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Managementkompetenzen in der Betrieblichen Sozialen Arbeit

©2010 Diplomarbeit 147 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor mehr als einem Jahrhundert, zur Zeit der Industrialisierung, wurde die Betriebliche Soziale Arbeit aufgrund der schlechten sozialen Bedingungen und menschenunwürdigen Arbeitsverhältnisse für Mitarbeiter in Unternehmen eingeführt. Die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen ist von den jeweiligen Mitarbeitern abhängig. So sind z.B. das Betriebsklima innerhalb der Institutionen und die Bedingungen des Arbeitsplatzes wichtige Faktoren für die Leistungsbereitschaft des Personals. Gut geführte Unternehmen sind nur möglich, wenn die im Betrieb tätigen Fachkräfte qualifiziert sind. Die Aufgabe der Betrieblichen Sozialen Arbeit ist u. a. die Unterstützung der Leitungskräfte und Mitarbeiter eines Unternehmens bei den anfallenden Problemen oder Entscheidungen im Umgang mit Menschen. Kaum ein anderer Berufsstand befasst sich so stark mit dem Spannungsfeld Mensch und Arbeit wie die Soziale Arbeit, die in einem Unternehmen tätig ist. Durch das New Public Management (auch: neues Steuerungsmodell) wuchs ihre Bedeutung zugleich für die Soziale Arbeit in den verschiedensten Institutionen.
Durch die derzeitigen umfangreichen Veränderungen in den Unternehmen, besonders durch die Einführung neuer Managementmethoden und sozialpolitischen Gesetzesänderungen, eröffnet sich eine Vielzahl neuer Handlungsmöglichkeiten für die Betriebliche Soziale Arbeit.
Die Bewältigung von Problemen im finanziellen, familiären, persönlichen und gesundheitlichen Bereich bei Beschäftigten sowie die Beratung bei Schwierigkeiten und Konflikten am Arbeitsplatz gehören zum traditionellen Aufgabenfeld der Betrieblichen Sozialen Arbeit und haben großen Einfluss auf die Arbeitsqualität der Mitarbeiter. Aber auch die wachsende Zahl der älteren Menschen in der Arbeitswelt, die aufgrund der hohen Lebenserwartung in der heutigen Zeit eine Veränderung der Alterspyramide hervorrufen, sind Spannungsfelder in Unternehmen. Innerhalb dieser und anderer Bereiche, wie z.B. das Betriebliche Eingliederungsmanagement und der Gesundheitsförderung, zeigen sich dringende sozialpädagogische und sozialpolitische Handlungsbedürfnisse. Dort könnte es sinnvoll sein, Sozialarbeiter einzusetzen.
Weil die Märkte größer werden und die Konkurrenz härter, müssen Unternehmen nach außen deutlich machen, dass sie professionell und qualitätsbewusst arbeiten.
Unternehmen oder Organisationen sind somit auf ein professionelles und qualifiziertes Management angewiesen, um auf neue Anforderungen angemessen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christian Evers
Managementkompetenzen in der Betrieblichen Sozialen Arbeit
ISBN: 978-3-8428-0375-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Fachhochschule Münster, Münster, Deutschland, Diplomarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

1.0
Einleitung
- 2 -
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.0
Einleitung
1
2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
3
2.1 Bedeutung der Betrieblichen Sozialen Arbeit im Unternehmen
3
2.1.1 Definition
3
2.1.2 Allgemeine Bedeutung und Aufgaben der
Betrieblichen Sozialen Arbeit
3
2.1.3 Geschichtlicher Abriss
5
2.1.4 Rechtsgrundlagen der Betrieblichen Sozialen Arbeit
8
2.2 Die Anbindung der Betrieblichen Sozialen Arbeit
im Unternehmen
9
2.2.1 Anbindung an die Personalabteilung
11
2.2.2 Anbindung an den Betriebsärztlichen Dienst
12
2.2.3 Anbindung an die Stabstelle der Geschäftsleitung
13
2.2.4 Anbindung an den Betriebsrat / Personalrat
13
2.3 Traditionelle Aufgabenfelder der Betrieblichen Sozialarbeit im
Unternehmen
14
2.4 Problembereiche und Arbeitsmethoden in der Betrieblichen
Sozialberatung
19
2.4.1 Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz
19
2.4.1.1
Definition
20
2.4.1.2
Die Entstehung und Merkmale psychischer Erkrankungen
21
2.4.1.3
Aktuelle Entwicklungen
24
2.4.1.4
Psychische Erkrankungen nach Geschlecht und Alter
26
2.4.1.5
Hintergründe für die steigende Arbeitsunfähigkeit aufgrund
psychischer Erkrankungen
31

1.0
Einleitung
- 3 -
2.4.1.6
Diagnosegruppen von psychischen Erkrankungen und Anteil
am Arbeitsunfähigkeitsvolumen
34
2.4.1.7
Zusammenhänge zwischen dem Wandel in der Arbeitswelt und
psychischen Erkrankungen
36
2.4.1.8
Fazit
39
2.4.2 Alkohol in der Arbeitswelt
40
2.4.2.1
Entstehungsmodelle der Sucht
43
2.4.2.2
Verhaltensauffälligkeiten von Mitarbeitern mit Alkoholproblemen
45
2.4.2.3
Alkoholbedingte Leistungsbeeinträchtigungen und Folgen
46
2.4.2.4
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
48
2.4.2.5
Betriebliche Maßnahmen
49
2.4.2.6
Fazit
51
2.4.3 Die Schuldnerberatung in der Betrieblichen Sozialen Arbeit
52
2.4.3.1
Gesetzliche Grundlagen
52
2.4.3.2
Merkmale öffentlicher und betrieblicher
Schuldnerberatung
53
2.4.3.3
Die Beratung und Methoden der Hilfestellung
53
2.4.3.4
Fazit
55
2.5 Die berufliche Schweigepflicht für die Betriebliche Sozialberatung
nach §203 Abs. 1 Strafgesetzbuch
55
3.0
Management
57
3.1 Die fünf Phasen der Management-Funktionen
58
3.2 Managementmodelle
60
3.2.1 Bürokratisches Managementmodell
61
3.2.2 Traditionelles Managementmodell
62
3.2.3 Komplexes Managementmodell
63
3.3 Kompetenzbereiche für Management in der Betrieblichen
Sozialen Arbeit
64
4.0
Managementaufgaben in der Betrieblichen Sozialen Arbeit
66
4.1 Case-Management
67
4.1.1 Definition
67
4.1.2 Die vier Funktionen des Case Managements nach ,,Lowy"
69

1.0
Einleitung
- 4 -
4.1.3 Netzwerke der Betrieblichen Sozialen Arbeit
69
4.1.4 Perspektiven des Case Managements
70
4.1.5 Fazit
71
4.2 Personalmanagement
72
4.2.1 Definition
72
4.2.2 Die Personalentwicklung als Managementaufgabe
74
4.2.3 Die Personalbeschaffung
78
4.2.4 Die Personalfreisetzung
83
4.2.5 Folgen des demographischen Wandels für das
Personalmanagement von mittelständischen
Organisationen
86
4.2.6 Anforderungs- und Qualifikationsprofil von Mitarbeitern
der Personalabteilung
89
4.2.7 Fazit
90
4.3 Das Betriebliche Eingliederungsmanagement im Sinne des
§ 84 Abs. 2 SGB IX
91
4.3.1 Definition
92
4.3.2 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich der Norm
93
4.3.3 Ablaufschema des Betrieblichen Eingliederungsmanagements
97
4.3.4 Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements gem.
§ 84 Abs. 2 SGB IX
98
4.3.5 Die Pflicht des Arbeitgebers und die Folgen eines fehlenden
Betrieblichen Eingliederungsmanagements gem.
§ 84 Abs. 2 SGB IX
100
4.3.6 Bedeutung und Fazit des Betrieblichen Eingliederungsmanagements
gem. § 84 Abs. 2 SGB IX
102
5.0
Perspektiven und neue Aufgabenfelder Betrieblicher Sozialarbeit
103
6.0
Resümee
105
7.0
Literarturverzeichnis
110
8.0
Anhang
119
8.1 Gerichtsurteile 2 AZR 716/06 und 2 AZR 1012/06 des Bundesarbeitsgerichts 119
8.2 Danksagung
139

1.0
Einleitung
- 5 -
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Liniensystem
10
Abbildung 2: Stab-Linien-System
11
Abbildung 3: Häufigkeit von Problemfeldern in Organisationen
16
Abbildung 4: Wichtigkeit von Problemfeldern in Organisationen
17
Abbildung 5: Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
22
Abbildung 6: Anteil psychischer Erkrankungen DAK Studie 2005-2010
25
Abbildung 7: Entwicklung von Arbeitsunfähigkeitstagen, Erkrankungs-
fällen und Betroffenenquote aufgrund psychischer Erkrankungen
26
Abbildung 8: Auftreten von psychischen Erkrankungen im Vergleich Männer
und Frauen
27
Abbildung 9: AU-Tage aufgrund psychischer Störungen und Anteil am Gesamt-
Krankenstand nach Geschlecht und Altersgruppe
29
Abbildung 10: Entwicklung der Fälle aufgrund psychischer Erkrankungen in den
vier jüngsten Altergruppen und insgesamt bei Frauen
30
Abbildung 11: Entwicklung der Fälle aufgrund psychischer Erkrankungen in den
vier jüngsten Altersgruppen und insgesamt bei Männern
31
Abbildung 12: Expertenbeurteilungen der Hypothesen
33
Abbildung 13: Gesamtvolumen an Ausfalltagen aufgrund psychischer Erkrankungen
und Anteile der Diagnosegruppen
35
Abbildung 14: Alkoholverbrauch je Einwohner der BRD an reinem Alkohol
41
Abbildung 15: Verbrauch je Einwohner an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen
(Liter) und Veränderungen gegenüber den Vorjahren
42
Abbildung 16: Konzepte und Funktionen des Managements
60
Abbildung 17: Das Personalmanagement betrieblicher Personalarbeit
73
Abbildung 18: Anforderungen und Fähigkeiten in der Personalentwicklung
76
Abbildung 19: Managementmodell der Personalentwicklung im Unternehmen
78
Abbildung 20: Die Personalbedarfsplanung
79

