Forensic Services - Dienstleistungsinnovation auf dem Wirtschaftsprüfungsmarkt?
Zusammenfassung
Bestechung, Unterschlagung, Bilanzfälschung - das alles sind Meldungen, die Unternehmen und Öffentlichkeit gleichermaßen in Aufruhr versetzen und das Thema Wirtschaftskriminalität in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses rücken. Finanzielle Schäden, Reputationsverluste und Beeinträchtigungen von Geschäftsbeziehungen in Folge wirtschaftskrimineller Handlungen sind erheblich. Dies führt dazu, dass das Phänomen Wirtschaftskriminalität von den Unternehmen zunehmend als Problem für die Wirtschaft betrachtet wird. So sehen 90% der Großunternehmen Wirtschaftskriminalität als ernsthafte Gefahr für das Wirtschaftsleben. Vor allem die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften reagieren auf dieses gestiegene Problembewusstsein, indem sie seit Ende der 90er Jahre mit den Forensic Services eine Dienstleistung anbieten, die speziell auf die Aufdeckung, Aufklärung und Prävention von Wirtschaftskriminalität gerichtet ist.
Zum einen liegt es im Interesse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihr Leistungsspektrum um Prüfungs- und prüfungsnahe Dienstleistungen zu erweitern, da ein Rückgang des jährlichen Einnahmeanstiegs aus den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen zu verzeichnen ist. Zum anderen wird dieses Angebot durch die bestehende Nachfrage der Unternehmen hervorgerufen, das Maß an Transparenz zu erhöhen, um das Vertrauen der Anteilseigner und der Öffentlichkeit zu gewinnen. So bauten beispielsweise die Siemens AG und der Nutzfahrzeugkonzern MAN ein umfangreiches Compliance-System auf, um ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Öffentlichkeit nach den bekanntgewordenen Korruptionsfällen wiederherzustellen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Prävention und der Aufdeckung von wirtschaftskriminellen Handlungen im Rahmen der Forensic Services und mit der Fragestellung, ob diese Dienstleistung eine Innovation auf dem Wirtschaftsprüfungsmarkt darstellt. Auf diese Frage wird insbesondere dadurch eingegangen, dass Verbindungen zwischen den Forensic Services und dem Tätigkeitsfeld der Internen Revision und des Abschlussprüfers untersucht werden. Ergebnis ist einerseits, dass die Forensic Services, durch vielfältige präventive Maßnahmen und forensische Prüfungen ein umfangreiches Angebot zur Aufdeckung und Verhinderung wirtschaftskrimineller Handlungen bereitstellen. Andererseits ist festzustellen, dass die Unternehmen bei der Prävention und Aufdeckung von Delikten zunehmend auf interne Kräfte setzen. Des Weiteren wird gezeigt, […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
B. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
C. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. GRUNDLAGEN
2.1 Die Bestandteile der Forensic Services
2.2 Die Aufgaben des Wirtschaftsprüfers
2.3 Das Interne Kontrollsystem und die Aufgaben der Internen Revision
2.4 Innovation und die Bedeutung des Wissensmanagements
2.5 Wirtschaftskriminalität – Formen, Aufdeckung und aktuelle Entwicklung
3. PRÄVENTION VON WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT
3.1 Ursachen wirtschaftskrimineller Handlungen
3.2 Möglichkeiten der Prävention
3.2.1 Risikomanagement
3.2.2 Kontrollen und organisatorische Maßnahmen
3.2.3 Whistleblowing
3.2.4 Leitlinien zur Unternehmensethik
3.3 Aktuelle Entwicklung im Bereich der Prävention
4. AUFDECKUNG VON WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT
4.1 Der Verlauf der Unterschlagungsprüfung
4.2 Methoden zur Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen
4.2.1 Die Systemprüfung
4.2.2 Der Einsatz computergestützter Prüfungstechnik
4.2.3 Das Benford-Gesetz
5. FAZIT
D. LITERATURVERZEICHNIS
E. RECHTSQUELLENVERZEICHNIS
F. ERKLÄRUNG
B. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
C. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Häufigkeiten und Arten von Wirtschaftskriminalität in Deutschland von 2003-2010
Abbildung 2: Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität in Deutschland von 2003-2010
Abbildung 3: Fraud-Triangle von Cessey
Abbildung 4: Rahmenkonzept der Unterschlagungsprüfung
Abbildung 5: Die Benford-Wahrscheinlichkeiten
1. Einleitung
„Bestechung, Unterschlagung, Bilanzfälschung - das alles sind Meldungen, die Unternehmen und Öffentlichkeit gleichermaßen in Aufruhr versetzen und das Thema Wirtschaftskriminalität in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses rücken“.[1] Finanzielle Schäden, Reputationsverluste und Beeinträchtigungen von Geschäftsbeziehungen in Folge wirtschaftskrimineller Handlungen sind erheblich. Dies führt dazu, dass das Phänomen Wirtschaftskriminalität von den Unternehmen zunehmend als Problem für die Wirtschaft betrachtet wird. So sehen 90% der Großunternehmen Wirtschaftskriminalität als ernsthafte Gefahr für das Wirtschaftsleben.[2] Vor allem die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften reagieren auf dieses gestiegene Problembewusstsein, indem sie seit Ende der 90er Jahre mit den Forensic Services eine Dienstleistung anbieten, die speziell auf die Aufdeckung, Aufklärung und Prävention von Wirtschaftskriminalität gerichtet ist.
