Versteckte Aussichten
Militärische Landschaft der Schweiz
©2010
Bachelorarbeit
138 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit ist für die Gesellschaft im 20. Jhd von hoher kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung spiegelt sich in der öffentlichen Diskussion zu vergangenen Thematiken wider und auch im öffentlichen Raum ist die Auseinandersetzung in Form von Denkmälern und Museen anzutreffen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die politische Diskussion ist das treibende Glied in diesem Zusammenhang. Das Wissen um militärische Anlagen in der Schweiz, überwiegend Bunker, ist seit langem bekannt, nur wurden diese für knapp 100 Jahre möglichst versteckt und unsichtbar gehalten. Bunkeranlagen haben die Funktion unbemerkt zu bleiben und erheben trotz allem den Anspruch auf totale Überwachung des Landes. Um diesen Konflikt zu lösen haben sich die Festungsbauer in der Schweiz vieles einfallen lassen und kaum Aufwand gescheut. Im Vergleich mit älteren Festungsbauwerken zeigt sich die Erkenntnis, dass diese größtenteils nur zur Abschreckung des Feindes und zur Repräsentation der Macht errichtet wurden. Somit richten sich diese mehr nach ästhetischen Aspekten der Epoche und einer möglichst einschüchternden Demonstration der Möglichkeiten.
Die Architektur unterirdischer Verteidigungsbauwerke möchte jedoch nur eins - Unsichtbare Überwachung.
In diesem Zusammenhang wird die Auseinandersetzung und Aufarbeitung in militärischerem Kontext durchgeführt. Die geistige Landesbefestigung ist für die politische Einheit der Schweiz von hoher Bedeutung. Dieser Umstand konnte durch diverse Interviews belegt werden.
Da sich die Eidgenossenschaft aus stark unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zusammensetzt, finden wir hier einen wichtigen Bezug zur gesellschaftlichen Einheit. Der militärische Nachlass wurde in den letzten Jahren seitens der Kunst und Politik intensiv behandelt und öffentlich diskutiert. Beispielsweise können hier die Broschüren MILITÄRISCHE DENKMÄLER DER SCHWEIZ, viele Zeitungsbeiträge und das Kunstprojekt UNLOADED genannt werden. Dabei stellt sich die Schweiz als Besonderheit dar, da sie als neutrales Land zwar militärisch ausgestattet war, aber seit 200 Jahren nicht mehr in Kriegsgeschehnisse eingebunden wurde. Gegenwärtig hat sich ein Dispositiv entwickelt, das zur Zeit ca. 10.000 von 20.000 35.000 Objekten beinhaltet. Dieses Dispositiv wird in den kommenden Jahren weiter anwachsen, wenn die logistische Infrastruktur freigegeben wird.
Nach Ende des kalten Krieges hat sich […]
Die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit ist für die Gesellschaft im 20. Jhd von hoher kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung spiegelt sich in der öffentlichen Diskussion zu vergangenen Thematiken wider und auch im öffentlichen Raum ist die Auseinandersetzung in Form von Denkmälern und Museen anzutreffen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die politische Diskussion ist das treibende Glied in diesem Zusammenhang. Das Wissen um militärische Anlagen in der Schweiz, überwiegend Bunker, ist seit langem bekannt, nur wurden diese für knapp 100 Jahre möglichst versteckt und unsichtbar gehalten. Bunkeranlagen haben die Funktion unbemerkt zu bleiben und erheben trotz allem den Anspruch auf totale Überwachung des Landes. Um diesen Konflikt zu lösen haben sich die Festungsbauer in der Schweiz vieles einfallen lassen und kaum Aufwand gescheut. Im Vergleich mit älteren Festungsbauwerken zeigt sich die Erkenntnis, dass diese größtenteils nur zur Abschreckung des Feindes und zur Repräsentation der Macht errichtet wurden. Somit richten sich diese mehr nach ästhetischen Aspekten der Epoche und einer möglichst einschüchternden Demonstration der Möglichkeiten.
Die Architektur unterirdischer Verteidigungsbauwerke möchte jedoch nur eins - Unsichtbare Überwachung.
In diesem Zusammenhang wird die Auseinandersetzung und Aufarbeitung in militärischerem Kontext durchgeführt. Die geistige Landesbefestigung ist für die politische Einheit der Schweiz von hoher Bedeutung. Dieser Umstand konnte durch diverse Interviews belegt werden.
Da sich die Eidgenossenschaft aus stark unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zusammensetzt, finden wir hier einen wichtigen Bezug zur gesellschaftlichen Einheit. Der militärische Nachlass wurde in den letzten Jahren seitens der Kunst und Politik intensiv behandelt und öffentlich diskutiert. Beispielsweise können hier die Broschüren MILITÄRISCHE DENKMÄLER DER SCHWEIZ, viele Zeitungsbeiträge und das Kunstprojekt UNLOADED genannt werden. Dabei stellt sich die Schweiz als Besonderheit dar, da sie als neutrales Land zwar militärisch ausgestattet war, aber seit 200 Jahren nicht mehr in Kriegsgeschehnisse eingebunden wurde. Gegenwärtig hat sich ein Dispositiv entwickelt, das zur Zeit ca. 10.000 von 20.000 35.000 Objekten beinhaltet. Dieses Dispositiv wird in den kommenden Jahren weiter anwachsen, wenn die logistische Infrastruktur freigegeben wird.
