ihr möchte ich ebenfalls, insbesondere für die
Einweisung in das Hauptstaatsarchiv und die Archivarbeit an sich, danken.

Mein Dank gilt außerdem den verschiedenen Praktikantinnen der Gedenkstätte
Buchenwald, die mir auch, vor allem bei der Versorgung mit zeitweise dringend
benötigtem Kaffee, stets zur Seite standen.
Als letztes und von ganzem Herzen möchte ich mich jedoch bei meiner Lebensgefährtin
Carmen, bei meiner Familie sowie bei allen Freunden und Bekannten bedanken. Über
Monate hatten sie meine Launen und teilweise niedergeschlagene Stimmung, insbesondere
wenn die Arbeit stagnierte, zu ertragen. Ihre aufmunternden und ermutigenden Worte, ihr
Verständnis für die Situation, ihre Unterstützung, ihre Abnahme von alltäglichen
Verpflichtungen und ihr Rückenhalt während dieser Zeit halfen mir letzten Endes, diese
Arbeit zu erstellen und erfolgreich zu Ende zu führen.
Ohne all die genannten Personen und deren umfangreiche Unterstützung wäre die
vorliegende Arbeit nicht möglich gewesen.

,,Man muss sehr weit in der Geschichte zurückgehen - vielleicht bis zu
Alexander dem Großen - um einen Mann zu finden, der in einer
unterdurchschnittlich kurzen Lebenszeit die Welt so grundstürzend und
nachhaltig verändert hat wie Hitler"
Sebastian Haffner, 1978

1
1. Einleitung
Als das Thema dieser Arbeit fest stand, galt es zunächst, einen fast unüberschaubaren
Fundus an Literatur zu sichten, zu lesen und zu bearbeiten. Viele Bücher waren zu
beschaffen, Archive mussten aufgesucht und durchforstet werden. Selbst das Internet
schien da eine schier unerschöpfliche Quelle zu sein. Für die Arbeit Wichtiges musste vom
Unwichtigen getrennt werden. Aber was war wichtig, und was war weniger relevant?
Ein Großteil dieser Epoche deutscher Geschichte wurde bereits in der Vergangenheit
erforscht und durchleuchtet. Viele Fragen wurden innerhalb der letzten über sechs
Jahrzehnte beantwortet, viele blieben jedoch unbeantwortet - und werden es wohl auch
bleiben.
Als erstes galt es festzustellen, wie sich der Forschungsstand darstellt. Welche Fragen sind
noch offen und was bedarf noch einer expliziteren Aufarbeitung?
Thema der Arbeit waren also ,,Die SS-Totenkopfverbände im KZ Buchenwald".
Sicher ist, wie bereits festgestellt, ein umfangreiches Literaturangebot zu diesem Thema
vorhanden und man könnte meinen, die Thematik wäre erschöpft. Doch stellten sich selbst
bei der Auswahl des Themas und der späteren Bearbeitung noch jede Menge Fragen, die
dazu veranlassten, sich eingehender damit zu beschäftigen.
,,Sie trugen eine schwarze Uniform und waren der Schrecken einer ganzen Nation. Sie
führten den Totenkopf an ihrer Mütze und schworen dem Führer ewige Treue. Sie folgten
der doppelten Sigrune und ermordeten Millionen von Menschen."
1
Doch wer waren die SS-Totenkopfverbände? Bekannt ist, dass über den Zeitraum des
Bestehens des Lagers die SS-Verbände nahezu ständig wechselten und nicht ausschließlich
eine SS-Einheit für das Geschehene verantwortlich ist. Doch welche SS-Truppen befanden
sich tatsächlich von 1937 bis 1945 auf dem Ettersberg?
Welche Menschen steckten hinter der Fassade der einzelnen Führungspersönlichkeiten der
Totenkopfverbände, speziell im Konzentrationslager Buchenwald? Waren alle von ihrer
Tätigkeit überzeugt und machten alle aus reiner Loyalität, und vor allem freiwillig, mit?
1
vgl. Heinz Höhne, ,,Der Orden unter dem Totenkopf - die Geschichte der SS", 1967, S. 7.