Zum einen liegt es im Interesse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihr Leistungsspektrum um Prüfungs- und prüfungsnahe Dienstleistungen zu erweitern, da ein Rückgang des jährlichen Einnahmeanstiegs aus den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen zu verzeichnen ist.[3] Zum anderen wird dieses Angebot durch die bestehende Nachfrage der Unternehmen hervorgerufen, das Maß an Transparenz zu erhöhen, um das Vertrauen der Anteilseigner und der Öffentlichkeit zu gewinnen. So bauten beispielsweise die Siemens AG und der Nutzfahrzeugkonzern MAN ein umfangreiches Compliance-System auf, um ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Öffentlichkeit nach den bekanntgewordenen Korruptionsfällen wiederherzustellen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Prävention und der Aufdeckung von wirtschaftskriminellen Handlungen im Rahmen der Forensic Services und mit der Fragestellung, ob diese Dienstleistung eine Innovation auf dem Wirtschaftsprüfungsmarkt darstellt. Auf diese Frage wird insbesondere dadurch eingegangen, dass Verbindungen zwischen den Forensic Services und dem Tätigkeitsfeld der Internen Revision und des Abschlussprüfers untersucht werden. Ergebnis ist einerseits, dass die Forensic Services, durch vielfältige präventive Maßnahmen und forensische Prüfungen ein umfangreiches Angebot zur Aufdeckung und Verhinderung wirtschaftskrimineller Handlungen bereitstellen. Andererseits ist festzustellen, dass die Unternehmen bei der Prävention und Aufdeckung von Delikten zunehmend auf interne Kräfte setzen. Des Weiteren wird gezeigt, dass einzelne Methoden zur Ermittlung von Unterschlagungen auch während der Jahresabschlussprüfung und bei Kontrollen durch die Interne Revision zum Einsatz kommen. Dadurch wird deutlich, dass die forensische Prüfung in enger Verbindung zu anderen Prüfungen steht. Infolgedessen stellen die Forensic Services in Bezug auf ihren absoluten Neuigkeitsgehalt keine Basisinnovationen, sondern lediglich Verbesserungsinnovationen dar, da sie keinen technologischen Durchbruch markieren, sondern bereits vorhandenes Wissen und Methoden in spezialisierter und optimierter Form anwenden.
Im ersten Abschnitt werden die einzelnen Bestandteile der Forensic Services dargestellt und das Tätigkeitsfeld des Wirtschaftsprüfers und der Internen Revision näher erläutert. Weiterhin wird der Begriff der Innovation definiert, die aktuelle Entwicklung der Wirtschaftskriminalität veranschaulicht und gezeigt auf welche Art und Weise es zur Aufdeckung kommt. Des Weiteren wird darauf eingegangen, dass Wissensmanagementtechnologien die effizientere Nutzung von Wissen ermöglichen und dadurch zum Angebot weiterer Prüfungsdienstleistungen beitragen können. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich zunächst mit Ursachen wirtschaftskrimineller Handlungen. Anschließend werden einzelne Präventionsmaßnahmen, wie Kontrollen, organisatorische Maßnahmen, Whistleblowing und Unternehmensleitlinien näher erläutert und herausgestellt, wie diese zur Verringerung von Wirtschaftskriminalität beitragen können. Im dritten Abschnitt wird die forensische Prüfung näher beleuchtet. Dabei wird der Verlauf dargestellt und einzelne Methoden zur Aufdeckung von Unterschlagungen tiefgründiger betrachtet. Außerdem wird aufgezeigt welche Bedeutung diesen Methoden im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zukommt.
Das Thema der Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen durch Wirtschaftsprüfer, Interne Revision und forensische Prüfer wurde bereits von Bologna und Lindquist (1995) in ihrem Buch Fraud Auditing and Forensic Accounting aufgegriffen. Des Weiteren beschäftigten sich Huntington und Davies (1999) ausführlich mit Indikatoren, die auf Wirtschaftskriminalität im Unternehmen hindeuten und mit Maßnahmen der Prävention. Da die Aufdeckung und Verhinderung von Wirtschaftskriminalität augenscheinlich ein sehr wichtiges Thema darstellt, setzt sich diese Arbeit damit auseinander und betrachtet gleichzeitig Zusammenhänge, die zwischen den Forensic Services und dem Tätigkeitsfeld des Jahresabschlussprüfers und der Internen Revision bestehen.
2. Grundlagen
In diesem Kapitel wird auf die Bestandteile der Forensic Services, sowie auf den Tätigkeitsbereich des Wirtschaftsprüfers und der Internen Revision näher eingegangen. Des Weiteren wird der Begriff der Innovation definiert und gezeigt, wie Wissensmanagementtechnologien zur effizienteren Nutzung von Wissen beitragen. Abschließend erfolgt eine Darstellung der aktuellen Entwicklung, der Schäden und der Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität.