Nach Ende des kalten Krieges hat sich […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Christoph Duckart
Versteckte Aussichten
Militärische Landschaft der Schweiz
ISBN: 978-3-8428-0563-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule Rhein Main, Geisenheim, Deutschland, Bachelorarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010
Christoph Duckart
Zürich, den 21/06/2010
Versteckte Aussichten
Militärische Landschaft in der Schweiz
IV
1. Versteckte
Aussichten
1
1.1 Hintergrund
2
1.2 Fragestellung
6
1.3 Ziel
7
1.4 Aufbau
8
1.5 Methodik
9
1.6 Zusammenfassung
10
1.7 Abstract
11
2. Warscapes
13
2.1
Zur Bedeutung von Warscapes
15
2.2
Entstehung des Mythos
17
2.3 Ästhetische
Landschaft und Militär
21
2.4
Lesen von Landschaft
27
2.5
Spuren der Erinnerung
31
3.
Forts & Festungen
39
3.1 Europäische
Entwicklungen
41
3.2 Verteidigungsarchitektur
43
3.3
Die Festung versinkt
49
3.4
Zersiedelung der Festungswerke
54
3.5 Festung
Europa
61
Inhalt
V
4. Réduit
nationale
63
4.1
Eine Festung der besonderen Art
65
4.2
Identität der Alpenfestung
66
4.3
Problematik der Nachnutzung
69
4.4 Bunkerland
71
4.5 Kritische
Betrachtung
80
5.
Ausblicke - Einblicke
83
5.1
Art der Sichtweise
85
5.2
Zwischen Festung und Klischee
87
5.3
Semantik der Kriegslandschaft
92
5.4
Guckkasten zur Realität
102
5.5
Multiperspektivität der Landschaft
107
6. Schlussbetrachtung
115
6.1 Erkenntnisse
116
6.2 Potentiale
117
6.3 Conclusion
118
6.4 Potentials
119
7. Anhang
121
7.1 Glossar
122
7.4 Literaturverzeichnis
128
1
Versteckte Aussichten
Versteckte Aussichten
1. Versteckte Aussichten
2
Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit
Unsichtbare Überwachung
1.1 Hintergrund
Die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit ist für die Gesell-
schaft im 20. Jhd von hoher kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung
spiegelt sich in der öff entlichen Diskussion zu vergangenen Th
ema-
tiken wider und auch im öff entlichen Raum ist die Auseinanderset-
zung in Form von Denkmälern und Museen anzutreff en. Die künst-
lerische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die politi-
sche Diskussion ist das treibende Glied in diesem Zusammenhang.
Das Wissen um militärische Anlagen in der Schweiz, überwiegend
Bunker, ist seit langem bekannt, nur wurden diese für knapp 100
Jahre möglichst versteckt und unsichtbar gehalten. Bunkeranlagen
haben die Funktion unbemerkt zu bleiben und erheben trotz allem
den Anspruch auf totale Überwachung des Landes. Um diesen Kon-
fl ikt zu lösen haben sich die Festungsbauer in der Schweiz vieles ein-
fallen lassen und kaum Aufwand gescheut. Im Vergleich mit älteren
Festungsbauwerken zeigt sich die Erkenntnis, dass diese größten-
teils nur zur Abschreckung des Feindes und zur Repräsentation der
Macht errichtet wurden. Somit richten sich diese mehr nach ästhe-
tischen Aspekten der Epoche und einer möglichst einschüchternden
Demonstration der Möglichkeiten.
Die Architektur unterirdischer Verteidigungsbauwerke möchte je-
doch nur eins - Unsichtbare Überwachung.
1 Blick auf Näfels und Walensee. Im
Vordergrund liegt der Tankgraben der
Sperrstelle Näfels, selbst bei direkter
Wanderung an der Felswand ,,Platte"
ist die in diesen eingetriebene Festung
,,unsichtbar".
3
Versteckte Aussichten . Hintergrund
2 Integration von Dispositionen in
den Alltag (Sperrstelle Näfels). Für
Einheimische sind diese Bauwerke Teil
der Landschaft .
Disposition des Armeebestands
Geistige Landesbefestigung
In diesem Zusammenhang wird die Auseinandersetzung und Aufar-
beitung in militärischerem Kontext durchgeführt. Die geistige Lan-
desbefestigung
9
ist für die politische Einheit der Schweiz von hoher
Bedeutung. Dieser Umstand konnte durch diverse Interviews belegt
werden
10
.
Da sich die Eidgenossenschaft aus stark unterschiedlichen Bevöl-
kerungsgruppen zusammensetzt, fi nden wir hier einen wichtigen
Bezug zur gesellschaft lichen Einheit. Der militärische Nachlass
wurde in den letzten Jahren seitens der Kunst und Politik intensiv
behandelt und öff entlich diskutiert. Beispielsweise können hier die
Broschüren
Militärische Denkmäler der Schweiz
,
viele Zeitungsbeiträge und das Kunstprojekt
Unloaded
11
ge-
nannt werden. Dabei stellt sich die Schweiz als Besonderheit dar, da
sie als neutrales Land zwar militärisch ausgestattet war, aber seit 200
Jahren nicht mehr in Kriegsgeschehnisse eingebunden wurde. Ge-
genwärtig hat sich ein Dispositiv entwickelt, das zur Zeit ca. 10.000
von 20.000 35.000
12
Objekten beinhaltet. Dieses Dispositiv wird
in den kommenden Jahren weiter anwachsen, wenn die logistische
Infrastruktur freigegeben wird.
