Lösbarkeit von Gleichungen höheren Grades
Verfahren zur Bestimmung von Anzahl und Lage der Lösungen von Gleichungen höheren Grades
					
	
		©2007
		Examensarbeit
		
			
				91 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Das Auffinden von Lösungen für Gleichungen höheren Grades beschäftigt Mathematiker aller Regionen und aller Epochen seit nun mehr ca. 4000 Jahren und ist sogar namensgebend für eines der wichtigsten Teilgebiete der Mathematik. Die Bezeichnung Algebra ist abgeleitet aus dem Titel des Buchs Hisab al-gabr w'al muqabala (Über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen), das der arabischen Mathematiker AL-KHWARIZIMI ca. im Jahr 830 veröffentlichte. In diesem Buch beschreibt AL-KHWARIZIMI geometrische Lösungsverfahren für quadratische Gleichungen. AL-KHWARIZIMI löst Gleichungen mit den Methoden, die wir heute noch verwenden: Abziehen von gleichen Ausdrücke auf beiden Seiten der Gleichung (Ausgleichen), um gleiche Potenzen zusammenzufassen, und Hinüberschaffen eines negativen Gliedes auf die andere Seite (Ergänzen), so dass sich positive Koeffizienten ergeben (negative Zahlen wurden ja noch nicht verwendet).
Von diesen Arbeiten ausgehend, möchte ich im ersten Teil einen Überblick über die wichtigsten geschichtlichen Entwicklungen geben. Hierbei geht es hauptsächlich um die allgemeine Lösbarkeit von Gleichungen, also um die Suche nach Lösungsformeln.
Der zweite Teil widmet sich dann ganz den praktischen Anwendungen, dass heißt hier sollen Verfahren entwickelt werden, mit deren Hilfe man die Lösungen einer Gleichung n-ten Grades näherungsweise berechnen kann. Dabei sollen nur solche Verfahren zum Einsatz kommen, die anschaulich mit den Mitteln der Schulmathematik hergeleitet werden können.
Im heutigen Mathematikunterricht spielen Gleichungen vom Grad n > 2 kaum noch eine Rolle. Ob dies daran liegt, dass es für Gleichungen vom Grad n ? 5 keine Lösungsformel mehr gibt und die Lösungsformeln für Gleichungen vom Grad n = 3 und n = 4 schon recht kompliziert sind, bleibt nur zu vermuten.
Es wird sich aber zeigen, dass es durchaus möglich ist, mit einfachen Mitteln das Thema Lösungen von Gleichungen n-ten Grades komplett zu behandeln. Auch die Lösungsformeln lassen sich, wie man hoffentlich im ersten Teil erkennen wird, auf anschauliche Weise herleiten. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG2
2.EXISTENZVON LÖSUNGEN UND LÖSUNGSFORMELN3
2.1Der quadratische Fall3
2.2Der kubische Fall7
2.3Der biquadratische Fall13
2.4Die Suche nach einer allgemeinen Lösungsformel15
2.4.1Anzahlen von Lösungen - Der Fundamentalsatz der Algebra16
2.4.2Der Beweis der Nichtexistenz einer allgemeinen Lösungsformel für […]
	Das Auffinden von Lösungen für Gleichungen höheren Grades beschäftigt Mathematiker aller Regionen und aller Epochen seit nun mehr ca. 4000 Jahren und ist sogar namensgebend für eines der wichtigsten Teilgebiete der Mathematik. Die Bezeichnung Algebra ist abgeleitet aus dem Titel des Buchs Hisab al-gabr w'al muqabala (Über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen), das der arabischen Mathematiker AL-KHWARIZIMI ca. im Jahr 830 veröffentlichte. In diesem Buch beschreibt AL-KHWARIZIMI geometrische Lösungsverfahren für quadratische Gleichungen. AL-KHWARIZIMI löst Gleichungen mit den Methoden, die wir heute noch verwenden: Abziehen von gleichen Ausdrücke auf beiden Seiten der Gleichung (Ausgleichen), um gleiche Potenzen zusammenzufassen, und Hinüberschaffen eines negativen Gliedes auf die andere Seite (Ergänzen), so dass sich positive Koeffizienten ergeben (negative Zahlen wurden ja noch nicht verwendet).
Von diesen Arbeiten ausgehend, möchte ich im ersten Teil einen Überblick über die wichtigsten geschichtlichen Entwicklungen geben. Hierbei geht es hauptsächlich um die allgemeine Lösbarkeit von Gleichungen, also um die Suche nach Lösungsformeln.
Der zweite Teil widmet sich dann ganz den praktischen Anwendungen, dass heißt hier sollen Verfahren entwickelt werden, mit deren Hilfe man die Lösungen einer Gleichung n-ten Grades näherungsweise berechnen kann. Dabei sollen nur solche Verfahren zum Einsatz kommen, die anschaulich mit den Mitteln der Schulmathematik hergeleitet werden können.
Im heutigen Mathematikunterricht spielen Gleichungen vom Grad n > 2 kaum noch eine Rolle. Ob dies daran liegt, dass es für Gleichungen vom Grad n ? 5 keine Lösungsformel mehr gibt und die Lösungsformeln für Gleichungen vom Grad n = 3 und n = 4 schon recht kompliziert sind, bleibt nur zu vermuten.