2.1 Die Bestandteile der Forensic Services
Forensic Services sind forensische Dienstleistungen von externen Anbietern zur Prävention, Aufdeckung und Aufarbeitung von Wirtschaftkriminalität. Anbieter sind überwiegend die größeren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Doch auch kleinere Consulting-Firmen, die sich auf die forensische Ermittlung spezialisiert haben, treten vermehrt am Markt auf.[4]
Das lateinische Wort forensis bedeutet „zum Forum gehörig“[5]. Dieses diente im alten Rom als Gerichtsplatz. Die heutige Bedeutung „gerichtlich“ leitete sich daraus ab. Demnach ist die forensische Wirtschaftsprüfung ein Bereich, welcher der Aufklärung und Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen dient. Dabei wird neben den klassischen Prüfungsmethoden insbesondere die kriminalistische Beweisführung eingesetzt.[6]
Die Forensic Services setzen sich aus einer Vielzahl einzelner Dienstleistungen zusammen. Das eigentliche Kerngeschäft liegt in der Regel bei der Ermittlung von Verdachtsfällen wirtschaftskrimineller Handlungen. Dabei werden Teams aus Experten unterschiedlicher Fachbereiche eingesetzt. Dies sind insbesondere Wirtschaftsprüfer, IT-Spezialisten, Juristen, Betriebswirte oder ehemalige Kriminalbeamte. Die Ermittlungen sind einzelfallbezogen und erfolgen durch einen Auftrag des Aufsichtsrates oder der Geschäftsleitung.[7] Die geplanten Arbeiten werden im Voraus vertraglich festgelegt und die weiteren Schritte während der Prüfung vereinbart.[8] Bei der Durchführung der Prüfung werden insbesondere Datenbestände gerichtsverwertbar gesichert, technisch aufbereitet, sowie analysiert und ausgewertet. Außerdem können gelöschte Daten rekonstruiert, Hintergrundrecherchen zu Personen und Gesellschaften durchgeführt und Vermögenswerte gesichert und zurückgeführt werden.[9] Diese Sonderuntersuchung kann zur Ermittlung sämtlicher Arten von Wirtschaftskriminalität, wie Unterschlagung, Korruption, Geldwäsche, Insolvenzstraftaten oder Bilanzfälschung herangezogen werden.[10]
Der zweite große Bereich der Forensic Services umfasst die Entwicklung und Einrichtung von Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen im Hinblick auf wirtschaftskriminelle Handlungen. Dabei werden Risikobereiche und Kontrollschwächen im Unternehmen identifiziert, Präventionsstrategien umgesetzt und die internen Kontrollmechanismen optimiert. Des Weiteren können Schulungen zum Verhalten bei Verdacht auf Wirtschaftskriminalität und zur Sensibilisierung der Mitarbeiter durchgeführt, sowie Notfallreaktionspläne erstellt werden.[11]
Weitere Dienstleistungen im Rahmen der Forensic Services sind beispielsweise das Lizenz-, das Channel- und das Lieferantenaudit. Diese werden auch als Business Intelligence Services bezeichnet. Durch das Lizenzaudit werden Unternehmen unter anderem dabei unterstützt ihr Software- und Lizenzmanagement zu verbessern, um Kosten einzusparen. Außerdem kann überprüft werden, ob Lizenznehmer und Lizenzgeber die vertraglichen Regelungen einhalten. Channelaudits dienen z.B. dazu, Vertragsansprüche bei Vertriebspartnern des Unternehmens durchzusetzen, den Überblick über die Absatzmärkte zu verbessern oder die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen zu kontrollieren. Auch bei den Lieferantenaudits wird unter anderem die Vertragseinhaltung überprüft, sowie die in Rechnung gestellten Preise bezüglich ihrer Richtigkeit untersucht.[12] Die einzelnen Dienstleistungen können je nach individuellem Bedarf der Kunden in Auftrag gegeben werden.
2.2 Die Aufgaben des Wirtschaftsprüfers
Der Tätigkeitsbereich eines Wirtschaftsprüfers ist im §2 WPO geregelt. Demnach besteht die zentrale Aufgabe in der Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen sowie in der Erteilung und Versagung von Bestätigungsvermerken. Weitere Betätigungsfelder eines Wirtschaftsprüfers sind die Beratung in betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten, die Tätigkeit als Sachverständiger und die treuhänderische Verwaltung.[13]
Die betriebswirtschaftlichen Prüfungen können differenziert werden in gesetzliche und in freiwillige Prüfungsdienstleistungen. Die Durchführung der Jahresabschlussprüfung, die für bestimmte Unternehmen gesetzlich vorgeschriebenen ist, stellt dabei die Vorbehaltsaufgabe eines Wirtschaftsprüfers dar.[14] Gemäß § 317 HGB hat er die Verlässlichkeit der Informationen des Abschlusses und des Lageberichts zu beurteilen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen. Die Durchführung der Jahresabschlussprüfung erfordert eine kritische Grundhaltung des Prüfers. Der § 317 Abs.1 Satz 3 HGB legt fest, dass der Wirtschaftsprüfer die Abschlussprüfung so durchzuführen hat, dass er Unrichtigkeiten und Verstöße, die einen wesentlichen Einfluss auf die Angaben in der Rechnungslegung haben, erkennt. Um den Ansprüchen eines risikoorientierten Prüfungsansatzes gerecht zu werden, muss der Abschlussprüfer Unterschlagungsformen, -risiken und -symptome kennen. Gesetzesverstöße, die im Nachhinein festgestellt werden und die nicht unmittelbar die Rechnungslegungsvorschriften betreffen, hat der Abschlussprüfer bei gewissenhafter Berufsausübung nicht zu verantworten.[15]