9 Lovisa, M. (05 1999). Von Bunkern, Forts und Tobleronen. archithese , S. 35
10 Siehe Interviews im Quellenverzeichnis
11 Catherine; Bunker: Unloaded, Luzern/Poschiavo 2003, S. 76;
12 Anzahl von ca. 20`000 Objekten laut Peter Stamm, Abschied vom Réduit: Der lange
Marsch, in: Carmine Giovanni, Hug; Maurus Gamper spricht von ca. 35`000 Objekten, in:
Maurus
4
Nach Ende des kalten Krieges hat sich vieles verändert, auch in der
Schweiz. Bis ins Jahr 1995 wurde hier kontinuierlich an der Ver-
teidigungslinie und der atomwaff ensicheren Schweiz modernisiert
und erweitert. Nach Aufgabe von rund zwei Dritteln der Anlagen
durch die
Armeereform 95
, steht nun die Frage nach Umgang mit
diesen in der Zukunft aus. Entweder werden diese durchaus kom-
plexen Objekte rückgebaut, man sieht sich nach einer Nachnutzung
um oder versucht sie durch öff entliche Mittel als kulturelles Erbe zu
bewahren.
Da viele der Kampf- und Führungsbauten, im folgenden als
Bunker bezeichnet, als Laienmuseen ausgestattet wurden, kann
von keiner nachhaltigen Nutzung ausgegangen werden. Nach
Schmid
13
ist dies ist zwar eine vorübergehend interessante Lö-
sung, aber keine die von Dauer sein kann. Das momentan rege
Interesse an dieser Nutzung begründet sich noch auf einer engen
zeitlichen Verbindung zur Bevölkerung, aber auch an der aktiven
Teilnahme der Generationen am Militärdienst in der Schweiz.
Wenn diese Generationen nun nicht mehr zum Erhalt dieser An-
lagen eintreten, muss über eine neue Nutzung nachgedacht werden.
Hierfür fi nden sich zwar schon einige Beispiele, nur sind diese mo-
mentan noch nicht in ausreichendem Maße zur kulturhistorischen
Erhaltung des Gesamtbestands vorhanden. Die aktuellen Konzepte
sind zum Großteil
14
kulturell, sowie wirtschaft lich nicht nachhaltig
und scheitern demnach an einer sinnvollen Umsetzung.
Die Erhaltung ist aber als wichtiger Teil der schweizerischen Ge-
schichte von Bedeutung. Diese Studie versucht dies durch die ge-
widmete Aufmerksamkeit zu fördern. Wenn auch keine Lösungs-
ansätze geboten werden, so wird zumindest eine Grundlage für
weitere Konzepte gelegt. Nach Aussage von
armasuisse
15
fi nden
sich wenige Abnehmer dieser Anlagen, da die weitere Nutzung mit
einigen Problemen behaft et ist. Dies gilt u.a. für Nachnutzungs-
genehmigungen und die infrastrukturelle Anbindung. Die hier
anzulegenden Parameter sind gänzlich andere als bei zivilen Maß-
13 Schmid, L. (18. 03 2010). Bunkerwelten. (C. Duckart, Interviewer)
14 Beispiele für Ausnahmen sind im Kapitel Réduit nationale zu fi nden
15 Armasuisse verwaltet die aufgelassenen Bunkeranlagen in der Schweiz und ist auch für
deren Nachnutzung und den Verkauf verantwortlich, Interview wurde mit Dieter Juchli
(Fachbereichsleiter Dispositionsbestand) am 23.04.2010 geführt
Zukünft ige Entwicklungen
Auft retende Probleme
5
Versteckte Aussichten . Hintergrund
nahmen, daher sind einheitliche Lösungen zur Planung und Einbin-
dung in die öff entliche Infrastruktur kaum zu fi nden. Die Struktur
hat sich über Jahrzehnte unabhängig entwickelt und immer gelöst
von Bestehendem funktioniert. Eine weitere Besonderheit die sich
bei diesen Bauten herausstellt ist, dass sie entgegen jeglicher Form
von Bebauungsplänen und Landnutzung errichtet worden sind.
Dies bedeutet, dass es keine erkenntlichen Einschränkungen in
Bezug auf Lage oder Größe dieser Objekte gibt, wenngleich sie sich
sowieso größtenteils unterirdisch befi nden
16
. Aus architektonischer
Sicht fi nden wir aufgrund eines fehlenden Baukonzepts auch viele
individuelle Bautypen vor. Aus den nun betrachteten Problemstel-
lungen ergeben sich weitere Fragen zur Nachnutzung, zum Umgang
und zur Bedeutung der militärischen Landschaft , die im Laufe der
Studie zu klären sind.
16 Schmid, L. (18. 03 2010). Bunkerwelten. (C. Duckart, Interviewer)
3 Geländepanzerhindernis Flühli
6
1.2 Fragestellung
Haben wir es in der Schweiz mit einer einzigartigen militärischen
Landschaft zu tun? Was bedeutet militärische Landschaft und wel-
che Blickbeziehungen und räumlichen Zusammenhänge sind zur
Beantwortung dieser Frage von Relevanz?
Ist die militärische Landschaft der Schweiz auf den ersten Blick nur
durch ihre Masse an Objekten und deren Grösse interessant? Oder
fi nden sich auch Besonderheiten in ihrer landschaft lichen Ausdeh-
nung und der topographisch besonderen Einbindung? Ergeben sich
daraus Parallelen zur Landschaft sbewertung und Landschaft säs-
thetik? Sowie die Anlagen von Vauban
17
für Architekten von qua-
litativer, historischer Bedeutung sind, so können die Anlagen der
Schweiz für Landschaft sarchitekten an Bedeutung gewinnen.