2
Oder gab es Widerstände, gar Auflehnung, gegen das, was sie da taten? Hatten sie Skrupel,
Abscheu oder sogar Mitleid mit ihren Opfern? Welchen Bevölkerungsschichten gehörten
die Angehörigen der SS-Einheiten an? Und vieles mehr.
Eine Antwort auf all diese Fragen sollte gefunden werden. Dies stellte sich auf Grund der
Komplexität des Themas, jedoch auch wegen des Mangels an Zeitzeugen, als große
Herausforderung dar.
Als äußerst interessant erschien im Vorfeld auch die Frage, wie sich der Alltag der SS,
sowohl in dienstlicher Hinsicht als auch außerhalb des Dienstes, abspielte.
Nach einem kurzen Überblick über die SS im Allgemeinen sowie das Konzentrationslager
Buchenwald selbst in den Jahren seiner Existenz - von der Entstehung im Jahre 1937 bis zu
seinem Ende 1945 - erfolgt der Einstieg in das eigentliche Thema und der Versuch der
Beantwortung der genannten Fragen.
Je mehr man sich mit dem Thema befasste, umso interessanter waren die Einblicke, die
man bei seiner Arbeit erhielt. Immer mehr und immer tiefer sah man sich selbst in den
Strudel der Ereignisse von damals hineinversetzt - und man wollte mehr wissen.
,,Wir müssen forschen, dokumentieren und erinnern - auch weil die Lügner, Verschleierer,
Relativierer und Schlussstrich-Befürworter weiter am Werk sind".
2
Als historisch noch nie zuvor dagewesenes Ereignis stellte sich der Besuch des
amerikanischen Präsidenten Barack Obama am Freitag dem 5. Juni 2009 dar, der an
diesem Tag das Konzentrationslager Buchenwald als erster US-Präsident überhaupt betrat.
Der mächtigste Mann der Welt - in Buchenwald schweigt er nur. Tief bewegt und
nachhaltig beeindruckt bezeichnete Barack Obama Buchenwald trotz aller Schrecken auch
als Möglichkeit der Versöhnung, Vergebung und Hoffnung.
,,Die Täter dieses Bösen waren auch Menschen. Und wir müssen das Böse in uns selbst
bekämpfen".
3
"Dieser Ort lehrt uns", so Obama weiter, "dass wir immer aufmerksam sein müssen, auch
gegenüber dem Bösen heutzutage. Wir dürfen uns nicht dem falschen Komfort hingeben,
2
vgl. Götz Aly, ,,Im Tunnel - Das kurze Leben der Marion Samuel 1931 ­ 1945", 2004, S. 146.
3
vgl. <http://www.welt.de/politik/article3870019/Buchenwald-Obama-besucht-Ort-des- Schreckens.html>,
09.06.2009.

3
das Leiden der anderen gehe uns nichts an. Wir müssen uns verpflichten, nicht denjenigen
nachzugeben, die andere für ihre Ziele unterjochen".
4
Mit diesem Besuch wurde deutlich, welche Brisanz das Thema und welche Bedeutung das
Konzentrationslager Buchenwald nach wie vor auch vor internationalem Hintergrund hat.
Das Anliegen dieser Arbeit war es also, die SS-Totenkopfverbände im Konzentrationslager
Buchenwald im Folgenden umfassend und ausführlich darzustellen. Die umfangreichen
Archivrecherchen und mehrere Gespräche mit den Mitarbeitern der Gedenkstätte
Buchenwald machten deutlich, dass die Geschichte der Häftlinge bereits tiefgründig
erforscht und aufgearbeitet wurde. Zu den SS-Totenkopfverbänden stellten sich die
Erkenntnisse jedoch als äußerst lückenhaft dar.
Mit dieser Arbeit soll nun versucht werden, einen Teil dieser Lücken zu schließen.
4
vgl. <http://de.euronews.net/2009/06/05/obama-besucht-buchenwald/>, 09.06.2009.