Es wird sich aber zeigen, dass es durchaus möglich ist, mit einfachen Mitteln das Thema Lösungen von Gleichungen n-ten Grades komplett zu behandeln. Auch die Lösungsformeln lassen sich, wie man hoffentlich im ersten Teil erkennen wird, auf anschauliche Weise herleiten. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG2
2.EXISTENZVON LÖSUNGEN UND LÖSUNGSFORMELN3
2.1Der quadratische Fall3
2.2Der kubische Fall7
2.3Der biquadratische Fall13
2.4Die Suche nach einer allgemeinen Lösungsformel15
2.4.1Anzahlen von Lösungen - Der Fundamentalsatz der Algebra16
2.4.2Der Beweis der Nichtexistenz einer allgemeinen Lösungsformel für […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Gudrun Otto 
Lösbarkeit von Gleichungen höheren Grades 
Verfahren zur Bestimmung von Anzahl und Lage der Lösungen von Gleichungen höheren 
Grades 
ISBN: 978-3-8428-0514-9 
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010 
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Deutschland, Staatsexamensarbeit, 2007 
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http://www.diplomica.de, Hamburg 2010 
1
1  EINLEITUNG... 2 
2  EXISTENZ  VON LÖSUNGEN UND LÖSUNGSFORMELN ... 2 
2.1
Der quadratische Fall ...3
2.2
Der kubische Fall ...7
2.3
Der biquadratische Fall ...13
2.4
Die Suche nach einer allgemeinen Lösungsformel ...15
2.4.1
Anzahlen von Lösungen - Der Fundamentalsatz der Algebra...16
2.4.2
Der Beweis der Nichtexistenz einer allgemeinen Lösungsformel für 
Gleichungen vom Grad 
 5...24
3  ANZAHL UND LAGE DER REELLEN LÖSUNGEN VON 
GLEICHUNGEN HÖHEREN GRADES... 31 
3.1
Grenzen für die Lösungen von Gleichungen höheren Grades ...31
3.2
Anzahl und Vorzeichen der Lösungen von Gleichungen höheren Grades - Die 
Vorzeichenregel von D
ESCARTES
...33
3.3
Anzahl und Lage der Nullstellen von reellen kubischen Polynomen...38
3.3.1
Anzahl der reellen Nullstellen eines kubischen Polynoms...38
3.3.2
Vorzeichen und Grenzen der Nullstellen reeller kubischer Polynome...47
3.3.3
Untersuchung aller möglichen Koeffizientenfolgen ...51
3.4
Anzahl und Lage der Nullstellen eines biquadratischen Polynoms ...61
3.4.1
Die Charakteristik eines Polynomenpaares...61
3.4.2
Grenzen der Nullstellen reeller biquadratischer Polynome...70
3.5
Anzahl und Lage der reellen Lösungen von Gleichungen beliebigen Grades ..77
3.5.1
Mögliche Anzahl und Vorzeichen - Verallgemeinerung der Ergebnisse zur 
D
ESCARTSCHEN
 Vorzeichenregel im kubischen Fall ...77
3.5.2
Anzahl und Grenzen - S
TURM
sche Kette ...80
3.6
Verkleinern der Grenzen...82
4  LITERATURVERZEICHNIS: ... 88 
2
1  Einleitung 
Die hier vorliegende Arbeit befasst sich mit den Lösungen von Gleichungen der 
Form: 
a
n
x
n
 + a
n-1
x
n-1
 + 
 + a
1
x + a
0
 = 0 
Das Auffinden von Lösungen für Gleichungen höheren Grades beschäftigt Ma-
thematiker aller Regionen und aller Epochen seit nun mehr ca. 4000 Jahren und ist 
sogar namensgebend für eines der wichtigsten  Teilgebiete der Mathematik. Die 
Bezeichnung Algebra ist abgeleitet aus dem Titel des Buchs Hisab al-gabr w'al muqa-
bala ("Über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen"), das der 
arabischen 
Mathematiker A
L
-K
HWARIZIMI
 ca. im Jahr 830 veröffentlichte. In diesem Buch be-
schreibt A
L
-K
HWARIZIMI
 geometrische Lösungsverfahren für quadratische Glei-
chungen. A
L
-K
HWARIZIMI
 löst Gleichungen mit den Methoden, die wir heute noch 
verwenden: Abziehen von gleichen Ausdrücke auf beiden Seiten der Gleichung 
("Ausgleichen"), um gleiche Potenzen zusammenzufassen, und Hinüberschaffen 
eines negativen Gliedes auf die andere Seite ("Ergänzen"), so dass sich positive Ko-
effizienten ergeben (negative Zahlen wurden ja noch nicht verwendet). 
Von diesen Arbeiten ausgehend, möchte ich im ersten Teil einen Überblick über 
die wichtigsten geschichtlichen Entwicklungen geben. Hierbei geht es hauptsäch-
lich um die allgemeine Lösbarkeit von Gleichungen, also um die Suche nach Lö-
sungsformeln.  
Der zweite Teil widmet sich dann ganz den praktischen Anwendungen, dass heißt 
hier sollen Verfahren entwickelt werden, mit deren Hilfe man die Lösungen einer 
Gleichung n-ten Grades näherungsweise berechnen kann. Dabei sollen nur solche 
Verfahren zum Einsatz kommen, die anschaulich mit den Mitteln der Schulma-
thematik hergeleitet werden können.  
Im heutigen Mathematikunterricht spielen Gleichungen vom Grad n > 2 kaum 
noch eine Rolle. Ob dies daran liegt, dass es für Gleichungen vom Grad n  5 keine 
Lösungsformel mehr gibt und die Lösungsformeln für Gleichungen vom Grad n = 
3
 und n =  4 schon recht kompliziert sind, bleibt nur zu vermuten. 
Es wird sich aber zeigen, dass es durchaus möglich ist, mit einfachen Mitteln das 
Thema Lösungen von Gleichungen n-ten Grades komplett zu behandeln. Auch die 
Lösungsformeln lassen sich, wie man hoffentlich im ersten Teil erkennen wird, auf 
anschauliche Weise herleiten.  
2  Existenz  von Lösungen und Lösungsformeln 
In diesem Kapitel geht es um die Frage nach der Lösbarkeit von Gleichungen be-
liebigen Grades. Dabei sollen zunächst die bekannten Lösungsformeln für Glei-
chungen vom Grad n = 2, 3, 4 anschaulich hergeleitet werden, bzw. ihre histori-
3
sche Auffindung nachvollzogen werden. Daran anschließend folgt ein Exkurs in 
die Zeit, als nach einer allgemeinen Auflösungsformel für Gleichungen vom Grad 
n 
 5 gesucht wurde. 
Im ersten Abschnitt werde ich zunächst die Lösungsmethoden des arabischen Ma-
thematikers A
L
-K
HWARIZIMI
 für quadratische Gleichungen beschreiben, und wie 
sich daraus die Methode der quadratischen Ergänzung ableiten lässt. Der zweite 
und dritte  Abschnitt ist dann den Arbeiten des italienischen Mathematikers 
G
EROLAMO 
C
ARDANO
 gewidmet. Er veröffentlichte 1545 sein Buch Ars Magna de 
Regulis Algebraicis, in dem er Lösungsmethoden für kubische und biquadratische 
Gleichungen aufzeigte. Im vierten Abschnitt folgt dann eine kurze Zusammenfas-
sung der wichtigsten Untersuchungen auf dem Weg hin zum Beweis, dass für 
Gleichungen vom Grad n  5 keine allgemeine Auflösungsformel existiert. 
2.1  Der quadratische Fall 
Die erste bekannte systematische Abhandlung über quadratische Gleichungen 
stammt von dem arabischen Mathematiker A
L
-K
HWARIZIMI
 (ca. 780-850) und wur-
de von diesem ca. im Jahre 830 veröffentlicht. Zu dieser Zeit wurden mathemati-
sche Aufgabenstellungen noch verbal formuliert. Mathematische Symbole gab es 
noch nicht. Auch waren zu dieser Zeit nur positive Zahlen in Gebrauch, negative 
Zahlen und die Null existierten nicht. Demzufolge formulierte A
L
-K
HWARIZIMI
 die 
Aufgabenstellungen noch verbal und benutzt dabei die Begriffe Quadrat, Wurzeln 
und Zahlen.  