Ausblicke, Einblicke und topographische Situationen sind bedeu-
tender Teil der Anlage und des Konzepts. Bisher hat sich ausschließ-
lich der objektbezogene Denkmalschutz mit den Bunkern ausein-
andergesetzt und diese unter Schutz gestellt. Eine Betrachtung der
landschaft lich-kulturellen Zusammenhänge in der Schweiz ist in
dieser Th
ematik jedoch kein Bestandteil und noch unbekannt.
17 Siehe Kapitel Forts & Festungen
7
Versteckte Aussichten . Ziel
1.3 Ziel
Das Ziel der Studie ist die Analyse der militärischen Landschaft in
der Schweiz und deren visuelle Interpretation. Dabei sollen Rück-
schlüsse auf die Besonderheiten dieses Landschaft stypus gezogen
werden, um dadurch schlussendlich eine Charakterisierung der mi-
litärischen Landschaft zu ermöglichen. Ausblicke und Einblicke der
Bunker sind Grundlage der Beschreibung. Eine teils abstrakte Aus-
führung soll helfen, die Qualität des Dispositivs besser beurteilen zu
können. Als Grundlage dieser totalen Betrachtung des Umfelds,
der Umwelt und des Umgangs ist die emotionale, historische und
ästhetische Aufarbeitung notwendig.
Die Betrachtung der Eigenarten von Festungswerken und wei-
teren militärischen Anlagen
18
, in Europa und der Schweiz,
ist somit ein wichtiger Bestandteil der Studie. Er ist auch Teil
des Ziels, da er in erster Linie zwar als Recherche ausgelegt
ist, eine Interpretation und Analyse der Inhalte aber stetig er-
folgt. Als direkter Erkenntnisgewinn und als kritische Beleuch-
tung der Fakten liefert er Informationen zu weiterer Forschung.
Die vorliegende Studie möchte feststellen, ob die aufgelassenen Dis-
positionen Potential zur Weiterentwicklung und zu Erkenntnissen
in der Landschaft swahrnehmung führen können. Dazu wird der
Vergleich mit historischen Wehr- und Festungsanlagen gezogen,
die ähnliche Strukturen oder Planungsszenarios bieten. Aufmerk-
samkeit wird dabei in erster Linie auff allenden Merkmalen und
individuellen Typen des Festungsbaus geschenkt. In diesem Zusam-
menhang sollen touristische Erschließungen an gezeigten Beispielen
geprüft und überdacht werden.
Zum Zweck einer freien Analyse werden diese, nach rein funktio-
nalen Gesichtspunkten ausgerichteten Anlagen, aus ihrem Kontext
gelöst, um einen größeren Interpretationsraum zu ermöglichen.
Vergleiche und Analogien bereits erforschter Wahrnehmungsprin-
zipien weiterer Wissenschaft en belegen die Ergebnisse.
18 Eine detaillierte Aufl istung von militärischen Anlagen fi ndet sich in den Kapiteln
,,Forts und Festungen" und ,,Reduit nationale"
Charakterisierung der Land-
schaft
Interpretation von Szenarios
8
1.4 Aufbau
Um diesem Ziel näher zu kommen werden im Vorfeld die nötigen
Grundlagen aufgearbeitet. Das heißt mit der Einbindung unsicht-
barer Elemente in der Landschaft und dem Umgang mit Orten his-
torischer und kultureller Bedeutung. Dieses theoretische Vorwissen
dient dazu, die darauf folgenden Kapitel zu verstehen und in Zu-
sammenhang mit der Bunkerlandschaft Schweiz bringen zu können.
Daher soll die Studie nach Möglichkeit in der vorliegenden Reihen-
folge gelesen werden.
Der zweite Abschnitt
Forts & Festungen
dient der Zielfi n-
dung, indem weitere europäische Anlagen analysiert werden. Hier
werden erste Szenarios betrachtet und ergründet. Bisherige Kon-
zepte zum Umgang mit militärischen Anlagen sollen kritisch hin-
terfragt und auf den Zusammenhang oder Parallelen zur Militär-
landschaft Schweiz geprüft werden.
Das Kapitel
Reduit nationale
setzt die begonnene Ana-
lyse am Beispiel der militärischen Landschaft in der Schweiz fort.
Hierzu gehören bisherige Nachnutzungskonzepte, durchgeführte
Maßnahmen und der Ausblick in zukünft ige Möglichkeiten. Die
Betrachtung des Bestands kann im Rahmen einer Diskussion wich-
tige Beiträge zur Beurteilung der kommenden Planungssituation
liefern. Die Erläuterungen dienen später als Referenz. Nach Aus-
wertung der Bestandsanalysen und Zusammenstellung möglicher
Objekte im festgelegten Planungsgebiet, Bunkerlandschaft Schweiz,
wird geprüft ob eine Planung aus landschaft licher Sicht sinnvoll und
erfolgreich sein kann.
Ein weiträumiger Einblick in die Festung Europa und das Reduit
nationale ist Grundlage, um die gewonnenen Erkenntnisse und Ein-
drücke genauer zu betrachten. In
Ausblicke - Einblicke
soll
der Ausblick aus der Bunkerlandschaft , aber auch ein Einblick in die
Bunkerlandschaft , stattfi nden.
