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Die Rolle eines Intermediärs unter den Bedingungen vernetzten Arbeitens

Entwicklung eines Bezugsrahmens für ein Geschäftsmodell

©2010 Diplomarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1, Einleitung – Erkenntnisinteresse und Zielstellungen:
Wissen ist im anbrechenden 21. Jhd. zur neuen Produktivkraft einer sich abzeichnenden postindustriellen Ökonomie geworden. Die Bedeutung der Ressourcen einer industriellen Ära verringert sich:
‘Mit der Höherstufung von Produkten und Dienstleistungen zu wissensbasierten, professionellen Gütern verlieren die herkömmlichen Produktionsfaktoren (Land, Kapital, Arbeit) gegenüber der implizierten oder eingebauten Expertise dramatisch an Bedeutung und damit mutiert die moderne kapitalistische Ökonomie schrittweise zu einer post-kapitalistischen, wissensbasierten Produktionsform.’
Im Zuge dieser Produktionsform rückt der Mensch, seines Zeichens Träger der immateriellen Wissens-Ressource, ins Zentrum der ökonomischen Betrachtung. So besteht die Herausforderung für das Management von Unternehmen aktuell darin, die Mobilisierung des menschlichen Wissens zu ermöglichen:
‘the work that needs to be done in the 21st. century […] is different from which was required in the 20th century […] The organizing model was designed to mobilize labor and capital, but today you need to mobilize mind power as well.’
Doch damit Wissenspotentiale verstärkt in Unternehmen einbezogen werden können, gilt es, das Internet als maßgebendes Strukturelement für die Wertschöpfung zu berücksichtigen. Denn die hohe Produktivkraft, die das Wissen heute entwickelt, ist zu einem wesentlichen Teil auf das Internet zurückzuführen. Hier wird das Wissen, verstanden als die ‘in Erfahrung eingebettete Information’ zu einem großen Teil produziert und distribuiert. Die besondere Kraft, die das Wissen dabei über das Internet erhält, ist in der Eigenschaft des ‚Netzes‘ als Kommunikationsmedium zu sehen. Dadurch, dass die Kommunikation eine Verbindung unzähliger informations- und datenverarbeitender Systeme über jede Grenze hinweg ermöglicht, hat Wissen heute neben einer nie da gewesenen Verbreitungs- auch eine bisher unbekannte Diversifikationsdimension in der Gesellschaft erreicht. Das Internet wird so zum Wissensmotor einer für die heute im gesellschaftlichen Diskurs immer wieder auftauchenden Chiffre von ‚Netzwerkgesellschaft‘ (Castells)‚ Wissensgesellschaft‘ (Stichweh), ‚Mediengesellschaft‘ (Giesecke) oder ‚Informationsgesellschaft’ (Bangemann).
‘Auf der Seite der Ökonomie setzt [die Wissensgesellschaft] voraus, dass drei Prozesse eine kritische Masse gewinnen und sich gegenseitig verstärken: zum einen die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Einleitendes Zitat

1. Einleitung – Erkenntnisinteresse und Zielstellungen
1.1 Hypothesen und Forschungsziele
1.2 Forschungslage und eigener Ansatz

2. Ressourcenorientierung in Zeiten der Netz-Kultur
2.1 Netz-Wissen und das Ende institutionsbeschränkter Wertschöpfung
2.2 Grundlagen zum Ressource-Based-View
2.3 Die Kultur als Norm für die Ausbildung von Systemressourcen
2.4 Die Ressource der ‚Fähigkeit‘ im Umgang mit dem Wissen der Netz-Kultur
2.5 Probleme in Form von ‚Routinen‘ im Umgang mit dem Wissen der Netz-Kultur
2.6 Ein interaktives, outputorientiertes Verständnis des Wissens der Netz-Kultur

3. Zum Arbeitsraum in der Netz-Kultur
3.1 Die Betrachtung von diachroner Zeit- und synchroner Strukturachse
3.1.1 Die Systementwürfe auf der diachronen Zeitachse
3.1.2 Die Systementwürfe auf der synchronen Strukturachse
3.1.3 Die Veränderung sinnbasierter Operationsweisen
3.2 Zeitdimension: die Ko-Evolution im Arbeitsraum
3.3 Sozialdimension: die Kommunikation im Arbeitsraum
3.4 Raumdimension: die Raumvorstellung im Arbeitsraum
3.5 Sachdimension: die System-Differenz im Arbeitsraum
3.5.1 Die primäre Gesellschafts-Differenzierung und ihre Folgen für die Wirtschaft von heute
3.5.2 Die sekundäre Wirtschafts-Differenzierung und die Entkopplung von Problem und Lösung

4. Zur strategischen Planung des Arbeitsraums in der Netz-Kultur
4.1 Der Intermediär
4.1.1 Die Bedeutung des Intermediärs für die strategische Planung
4.1.2 Die Koordination von Systemzielen durch den Intermediär
4.2 Der Ist-Zustand: das Referenz- oder Problem-Szenario
4.2.1 Die System Analyse: Time of Transition
4.2.1.2 Die Analyse der Hemmnisse
4.2.1.3 Die Rollenvorstellung als Hemmnis
4.2.1.4 Die Ressourcenvorstellung als Hemmnis
4.2.2 Das Referenz Szenario
4.2.2.1 Formulating The Mess
4.2.2.2 Die Problemvariablen in der Zeitdimension
4.2.2.3 Die Problemvariablen in der Strukturdimension
4.2.2.4 Die Problemvariablen in der Sozialdimension
4.2.2.5 Die Problemvariablen in der Raumdimension
4.3 Ideal- und Soll-Zustand: das Entwicklungsszenario des Intermediärs
4.3.1 Grundlagen für ein interaktives Entwicklungsszenario des Intermediärs
4.3.1.1 Grundlagen zum Ends-Planning
4.3.1.2 Grundlagen zum Means-Planning
4.3.1.3 Das Ends- und Means-Planning des Intermediärs
4.3.2 Der Ideal-Zustand
4.3.2.1 Time Of Future Prospects: Ideal Zustand (1)
4.3.2.2 Das ‚Ideal‘ des Arbeitsraumes in der informationellen Ökonomie
4.3.2.3 Time To Find A Mission Of Consensus: Ideal Zustand (2)
4.3.2.4 Der Wissensmarkt am Beispiel des ‚Smart Grid‘
4.3.2.4.1 Das Produktions-Netzwerk des ‚Smart Grid‘
4.3.2.4.2 Das Verbraucher-Netzwerk des ‚Smart Grid‘
4.3.2.4.3 Zusammenfassung der Wissensaktivitäten des ‚Smart Grids‘
4.3.3 Der Soll-Zustand
4.3.3.1 Time To Identify Needs: Ends- (Gap) Planning
4.3.3.2 Das Entwicklungsdefizit und die Bedürfnisse der Stakeholder
4.3.3.3 Die Mittel des Intermediärs zur Schließung des Entwicklungsdefizits
4.3.3.3.1 Time To Develop Know-How: Beziehungs-Beratung
4.3.3.3.2 Time To Cooperate: Kooperations-Management

5. Fazit/Ergebnisse der Arbeit
5.1 Zusammenfassungen der Befunde
5.2 Diskussion
5.3 Ausblick

6. Abkürzungsverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

8. Literaturverzeichnis

9. Danksagung

10. Eidesstattliche Erklärung

1. Einleitung – Erkenntnisinteresse und Zielstellungen

Wissen ist im anbrechenden 21. Jhd. zur neuen Produktivkraft einer sich abzeich-nenden postindustriellen Ökonomie geworden.[1] Die Bedeutung der Ressourcen einer industriellen Ära verringert sich:

„Mit der Höherstufung von Produkten und Dienstleistungen zu wissensbasierten, professionellen Gütern verlieren die herkömmlichen Produktionsfaktoren (Land, Kapital, Arbeit) gegenüber der implizierten oder eingebauten Expertise dramatisch an Bedeutung und damit mutiert die moderne kapitalistische Ökonomie schrittweise zu einer post-kapitalistischen, wissensbasierten Produktionsform.“[2]

Im Zuge dieser Produktionsform rückt der Mensch, seines Zeichens Träger der im-materiellen Wissens-Ressource, ins Zentrum der ökonomischen Betrachtung. So besteht die Herausforderung für das Management von Unternehmen[3] aktuell darin, die Mobilisierung des menschlichen Wissens zu ermöglichen:

„the work that needs to be done in the 21st. century […] is different from which was required in the 20th century […] The organizing model was designed to mobilize labor and capital, but today you need to mobilize mind power as well.”[4]

Doch damit Wissenspotentiale verstärkt in Unternehmen einbezogen werden können, gilt es, das Internet als maßgebendes Strukturelement für die Wertschöpfung[5] zu berücksichtigen. Denn die hohe Produktivkraft, die das Wissen heute entwickelt, ist zu einem wesentlichen Teil auf das Internet zurückzuführen. Hier wird das Wissen, verstanden als die „in Erfahrung eingebettete Information“[6] zu einem großen Teil produziert und distribuiert. Die besondere Kraft, die das Wissen dabei über das Internet erhält, ist in der Eigenschaft des ‚Netzes‘ als Kommunikationsmedium zu sehen. Dadurch, dass die Kommunikation eine Verbindung unzähliger informations- und datenverarbeitender Systeme[7] über jede Grenze hinweg ermöglicht, hat Wissen heute neben einer nie da gewesenen Verbreitungs- auch eine bisher unbekannte Diversifikationsdimension in der Gesellschaft erreicht. Das Internet wird so zum Wis-sensmotor einer für die heute im gesellschaftlichen Diskurs immer wieder auftauch-enden Chiffre von ‚Netzwerkgesellschaft‘ (Castells)‚ Wissensgesellschaft‘ (Stichweh), ‚Mediengesellschaft‘ (Giesecke) oder ‚Informationsgesellschaft’ (Bangemann).

„Auf der Seite der Ökonomie setzt [die Wissensgesellschaft] voraus, dass drei Prozesse eine kritische Masse gewinnen und sich gegenseitig verstärken: zum einen die Ausbildung der lernenden, intelligenten Organisationen, dann ein Strukturwandel der Arbeit von der tayloristisch geprägten Industriearbeit zur Wissensarbeit, und schließlich die Ubiquität intelligenter Produkte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ihr wesentlicher Wert in der eingebauten Intelligenz liegt.“[8]

Für das Unternehmen bedeutet das, sich in die Richtung einer solchen Organisation hin zu entwickeln. Für die Verarbeitung von Wissen in einer solchen Organisation heißt das, dass sich hier Strukturen dezentral vernetzter Arbeit entwickeln, die unterschiedlichste Systeme und ihre Wissenspotentiale zu einer neuen Form der Kooperation verbinden. Doch eine gezielte Steuerung[9] dieser polyzentrischen Res-sourcenpotentiale für die Wertschöpfung fehlt bisher weitgehend, um die Art von Produkten zu entwickeln, von denen oben die Rede ist.

Mein Interesse in dieser Arbeit besteht deshalb darin, eine Organisationsform zu entwickeln, die im Zeichen einer Wissensgesellschaft eine strategische[10] Wissens-wertschöpfung ermöglicht. Dabei steht im Zentrum der Betrachtung, welche Rolle Kommunikation[11] hier bei der Vernetzung von Wissensarbeit[12] spielt.

