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Alkoholspezifische Nachsorge unter besonderer Berücksichtigung des "Magdeburger Wegs"

©2010 Bachelorarbeit 71 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der vorliegenden Bachelorarbeit möchte ich mich mit einem besonderen Modell der alkoholspezifischen Abhängigkeitsbehandlung – dem ‘Magdeburger Weg’ – auseinandersetzen. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei insbesondere auf der Phase der Nachsorgebehandlung.
Mit der Einführung der Harz IV Reform im Jahr 2005, gab es im Bereich der Sozialhilfe tiefgreifende Veränderungen. Personen, die bisher Leistungen nach dem SGB XII bezogen hatten, erhielten von nun an Leistungen des zweiten Sozialgesetzbuchs. Hiervon waren auch Personen betroffen, die aufgrund einer Suchterkrankung dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung standen. Den betroffenen Empfängern wurde die bis 2005 geltende Sozialhilfe gewährt, ohne von diesen eine Gegenleistung wie beispielsweise die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme oder die Behandlung der Abhängigkeitserkrankung zu fordern. Dieses System bot alkoholabhängigen Menschen somit die Möglichkeit, sich ihre Sucht durch Leistungen der Sozialhilfe finanzieren zu lassen. Dieser Umstand sollte mit der Einführung der oben genannten Reform verhindert werden. Vor diesem Hintergrund kommt es in Rehabilitationseinrichtungen für Abhängigkeitserkrankte verstärkt zur Durchführung von Therapien, die von den Agenturen für Arbeit initiiert werden. Da für die Suchtmittelabhängigen die Handlungsalternative in einer Leistungskürzung besteht, absolvieren sie die Therapie, ohne jedoch den Willen zu haben etwas an den eigenen Lebensumständen verändern zu wollen. Dies ist jedoch für die erfolgreiche Beendigung einer solchen Maßnahme unbedingt notwendig.
Während eines 6-Wöchigen Praktikums in der Rehabilitationsfachklinik ‘Alte Ölmühle’, welches ich im Herbst des Jahres 2008 absolvierte, bin ich erstmals mit dem Umstand der Therapie unter Zwang konfrontiert worden. Jedoch war es für mich nicht vorstellbar, wie es möglich sein könnte unter Zwang einen langfristigen Therapieerfolg zu erzielen. In Gesprächen mit den Mitarbeitern der Einrichtung erhielt ich dann allerdings detaillierte Informationen zu dem unter dem Namen ‘Magdeburger Weg’ bekannten Modell. Ich erfuhr von einer existierenden Arbeit zu dieser Thematik und begann mich intensiv mit ihr zu befassen. In dieser Arbeit wird beschrieben, dass es möglich sei, eine Therapie unter Zwang durchzuführen und eine eigene Motivation zu entwickeln.
Für mich stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob diese gewonnene Motivation auf die Phase der Nachsorge einen Einfluss haben könnte. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Alkoholabhängigkeit
2.1 Verlauf und Definition der Alkoholabhängigkeit
2.2 Phasen der Abhängigkeitsbehandlung

3. Nachsorge
3.1 Die Bedeutung der Nachsorge – Möglichkeiten und Grenzen
3.2 Rückfälle
3.3 Die Rolle der Selbsthilfegruppe

4. Motivationale Theorien

5. Der „Magdeburger Weg“
5.1 Definition und Erläuterung des Modells des „Magdeburger Wegs“
5.2 Institutionelle Rahmenbedingungen
5.3 Zwangskontext des Modells des „Magdeburger Wegs“

6. Empirische Untersuchung zur Bereitschaft der Nachsorgedurchführung unter besonderer Berücksichtigung des „Magdeburger Wegs“
6.1 Fragestellung
6.2 Methodik und Datengewinnung
6.3 Durchführung der Untersuchung

7. Ergebnisse und Auswertung der Untersuchung
7.1Ergebnisse der Untersuchung
7.2 Auswertung der Fragestellung

8. Abschließende Betrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Untersuchung zur Nachsorge Teilnahme

Selbstständigkeitserklärung

1. Einleitung

In der vorliegenden Bachelorarbeit möchte ich mich mit einem besonderen Modell der alkoholspezifischen Abhängigkeitsbehandlung – dem „Magdeburger Weg“ – auseinandersetzen. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei insbesondere auf der Phase der Nachsorgebehandlung.