1.0
Einleitung
- 6 -
Abbildung 21: Auswahlverfahren in der Personalentwicklung
82
Abbildung 22: Alternativen der Personalfreisetzung
85
Abbildung 23: Durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland
87
Abbildung 24: Entwicklungsstruktur der Bevölkerung in Deutschland bis 2050
88

1.0
Einleitung
- 1 -
1.0
Einleitung
Vor mehr als einem Jahrhundert, zur Zeit der Industrialisierung, wurde die Betriebliche
Soziale Arbeit aufgrund der schlechten sozialen Bedingungen und menschenunwürdigen
Arbeitsverhältnisse für Mitarbeiter in Unternehmen eingeführt. Die Wirtschaftlichkeit von
Unternehmen ist von den jeweiligen Mitarbeitern abhängig. So sind z.B. das Betriebsklima
innerhalb der Institutionen und die Bedingungen des Arbeitsplatzes wichtige Faktoren für
die Leistungsbereitschaft des Personals. Gut geführte Unternehmen sind nur möglich,
wenn die im Betrieb tätigen Fachkräfte qualifiziert sind. Die Aufgabe der Betrieblichen
Sozialen Arbeit ist u. a. die Unterstützung der Leitungskräfte und Mitarbeiter eines
Unternehmens bei den anfallenden Problemen oder Entscheidungen im Umgang mit
Menschen. Kaum ein anderer Berufsstand befasst sich so stark mit dem Spannungsfeld
Mensch und Arbeit
wie die Soziale Arbeit, die in einem Unternehmen tätig ist. Durch das
New Public Management
(auch: neues Steuerungsmodell) wuchs ihre Bedeutung zugleich
für die Soziale Arbeit in den verschiedensten Institutionen.
Durch die derzeitigen umfangreichen Veränderungen in den Unternehmen, besonders
durch
die
Einführung
neuer
Managementmethoden
und
sozialpolitischen
Gesetzesänderungen, eröffnet sich eine Vielzahl neuer Handlungsmöglichkeiten für die
Betriebliche Soziale Arbeit.
Die Bewältigung von Problemen im finanziellen, familiären, persönlichen und
gesundheitlichen
Bereich bei Beschäftigten sowie die Beratung bei Schwierigkeiten und
Konflikten
am Arbeitsplatz gehören zum traditionellen Aufgabenfeld der Betrieblichen
Sozialen Arbeit und haben großen Einfluss auf die Arbeitsqualität der Mitarbeiter. Aber
auch die wachsende Zahl der älteren Menschen in der Arbeitswelt, die aufgrund der hohen
Lebenserwartung in der heutigen Zeit eine Veränderung der Alterspyramide hervorrufen,
sind Spannungsfelder in Unternehmen. Innerhalb dieser und anderer Bereiche, wie z.B. das
Betriebliche Eingliederungsmanagement
und der Gesundheitsförderung, zeigen sich
dringende sozialpädagogische und sozialpolitische Handlungsbedürfnisse. Dort könnte es
sinnvoll sein, Sozialarbeiter einzusetzen.
Weil die Märkte größer werden und die Konkurrenz härter, müssen Unternehmen nach
außen deutlich machen, dass sie professionell und qualitätsbewusst arbeiten.
Unternehmen oder Organisationen sind somit auf ein professionelles und qualifiziertes
Management angewiesen, um auf neue Anforderungen angemessen reagieren zu können
und dennoch unter veränderten Bedingungen bestehen zu bleiben. Lange Zeit kamen

1.0
Einleitung
- 2 -
deshalb nur Modelle zur Planung, Organisation und Leitung, der Personalentwicklung und
Kontrolle
in privatwirtschaftlichen Unternehmen zum Einsatz.
Soziale Dienstleistungen müssen wirtschaftlicher organisiert und die Angebote gleichwohl
hochwertig und qualitativ erbracht werden. Deshalb hat sich der Begriff Sozialmanagement
für die Steuerungs- und Organisationsaufgaben im Unternehmen eingebürgert. Die
Hilfsangebote für hilfebedürftige Menschen sind durch die Betriebliche Soziale Arbeit eine
starke Unterstützung für die Mitarbeiter der Unternehmen und auch ihren jeweiligen
Familien. Die Betriebliche Soziale Arbeit muss in ihrer Arbeit hohen Anforderungen
gewachsen sein und die Interessen des Unternehmens und der Mitarbeiter sowie mögliche
soziale Veränderungen mit hoher Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl verfolgen und
entwickeln. Diese Aufgabe ist eine Managementaufgabe auf hohem Niveau, da die
Schaffung neuer Konzepte und Methoden das Kernstück der Betrieblichen Sozialen Arbeit
darstellt.
Auf den ersten Blick scheint es nicht einfach zu sein, Wirtschaft und Soziales zu
verbinden. Dennoch wird die Betriebliche Sozialarbeit durch ihr breites Tätigkeitsfeld und
die Unterstützung des Personalmanagements zu einem lohnenden und ökonomischen
Faktor für die Unternehmen.
Wie arbeiten Sozialarbeiter innerhalb von wirtschaftlichen Unternehmen? Welchen
Einfluss übt die Betriebliche Sozialberatung auf Unternehmen aus? In welchen
Aufgabenbereichen werden sie tätig? Welche Managementaufgaben übernimmt die
Betriebliche Soziale Arbeit innerhalb von Institutionen? Welche Methoden wendet sie an?
Die Behandlung dieser und vieler anderer Fragen, sowie ein Versuch ihrer Beantwortung
werden Gegenstand dieser Arbeit sein.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Betriebliche Soziale Arbeit aus Sicht der Institutionen, der
Mitarbeiter und der Sozialarbeit selbst vorzustellen. Dieses umfasst eine genaue
Darstellung des Begriffs Betriebliche Soziale Arbeit und seine Bedeutung, sowie die
Betrachtung neuer Managementkompetenzen, Handlungsfelder und zukünftige
Perspektiven.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 3 -
2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
"(...) Veränderte nationale und internationale Rahmenbedingungen für das
Wirtschaftswachstum, eine drastische Zuspitzung der Finanzierungsprobleme bei dem
gegebenen Sozialleistungsniveau und Zweifel an der Effizienz und Effektivität staatlicher
Sozialleistungseinrichtungen führen zunehmend zu einer Rückbesinnung auf das
Subsidiaritätsprinzip mit einer Stärkung der Verantwortung privater gesellschaftlicher
Gebilde (Familien, Selbsthilfegruppen, Betriebe) und des Einzelnen und lassen auch eine
wesentliche Verstärkung der Bedeutung betrieblicher Sozialpolitik erwarten. Daher sollte
auch in der Wissenschaft die Möglichkeiten zur Übernahme sozialer Verantwortung durch
das Sozialgebilde Betrieb verstärkt nachgegangen werden (...)" (G. Kleinhenz 1982)
2.1
Bedeutung und Anbindung der Betrieblichen Sozialen Arbeit im Unternehmen
2.1.1 Definition
Die Betriebliche Soziale Arbeit wird als die Gesamtheit von betriebspolitischen
Maßnahmen verstanden, die eine Unternehmensleitung über gesetzliche und tarifliche
Regelungen hinaus durchführt. Das Ziel ist die wirtschaftliche Besserstellung und soziale
Absicherung der Mitarbeiter eines Unternehmens. Es beinhaltet das Tätigkeitsfeld von
Fürsorgern, welche vom Unternehmen angestellt und beauftragt sind, bei Schwierigkeiten
und Anpassungsproblemen von Einzelpersonen oder auch Gruppen im Betrieb durch
Beratung und Vermittlung zu helfen, sofern die Schwierigkeiten mit außerbetrieblichen
Sozialproblemen oder Arbeitsbedingungen zusammenhängen
1
.
2.1.2 Allgemeine Bedeutung und Aufgaben der Betrieblichen Sozialen Arbeit
Aufgrund der Tatsache, dass die Unternehmen heutzutage verstärkt von der
Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter abhängig sind, ist das
übergeordnete Ziel der Betrieblichen Sozialen Arbeit, die Wirtschaftlichkeit des
Unternehmens zu verbessern oder zu erhalten. Überall dort, wo Menschen zusammenleben
oder arbeiten, können Konflikte entstehen, die Einzelpersonen, aber auch Gruppen
belasten. Folgen sind unter anderem ein schlechtes Arbeitsklima, ein erhöhter
Krankheitsstand
oder Mitarbeiter, die nur eingeschränkte Leistungen bringen. Die
1
vgl. Baur, 1980, S. 1ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 4 -
Betriebliche Sozialberatung soll diese Probleme aufgreifen, sie verringern oder ihnen
vorbeugen. Zum Aufgabenfeld der Betrieblichen Sozialen Arbeit gehören
2
:
· Beratung (Individuelle Fachberatung von psychosozialen Problemen und
Fragestellungen in betrieblichen, privaten, finanziellen und gesundheitlichen
Angelegenheiten)
· Unterstützung bei Veränderungsprozessen im Unternehmen (frühzeitige
Informationspolitik, Herstellung von Erklärungsansätzen durch Kommunikation
und psychologisches Feingefühl gegenüber Mitarbeitern)
· Coaching von Führungskräften und Mitarbeitern (Verbesserung von
persönlichen Kompetenzen, Förderung der Eigenreflexionsfähigkeiten, Erkennen
von behindernden Emotionen und Gewinnung von Abstand zur Situation)
· Einbeziehung von Sozialberatung in die Organisationsentwicklung (gezielte
Förderung von Mitarbeitern und optimaler Einsatz ihres Wissens)
Zu den weiteren Leitlinien der Betrieblichen Sozialarbeit gehören
3
:
· Fürsorgepflicht des Betriebes
· Erschließung von Mitarbeiterpotenzialen
· Aktivieren von persönlichen, sozialen und betrieblichen Ressourcen
· Mitarbeiterberatung, Personal- und Organisationsentwicklung
· Beteiligung der Betrieblichen Sozialberatung an personal- und sozialpolitischen
Entscheidungsfindungen
Der Aufgabenbereich der Betrieblichen Sozialen Arbeit umfasst keine Leitlinien. Ihre
Veränderung liegt jeweils in der betrieblichen, gesellschaftlichen und ökonomischen
Dynamik. Sie werden individuell auf das Unternehmen abgestimmt.
Die Betriebliche Sozialberatung ist eine freiwillige Maßnahme der Unternehmen. Wie und
in welcher Art und Weise diese von Mitarbeitern in Anspruch genommen wird, liegt auch
am Einzelnen selbst. Finanziert wird die Leistung der Betrieblichen Sozialen Arbeit durch
Mittel der Unternehmen. Sie kann lediglich empfohlen, aber nicht verordnet werden. Das
Einsatzgebiet der Betrieblichen Sozialberatung findet sich z.B. in Behörden der
2
vgl. Jente u.a., 2001, S. 207ff.
3
vgl. Bundesfachverband Betriebliche Soziale Arbeit e.V., Rahmenkonzeption 2008