Der erweiterte Umfang der Pflichtprüfungen, die Internationalisierung der Rechnungslegung, sowie der Einsatz neuer Informationstechnologien führen zu höheren Qualifikationsanforderungen an den Wirtschaftsprüfer. Zu einer Erweiterung des Umfangs der Pflichtprüfungen kam es durch das KonTraG, welches im Jahr 1998 in Kraft getreten ist. Demnach ist im Rahmen der Abschlussprüfung einer börsennotierten Aktiengesellschaft, zusätzlich das Risikoerkennungssystem zu beurteilen (§91 AktG).[16] Die zu beurteilenden Prüfungsobjekte sind die Risikoidentifikation, die Risikobewertung und die Risikokommunikation eines Unternehmens. Bei der Durchführung der Prüfung werden Aufbau und Funktionsweise dieses Systems, sowie dessen Effizienz bezüglich der Aufdeckung bestandsgefährdender Risiken bewertet.[17] Diese zusätzliche Anforderung an die Abschlussprüfung trieb die Entwicklung von risiko- und prozessorientierten Prüfungsansätzen voran. Neue Informationstechnologien stellen weitere Anforderungen an die Qualifikation eines Wirtschaftsprüfers, da ihr Einsatz in den zu prüfenden Unternehmen zu veränderten Leistungserstellungsprozessen führt. Dies wiederum wirkt sich auf den Gegenstand der Prüfung aus und macht weitere Prüfungshandlungen erforderlich. Des Weiteren kommt es durch den Einsatz neuer Technologien zur Entwicklung neuartiger Prüfungsleistungen, wie z.B. die Überprüfung der Sicherheit bei elektronischen Datenübertragungen, sowie zur Anwendung von Prüfungssoftware.[18]
Weitere gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen, die zum Tätigkeitsbereich eines Wirtschaftsprüfers gehören, sind beispielsweise die Gründungs-, Umwandlungs- oder Verschmelzungsprüfung. Zu den freiwilligen Prüfungsleistungen gehört unter anderem die prüferische Durchsicht von Quartals-und Zwischenberichten und die Prüfung von Abschlüssen der Unternehmen, die keiner gesetzlichen Prüfungspflicht unterliegen.[19]
Neben dem bedeutenden Bereich der Prüfungsdienstleistungen liegt weiterhin die beratende Tätigkeit im Aufgabenfeld eines Wirtschaftsprüfers. Diese betrifft u.a. steuerliche und organisatorische Angelegenheiten, Strategiekonzepte, interne Frühwarnsysteme und Sanierungsfragen.[20]
2.3 Das Interne Kontrollsystem und die Aufgaben der Internen Revision
Als internes Kontrollsystem (IKS) bezeichnet man „die von der Unternehmensleitung eingeführten Grundsätze, Verfahren und Maßnahmen …, die der Steuerung und der Kontrolle betrieblicher Abläufe dienen.“[21] Das IKS beinhaltet Regelungen zur Steuerung der Unternehmensaktivität, das interne Steuerungssystem, und Regelungen zur Überwachung der Einhaltung dieser Regelungen, das interne Überwachungssystem. Dieses wiederum besteht aus prozessintegrierten und prozessunabhängigen Überwachungsmaßnahmen. Prozessintegrierte Überwachungsmaßnahmen beinhalten organisatorische Sicherungsmaßnahmen und in den Arbeitsablauf integrierte Kontrollen. Zu den prozessunabhängigen Überwachungsmaßnahmen gehört insbesondere die interne Revision.[22]
Die Interne Revision ist eine unabhängige und objektive Prüfungs- und Beratungsinstitution eines Unternehmens. Das Ziel ihrer Tätigkeit ist die Optimierung der Geschäftsprozesse, sowie die Generierung von Mehrwerten.[23] Dieses Ziel soll insbesondere durch eine Verbesserung der „Effektivität des Risikomanagementsystems, der Kontrollen und der Führungs- und Überwachungsprozesse“[24] erreicht werden. Um die Unabhängigkeit der Internen Revision zu gewährleisten, ist sie organisatorisch losgelöst von den Prüfungseinheiten und zumeist direkt der Unternehmensleitung unterstellt.[25]
Ursprünglich bestand die Aufgabe der Internen Revision im Financial Auditing. Sie war hauptsächlich dafür verantwortlich, wirtschaftskriminelle Handlungen aufzudecken, Ordungsmäßigkeitsprüfungen durchzuführen und die Aussagefähigkeit des Rechnungswesens vergangenheitsorientiert zu beurteilen. Zu diesem Aufgabenfeld traten im Zeitverlauf das Operational Auditing, das Management Auditing, das Internal Consulting und weitere Nebenaufgaben hinzu. Das Operational Auditing umfasst vorrangig eine Beurteilung der Zweckmäßigkeit von betrieblichen Prozessen und Systemen und ist zukunftsorientiert ausgerichtet. Dabei wird insbesondere das Interne Kontrollsystem hinsichtlich seiner Funktionstätigkeit bewertet und Systemverbesserungen erarbeitet. Das Management Auditing dient der Beurteilung und Überprüfung der Unternehmensführung, um deren Effizienz und Effektivität zu steigern. Dies soll durch Aufdeckung und Analyse von Schwachstellen erreicht werden.[26] Das Internal Consulting besteht in der anschließenden Beratung der Unternehmensleitung aufgrund der gewonnenen Prüfungsergebnisse, sowie der Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen.[27] Angesichts der Qualifikationen und Erfahrungen der Innenrevision kommt sie außerdem bei der Erfüllung einiger Nebenaufgaben zum Einsatz. Dazu gehört insbesondere die Informationsbeschaffung, -auswertung und -ordnung, speziell bei sensiblen Daten.[28] Des Weiteren werden der Internen Revision im Bereich der Aufklärung und Prävention wirtschaftskrimineller Handlungen bedeutende Funktionen zuteil. Sie unterstützt beispielsweise öffentliche und gerichtliche Vorgänge und bereitet diese vor.[29] Außerdem ist sie unter anderem für die Klärung der Schuldfrage und die Feststellung der Schadenshöhe verantwortlich. Um eine wirksame Prävention zu gewährleisten, reduziert sie Schwachstellen und Tatgelegenheiten und erhöht durch regelmäßige Kontrollen die subjektive Entdeckungswahrscheinlichkeit bei den Mitarbeitern.[30] Diese Ausdehnung des Tätigkeitsbereiches der Internen Revision, von der Prüfung des Rechnungswesens über Beratungsaufgaben, bis hin zur Aufdeckung und Prävention von Wirtschaftskriminalität, erfolgte vor allem durch die steigende Komplexität der Unternehmen und ihrer Umwelt.[31]
Eine gesetzliche Pflicht zur Einrichtung einer Innenrevision liegt nicht vor. Durch das KonTraG sind jedoch börsennotierte Unternehmen (§91 Abs.2 AktG), sowie unter anderem Unternehmen der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche verpflichtet, Maßnahmen einzurichten, um bestandsgefährdende Entwicklungen zu erkennen. Darunter sind angemessene Überwachungssysteme zu verstehen, die in funktionaler Hinsicht einer Internen Revision entsprechen.[32] Unternehmen, die über keine interne Revisionsabteilung verfügen, können diese Tätigkeiten von einer externen Prüfungsinstitution durchführen lassen. Dabei ist jedoch das Selbstprüfungsverbot des §319 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b HGB zu beachten. Demnach darf diese Aufgabe nicht durch einen Wirtschaftsprüfer übernommen werden, der gleichzeitig Abschlussprüfer des Unternehmens ist, da dadurch dessen Unabhängigkeit beeinträchtigt werden kann.[33]