1.1 Hypothesen und Forschungsziele

Hypothese 1: Aufgrund der herausragenden Stellung des Wissens in Verbindung mit einer gesellschaftsübergreifenden Vernetzung kann man heute von einer ‚Netz-Kultur‘ sprechen. Dadurch, dass sich die Qualität dieses Wissens über das ‚Netz‘ fundamental von dem des Buchdrucks[13] unterscheidet, kann heute von einer kulturellen Transformation gesprochen werden. Im Zusammenhang mit diesem Kulturwechsel entwickelt sich parallel eine informationelle Ökonomie, die sich von einer rein materiellen differenziert. Eine grundlegende Differenzierung von beiden ergibt sich durch die Form der ökonomischen Produktion:

„Materielle Produktion – wie die Produktion von Autos, Fernsehern, Kleidung und Nahrung – schafft die Mittel des gesellschaftlichen Lebens. […] Im Gegensatz dazu schafft immaterielle Produktion, zu der die Produktion von Ideen, Vorstellungen, Kommunikation, Kooperation und affektiven Beziehungen gehört, tendenziell nicht die Mittel des gesellschaftlichen Lebens, sondern gesellschaftliches Leben als solches.“[14]

Ein zentraler Produktionsfaktor für die informationelle Ökonomie ist die Vernetzung dezentral verteilter Wissenspotentiale. Durch den Neuheitscharakter, den der Umgang mit vernetzten Wissen für Unternehmen mit sich bringt, kommt es zu einer „radikalen Neuorientierung und Neuordnung“[15] im Sinne einer „Next practice,“[16] die anstatt einer „Funktionsoptimierung“[17] im Umgang mit Wissen als Ressource einen „Prozessmusterwechsel“[18] verfolgt. Dieser Wechsel, so die hier gestellte Hypothese, erfordert ein Umdenken in Bezug auf den Einsatz und die Abstimmung von Ressour-cenpotentialen zum Zweck der Wertschöpfung mit Netz-Wissen. Statt dass ein Unternehmens den Wettbewerbsvorteil in seiner Fähigkeit sucht, „to consolidate cor-poratewide technologies and production skills into competencies“[19], muss es hin-sichtlich der Wissensproduktion seine Kern Kompetenzen[20] heute dergestalt neu organisiseren, dass dieses Wissen zur Steuerung von Teilen der Wertschöpfung ver-mehrt außerhalb der Grenzen des Unternehmens selbst zu suchen und zu finden ist.

Das Ziel, das im Zusammenhang mit dieser Hypothese verfolgt wird, ist es eine Vorstellung über die neuen Anforderungen für die Wertschöpfung im ‚offenen‘ Arbeitsraum der informationellen Ökonomie zu entwickeln, durch deren Darstellung ein Prozessmusterwechsel sinnvoll erscheint. Im Fokus der Anforderungen steht der Umgang mit dem Wissen als neue Produktivkraft. Anhand dieser Vorstellung müssen Fähigkeiten[21] im Umgang und der Integration der Vernetzung entwickelt werden. Diese Neuabstimmung soll auf der Grundlage des ‚Resource-based View‘[22] [23] erfolgen.

Hypothese 2: Die Organisation von Wissensarbeit in der informationellen Ökonomie wird in Zeiten der Vernetzung von einem „Kontroll- zu einem Kooperationsproblem“[24] im Verhältnis von sozialen und personellen Systemen: „Der wesentliche Aspekt unter dem Paradigma der immateriellen Produktion [ist], in welch engem Verhältnis sie zur Kooperation und Kommunikation steht – kurz: ihre Begründung im Gemeinsamen.“[25] Diese Gemeinsamkeit spielt sich im Zusammen-hang einer räumlichen Erweiterung des Arbeitsraumes ab, der sich vom einzelnen Unternehmen in die Vernetzung vieler unterschiedlicher Systeme erstreckt. Durch die räumliche Ausweitung werden direkte, einseitige Kontrollen für das Unternehmen erschwert und im Zusammenhang der Wissensproduktion kontraproduktiv. Statt des Problems der direkten Kontrolle stellt sich im Zusammenhang der Kooperation immer mehr die Frage, wie die räumliche Distanz zwischen den Systemen strategisch abgestimmt werden kann.

Andererseits entziehen sich Personen in der informationellen Ökonomie durch ihre veränderten Attitüden einer direkten Kontrolle im Unternehmen. Statt sich in hierar-chisch organisierte Formen der Arbeitskoordination begeben zu wollen, steigen ihre Bedürfnisse zur Selbststeuerung. Auch hier schwinden durch das wachsende Bedürfnis zur Autonomie[26] die Kontrollmöglichkeit für Unternehmen. Statt der Hierar-chien benötigt man auf Grund dieser Autonomietendenzen eine andere Orga-nisationsform, welche die Kontrollprobleme aus der hierarchischen Arbeitsorga-nisation hinter sich lässt und die Kooperationsprobleme der Systeme löst.

Das Ziel im Zusammenhang mit dieser Hypothese ist es, den Wechsel von der Kontroll- zur Kooperationsproblematik nachzuweisen. Dazu müssen zunächst die kommunikativen Bedingungen in einem unternehmenszentrierten, hierarchisch organisierten Arbeitsmodell geprüft werden. Dabei muss der Fokus auf die Rollen-verteilung zwischen sozialen und personellen Systeme im Zusammenhang mit der hierarchischen Arbeitsorganisation gelegt werden. Eine besondere Bedeutung spielen dabei die Medien[27]. Ihre Qualitäten charakterisieren das Wesen der hierarchischen Organisation dadurch, dass sie Bedürfnisse und Erwartungen[28] zwischen sozialen und personellen Systemen ‚steuern‘.

Nachdem ein hinreichendes Rollen- und Medienverständnis im Zusammenhang von Hierarchien erarbeitet wurde, muss eine Einschätzung darüber erfolgen, wie sich die Kooperationsproblematik in der informationellen Ökonomie darstellt. In diesem Zusammenhang gilt es zu klären, inwieweit sich das Rollenverständnis ändert und welche Medien nun die Bedürfnisse und Erwartungen für eine Kooperation ‚steuern‘ können.

Hypothese 3: Um dezentrale Wissensressourcen durch die Vernetzung sozialer und personeller Systeme in einem Organisationsmodell ‚steuern‘ zu können, wird eine Organisation in der Mitte der Systeme, ein ‚Intermediär‘ benötigt. Seine Funktion ist die Beratung der Systeme in Bezug auf ein verändertes Rollen- und Ressourcenverständnis in der Netz-Kultur. „Das Schlüsselwort für den Zusammen-hang von Wissen und Steuerung ist Beratung.“[29] Aus der Sicht des Intermediärs wird über die Beratung seiner Stakeholder[30] neben der (Weiter-)Entwicklung ihres eigenen Rollen- und Ressourcenverständnisses auch das Vertrauen in den eigenen inter-mediären Service zur Abstimmung ihrer Ressourcenpotentiale untereinander erzeugt. Denn ohne diesen Service, so die These, verfehlen sich ihre verteilten Wissens-ressourcen gegenseitig und es kommt so nicht zu einer effektiven Wissens-

Kooperation zwischen den Systemen. Durch das Erkennen dieser Problematik findet der Intermediär und sein Service die Akzeptanz der Stakeholder. Ist dies erreicht, schließt sich der Kreis einer neuen Arbeits-Organisation zur Wissenswertschöpfung, der aus sozialen, personellen Systemen und dem Intermediär besteht.

Das Ziel im Zusammenhang mit dieser Hypothese sieht vor, den Beratungsbedarf herauszuarbeiten, den soziale und personelle Systeme in einer Netz-Kultur haben. Zudem muss der Service zur Abstimmung ihrer jeweiligen Ressourcenpotentiale bestimmt werden.

1.2 Forschungslage und eigener Ansatz

Im Zusammenhang mit dem bereits formulierten Erkenntnisinteresse und den Hypothesen geht es darum, eine (Wirtschafts-) Organisation zur vernetzten (Wissens-) Wertschöpfung zu entwickeln. Folglich muss es bei der Theoriebildung übergeordnet darum gehen, sich an den drei klassischen Definitionsmerkmalen zur Organisations-theorie zu orientieren. Diese sind: die Zielorientierung, die Arbeitsteilung und die Mitgliedschaft.[31]

Um den Organisationsentwurf auf „das Geflecht von Beziehungen zwischen allen sozietalen Akteuren […] korporative und kollektiv handlungsfähige Akteure“[32] zu richten, empfiehlt Willke, die dafür notwendige „Organisationssoziologie vom Inter-Organisations-Ansatz und von der Netzwerkanalyse [zu] durchleuchten.“[33] Während Willke dies aus soziologischer Sicht betrachtet, liegt der Fokus dieser Arbeit in erster Linie im strategischen Management.

Auch im Management ist das Unternehmen keine monolithische Institution[34] mehr. Auch hier gibt es Bestrebungen, zu einer Art kollektiver Strategiefähigkeit zu kommen, die einem ‚Geflecht von Beziehungen‘ ähnelt. So stellt z.B. Sydow eine Transformation des Unternehmens zum Unternehmensnetzwerk fest.[35] Folgerichtig sieht er die „Zielsetzung [seiner] Arbeit vor dem Hintergrund der […] Entwicklungen in Managementpraxis und -forschung [darin,] einen Beitrag zur Erklärung der Evolution und Organisation der […] als strategische Netzwerke bezeichneten Organisationsform zu leisten.“[36] Doch wie andere Theorien im Zusammenhang der Netzwerkforschung auch, beschränkt sich die von Sydow darauf, Wirtschafts-organisationen als strategische Akteure in die Überlegungen einzubeziehen. So werden seiner Definition nach „Strategische Netzwerke […] von einer oder mehreren fokalen Unternehmung(en) strategisch geführt.“[37] Bisher fehlt in der Manage-menttheorie die Erkenntnis, dass heute „aus einem [Arbeiter, der] bisher […] eher passiv oder reaktiv auf dem Arbeitsmarkt agierenden Träger der Ware Arbeitskraft

[…] ein in völlig neuer Qualität strategisch handelnder Akteur“[38] geworden ist. Dieser blinde Fleck soll in dieser Arbeit damit korrigiert werden, dass personelle Systeme als vollwertig strategiefähige und aktive Akteure in die strategischen Überle-gungen zur Vernetzung einbezogen werden.

Aus dieser Festlegung folgt, dass durch die Vernetzung von Unternehmen und personellen Systemen der ‚Inter-Organisations-Ansatz‘ – von dem oben die Rede war – in dieser Arbeit zu einem ‚Intersystemischen Ansatz‘ weiter entwickelt wird, der Einzelpersonen mit einbezieht. Diese Entscheidung hat gerade in Bezug auf das Wissensmanagement im Unternehmen eine hohe Relevanz. Denn während „im betriebswirtschaft-lichen Wissensmanagementdiskurs […] die Perspektive des Managements in den Vordergrund gerückt [wird], welche das Managen des Wissens von Personen zu entkoppeln versucht, um es […] im Sinne der Unter-nehmensziele zur Verfügung zu haben,“[39] werden hier in den strategischen Überlegungen die Wissens-potentiale nicht von ihrem Träger abgelöst. Die Ver-bindung von Wissen als die von der Person nicht ablösbare Ressource wird in Abbildung 1 dargestellt. Dieses Vorgehen ist im Sinne einer effektiven Wert-schöpfung von Wissen zu befürworten. Um es nämlich ‚managen‘ zu wollen, muss man die Person und nicht nur ihr Wissenspotential berücksichtigen. Denn Personen erzeugen Wissen „durch den Einbau von Informationen in Erfahrungskontexte […] die das System in einem speziell dafür erforderlichen Gedächtnis speichert und verfügbar hält.“[40]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der Mensch als Träger des Wissens

Dadurch, dass hier die Organisation auch Einzelpersonen als vollwertige strategische Akteure einbezieht, gilt es für das Management, sowohl die eigenen Vorstellungen, als auch die der anderen Akteure vollwertig mit zu berücksichtigen. Um deshalb im ersten Punkt der ‚Zielorientierung‘ die Entwicklung der Organisation fundiert theoretisch unterfüttern zu können, muss mit mehreren Zielebenen operiert werden. Einen passenden Theoriebaustein liefert dazu Ackoff. Dieser drückt in seinem Buch der „Corporate Future“[41] eine Vorstellung von Management aus, die von drei ver-schiedenen Zielebenen ausgeht. Passend zu dieser Herangehensweise sagt er: “The Systems Age is a movement of many wills in which each has only a small part to play, even those who are trying to shape it deliberately.”[42] Die strategische Planung der Organisation wird sich deshalb schwerpunktmäßig auf dieses Werk beziehen.