Mit der Einführung der Harz IV Reform im Jahr 2005, gab es im Bereich der Sozialhilfe tiefgreifende Veränderungen. Personen, die bisher Leistungen nach dem SGB XII bezogen hatten, erhielten von nun an Leistungen des zweiten Sozialgesetzbuchs. Hiervon waren auch Personen betroffen, die aufgrund einer Suchterkrankung dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung standen. Den betroffenen Empfängern wurde die bis 2005 geltende Sozialhilfe gewährt, ohne von diesen eine Gegenleistung wie beispielsweise die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme oder die Behandlung der Abhängigkeitserkrankung zu fordern. Dieses System bot alkoholabhängigen Menschen somit die Möglichkeit, sich ihre Sucht durch Leistungen der Sozialhilfe finanzieren zu lassen. Dieser Umstand sollte mit der Einführung der oben genannten Reform verhindert werden. Vor diesem Hintergrund kommt es in Rehabilitationseinrichtungen für Abhängigkeitserkrankte verstärkt zur Durchführung von Therapien, die von den Agenturen für Arbeit initiiert werden. Da für die Suchtmittelabhängigen die Handlungsalternative in einer Leistungskürzung besteht, absolvieren sie die Therapie, ohne jedoch den Willen zu haben etwas an den eigenen Lebensumständen verändern zu wollen. Dies ist jedoch für die erfolgreiche Beendigung einer solchen Maßnahme unbedingt notwendig.

Während eines 6-Wöchigen Praktikums in der Rehabilitationsfachklinik „Alte Ölmühle“, welches ich im Herbst des Jahres 2008 absolvierte, bin ich erstmals mit dem Umstand der Therapie unter Zwang konfrontiert worden. Jedoch war es für mich nicht vorstellbar, wie es möglich sein könnte unter Zwang einen langfristigen Therapieerfolg zu erzielen. In Gesprächen mit den Mitarbeitern der Einrichtung erhielt ich dann allerdings detaillierte Informationen zu dem unter dem Namen „Magdeburger Weg“ bekannten Modell. Ich erfuhr von einer existierenden Arbeit zu dieser Thematik und begann mich intensiv mit ihr zu befassen. In dieser Arbeit wird beschrieben, dass es möglich sei, eine Therapie unter Zwang durchzuführen und eine eigene Motivation zu entwickeln.

Für mich stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob diese gewonnene Motivation auf die Phase der Nachsorge einen Einfluss haben könnte. Diese Frage ließ mich nicht mehr los und so beschloss ich, dieser im Rahmen meiner Bachelorarbeit nachzugehen. In erster Linie wollte ich herausfinden, ob die Personen, die über das Modell des „Magdeburger Wegs“ in eine Langzeittherapie vermittelt werden, die Weiterbehandlungsphase mit der gleichen Motivation wahrnehmen wie diejenigen, die die Therapie von Beginn an aus eigener Motivation heraus absolvieren. Darüber hinaus wollte ich auf die Frage, ob die in der Entwöhnungsbehandlung erschlossene Motivation einen nachhaltigen Behandlungserfolg haben könnte, eine Antwort finden. Bevor ich diese Fragen im 6. Kapitel – dem empirischen Teil meiner Arbeit – zu beantworten versuche, gehe ich in Kapitel 2 zunächst auf die Definition, den Verlauf und die Behandlung der Alkoholabhängigkeit ein. Im anschließenden Kapitel 3 beschäftige ich mich dann explizit mit der Nachsorgephase. In Kapitel 4 erläutere ich die motivationalen Theorien, die Veränderungen bewirken können. In Kapitel 5 werde ich ausführlicher auf das Modell des „Magdeburger Wegs“ eingehen. Im siebten Kapitel setze ich mich dann mit den aus der Untersuchung gewonnenen Daten intensiv auseinander, bevor ich in Kapitel acht eine abschließende Betrachtung der Thematik vornehmen werde.