2.4 Innovation und die Bedeutung des Wissensmanagements
Der Prüfungsmarkt ist zunehmend durch veränderte Nachfragemuster, sowie ein breiteres Angebotsspektrum gekennzeichnet. Dadurch gewinnt vor allem die Qualifikation und das Wissen eines Wirtschaftsprüfers bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft immer mehr an Bedeutung. Unter Wissen ist dabei „die Anwendung und produktive Nutzung von Informationen“[34] zu verstehen. Durch Wissen werden Produkte und Dienstleistungen geprägt. Auf diese Weise wird es einem Unternehmen ermöglicht, Wissen zu handeln und sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Dabei ist anzuführen, dass Wissen auf Marktplätzen durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage tatsächlich wie eine Ware gehandelt wird.[35]
Die Durchführung von Prüfungen erfordert eine erhebliche Menge an Informationen. Dazu gehören einerseits fachspezifische Kenntnisse im Bereich der Rechnungslegungsnormen, der Prüfungsmethoden, sowie der Prüfungstechnik. Zum anderen sind branchen-, markt- und unternehmensspezifische Kenntnisse erforderlich.[36] Seit Anfang der 90er Jahre wenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften deshalb zunehmend Informationstechnologien für Wissensmanagementaktivitäten an. Durch ihren Einsatz wird eine effiziente Bereitstellung von Informationen für die Wissensgenerierung, -kategorisierung, sowie den Wissenstransfer ermöglicht. Dies trägt dazu bei, dass das interne Fachwissen besser organisiert, verknüpft und genutzt werden kann.[37] Das durch Wissensmanagementtechnologien bereitgestellte Wissen kann außerdem für das Angebot weiterer Prüfungs- und prüfungsnaher Dienstleistungen genutzt werden. So bieten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihre fachlichen und technischen Ressourcen, sowie ihre spezifischen Branchenkenntnisse in Form von Dienstleistungen wie beispielsweise die Forensic Services an.[38]
Diese Arbeit setzt sich unter anderem mit der Fragestellung auseinander, ob die Forensic Services eine Dienstleistungsinnovation auf dem Wirtschaftsprüfungsmarkt darstellen. Im Folgenden wird daher der Begriff der Innovation definiert. „Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sind Innovationen Neuerungen für ein Unternehmen in Form von Prozessen (Prozess-Innovation) oder von Produkten am Markt (Produkt-Innovationen).“[39] Produkte lassen sich in Sachgüter, Dienstleistungen und Energieleistungen unterteilen.[40] Demnach stellt eine Dienstleistungsinnovation für ein Unternehmen eine Neuerung in Form einer Dienstleistung dar. Produkt-Innovationen zielen insbesondere darauf ab, die Wettbewerbsposition auszubauen oder zu verteidigen. „Nach absolutem Neuigkeitsgehalt können Innovationen danach unterschieden werden, ob sie einen technologischen Durchbruch markieren oder nur etwas verbessern bzw. neu anwenden“.[41] Erstgenannte werden dabei als Basisinnovationen und letztere als Verbesserungsinnovationen bezeichnet.[42]
2.5 Wirtschaftskriminalität – Formen, Aufdeckung und aktuelle Entwicklung
Der Begriff Wirtschaftskriminalität umfasst Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, bei denen das im Wirtschaftsleben erforderliche Vertrauen missbraucht und eine Schädigung des Unternehmens beabsichtigt, oder zumindest billigend in Kauf genommen wird.[43] Die durch Wirtschaftskriminalität verursachten finanziellen Schäden, sowie die häufig unterschätzten Reputationsschäden, sind erheblich. Dies zeigt die Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) zur Wirtschaftskriminalität aus dem Jahr 2009, bei der 500 deutsche Großunternehmen befragt wurden. Demnach betrugen in Deutschland allein die finanziellen Schäden im Jahr 2009 je Unternehmen im Durchschnitt 5,57 Millionen Euro. Desweiteren sind mit wirtschaftskriminellen Handlungen gravierende indirekte Schäden verbunden. Dabei erlitten beispielsweise 44% der Unternehmen erhebliche Reputationsverluste, 45% verzeichneten eine Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen und 36% einen Rückgang der Arbeitsmoral.[44]
Eine weitere Studie zur Wirtschaftskriminalität, bei der 300 deutsche Unternehmen verschiedener Branchen und Größenklassen befragt wurden, führte KPMG im Jahr 2010 durch. Diese zeigt, dass die höchsten Schäden durch Kartellrechtsverstöße, Geldwäsche, Korruption, sowie durch Fälschung von Jahresabschlüssen und Finanzinformationen verursacht werden. Bei jeder einzelnen der genannten Deliktarten wurden die Schäden innerhalb der letzten drei Jahre im Durchschnitt auf über 200 Millionen Euro je betroffenes Unternehmen geschätzt. Wie in Abbildung 1 dargestellt wird, ist die Häufigkeit des Auftretens dieser Formen von Wirtschaftskriminalität zwar vergleichsweise gering, sie besitzen jedoch ein beträchtliches Schadenspotential.[45]
Zu den Deliktarten, die am häufigsten auftreten, gehören die klassischen Vermögensdelikte. Dabei weist Betrug im Jahr 2010 mit 61% die höchste Häufigkeit auf. Gefolgt von Diebstahl und Unterschlagung mit 57%, sowie Untreue mit 45%. Außerdem steigt im Vergleich zum Jahr 2006 besonders die Zahl der Unternehmen, die von E-Kriminalität[46] und Geldwäsche betroffen sind.[47]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Häufigkeiten und Arten von Wirtschaftskriminalität in Deutschland von 2003-2010
Quelle: In Anlehnung an KPMG (2010a), S. 8.