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 5 -
Verwaltung, in Betrieben der Industrie und Wirtschaft. Die Zielgruppe sind die
Mitarbeiter, Angestellten und ihre Angehörigen eines Unternehmens sowie die
Vorgesetzten und Führungskräfte.
Die Aufgaben und Funktionen der Betrieblichen Sozialen Arbeit können nur von
professionellen Diensten wahrgenommen werden. Es sind somit angemessene und
entsprechend passende berufliche Qualifikationen erforderlich. >> Neben der Ausbildung
zum Diplom-Sozialarbeiter/Sozialpädagogen kommen hier auch Abschlüsse in Psychologie
oder andere sozialwissenschaftliche Ausbildungen sowie berufsbegleitende therapeutische
Zusatzausbildungen in Frage. <<
(Jente, Charlotte/ Judis, Frank / Meier, Ralf / Steinmetz,
Susanne / Wagner, Stephan F. (2001): Betriebliche Sozialarbeit. Lambertus-Verlag, Freiburg im
Breisgau, S.26)
Laut Berufsverband Betriebliche Sozialarbeit e.V. (bbs), sind weitere fachbezogene
Fortbildungen notwendig, um aufgrund der sich wandelnden Anforderungen die fachliche
Qualifikation der Stelleninhaber zu erhalten
4
. In vereinzelten Fällen findet man aber auch
Personen ohne eine staatlich anerkannte Sozialarbeiterausbildung, die in Bereichen der
Betrieblichen Sozialen Arbeit tätig sind. Hierbei handelt es sich um Mitarbeiter, die
innerhalb des Unternehmens Funktionen besetzen, die Elemente der sozialen Beratung
beinhalten, wie z. B. Leiter der Personalabteilung
5
.
2.1.3 Geschichtlicher Abriss
Zur Zeit der Industrialisierung erfolgte für die Bevölkerung ein großer gesellschaftlicher
Wandel. Zuvor lebten die Menschen in einer Produktionsgemeinschaft innerhalb einer
Großfamilie. Durch das Leben unter einem Dach entstand eine Existenzsicherung der
nachfolgenden Generationen innerhalb der Familien. Die Familie produzierte selber, was
sie zum Leben benötigte. Im Zeitalter der Industrialisierung ereignete sich ein Wechsel von
der Produktionsgemeinschaft zur Konsumgemeinschaft. Die Arbeit innerhalb der
Konsumgemeinschaft erfolgte nun nicht mehr im Kreise der Familie, sondern wurde in die
Fabriken verlagert. Durch die neu entstandenen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die
durch lange Arbeitszeiten, geringe Entlohnung sowie Frauen- und Kinderarbeit geprägt
wurden, erfolgte ein Wandel innerhalb der Familien.
Das Proletariat bzw. die Arbeiterschaft lebte am Rande des Existenzminimums.
Lebensrisiken wie Krankheiten, Unfall oder Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit war
4
vgl. Bundesfachverband Betriebliche Soziale Arbeit e.V., Rahmenkonzeption 2008
5
vgl. Jente u.a., 2001, S. 26ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 6 -
die Arbeiterschaft nicht gewachsen. Durch die in den Fabriken oft menschenunwürdigen
Arbeitsmaßnahmen, durch die Überforderung der Arbeiter und durch Epidemien, die
aufgrund fehlender hygienischer Verständnisse auftraten, führte die Industrialisierung zu
einer Verelendung der Arbeiterschaft. Seitens der Unternehmer wurden den Arbeitern
keine Hilfen angeboten, und Lohnerhöhungen blieben auch aus. Im Jahre 1868 erfolgte
eine Streikaktion der Deutschen Gewerkschaftsbewegung, welche 1883 dazu führte, dass
durch die Bismarcksche Sozialpolitik der Grundstein für die heute noch vorhandenen
Sozialversicherungen gelegt wurde
6
.
>> " (...) Am 21 Juni 1883 wurde in Berlin das ,Gesetz, betreffend die
Krankenversicherung der Arbeiter veröffentlicht und 1884 folgten die gesetzliche
Unfallversicherung und 1889 die Invaliditäts- und Altersversicherung." <<
(Kantel, H.-D.
(2008): Grundsicherungsarbeit; Armuts- und Arbeitsmarktpolitik nach Hart IV. VS Verlag für
Sozialwissenschaften, S.22)
Die Schaffung des Berufes Betriebliche Soziale Arbeit wurde mit Pastor Friedrich Zimmer
(1855-1919) in Verbindung gebracht. Dieser war Gründer des Ev. Diakonievereins. Im
Jahre 1900 wurde im Kabelwerk Oberspree (Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft) die
erste Fabrikpflegerin durch Erich Rathenau angestellt. Innerhalb der nächsten 10 Jahre
folgten diesem Beispiel einige große Unternehmen, wo die Unternehmensleitung oder die
Vorstände eine positive Auffassung gegenüber der innerbetrieblichen Sozialen Arbeit
zeigten. Einige erste Unternehmensbeispiele, die Fabrikpflege von 1900-1910 einsetzten,
sind die Deutsche Glasglühlichtgesellschaft Berlin, die Continental-Kautschuk-Compagnie
und die Farben- und Tintenfabrik von Günther Wagner in Hannover, die Farbenfabrik von
Bayer-Leverkusen
, das Unternehmen Krupp in Essen und die Schokoladenfabrik von L.
Ehlert
in Königsberg. Im Jahre 1911 folgte dann das Unternehmen Siemens. Die
Bezeichnung ,,Fabrikpflege" fand ihren Ursprung durch die Begriffe Hilfe und
Unterstützung
Pflegebedürftiger in Anlehnung an die Krankenpflege. Die
Berufsbezeichnung veränderte sich im Laufe der Zeit zu Fabrikwohlfahrtspflege,
Sozialsekretär(in) oder Sozialberater(in). >> Im Jahre 1929 führte Ilse Ganzert die Berufs-
und Tätigkeitsbezeichnung ,,Soziale Betriebsarbeit"
(Wunderlich 1926)
ein, die der
heutigen Bezeichnung der Betrieblichen Sozialberatung am nächsten kommt. <<
(Jente,
Charlotte/Judis, Frank/Meier, Ralf/Steinmetz, Susanne/Wagner, Stephan F. (2001):
Betriebliche Sozialarbeit. Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau, S.16) Bis zum Ersten
6
vgl. Lau-Villinger, 1994, S. 27