So kommt er zu sechs verschiedenen Gleichungstypen die in unsere heutige ma-
thematische Symbolik übersetzt wie folgt lauten:
1
(2.1.1) 
1.  x
2
= ax
          Quadrate sind gleich Wurzeln  
2.  x
2
 = b
           Quadrate sind gleich Zahlen 
3.  ax = b          Wurzeln sind gleich Zahlen  
4.  x
2
 + ax = b
    Quadrate und Wurzeln sind gleich Zahlen  
5.  x
2
 + b = ax
    Quadrate und Zahlen sind gleich Wurzeln  
6.  ax + b = x
2
    Wurzeln und Zahlen sind gleich Quadraten 
Seine Beweisführung erfolgte geometrisch. Auch die Rechenoperationen sind hier 
geometrisch begründet. Somit ist klar, dass Gleichungen vom Typ x
2
 +  ax  + b = 0
nicht behandelt wurden, da ja nur positive Terme addiert werden und das Ergeb-
nis also auch positiv sein muss. 
Mit Quadrat ist immer eine quadratische Fläche gemeint, mit Wurzel die Seite einer 
quadratischen Fläche. Mit a-Wurzeln hingegen eine rechteckige Fläche, die eine  
Seite Wurzel und eine  Seite a hat. Zahlen sind dann ebenfalls Flächen.   
Nach heutigem Verständnis würde man nicht von Quadraten, Seiten und Recht-
ecken sprechen, sondern von Flächeninhalten und Seitenlängen, die neben einem 
1
 Vgl. [Kas] S. 4 
4
Wert auch noch eine Einheit haben. Bei A
L
-K
HWARIZIMI
 treten aber alle Größen 
ohne Einheiten auf.  
Im Folgenden möchte ich nun an einem der drei gemischtquadratischen Fälle den 
verbalen, und auch den geometrischen Lösungsweg von
A
L
-K
HWARIZIMI
, welcher 
der in der Schulmathematik verwendeten Methode der quadratischen Ergänzung 
entspricht, aufzeigen.
2
"Ein Quadrat und 10 Wurzeln desselben, ergeben 39 Zahlen; dass heißt, wie groß muss 
das Quadrat sein, welches, wenn es um 10 seiner eigenen Wurzeln ergänzt wird, 39 er-
gibt? Die Lösung ist dies: du halbierst die Anzahl der Wurzeln, was in dem vorliegen-
den Beispiel 5 liefert. Dies multiplizierst du mit sich selbst; das Produkt ist 25. Addiere 
dies zu 39; die Summe ist 64. Nun nimm die Wurzel von diesem, welche 8 ist, und sub-
trahiere davon die Hälfte der Anzahl der Wurzeln, was 5 ist; der Rest ist 3. Dies ist die 
Wurzel des Quadrats, nach welcher du gesucht hast; das Quadrat selbst ist 9." 
Übersetzt in Rechenoperationen liefert dies: 
Die Lösung ist dies: du halbierst die Anzahl der Wurzeln [   
a
2 ], was in dem vorliegen-
den Beispiel 5 liefert. Dies multiplizierst du mit sich selbst [  
a
2
2
]; das Produkt ist 25. 
Addiere dies zu 39 [  
a
2
2
 + b
 ]; die Summe ist 64. Nun nimm die Wurzel von diesem 
 [  
a
2
2
 + b 
 ], welche 8 ist, und subtrahiere davon die Hälfte der Anzahl der Wur-
zeln [  
a
2
2
 + b  - 
a
2 ], was 5 ist; der Rest ist 3. Dies ist die Wurzel des Quadrats, 
nach welcher du gesucht hast; das Quadrat selbst ist 9. 
A
L
-K
HWARIZIMI
bildet hier also zunächst in den ersten beiden Schritten die quadra-
tische Ergänzung und addiert diese zur rechten Seite der Ausgangsgleichung: 
39 + 25 = 64 
Anschließend zieht er  die Wurzel aus der rechten Seite der Gleichung: 
 64  = 
8 
Die Anweisung "und subtrahiere davon die Hälfte der Anzahl der Wurzeln, was 5 ist; der 
Rest ist 3. Dies ist die Wurzel des Quadrats, nach welcher du gesucht hast" impliziert die 
Anwendung der quadratischen binomischen Formel. Denn diese Anweisung setzt 
voraus, dass für die Wurzel aus der linken Seite der Gleichung gilt: 
 x
2
 + 10x + 25  = x + 5 
Anschaulicher ist der geometrische Beweis, den A
L
-K
HWARIZIMI
 für dieses Beispiel 
angibt. Ausgehend von dem bekannten Flächeninhalt eines Quadrates und 10 sei-
2
 Vgl. [Kas] S. 4-7 
5
ner Wurzeln zusammen, konstruiert er ein neues Quadrat dessen Flächeninhalt er 
dann berechnen kann, und daraus dann auch die Seitenlänge. Aus der Seitenlänge 
wiederum kann er dann die Wurzel des ursprünglichen Quadrates berechnen. 
Zunächst ist also ein Quadrat und 10 seiner Wurzeln gegeben: 
x
2
10x
x
10
Figur  2.1.1
Er teilt dann das Rechteck in zwei gleichgroße Rechtecke, die jeweils den Flächen-
inhalt 5x haben, also jeweils eine Seitenlänge x und eine Seitenlänge 5. Diese Recht-
ecke fügt er nun mit ihren x-Seiten an das Quadrat an: 
5x
5x
x
2
5
x
x
5
Figur  2.1.2 
Nun ergänzt er die entstandene Figur durch das Quadrat der halben Anzahl der 
Wurzeln zu einem neuen Quadrat, dessen Flächeninhalt er dann kennt: 
5x
5x
x
2
5
x
x
5
25
Figur  2.1.3
Der Flächeninhalt dieses neuen Quadrates ist ja nun 39 + 25 = 64, somit lässt sich 
die Länge einer Seite des neuen Quadrates durch Wurzelziehen berechnen:  
 64  = 8
. Für diese Länge gilt ja nun: 8 = x + 5, somit lässt sich also x berechnen. 