Bei den übrigen zentralen organisationstheoretischen Fragen von oben geht es um ‚Arbeitsteilung‘ und ‚Mitgliedschaft‘. Beide Punkte bedürfen im Theoriediskurs durch den hier verfolgten ‚Intersystemischen Ansatz‘ ebenfalls einer Aktualisierung. Bisher wird das Verständnis über die Mitgliedschaft in erster Linie dadurch bestimmt, dass Organisationen „Grenzen auf[weisen], die innen von außen unterscheiden. [...] Diese Grenze wird in der Regel durch Mitgliedschaft markiert.“[43] Ähnlich wie beim Verständnis von Mitgliedschaft geht auch die ‚Arbeitsteilung‘ bisher von einer Entität aus. Was bei der Mitgliedschaft das ‚Innen‘ bedeutet, macht bei der Arbeitsteilung das „Gesamtprodukt“[44] aus. Dieses Gesamtprodukt leitet bei der Arbeitsteilung die „Handlungen [von] Personen, die alle Teile der Gesamtaufgabe wahrnehmen und deren Aktivitäten [durch das Unternehmen] koordiniert werden müssen.“[45]

Die oben noch als Entitäten beschriebenen Organisations-Qualitäten verlieren sich in der Vernetzung und müssen zum Zweck einer Aktualisierung ihrer Qualität auf eine andere theoretische Grundlage gestellt werden. Denn „Wissensarbeit [ver-standen als] eine Tätigkeit, deren Mittel und Zwecke nicht programmiert sind und die deshalb konstitutiv darauf angewiesen ist, dass zum einen der Tausch von Daten oder Informationen und zum anderen die interaktive Generierung neuen Wissens“[46] entstehen kann, lässt keine Bildung von Einheiten im klassischen Verständnis zu. Diese Einheit bildet sich erst im Fluss der gemeinsamen Wissenswertschöpfung. Dabei schwillt sie im Schaffensprozess an und geht dabei aber auch wieder zurück. Eine hohe Dynamik und Unstetigkeit ist ihr dadurch eigen. Eine Gesamtaufgabe und ein Gesamtprodukt können zwar initiiert werden, sind der Einheit aber nicht konstitutiv. Damit macht der Prozess der interaktiven Wissens-Generierung bei ver-netzt handelnden Systemen eine Entscheidung über die Zugehörigkeit an einer Orga-nisation durch die bisherige Differenz von ‚innen und außen‘ unmöglich. Die Orga-nisation verliert ihr unmittelbares Zentrum und ihre weitgehend gleich bleibende Konstitution. Es müssen neue Kriterien für die Inklusion und Exklusion zwischen Or-ganisationen und Personen entwickelt werden.[47]

Für ein aktualisiertes Verständnis von ‚Arbeitsteilung‘ und ‚Zugehörigkeit‘ ist eine Theorie notwendig, die eine ‚Einheit‘ zur Bildung der Organisation dynamisch ver-steht. Sie muss statt die Handlungen der Akteure an Unternehmen auszurichten, an die Kommunikation über die (digitale) Vernetzung ankoppeln, wo heute überwiegend Wissen in interaktiven Prozessen produziert und distribuiert wird.[48] Die einzige Theo-rie, die diese Voraussetzung erfüllt, ist die Systemtheorie. Ihre einzige Bedingung zur Bildung einer ‚Einheit‘ in Verständnis eines ‚Sozialen Systems‘ ist die Kommunikation. Über Kommunikation bildet sich in Form einer dialogischen Konstitution[49] ein soziales System in Form einer Interaktion, einer Organisation und selbst einer Gesellschaft.[50]

„Der basale Prozeß sozialer Systeme, der die Elemete produziert,aus denen diese Systeme bestehen, kann unter diesen Umständen nur Kommunikation sein. Wir schließen hiermit […] eine psychologische Bestimmung der Einheit der Elemente sozialer Systeme aus.“[51]

Die einzige Voraussetzung zur Konstituierung eines sozialen Systems ist, „dass mindestens zwei informationsverarbeitende Prozessoren vorhanden sind, die sich aufeinander und übereinander auf sich selbst beziehen können.“[52]

Eine vernetzte Form der ‚Arbeitsteilung‘ und ‚Zugehörigkeit‘ wird im Laufe der Arbeit schwerpunktmäßig auf diesem Grundverständnis der Systemtheorie basieren.

Im ZWEITEN KAPITEL geht es um das Wissen und seine Bedeutung als Wirtschaftsgut unserer Zeit. Da sich die Wertschöpfungsprozesse von Wissen in Vernetzung funda-mental von einer Güterverarbeitung in einer ‚materiellen Ökonomie‘ unterscheiden, müssen Unternehmen Fähigkeiten entwickeln, die sie in der Zukunft befähigen, an der Wissenswertschöpfung teilzunehmen.

Als theoretisch fundierte Ebene dafür ist die Auseinandersetzung mit dem ‚Ressource-based View‘ geeignet. Als zentrales Werk wird dazu das „Strategische Wissens-management“[53] von Jörg Fengler ausgewählt. Fengler geht von ‚Fähigkeiten‘ als einer der zentralen Ressourcen im Unternehmen aus. Die Ausbildung von Fähigkeiten hat strategische Relevanz. Während Fengler jedoch von der Meinung des Kunden und den Trends aus dem Wettbewerbsumfeld des Unternehmens zur Bestimmung und (Weiter-)Entwicklung strategisch relevanter Ressourcen in Unter-nehmen ausgeht, wird in dieser Arbeit das Umfeld weiter gefasst. Statt den Kunden und den Wettbewerb als Ankerpunkt der Ausbildung von Fähigkeiten zu betrachten, fällt der hier gelegte Fokus auf den für Systeme ungewohnte Treiber einer digitalen Netz-Kultur.

Um Fähigkeiten von strategischer Relevanz auf dieser Grundlage zu entwickeln, gilt es, die Qualität einer Netz-Kultur genauer herauszuarbeiten. Dazu muss ein neues Ressourcenverständnis aus dem Rahmen einer Netz-Kultur heraus entstehen. Während materielle Ressourcen immer proprietäre Ansprüche bei dem Besitzer wecken, muss das Wissen in der Netz-Kultur unter den Produzenten geteilt werden. So tritt das Wissen als zentrale Ressource der Wirtschaft aus der Mitte der Unter-nehmen heraus und wird in die Peripherie getragen. Schließlich wird es zwischen denjenigen Systemen verhandelt, die an der Wissens-Wertschöpfung beteiligt sind.

Das hat weit reichende Auswirkung auf die allgemeine Wertschöpfung des Unternehmens. Man stellt hier fest, dass unter diesen Bedingungen nicht mehr vom Input eigener, proprietärer Ressourcen auf den (Gesamt-) Output der Wertschöpfung geschlossen werden kann. Vielmehr orientiert sich der Einsatz von Ressourcen nun auf der Grundlage interaktiven Wissensaustausches. Wissen ist innerhalb der

Gesellschaft in unabhängig voneinander operierenden Systemen verteilt und muss in seiner Vernetzung komplementär auf die Potenziale und Bedürfnisse der Systeme zugeschnitten werden.

Damit die im ZWEITEN KAPITEL benannten Fähigkeiten erlernt werden können, ist es wichtig, die veränderten Anforderungen zur Verarbeitung von Wissen mit den aktuellen Arbeitsbedingungen im Unternehmen zu vergleichen. Die Einschätzung erfolgt anhand der Kooperationsbedingungen von Arbeit zwischen personellen und sozialen Systemen. Ausgehend von diesem Vergleich werden Fähigkeiten sichtbar, die sich Systeme im Umgang mit Wissenswertschöpfung aneignen müssen.

Die Erörterung neuer Fähigkeiten erfolgt anhand einer ‚Modellierung‘ eines neuen Arbeitsraumes zur Wissensverarbeitung im DRITTEN KAPITEL der Arbeit. Durch die Beschreibung wird sichtbar, dass Arbeit in diesem Arbeitsraum anders organisiert werden muss. Um hier relevante Ausformungen für diese Andersartigkeit beschreiben zu können, basiert die Modellierung auf dem Medium des ‚Sinns‘. Der Sinn stellt einen zentralen Fixpunkt in der Operationsweise von personellen und sozialen Systemen dar. „Jeder bestimmte Sinn qualifiziert sich dadurch, daß er bestimmte Anschlußmöglichkeiten nahelegt und andere unwahrscheinlich oder schwierig oder weitläufig macht oder (vorläufig) ausschließt.“[54]

Durch die ‚äußeren‘ Bedingungen im Arbeitsraum in Abhängigkeit der Zeit und des sozialen und strukturellen Gefüges, verändert sich das Sinnerleben und damit auch die Anschlussmöglichkeiten der Systeme, von denen Luhmann spricht. Folglich ergibt sich hier in der Betrachtung der äußeren Bedingungen ein Horizont, der die Anschlussmöglichkeiten für Kooperationen bestimmt. Für die Beschreibungen der äußeren (Arbeits-)Bedingungen müssen einbezogen werden die Dimensionen[55] der:

- Zeit: Theorie der Ko-Evolution der Systeme
- Sozial: Theorie der Kommunikationsmedien
- Raum: Theorie der Kommunikationsräume
- Sache: Theorie der System-Differenzierung

Durch einen zeitbedingten, kulturellen Wechsel verändern sich die Arbeits-Bedingungen in Abhängigkeit mit der Veränderung der Sinndimensionen.

Durch die Netz-Kultur sind die einzelnen Funktionssysteme der Gesellschaft heute nicht mehr so trennscharf voneinander zu unterscheiden. Was dies für die (Re-)Produktion der Wirtschaft bedeutet, ist Gegenstand der Betrachtung in der ‚Sachdimension‘. Hier findet neben einer ‚Ent-Differenzierung‘ zu anderen Gesell-schaftssystemen auch eine strukturelle Veränderung innerhalb des Wirtschaftssystems statt. Neben der Wirtschaftsorganisation tritt hier nun parallel dazu das personelle System des ‚Netzarbeiters‘ auf. Beide operieren mit unterschiedlichen Operationsprämissen und können bei einer Wertschöpfung mit Wissen gegenseitig wichtige Ressourcen liefern.