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 7 -
Weltkrieg wurden etwa 200 Fabrikpflegerinnen in deutschen Betrieben eingesetzt, welche
die Hauptaufgabe hatten, mögliche Ausfälle von Arbeiterinnen durch eine
Doppelbelastung (Frau in der Familie / Arbeiterin) zu vermeiden. Des Weiteren sollten sie
dafür Sorge tragen, den Frauen trotz der Kindererziehung und Haushaltsführung die
Betriebsarbeit zu ermöglichen und Hilfen auszuarbeiten, seitens des Unternehmens, welche
Doppelbelastungen der Arbeiterinnen reduzieren könnten. Durch das vom 05.12.1916
erlassene Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst wurden Frauen dazu verpflichtet, in
den Waffen- und Munitionsfabriken, bei der Post, der Eisenbahn, den
Straßenbahngesellschaften und den Wasserwerken zu arbeiten. Dies hatte zur Folge, dass
während der Zeit des Krieges die Anzahl der Mitarbeiter in der Sozialen Betriebsarbeit auf
etwa 700 Frauen anstieg
7
.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges sank die Zahl der Fabrikpflegerinnen auf etwa 110. Im
Jahre 1926 wurde die Wichtigkeit der Betrieblichen Sozialen Arbeit erkannt und die ersten
Studiengänge zur Förderung befriedigender menschlicher Beziehungen und gesunder
Arbeitsbedingungen in der Industrie wurden geschaffen. Frieda Wunderlich definierte die
Aufgaben von Fabrikpflegerinnen 1926 wie folgt:
>> ,,Ein Schema für ihre Arbeit kann der Fabrikpflegerin nicht gegeben werden. Ist es
ihre Aufgabe, sich dem Arbeiter als Menschen zuzuwenden, in den Betrieb, der nur die
Rücksicht auf die höchstmögliche Produktion kennt, die Rücksicht auf den Menschen
hineinzutragen und allmählich das ganze Werk mit dieser Gesinnung zu durchdringen, so
muss sie andererseits Verständnis für die Notwendigkeiten des Betriebes besitzen und für
die Anforderungen, die die Produktion an den Menschen stellt." <<
(Wunderlich 1926)
Die Probleme, die Werksfürsorgerinnen in ihren Sprechstunden damals mit Mitarbeitern
des Betriebes besprochen haben, reichen immer noch bis in die heutige Zeit hinein. Ehe-
und
Familienprobleme,
Schuldnerberatung,
Unstimmigkeiten
am
Arbeitsplatz,
Unterbringung von Kindern
und Hilfen bei der Wohnungssuche sind heute immer noch in
der Praxis relevante soziale Probleme von Mitarbeitern.
Im Jahre 1957 wurde durch den Sozialausschuss der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und
Stahlindustrie der Begriff Sozialberatung eingeführt. Anders als in früheren Jahren galt
nun der Schwerpunkt nicht mehr der Wohltätigkeit, sondern der Fürsorge zur Beratung.
Aus den USA wurden verschiedene Methoden wie Groupwork (Gruppenarbeit), Casework
(Einzelfallhilfe) und Community Organization (Gemeinwesenarbeit) in die Betriebliche
7
vgl. Jente u.a., 2001, S. 15ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 8 -
Sozialberatung
übernommen.
Diese
entwickelte
daraufhin
systematische
Vorgehensweisen, die ein vertieftes Verständnis für die Probleme zugelassen haben. Somit
bedeutete Betriebliche Soziale Arbeit mehr Fürsorge und Beratung, und sie entwickelte
sich bis zur heutigen Zeit zu einer Beratungs- und Unterstützungsfunktion im
Unternehmen mit dem Grundsatz: Hilfe zur Selbsthilfe
8
.
2.1.4 Rechtsgrundlagen der Betrieblichen Sozialen Arbeit
Die Betriebliche Soziale Arbeit ist in der Bundesrepublik Deutschland eine freiwillige
Leistung eines Unternehmens
9
. Sie ist somit als Einrichtung rechtlich nicht abgesichert,
und es besteht kein Rechtsanspruch auf Leistungen seitens der Arbeitnehmer. Auch das am
7. August 1996 erlassene Gesetz (Arbeitsschutzgesetz / ArbSchG) über die Durchführung
von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes des Beschäftigten bei der Arbeit schafft keine Veränderungen. Im § 4
Ziffer 4 ArbSchG steht geschrieben:
>>(...) Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige
Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz
sachgerecht zu verknüpfen ...<<
(ArbSchG, §4, Abs. 4)
Dieses Gesetz dient aber dazu, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten
im Betrieb und bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu
verbessern (ArbSchG, § 1, Abs. 1)
10
.
Hierdurch wird erkennbar, dass die Betriebliche Soziale Arbeit nicht im Blick des
Gesetzgebers war.
Unternehmen können die Dienstleistung der Betrieblichen Sozialen Arbeit durch eigene
Arbeitnehmer sowie durch externe Sozialarbeiter einkaufen. Übernimmt ein Arbeitnehmer
in einem Unternehmen die soziale Beratung, so unterliegt er den normalen
Arbeitnehmerpflichten, zu dem die Weisungsabhängigkeiten gehören. Bei einem Beamten
unterliegt
dieser
den
entsprechenden
beamtenrechtlichen
Regelungen.
Die
Einflussmöglichkeiten des Arbeitgebers sind durch die strikte Schweigepflicht bzw.
Geheimhaltungspflicht (§ 203, Abs.1, Ziffer 5 StGB) begrenzt. Sind Sozialberater durch
ihre Berufsausbildung nicht an die Schweigepflicht gebunden, so müssen interne
Regelungen mit dem Unternehmen bzw. der Unternehmensleitung getroffen werden.
Sozialarbeiter werden bei fast allen Konfliktfällen innerhalb des Unternehmens beteiligt
8
vgl. Klinger, 2001, S. 15ff.
9
vgl. Jente u.a., 2001, S. 97
10
vgl. § 4, Abs.4, ArbSchG