6
Diese geometrische Lösungsmethode zeigt nicht nur sehr schön, dass die quadrati-
sche Ergänzung tatsächlich die Ergänzung eines Quadrates ist, sondern darüber 
hinaus findet man darin auch die geometrische Bedeutung der quadratischen bi-
nomischen Formel (a + b)
2
 = a
2
 + 2ab + b
2
. 
In dem Aufsatz von Rainer Kaske stellt der Autor auch noch die Lösungen der an-
deren beiden Typen von gemischtquadratischen Gleichungen vor. Weiter zeigt der 
Autor, dass A
L
-K
HWARIZIMI
 nach seinem Wissensstand keine Lösungen unter-
schlägt.
3
 Da A
L
-K
HWARIZIMI
 davon ausgeht, dass es nur positive Zahlen gibt, gibt 
es somit auch nur positive Lösungen. Im 4. und im 6. Fall aus (2.1.1) kann es mit 
positiven a und b auch immer nur eine positive Lösung geben. Die zweite Lösung 
wäre immer eine negative und würde durch Addition der negativen Wurzel ent-
stehen. Im 5. Fall, bei dem zwei positive Lösungen möglich sind, gibt A
L
-
K
HWARIZIMI
 die Anweisung, es einmal mit der Addition und einmal mit der Sub-
traktion der positiven Wurzel zu versuchen:
4
"Denn in diesem Fall können sowohl Addition als auch Subtraktion verwendet werden, 
was in den anderen Fällen [...] nicht möglich ist." 
Man beachte, er spricht hier von Addition und Subtraktion der Wurzel und meint 
damit die positive Wurzel. Da es für ihn keine negativen Zahlen gibt, existiert na-
türlich auch für jede Gleichung der Form  x =   a  nur eine Lösung.  
Ob in diesen Fall keine, eine oder zwei Lösungen existieren wird von A
L
-
K
HWARIZIMI
 auch untersucht:
5
"Und beachte: Falls bei einer Aufgabe, die zu diesem Fall gehört, das Produkt der Hälfte 
der Anzahl der Wurzeln mit sich selbst weniger ist als die Zahlen, dann ist die Aufgabe 
unmöglich. Aber: Wenn das Produkt gleich der Zahlen ist, dann ist die Wurzel des 
Quadrats gleich der Hälfte der Anzahl der Wurzeln, ohne Addition und Subtraktion." 
3
 Vgl. [Kas] S.  11-12 
4
 Vgl. [Kas] S.  10 
5
 Vgl. [Kas] S.  12 
7
2.2  Der kubische Fall 
Nun liegt es nahe, zu versuchen, die Ergebnisse von A
L
-K
HWARIZIMI
 auch auf Glei-
chungen höheren Grades zu übertragen. Es stellt sich also die Frage, ob es denn 
auch eine Methode der kubischen Ergänzung gibt, mit der man die positiven Lö-
sungen von Aufgaben des Typs Kubus und Wurzeln sind gleich Zahlen finden kann, 
also von Aufgaben des Typs: 
(2.2.1)                                     x
3
 + ax = b
Geometrisch betrachtet ist hier x
3
 ein Würfel mit der Seitenlänge x, ax ein Quader 
aus einem Rechteck mit dem Flächeninhalt a als Grundfläche und der Höhe x; b 
kann man dann ebenfalls als Würfel interpretieren, dieser hat dann die Seitenlänge 
3
 b 
. 
Die linke Seite der Gleichung sieht dann so aus (man denke sich noch ein "+" zwi-
schen den Würfel und den Quader): 
a
x
3
x
Figur  2.2.1
Nun kann man zunächst analog zur quadratischen Ergänzung den Quader ax in 
drei geeignete Teile teilen, die dann jeweils aus einem Rechteck mit 
a
3 als Grundflä-
che bestehen und die Höhe x haben: 
x
3
a/3
a/3
a/3
Figur  2.2.2
Diese kann man wieder mit ihren x-Seiten passend an den Würfel x
3
 legen: 
8
a/3
x
3
a/3
a/3
Figur  2.2.3 
Der Rauminhalt dieser Figur ist dann gleich b. Findet man nun den Rauminhalt y 
des fehlenden Würfels oben rechts, so lässt sich x berechnen durch: 
x = 
3
 b + y  - 
3
 y  
Um diese Gleichung zu vereinfachen, setzt man nun b = u - v und y = v, daraus 
folgt: 
(2.2.2)                                    x = 
3
 u  - 
3
 v 
a/3
x
3
a/3
a/3
v
Figur  2.2.4 
Hier erkennt man auch, wie geeignete Teile des Quaders ax aussehen müssen. Sie 
müssen eine Seite der Länge 
3
 v 
 und eine Seite der Länge  
a
3
3
 v 
  haben, mit  
b = u - v
.  
Die Seitenlänge des kompletten neuen Würfels ist ja dann gleich 
3
 u 
 und es muss 
gelten: 
9
u = 
a
3
3
 v 
3
Daraus folgt wiederum: 
uv = 
a
3
3
Findet man nun also geeignete Zahlen u und v, so lassen sich Aufgaben vom Typ 
(2.2.1) lösen.  
Da von den beiden Zahlen u und v Summe und Produkt bekannt sind, lassen sie 
sich leicht als Lösungen der quadratischen Gleichung:
6
x
2
 +  q = px 
berechnen, denn es gilt ja für die beiden Lösungen x
1
 und x
2
 dieser quadratischen 
Gleichung: 
x
1
x
2
 = q 
und x
1
 + x
2
 = p 
Also folgt mit: 
x
1
 =  
p
2 + 
p
2
2
 - q  
und x
2
 = 
p
2 - 
p
2
2
 - q  
u =  
b
2 + 
b
2
2
 + 
a
3
3
und v = - 
b
2 + 
b
2
2
 + 
a
3
3
nun für x: 
(2.2.3)       x = 
 3
b
2 + 
b
2
2
 + 
a
3
3
   - 
 3
- 
b
2 + 
b
2
2
 + 
a
3
3
Diese Lösungsformel für die kubischen Gleichungen des Typs: x
3
 + ax = b
 veröf-
fentlichte G
IROLAMO 
C
ARDANO
 (1501-1576) im Jahre 1545 in sein Buch Ars Magna de 
Regulis Algebraicis  zum  ersten  Mal.  Es  gilt  heute jedoch als gesichert, dass 
C
ARDANO
 nicht der Endecker dieser Lösungsformel ist. Vielmehr erhielt er sie vom 
venezianischen Mathematiker N
ICO 
T
ARTAGLIA
 (1506?-1559) in Form eines Gedich-
tes. C
ARDANO
 gab T
ARTAGLIA
 das Versprechen, die Formel geheim zu halten, was 
er aber brach. Dies führte in der Folge zu einem erbitterten Rechtsstreit.