2. Alkoholabhängigkeit

Im folgenden Kapitel werde ich den Begriff des Alkoholismus definieren, sowie den charakteristischen Verlauf der Krankheit beschreiben. Der zweite Teil des Kapitels befasst sich dann speziell mit dem Ablauf der Entwöhnungsbehandlung.

2.1 Verlauf und Definition der Alkoholabhängigkeit

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA, (2008) liegt bei rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschland Alkoholmissbrauch vor. Von diesen 2,6 Millionen Menschen, sind rund 1,5 Millionen Menschen Alkoholabhängig (ebenda).

Einer Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Folge ist Abhängigkeit ein körperlicher, zumeist auch seelischer Zustand, der durch ein dringendes Verlangen oder unbezwingbares Bedürfnis sich die entsprechende Substanz fortgesetzt und periodisch zuzuführen, charakterisiert ist. Durch zunehmende Gewöhnung (Abstumpfung) besteht die Tendenz, die Dosis zu steigern. (www.gbe-bund.de)

Einer Abhängigkeit liegt der Drang zugrunde, die psychischen Wirkungen der Substanz zu erfahren, manchmal auch das Bedürfnis, unangenehme Auswirkungen ihres Fehlens (Entzugserscheinungen wie Unruhe, Schlafstörungen, Angstzustände, Schweißausbrüche) zu vermeiden. (Schneider 2001 S. 93 ff)

Alkoholismus stellt eine chronische Krankheit mit einer jahrelangen Dauer dar. In England und Deutschland wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Trunksucht erstmalig von Ärzten als Krankheit beschrieben. Es dauerte jedoch bis in die heutige Zeit, dass sich diese Erkenntnis mit all ihren Konsequenzen in der Öffentlichkeit durchsetzte (Schneider 2001 S. 101). Alkoholabhängigkeit ist ein Teufelskreis, aus dem ein Ausbrechen sehr schwierig ist.

Für die Erscheinungsformen des Alkoholismus wird auch heute noch das von Jellinek entwickelte Typenmodell verwendet. Er beschreibt 5 Typen, die sich durch den Schweregrad einerseits und andererseits durch die Art des Alkoholkonsums differenzieren lassen. Die Bezeichnung dieser Einteilung erfolgt in griechischen Buchstaben. Es gibt den Alpha- oder Problemtrinker, den Beta- oder Geselligkeitstrinker, den Gamma- oder Rauschtrinker, den Delta- oder Spiegeltrinker, und den Epsilon- oder Periodentrinker. Genau wie bei jeder Typenlehre handelt es sich auch hier um Idealtypen, die selten in reiner Form auftreten. Diese Typologie ist eng mit der Phaseneinteilung, die ebenfalls von Jellinek stammt, verbunden.

In den letzten Jahrzehnten sind verschiedene Versuche unternommen worden, den Verlauf des Alkoholismus in Phasen einzuteilen. Dabei hat sich das Schema von Jellinek jedoch als bekannteste Einteilung durchgesetzt.

Jellinek unterteilt den Verlauf des Alkoholismus in vier Phasen:

1. präalkoholische Phase
2. Prodromalphase
3. kritische Phase
4. chronische Phase

(vgl. Feuerlein et al)

Laut Feuerlein et al (2008 S. 208) gibt es von anderen Arbeitsgruppen ebenfalls Versuche, den Verlauf der Alkoholabhängigkeit in Phasen einzuteilen. Hier sind die Ergebnisse von Roth und Mitarb., oder von Jonnson et al, beispielhaft anzuführen.(vgl. www.kreuzbund-wuppertal.de/info/trinkertypen)

Jedoch werde ich im Folgenden nicht näher auf die beiden erwähnten Einteilungen eingehen, da sie der von Jellinek sehr ähnlich sind. Anhand Jellineks Phaseneinteilung möchte ich exemplarisch den Verlauf der Alkoholabhängigkeit beschreiben. Dabei gehe ich auch auf die oben genannte Typeneinteilung ein.