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 9 -
und kommen auch mit familienrechtlichen Fragen und Situationen wie z.B.,
Beziehungskrisen und Schuldenproblemen in Berührung. Der betriebliche Sozialarbeiter
sollte möglichst in allen Rechtsbereichen so weit informiert sein, um an externe Beratungs-
und Hilfestellen weitervermitteln zu können
11
.
2.2
Die Anbindung der Betrieblichen Sozialen Arbeit im Unternehmen
Die Entwicklung der Betriebssozialarbeit in ihrer fast 100-jährigen Tradition konnte sich
nicht annähernd in der betrieblichen Arbeitswelt einbürgern, wie wir es bei der
Arbeitsmedizin oder Arbeitssicherheit wiederfinden. Des Weiteren wurde bisher keine
rechtliche Verankerung erreicht
12
. Die Betriebliche Soziale Arbeit wird neben ihrer
Zweckmäßigkeit auch an der wirtschaftlichen Verträglichkeit und ihrem Nutzen im
Unternehmen gemessen. Die Existenzberechtigung findet die Betriebssozialarbeit neben
der Fürsorgepflicht von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern im gestiegenen
Kostenbewusstsein der Unternehmen. Hier bezieht man sich auf die Mitarbeiter des
Unternehmens, denn die Wirtschaftlichkeit beginnt bei den Mitarbeitern durch
Engagement und Leistungsbereitschaft.
Aufgrund der spezifischen Fachkenntnisse von Betriebssozialarbeitern haben diese
Mitarbeiter in den Bereichen der psychosozialen Beratung, der zwischenmenschlichen
Kommunikation
, der Psychologie und dem Konfliktmanagement innerhalb des
Unternehmens ihren Platz. Die Betriebliche Soziale Arbeit ist somit durch die zunehmende
Professionalisierung und durch die fachliche Kompetenz ein integraler Bestandteil
13
der
Strukturen innerhalb von Unternehmen geworden und somit eine wichtige Nahtstelle
zwischen Personal- und Sozialstrukturen
14
.
Innerhalb der Unternehmensstrukturen kann die Betriebliche Sozialberatung grundsätzlich
in zwei strukturellen Varianten der organisatorischen Anbindung erfolgen. Man
unterscheidet hier zwischen der Liniestelle und der Stabstelle. Im Liniensystem erhalten
Sozialarbeiter nur von einem einzigen und direkten Vorgesetzten ihre Aufgaben und
Befugnisse. Sie sind somit alleine für die Aufgabenerfüllung verantwortlich.
Liniensysteme werden in das vertikale betriebliche Weisungs- und Entscheidungssystem
integriert. Ziel und Zweck des Liniensystems sind, die Einheitlichkeit der Leitung trotz der
Übertragung von Entscheidungs- und Anordnungsbefugnissen zu gewährleisten. Innerhalb
11
vgl. Jente u.a., 2001, S. 19ff.
12
vgl. Bundesfachverband Betriebliche Soziale Arbeit e.V., Rahmenkonzeption 2008
13
d.h. ein für sich bestehendes Ganzes
14
vgl. Jente u.a., 2001, S. 25ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 10 -
des Liniensystems unterliegen die Mitarbeiter der Sozialberatung aber einer versteckten
Kontrolle sowohl der Fach- als auch der Disziplinaraufsicht, womit eine Einschränkung
der Arbeitsinhalte und Betätigungsfelder verbunden sein kann. Vorteile eines
Liniensystems sind unter anderem die Vermeidung von widersprechender Anweisung;
klare und übersichtliche Strukturen
; Betonung der Leitfunktion; klare und eindeutige
Kompetenzbereiche
. Die Nachteile eines Liniensystems sind lange Dienstwege; große
Probleme bei einer Fehlbesetzung der Spitze
; Überlastung der Leitungsebene
15
.
Abbildung 1: Liniensystem
Betriebliche Sozialberatung
(Quelle: Steinmann H./Schreyögg G. (2000), S. 419: Management. Grundlagen der
Unternehmensführung; Konzepte-Funktionen-Fallstudien. Grabler, 5.Aufl.)
Eine weitere Form, die Betriebliche Soziale Arbeit in die hierarchische Struktur eines
Unternehmens zu integrieren, ist die Stabstelle. Die vertikalen Entscheidungs- und
Anordnungsstrukturen werden innerhalb des Stab-Linien-Systems als eine Stelle ergänzt,
die keine Entscheidungsbefugnis hat. Es werden Aufgaben der Kontrolle, der fachlichen
Beratung und Aufgaben der Entscheidungsvorbereitung wahrgenommen. Stäbe werden
eingesetzt, wenn das im Liniensystem vorhandene Wissen nicht mehr ausreichend ist, um
komplexer werdende Entscheidungssituationen zu lösen. Somit werden Aufgaben aus dem
Liniensystem ausgesondert und auf Spezialisten und Fachleute übertragen.
Verfahrensweisen, welche zum Beispiel durch Linienmanager selbst im Unternehmen
15
vgl. Jente u.a., 2001, S. 27 ff. / Kühn, 2006, S. 346ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 11 -
eingeführt wurden, werden von den Spezialisten der Stabstelle in Frage gestellt und durch
neue Methoden und Techniken ersetzt. Somit fungiert die Stabsarbeit als eine Form der
Einmischung in vorhandene Methoden und wird oftmals auch als Bedrohung aufgefasst.
Dennoch ist die Einrichtung einer Stabstelle im Unternehmen besonders wirkungsvoll,
wenn eine betriebliche Instanz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben überlastet ist
16
. Durch die
fachliche Kompetenz und Profession der Mitarbeiter in einer Stabstelle werden
Zuständigkeiten entwickelt, die sie gegenüber der Linieninstanz in eine starke Position
bringt. Stabstellen unterliegen in der Regel keiner Fachaufsicht und keinen
Handlungsanweisungen, um die Unabhängigkeit dieser beratenden Instanzen zu wahren
und positive Arbeitsbedingungen und -methoden zu schaffen
17
.
Abbildung 2: Stab-Linien-System
Betriebliche Sozialberatung
(Quelle: Biermann/Bock-Rosenthal/Doehlemann/Grohall/Kühn (2006), S.347: Soziologie.
Studienbuch für soziale Berufe, 5. Aufl.)
2.2.1 Anbindung an die Personalabteilung
Die Betriebliche Sozialberatung innerhalb eines Unternehmens ist der Personalabteilung
als Stabstelle im Idealfall zu unterstellen. Aufgrund der in der Stabstelle nicht vorhandenen
Kontrolle und Aufsicht durch andere Instanzen erhält die Betriebliche Soziale Arbeit
jedoch ihre Eigenständigkeit und Legitimation die für ihre Arbeit unverzichtbar ist.
16
vgl. Steinmann/Schreyögg, 2000, S. 414ff.
17
vgl. Jente u.a., 2001, S. 28 / Kühn, 2006, S. 346ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 12 -
Im Unternehmen ist die Zusammenarbeit von Betrieblicher Sozialberatung und
Personalabteilung von großer Bedeutung
18
. Durch die Personalabteilung wird häufig der
Kontakt zu Mitarbeitern hergestellt, die auf Empfehlung oder Weisung durch die
Personalabteilung den Weg zur Sozialberatung finden. Ansprechpartner des
Personalwesens
erhalten
oftmals
als
erste
Personen
die
Hinweise
über
Verhaltensauffälligkeiten der Mitarbeiter, die eine Beratung oder eine Untersuchung im
Unternehmen oder Betrieb erforderlich machen. Der Personalabteilung obliegt die
Entscheidung alleine, ob und in welchem Umfang Hilfen angeboten werden. Hierzu ist
eine vertrauensvolle und verantwortungsbewusste Zusammenarbeit mit der Betrieblichen
Sozialberatung sehr wichtig, um Lösungsstrategien anzuregen, diese einzuleiten und zu
koordinieren. Das Ziel dieser Zusammenarbeit zwischen Personalabteilung und
Betrieblicher Sozialarbeit ist die Verbesserung des Arbeitsklimas, die Wiedereingliederung
von Langzeitkranken, Lösung von Belegschaftsproblemen
und Entlastung, sowie
Unterstützung der Personalabteilung bei Streitigkeiten mit Mitarbeitern
durch eine
rechtliche Unterstützung
, welche sich auf die erlassenen Anordnungen und Weisungen des
Arbeitgebers beziehen. Die Betriebliche Soziale Arbeit kann somit als eine
partnerschaftliche
Ergänzung
zur
Personalabteilung
mit
der
Funktion
der
Mitarbeiterbetreuung gesehen werden
19
.
2.2.2 Anbindung an den Betriebsärztlichen Dienst
Der Betriebsärztliche Dienst ist eine vom Gesetzgeber vorgeschriebene Institution in
einem Unternehmen mit einer enorm großen Handlungsautonomie. Diese Institution
unterliegt keinen Weisungsanordnungen und arbeitet in fachlicher Eigenständigkeit.
Anders als in der Betrieblichen Sozialberatung ist der Betriebsärztliche Dienst rechtlich
abgesichert und untersteht direkt dem Betriebsleiter. Der Arbeitgeber oder die
Unternehmensleitung sind dazu verpflichtet
20
, je nach Betriebsgröße und Betriebsart einen
oder mehrere Betriebsärzte einzustellen und ihm die im § 3 ArbSichG genannten Aufgaben
zu übertragen
21
.
Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber oder die Unternehmensleitung über
Arbeitsschutz und Unfallverhütung sowie in allen Angelegenheiten und Fragen des
Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Die Zusammenarbeit zwischen Betriebssozialarbeit
18
vgl. Jente u.a., 2001, S. 30
19
vgl. Jente u.a., 2001, S. 30ff.
20
vgl. § 1, ArbSichG
21
vgl. § 3, ArbSichG