Warscapes
Forts & Festungen
Reduit nationale
Ausblicke - Einblicke
9
Versteckte Aussichten . Methodik
1.5 Methodik
Um das geplante Studienziel zu erreichen bedarf es eines Blicks über
den Tellerrand der Landschaft sarchitektur. Neues Wissen, welches
noch nicht im Studium gelehrt wurde, muss angeeignet und aus-
reichend vertieft werden. Um diesem Ziel näher zu kommen ist ein
Studium fachfremder Literatur im Vorfeld nötig. Aktuelle Literatur
muss gefunden und ausgewählt werden, um sich Fachwissen weite-
rer Wissenschaft en wie der Kulturanthropologie, Historie, Philoso-
phie (um nur einige zu nennen) anzueignen. Nach dem Studium nö-
tiger Grundlagen zur weiteren Arbeit, werden diese Gebiete durch
weitere Recherche konkretisiert und auf zum Th
ema anwendbares
Material überprüft . Es wird versucht Ratschläge von Experten und
Informationen zur weiteren Nachforschung zu gewinnen.
Nach Defi nition des konkreten Planungsziels kann durch Exkursio-
nen, Ortsbesichtigungen, Kartenmaterial und Interviews mit Orts-
und Fachkundigen mit der Analyse fortgefahren werden. Diese For-
men der Informationsbeschaff ung werden intensiv bis zum Ende der
Studie durchgeführt.
Die Erarbeitung des Kapitels über Charaktere und Szenarios der
Landschaft erfolgt durch Skizzen, Fotografi en und Literatur. Diese
sind zu vergleichen und in einen kontextbezogenen Rahmen zu stel-
len. Vorherige Erkenntnisse werden überprüft und dem gestellten
Ziel der Charakterisierung und Interpretation nahegebracht.
Zur Recherche des Bildmaterials ist zu sagen, dass ein Katalog mit
interessantem Bildmaterial aufgestellt und dieser ständig ergänzt
wird. Bilder werden entsprechend des Textinhalts platziert und
wenn nötig mit einem Begleittext versehen.
Recherche
Exkursionen
Charakterisierung und
Interpretation
Bildmaterial
10
1.6 Zusammenfassung
In dieser Studie wird die vorhandene militärische Landschaft in der
Schweiz betrachtet und analysiert. Um eine Charakterisierung der
militärischen Landschaft zu ermöglichen werden verschiedene As-
pekte und Blickwinkel in Beziehung zueinander gestellt.
In der
Einleitung
wird eine Einführung in die Th
ematik und
den Aufbau der Studie gegeben. Es wird Interesse an der Studie
geweckt und zu weiterem Lesen motiviert. Darauf folgend bringt
Warscapes
dem Leser die Betrachtungsweise militärischer
Landschaft nahe. Es wird die Entstehung eines Mythos in Bezug auf
die reale Vergangenheit erläutert. Anhand dessen wird die Kodie-
rung der militärischen Landschaft veranschaulicht, um eine eigene,
sinnvolle Wahrnehmung zu gewährleisten. Im letzten Teil dieses
Kapitels sehen wir uns die Spuren der Erinnerung, die Vergänglich-
keit oder Nicht-Vergänglichkeit, an. Wir stellen fest, wie die Zeit
zwar Einfl uss auf militärische Landschaft nimmt, das latente Land-
schaft sbild aber erhalten bleibt.
Forts & Festungen
legt einen Blick in die Festungsland-
schaft Europas dar. Bekannte Anlagen nach dem Festungsmeister
Vauban und die Franzensfeste in Südtirol werden beschrieben,
ebenso die Bunkerlandschaft des zweiten Weltkriegs. Die Anlagen
werden kurz vorgestellt, das Hauptaugenmerk liegt aber auf ihrem
Bezug zur Landschaft und deren Einbindung. Wir betrachten uns
anschließend das
Reduit nationalé
, die schweizerische Lan-
desverteidigung. Durch die Milizarmee ist die Identität zur Lan-
desbefestigung stark geprägt. Dies zeigt sich bei Überlegungen zur
Nachnutzung und der zivilen Meinung zu den Anlagen. Es wird
erkannt, dass wir es auf landschaft licher Ebene mit einem einzigar-
tigen Festungsverbund zu tun haben, der eine weitere Anschauung
und Betrachtung erfordert.
Das Ziel der Studie ist die Analyse der militärischen Landschaft
in der Schweiz, deren Charakterisierung und Interpretation. Diese
Betrachtung wird in
Ausblicke - Einblicke
aufgeführt. Es er-
geben sich spannende Aspekte aus Topografi e, räumlichen Konstel-
lationen und als Almhütten getarnte Bunker in den Bergen - Eigen-
arten wie sie in ihrer Gesamtheit nur in der Schweiz zu fi nden sind.
11
Versteckte Aussichten . Abstract
1.7 Abstract
Th
e aim of this paper is the observation, refl ection and analysis of
existing Military Landscapes. As the refl ection and analysis are put
in context, a characterization of the Military Landscape is made pos-
sible.
Th
e
Introduction
provides a short presentation of the topic
and explains the composition of the present paper. Further,
War-
scapes
immerse in the signifi cance and consequence of the Mi-
litary Landscape. Th
e phenomenon and emergence of a myth as
opposed to the real past is investigated. With this accounted for,
the codifi cation of the Military Landscape is explained in order to
ensure an independent and meaningful perception of it. In the last
part of the chapter, the power of memory and the transience, or the
non-transience are studied further. We note how the passing of time
certainly infl uences the Military Landscape, but how the character
of the hidden Military Landscape remains.