In der präalkoholischen Phase geht zwangloser Alkoholkonsum in Missbrauch über. Vor allem sogenanntes Entlastungstrinken wird Ersatz für andere Problemlösungsmöglichkeiten. Dieses Entlastungstrinken wird in der Prodromalphase zunehmend zur Gewohnheit. Jedoch bilden diese Phasen noch keine Grundlage für ein süchtiges Verhalten im Umgang mit Alkohol. In der kritischen Phase treten dann zunehmende Erinnerungslücken, soziale Schwierigkeiten und deutliche Veränderungen in der Persönlichkeit auf. Der Alkoholiker entwickelt Erklärungssysteme und leugnet seine eigene Machtlosigkeit dem Alkohol gegenüber. Abstinenz wird zwar versucht und auch versprochen, sie kann allerdings nicht auf Dauer eingehalten werden. Die vierte Phase ist durch das Auftreten einer körperlichen Abhängigkeit, sowie sozialem Abstieg gekennzeichnet. Der präalkoholischen Phase und der Prodromalphase können sowohl der Alphatrinker als auch der Betatrinker zugeordnet werden. Wenn durch lang anhaltenden, häufigen Konsum eine Abhängigkeit entsteht, entwickelt sich aus dem Alphatyp der Gammatyp. Aus dem Betatrinker kann bei entstehender Abhängigkeit der Deltatrinker werden. Diese beiden Entwicklungen sind mit den Phasen 3 und 4 gleichzusetzen. Der Epsilontrinker stellt diesbezüglich eine Ausnahme da. Er hat abstinente Phasen, die sich mit tagelangen Rauschphasen, verbunden mit völligem Kontrollverlust, abwechseln. (vgl. Geishofer 1998 oder vgl. Schneider 2001)

Allerdings ist der beschriebene Ablauf der Phasen nicht zwingend. Der Ablauf ist immer von den Reaktionen der Umwelt abhängig. Somit besteht theoretisch jederzeit die Möglichkeit, etwas gegen die Krankheit zu unternehmen und damit verbunden die Chance auf Rehabilitation.

2.2 Phasen der Abhängigkeitsbehandlung

Vergleicht man die Abhängigkeitserkrankung mit anderen Krankheiten, beispielsweise einem Knochenbruch, so lassen sich wenige Gemeinsamkeiten finden. Dennoch sind beide als Krankheit anerkannt und bedürfen einer Behandlung. Bei der Behandlung eines Knochenbruchs kann sich der Patient weitestgehend der Tüchtigkeit der Ärzte und Physiotherapeuten überlassen. Er hat somit einen eher passiven Teil, den er zur Genesung beitragen kann. Bei der Behandlung einer Suchtmittelabhängigkeit hingegen kommt es in erster Linie auf das Tun des Betroffenen an. Die Durchführung einer Abhängigkeitsbehandlung ist ein Prozess, der beim Abhängigen mit einer hohen Motivationsbereitschaft verbunden sein muss. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Bewusstwerdung des eigenen Problems. Diese Bewusstwerdung kann sowohl intrinsisch (von innen) als auch extrinsisch (von außen) erfolgen. Darüber hinaus ist die Frage, in wie weit der Abhängigkeitserkrankte glaubt seinen Alkoholkonsum kontrollieren zu können, für die Erlangung einer Motivationsbereitschaft maßgeblich. Ebenso sind Faktoren, wie zum Beispiel ein unterschiedlich großer Leidensdruck, die Bereitschaft, sich helfen zu lassen und die Erwartung an die Therapie ausschlaggebend. Hinzu kommt die Hoffnung, dass positive Folgen eintreten, die zu einer Bewältigung der gegenwärtig vorhandenen Probleme in den verschiedenen Lebensbereichen führen. (vgl. Feuerlein et al 2008)

Das Ziel einer Abhängigkeitsbehandlung ist immer die Erreichung einer abstinenten Lebensweise des Betroffenen. Daher ist es wichtig, dass die therapeutischen Maßnahmen von eigenen Aktivitäten seitens des Betroffenen ergänzt werden.

Eine Abhängigkeitsbehandlung vollzieht sich in der Regel in vier Phasen:

Kontakt und Beratungsphase

Entgiftungsphase

Entwöhnungsphase

Nachsorge- und Begleitungsphase

(BZGA 2008 S 18)

Dieser Ablauf ist jedoch nicht zwingend. Es ist durchaus möglich, dass vereinzelt Phasen übersprungen werden können. Ebenso möglich ist es, die Suchtmittelabhängigkeit nur durch Gespräche mit Selbsthilfegruppen in den Griff zu bekommen. Jedoch ist in den meisten Fällen einer Abhängigkeitsbehandlung die Einteilung in diese vier Phasen gegeben. Daher werde ich sie im Folgenden etwas näher vorstellen.