Im Folgenden wird die Unterschlagung näher definiert. Der Begriff der Unterschlagung ist aus wirtschaftlicher Sicht weitergefasst als aus strafrechtlicher Perspektive. Der Tatbestand des § 246 StGB ist demnach erfüllt, sofern sich der Täter eine fremde bewegliche Sache, die er im Gewahrsam hat, rechtswidrig zueignet. Hatte der Täter kein Gewahrsam an der Sache, ist aus strafrechtlicher Sicht von einem Diebstahlsdelikt die Rede. Der wirtschaftliche Oberbegriff beinhaltet neben der Unterschlagung weitere Straftaten, wie beispielsweise Diebstahl, Betrug, Untreue und Urkundenfälschung. Da die Unterschlagung, wirtschaftlich betrachtet sämtliche bewusste Vermögensschädigungen umfasst, wird gleichbedeutend der Begriff der dolosen Handlungen verwendet. Dolose Handlungen stellen damit eine Teilmenge der wirtschaftskriminellen Handlungen dar.[48] Durch Unterschlagungen kann das Unternehmen direkt oder indirekt geschädigt werden. Die direkte Schädigung erfolgt dadurch, dass sich der Täter Vermögenswerte rechtswidrig zueignet. Beispiele dafür sind die Veruntreuung von Güter- und Zahlungseingängen oder Diebstähle aus dem Vorratslager. Zur indirekten Schädigung kommt es, wenn der Täter Bestechungsgelder oder sonstige Zuwendungen annimmt und im Gegenzug einer anderen Person Vorteile zu Lasten des Unternehmens verschafft.[49]
Durch die beachtlichen Schäden in Folge wirtschaftskrimineller Handlungen, ist insbesondere eine gezielte Aufdeckung von essentieller Bedeutung. Ein hohes Aufdeckungsrisiko ist außerdem grundlegend für eine effektive Prävention. Dennoch werden 55% der Fälle von Wirtschaftskriminalität zufällig, und nicht durch gezieltes Vorgehen aufgedeckt. Abbildung 2 zeigt, dass die häufigste Aufdeckung durch das Interne Kontrollsystem (68%), durch Hinweise Unternehmensinterner (62%), sowie durch interne Routineprüfungen (61%) erfolgt.[50]
Zur Aufklärung wirtschaftskrimineller Handlungen werden in 91 % der Fälle interne Kräfte der Unternehmen, wie beispielsweise die Innenrevision, herangezogen. Dabei beurteilen jedoch ein Drittel der Unternehmen ihre Erstreaktion als unzureichend. So vermuten 45% Schwachstellen bei der Beweissicherung und 44% bei der unverzüglichen Information der verantwortlichen Stellen. Des Weiteren mangelt es an Notfallreaktionsplänen und nur jedes zweite Unternehmen verfügt über ein ausgebildetes Krisenmanagementteam. Die Untersuchung durch externe Spezialisten ist in den letzten vier Jahren von 40% auf 25% zurückgegangen.[51]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität in Deutschland von 2003-2010
Quelle: In Anlehnung an KPMG (2010a), S. 11.
Insgesamt sind teilweise ein Anstieg von Wirtschaftskriminalität und ein höheres internes Fachwissen der Unternehmen bezüglich wirtschaftskrimineller Handlungsmuster zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist jedoch das sogenannte Kotrollparadoxon zu beachten, da durch eine Verbesserung der Kontrollsysteme gleichzeitig die Zahl der aufgedeckten Fälle steigt.[52]
In diesem Kapitel wurden die Bestandteile der Forensic Services erläutert, sowie das Tätigkeitsfeld des Wirtschaftsprüfers und der Internen Revision näher beleuchtet. Des Weiteren wurde der Begriff der Innovation definiert und gezeigt, dass Wissensmanagementtechnologien die effizientere Nutzung von Wissen ermöglichen und dadurch zum Angebot weiterer Prüfungsdienstleistungen beitragen können. Abschließend erfolgte eine Darstellung der aktuellen Entwicklung einzelner Arten von Wirtschaftskriminalität und der damit verbundenen Schäden. Außerdem wurde gezeigt auf welche Art und Weise es zur Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen kommt.