In
Forts & Festungen
, the Fortress Landscape of Europe is
discussed. Well -known constructions of the fortress-master Vauban,
the Franzensfeste in Südtirol as well as the bunkers of World War II
are described. Th
e diverse military facilities are briefl y introduced.
Th
e emphasis lies on the facilities relation to the landscape. We also
discuss the
Reduit nationalé
, the Swiss national defense, and
how the common national identity was made strong through the Re-
duit and the militia army. Considering the current re-use and the
distinct, civilian opinion on the facilities of the Reduit, this strong
sense of a national identity is demonstrated. It is further recognized,
that we are dealing with a unique kind of landscape, aff ected by the
relation between the military facilities and their surroundings. Th
is
conclusion requires further observation and refl ection, which is pre-
sented in the last chapter.
Th
e aim of this paper is to interpret and analyse the Military Land-
scape in order to attain a characterization of it. Th
is approach is
shown in the last chapter,
Ausblicke - Einblicke
, which provi-
des interpretations and aspects of topography, spatial constellations
and camoufl aged huts in the Alps. Th
ese are characteristics of the
Military Landscape that are only likely to be found in Switzerland.
12
13
Warscapes . Abstract
2. Warscapes
14
15
Warscapes . Zur Bedeutung von Warscapes
2.1 Zur Bedeutung von Warscapes
Im Kapitel Warscapes wird der Zusammenhang zwischen Archi-
tektur, Militär und Landschaft analysiert. Wie die Einfl üsse sich
aufeinander auswirken und in ihrer individuellen Wirkung unter-
stützen. Alle drei Bereiche sind für viele Generationen integraler
Bestandteil des Alltags gewesen. Dadurch haben und hatten Fort-
schritte im Rüstungswesen schon immer identitätsstift ende Wir-
kung auf die Gesellschaft . Warscapes bezeichnet das Zusammen-
fi nden von subjektiven und objektiven Eigenarten einer Landschaft .
Wenn sich der deutsche Begriff
Kriegslandschaft
mehr auf das
Schlachtfeld bezieht und die Umschreibung
militärische Land-
schaft
die das Gedankenkonstrukt dieser Th
ematik darstellt. Der
Begriff
Warscapes
implementiert beide Seiten in ausgewogenem
Maß. Er steht somit für die subjektiven Eigenarten des Kriegs von
der Entstehung bis zum Schlachtfeld.
16
Persönliche Erinnerung
Persönliche
Fakten
Historie
Mythos
Objekte
Dokumente
Dokumente
Dokumente
Fotogra en
Fotogra en
Wünsche
Wünsche
Vorstellungen
Fotogra en
Person B
Person C
Person A
Geräusche
Geräusche
Geräusche
Verletzungen
Bilder
Bilder
Bilder
Persönlichkeit
Charakter
Charakter
Bilder
Mythos
Erinnerung
Erinnerung
Geschichten
Geschichten
Reisen
Reisen
Reisen
Erinnerung
4 ,,Die Schnittmenge aus Mythos und
Historie", Eigene Grafi k (2010)
17
Warscapes . Entstehung des Mythos
2.2 Entstehung des Mythos
Im Rückgriff auf den Mythos Schweiz stellt sich die Frage, was ge-
nau ein Mythos ist? Wie entsteht ein solcher und wie kann er ein
Landschaft sbild beeinfl ussen?
Die Auseinandersetzung mit dem Reduit ist eine Auseinanderset-
zung mit der Vergangenheit und den Alpen. An was erinnern die al-
ten Bunker und Panzersperren in den Bergen? Die meisten Betrach-
ter dieser Situation bringen keine eigene Erinnerung an diese Orte
mit. Sie beziehen sich auf subjektive Erinnerungen anderer, somit
variieren diese Geschichten von Erzähler zu Erzähler und hängen
von individuellen Erlebnissen in dieser Zeit und weiteren Lebenser-
fahrungen ab
9
. Wenn sich an diese Geschichte weitere Geschichten
reihen und sich die Erfahrungen und Informationen ergänzen, dann
reduzieren sich auf anderer Seite auch die Gemeinsamkeiten.
Der Mythos ist die Schnittmenge der Erinnerungen.
So ergibt sich eine allgemeine Darstellung von Erlebtem und Wün-
schen. Es ist das kollektive Gedächtnis, das Gedächtnis einer sozial
zusammenhängenden Gruppe. Das kollektive Gedächtnis reduziert
Geschichten und Erfahrungen zu Archetypen von Geschichten, zu
Mythen.
Auf der anderen Seite können wir von der Wahrheit sprechen, von
einem nie umfassenden Werk, von der Sammlung nach Beweisen.
Hier fi nden wir Historiker die versuchen, diese Mythen zu belegen
und zu widerlegen. Sie suchen nach wahren und unverfälschten Mo-
menten der Vergangenheit. Es ist das kulturelle
10
Gedächtnis der
Gesellschaft . Die Aufgabe der Historiker, Kuratoren und Biblio-
thekare ist die Kultur in seiner Ursprungsform zu bewahren
11
. Die
Unterschiede liegen also in der emotionalen Ladung zur institutio-
nellen Festigung.