In der Kontakt- und Beratungsphase erfolg die erstmalige Kontaktaufnahme zum Hilfesystem, und damit verbunden eine Darstellung der persönlichen Lebenssituation. Beratungsstellen oder Arztpraxen sind in der Regel die ersten Anlaufstellen. Das wichtigste Ziel dieser ersten Phase besteht darin, den Alkoholkonsum klar als Problem zu benennen. Desweiteren wird in dieser Phase auch die Therapieplanung durchgeführt. Ein wesentliches Ziel dieser Phase besteht zudem darin, die bisherige individuelle Motivation zur Durchführung der Therapie zu festigen und Hilfe bei eventuellen akuten Problemen, beispielsweise mit dem Arbeitgeber oder dem Vermieter anzugehen. (vgl. www.suchthilfe.de)

An die Kontaktphase schließt sich dann die Entgiftung an. Entgiftung heißt, dass der Stoff (Alkohol) aus dem Körper entzogen wird. Dieser Prozess findet meist unter ärztlicher Aufsicht statt, da eventuell auftretende Entzugserscheinungen so medikamentös gemildert werden können. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Entzugsbehandlung durchzuführen. Zum Einen ambulant, zum Anderen stationär (Krankenhaus). Beide Formen dauern zumeist zwei Wochen. Die Kosten für die Entzugsbehandlung werden von der Krankenkasse übernommen. Ist man nicht krankenversichert, kommt das Sozialamt für die Behandlungskosten auf. (vgl. Soeka 2009 S.113 ff oder BZGA 2008)

Die Entwöhnungsbehandlung schließt sich im Idealfall direkt an die Entgiftungsphase an. Kommt es dennoch zu längeren Wartezeiten können diese mit Besuchen von Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen überbrückt werden. (ebenda)

In der Therapiekette nimmt die Entwöhnungsbehandlung einen sehr wichtigen Platz ein.

Die Entwöhnungsbehandlung erfolgt in der Regel stationär in einem Suchtfachkrankenhaus und dauert 12 bis 16 Wochen. (Deutsche Rentenversicherung 2009 S 10)

Diese kann aber auch ambulant durchgeführt werden. Der Vorteil einer stationär durchgeführten Entwöhnungsbehandlung ist jedoch, dass sie dem Patienten einen geschützten Rahmen bietet, in dem er sich komplett auf die Bewältigung seiner Krankheit konzentrieren kann. Während die Entgiftung die Entzugserscheinungen des Körpers lindert, besteht das Ziel der Entwöhnungsbehandlung darin die psychische Abhängigkeit zu behandeln. Im Mittelpunkt solch einer Behandlung stehen therapeutische Gruppen- und Einzelgespräche. Sie dienen der Aufarbeitung der eigenen Abhängigkeitsproblematik, sowie der Findung neuer Zukunftsperspektiven. (vgl. BZGA 2008)

Die Kosten für eine Entwöhnungsbehandlung werden in der Regel von den Rentenversicherungen übernommen. Dabei gilt der Grundsatz „Rehabilitation vor Rente“. (Deutsche Rentenversicherung 2009 S7)

An die Entwöhnungsbehandlung schließt sich dann die Nachsorgephase an. Wichtig ist jedoch, dass gegen Ende der stationären- oder ambulanten Entwöhnungsbehandlung entsprechende Maßnahmen (Kontakt zu einer Beratungsstelle und /oder Selbsthilfegruppe) in Angriff genommen worden sind.

Die Nachsorgephase ist dann die Zeit, in der der Alkoholabhängige versuchen muss die in der Entwöhnungsbehandlung gelernten Strategien in seinen Alltag zu integrieren. Hierbei sind Selbsthilfegruppen eine wichtige Hilfe. Aber auch Beratungsstellen, Arztpraxen und ambulante Psychotherapien können gerade in der ersten Zeit helfen, nicht wieder in alte Verhaltensmuster abzurutschen. (BZGAS30)

Die Selbsthilfegruppen, auf deren besondere Rolle ich im folgenden Kapitel etwas näher eingehen möchte, können und sollen sie jedoch nicht ersetzen. Der Auftrag der Beratungsstellen, Arztpraxen und Psychotherapien kann eher in einer ergänzenden Arbeit gesehen werden.