7
6
 Dies entspricht einer Gleichung vom Typ 5. bei 
A
L
-K
HWARIZIMI
 und diese hat somit zwei positive Lösun-
gen. 
7
 Vgl. [Alt] S. 255 - 257 
10
Die Lösungsformel, welche C
ARDANO
 von T
ARTAGLIA
 in Form des nun folgenden 
Gedichts erhalten hatte, bezieht sich zunächst nur auf zwei Typen von kubischen 
Gleichungen: 
(2.2.4)                             x
3
 + ax = b 
bzw. x
3
 = ax + b
"Quando chel cubo con le cose appresso 
Se agguaglia `a qualche numero discreto 
Trouan dui altri differenti in esso 
Da poi terrai questo per consueto 
Che'llor produtto sempre sia eguale 
al terzo cubo delle cose neto 
El residuo poi suo generale 
Delli lor lati cubi ben sottratti 
Varra la tua cosa principal."
8
"Wenn der Kubus mit den Coßen daneben 
gleich ist einer diskreten Zahl, 
finden sich als Differenz zwei andere in die-
ser. 
Dann halte es wie gewöhnlich, 
dass nämlich ihr Produkt gleich sei 
dem Kubus des Drittels der Coßen. 
Und der Rest dann, so die Regel 
wird sein deine Hauptcoß." 
T
ARTAGLIA
 gibt also hier die Anweisung, anstelle von b mit einer Differenz aus 
zwei Zahlen u und v  zu rechnen.  Für diese Zahlen soll dann gelten, dass ihr Pro-
dukt uv = 
a
3
3
sei. Dann wäre der Rest gleich der Hauptcoß, wobei mir Rest hier die 
Differenz 
3
 u  - 
3
 v 
 , und mit Hauptcoß x gemeint ist. 
C
ARDANO
 gibt als Lösungsweg für Gleichungen des Typs x
3
+ ax = b
 nun folgenden 
Rechenweg an:
9
"Bilde die dritte Potenz von einem Drittel des Koeffizienten der Ungekannten;  
[  
a
3
3
] addiere dazu das Quadrat der Hälfte des konstanten Gliedes der Gleichung 
und nimm die Wurzel aus dem Ganzen; [  
a
3
3
 + 
b
2
2
 ] d.h. die Quadratwur-
zel. Bilde sie zweimal. Zur einen addiere die Hälfte der Zahl, die du schon mit sich mul-
tipliziert hast; von der anderen subtrahiere dieselbe Hälfte. Du hast dann ein Binom  
[  
a
3
3
  + 
b
2
2
 + 
b
2 ] und seine Apotome [  
a
3
3
+ 
b
2
2
  - 
b
2 ].Dann sub-
trahiere die Kubikwurzel aus der Apotome von der Kubikwurzel aus dem Binom. Der 
dabei übrig bleibende Rest ist der Wert der Sache 
 [  x =  
 3
a
3
3
 + 
b
2
2
  + 
b
2   -  
3
a
3
3
 + 
b
2
2
  - 
b
2   ].
 10
8
 Vgl. [Alt] S. 257 
9
 Vgl. [Alt] S. 258 
10
 Hier benutzt C
ARDANO
 die Terminologie des E
UKLID
, vgl. [Tha] S. 239, §37:  
"Setzt man zwei nur quadriert kommensurable (mit gemeinsamen Maß zu messende) rationale Strecken zu-
sammen, dann ist die Summe irrational, sie heißt Binomiale."  
und S. 272, §73:  
"Nimmt man von einer rationalen Strecke eine rationale weg, die der ganzen nur quadriert kommensurabel 
ist, dann ist der Rest irrational, er heißt Apotome." 
11
Analog dazu ergibt sich für die Gleichungen des Typs x
3
 = ax + b mit dem Ansatz 
b = u + v folgende Lösungsformel: 
(2.2.5)       x = 
3
b
2 + 
b
2
2
 - 
a
3
3 
  +  
3
b
2 - 
b
2
2
 - 
a
3
3
Da auch zu C
ARDANOS
 Zeiten nur positive Koeffizienten zugelassen waren, unter-
suchte er alle möglichen Fälle zunächst einzeln.  Es gelang ihm aber, alle Typen 
von kubischen Gleichungen auf die beiden Typen (2.2.4) zurückzuführen.  Dabei 
rechnete er zunächst noch nicht mit negativen Zahlen,  führte aber den Begriff der 
falschen Lösung ein. Wobei eine falsche Lösung jeweils einer wahren (positiven) Lö-
sung einer anderen Gleichung entspricht, bei der x durch -x ersetzt wird. So ist z.B. 
-4
 für C
ARDANO
 eine falsche Lösung der Gleichung x
3
 + 16 = 12x
, weil 4 eine wahre 
Lösung der Gleichung x
3
= 12x + 16
 ist.
11
  So hat dann auch die Gleichung x
2
 = 9
bei C
ARDANO
 die wahre Lösung 3 und die falsche Lösung -3.   
Bei der Behandlung der kubischen Gleichungen vom Typ x
3
 = ax + b
 stieß 
C
ARDANO
 auf das Problem eines negativen Radikanten der Quadratwurzel.
12
 Er 
findet aber keine allgemeine Lösungsformel und verweist nur auf spezielle lösbare 
Fälle.  So gibt er für die Gleichung:
13
x
3
 = 8x - 3 
die ja zu einem negativen Radikanten unter der Quadratwurzel führt: 
x = 
3
3
2  +  
19
6  
 - 
5
3   +  
3
3
2  - 
19
6  
 - 
5
3  
zunächst die Lösung x = 3 an, und berechnet dann die beiden fehlenden Wurzeln. 
Das Wissen, dass Lösungen für Gleichungen mit negativen Radikanten unter der 
Quadratwurzel existieren,  führte dazu, dass in der Folgezeit mutige Mathematiker 
die Existenz von Wurzel aus negativen Zahlen nicht mehr ausschlossen und mit 
ihnen rechneten.  
Unter ihnen war der italienische Mathematiker R
AFAEL 
B
OMBELLI
 (1526-1572). Er 
löste in seinem 1572 erschienenen Buch L'Algebra die Gleichung:
14
(2.2.6)                                   x
3
 = 15x + 4
. 
Dabei berechnete er zunächst nach der Lösungsformel von C
ARDANO
 den Wurzel-
ausdruck: 
11
 Vgl. [Bew] S. 9 
12
 Bei Gleichungen vom Typ x + ax = b können keine negativen Radikanten unter der Quadratwurzel entstehen, da 
ja a und b nur positive Zahlen sein konnten. 