In der Dimension des ‚Sozialen‘ und der des ‚Raumes‘ wird der Frage nachgegangen, welche Bedingungen für eine Kooperation der beiden Systeme vorherrschen. Während das ‚Soziale‘ auf die Besonderheiten der medialen Kopplung über das Internet eingeht, wird in der Frage des ‚Raumes‘ diskutiert, was für eine Bedeutung er für die Kooperation der Systeme im Wissensraum der Netz-Kultur hat.

Nachdem die vier Dimensionen in den Grundzügen beschrieben sind, wird die Differenz zum Arbeitsraum einer materiellen Ökonomie deutlich. In der Differenz lässt sich das Spektrum für die (Neu-)Entwicklung von Fähigkeiten zum vernetzten Arbeiten ablesen. Im Anschluss daran wird gezeigt, wie diese Fähigkeiten für Wirtschaftsorganisationen und Netzarbeiter gezielt entwickelt werden können.

Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen kommt im VIERTEN KAPITEL der ‚Intermediär‘ ins Spiel. Dieser entwickelt hier (Lern-)Strategien für seine späteren Beratungsaktivitäten. Diese teilen sich im Laufe des vierten Kapitels in zwei Bereiche und umfassen das Kooperations-Management und die Beziehungs-Beratung. Übergeordnet geht es bei beiden darum, ein (interaktives) Rollen- und Ressourcen-verständnis für den Arbeitsraum des Wissens zu entwickeln. Dieses betrifft die Systeme zur vernetzten Arbeit gesamt und betrifft Wirtschaftsorganisationen, Netz-arbeitern und den Intermediär selbst.

Bei der ‚Beziehungs-Beratung‘ geht es dem Intermediär darum, durch sein detailliertes Wissen über die Netz-Kultur ein Verständnis bei seinen Stakeholdern zu erzeugen, das ihnen die Teilnahme an der Kooperation zur Wissenswertschöpfung ermöglicht. Gemeinsam müssen hier in der Arbeitsorganisation neue soziale Grundsätze vermittelt werden. Diese betreffen hauptsächlich die Ausbildung neuer Fähigkeiten im Rahmen von vernetzter Arbeit. Das ‚Kooperations-Management‘ ist ein Steuerungsmodell des Intermediärs, welches das Matching von Problem- und Lösungswissen ermöglichen soll. Ausgehend von der Frage, auf welcher Ebene überhaupt eine Einheit von völlig uneinheitlichen Systemen entstehen kann, müssen Differenzen zwischen den Systemen überwunden werden. Diese stellen sich, so wird später herausgearbeitet, auf der Ebene unterschiedlicher Attitüden (Identitäten), differenter Systemzeiten und unterschiedlicher, qualitativer Wissenspotentiale dar. Die Lösung zur Überwindung der Differenzen wird in einem Wissens-Markt gesehen. Hier bilden sich dynamische Einheiten, die sich an gemeinsamen Leitbildern orientieren. Um die ‚Beziehungs-Beratung‘ und das ‚Kooperations-Management‘ für Wirtschaftsorganisationen und Netzarbeiter anschlussfähig zu machen, muss der Intermediär die bestehenden Rollenvorstellungen und Ressourcenpotentiale seiner Stakeholder kennen. Nur wenn er diese Kenntnisse einbezieht, werden die Stake-holder gegenüber dem Service des Intermediär aufgeschlossen sein und gemeinsam mit ihm versuchen, in der Netz-Kultur eine Kooperation mit ihm anzustreben.

Der hierzu entwickelte Zyklus, der den operativen Anschluss der Systeme an die Praktiken einer Netz-Kultur herstellt, vollzieht sich nach dem interaktiven Planungsverständnis von Russell Ackoff[56] in den folgenden drei Schritten.[57] Er vergleicht die derzeitigen Rollenvorstellungen und Ressourcenpotentiale mit denen, die in einer Netz-Kultur notwendig sind. Aus der Differenz der Vorstellungen und Potenziale[58] ent-wickelt der Intermediär den Service, den seine Stakeholder benötigen, um die Lücke zu schließen.

Der erste Teil des Planungszyklus führt zur Darstellung des ‚Ist-Zustands‘. Hier werden die Probleme der Systeme geschildert, die im Zusammenhang der Kooperation bestehen. Aus der Darstellung wird ein Dilemma sichtbar, das die Systeme im Umgang mit ihren eigenen Ressourcen selber erzeugen. Das Dilemma ist so zu erklären, dass Wirtschaftsorganisationen und Netzarbeiter versuchen, mit ihren erlernten Routinen Wissen im Arbeitsraum ‚Netz‘ Wert zu schöpfen und zu vernetzen, obwohl dies zunächst die Ausbildung neuer Fähigkeiten erforderlich macht!

Der zweite Teil stellt den ‚Ideal-Zustand‘ des vernetzten Arbeitssystems dar. Hier geht es darum, die Routinen der Systeme aus dem Ist-Zustand zu überwinden und stattdessen ein ‚Ideal‘ ihrer Fähigkeiten anzustreben. Der Ideal-Zustand und sein Charakter wird zum Fixpunkt für die Weiterentwicklung der System-Fähigkeiten. Richtungweisend für die Orientierung im neuen Arbeitsraum sind die gewonnen Erkenntnisse aus dem DRITTEN KAPITEL. Hier ergeben sich über die Erweiterung des ‚Sinn-Erlebens‘ in der Netz-Kultur völlig neue Operationsmöglichkeiten für die Systeme. Diese Möglichkeiten sollen als ‚Ideal des neuen Arbeitsraums‘ formuliert werden. Daraus folgt die Aufgabe darzustellen, welche Fähigkeiten und Vorstel-lungen die Systeme entwickeln müssen, um diese Möglichkeiten für sich ausschöpfen zu können.

Ausgehend von diesem Entwurf wird im zweiten Teil des ‚Ideal-Zustands‘ eine ‚Mission‘ des ‚Intermediäres‘ formuliert, die auf gemeinsamen Leitbildern für kooperative Arbeit basiert. Diese Leitbilder entstehen in einem gemeinsamen Wissens-Markt. Um diese Leitbilder entwickeln sich auf dem Markt dynamische Einheiten, die Wirtschaftsorganisationen, Netzarbeiter und den Intermediär ausschließlich über eine wissensbasierte Kommunikation miteinander verbinden. Im letzten Teil dieser Mission ist ein Beispiel gegeben, wie eine ideale Organisation auf einem Wissens-Markt aussieht. Das gewählte Beispiel des ‚Smart Grid‘ macht es anschaulich, wie über ein Leitbild trotz vernetzter, heterogener Systeme eine Wertschöpfung mit dem Wissen gelingt. Die Systeme die hier kooperieren, kommen dabei aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft.

Im dritten Teil geht es um den ‚Soll-Zustand‘ zum vernetzten Arbeiten. Hier werden die Probleme der Systeme aus dem ‚Ist-Zustand‘ mit dem ‚Ideal-Zustand‘ in Bezie-hung gesetzt. Durch das so ersichtlich werdende Entwicklungsdefizit werden die Mittel deutlich, die Wirtschaftsorganisationen und Netzarbeiter benötigen, um den Anforderungen eines neuen Rollen- und Ressourcenverständnisses für eine Wissenskooperation gerecht zu werden. Das Defizit wird in Form konkreter Mittel in der ‚Beziehungs-Beratung‘ und im ‚Kooperations-Management‘ vom Intermediär ausge-glichen.

Ein kritisches Fazit rundet diese Arbeit ab. Neben einigen diskussionswürdigen Punkten zur Arbeit wird die Rolle des Intermediär anhand von Zukunftsperspektiven plausibilisiert. Die Perspektiven stehen dabei im direkten Zusammenhang mit der Auswertung der Hypothesen aus der Einleitung.

2. Ressourcenorientierung in Zeiten der Netz-Kultur

Historisch gesehen war die gesellschaftlich/ökonomische Entwicklung immer von der Existenz zentraler Ressourcen, bzw. Wirtschaftsgüter abhängig. In diesem Zusammenhang lassen sich historische Phasen erkennen, „in denen jeweils bestimmte Wirtschaftsgüter im Vordergrund standen und die Struktur der Wirtschaft prägten.“[59] So gesehen übernahm der ‚Boden’ in Zeiten einer agrarisch orientierten Produktion diese prägende Strukturfunktion, während in Zeiten einer voran-schreitenden Industrialisierung nacheinander die Güter von ‚Arbeit’, ‚Rohstoffe’ und ‚Kapital’ die Produktionsweisen bestimmten. Heute vollzieht sich diese Strukturierung zunehmend durch die Energiequelle des ‚Wissens’.

2.1 Netz-Wissen und das Ende institutionsbeschränkter Wertschöpfung

Dass das Wissen zunehmend die Strukturformationen der vergangenen Jahre ersetzt, kann man nicht zuletzt daran ablesen, dass Rohstoffe in den 90er Jahren einen Preisverfall von 60 % im Vergleich zu den 70er Jahre erlebten.[60] Ähnlich drastisch verfiel in den letzten Jahrzehnten der Wert des Faktors Arbeit in unterschiedlichen industriellen Sparten. Zeitgleich mit der Abwertung von Rohstoffen und Arbeit nimmt der Produktionsfaktor Wissen bei der Produktion „einen Anteil von 60 bis 80% an der gesamten Wertschöpfung ein.“[61] Wissen ist damit zu der zentralen Produktivkraft unserer Zeit geworden. In nahezu allen Bereichen der Wertschöpfung ist der Anteil des Wissens gestiegen.

Doch Wissen wird heute nicht nur in der Wirtschaft zum kritischen Steuerungsfaktor der (Re-) Produktion. Vielmehr ist es zu einem dominanten Steuerungsmedium nahezu aller Funktionssysteme der Gesellschaft geworden. „Die strategische und operative Steuerung der Ressource Wissen [gewinnt] für die Reproduktion von Gesellschaften eine vergleichbare Bedeutung wie das Management von Arbeit und das Management von Kapital.“[62] Fortan beginnen sich diese parallel mit dem Auf-kommen des neuen Steuerungsmediums nicht nur koevolutionär zu verändern, bzw. zu entwickeln, sondern verschmelzen zunehmend miteinander zu untrennbaren Grö-ßen. So sind z.B. Wissen und Arbeit, bzw. Wissen und Kapital selbst im sprachlichen

Gebrauch bereits zusammengewachsen. Systeme stellen im Zusammenhang durch das Medium des Wissens zunehmend ihre Operationsweise um.

So ist die Operationsweise von Banken nicht mehr auf die Kapitalversorgung der Wirtschaft gerichtet, sondern verlagert sich immer stärker auf das Tauschen von Wissen (z.B. über Derivatenhandel). Und das geschieht global-vernetzt, über jede geographische Grenzen hinweg. Bei diesem Handel wird über das Wissen von Kurs- oder Preisverläufen anderer Güter auf anderen Märkten spekuliert. Dabei spielt die Beschränkung eines daraus resultierenden Gewinns durch den Gegenwert mate-rieller Ressourcen (z.B. Gold) kaum noch eine Rolle. Der volkswirtschaftliche Wert gerät so zum reinen Zahlenspiel. Diese Operationen beruhen mittlerweile auf einer so hohen Wissensexpertise, dass das „komplexe, hoch organisierte und globale vernetzte Marktgeschehen eine Eigendynamik entwickelt, die von außen kaum noch durchschaubar, geschweige denn kontrollierbar ist.“[63]

Doch auch auf der Ebene von Konzernen setzt man auf das Geschäft mit dem Wissen. Erst jüngst verkündete die Telekom ihre Kooperation mit dem Elektrokonzern ABB. „Ziel der Kooperation sei es, gemeinsame Lösungen für das Energienetz der Zukunft, das sogenannte Smart Grid, zu entwickeln.“[64] In diesem intelligenten Strom-netz der Zukunft soll eine „kommunikative Vernetzung und Steuerung von Strom-erzeugern“[65] möglich werden.