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 13 -
und Betriebsärztlichem Dienst hat einen hohen Stellenwert im Unternehmen, da durch die
Kombination Betriebsarzt und Betrieblicher Sozialberatung eine gesundheitliche,
medizinische und psychosoziale Beratung und Unterstützung der hilfesuchenden
Mitarbeiter gewährleistet wird, und die Sozialarbeiter für ihre Tätigkeit von der hohen
Stellung in der Hierarchie des Unternehmens und der gesellschaftlichen Anerkennung des
Arztes profitieren. Innerhalb eines Unternehmens hat der Betriebsarzt zwar die
Dienstaufsicht gegenüber der Betrieblichen Sozialen Arbeit, nicht aber die Fachaufsicht.
Somit bleibt die Betriebssozialarbeit neutral und eigenständig, da der Sozialarbeiter mit
Blick auf die fachlichen und inhaltlichen Kompetenzen, weisungsunabhängig bleibt
22
.
2.2.3 Anbindung als Stabstelle an die Geschäftsleitung
Die Integration der Betrieblichen Sozialberatung als Stabstelle der Geschäftsführung
innerhalb eines Unternehmens scheint durch die betriebliche Hierarchie unter dem Aspekt
der Handlungsautonomie fragwürdig zu sein. Die Neutralität und Vertrauenswürdigkeit
seitens der Sozialberatung zu den Mitarbeitern kann durch die Nähe und Einflussnahme
der Geschäfts- und Unternehmensleitung ebenfalls fragwürdig sein.
23
Aufgrund der sehr
hohen hierarchischen Machtposition der Unternehmensleitung können sich diese
vorbehalten, selber zu definieren, wann ein soziales Problem vorliegt und wann nicht. Setzt
die Betriebliche Sozialberatung in dieser Situation nicht rechtzeitig der Geschäftsleitung
etwas entgegen, so wird sie wie ein verlängerter Arm der Geschäftsleitung behandelt. Dem
kann durch klare Definitionen der Arbeitsaufträge, Leitlinien und Zielsetzung vorgebeugt
werden. Eine gute Voraussetzung für erfolgreiche Sozialarbeit ist die Kooperation von
Geschäftsleitung und Betrieblicher Sozialberatung
24
.
2.2.4 Anbindung an den Betriebsrat/Personalrat
Die wichtigste und einflussreichste Instanz betrieblicher Sozialpolitik wird durch den
Betriebs- und Personalrat in einem Unternehmen dargestellt. Er ist wie der
Betriebsärztliche Dienst nicht an Weisungen (Weisungsunabhängigkeit) gebunden und
kann Mitarbeitern rechtlich beratend oder vertretend zur Seite stehen oder sie in
sozialversicherungstechnischen Fragen betreuen. Häufig kommt es allerdings zu einem
Konkurrenzdenken zwischen den Institutionen Sozialberatung und Betriebs- und
Personalrat
. Oftmals sieht sich der Betriebs- und Personalrat als hauptverantwortlich für
22
vgl. Jente u.a., 2001, S. 49ff.
23
vgl. Jente u.a., 2001, S. 38
24
vgl. Jente u.a., 2001, S. 36ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 14 -
die Probleme der Mitarbeiter in einem System. Die Folge kann sein, dass die
Sozialberatung ihre Hilfe einschränkt.
Es muss eine klare Verteilung der Aufgabengebiete beider Seiten erfolgen, denn nur durch
eine Zusammenarbeit beider Institutionen und ihrer sich ergänzenden Kompetenzen, ist der
Ratsuchende umfassend beraten
25
.
2.3
Traditionelle Aufgabenfelder der Betrieblichen Sozialen Arbeit im
Unternehmen
Das traditionelle Aufgabenfeld der Betrieblichen Sozialen Arbeit umfasst die Beratung und
Betreuung von Mitarbeitern im Unternehmen, in Betrieben und Verwaltung sowie in
kleineren Firmen. Für viele Unternehmen ist die Betriebliche Sozialberatung seit
Jahrzehnten ein fester Bestandteil geworden. Obwohl es keine gesetzlichen Bestimmungen
für Organisationen gibt, die die Notwendigkeit der Betrieblichen Sozialen Arbeit
vorschreiben, sehen Betriebe die interne Sozialberatung als sehr gewinnbringend an, da der
Mitarbeiter als produktive und umsatzsteigernde Arbeitskraft in einem Unternehmen
gesehen wird. Somit wird die Sozialberatung zu einem betriebswirtschaftlichen Faktor, der
sich ,,rechnet"
26
. Durch gesundheitliche Einschränkungen, familiäre- und soziale Probleme,
finanzielle Schwierigkeiten, psychische Störungen und Suchtproblemen erfolgt eine
Leistungseinschränkung der Mitarbeiter, welche sich unmittelbar auf die Produktivität und
den Betriebserfolg des Unternehmens auswirken kann. Diese Belastungen des Einzelnen
sind oft zugleich auch Belastungen, die sich auf den Kollegenkreis, den Vorgesetzten und
den ganzen Betrieb auswirken können. Hier ist die Betriebliche Sozialberatung
unersetzlich, um den betroffenen Mitarbeitern mögliche Hilfen aufzuzeigen und
anzubieten
27
.
Eine weitere Zielgruppe, auf die in der Betrieblichen Sozialen Arbeit ein besonderes
Augenmerk gelegt wird, sind Familienangehörige von Mitarbeitern, die eine
außerdienstliche Belastung für den Einzelnen darstellen können. Als Beispiel sei hier ein
familiärer Pflegefall genannt, der den Mitarbeiter durch die private Pflege neben der
Arbeitszeit in seiner beruflichen Leistungsbereitschaft einschränkt. Auch hier spielt die
Sozialberatung zur Unterstützung und Hilfe für den Mitarbeiter eine wichtige Rolle, u. a. in
25
vgl. Jente u.a., 2001, S. 42ff.
26
vgl. Jente u.a., 2001, S. 97
27
vgl. Jente u.a., 2001, S. 97ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 15 -
rechtlichen Fragen und weiteren Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten, die zur
Entlastung des persönlichen Lebens der Mitarbeiter beitragen sollen.
Die traditionelle Betriebliche Soziale Arbeit befasst sich daher nicht nur mit internen
Problemen von Beschäftigten, sondern auch mit äußeren Faktoren, die eine Belastung und
Leistungseinschränkung mit sich bringen
28
.
Neben der Mitarbeiterberatung fungieren Betriebliche Sozialarbeiter aber auch zur
Unterstützung von Vorgesetzten, Führungskräften und Berufsausbildern. Führungskräfte
sind oftmals bei Auffälligkeiten ihrer Mitarbeiter gefordert und finden nur schwer den Weg
zur Sozialberatung. Durch die fehlende Schulung im Umgang mit solchen Problemfällen
kann es oft zu einer Überforderung der Leitungsstellen kommen. Die Betriebliche
Sozialberatung unterstützt und berät durch ihre Profession somit Führungskräfte im
Umgang mit auffälligen Mitarbeitern.
Um die bisher getroffenen Aussagen zu stärken, hat der Autor sich an den
,,Landwirtschaftlichen Versicherungsverein Münster a.G. (LVM)" gewandt, wo er mit der
betrieblichen Sozialberatung über die Problemfelder innerhalb des Unternehmens
gesprochen hat. In diesem Gespräch ging es um die Frage: Aus welchen Gründen wenden
sich Mitarbeiter an die dortige Sozialberatungsstelle mit Bezug auf Häufigkeit und
Wichtigkeit der auftretenden Problemfelder?
Im Gespräch wurden folgende Problemfelder behandelt, mit der die Sozialberatung des
LVM
konfrontiert- und Hilfe der Mitarbeiter und des Unternehmens angefordert wird
29
:
· Akute Lebenskrisen
· Gesundheitliche Probleme
· Allgemeine soziale Fragestellungen
· Psychische Erkrankungen, Stress und Belastung
· Alkoholprobleme
· Familiäre Probleme
· Konflikte
· Mobbing
28
vgl. Jente u.a., 2001, S. 97
29
Die Ergebnisse der Befragung, sowie die nachfolgenden Abbildungen 3 u. 4 stützen sich auf die Aussagen
eines Mitarbeiters der Betrieblichen Sozialberatung - ,,LVM" und sollen daher keine weitere Gewichtung
erhalten. Für den Autor bestand keine Möglichkeit, die erhaltenden Informationen in der Praxis mit
anderen Unternehmen zu vergleichen. Aus diesem Grund sind die Ergebnisse empirisch nicht
repräsentativ.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 16 -
· Finanzielle Probleme
· Coaching von Führungskräften
In den nachfolgenden Grafiken sollen die Häufigkeit und die Wichtigkeit der
auftauchenden Problembereiche und ihre Bedeutung aufgezeigt werden. Um eine einseitige
Betrachtungsweise zu vermeiden, ist die Grafik ,,Häufigkeit" mit dem Stellenwert der
,,Wichtigkeit" für die Betriebliche Soziale Arbeit im Unternehmen verglichen worden.
Abbildung 3: Häufigkeit von Problemfeldern in Organisationen
30
(Quelle: eigene Ausarbeitung 2010; Befragung der Betrieblichen Sozialberatung des ,,LVM")
Wie aus der Grafik (Abbildung 3) ersichtlich wird, ist die wachsende Zahl von psychischen
Erkrankungen
31
der Mitarbeiter das größte Problemfeld der Betrieblichen Sozialberatung.
Besonders häufig tauchen Aufgabengebiete wie akute Lebenskrisen
32
, Gesundheit
33
,
familiäre- und finanzielle Probleme
34
sowie das Coaching von Führungskräften
35
in der
30
Die Abbildung 3 zeigt eine persönliche Einschätzung des Autors über die auftretende Häufigkeit der
Problemfelder in Organisationen auf einer Skala von 1-10. Dem höchsten Wert innerhalb dieses Beispiels
­ der Wert ,,10"- wird der höchste Stellenwert zugeordnet. Folglich ist ,,1" mit dem niedrigsten Rang
bewertet.
31
Stellenwert 10 von 10
32
Stellenwert 6 von 10
33
Stellenwert 8 von 10
34
Stelenwert 5 von 10
35
Stellenwert 4 von 10
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Problemfelder
Häufigkeit von Problemfeldern in Organisationen
akute Lebenskrisen
Gesundheit
allgemeine soziale Fragen
Psychische Erkrankungen
Sucht
familiäre Probleme
Konflikte
Mobbing
finanzielle Probleme
Coaching von Führungskräften

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 17 -
Arbeit auf. Konflikte und Mobbing
36
stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang, da das
eine Problem meist untrennbar vom anderen auftritt.
Das Problemfeld Sucht
37
, welches die ,,Alkohol- und Drogensucht" zusammenfasst, hat in
den vergangenen Jahren neue Suchtverhalten hervorgebracht. Daher tauchen moderne
Begriffe wie Punktnüchternheit auf, die neue Arbeitsmethoden für die Betriebliche
Sozialberatung beinhalten
38
. Das Thema Sucht bleibt daher ein nicht zu unterschätzendes
Aufgabengebiet in der Betriebssozialarbeit. Der Problembereich allgemeine soziale
Fragen
39
steht oftmals mit anderen Problemfeldern im Zusammenhang. Rechtliche Fragen
und Hilfemöglichkeiten zum Thema Gesundheitswesen, finanzielle Hilfen bei familiären
Problemen oder Schulden sind oft Bestandteil der allgemeinen sozialen Fragen der
Mitarbeiter. Dadurch nimmt auch dieses Problemfeld einen hohen Stellenwert in der
Betrieblichen Sozialen Arbeit ein.
Abbildung 4: Wichtigkeit von Problemfeldern in Organisationen
40
(Quelle: eigene Ausarbeitung 2010; Befragung der Betrieblichen Sozialberatung des ,,LVM")
36
Stellenwert 6 von 10
37
Stellenwert 4 von 10
38
Befragung zur Betrieblichen Sozialberatung des LVM / Befragung des Landschaftsverbands-Westfalen-
Lippe ­ ,,LWL" ­ Münster, Koordinierungsstelle Sucht
39
Stellenwert 6 von 10
40
Die Abbildung 4 zeigt eine persönliche Einschätzung des Autors über die auftretende Wichtigkeit der
Problemfelder in Organisationen auf einer Skala von 1-10. Dem höchsten Wert innerhalb dieses Beispiels
­ der Wert ,,10"- wird der höchste Stellenwert zugeordnet.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Problemfelder
Wichtigkeit von Problemfeldern in Organisationen
akute Lebenskrisen
Gesundheit
allgemeine soziale Fragen
Psychische Erkrankungen
Sucht
familiäre Probleme
Konflikte
Mobbing
finanzielle Probleme
Coaching von Führungskräften