13
 Vgl. [Bew] S.10 
14
 Vgl. [Bew] S. 12 
12
x = 
3
 2 +   -121  + 
3
 2 -   -121  = 
3
 2 + 11   -1  + 
3
 2 - 11   -1  
Es gelang ihm, Lösungen für diese kubischen Wurzeln zu finden: 
(
)
2 +   -1 
3
   = 8 + 32
2
   -1  + 32
(
)
 -1 
2
 + 
(
)
 - 1 
3
= 8 + 12  -1  - 6 -   -1  =  
2 + 11  -1  
(
)
2 -   -1 
3
   = 8 - 32
2
   -1  + 32
(
)
 -1 
2
 - 
(
)
 -1 
3
= 8 - 12  -1  - 6 +   -1  =  
2 - 11  -1  
Daraus folgt: 
3
2 +   -121   = 2 +   -1 und 
3
2 -   -121  = 2 -   -1  
Somit hat die Gleichung (2.2.6) die Lösung: 
x  = 
3
2 +   -121  + 
3
2 -   -121  = 2 +    -1  + 2 -   -1  = 2 + 2 = 4 
B
OMBELLI
 war auch der erste, der einen eigenen Namen für diese Wurzeln, die we-
der negativ noch positiv waren, vorschlug. Auch formulierte er anhand von kon-
kreten Beispielen Rechenregeln für diese imaginären Größen.
15
Es sollte jedoch noch zwei Jahrhunderte dauern, bis die Existenz von komplexen 
Zahlen allgemein anerkannt wurde.  
Die von C
ARDANO
 aufgestellte Lösungsformel (2.2.5) lässt sich durch eine einfache 
Substitution in eine allgemeine Lösungsformel für kubische Gleichungen umwan-
deln: 
Sei die Gleichung: 
y
3
 + ay
2
 + by + c = 0 
gegeben, dann substituiert man: 
y = x - 
a
3 
15
 Vgl. [Alt] S. 265 
13
und erhält so: 
x
3
 + ay
2
 + by + c = x
3
 + px +q 
Mit: 
(2.2.7)                      p = - 
1
3 a
2
 + b 
und q = 
2
27 a
3
 - 
1
3 ab + c 
erhält man eine kubische Gleichung ohne quadratisches Glied. Unter Beachtung 
der Vorzeichen bekommt man nun aus der Darstellung (2.2.5) die allgemeine 
C
ARDANI
sche Lösungsformel: 
(2.2.8)       x = 
3
- 
q
2 + 
q
2 
2
 + 
p
3 
3
  + 
3
- 
q
2 - 
q
2 
2
 + 
p
3 
3
Hierbei gilt: 
(2.2.9) 1.   
q
2 
2
 + 
p
3 
3
 > 0
     es existierten eine reelle und zwei konjugiert  
                                          komplexe  Lösungen 
        2.   
q
2 
2
 + 
p
3 
3
 = 0
     es existiert eine reelle Lösung der Vielfachheit   
                                          drei 
        3.   
q
2 
2
 + 
p
3 
3
 < 0
     es existieren drei reelle Lösungen 
Dabei war der dritte Fall, der casus irreduzibilis (nicht zurückführbarer Fall) zu 
Zeiten C
ARDANOS
 nicht allgemein lösbar.  
2.3  Der biquadratische Fall 
C
ARDANO
 beschäftigte sich in seinem Werk Ars Magna auch mit der Suche nach 
Lösungen für biquadratische Gleichungen. Dabei fand er zunächst eine Lösung für 
solche biquadratischen Gleichungen, die sich auf kubische Gleichungen zurück-
führen lassen. Seinem Schüler L
UDOVICO
 F
ERRARI
 (1522-1565) verdankt C
ARDANO
den Lösungsansatz, der zu einer allgemeinen Lösungsformel für biquadratische 
Gleichungen führt:
16
"Es gibt eine andere Regel, besser als die vorhergehende. Es ist die von L
UDOVICO 
F
ERRARI
, der sie mir auf meine Bitte gab. Durch sie haben wir all die Lösungen für 
Gleichungen der vierten Potenz, dem Quadrat, der ersten Potenz und der Zahl, oder 
aus der vierten Potenz, dem Kubus, dem Quadrat und der Zahl, [...]. In all diesen Fäl-
len, welche tatsächlich nur die allgemeinsten sind, ist es ratsam diejenigen, welche den 
Kubus enthalten, auf Gleichungen zu reduzieren, in denen stattdessen die Unbekannte 
x vorkommt. " 
16
 Vgl. [Alt] S. 261 
14
Man muss also zunächst wieder den Ausdruck mit der zweithöchsten Potenz ver-
schwinden lassen. Dies geschieht hier, analog zum kubischen Fall, durch eine ein-
fache Substitution. Sei eine Gleichung der Form: 
(2.3.1)                              x
4
 + ax
3
 + bx
2
 + cx + d = 0
gegeben. Dann substituiert man: 
x = y -  
a
4 
und erhält so: 
(2.3.2)                   x
4
 + ax
3
 + bx
2
 + cx + d =  y
4
 + py
2
 + qy + r 
mit: 
(2.3.3)                                     p = - 
3
8a
2
 + b 
q = 
1
8a
3
- 
1
2ab + c 
r = - 
3
256a
4
 + 
1
16a
2
b - 
1
4ac + d 
Für Gleichung dieser Form:
17
(2.3.4)                                 x
4
 + px
2
 + qx + r = 0
war es F
ERRARI
 gelungen, eine Lösungsformel zu finden. Der Grundgedanke ist 
dabei, der Gleichung Terme hinzuzufügen, so dass auf beiden Seiten Quadrate ent-
stehen, deren Wurzeln man ja dann bestimmen kann.  
Ausgehend von der Gleichung (2.3.4) isoliert man zunächst x
4
 auf der linken Seite  
und addiert dann den Term 2zx
2
 + z
2
 auf beiden Seiten:
18
x
4
 + 2zx
2
 + z
2
 = (2z -p)x
2
 - qx + (z
2
 - r) 
 (x
2
 + z)
2
 = (2z -p)x
2
 - qx + (z
2
 - r) 
Für die linke Seite wurde also bereits die gewünschte quadratische Form erreicht, 
für die rechte Seite lässt sich dies nur unter der Bedingung: 
2(  2z - p  )(  z
2
 - r  ) = -q 
erreichen, also muss gelten: 
17
 Der Einfachheit halber verwende man hier weiter x anstelle des substituierten y für die Unbekannte. 