Auch im Consumer Bereich sind diese intelligenten Netz-Verknüpfungen angekommen. Und auch hier verbinden sich unterschiedliche Systeme zu Koopera-tiven innovativer Wissensproduktion. Die Rede ist von 355 Millionen Smart Phones[66] weltweit und ihren unzähligen Anwendungsmöglichkeiten, sogenannten Apps. Neu-esten Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2013 mindestens 15 Milliarden Umsatz weltweit mit diesen Smart-Phone-Anwendungen erreicht sein.[67] Eine lukrative Kooperation für die Beteiligten. Während Hersteller wie Nokia, Sony und auch Google die Mobilfunkgeräte anbieten, entwickeln Softwarehersteller Applikationen für nahezu jeden Spaß und jeden Verwendungszweck. Jedoch können sich nicht nur Agenturen um die Entwicklung dieser Anwendungen bemühen. Apple[68] beispiels-weise bietet auf dem eigens für diesen Markt geschaffenen Portal[69] selbst jedem Einzel-Entwickler die Möglichkeit, seine Applikationen online zu stellen und zu verkaufen. Eine Wertschöpfung, die in dieser Arbeit eine große Rolle spielt, da sie eine Verknüpfung zwischen sozialen und personellen Systeme losgelöst von jeder räumlichen und zeitlichen Bindung ermöglicht.

Man könnte die Liste mit Beispielen für intelligente, kooperative Wissenssysteme beliebig fortsetzen. Die oben aufgeführten Beispiele zeigen jedoch in ausreichendem Maß die wachsende Dominanz des Wissens als systemübergreifendes Steuerungs- medium. Aufgrund dieser umfassenden Wissens-Vernetzung innerhalb der Gesell-schaft wird im Verlauf der Arbeit immer wieder von einer ‚Netz-Kultur‘ gesprochen. Angesichts der Dringlichkeit für neu aufkommende Steuerungsfragen in Bezug auf die Handhabung dieser Netz-(Wissens-)Kultur scheint es nur noch eine Frage von Zeit zu sein, wann es neben dem Finanz- auch ein Wissensministerium gibt.

Doch wie sehen die Strukturveränderungen innerhalb der neuen Wissensordnung aus, die sich im Sektor der Wirtschaft vollziehen? Hier stellt man fest, dass

„die Generierung neuen relevanten Wissens aus dem Wissenschaftssystem heraus in alle denkbaren gesellschaftlichen Bereiche [expandiert] und [sich] vervielfältigt in ‚multiple centers of experience‘, die operatives Wissen produzieren und verwalten und die somit in den gesellschaftlich umfassenden Prozess der Allokation und Dislozierung von Wissen eingreifen.“[70]

Durch diese Entwicklung kann sich die Wertschöpfung immer weniger nur auf Wirtschaftsorganisationen beschränken, da sich über die Wirtschaft hinaus interessante Wissensverknüpfungen herstellen lassen. Folglich muss die Einteilung in eine streng funktional differenzierte Gesellschaft im Zusammenhang der Wissens-produktion zunehmend in Frage gestellt werden. Stattdessen werden Neu-Verschrän-kungen des Wissens über Funktionssysteme hinweg überall sichtbar. Im Zusammen-hang mit dieser systemübergreifenden Wissens-Verschränkung zum Zweck der Wert-schöpfung wird im Folgenden der Begriff der ‚informationellen Ökonomie‘ ein-geführt.

Für die informationelle Ökonomie bedeutet es, dass grundsätzlich überall Verbindungen zu ursprünglich nicht ökonomischen Prozessen hergestellt werden können, in denen die Wirtschaft mit nahezu allen anderen Systemen der Gesellschaft über jeden primär ökonomischen Zusammenhang hinweg verbunden ist. Wenn es jedoch zu einer grenzüberschreitenden Verbindung grundsätzlich autopoietischer[71] Systeme kommt, muss man beachten, dass die Systeme „als Folge der Auto-nomisierung und operativen Abschließung […] ihre eigenen Spezialsprachen, Relevanzkriterien, Exklusionen und Eigen-Sinnigkeiten entwickeln und so die Kom-munikation zwischen Spezialisten zum Problem werden lassen.“[72] Dieses Verständigungsproblem in der Sache gilt es zu überwinden, ehe man zu einer Kooperation im Sinne der zweiten These dieser Arbeit kommen kann.

Wenn man die Vernetzung unter dem Aspekt der Kommunikation bewertet, muss man das spezifische Kommunikationsmedium in Abhängigkeit der Zeit betrachten. Hier rückt das Medium des ‚Internets‘ in den Fokus. Dieses Kommunikationsnetz macht es letztendlich möglich, die Begrenztheit einzelner Systeme zu überwinden und zu den Wissens-Netzwerken zu kommen, in denen Wissen grenzüberschreitend kommuniziert, produziert und distribuiert wird. Die Folge dieser Vernetzung sind „Innovations- und Zuliefernetzwerke, [die] neue Potentiale erschließen.“[73]

Während sich Wissen in vorherigen Zeiten noch als Additiv in Ressourcen wie Arbeit, Kapital, Umwelt und Boden befand, ist heute das Wissen über die digitalen Netze explizit verhandelbar und damit auch neben den anderen Ressourcen gesondert zu nennen.[74] Somit gewinnt Wissen über diese neuartigen Kommunikationsnetzwerke eine gewisse Unabhängigkeit und entwickelt dadurch eine eigene Dynamik. Im Ver-gleich zur bisherigen industriellen Fertigung erscheinen bei der nun entstandenen netzbasierten Wissensentwicklung die materiellen Güter nahezu völlig losgelöst bzw. als bloßes Beiwerk von Wissen. Auf diese Weise vollzieht sich einerseits eine Ent-kopplung von materieller und informationsbezogener Produktion immer deutlicher. Andererseits werden die materiellen Produkte zunehmend wissensbasierter und damit rekombiniert sich die materielle Produktion mit dem Wissen auf neue Weise. Damit ist die materielle und informationelle Ebene immer nur noch als Einheit von Differenz zu verstehen und letztlich nur in Verbindung miteinander zu betrachten. Jedoch dürfte sich heute die Gewichtung dieser Verbindung eindeutig zugunsten der informations-bezogenen (Produktions-)Ebene verschieben.

Neben Marketingmaßnahmen entwickeln sich in Wirtschaftsorganisationen, die die neuen digitalen Kommunikationsnetze nur als erweitertes Interface für digitale Werbung und Kundenbeziehungen nutzen, auch immer mehr Mischformen hand-fester, vernetzter Wertschöpfung. Diese sind bekannt unter dem Namen Open Source[75] bzw. –Innovation[76], Crowdsourcing[77] und Cloud Computing[78] und stehen sinnbildlich für eine voranschreitende „Entgrenzung, Entbetrieblichung“[79] von Wissenproduktionen und deren Verbreitung. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie nicht mehr zu reduzieren sind auf (Wirtschafts-) Institutionen. Schon die metapho-rische Namensgebung für diese neuartigen Arbeitsformen lässt den offenen, vernetzten und institutionsübergreifenden Charakter der Wissenskooperationen er-ahnen. Hier verbinden sich über digitale Kommunikationsnetze unterschiedliche Systeme und verschmelzen so unter dem Austausch von Wissen zu einer ‚anderen‘ Form von Wertschöpfung. Diesem Verständnis nach dürfen (Wissens-) Ressourcen zum Zweck von Wettbewerbsvorteilen nicht mehr zwangsläufig von denen anderer Organisationen abgegrenzt werden. Stattdessen müssen unterschiedliche Potenziale gesucht werden und sich einander ergänzen. So bilden sich institutionsübergreifende Ereignisketten, die immer neue Konstellationen der Wertschöpfung aufweisen können.

Ausgehend von diesen strukturellen Veränderungen im Wirtschaftssektor spricht man neben der materiellen, grenz- und raumbezogenen Wirtschaft von einer erstarkenden informationellen Ökonomie, die sich zentral um das Wissen formiert. Diese Entwicklung führt zu der ‚Quartären Wirtschaft‘, wie sie in der Abbildung 1 zu sehen ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Zur quartären Wirtschaft

2.2 Grundlagen zum Ressource-Based-View

Während die „industrieökonomische Sichtweise ihren Schwerpunkt auf die Positionierung des Unternehmens in einem Produkt/Markt-Kontext legt, verschiebt der Ressource-based-View den Fokus der Analyse auf die grundlegende Ebene der Entstehungsbedingungen von Wettbewerbsvorteilen auf Unternehmensseite.“[80]

Ein von Fengler entwickeltes Wissensmanagement versucht hingegen, die Differenz der beiden Theorieansätze zu vereinen. Zwar geht der Autor ebenfalls von einer ressourcenbasierten Vorstellung von Unternehmen zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen aus. Jedoch leitet Fengler in seinem Verfahren dazu an, neben einer Unternehmens- auch eine Umfeldanalyse durchzuführen, um daraus strate-gische Schlüsse zu erzielen. Erst durch die Verbindung von Trends und Erfolgs-faktoren der Umfeldanalyse mit den Ressourcen des Unternehmens bilden sich demnach die erwünschten Wettbewerbsvorteile. „Die auf Basis von Erfolgsfaktoren und Trends abgeleiteten strategischen Optionen lassen sich mit den zu ihrer Umsetzung benötigten Ressourcen verknüpfen.“[81] Dazu müssen die Erfolgsfaktoren und Trends mit den strategisch relevanten Ressourcen des Unternehmens zusammen-gebracht und entwickelt werden. Bei der Entscheidung über die Auswahl der für den Wettbewerbsvorteil relevanten Ressourcen legt Fengler den Bezugsrahmen für Unternehmensressourcen anhand der Umfeldanalyse fest und geht dabei nicht von den gegenwärtig im Unternehmen vorhandenen Ressourcen aus. Vielmehr findet eine „Ideengenerierung anhand der Trends“[82] statt, für deren Umsetzung die benötigten Ressourcen im Moment der Unternehmensbetrachtung eventuell noch gar nicht vorhanden sind. „Die ermittelten Trends [...] sind per Definition die Entwick-lungsrichtung der Unternehmensumwelt in der Zukunft; aus diesem Grunde bietet es sich an, auf ihrer Grundlage strategische Handlungsalternativen des Unternehmens zu entwickeln.“[83]

So wird dem dynamischen Charakter des Ressource-based-View Rechnung getragen, welcher explizit die Überwindung bestehender Beschränkungen der Unternehmens-entwicklung fordert.[84] Den gleichen Ansatz findet man u.a. auch bei Ackoff wieder, der von einer Unternehmensentwicklung bezüglich einer wünschenswerten Ressour-cenkonstellation nur unter der Prämisse der Zielführung spricht.[85] So wird verhindert, die aus der „Vergangenheit der Unternehmensentwicklung bestehenden Restriktionen stillschweigend auch auf die Zukunft zu projizieren.“[86] Doch wo liegt in dem hier entwickelten System zum vernetzten Arbeiten die Zukunft? Welche Ressourcen-potentiale müssen in der Zukunft entwickelt werden?