4
2. Die SS
2.1 Die SS ­ eine allgemeine Betrachtung in Zahlen und Fakten
Zu Beginn der Arbeit soll zunächst eine allgemeine Darstellung der SS, einschließlich ihrer
Entstehung, Entwicklung und ihren Aufgabenfeldern, erfolgen. Dies wird als erforderlich
betrachtet, um sich zunächst in der Gesamtheit der Arbeit einen Überblick zu verschaffen
und einen Einstieg in die Thematik zu gewinnen. Wichtige Eckdaten aus einem
Originaldokument des Archivs der Gedenkstätte Buchenwald vom 29. Mai 1941 dienen
dazu als Quelle.
Die Schutzstaffel entstand im Jahre 1923 und somit in ganz früher Zeit der
nationalsozialistischen Bewegung.
5
Im März 1923 wurde die ,,Stabswache" gebildet. Die Aufgabe dieser ersten Einheit der SS
unter Führung des Marineoberleutnant Klintsch bestand im persönlichen Schutz des
Führers Adolf Hitler.
6
Joseph Berchthold baute im Mai 1923 den ,,Stoßtrupp Hitler" auf. Im Schutz von Adolf
Hitler und seinen persönlichen Mitarbeitern bestand nunmehr dessen Aufgabe.
7
Am 9. November 1923 kommt es zu den ersten Toten in der Geschichte der SS. Fünf
Männer des ,,Stoßtrupps Hitler" fallen vor der Feldherrnhalle in München.
8
Im Verlauf des Jahres 1925 erfolgte der Aufbau der Schutzstaffel der NSDAP aus
sogenannten zuverlässigen Parteigenossen. Führer dieser Schutzstaffel ist Julius Schreck.
9
1926 wird Joseph Berchthold zum Reichsführer-SS ernannt. Anlässlich des 2.
Reichsparteitages in Weimar übergibt man der SS die Blutsfahne.
10
5
vgl. Reimund Schnabel, ,,Macht ohne Moral - eine Dokumentation über die SS", 1957, S. 19.
6
vgl. Buchenwaldarchiv (im Folgenden BwA genannt), NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
7
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
8
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
9
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
10
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.

5
Anhand dieses Ereignisses erkennt man bereits die rituellen Vorgänge, die schon sehr früh
in den Alltag der SS Einzug gehalten haben und bis zum Ende beibehalten wurden. Die
Stärke der SS betrug zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als 200 Mann, jedoch wurde der SS
zu diesem Zeitpunkt eine neue Aufgabe zuteil, nämlich der Schutz der Aufmärsche
11
, die
aus dem Leben der SS nicht mehr wegzudenken waren.
Am 6. Januar 1929 wird Heinrich Himmler zum Reichsführer-SS ernannt. Die Stärke der
SS betrug zu diesem Zeitpunkt 280 Mann
12
, Adolf Hitler ist am 2. September 1930
zugleich oberster SA-Führer.
13
Die Eingliederung der SS in die SA erfolgte am 14. Januar 1931.
14
Am 1. April 1931 kam es zum ,,Stennes-Putsch"
15
, bei dem mehrere hundert SA-Leute das
Parteigebäude der NSDAP in der Hedemannstraße in Berlin besetzten. Ziel war es, dem
von Hitler eingesetzten Nachfolger des Oberführers der SA Hauptmann a. D. Walther
Stennes den Zutritt zu verweigern. Es kam zu Rangeleien mit der am Parteigebäude
eingesetzten SS-Wache. Stennes erklärte Adolf Hitler im Laufe des Tages als abgesetzt.
Der Putsch scheiterte jedoch
16
, da die SS unerschütterlich hinter dem Führer stand.
17
Zu diesem Zeitpunkt und aufgrund des Ereignisses wurde der SS der Wahlspruch ,,Meine
Ehre heißt Treue" verliehen
18
, der bis zum Kriegsende wegweisend war und treffender im
Bezug auf das Wesen der SS nicht hätte sein können.
Ab dem 31. Dezember 1931 war es allen SS-Männern mit der Einführung der
Heiratsgenehmigung erlaubt, Ehen zu schließen.
19
Die Stärke der SS betrug über ein Jahr später, am 30. Januar 1933, bereits 52.000 Mann.
20
Anhand dieser Zahl und dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum erkennt man, welche
Bedeutung der SS in dieser Zeit beigemessen wurde und welches Schutzbedürfnis seitens
der Parteiführung bestand.
11
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
12
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
13
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
14
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
15
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
16
vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Stennes-Putsch>, 07.11.2009.
17
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
18
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
19
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
20
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.