3. Nachsorge

Das dritte Kapitel meiner Arbeit behandelt schwerpunktmäßig die Phase der Nachsorge. Sowohl deren Relevanz für den Therapieverlauf, als auch ihre Grenzen und Möglichkeiten, sollen in diesem Kapitel erläutert werden. Darüber hinaus wird auch das Thema Rückfall in diesem Kapitel Raum finden. Abschließend werde ich dann die Rolle der Selbsthilfegruppen diskutieren.

3.1 Die Bedeutung der Nachsorge – Möglichkeiten und Grenzen

Nach der erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung beginnt die wohl schwierigste Phase im Therapieprozess – die Nachsorge. Nach Körkel (2006) ist diese Phase die Zeit, in der sich der Alkoholabhängige in der Familie, im Freundeskreis und/oder im Beruf bewähren muss, ohne die Sicherheit des „geschützten Rahmens“ der Entwöhnung zu haben. Der Alkoholabhängige mag sich in der Therapie verändert haben, seine Umgebung und die Lebensumstände jedoch nicht. Speziell dieser Umstand ist es, welcher die Nachsorge so problematisch macht. So sind in den meisten Fällen Probleme wie Eheschwierigkeiten, Schulden und berufliche Unannehmlichkeiten weiterhin vorhanden und müssen vom Abhängigen noch bewältigt werden.

Viele glauben jedoch, dass sie nach der Entwöhnung ein „neuer Mensch“ seien und sie alle Probleme, die sie durch die Abhängigkeit verursachten, mit der Beendigung der Entwöhnungsbehandlung hinter sich gelassen hätten. Mancher glaubt auch, während der stationären Therapie genügend Erfahrungen gesammelt zu haben, um sein Suchtverhalten eigenständig kontrollieren zu können. Auch die Hilfe der Angehörigen wird bei der Erreichung der Abstinenz von vielen Abhängigen als völlig ausreichend und als selbstverständlich betrachtet. Dabei vergisst der Betroffene dann gerne, dass er die Personen in seiner Umgebung bereits seit langem durch seine Krankheit so belastet hat, dass diese eigentlich selber Entlastung und Hilfe benötigen, statt weiter Hilfe abverlangt zu bekommen. Wenn die Angehörigen aber diese Hilfe nicht leisten können, kann es passieren, dass der Abhängige in eine Resignation verfällt und das Erreichte in Frage stellt. Der Glaube, die Unterstützung der Angehörigen sei selbstverständlich und dauerhaft, bringt ein hohes Rückfallrisiko mit sich. (vgl. Walch-Heiden 1982)

Hierbei wird deutlich, dass ein wesentliches Ziel der Nachsorge darin besteht, den Abhängigen zur Einhaltung einer abstinenten Lebensweise zu motivieren und diese konsequent zu leben. Schneider (2001 S. 209) formulierte mit der Aussage: „In der ambulanten oder stationären Therapie wird nur das Gesellenstück angefertigt, die Meisterprüfung muss allein abgelegt werden“, die Bedeutung der Nachsorge sehr treffend.