3. Prävention von Wirtschaftskriminalität
Ein großer Teilbereich der Forensic Services ist auf die Prävention und Früherkennung von Wirtschaftskriminalität gerichtet. Das Angebot umfasst unter anderem die Ermittlung von Risikobereichen, die Umsetzung von Präventionsstrategien und die Optimierung von Kontrollmechanismen. Außerdem werden Schulungen angeboten, um beispielsweise Verhaltensweisen in Dilemmasituationen und bei Verdacht zu vermitteln oder Mitarbeiter gezielt im Bereich forensischer Techniken auszubilden.[53] Doch auch die Interne Revision spielt eine bedeutende Rolle bei der Aufdeckung und Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen. Auch sie identifiziert Risiken, führt Kontrollen durch, beseitigt Schwächen, implementiert Präventionsmaßnahmen und schult Mitarbeiter in speziellen Fraud-Trainings. Unternehmen, die über eine Interne Revision verfügen, erleiden geringere Verluste in Folge von Wirtschaftskriminalität als solche, in denen keine Innenrevision vorhanden ist.[54] Außerdem erhöht eine gut funktionierende Interne Revision die Aufdeckungschancen von kriminellen Handlungen um mehr als 10%.[55]
In diesem Abschnitt werden zunächst Ursachen wirtschaftskrimineller Handlungen anhand des Modells von Cessey beleuchtet. Im Anschluss wird auf einzelne Präventionsmaßnahmen näher eingegangen und erläutert wie diese zur Verringerung von Wirtschaftskriminalität beitragen können. Abschließend erfolgt eine kurze Darstellung der aktuellen Situation im Bereich der Prävention.
3.1 Ursachen wirtschaftskrimineller Handlungen
Das Kriminalitätrisikomodells, welches auch als „Fraud-Triangle“ bekannt ist, wurde in den 1940er Jahren von Donald Cessey entwickelt und ist insbesondere aufgrund seiner einfachen Handhabung weit verbreitet. Gemäß dem Modell kommt es zur Begehung einer wirtschaftskriminellen Handlung, wenn 3 Faktoren gleichzeitig erfüllt sind. Wie in Abbildung 3 zu erkennen ist, muss dabei eine Gelegenheit für eine Straftat vorhanden sein, ein Anreiz für die Tat vorliegen und der Täter muss sein kriminelles Verhalten vor sich selbst rechtfertigen können.[56]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Fraud-Triangle von Cessey
Quelle: entnommen aus: KPMG (2006), S. 7.
Eine Gelegenheit liegt insbesondere bei unzureichenden oder ineffizienten Kontrollen vor. Dies zeigt auch die Studie „Wirtschaftskriminalität 2009“ von PwC. Die Zahlenangaben beziehen sich dabei lediglich auf die internen Täter. Demnach waren in 44% der Fälle unzureichende interne Kontrollen eine Ursache für das Begehen wirtschaftskrimineller Handlungen.[57] Als zweiter Faktor müssen gemäß dem Fraud-Triangle, Anreize für die Tatbegehung vorliegen. Anreize können persönlicher, finanzieller oder tätigkeitsbezogener Art sein. So begangen beispielsweise 55% der Täter eine strafbare Handlung aus Habgier, weil sie finanziellen Anreizen nicht widerstehen konnten. Ein weiteres persönliches Motiv ist die Finanzierung eines aufwendigen Lebensstils (36%).[58] Doch auch falsche Anreizstrukturen im Unternehmen können zu kriminellen Handlungen führen. Beispielsweise könnte ein Manager, dessen Entlohnung variabel erfolgt, ein Motiv haben, Finanzkennzahlen zu beeinflussen. Als dritter Faktor muss ein Rechtfertigungsgrund vorliegen, der es dem Täter ermöglicht, sein Gewissen zu neutralisieren.[59] Zu Beginn weisen dabei viele Täter noch ein Unrechtsbewusstsein auf. Allerdings wird versucht dieses durch Erklärungsmuster, wie „Das steht mir zu“, „Das Unternehmen verkraftet das“ oder „Das machen andere auch“, abzubauen.[60] So leugnen 33% der Täter die Konsequenzen für das Unternehmen und 62% weisen ein mangelndes Unrechtsbewusstsein auf.[61]
Infolgedessen sollte im Rahmen der Präventionsarbeit versucht werden, diese 3 Faktoren zu verringern. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sie wechselseitig voneinander abhängen. So können drastische Kontrollen zwar die Gelegenheit reduzieren, jedoch gleichzeitig die Rechtfertigung erleichtern, da der mögliche Täter kein Vertrauen mehr zu verlieren hätte.[62]
Bei der Ausgestaltung der Präventionsstruktur ist außerdem zu berücksichtigen, dass einzelne Maßnahmen auf verschiedene Tätertypen in unterschiedlicher Weise wirken. Infolgedessen ist ein optimaler Mix aus einzelnen Präventionsmaßnahmen erforderlich. Weiterhin besteht zwischen den präventiven Maßnahmen lediglich eine eingeschränkte Substituierbarkeit. So können beispielsweise stark ausgebaute Kontrollsysteme nicht oder nur schwierig die Defizite im Bereich anderer Maßnahmen ausgleichen.[63] Außerdem ist zu beachten, dass Präventions- und Kontrollmaßnahmen ebenso Führungspositionen umfassen sollten, da 29% der Wirtschaftsdelikte durch das Topmanagement begangen wurden.[64]
3.2 Möglichkeiten der Prävention
3.2.1 Risikomanagement
Ein gut strukturiertes Risikomanagement ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Risikobewältigung. Bei der Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen sollte deshalb stets mit den Risiken begonnen und mit der Einrichtung entsprechender Kontroll- und Präventionsmaßnahmen abgeschlossen werden. Im Rahmen des Risikomanagements werden zunächst Risikobereiche ermittelt, Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt bestimmter Risiken bewertet und mögliche Konsequenzen eingeschätzt. Anschließend erfolgt eine Überprüfung der Kontrollmechanismen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit diese Risiken zu bewältigen.[65]
[...]