18
 Vgl. [Bew] S. 24 
15
(2z - p)(z
2
 - r) = 
q
2
4  
 z
3
 - 
p
2z
2
 - rz + 
pr
2  - 
q
2
8  = 0 
Eine Lösung z dieser so genannten kubischen Resolventen bestimmt man nun 
nach der Formel (2.2.8), nachdem man entsprechend der Vorschrift (2.2.7) substitu-
iert hat. So kommt man nun zu der Gleichung: 
(2.3.5)                           x
2
 + z = 
± (  2z - p x +   z
2
 - r )
Und damit zu folgenden vier Lösungen der biquadratischen Gleichung: 
(2.3.6)                    x
1
 =  
1
2  2z - p  + 
 - 
1
2z - 
1
4p +   z
2
 - r  
x
2
 =  
1
2  2z - p  - 
 - 
1
2z - 
1
4p +   z
2
 - r  
x
3
 = - 
1
2  2z - p  + 
 - 
1
2z - 
1
4p +   z
2
 - r  
x
4
 = - 
1
2  2z - p  - 
 - 
1
2z - 
1
4p +   z
2
 - r  
Bedenkt man, dass man hier, um zu den tatsächlichen Lösungen zu gelangen, noch 
z
 nach der Lösungsformel (2.2.8) berechnen muss, und außerdem noch nach (2.2.7) 
und (2.3.3) substituieren muss, erkennt man, dass diese Lösungsformel in ihrer 
praktischen Handhabung doch sehr kompliziert ist. Die Vermutung, dass man mit 
numerischen Näherungsverfahren schneller ans Ziel kommt, liegt nahe. 
2.4 
Die Suche nach einer allgemeinen Lösungsformel 
Die Erfolge bei der Auflösung von kubischen und biquadratischen Gleichungen 
motivierte in der Folgezeit die Suche nach Auflösungsformeln für Gleichungen 
höheren Grades der gleichen Art, also in verschachtelten Wurzelausdrücken, und 
damit verbunden, Untersuchungen der prinzipiellen  Eigenschaften von diesen 
Gleichungen.
19
 Im folgenden Kapitel soll nun ein Überblick über die Entwicklun-
gen auf diesem Gebiet gegeben werden. Am Anfang stehen hierbei die Überlegun-
gen von F
RANÇOIS 
V
IÈTE
, der zunächst untersucht, wie man eine Gleichung zu vor-
gegebenen Lösungen konstruieren kann. Darauf aufbauend sind dann die Arbeiten 
von R
ENÉ 
D
ESCARTES
 in seinem Werk La Géométrie von 1637, der hier erstmals das 
Lösen von Gleichungen höheren Grades durch Abspalten von Linearfaktoren be-
19
 In verschachtelten Wurzelausdrücken bedeutet in der Form: x
i
 = 
n
 a + 
m
 b ... 
16
schreibt.  Diese Möglichkeit führte in der Folgezeit zu Aussagen über die Anzahlen 
von Lösungen von Gleichungen höheren Grades. Diese Überlegungen waren mit 
dem Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra, der C
ARL 
F
RIEDRICH 
G
AUß
 im 
Jahre 1799 gelang, abgeschlossen.
20
Die Suche nach Auflösungsformeln für Gleichungen höheren Grades endete 
schließlich im Jahre 1826, als N
ILS 
H
ENDRIK 
A
BEL
 der Beweis gelang, dass es solche 
für Gleichungen vom Grad n = 5 nicht gibt. Dieser Beweis würde jedoch den Rah-
men dieser Arbeit sprengen. Ich möchte als Abschluss des Kapitels über die Lös-
barkeit von Gleichungen höheren Grades noch auf die Überlegungen von J
OSEPH-
L
OUIS 
L
AGRENGE
 und P
AOLO 
R
UFFINI
 zur Unmöglichkeit der allgemeinen Auflös-
barkeit von Gleichungen höheren Grades eingehen. Diese sind zwar lückenhaft 
und im Detail unvollständig, dafür stimmen sie in ihrer Grundidee mit der von 
A
BEL
 überein.  
A
BEL
 bewies zunächst nur, dass es keine allgemeine Lösungsformel geben kann. 
Dennoch existieren Gleichungen vom Grad n    5, für die Lösungen in der Form 
verschachtelter Wurzelausdrücke gefunden werden können. Die  Untersuchungen, 
unter welchen Bedingungen solche Lösungen gefunden werden können, wurden 
erst einige Jahre nach dem frühen Tod A
BELS
 von E
VARISTE 
G
ALOIS
 abgeschlossen. 
Daraus resultierte in der Neuzeit ein ganz neues Teilgebiet der Algebra, die 
G
ALOIS
-Theorie.
21
 Ein kurzer Einblick in diese Theorie soll dann auch dieses Kapi-
tel abschließen. 
2.4.1  Anzahlen von Lösungen - Der Fundamentalsatz der Al-
gebra 
Bei dem 1591 erschienenen Werk In artem  analyticem isagoge von F
RANÇOIS 
V
IÈTE
(1540-1603) handelt es sich sinngemäß übersetzt um eine "Einführung und Be-
gründung des algebraischen Rechnens." V
IÈTE
 führt darin eine zweckmäßige Sym-
bolik ein, das Rechnen mit Buchstaben. So bezeichnet er gesuchte Größen mit Vo-
kalen, bekannte mit Konsonanten. Weiter verwendete er die Zeichen + und -. Das 
Gleichheitszeichen verwendete er noch nicht, ebenso wenig das Multiplikations-
zeichen. Dies war ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Algebra. Mit der 
Einführung einer allgemeinen Symbolik war es nun möglich, Regeln nicht mehr 
nur anhand von Beispielen zu formulieren, sondern in allgemeinen Formeln. Auch 
die Überlegungen, die zu diesen Regeln führten, konnten nun allgemeiner durch-
geführt werden. Dazu untersuchte V
IÈTE
 auch, welche Umformungen beim Rech-
nen mit Gleichungen zulässig sind. Konkret bewies er, dass folgende Umformun-
gen äquivalente Gleichungen lieferten:
22
Antithesis:        Größen wechseln mit umgekehrtem Vorzeichen die Seiten. 
Hypobibasmus:   Herabdrücken der Dimension durch Division, z.B. wird aus  
                    A
3
 + BA
2
 = CA
 der Ausdruck A
2
 + BA = C
 für A  0. 
20
 Vgl. [Bew] S. 28-33 
21
 Vgl. [Bew] S. 52, 53 
22
 Vgl. [Alt] S. 272 
17
Parabolismus:    Befreiung vom Koeffizienten des höchsten Gliedes. 