6
Im März 1933 kam es zur Aufstellung der ,,Leibstandarte-SS Adolf Hitler". Aus dieser
Leibwache für Adolf Hitler und den politischen Bereitschaften entsteht die Waffen-SS.
21
Der SD des Reichsführers-SS avanciert am 9. Juni 1933 zum alleinigen Nachrichtendienst
der Partei.
22
Die Wiederloslösung der SS von der SA erfolgte im August 1934. Die Befehlsgewalt über
die Schutzstaffel lag allein beim Reichsführer-SS, Heinrich Himmler. Dieser wiederum
unterstand direkt dem Befehl des Führers Adolf Hitler.
23
Am 17. Juni 1936 wird Heinrich Himmler als Reichsführer-SS zugleich zum Chef der
deutschen Polizei
24
und am 25. Oktober 1939 zum Reichskommissar zur Festigung des
deutschen Volkstums ernannt, was unter anderem die Durchführung der Um- und
Rücksiedlung umfasste.
25
Ab dem Jahre 1940 werden Holländer, Dänen, Flamen und Norweger für die Waffen-SS
gemustert. Die SS-Standarten ,,Nordland" und ,,Westland" entstehen.
26
Die ,,SS-Armee" unterstand also, neben dem SD und der Polizei direkt dem Reichsführer-
SS, Heinrich Himmler. Diese Armee, unabhängig von den regulären Wehrmachtseinheiten
und als völlig eigenständiges Konstrukt zu sehen, gliederte sich in die SS-
Verfügungstruppen und in die SS-Totenkopfverbände.
1936 betrug die Zahl ihrer Angehörigen etwa 210.000 Mann. Diese Zahl setzte sich
zusammen aus etwa 90 % Verfügungstruppen und 10 % Totenkopfverbände. Bis
Kriegsende stieg diese Zahl auf ca. 1.000.000 Mann an.
27
Die Angaben verdeutlichen ein weiteres Mal die Bedeutung, welche der SS seitens der
Führung beigemessen wurde. Darunter waren etwa 30.000 Mitglieder der
Totenkopfverbände, etwa ebenso viele Fremdenlegionäre sowie etwa 950.000 Mann
Waffen-SS. Sie waren in Divisionen und Standarten eingeteilt, wobei jeder Standarte etwa
3.000 Mann angehörten und diese damit Regimentsstärke hatten. Zusammen bildeten sie
21
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
22
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
23
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
24
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
25
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
26
vgl. BwA, NS 4 Bu/59, Bl. 27, Film-Nr. 4.
27
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 52.

7
eine Armee, die eigene Ausrüstung und zum Teil eigene Arsenale besaß. Diese Armee
stellte also dadurch ein Gegengewicht gegen die reguläre Wehrmacht dar, nachdem selbige
durch die Ermordung Ernst Röhms und Hitlers ,,Zwei-Säulen-Theorie", also eine Säule des
Dritten Reiches die Partei und die andere Säule das Heer, eine fast übergroße
Eigenbedeutung erreicht hatte.
28
Die SS-Verfügungstruppen und die SS-Totenkopfverbände unterstanden dem SS-
Hauptamt Berlin, welches bis Kriegsausbruch 1939 von SS-Obergruppenführer Heißmeyer
geleitet wurde. Danach übernahm SS-Gruppenführer Oswald Pohl die Leitung des
allgemeinen SS-Hauptamtes, welchem 1939 noch das SS-Hauptamt für Verwaltung und
Bauten sowie das SS-Hauptamt für Wirtschaft beigefügt wurden. Im Jahre 1942 ordnete
Heinrich Himmler die Zusammenlegung der beiden zuletzt genannten Ämter zum SS-
Wirtschaftsverwaltungs-Hauptamt (SS-WVHA) an, dessen Chef ebenfalls SS-
Gruppenführer Pohl wurde. Dem SS-WVHA oblag neben anderen Aufgaben die
Verwaltung der gesamten Konzentrationslager
29
im deutschen Reich.
Den SS-Totenkopfverbänden war von Anfang an der innere Schutz Deutschlands
übertragen und ihre Angehörigen wurden als innenpolitische Knochenbrechergarde
30
ausgebildet.
Diese neue Formation von SS-Angehörigen, die sich durch besondere Wildheit
auszeichnete, erhielt ihre Ausbildung als Wachmannschaft der Konzentrationslager.
31
Die SS, wie sie sich Heinrich Himmler gedacht und erschaffen hatte, hatte zwei Gesichter.
Zum einen war sie der Ausbildung der neuen Herrenschicht zugewandt, zum anderen sollte
sie der Ausschaltung jeglicher Gegner Deutschlands dienen. Himmler machte sich dazu
einen Grundsatz eines der schlimmsten Kaiser Roms zu eigen: ,,Mögen sie mich hassen,
solange sie mich nur fürchten!" und Liebe, diese aber auch nur gut unterfüttert mit
Furchtvorstellungen, erwartete er nur von der sogenannten Herrenauslese, also seiner SS.
32
In diesem Sinne überzog er das ganze Land mit einem System, dem ,,Angst-vor-Terror"-
System, welches in der Geschichte der kultivierten Völker der Welt kein zweites Mal
vorkommt.
28
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 52.
29
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 53.
30
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 54.
31
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 54.
32
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 55.