2.3 Die Kultur als Norm für die Ausbildung von Systemressourcen

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, soll zwar auch das Umfeld des Systems zum vernetzten Arbeiten wie bei der Betrachtung von Fengler als Grundlage für die Ressourcenbestimmung dienen, jedoch soll es dazu nicht nach Erfolgsfaktoren und Trends analysiert werden. Denn wenn vorausgesetzt wird, dass der Gegenstand im Zeichen einer kulturellen Transformation betrachtet und geformt werden muss, so muss auch die Qualität bzw. Dimension des Umfeldes zum System weiter gefasst werden.

Wie oben dargestellt, handelt es sich im Hinblick auf eine veränderte kulturelle Dimension nicht um neue Trends strukturell ähnlicher Märkte, sondern darum, dass sich im Zuge einer neuen Wissensökonomie völlig neue, vernetzte Wert-schöpfungsprozesse ergeben, die bisher unbekannte (Arbeits-) Märkte und Kunden-gruppen erschließen. Statt also über Kundenperspektiven Wettbewerbsvorteile abzuleiten, sollen im Folgenden jene strukturgebenden Faktoren des Umfeldes in Augenschein genommen werden, die dem Kultursystem zugehörig sind und die in ihrer Dimension das System zum vernetzten Arbeiten als Ganzes betreffen. Denn Veränderungen im Kultursystem verändern auch die Umweltvoraussetzungen für die betrachteten selbstdeterministischen[87] Systeme. Durch die Veränderung ihrer Umwelt verändert sich auch ihr Möglichkeitsraum[88], innerhalb dessen Operationen autonom vollzogen werden. Durch die Veränderung des Raumes – verstanden als Umwelt – werden von den Systemen jedoch Irritationen wahrgenommen.[89] Durch die Wahrnehmung dieser Störfaktoren ergeben sich neue Differenzen zwischen den Systemen und ihrer Umwelt[90]. Die Folge ist, dass sich die Systeme so lange nicht in gewohnter Art reproduzieren können, solange sie ihre Autopoiesis nicht den Umweltveränderungen anpassen.

Diese Spannungen bei den Systemen, die durch eine Veränderung der Umwelt verursacht wird, sollen im späteren Verlauf der strategischen Planung aufgespürt und aufgelöst werden. Dazu müssen den Systemen Mittel und Ressourcen über ihre Umwelt angeboten werden, die die Anpassung ihrer Autopoiesis anregen.

Zur Erfassung der beschriebenen Spannungen rücken ‚normative‘ Überlegungen ins Blickfeld. Überlegungen auf diesem Niveau betrachten das System als Ganzes und schließen dabei all seine Handlungsweisen ein. Abgeleitet werden diese Gedanken von der normativen Planungsvorstellung Ackoffs: „Normative planning […] deals with all internal and external relationships including those between the organization and its contextual environment, which it has no influence over but which influences it.”[91] Nur ein strategisches Vorgehen auf dieser Ebene ermöglicht eine Überprüfung der Systemstrukturen, die sich im Zusammenhang mit der kulturellen Transformation im Umfeld verändert haben. Eine normative Betrachtung macht die Konflikte und Span-nungen erklärbar, von denen oben die Rede ist. Anzeichen für die Existenz dieser Spannungen in der Umwelt der betrachteten sozialen und psychischen Systeme ergeben sich durch die Existenz der Dilemmata, in denen sie sich aktuell befinden[92]: „Doubts about a prevailing world view usually begin with the appearances of dilemmas. A dilemma is a problem or question that cannot be solved or answered within the prevailing world.”[93] Was zur Lösung des Dilemmas fehlt ist eine Anpassung der Autopoiesis der Systeme an ihre Umweltbedingungen.

Rückt man die ‚Norm‘ der Netz-Kultur in den Fokus, so ist es für den Planungsgegenstand möglich, die Ausbildung eigener Ressourcen von der Eigen-schaft eben jener kulturellen Kontextfaktoren abhängig zu machen. Für das System zum vernetzten Arbeiten heißt das, dass die Qualität dieser Norm den Arbeitsraum beschreibt, nach dem die Systemressourcen in Form von Fähigkeiten später ausge-richtet werden müssen. Es ist wichtig zu erwähnen, dass diese Norm von den Syste-men nicht aktiv beeinflusst werden kann. Eher ist sie als eine Art Metasystem zu betrachten, das den Kontext, in dem die Systeme eingebettet sind, sichtbar macht. Faktoren, die im Zusammenhang mit dieser Norm stehen, könnte man auch als ‚Kontextfaktoren‘ bezeichnen, die den Kontext für die Funktions- und Handlungs-weise der Systeme vorgeben. Dadurch beeinflussen Kontextfaktoren das Planning in all seinen Dimensionen.

Im nächsten Kapitel werden die normativen Faktoren in den Dimensionen der ‚Zeit‘, des ‚Raumes‘, der ‚Struktur‘ und der ‚Kommunikation‘ erörtert werden. Ein Wissen über die vier Dimensionen erzeugt dann ein Verständnis darüber, an welcher Stelle eine Neu-Konstitution der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Ressourcen nötig wird. Denn unter dem Gesichtspunkt der digitalen, netzbasierten Wertschöpfung herrschen andere normative Operationsbedingungen für die Systeme als bisher. Damit gewinnen die Ressourcen einen anderen qualitativ/quantitativen Wert. Doch wie ist die ‚Fähigkeit‘ zur Re-Kombination von Systemressourcen in der Netz-Kultur zu erfassen und zu erlernen? Welche Bedeutung hat die ‚Fähigkeit‘ in Bezug auf Wettbewerbsvorteile in diesem Umfeld für das System? Diesen Fragen wird im nächsten Kapitel weiter nachgegangen.

2.4 Die Ressource der ‚Fähigkeit‘ im Umgang mit dem Wissen der Netz-Kultur

Fengler unterscheidet bei der Betrachtung des gesamten Ressourcenportfolios von Unternehmen zwischen

- Wissen als ‚Fähigkeit‘[94] im Umgang mit Ressourcen von
- materiellen und immateriellen Vermögensgegenständen.[95]

‚Fähigkeiten‘ müssen seiner Meinung nach „als stereotype Handlungsmuster begriffen werden, die sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene manifestiert werden.“[96] Bei personellen Systemen spricht er in diesem Zusammen-hang von Fähigkeiten, bei sozialen Systemen wie Unternehmen von Routinen. Inner-halb von sozialen Systemen bilden sich Routinen über die Grenzen von Einzel-personen des Systems hinaus aus und dienen dabei dem System als Lösungsansatz häufig auftretender Probleme mit ähnlichen Strukturen. Infolgedessen sind für Fengler Routinen „ihrem Wesen nach vergangenheitsorientiert; ein unreflektierter Einsatz von Routinen, wie auch von rein individuellen Fähigkeiten, birgt somit im Falle sich verändernder Umweltbedingungen die Gefahr der Fehlsteuerung in sich.“[97] Im Gegensatz zu eher statischen Vermögensgegenständen bei Unternehmen, die sich bei ihrem Gebrauch abnutzen, findet bei Fähigkeiten kein Wertverzehr der Ressource statt, sondern eine Akkumulation des Wissensspeichers bei ihrem Gebrauch; „Ihr Umfang wächst mit der Häufigkeit ihres Einsatzes bei der Problemlösung.“[98] Damit wird beim Einsatz von Fähigkeiten ein „Wachstumsprozeß durch Lerneffekte aus-gelöst.“[99] Dadurch, dass Fähigkeiten als Ressourcen nur beschränkt oder gar nicht über Märkte transferiert werden können, werden Fähigkeiten als die in strategischer Hinsicht wichtigste Gruppe von Ressourcen angesehen.[100] Ihr Mangel an Transferierbarkeit und ein akkumulatives Wertverhalten bei Ihrer Anwendung machen sie nur schwer nachahm- bzw. reproduzierbar, ergo für Systeme im Wettbewerb besonders wertvoll. Um den Fähigkeiten eine konkrete anwendungs- bzw. praxisorientierte Dimension zu verleihen, werden sie von Fengler kurz als das Know-How von Unter-nehmen hinsichtlich der (Re)Kombination, dem Auf- und Ausbau und der Umnutzung vorhandener Ressourcen bezeichnet.[101]

Die genannten Fähigkeiten gilt es in Form von Know-How in Zeiten einer kulturellen Transformation für die betrachteten Systeme konsequent für das Ressourcen-Management zu bestimmen, auszubauen und gegebenenfalls neu zu entwickeln. Als oberster Orientierungspunkt für die Ausrichtung von Fähigkeiten in der Netz-Kultur ist das Wissen als aufsteigendes Medium für die Steuerung von Systemen zu nennen. Folglich ist die Fähigkeit im Umgang mit Wissens-Wertschöpfung gleich bedeutend mit einer Aktualisierung der Ressourcenorientierung der Systeme.

2.5 Probleme in Form von ‚Routinen‘ im Umgang mit dem Wissen der Netz-Kultur

Bevor jedoch in die Planung von Fähigkeiten im Umgang mit der Wissens-Wertschöpfung eingetreten und darüber befunden werden kann, welche Fähigkeiten über den Erfolg der Wertschöpfung entscheiden, gilt es Variablen zu bestimmen, die im Zusammenhang mit der neuen Norm der Wertschöpfung des Wissens als zentra-lem Steuerungsmedium stehen. Innerhalb dieser Normen existieren diese kritischen Variablen, die bei der Wertschöpfung relevant sind. Ein Umgang mit diesen Varia-blen bereitet den Systemen Probleme, da der Umgang im Kontrast zu den Fähig-keiten steht, die zu ihrer Beherrschung notwendig sind. Die Identifikation dieser Probleme steht im Fokus der Betrachtung, da es für ein Modell zur strategischen Entwicklung der notwendigen Fähigkeiten wichtig ist, sich zunächst um die „Typik der Probleme zu kümmern, die erst den Bedarf für [das] Modell schaffen.“[102] Dazu werden im späteren Verlauf der Arbeit die Variablen zur Wissens-Wertschöpfung anhand einer Problembeschreibung dargestellt[103]. Es wird gezeigt, dass die Probleme im Umgang mit den Variablen darauf beruhen, dass sich Routinen bei den Systemen eingeschlichen haben, die für die Zukunft der Systeme eine Veränderung, bzw. Neubestimmung erforderlich machen, um Fehlfunktionen zu vermeiden.

Um diese vergangenheitsorientierten Routinen in zukunftsgerichtete Fähigkeiten zu überführen, wird im Kapitel des ‚Soll-Zustands‘ ein Modell zur strategischen Entwic-lung von Fähigkeiten entwickelt. Hier wird darauf eingegangen, welcher Bedarf an Fähigkeiten genau für den Umgang mit den Variablen in strategischer Hinsicht besteht bzw. an welcher Stelle eine Aktualisierung der Selbstreferenz bei den Syste-men in Zukunft erfolgen muss. Denn zu einer Selbsterhaltung in einer Wissens-Öko-nomie gehört, dass die Systeme die Fähigkeiten im Umgang mit den kritischen Variablen der Wissens-Wertschöpfung in ihre Operationen integrieren. Die hier durch das Modell angeleitete Aktualisierung der Handlungsweisen ändert die Opera-tionsweise des Systems. Unter diesen Umständen verändert es seine Reproduktions-weise bzw. „aktualisiert die Selbstreferenz.“[104] Die Adaption dieser Handlungsweisen kann mit Luhmann als „Attribution“[105] bezeichnet werden.