Seine Untersuchungen zur Verbesserung der Methoden beim Umformen von Glei-
chungen hatte V
IÈTE
 nicht mehr vollenden können. Sie erschienen erst posthum 
1615  in dem Werk De aequationum recocnitione et ementatione Tractatus duo. Dort 
wird z.B. die wichtige Methode der Beseitigung des zweihöchsten Gliedes, die ja 
beim Auffinden einer allgemeinen Lösungsformel für Gleichungen dritten und 
vierten Grades bereits vorkamen, allgemein behandelt. Auch der Satz, den man 
allgemein als den Wurzelsatz
23
 von V
IETA
24
 bezeichnet,  findet man in diesem 
Werk.
25
 V
IÈTE
 zeigt darin, wie man eine Gleichung vom Grad 2 bis 5 zu vorgege-
benen Lösungen konstruieren kann. Im quadratischen Fall lautet der Wurzelsatz 
wie folgt: 
Wenn:  
(B + C)A - A
2
 = BC 
gilt, so sind B und C die Lösungen der Gleichung. 
Für kubische Gleichungen lautet der Wurzelsatz wie folgt: 
Wenn: 
(2.4.1)                   A
3
 - (B + C + D)A
2
 + (BC + BD + CD)A = BCD
gilt, so sind B, C und D die Lösungen der Gleichung. Hier erklärt der Wurzelsatz 
eine bereits von C
ARDANO
 bemerkte Eigenschaft der Lösungen von kubischen 
Gleichungen. In seinem Werk Ars Magna stieß C
ARDANO
 auf einige Gleichungen 
vom Typ x
3
 + bx = ax
2
 + c
 mit drei Lösungen, deren Summe mit dem Koeffizienten 
a des quadratischen Terms übereinstimmt.
26
V
IÈTE
 formulierte auch noch analog, wie man Gleichungen vierten und fünften 
Grades zu vorgegebenen Lösungen findet. Für die Gleichung fünften Grades mit 
fünf vorgegebenen Lösungen x
1
 bis x
5
 lautet sein Lösungsansatz in der heutigen 
allgemeinen Schreibweise: 
(2.4.2)                                               x
5
- (x
1
 + x
2
 + x
3
 +  x
4
 + x
5
)x
4
+ (x
1
x
2
 + x
1
x
3
 + x
2
x
3
 + x
1
x
4
 + x
2
x
4
 + x
3
x
4
 + x
1
x
5
 + x
2
x
5
 + x
3
x
5
 + x
4
x
5
)x
3
- (x
1
x
2
x
3
 + x
1
x
2
x
4
 + x
1
x
3
4
 + x
2
x
3
x
4
 + x
1
2
x
5
 + x
1
x
3
x
5
 + x
2
x
3
x
5
 + x
1
x
4
x
5
 + x
2
x
4
x
5
 + 
x
3
x
4
x
5
)x
2
+ (x
1
x
2
x
3
x
4
 + x
1
x
2
x
3
x
5
 + x
1
x
2
x
4
x
5
 + x
1
x
3
x
4
x
5
 + x
2
x
3
x
4
x
5
)x 
23
 Der Begriff Wurzel einer Gleichung steht im Folgenden immer für Lösung einer Gleichung. 
24
 F
RANCISCUS 
V
IETA
 ist die lateinische Form von F
RANÇOIS 
V
IÈTE
25
 Vgl. [Alt] S. 273 
26
 Vgl. [Bew] S. 30 
18
 - x
1
x
2
x
3
x
4
x
5
= 0
Auf diesen Gleichungen aufbauend, formulierte R
ENÉ 
D
ESCARTES
 (1596-1650) 1637 
in seinem Werk La Géométrie erstmals, wie man solche Aussagen für Gleichungen 
beliebigen Grades mit vorgegebenen Lösungen findet:
27
"Ist zu den vorgegebenen Zahlen x
1
 bis x
n
 eine Gleichung gesucht, die diese Zahlen als 
Lösung besitzt, so kann man einfach die Gleichung: 
(2.4.3)                             (x - x)( x - x
2
)... (x - x
n
) = 0
nehmen."  
Multipliziert man die Terme aus, so erhält man eine Gleichung vom Grade n, die 
die Zahlen x
1
 bis x
n
 als Lösungen besitzt. Dass dies die einzigen Lösungen der Glei-
chung sind, ist nicht sofort ersichtlich. Dazu muss man wissen, dass eine Glei-
chung vom Grade n höchstens n Lösungen haben kann. Dies folgt aber unmittelbar 
aus den nächsten Überlegungen.  
D
ESCARTES
 untersuchte weiter, unter welchen Bedingungen sich eine Gleichung 
der Form:  
(2.4.4)                         a
n
x
n
+ a
n-1
x
 n-1
 + 
 + a
1
x + a
0
 = 0
in die Form (2.4.3) bringen lässt, d.h. unter welchen Bedingungen sich Linearfakto-
ren abspalten lassen.  D
ESCARTES
 zeigte, dass, wenn man eine Lösung x
1
 einer Glei-
chung kennt, sich der Linearfaktor (x - x
1
)
 abspalten lässt. Dazu ersetzt man in der 
Gleichung (2.4.4) x durch x + (x - x
1
)
 und sortiert dann nach Potenzen von x und  
(x - x
1
)
: 
a
n
x
n-1
 +  a
n-1
x
n-1
 + 
 + a
1 
x + a
0
 =  
(2.4.5)         (x - x
1
)
n
 + b
n-1
( x - x
1
)
n-1
 + ... + b
1
(x - x) + b
0
 = 0
mit:  
b
0
 = x
n
1
 + a
n-1
x
n-1
1
 + ... + a
1
x
1
 + a
0
Hierbei lassen sich die Koeffizienten b
1
 bis b
n-1
 aus den Koeffizienten der ur-
sprünglichen Gleichung berechnen. Der Koeffizient b
0
 berechnet sich aus der be-
kannten Lösung x
1
 und aus den Koeffizienten der Gleichung.  
Aus der Gleichung (2.4.5) lässt sich nun der Linearfaktor (x - x
1
)
 abspalten: 
(x - x
1
)
n
 + b
n-1
(x - x
1
)
n-1
 + ... + b
1
(x - x
1
) + b
0
= (x - x
1
)
(
)
(x - x
1
)
n-1
 + b
n-1
(x - x
1
)
n-2
 + ... + b
1
27
 Vgl. [Bew] S. 29-32 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (eBook)
- 9783842805149
- Dateigröße
- 1.3 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität zu Köln – Erziehungswissenschaften, Mathematik
- Erscheinungsdatum
- 2014 (April)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- fundamentalsatz algebra polynome vorzeichenregel descartes sturmsche ketten
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					