8
2.2 Die Konzentrationslager als Terrorwerkzeug der SS
Die Konzentrationslager waren die Krönung dieses Systems, welches in vielfältiger Weise
alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens erfasste. Zugleich waren sie natürlich
auch das wirksamste Mittel.
33
Im Zuge der Verhaftungswellen nach dem Reichstagsbrand entstanden die ersten
Konzentrationslager. Die regulären Gefängnisse waren schnell überfüllt, vor allem aber
konnten so politische Gefangene nach ihrer Verhaftung schnell dem rechtsstaatlichen
Verfahren entzogen und isoliert werden. In den Lagern waren die Häftlinge
unkontrollierter Gewalt ausgeliefert. Vorwiegend SS und SA kerkerten dort ihre
Gefangenen ein. Aus diesen Konzentrationslagern und Haftstätten entwickelte sich das
spätere staatliche KZ-System.
34
Obwohl Heinrich Himmler die Konzentrationslager nicht erfunden hat, so hat Reinhard
Heydrich diese Konzentrationslager nach einheitlichen Gesichtspunkten ausgebaut und
weiter modifiziert.
35
Als Chef des Reichssicherheitshauptamtes, der Polizei- und Geheimdienstzentrale des NS-
Staates, war Reinhard Heydrich einer der herausragenden Männer des NS Regimes und
nahezu wichtiger als alle Reichsminister. Weisungen und Befehle empfing er, abgesehen
von Adolf Hitler natürlich, nur von Hermann Göring als zweiten Mann nach Hitler im
Staat und von seinem unmittelbaren Chef, dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler.
36
Die Konzentrationslager sind also von der SS durchweg zu dem gemacht worden, was sie
durchaus und berechtigterweise als das entsetzlichste Kapitel Deutschlands erscheinen
lässt. Die Ausschaltung jedes wirklichen oder vermuteten Gegners der Herrschaft der
Nationalsozialisten war der erklärte Hauptzweck der Konzentrationslager.
37
Jedes Mittel war dazu recht. Gegner mussten unschädlich gemacht werden, daher rottete
man sie aus. Sei es durch Arbeit langsam zugrunde gerichtet, erschossen, vergast, erhangen
oder einfach nur zu Tode gequält. Welches Mittel gewählt wurde war nebensächlich und
33
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 55.
34
vgl. Ausstellung im Dokumentationszentrum des Reichsparteitagsgeländes Nürnberg, Tafel 301.
35
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 55.
36
vgl. Wolfgang Benz, ,,Der Holocaust", 1995, S. 7.
37
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 55.

9
dem Hauptzweck untergeordnet. Die Hauptsache war, dass es dem Hauptziel, der
Vernichtung, diente.
38
Neben der Ausrottung von Regimegegnern verband die SS mit den Konzentrationslagern
natürlich verschiedene Nebenziele.
39
Denn wo sonst konnte sie, abgeschottet von der
Öffentlichkeit, diese Ziele verfolgen.
Als erstem Nebenzweck dienten die Konzentrationslager der Ausbildung der SS-
Totenkopfverbände
40
, die in diesen Lagern ihre, im Gegensatz zu regulären Einheiten
wesentlich härtere und natürlich auch unter anderen Gesichtspunkten durchgeführte,
Ausbildung erhielten.
Bei den Angehörigen der SS-TV wurden zu diesem Zweck alle Hass-, Macht- und
Unterdrückungstriebe geweckt und durch praktische Tätigkeit sowie politischen
Anschauungsunterricht in den Konzentrationslagern bis zur Weißglut entfacht. Man erzog
sich somit unerbittliche, keiner menschlichen Regung mehr fähige Fachkräfte der
Brutalität und Härte.
41
Genau das war es, was Himmler brauchte. Denn schließlich galt es, nicht nur das deutsche
Volk in seiner Gesamtheit zu beherrschen und zu kontrollieren, sondern auch der Vielfalt
der Welt mit ihren sogenannten ,,minderwertigen Rassen" Herr zu werden.
42
Oberstes Motto dieses Terrorsystems war: Lieber zehn Unschuldige hinter Stacheldraht,
als einen einzigen wirklichen Gegner in Freiheit leben lassen.
43
Dabei ließ das psychologische Training, welches die Angehörigen der SS-TV erhielten,
tatsächlich nichts zu wünschen übrig, denn die jungen Leute, die sowohl für den
Wachdienst in den Konzentrationslagern bzw. als Stammmannschaften für die
Konzentrationslager vorgesehen waren, wurden nach allen Regeln der preußischen
Kasernenhofkunst gedrillt.
44
38
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
39
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
40
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
41
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
42
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
43
vgl. David A. Hackett, ,,Der Buchenwald-Report - Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald
bei Weimar", 2002, S. 53.
44
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.