Dies heißt im Einzelnen, dass der Abhängige die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung einer abstinenten Lebensweise selbst einleiten muss. Zu diesen Maßnahmen gehört neben der Lösung der familiären und beruflichen Schwierigkeiten zum Beispiel auch die Förderung der sozialen Kontakte in einer alkoholarmen Umgebung. Die Entwicklung und Festigung einer zweckmäßigen Tagesstrukturierung ist hierbei ebenso wichtig, wie die Stärkung der Persönlichkeit. Auch dabei tut Unterstützung gut. Neben den Selbsthilfegruppen und den Angehörigen kann die Unterstützung auch durch die Suchtberatungsstellen geschehen, da diese schon die Vorgeschichte des Abhängigen kennen. Joachim Körkel (2006, S. 38) sieht in der Nachsorgebehandlung durch die Suchtberatungsstellen einen weiteren Vorteil. Der Suchtberater hat aus seiner weitgehend neutralen Position heraus einen kritischen Blick, sowohl auf positive, als auch auf negative Veränderungen des Klienten. Durch diese neutrale Position ist es ihm möglich, dem Klienten seine Beobachtungen besser deutlich zu machen, als ein Angehöriger es vermag. Dies setzt beim Klienten jedoch eine regelmäßige Teilnahme an den Nachsorgegesprächen in der Suchtberatungsstelle, sowie den Willen für weitere Veränderungen voraus. Doch nicht nur eine regelmäßige Teilnahme und der Wille zu weiteren möglichen Veränderungen sind für eine gute Nachsorgebehandlung wichtig, sondern auch ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Klient. Dies konnte ich während eines Praktikums in der Drogenberatungsstelle Magdeburg, welches ich im Oktober 2010 durchführte, in meiner eigenen Arbeit erfahren. Daneben kann eine in einer Suchtberatungsstelle durchgeführte Nachsorgebehandlung dazu dienen, Themen aufzuarbeiten, die in der Entwöhnungsbehandlung keinen Raum fanden, oder für deren Besprechung der Klient zu dieser Zeit noch nicht bereit war. Wenn beim Abhängigen jedoch die Einstellung „Das in der Entwöhnungsbehandlung Erreichte ist schon genug“ vorherrscht, stößt diese Möglichkeit der Nachsorge an ihre Grenzen. (Walch-Heiden 1982 S. 32)

Gleiches gilt, wenn der Abhängige es vermeidet sich seinen Problemen zu stellen und stattdessen versucht sie durch die Flucht in andere Aktivitäten wie zum Beispiel neue Hobbys oder Engagement in der Selbsthilfe zu leugnen. Dies soll nicht heißen, dass ein Engagement in der Selbsthilfe oder das Finden neuer Hobbys für den Betroffenen schädlich ist, jedoch ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen, die zur Sucht führten, ein wesentlicher Punkt der Nachsorge.

In einigen Fällen kann die Nachsorge auch stationär, das heißt in Einrichtungen des betreuten Wohnens, durchgeführt werden. Dies geschieht jedoch nur dann, wenn beim Abhängigen keine sozialen Bezüge mehr vorhanden sind oder er sich aus den alten sozialen Bindungen lösen muss. (Walch-Heiden 1982 S. 32)

3.2 Rückfälle

Ein weiteres wesentliches, vielleicht sogar das wichtigste Element der Nachsorgephase ist die Rückfallprävention. Bevor ich jedoch auf die Formen des Rückfalls im Einzelnen eingehen werde, möchte ich den Begriff des Rückfalls näher charakterisieren.

Schneider (2001) beschreibt in seinem Buch „Die Suchtfibel“ rückfällige Personen wie folgt: Als rückfällig bezeichnet man Personen, die trotz des Vorsatzes zur Abstinenz wieder mit der Einnahme des Suchtmittels beginnen. Hierzu muss jedoch gesagt werden, dass man nur von einem Rückfall sprechen kann, wenn der Betroffene vorher eine längere Zeit ohne das Suchtmittel ausgekommen ist. Marlatt (1978)(zit. Nach De Jong-Meyer 1993 S. 34) differenziert Rückfälle in die folgenden beiden Kategorien. Seiner Auffassung nach gibt es den einmaligen Rückfall (Lapse) und einen Rückfall in alte Trinkgewohnheiten (Relapse). Diese Form der Einteilung von Rückfällen findet sich in der Fachliteratur häufig wieder. (vgl. hierzu auch Körkel (2006))

Während der Zeit meines Praktikums in der Drogenberatungsstelle Magdeburg (DROBS) habe ich die Erfahrung gemacht, dass rund zwei Drittel aller Rückfälle im ersten Jahr nach der Langzeittherapie auftreten. Rückfälle treten entgegen landläufiger Meinung nicht bei Festen, bei Restaurantbesuchen oder sonstigen Gelegenheiten auf, sondern ereignen sich zu Hause. (Schneider 2001 S. 224)

Dies ist es auch, was vielen Betroffenen, die frisch aus der Therapie kommen, Angst macht. Sie glauben dass ein Rückfall, die in der Therapie erzielten Erfolge, zunichtemacht. Mit der Entlassung aus der Therapie müsse das Verlangen nach dem Suchtmittel sofort aufhören und dürfe nicht mehr auftreten.