2.6 Ein interaktives, outputorientiertes Verständnis des Wissens der Netz-Kultur

Ein wichtiger Grundsatz zum Einsatz von Wissen bei der Wertschöpfung unter den Arbeitsbedingungen einer Netz-Kultur ist, dass hier nicht mehr von einer auf das System beschränkten, deterministischen und rein inputorientierten Vorstellung dieser Ressourcen ausgegangen werden kann, bei der vom Input auf den Output des Gesamtsystems geschlossen wird. Diese Vorstellung geht auf ein proprietär ge-dachtes, institutionsbezogenes Ressourcenverständnis zurück. „Bemühungen zum Thema Wissensmanagement belegen [das] überdeutlich. Die Menschen in den Unternehmen haben noch zu viele Firewalls im Kopf.“[106] In Zeiten einer Digitalen Netz-Kultur muss dieses auf Institutionen bezogene Ressourcenverständnis einem „systemischen, zirkulären, mehrdimensionalen oder vernetztem Denken“[107] weichen. Unter diesen Bedingungen muss sich das Unternehmens-Management darauf einstellen, dass sich das Wissen bei der vernetzten Arbeit mit dem Wissen anderer Systeme vermischt. Somit kann kein einseitiger, proprietärer Anspruch von Unter-nehmen geltend gemacht werden. In diesem Punkt widerspricht die Wissens-Wertschöpfung derjenigen von materiellen Wirtschaftsgütern, bei der sich strategisch relevante Ressourcen – wie Fähigkeiten und Vermögensgegenstände – immer auf das Unternehmen beschränken.

Das Wissen, so wird an späterer Stelle dargelegt[108], rückt in der Netz-Kultur aus der Mitte der Unternehmen in die Mitte von mehreren autopoietischen Systemen. Das (Wissens-) Management von Wirtschaftsorganisationen muss verstärkt den Rahmen der Unternehmenskultur verlassen um an die Wissenspotentiale zu gelangen, die eine Netz-Kultur für sie bereithält. Gerade im Hinblick auf den angedeuteten Vernetzungsgedanken des Wissens, werden in der Folge der Arbeit Muster von Beziehungen beleuchtet, die „das bislang Getrennte [der Systeme] verbinden können.“[109] Das bedeutet, dass unter diesen Umständen ein Verständnis vom Output des Systems zum vernetzten Arbeiten nur mit einem synthetischen, gesamt-systemischen Verständnis aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Wissens-ressourcen beim vernetzten Arbeiten gewonnen werden kann.

Inwieweit in dieser Kultur der Ressourcenteilung noch personenübergreifend in Organisationen von einer 'Collective mind' z.B. in Form einer Unternehmenskultur gesprochen werden kann, bei der Wissen „konsistentes Handeln erzeugt und so eine Einzigartigkeit des Unternehmens nach innen (Identität) wie nach außen (Wettbewerbsvorteile) schafft,“[110] bleibt noch zu beantworten.

3. Zum Arbeitsraum in der Netz-Kultur

In diesem Kapitel soll ein Überblick darüber gegeben werden, welchen Verände-rungen der Arbeitsraum von sozialen und personellen Systemen in Zeiten eines kulturellen Umbruchs ausgesetzt ist. Wie zu Anfang der Arbeit bereits gesagt, geht mit der kulturellen Transformation auch eine Veränderung der Produktionsweise einher.[111] Während materielle Güter im Arbeitsraum der materiellen Ökonomie produziert werden, entstehen Wissensgüter im Arbeitsraum einer informationellen Ökonomie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Der Arbeitsraum in seiner zeitlichen und strukturellen Dimension

Das Verhältnis zwischen sozialen und personellen Systemen zu ihrem Arbeitsraum wird bestimmt durch System-Umwelt-Beziehungen[112]:

„Das zentrale Paradigma der neueren Systemtheorie heißt ‚System und Umwelt‘. Entsprechend beziehen sich der Funktionsbegriff und die funktionale Analyse nicht auf das System (etwa im Sinne einer Erhaltungsmasse, einer zu bewirkenden Wirkung), sondern auf das Verhältnis von System und Umwelt. Der Letztbezug aller funktionalen Analysen liegt in der Differenz von System und Umwelt.“[113]

Die Veränderung des Arbeitsraumes, wie er in Abbildung 3 dargestellt wird, beinhaltet zwei relevante System-Umwelt-Beziehungen. Eine dieser Beziehungen besteht in Abhängigkeit der Zeit auf der diachronen Achse. Die diachrone Betrachtung steht im Zeichen der kulturellen Transformation.[114] Wie im Zusammen-hang dazu bereits gesagt wurde, beeinflusst die Umwelt der jeweiligen Kultur die

Systeme der Gestalt, dass sie deren jeweiligen Möglichkeitsraum maßgeblich bestimmt. Die davon betroffenen Systeme sind soziale Systeme – also Interaktion, Organisationen und Gesellschaft – neben personellen Systemen. Da in der vorliegenden Arbeit die Hypothese einer gesellschaftlichen Transformation gestellt wurde[115], gibt es für die Systeme auf der Zeitachse zwei relevante Umwelten, von denen die Systeme aufgrund der Transformation beeinflusst werden. Diese sind als ‚Typographische Kultur‘ und ‚Digitale Netz-Kultur‘ in der Abbildung kenntlich gemacht.

In diesem Zusammenhang des kulturellen Wechsels stellt sich die Frage, wie sich die Kooperationsbedingungen im Arbeitsraum zwischen den Systemen parallel dazu verändern. Dazu müssen die Bedingungen zur Kooperation auf der synchronen Achse betrachtet werden. Der Hypothese nach, verändert sich hier das Verhältnis zwischen sozialen und personellen Systemen.[116] Diese Veränderung hat einen direkten Einfluss auf die Kooperationsbereitschaft der Systeme im Zusammenhang mit der Organisation von wissensbasierter Arbeit. Denn, wie noch zu lesen sein wird[117], sind soziale und personelle (psychische) Systeme wechselseitig an der Konstitution der Organisation beteiligt: „Soziale Systeme entstehen auf Grund der Geräusche, die psychische Systeme erzeugen bei ihrem Versuch zu kommunizieren.“[118]

Durch die hier ausgedrückte Abhängigkeit zeigt sich, dass soziale und personelle Systeme jeweils wechselseitig ihre Umwelt darstellen. Denn im Zusammenhang mit Systembildung gilt, dass das „Umweltverhältnis [zum jeweils anderen System jeweils] konstitutiv für [die eigene] Systembildung“[119] ist. Damit wäre die zweite relevante System-Umwelt-Beziehung zwischen sozialen und personellen Systemen im Arbeitsraum benannt.

Die Frage, die sich für die Kooperation aus diesen beiden System-Umwelt-Verhältnissen im Arbeitsraum stellt ist die: Wie können sich die beiden Systeme – in Abhängigkeit der jeweiligen kulturellen Norm – trotz der gegenseitiger Abhängigkeit voneinander differenzieren um eine eigene Identität auszubilden? Denn es wurde im Forschungsansatz betont, dass die Person, genauso wie die WO ein unabhängiger, strategisch handelnder Akteur ist.[120]

„Für die Theorie selbstreferenzieller Systeme ist die Umwelt vielmehr Voraussetzung der Identität des Systems, weil Identität nur durch Differenz möglich ist. […] Der Ausgangspunkt aller daran anschließenden systemtheoretischen Forschungen ist daher nicht die Identität, sondern eine Differenz.“[121]

Von der Seite der Methodik betrachtet wird der Gegenstand so durch die diachrone Betrachtung „innerhalb mehrerer ausgewählter […] Zeitebenen untersucht.“[122]

Abhängig von dieser zeitlichen Dimension verändern sich soziale und personelle Systeme in ihrer Struktur. Diese Struktur-Veränderungen werden auf der synchronen Achse abgebildet. Wird diese Achse nach oben in die digitale Netz-Kultur verschoben, ändert sich die Struktur der Systeme.[123]

Dadurch, dass die Ökonomie auch als Tätigkeitssystem betrachtet werden kann, hat eine solche Strukturveränderung in der Wirtschaft also für das Verhältnis zwischen den Systemen folgenschwere Auswirkungen. Denn ein Wechsel der Ökonomie von der materiellen zur informationellen Ökonomie verändert die Bedingungen für die Tätigkeit sozialer und personeller Systeme, da sie die Kooperationsbedingungen im Arbeitsraum beeinflussen. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Aussage Willkes bestätigt, der eine Veränderung der Produktionsverhältnisse als Folge der Entwicklung einer kapitalistischen Ökonomie hin zu einer wissensbasierten Produktion sieht.[124]

Um den Wechsel im Arbeitsraum beschreiben und auf die Systeme adaptieren zu können, wird durch diese Vorgehensweise herausgestellt, aus welchem kulturell/öko-nomischen Kontext sich der Gegenstand bewegt und andererseits, wohin er sich im Kontext der entstehenden Kultur entwickelt. Nur dieser gleichzeitige Vergangenheits- und Zukunftsbezug durch den jeweiligen Kultur- bzw. Ökonomiekontext macht es möglich, die Differenz von sozialen, zeitlichen, sachlichen und räumlichen Bedingungen und Erwartungen[125] an die Kooperations-, bzw. Operationsmöglich-keiten innerhalb verschiedener Arbeitsräume abzubilden.

Erst wenn dadurch Klarheit über die Bedingungen und Erwartungen für die Zukunft im Vergleich zum Vergangenem herrscht, können neue Fähigkeiten (aus alten)im Umgang mit dem Arbeitsraum einer neu anbrechenden Netz-Kultur von den sozialen und personellen Systeme gezielt entwickelt werden. Dabei müssen Fähigkeiten, die im Umgang mit dem neuen Arbeitsraum erworben werden, der Definition Fenglers nach von Unternehmen dazu genutzt werden, andere Ressourcen (wie z.B. Vermögensgegenstände) im Unternehmen neu zu (re)kombinieren, auf- oder auszu-bauen oder den neuen Bedingungen entsprechend um zu nutzen.[126] Sollte es dabei notwendig werden, vollkommen neue Ressourcen aufbauen zu müssen, können bestehende Ressourcenpotentiale nicht erhalten werden.[127]

[...]


[1] Vgl. Abbildung 1 S. 6.

[2] Willke: 2005 S. 129.

[3] Unternehmen sind Organisationen/Soziale Systeme mit einer spezifischen, ökonomischen Funktion.

[4] Bryan; Joyce: 2007 S. 33.

[5] Der Prozess der Wertschöpfung wird hier verstanden als Ansammlung von Tätigkeiten, durch die ein Unternehmen sein Produkt entwirft, herstellt, vertreibt, ausliefert und unterstützt. Vgl. Porter: 1999 S. 67.

[6] Willke; Krück; Mingers: 2001 S. 12.

[7] Allgemein werden Systeme differenziert zwischen Maschinen, Organismen, sozialen und psychischen Systemen. Soziale Systeme werden zusätzlich unterschieden in Interaktion, Organisation und Gesellschaft. Vgl. Luhmann: 1984 S. 16. Zu den informations- und datenverarbeitenden Systemen zählt man soziale und psychische Systeme sowie Maschinen zweiter Ordnung (z.B. Computer).

[8] Willke: 2005 S. 129.

[9] Steuerung wird hier verstanden als: “Die reflexive Form der Evolution […] die Ausrichtung gegenwärtigen Handelns auf künftig gewünschte oder vorgestellte Zustände.“ Willke: 2005 S. 171.