9 Halbwachs, M. (1967). Das kollektive Gedächtnis. Stuttgart: Enke. S. 40 ff
10 Assmann, A. (2003). Erinnerungsräume. München: Beck. S. 121 f
11 König, H. P. (2010). Die Tränen der Erinnerung. NZZ - Neue Zürcher Zeitung , S. 57.
Ein Bild der Erinnerung
Rolle der Historiker
18
,,Generell gilt, dass politische Ordnungen,
Gesellschaft en und Staaten nicht auf Identität und
auf die Ausübung eines kollektiven Gedächtnisses
verzichten können. [...] Das kollektive Gedächtnis
kann und muss sich der kritischen Kontrolle der
Historie unterwerfen. [...] Die Interventionen
der Historiker bewirken, dass blinde Treue des
Gedächtnisses zur kollektiven Identität immer wieder
auf den Prüfstand gestellt und aufgebrochen wird."
Aus NZZ, Die Tränen der Erinnerung, Helmut König (2010)
,,Solche Mythen lösen die historische Erfahrung
von den konkreten Bedingungen ihres Entstehens
weitgehend ab und formen sie zu zeitenthobenen
Geschichten um."
Aleida Assmann, Soziales und kollektives Gedächtnis; Bundeszentrale für
politische Bildung (2006)
19
Warscapes . Entstehung des Mythos
Ein tieferer Einstieg in die Th
ematik ist in dieser Studie jedoch
nicht von Interesse. Diese Aufarbeitung gehört ins Fachgebiet der
Kulturanthropologen, Erinnerungswissenschaft ler und Geschichts-
wissenschaft ler. Vorweg soll der wichtigste Punkt zur Ermöglichung
dieser Mythenbildung genannt werden, die der Latenz der Befesti-
gungen. Niemand aus der zivilen Bevölkerung wusste wirklich, was
sich in den Alpen befi ndet, von Flugzeughanger bis zum tausende
Kilometer umfassenden Tunnelsystem wurde vieles erzählt. Weitere
Aspekte werden im Laufe der Studie genannt und besprochen. Als
ständig präsentes Th
ema in der Bevölkerung, als geistige Landesbe-
festigung und als Sicherung des Überlebens spielt das Reduit eine
immens große Rolle für die schweizerische Bevölkerung.
Mythos Alpenfestung
20
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21
Warscapes . Ästhetische Landschaft und Militär
2.3 Ästhetische
Landschaft und Militär
Militärische Anlagen beeinfl ussen das Landschaft sbild, sowie die
Landschaft die Größe und Position militärischer Anlagen beein-
fl usst. Beides hängt unmittelbar zusammen und wurde im Laufe der
Zeit immer wieder aneinander angepasst und verändert
12
.
Durch diese Entwicklung lässt der Festungsbau Rückschlüsse auf
die gesellschaft liche Situation zu und war, aufgrund der stetigen
Forschung, der zivilen Architektur immer einen Schritt voraus
13
.
Rückblickend erfolgte eine Beeinfl ussung der Militärarchitektur auf
die Entwicklung einer Epoche
14
. Auch in der Landschaft sarchitek-
tur wurde dieser Wissensvorsprung, wie in der Architektur, genutzt.
Die Kartografi e zeigt ein Beispiel dieser Auswirkung. Angefangen
mit militärischen Karten zur Grundlage der Planung kommen
heute wenige Planer ohne satellitengestützte Luft bilder aus. Die ak-
tuell verwendete Qualität dieser Bilder wäre ohne das Militär nicht
denkbar
15
.
Die grundsätzliche Bedeutung von Landschaft muss zur Analyse
der militärischen Landschaft im Vorfeld beachtet werden. Ver-
schiedene Forschungsansätze wie Landschaft sästhetik, Wahrneh-
mungsgeografi e, Promenadologie, etc. versuchen hier sinnvolle und
aussagekräft ige Ansätze zu fi nden
16
. Einheitlich kann von dem Er-
gebnis ausgegangen werden, dass nicht nur die visuellen Aspekte der
Landschaft , sondern von subjektiven Gesamteindrücken gesprochen
wird. Lärm, Gerüche und weitere Faktoren bestimmen dieses Bild
auf gleiche Weise mit
17
.
12 Duff y, C. (1975). Fire & Stone. Devon: David & Charles. S 45.
13 Virilio, P. (1988). Die Sehmaschine. Berlin: Merve Verlag. S. 62
14 Foxley, A. (2010). Distanz & Engagement. Baden: Lars Müller Publishers. Foxley be-
hauptet in ihrer Arbeit, dass die Festungsanlagen Vaubans die später entstandene barocke
Gartenarchitektur beeinfl usst hat.
15 Beispielsweise basiert Google Earth auch auf ursprünglich fürs Militär entwickelten
Technologien.
16 Burckhardt, L. (2006). Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft .
Berlin: Martin Schmitz Verlag.
17 Wöbse, H. (2003). Landschaft sästhetik. Stuttgart: Ulmer (Eugen).
Einfl uss militärischer Prozesse
Bedeutung von Landschaft
22
8 Bild oben: ,,Getarnte Bunkerstellung", Landschaft suntypische Bepfl an-
zung als Versteck. In erster Linie dienten solche Tarnungen zur Deckung vor
Luft aufk lärung, aber selbst auf diesen Fotos ist es kein Problem, solche Stellun-
gen zu entdecken.
9 Bild unten: Wir sehen drei Bunkerstellungen, zwei getarnt wie auf BIld oben
und einer unter einer Eiche ,,versteckt".