Dass diese Meinung unter Betroffenen so vertreten ist, habe ich durch Gespräche mit verschiedenen Patienten in der Rehabilitationsfachklinik „Alte Ölmühle“ mitbekommen. Körkel und Kruse (2005 S. 20 ff) hingegen sehen den Rückfall als eine wichtige Instanz im Therapieverlauf. Ihrer Ansicht nach gehört er zum herauswachsen aus der Sucht dazu. Sofortige und dauerhafte Abstinenz könne nur eine fehlgeleitete Erwartung an die Behandlung sein.

Schneider (2001) sieht dies etwas anders. Er betrachtet die völlige Abstinenz nach einer erfolgreichen Therapie nicht als überzogene Erwartung, jedoch auch nicht als Katastrophe. Seiner Auffassung nach spielen sowohl der Verlauf, als auch der Umgang damit, eine wichtige Rolle für die Bewertung des Rückfalls.

In der mir vorliegenden Fachliteratur sind drei Formen des Rückfallverlaufes angegeben, die ich hier in gekürzter Form wiedergeben möchte.

1. Aus einem beliebigen Grund nimmt jemand einen Schluck Alkohol zu sich. Oftmals lautet die Erklärung „man wolle nur einmal probieren, ob man noch ein Glas vertragen könne“. Jedoch wird dann oftmals bis zum Kontrollverlust weiter getrunken. Die „Trinkerei“ ist dann zumeist noch schlimmer als vor der Abstinenz.
2. Die zweite Verlaufsform eines Rückfalls ist der sogenannte „schleichende Rückfall“. Er ist dadurch charakterisiert, das dem Betroffenen zunächst ein gemäßigtes Trinken gelingt. Dieses mäßige Trinken endet jedoch in den meisten Fällen im regelmäßigen beziehungsweise im übermäßigen Alkoholkonsum. Der „schleichende Rückfall“ entsteht zumeist aus der Überzeugung heraus, wieder mäßig und kontrolliert trinken zu können.
3. Aus einer seltenen Situation heraus wird wieder einmalig Alkohol konsumiert. Aufgrund der Ausnahmesituation, ist es möglich dass es beim einmaligen Trinken bleibt. Es kann aber auch zum regelmäßigen „zuschütten“ von Problemen kommen. (vgl. Schneider 2001 S. 224 ff, sowie Körkel 2006)

Ein Rückfall kann durch unangenehme Gefühle wie Angst, Einsamkeit oder Gereiztheit ausgelöst werden, jedoch auch durch heftige Stimmungsschwankungen oder fehlende Anerkennung für die abstinente Lebensweise des Betroffenen seitens der Angehörigen. Um einem Rückfall langfristig vorzubeugen, ist eine gute Prävention notwendig. Rückfallprävention meint, sich Möglichkeiten zu suchen die einem gerade in der ersten Zeit der Abstinenz Kraft geben. Dies können beispielsweise neue Freizeitaktivitäten sein. Des Weiteren gehört es auch dazu, dass man aktiv an sich arbeitet, Und das „Heute“ bewusst gestalten lernt. Eine weitere Möglichkeit der Rückfallprävention besteht darin, sich im Alltag kleine „Inseln“ zu bauen. Körkel (2006 S. 55) meint damit, dass man sich in der ersten Zeit der Abstinenz nicht überfordern soll. Seiner Auffassung nach ist es sinnvoller, sich kleine Etappenziele einzurichten, deren Erreichung auch realistisch umsetzbar ist.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842804975
DOI
10.3239/9783842804975
Dateigröße
677 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg – Sozial- und Gesundheitswesen, Soziale Arbeit
Erscheinungsdatum
2010 (Oktober)
Note
2,0
Schlagworte
alkohol nachsorge magdeburger abhängigkeit rückfall
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Titel: Alkoholspezifische Nachsorge unter besonderer Berücksichtigung des "Magdeburger Wegs"
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