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 18 -
Wie aus der zweiten Grafik (Abbildung 4) ersichtlich wird, sind für die Betriebliche
Soziale Arbeit die Problemfelder psychische Erkrankungen und Gesundheit
41
die
wichtigsten Aufgabenfelder mit denen die Betriebliche Sozialberatung konfrontiert wird.
Akute Lebenskrisen
42
, finanzielle Probleme
43
, Konflikte
44
und das Coaching von
Führungskräften
45
weisen ebenfalls einen hohen Stellenwert für die Betriebliche Soziale
Arbeit auf. Allgemeine soziale Fragen
46
, Mobbing
47
und Suchterkrankungen
48
weisen eine
niedrigere Wichtigkeit für die Betriebliche Sozialberatung auf. Dennoch nehmen auch
diese Bereiche einen wichtigen Teil des Aufgabengebietes ein.
Die Sozialarbeiter der Betrieblichen Sozialen Arbeit haben es in der Praxis mit einer
Mixtur der Problemfelder zu tun. Die Lebenskrise mancher Mitarbeiter beinhaltet oft
finanzielle Probleme und beeinträchtigt somit die Gesundheit. Eine Beratung von
Mitarbeitern fordert ggf. von Fall zu Fall sehr häufig die Mitarbeit der Führungskraft, so
dass das Coaching von Führungskräften sehr wichtig ist.
Aufgrund der Ergebnisse sollen im Punkt 2.4 die Problemfelder und Arbeitsmethoden bei
Psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz, Alkohol in der Arbeitswelt
und
Schuldnerberatung
genauer dargestellt werden.
Diese Problembereiche sind immer wieder auftauchende Problemfelder in der
Betrieblichen Sozialen Arbeit.
Die Häufigkeit und Wichtigkeit aller genannten Problemfelder kann von Organisation zu
Organisation einen anderen Stellenwert einnehmen
49
. Die hier aufgeführten Werte der
Grafiken zeigen deshalb nur eine ungefähre Einschätzung der Häufigkeit und Wichtigkeit
der einzelnen Problemfelder. Diese Erläuterungen zur Betrieblichen Sozialberatung des
,,Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins Münster a.G." stellen somit eine
unvollständige Darstellung der Betriebssozialarbeit dar.
41
Stellenwert 10 von 10
42
Stellenwert 8 von 10
43
Stellenwert 8 von 10
44
Stellenwert 7 von 10
45
Stellenwert 7 von 10
46
Stellenwert 5 von 10
47
Stellenwert 5 von 10
48
Stellenwert 4 von 10
49
vgl. Jente u.a., 2001, S. 98

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 19 -
2.4
Problembereiche und Arbeitsmethoden in der Betrieblichen Sozialberatung
In diesem Kapitel soll auf drei der im Punkt 2.3 aufgeführten Problembereiche genauer
eingegangen werden, um Beispiele für einen praxisnahen Bezug über das entsprechende
Problemfeld, die Ursachen und Entwicklungen sowie die Arbeitsmethoden in der
Betrieblichen Sozialen Arbeit herzustellen. Unter Berücksichtigung der bisherigen
Ergebnisse und Auswertungen sollen die Problemfelder Psychische Erkrankungen am
Arbeitsplatz
, Alkohol in der Arbeitswelt und die Schuldnerberatung untersucht werden.
Die Psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz nehmen sehr stark zu und werden somit
zum Hauptproblem der Betrieblichen Sozialberatung
50
. Das Problemfeld Alkohol in der
Arbeitswelt
hat zwar in den letzten Jahren abgenommen, dennoch bleibt es für viele
Betriebe ein weiteres und vor allem wichtiges Tätigkeitsfeld, im Rahmen der Betrieblichen
Sozialen Arbeit
51
. Aufgrund von Wirtschaftskrisen, früherer Arbeitslosigkeit und häufigen
finanziellen Engpässen bei Beschäftigten ist der Aufgabenbereich der Schuldnerberatung
in der Betrieblichen Sozialen Arbeit ebenfalls ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld
52
, welches
der Autor genauer ausführen möchte. Im Folgenden sollen die einzelnen Problembereiche
und eventuelle Arbeitsmethoden dargestellt werden.
2.4.1 Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz
Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz
gehören zu den häufigsten und
kostenintensivsten Erkrankungen. Ihre Zahl steigt
53
. Somit stellen psychisch erkrankte
Mitarbeiter im Betrieb eine besondere Belastung an ihr Arbeitsumfeld und sind
gleichzeitig aufgrund der vielen Krankheitstage ein hoher Kostenfaktor für das
Unternehmen
54
.
Bis zum Ausbruch der Symptome haben die Betroffenen ihre Aufgaben im
Unternehmen meist zur Zufriedenheit aller ausgeführt und waren anerkannte Kollegen.
Ihre Verhaltensveränderungen werden durch Kollegen meist irritierend wahrgenommen,
und es wird versucht, sie mit Mitteln der kollegialen Kommunikation zu beheben. Häufig
führt dieses aber zu einem erheblichen Widerstand durch die Betroffenen, da diese selber
nicht mehr erkennen können, dass ihre eigene Wahrnehmung nicht mehr der Realität
entspricht. In solchen Fällen wird die Betriebliche Sozialberatung eingeschaltet, um die
Kollegen des Betroffenen zu entlasten und um den Erkrankten zu helfen. Es beginnt eine
50
vgl. DAK Gesundheitsreport 2005
51
Aussage LWL Koordinierungsstelle Sucht
52
vgl. Jente u.a., 2001, S. 135
53
vgl. DAK Gesundheitsreport 2005
54
vgl Jente u.a., 2001, S. 137

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 20 -
lange und mühselige Arbeit mit dem Betroffenen, seinem Umfeld und den Vorgesetzten,
um herauszufinden, wie und wo der Erkrankte seinem Arbeitsvertrag nachkommen kann
und welche externe oder interne Unterstützung er benötigt
55
.
Dieses wird
56
, durch das Betriebliche Eingliederungsmanagement erzielt, wo die
Betriebliche Sozialberatung als ,,Case Manager" tätig wird. Eine genaue Definition und
Vorgehensweisen des ,,Case Managements" finden wir im weiteren Verlauf dieser Arbeit
57
.
Die folgende Ausarbeitung zum Thema Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz bezieht
sich auf den Gesundheitsreport 2005 der ,,Deutschen-Angestellten-Krankenkasse (DAK)",
in dem interne Studien über Hintergründe und Entwicklungen der Erkrankung sowie das
Auftreten bei Beschäftigten nach Alter und Geschlecht ermittelt wurden. Des Weiteren
sollen zukünftige Perspektiven und Ursachen für Psychische Erkrankungen am
Arbeitsplatz
mit Bezug zur Betrieblichen Sozialen Arbeit, Teil dieser Ausarbeitung sein.
2.4.1.1 Definition
In der Wissenschaft gibt es keine einheitliche Definition des Begriffes ,,Psychische
Störung- bzw. Erkrankung". Durch die Vielzahl von Merkmalen in Bezug auf psychische
Auffälligkeiten sowie andere Störungsbilder fällt es schwer, die charakteristischen
Merkmale von vornherein festzulegen. Es sollen nun zwei Definitionen gezeigt werden.
,,Bleuler (1987)" definiert eine psychische Erkrankung wie folgt:
>> ,,Ein psychisch Kranker ist ein Mensch, der bei der Lösung einer altersgemäßen
Lebensaufgabe in eine Krise oder Sackgasse geraten ist, weil seine Verletzbarkeit und
damit sein Schutzbedürfnis und sein Bedürfnis Nicht-Erklärbares zu erklären, für ihn zu
groß und zu schmerzhaft geworden sind." <<
(Bleuler, M. 1987 in Dörner 2002, S. 17)
In dem ,,Diagnostischen und Statistischen Manual Psychiatrischer Störungen (DSM)" der
,,American Psychiatric Association (APA)" wird für psychische Erkrankung beispielsweise
folgende Definition verwendet:
>> ,,In DSM-IV wird jede psychische Störung als ein klinisch bedeutsames Verhaltens-
oder psychisches Syndrom oder Muster aufgefaßt, das bei einer Person auftritt und das mit
momentanem Leiden (z.B. einem schmerzhaften Symptom) oder einer Beeinträchtigung
(z.B. Einschränkung in einem oder in mehreren wichtigen Funktionsbereichen) oder mit
einem stark erhöhten Risiko einhergeht, zu sterben, Schmerz, Beeinträchtigung oder einen
55
vgl. Jente, u.a., 2001, S. 137ff.
56
vgl. Kapitel 4.3
57
vgl. Kapitel 4.1.1