[10] Strategisches Vorgehen wird hier im Sinne von emergenten Strategien verstanden als “process, […] a stream of actions that are not random but form a pattern – a pattern which […] usually becomes evident as such after the event rather than before.” Eden; Ackermann: 2000 S. 21f.

[11] Die Kommunikation ist die spezifische Operation sozialer Systeme. Der Kommunikation ist die Synthese dreier Selektionen eigen: Mitteilung, Information und Verstehen. Beim Verstehen geht es um die Differenz zwischen Information und Mitteilung. Luhmann: 1984 S. 193 ff.

[12] „Wissensarbeit [ist] eine Tätigkeit, deren Mittel und Zwecke nicht programmiert sind und die deshalb konstitutiv darauf angewiesen ist, dass zum einen der Tausch von Daten oder Informationen und zum anderen die interaktive Generierung neuen Wissens erfolgen kann.“ Wilkesmann: 2010 S. 8.

[13] Vgl. Kapitel 3.3 S. 29.

[14] Hardt; Negri; Atzert: 2004 S. 166f.

[15] Kruse: 2005 S. 20.

[16] Kruse: 2005 S. 13ff.

[17] Kruse: 2005 S. 21.

[18] Kruse: 2005 S. 21.

[19] Prahalad; Hamel: 1990 S. 81.

[20] Vgl. Prahalad; Hamel: 1990 S. 79ff.

[21] Fähigkeiten werden hier als Ressourcen im Sinne Fenglers verstanden, der sie als „das Know-How von Unternehmen hinsichtlich der (Re)Kombination, dem Auf- und Ausbau und der Umnutzung vorhandener Ressourcen bezeichnet.“ Fengler: 2000 S. 68f.

[22] Vgl. Prahalad; Hamel: 1990 S. 79ff.

[23] Vgl. Grant: 1991 S.135ff.

[24] Minssen: 2006 S. 149.

[25] Hardt; Negri; Atzert: 2004 S. 167.

[26] Wird hier verstanden als die „Selbststeuerung autonomer Akteure, [die sie] verantwortlich […] für ihren eigenständigen Beitrag, Eigenmotivation und ihre Kooperationsbereitschaft [macht].“ Willke: 2005 S. 173.

[27] „Das Medium erscheint, wie es auch die Geschichte dieses Begriffes nahelegt, als unausweichliche Umwelt ('ambience') der Informationssysteme oder als Mitte, das 'Milieu', zwischen ihnen.“ Giesecke: 1991 S. 39.

[28] „Eine Erwartung sondiert ungewisses Terrain mit einer an ihr selbst erfahrbaren Differenz: Sie kann erfüllt oder enttäuscht werden, und dies hängt nicht allein von ihr selber ab.“ Luhmann: 1984 S. 363.

[29] Willke: 2001 S. 251.

[30] Der Begriff des Stakeholders wird hier begriffen als „any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization's objectives.” Freeman: 1984 S. 41.

[31] Vgl. Schreyögg: 2008.

[32] Willke: 2001 S. 99.

[33] Willke: 2001 S. 100.

[34] Sydow: 2005 S. 5.

[35] Vgl. Sydow: 2005 S. 3.

[36] Sydow: 2005 S. 6.

[37] Sydow: 2005 S. 81.

[38] Pongratz; Voß: 2000 S. 232.

[39] Wilkesmann: 2010 S. 4.

[40] Willke; Krück; Mingers: 2001 S. 11.

[41] Vgl. Ackoff: 1981.

[42] Ackoff: 1981 S. 13.

[43] Wilkesmann: 2010 S. 3.

[44] Wilkesmann: 2010 S. 3.

[45] Wilkesmann: 2010 S. 3.

[46] Wilkesmann: 2010 S. 8.

[47] „Während das Teilsystem keinen Grund hat, jemanden auszuschließen, kann die formale Organisation nicht alle Personen zum Mitglied machen; diese Unterscheidung zwischen Teilsystem und Organisation bildet eine moderne Fassung der Differenz Inklusion/Exklusion.“ Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 81.

[48] Vgl. Kapitel 1. S. 1.

[49] Vgl. Luhmann: 1984 S. 191.

[50] Luhmann: 1984 S. 16.

[51] Luhmann: 1984 S. 192.

[52] Luhmann: 1984 S. 191.

[53] Vgl. Fengler: 2000 S. 15ff.

[54] Luhmann: 1984 S. 94.

[55] Während Luhmann von der Dimension der Sache, der Zeit und des Sozialen ausgeht, geht Erdmann von einer vierten Dimension des Raumes aus. Vgl. Erdmann: 2009. und Vgl. Luhmann: 1984 S. 112.

[56] Vgl. Ackoff: 1981 S. 79ff.

[57] Die drei Schritte sind der Abfolge nach durch Ist-Zustand, Ideal-Zustand und Soll-Zustand kenntlich gemacht.

[58] Hier wird nach den Vorstellungen von Ackoff gehandelt, der den Mitteleinsatz zur Schließung der Lücke aus der Differenz zwischen dem Ist-Zustand und dem Zukunftsideal ableitet.

[59] Bürgel: 1998 S. 54.

[60] Vgl. Bürgel: 1998 S. 53.

[61] Bürgel: 1998 S. 55.

[62] Willke: 2005 S. 129.

[63] Willke: 2005 S. 145.

[64] Schultz: 2010b.

[65] Co-Creation Knowledge: 2010b.

[66] Vgl. Heidelberger: 2010.

[67] Heidelberger: 2010.

[68] Vgl. http://www.apple.com/de/

[69] Vgl. http://www.apple.com/de/iphone/apps-for-everything/

[70] Bogner: 2005 S. 51.

[71] „Von einem autopietischen System […] kann in allen jenen Fällen gesprochen werden, in den es möglich ist, eine spezifische Operationsweise festzustellen, die in diesem System und nur dort stattfindet.“ Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 29.

[72] Willke: 2001 S. 100.

[73] Minssen: 2000 S. 9.

[74] Vgl. Abbildung 1 S. 6.

[75] „Die Lizenz muss von der Basissoftware abgeleitete Arbeiten und deren Distribution unter derselben Lizenz wie die Basissoftware erlauben.“ Co-Creation Knowledge: 2010d.

[76] „Ist die Öffnung des Innovationsprozesses von Unternehmen und damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur Vergrößerung des eigenen Innovationspotentials.“ Co-Creation Knowledge: 2010c.

[77] „The act of a company or institution taking a function once performed by employees and outsourcing it to an undefined (and generally large) network of people in the form of an open call.” Howe: 2010.

[78] „Die IT-Landschaft (in diesem Zusammenhang [...] Kollaborationssoftware [...]) wird durch den Anwender nicht mehr selbst betrieben bzw. bereitgestellt, sondern von einem oder mehreren Anbietern als Dienst gemietet. Die Anwendungen und Daten befinden sich nicht mehr auf dem lokalen Rechner oder im Firmenrechenzentrum, sondern in der (metaphorischen) Wolke.“ Co-Creation Knowledge: 2010a.

[79] Pongratz; Voß: 2000 S. 225.

[80] Fengler: 2000 S. 25.

[81] Fengler: 2000 S. 45.

[82] Fengler: 2000 S. 43.

[83] Fengler: 2000 S. 43.

[84] Vgl. Fengler: 2000 S. 79.

[85] Vgl. Ackoff: 1981 S. 104ff.

[86] Fengler: 2000 S. 79.

[87] „Strukturelle Kopplung und Selbstdetermination des Systems stehen in einer 'orthogonalen Beziehung' zueinander: Auch wenn sie sich voraussetzen, können sie sich gegenseitig nicht bestimmen.“ Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 186.

[88] Vgl. Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 186.

[89] „Die Umwelt kann auf das System nur dadurch einwirken, daß sie Irritationen (Störungen, Pertubationen) produziert, die intern verarbeitet werden.“ Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 186f.

[90] „Die Umwelt hat nur eine Funktion der Irritation und der Störung; was in der Umwelt passiert, wird vom System nur als ‚Störung‘ erfaßt. Zur Information kommt es, wenn Irritationen durch eigene Strukturen des Systems behandelt werden. Die Information ist also nicht als solche in der Umwelt anwesend, darauf wartend, erfaßt zu werden – in den Worten Heinz von Foersters:‘Die Umwelt enthält keine Information; die Umwelt ist, was sie ist.“ Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 76.

[91] Ackoff: 1981 S. 65.

[92] Vgl. Kapitel 4.2 S. 44.

[93] Ackoff: 1981 S. 13.

[94] Vgl. Fengler: 2000 S. 64ff.

[95] Vgl. Fengler: 2000 S. 61ff.

[96] Fengler: 2000 S. 65.

[97] Fengler: 2000 S. 65.

[98] Fengler: 2000 S. 65.

[99] Fengler: 2000 S. 65f.

[100] Vgl. Fengler: 2000 S. 63ff.

[101] Vgl. Fengler: 2000 S. 68f.

[102] Willke: 2001 S. 70.

[103] Vgl. Kapitel 4.2 S. 44.

[104] Baraldi; Corsi; Esposito: 2008 S. 25.; „Der Begriff Selbstreferenz bezeichnet die Einheit, die ein Element, ein Prozeß, ein System für sich selbst ist. 'Für sich selbst' - das heißt: unabhängig vom Zuschnitt der Beobachtung durch andere.“ Luhmann: 1984 S. 58.

[105] Luhmann: 1984 S. 124.

[106] Kruse: 2005 S. 145.

[107] Mutius: 2008b S. 16.

[108] Vgl. Kapitel 4.3.2 S. 69.

[109] Mutius: 2008b S. 19.

[110] Fengler: 2000 S. 169.

[111] Vgl. Kapitel 1.1 (Hypothese 1) S. 2.

[112] Vgl. Kapitel 3.5 (zur Erklärung der System-Umwelt Differenz) S. 36.

[113] Luhmann: 1984 S. 242.

[114] Vgl. Kapitel 1.1 (Hypothese 1) S.2.

[115] Vgl. Kapitel 1.1 (Hypothese 1) S. 2.

[116] Vgl. Kapitel 1.1 (Hypothese 2) S. 2.

[117] Vgl. Kapitel 3.2 S. 28.

[118] Luhmann: 1984 S. 292.

[119] Luhmann: 1984 S. 242.

[120] Vgl. Kapitel 1.2 S. 5.

[121] Luhmann: 1984 S. 243.

[122] Co-Creation Knowledge: 2010.

[123] Vgl. Abbildung 5 S. 26.

[124] Vgl. Kapitel 1 S.1.

[125] Willke: 2001 S. 69.

[126] Vgl. Fengler: 2000 S. 68.

[127] In dieser Arbeit ist der Fokus auf die Ausbildung genereller Fähigkeiten im Umgang mit der Netz-Kultur gelegt. Eine Auswertung über den Erhalt, bzw. die Verknüpfung von Unternehmens-Ressourcen (z.B. dem Anschluss von Forschung und Entwicklung im Unternehmen an die Netz-Kultur) kann hier nicht vorgenommen werden. Dies muss auf eine, an diese Arbeit anschließende Forschung verlegt werden.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842805170
DOI
10.3239/9783842805170
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Künste Berlin – Gestaltung, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation
Erscheinungsdatum
2010 (Oktober)
Note
1,2
Schlagworte
wissensökonomie netzwerke organisationstheorie netz-kultur vernetztes arbeiten
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Titel: Die Rolle eines Intermediärs unter den Bedingungen vernetzten Arbeitens
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