23
Warscapes . Ästhetische Landschaft und Militär
Die aktuelle Diskussion
18
zur Landschaft sbildbewertung lässt sich
grundsätzlich in zwei Sichtweisen unterscheiden. Auf der einen
Seite soll die ursprüngliche Natur zurückgewonnen werden, auf
der anderen Seite liegt die Konzentration auf einer korrekte Defi -
nition von Kulturlandschaft und dessen Erhaltung. Demnach gibt
es zurzeit keine Werte zur idealen Landschaft und es gibt kein Ziel
auf das zugesteuert wird. Dies ist kurz zu erwähnen, da wir uns mit
dem Th
ema Militärlandschaft in Richtung Kulturland und dessen
Erhaltung bewegen
19
und Gesichtspunkte dieser Sichtweise auch
übernommen wurden.
Was bedeutet diese Kodierung durch Fremdfaktoren in unserem
Landschaft sbild? Es bedeutet, dass es keine klar defi nierbaren Typen
gibt, keine Möglichkeit Landschaft erschöpfend zu beschreiben. Un-
terteilungen in verschiedenste Biodiversitäten und in oft einmalige
Eigenschaft en, bzw. Zusammensetzungen sind möglich. Kulturelle
Prägung wird als Typus in erster Linie durch dessen Nutzung ein-
gebunden
20
. Bisher wird objektbezogener Landschaft sschutz durch
die Denkmalpfl ege betrieben
21
, hier wird aber das Objekt und nicht
die durch dieses Objekt geprägte Landschaft geschützt. Dies kann
18 Aktuelle Diskussion meint die regelmäßig erscheinenden Fachbeiträge und Bücher, .
von Wöbse (2003)/Coch (2006)/Archithese (2009)/etc.
19 Artner, A.,etc. (2006). Future Landscapes. Bonn: Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung. S.69 ff
20 Wöbse, H. (2003). Landschaft sästhetik. Stuttgart: Ulmer (Eugen).
21 Keller, S., Lovisa, M., & Geiger, P. (1995). Inventar der Kampf- und Führungsbauten,
Militärische Denkmäler der Kantone
24
in besonderen Fällen zu einer Fehlinterpretation eines Landschaft s-
bilds führen, hier der Militärlandschaft Schweiz. Dabei wird Land-
schaft ikonologisch kodiert, d.h. sie wird zeichenhaft verändert und
bekommt somit einen neuen Sinn und Ausdruck. Dies Sachverhalt
wird an einem einfachen Beispiel dargestellt.
Der Betrachter steht an der Landesgrenze zwischen der Schweiz und
Italien in von Bergen. Es ist nichts zu sehen außer der umgebenden
Flora, Fauna und Geologie. Ist es für den Betrachter nun ,,gefühlt"
ein Unterschied ob er in der Schweiz oder in Italien steht? Es ist an-
zunehmen man könne die Landschaft als Gesamtbild wahrnehmen
und dass dem Betrachter die Alpen als vordergründige Information
erscheinen, jedoch hängt es vom Vorwissen dieses Betrachters ab.
Aber es reicht schon ein kleines Hinweisschild, das ihn beim Über-
treten dieser unsichtbaren Grenze in eine andere Welt versetzt. Die-
ser Eff ekt lässt sich wohl am Eindrücklichsten am Nullmeridian bei
Greenwich feststellen, dort kann man jeden Tag beobachten was ein
,,Grenzwechsel" in diesem Sinne für die Wahrnehmung bedeutet.
Was bedeutet kodierte Landschaft im ästhetischen Kontext eben
dieser Landschaft sbetrachtung? Kann es diese aufwerten und zu ei-
ner besseren Beurteilung führen, beispielsweise durch die Kenntnis
des Bewirtschaft ungstypus eines Ackers? Studien
22
haben ergeben,
dass blühende Rapsfelder von der Mehrheit der Gesellschaft als
ästhetisch wertvoller angesehen werden, als ökologisch sinnvolle
Mischkulturen. Aber sobald der Betrachter Informationen über
beide Bewirtschaft ungsweisen erlangt hat, so hat sich auch seine
Meinung zur landschaft lichen Schönheit geändert.
In der Bunkerlandschaft Schweiz stellt sich daher die Frage, ob die
Landschaft durch die mit ihr durchsetzten Objekte aufgewertet oder
vielleicht sogar abgewertet wird. Auch der Beginn der Tarnung als
,,Falsche Chalets", Felsformationen, Holzlager, o.Ä.. ist erst in den
Nachkriegsjahren entstanden. Ziel war der ,,Erhalt landschaft licher
Schönheit
23
" und es wurde begonnen die Bunker zur Erhaltung der
Ideallandschaft zu tarnen. Nur muss man zu heutigem Standpunkt
feststellen, dass ein ,,Verstecken" aus ideologischen und strategischen
22 Vgl. Artner, A.,etc. (2006). Future Landscapes. Bonn: Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung.
23 Vgl. Schwager, C. (2008). Falsche Chalets. Zürich: Edition Patrick Frey.
Wertung der Landschaft
Tarnung zur Erhaltung des
Landschaft sbilds
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (eBook)
- 9783842805637
- DOI
- 10.3239/9783842805637
- Dateigröße
- 7.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Rheingauschule Geisenheim – Freiraumplanung, Landschaftsarchitektur
- Erscheinungsdatum
- 2010 (Oktober)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- landschaft aussichten raumanalyse bunker schweiz
- Produktsicherheit
- Diplom.de