10
Wenn sie dann am eigenen Leibe ausreichend erfahren hatten, was der Kasernenhof zu
bedeuten hatte, so war man der Meinung, konnten sie nun auf die Häftlinge losgelassen
werden. Und an denen tobten sie nun ihre ganze Wut aus. Wut, die sich angestaut hatte
über die harte Ausbildung, die sie eben selbst noch erdulden mussten und überwunden
hatten. Aber auch die Wut über die Gegnerschaft der Häftlinge gegenüber dem
Nationalsozialismus. Derjenige, der sich in dieser Praxis als besonders tüchtig hervortat
wurde rasch befördert.
45
Wie schnell befördert wurde und wie kurz die Beförderungszeiträume waren, wird später
noch anhand einiger Biographien einzelner SS-Führungspersönlichkeiten deutlich.
Wer jedoch den harten Anforderungen, die an das Wachpersonal gestellt wurden, nicht
gerecht wurde, sich als zu weich erwies oder gar Sentimentalitäten zugänglich war bzw.
menschliche Empfindungen verspürte, wurde entweder aus dem Dienst entfernt oder er
wurde, wenn er mit Gefangenen, in welcher Weise auch immer, gemeinsame Sache
machte, vor der gesamten Mannschaft degradiert, geschoren, mit 25 Stockhieben
verprügelt und am Ende den ,,Untermenschen" zugesellt. Dies kam besonders in der
Anfangsphase der Konzentrationslager mehrmals vor. Die meisten Führungskräfte der
Wachmannschaften in den Konzentrationslagern hatten es ihrem Sadismus und dessen
schneller Weiterentwicklung zu verdanken, dass sie vom Mannschaftsdienstgrad aus rasch
auf der Karriereleiter nach oben kletterten.
46
Ein zweiter Nebenzweck der Konzentrationslager war ebenfalls rein materialistischer
Natur
47
, denn die Lager dienten zudem der Sammlung und Verwendung von SS-eigenen
Arbeitssklaven, deren Lebenssinn nach Ansicht der SS nur darin bestand, für den Bedarf
ihrer Herren zu leben.
48
Die SS fand mehr und mehr Gefallen an den Konzentrationslagern und dieser wuchs, je
länger diese bestanden
49
, was wiederum erklärt, dass die Anzahl der Konzentrationslager
immer mehr zunahm.
50
45
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
46
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
47
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
48
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 57.
49
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
50
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.

11
Dies geschah zudem auch schon lange vor der nationalsozialistischen Ausbreitung in
Europa und anstatt sich die Zahl der Lager verringerte oder zumindest gleichblieb, wurde
diese Zahl immer größer.
51
Von den Vernichtungslagern, die während des Krieges entstanden, einmal abgesehen,
entstanden also bereits lange davor eine Vielzahl von Lagern, die nach Ansicht des
Regimes dem Schutz Deutschlands vor seinen inneren Feinden dienen sollten.
So wurde beispielsweise das Lager Ahrensbök von Oktober 1933 bis Mai 1944
52
genutzt.
Das Lager Bad Sulza existierte von 1933 bis 1937.
53
Im Columbia-Haus in Berlin-
Tempelhof brachte die SS von 1934 bis 1936
54
Häftlinge unter und das Lager Sachsenburg
bestand von 1933 bis 1937.
55
Diese kleine Auswahl von Beispielen soll deutlich machen, dass also schon sehr früh mit
der Verfolgung potentieller Gegner Deutschlands begonnen und das Lagersystem
kontinuierlich ausgebaut wurde.
Wenn aber die nationalsozialistische Volksgemeinschaft nach Ansicht von Adolf Hitler
und Josef Goebbels von Jahr zu Jahr immer stärker wurde, wie sie es in ihren Reden immer
behaupteten, dann konnte sich ja unmöglich die Zahl der inländischen Gegner
vergrößern.
56
Die ihnen zugedachte Hauptaufgabe haben die Lager in Wirklichkeit durchaus erfüllt. Der
Widerstand der Regimegegner wurde kontinuierlich schwächer.
57
Aber wenn man
ausschließlich von einer reinen Gegnerschaft ausgegangen wäre, hätte das logischerweise
zur Folge gehabt, dass die Lager früher oder später hätten aussterben müssen.
Die oben genannten Nebenzwecke wie Einschüchterung der Bevölkerung, Verwertung von
Sklavenarbeit und Nutzung der Konzentrationslager als Trainings- und
Experimentierfelder der SS traten jetzt, was die Gründe für die Einlieferung von
Häftlingen betrifft, immer mehr in den Vordergrund
58
und verdrängten den ursprünglichen
Zweck der Beseitigung von unwilligen deutschen Bürgern auf den zweiten Platz.
51
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
52
vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_deutschen_Konzentrationslager>, 10.11.2009.
53
vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_deutschen_Konzentrationslager>, 10.11.2009.
54
vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_deutschen_Konzentrationslager>, 10.11.2009.
55
vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_deutschen_Konzentrationslager>, 10.11.2009.
56
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
57
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
58
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.