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 21 -
tiefgreifenden Verlust an Freiheit zu erleiden. Zusätzlich darf dieses Syndrom oder Muster
nicht nur eine verständliche und kulturell sanktionierte Reaktion auf ein bestimmtes
Ereignis sein, wie z.B. den Tod eines geliebten Menschen. Unabhängig von dem
ursprünglichen Auslöser muß gegenwärtig eine verhaltensmäßige, psychische oder
biologische Funktionsstörung bei der Person zu beobachten sein. Weder
normabweichendes Verhalten (z.B. politischer, religiöser oder sexueller Art) noch
Konflikte des Einzelnen mit der Gesellschaft sind psychische Störungen, solange die
Abweichung oder der Konflikt kein Symptom einer oben beschriebenen Funktionsstörung
bei der betroffenen Person darstellt." <<
(DSM-IV-TR, deutsche Ausgabe S. 979)
Psychische Erkrankungen werden somit als erhebliche Abweichungen vom Erleben und
Verhalten verstanden, wodurch die Bereiche des Denkens, Fühlens und Handelns betroffen
sind.
2.4.1.2 Die Entstehung und Merkmale psychischer Erkrankungen
Wie entstehen psychische Erkrankungen? Auf diese Frage gibt es viele offene Fragen und
unsichere Antworten. Die Wissenschaft geht bei den Fragen um Entstehung, Verlauf oder
Behandlung von einem Zusammenhang zwischen biologischen- (angeborene/erworbene
Faktoren), psychischen- (z.B. Bedürfnisse, Emotionen, kognitive Faktoren) und sozialen
(Beziehung zu Familie, Schule, Kollegen) Faktoren aus
58
. Es gibt viele Modelle zur
Erklärung von psychischen Erkrankungen. Am Beispiel des Vulnerabilitäts-Stress-Modells
soll der Entstehungskontext in diesem Zusammenhang nähergebracht werden.
58
vgl. Grewe, Skript FH-Münster, WS 2009/2010: ,,Arbeit mit psychisch kranken Menschen",
Entstehungsmodell nach Mentzos, S. 19ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 22 -
Abbildung 5: Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
( Quelle: http://www.ruhr-uni-bochum.de/Sven.Bielski/Psychst.htm [Stand: 31.05.2002] )
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell gibt Auskunft darüber, wie sich die biologischen und
psychosozialen Faktoren auf die Vulnerabilität, also die Anfälligkeit bzw. Verwundbarkeit
des Menschen auswirken. Sogenannte Stressoren
59
wie z.B. Angststörungen oder
Depressionen können die Gefahr einer psychischen Erkrankung vergrößern bzw. zu ihr
beitragen. ,,Frese (1977)" definiert ,,Stressoren" wie folgt: >> ,,Stressoren sind solche
Ereignisse und Bedingungen, die von der Mehrheit der Mitglieder einer Gesellschaft unter
gesellschaftlich durchschnittlichen Bedingungen als aversiv
60
oder bedrohlich eingeschätzt
werden." <<
(Frese, M. (1977): Psychische Störungen bei Arbeitern. Beiträge zur klinischen
Psychologie. Otto Müller Verlag, Salzburg)
Die Copingfähigkeiten
61
führen bei auftauchenden
Konflikten zu einer Verringerung der Gefahr, eine psychische Erkrankung zu erleiden.
Wie aus der Abbildung 5 ersichtlich wird, spielen die biologischen- und psychosozialen
Faktoren eine bedeutende und einflussreiche Rolle, die Anfälligkeiten für psychische
Störungen in Verbindung mit Stressoren, zu vergrößern.
Psychische Erkrankungen gehen auf Verarbeitungsprobleme zurück
62
.
Diese entstehen
durch
sogenannte
,,Informations-Verarbeitungs-Probleme".
Verarbeitungsprobleme
59
Mittel oder Faktor, der Stress bewirkt oder auslöst
60
Abneigung, Widerwille
61
Bewältigungsstrategien
62
vgl. Wienberg 1997
Vulnerabilität
(Anfälligkeit)
psychische
Störungen
Stressoren
(vergrößern Vulnerabilität)
Copingfähigkeiten
(verkleinern Vulnerabilität)
biologische und
psychosoziale Faktoren

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 23 -
ergeben sich, wenn das subjektive Bezugssystem in Bezug auf das Handeln, welches sich
aus biologischen und psychosozialen Faktoren heraus entwickelt, bei der Verarbeitung von
Informationen überlastet wird. Darunter werden Konflikte, biographische Ereignisse und
Entwicklungsaufgaben verstanden, die mit den bisherigen Konzepten des Betroffenen nicht
mehr vereinbar sind und als Auslöser für Ängste verantwortlich gemacht werden. Die
subjektive Entwicklung zwischen Gesundheit und Krankheit wird letztendlich durch die
Verarbeitungs- und Handlungskapazitäten bestimmt. Eine akute Auslösung der Störung
bzw. Erkrankung ist Teil und letzter Ausweg im Verarbeitungsprozess. Der Betroffene
gerät immer mehr unter Druck und greift unbewusst aus Angst vor Verlust der
Selbstkontrolle zu riskanten und eventuell unreifen Verarbeitungsstrategien. Diese führen
in Anbetracht der extremen Belastung nicht mehr zur Stress- und Angstreduzierung,
sondern zu sehr auffälligen und unangebrachten Bewältigungsstrategien
63
.
Psychische
Erkrankungen werden als Steigerung oder Hemmung normaler psychischer Prozesse
betrachtet, dennoch bleibt die Frage offen, ab wann eine Person als psychisch krank gilt?
Um eine genaue Beantwortung dieser Frage geben zu können, müssen eine Vielzahl von
Faktoren wie Alter, Geschlecht, kulturelle und soziale Umgebung, gesellschaftlich bedingte
Störungskonzepte und das Gesundheitssystem
Beachtung finden. Des Weiteren stehen
psychische Erkrankungen auch neben den bisher genannten Faktoren in einem
unmittelbaren Zusammenhang zwischen der subjektiven Befindlichkeit des Betroffenen
und seinem eigenen Krankheitserleben
64
.
Mit Blick auf die bisherigen Definitionen über
psychische Erkrankungen wird ersichtlich, dass es keine einheitliche und allgemein
akzeptierte Definition gibt. Lediglich die Merkmale bei psychischer Erkrankung gleichen
sich in diesen. Devianz, Leidensdruck, Beeinträchtigung und Gefährdung werden als
Hauptmerkmale bei psychischen Erkrankungen von ,,Comer (1995)" aufgeführt
65
.
Ein wichtiger Zentralpunkt von psychischen Erkrankungen ist der Verlust der Fähigkeit,
Ziele langfristig zu planen und aktiv mit einem Mindestmaß an Erfolg anzustreben. Somit
können langfristige Zielplanungen nicht mehr erfolgen, die Planungsfähigkeit oder -
bereitschaft sind nicht mehr vorhanden. Es stehen keine Veraltensmöglichkeiten zur
Verfügung, Ziele anzustreben
66
.
63
vgl. Grewe, Skript FH-Münster, WS 2009/2010: ,,Arbeit mit psychisch kranken Menschen", Die
Verarbeitungsmodi, S. 39ff.
64
vgl. Stemmer-Lück, 2009, S. 23ff.
65
vgl. Stemmer-Lück, 2009, S. 24.
66
vgl. Frese, 1977, S. 25ff.

2.0
Die Betriebliche Soziale Arbeit
- 24 -
2.4.1.3 Aktuelle Entwicklungen
Nach epidemiologischen
67
Studien gehören psychische Erkrankungen zu den häufigsten
und kostenintensivsten Erkrankungen, da die Länge der Krankschreibung in günstigen
Fällen meist drei bis sechs Wochen beträgt
68
. Oft geht sie aber weit über diesen Zeitraum
hinaus. Nach Untersuchungen des ,,Bundesgesundheitssurveys" im Jahr 1998/1999, sind
32 Prozent der erwachsenen Bevölkerung im Laufe eines Jahres nach Kriterien des ICD 10
(International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) von
psychischen Erkrankungen betroffen. Schätzungen zufolge sollen psychische
Erkrankungen bis zum Jahre 2020 die zweithäufigste Ursache für Arbeitsausfälle und
eingeschränkte Arbeitsfähigkeit sein
69
.
Psychische Erkrankungen gewinnen dadurch in der
heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Um einen praxisnahen Bezug herzustellen soll
ein Vergleich der Gesundheitsberichte der DAK aus dem Jahr 2005 und 2010
vorgenommen werden. Die Auswertung ergibt, dass der prozentuale Anteil am
Krankenstand aller DAK-Versicherten (durchschnittlich 2,5 Mio. Mitglieder) durch
psychische Erkrankungen im Jahr 2003, 8,8 Prozent betrug. Im Jahr 2005 betrug der Anteil
an psychischen Erkrankungen 9,8 Prozent. Hier ist ein Anstieg von einem Prozentpunkt
innerhalb von zwei Jahren. 2009 lag der aktuelle Anteil bei 10,8 Prozent. Eine genaue
Übersicht zeigt die nachfolgende Grafik:
67
Ursachen und Folgen sowie der Verbreitung von gesundheitsbezogenen Zuständen und Ereignissen in
Populationen
68
vgl. DAK Gesundheitsreport 2005
69
vgl. DAK Gesundheitsreport 2005

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842803756
DOI
10.3239/9783842803756
Dateigröße
6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Münster – Sozialwesen, Studiengang Soziale Arbeit
Erscheinungsdatum
2010 (September)
Note
2,3
Schlagworte
betrieb soziale arbeit eingliederungsmanagement managementaufgaben
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Titel: Managementkompetenzen in der Betrieblichen Sozialen Arbeit
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