[1] PricewaterhouseCoopers (2009a), S. 10.
[2] Vgl. KPMG (2010a), S. 4.
[3] Vgl. Marten, K.-U., Köhler, A. G. (2002), Sp. 1837.
[4] Vgl. Wilkinson, J., Rebmann, L. (2001), S. 482.
[5] Vahlens großes Auditing Lexikon (2007), S. 497.
[6] Vgl. Vahlens großes Auditing Lexikon (2007), S. 497, 498.
[7] Vgl. Wilkinson, J., Rebmann, L. (2001), S. 482-484.
[8] Vgl. Schiesser, W., Burkart, A. (2001), S. 471.
[9] Vgl. Corporate Integrity Solutions GmbH (2007), S. 2, 3, 6.
[10] Vgl. Vahlens großes Auditing Lexikon (2007), S. 497.
[11] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2010).
[12] Vgl. KPMG (2010b).
[13] Vgl. §2 WPO.
[14] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 784.
[15] Vgl. IDW PS 210, Tz. 11-16; Meyer zu Lösebeck, H. (2002), Sp. 2447, 2448.
[16] Vgl. Marten, K.-U., Köhler, A. G. (2002), Sp. 1832, 1833.
[17] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 694-696.
[18] Vgl. Marten, K.-U., Köhler, A. G. (2002), Sp. 1833.
[19] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 785.
[20] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 785.
[21] Pfitzer, N., Schmidt, G. (2002), Sp. 2338.
[22] Vgl. Pfitzer, N., Schmidt, G. (2002), Sp. 2338.
[23] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 408.
[24] Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 408.
[25] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2007), S. 23.
[26] Vgl. Heinhold, M., Wotschofsky, S. (2002), Sp. 1219; Marten, K.-U., Quick,R., Ruhnke, K. (2006), S. 409.
[27] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2007), S. 24.
[28] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 410.
[29] Vgl. Will, H. J. (2007), S. 94.
[30] Vgl. Stierle, J. (2006), S. 110.
[31] Vgl. Heinhold, M., Wotschofsky, S. (2002), Sp. 1221.
[32] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2007), S. 24, 25; Heinhold, M., Wotschofsky, S. (2002), Sp. 1221.
[33] Vgl. Marten, K.-U., Quick, R., Ruhnke, K. (2006), S. 410.
[34] Ordemann, D. (2001), S. 100.
[35] Vgl. Ordemann, D. (2001), S. 100.
[36] Vgl. Ordemann, D. (2001), S. 103.
[37] Vgl. Diehl, C.-U., Nutz, A. (2002), Sp. 470, 476.
[38] Vgl. Wülser, H. (2001), S. 477.
[39] Vahlens großes Marketinglexikon (2001), S. 660.
[40] Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (1997), S. 3076.
[41] Vahlens großes Marketinglexikon (2001), S. 660.
[42] Vgl. Vahlens großes Marketinglexikon (2001), S. 660.
[43] Vgl. KPMG (2006), S. 5.
[44] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2009b), S. 3, 12-14.
[45] Vgl. KPMG (2010a), S. 9, 10.
[46] E-Kriminalität beinhaltet u.a. unbefugte Netzwerknutzung, Computersabotage und –spionage.
[47] Vgl. KPMG (2010a), S. 8, 9.
[48] Vgl. Vahlens großes Auditing Lexikon (2007), S. 1438; Meyer zu Lösebeck, H. (2002), Sp. 2445, 2446.
[49] Vgl. Ebeling, M. R., Böhme, C. (2000), S. 467, 468.
[50] Vgl. KPMG (2010a), S. 11.
[51] Vgl. KPMG (2010a), S. 13, 14.
[52] Vgl. KPMG (2010a), S. 9.
[53] Vgl. KPMG (2006), S. 17.
[54] Vgl. Norman, C. S., Rose, A. M., Rose, J. M. (2010), S. 3, 5.
[55] Vgl. Kunze, G., Özbek, H. (2006), S. 146.
[56] Vgl. KPMG (2006), S. 7.
[57] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2009b), S. 46.
[58] Vgl. KPMG (2006), S. 7; PricewaterhouseCoopers (2009b), S. 44.
[59] Vgl. KPMG (2006), S. 7.
[60] Vgl. KPMG (2006), S. 7; PricewaterhouseCoopers (2009a), S. 16.
[61] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2009b), S. 44.
[62] Vgl. KPMG (2006), S. 7.
[63] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2009a), S. 42, 46, 47.
[64] Vgl. PricewaterhouseCoopers (2009b), S. 44.
[65] Vgl. Huntington, I., Davies, D. (1999), S. 171, 172.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (eBook)
- 9783842803985
- DOI
- 10.3239/9783842803985
- Dateigröße
- 563 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg – Wirtschaftswissenschaften, Accounting
- Erscheinungsdatum
- 2010 (September)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- forensic services wirtschaftskriminalität fraud wirtschaftsprüfer aufdeckung
- Produktsicherheit
- Diplom.de