12
Der von Adolf Hitler entfesselte, von ihm und der SS vorbereitete und systematisch ins
Auge gefasste Krieg auf europäischem Boden brachte schließlich den großen Aufschwung
in den Konzentrationslagern
59
und verschaffte ihnen somit eine neuerliche Grundlage der
Daseinsberechtigung.
Das Unwesen der Konzentrationslager entwickelte sich jedoch, genau wie der ganze Krieg
selbst, zum unkontrollierbaren Selbstläufer und nahm einen Umfang an, dem das
nationalsozialistische Regime nicht mehr gewachsen schien. Am Ende war abzusehen, dass
die SS zusammen mit ihren erschaffenen Lagern unweigerlich dem Verderben entgegen
trieb.
60
Der Eid des SS-Mannes:
,,Ich schwöre dir, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Reiches Treue und Tapferkeit.
Ich gelobe dir und den von dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod, so wahr
mir Gott helfe"
61
macht dies einmal mehr unweigerlich deutlich, veranschaulicht die ideologische
Verklärung und ist als Assoziation auf die gesamte SS und deren Einstellung zu verstehen.
2.3 Die organisatorische Stellung der SS-Totenkopfverbände
Die Totenkopfverbände hatten, rein organisatorisch betrachtet, innerhalb des Systems der
gesamten SS eine ähnliche Stellung wie die Verfügungstruppen. Genau wie diese, waren
auch die Totenkopfverbände in einen Verwaltungsapparat eingebettet, welcher sich zum
einen als Kontrollmechanismus, andererseits aber auch zum Kompetenzdschungel
entpuppte.
62
59
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
60
vgl. Eugen Kogon, ,,Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 1974, S. 58, 59.
61
vgl. Reimund Schnabel, ,,Macht ohne Moral - eine Dokumentation über die SS", 1957, S. 42.
62
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.

13
Die Wachverbände, welche seit dem 29. März 1936
63
SS-Totenkopfverbände hießen,
unterstanden in fachlicher und organisatorischer Hinsicht einer Inspektion.
Es handelt sich dabei um die Inspektion der Konzentrationslager, welche zusammen mit
der Konzentrationslagerverwaltung zu einer Dienststelle vereinigt
64
wurde. Zum
Inspekteur der Konzentrationslager und gleichzeitig Führer der SS-Wachverbände ernannte
man Theodor Eicke, welcher bereits zuvor das Lager Dachau reorganisiert und sich in
diesem Zusammenhang große Verdienste erworben hatte.
65
Unter Theodor Eicke wurde Dachau zum Modell für alle regulären Konzentrationslager
und zur Ausbildungsstätte von KZ-Personal.
66
Als Hauptaufgabe erkannte Eicke nach Eintritt in die Reichsführung der SS nun die
Zentralisierung und Koordinierung des Konzentrationslager-Systems. Nebenher betrieb er
zudem die weltanschauliche Ausrichtung der ihm unterstellten KZ-Wachmannschaften im
Hinblick auf das, was er unter politischem Soldatentum verstand.
67
Der Verhaltenskodex für die SS-Wachmannschaften bestand darin, so Theodor Eicke, dass
er blinden Gehorsam gegenüber allen Befehlen der SS-Vorgesetzten verlangte. Außerdem
bestand er darauf, dass jeder Häftling mit fanatischem Hass als Staatsfeind zu behandeln
sei. Das meint also, er drillte seine SS-Wachmannschaften darauf, ständigen Hass
gegenüber den Häftlingen zu verspüren. Jenen Hass unterstützte er außerdem dadurch, dass
er ihn durch rechtliche Vorschriften untermauerte. Dies bedeutet, dass Vorschriften
eingeführt wurden, die es den SS-Leuten erlaubten, gegen Häftlinge die strengsten
Strafen
68
, sei es wegen jedem auch noch so kleinen Vergehen, anzuwenden.
Somit avancierte Theodor Eicke, welcher am 17. Oktober 1892 im damaligen Reichsland
Elsaß-Lothringen als elftes Kind einer Familie geboren wurde
69
, zum Erfinder des
allgemeinen Konzepts, welches zunehmend zur Misshandlung aller Häftlinge angewandt
63
vgl. Dr. Volker Knigge, Rikola-Gunnar Lüttgenau, Dr. Bodo Ritscher, Dr. Harry Stein, ,,Konzentrations-
lager Buchenwald 1937 - 1945, Speziallager Nr. 2 1945 - 1950 zwei Lager an einem Ort - Geschichte und
Erinnerungskonstruktion", 1998, S. 24.
64
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.
65
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.
66
vgl. Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg, Tafel 304
67
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.
68
vgl. Charles W. Sydnor Jr., ,,Soldaten des Todes, die 3. SS-Division Totenkopf" 1933 - 1945, 2002, S. 12.
69
vgl. Charles W. Sydnor Jr., ,,Soldaten des Todes, die 3. SS-Division Totenkopf" 1933 - 1945, 2002, S. 5.

14
wurde. Am 1.Oktober 1933 erließ Eicke daher zu diesem Zweck konkret die Vorschriften
,,zur Aufrechterhaltung der Zucht und Ordnung", welche eine Reihe von Vergehen
beinhalteten, für die ein Häftling bestraft werden konnte. Diese Vorschriften enthielten die
genaue Festlegung der Strafen und sie gaben den SS-Leuten somit außerdem weitreichende
Freiheiten für die Behandlung der ,,Feinde hinter Stacheldraht".
70
Innerhalb kürzester Zeit gelang es Theodor Eicke, die Vielzahl an kleineren Lagern auf
sieben größere Konzentrationslager zu reduzieren und die SS-Wachverbände in fünf
Sturmbanne umzugliedern, die parallel zu den Lagern organisiert waren.
71
Im Sommer 1937 erreichte man eine neue Stufe der Reorganisation. Zu diesem Zeitpunkt
wurden die bestehenden Sturmbanne zu drei SS-Totenkopf-Standarten zusammengefasst.
Im Einzelnen waren das die Totenkopf-Standarten ,,Oberbayern", ,,Brandenburg" und
,,Thüringen" welche nunmehr den Hauptlagern Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald
zugeordnet wurden.
72
Die 3. SS-Totenkopf-Standarte ,,Thüringen", welche unter anderem Hauptbestandteil
dieser Arbeit sein soll und auf die später noch genauer eingegangen wird, entstand aus der
SS-Wachtruppe ,,Sachsen" und der SS-Wachtruppe ,,Elbe". Erstere verlegte man zunächst
nach Chemnitz und anschließend nach Weimar-Buchenwald. Die Wachtruppe ,,Elbe" kam
über das Lager Bad Sulza ebenfalls nach Weimar-Buchenwald. Durch das Zusammenlegen
beider Sturmbanne entstand die 3. SS-Totenkopf-Standarte ,,Thüringen" in Weimar-
Buchenwald, welche später in SS-Totenkopf-Standarte 10 umbenannt wurde.
73
Unübertroffene Kameradschaft, Loyalität und Härte waren Grundtugenden, über die die
SS-Totenkopfverbände verfügten - und sie gehörten weder zum Heer oder zur Polizei noch
zur SS-Verfügungstruppe
74
, worauf bei jeder Gelegenheit mit Stolz hingewiesen wurde.
Anhand dessen wird deutlich, welchen Nimbus sich diese Verbände selbst auferlegten,
welche Rolle und Selbstverständnis sie besaßen. Jeder einzelne SS-Mann stand für diese
Eigenschaften, verkörperte sie leidenschaftlich und selbstverständlich.
70
vgl. Charles W. Sydnor Jr., ,,Soldaten des Todes, die 3. SS-Division Totenkopf" 1933 - 1945, 2002, S. 12.
71
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.
72
vgl. Bernd Wegner, ,,Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933 - 1945 - Leitbild, Struktur und
Funktion einer nationalsozialistischen Elite", 1982, S. 101.
73
vgl. Dr. Kurt-Georg Klietmann, ,,Die Waffen-SS - eine Dokumentation", 1965, S. 345.
74
vgl. Charles W. Sydnor Jr., ,,Soldaten des Todes, die 3. SS-Division Totenkopf" 1933 - 1945, 2002, S. 25.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (eBook)
9783842806047
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Polizei
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,7
Schlagworte
ss-totenkopfstandarte weimar terror reich adolf hitler
Produktsicherheit
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Titel: Die SS-Totenkopfverbände im Konzentrationslager Buchenwald
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