Lade Inhalt...

Chancen des Medizinischen Versorgungszentrums im Deutschen Gesundheitswesen

©2009 Doktorarbeit / Dissertation 119 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Nach § 95 SGB V gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten, Chancen und Risiken ein Medizinisches Versorgungszentrum zu gründen. In Anbetracht der Kritiker aber auch der steigenden Akzeptanz dieser neuen Versorgungsform soll hier gezeigt werden, welche Alternativen es gibt und wie aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Gründungsmöglichkeiten für Interessenten sind. Ebenso soll dargestellt werden, wie die Entwicklung bis jetzt verlaufen ist und wie diese zukünftig aussehen könnte.
In den letzten 20 Jahren wurde versucht das deutsche Gesundheitswesen mit vielen Reformgesetzen an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Durch den demographischen Wandel kommen auf immer mehr ältere Mitbürger immer weniger Einzahler in das System. Gleichzeitig werden aber auch die Kosten für die immer älter werdenden Menschen immer höher, da der medizinische Fortschritt auch mit Kostensteigerungen einhergeht. Alle früheren Reformen setzten nur bei einer Begrenzung der Ausgaben an, wie z.B. einer Beschränkung der Ausgaben für Arzneimittel oder ärztlichen Leistungen. Die von den Reformen festgelegten Ziele der Ausgabenbegrenzungen wurden aber regelmäßig verfehlt. Größtes Hemmnis bei den Reformen waren die Widerstände der Interessenverbände und die strikte Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung, die praktisch zur doppelten Vorhaltung von Ressourcen und Diagnostik führte.
Strukturelle Änderungen der Leistungserbringer konnten erstmals mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) durchgesetzt werden. Hauptintension des Gesetzes war, die verkrusteten Strukturen im Gesundheitswesen aufzubrechen und diesen Markt wettbewerbsfähig auch für den europäischen Markt gestalten zu können. Die Nationalen Gesundheitssysteme unterliegen zwar noch nicht dem Druck eines geöffneten europäischen Marktes, aber dieser Ausnahmetatbestand wird zunehmend aufgeweicht werden. Weiter sollte auch die strikte Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung mit der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGV V aufgeweicht werden, um den Weg frei zu machen für Einsparungsmöglichkeiten bei der Verwendung der Ressourcen.
Der Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern soll durch eine neue Form der Leistungserbringung, dem medizinischen Versorgungszentrum zusätzlich gefördert werden. Das Medizinische Versorgungszentrum muss sich auf einem Gesundheitsmarkt etablieren, deren Bedürfnisse nach schneller und umfassender Betreuung und Versorgung der Patienten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung
1.1 State of the Art

2. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Alternativen

3. Gesetzlicher Rahmen für Med. Versorgungszentren (MVZ)
3.1 SGB V, MBO und sonstige Gesetz
3.1.1 Berechtigung zur Gründung
3.1.2 Gesellschaftsformen
3.1.2.1 Personengesellschaften
a) natürliche Einzelpersonen
b) Stiftung
c) Gesellschaft bürgerlichen Rechts
d) nicht rechtsfähiger Verein
e) Partnerschaftsgesellschaft
f) offene Handelsgesellschaft
g) Kommanditgesellschaft
h) GmbH & Co. KG
i) Stille Gesellschaft
j) europ. wirtsch. Interessenvereinigung
3.1.2.2 Juristische Personen / Kapitalgesellschaften
a) Eingetragener Verein
b) eingetragene Genossenschaft
c) Gesellschaft mit beschränkter Haftung
d) Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt
e) Aktiengesellschaft
f) Europäische Kapitalgesellschaften
3.1.3 Fachübergreifende Einrichtung
3.1.4 Ärztliche Leitung
3.1.5 Zulassungs-, Altersgrenzen und Bedarfsplanung
3.1.6 Abrechnungsänderungen 2009
3.1.7 Sitz des MVZ
3.2 Steuerrechtliche Aspekte
3.2.1 Gründungsbedingte Steuern
3.2.1.1 Gründungsbedingte Steuern bei Personalgesellschaften
3.2.1.2 Gründungsbedingte Steuern bei Kapitalgesellschaften
3.2.2 Laufende Steuern
3.2.2.1 Gewerbesteuer
3.2.2.2 Einkommenssteuer
3.2.2.3 Körperschaftssteuer
3.2.2.4 Umsatzsteuer
3.2.3 Steuern bei Beendigung des MVZ

4. Gründung von Medizinische Versorgungszentren (MVZ)
4.1 Ärzte als Gründer
4.2 Mischform aus Arzt und Klinik als Gründer
4.3 Krankenhaus als Gründer
4.4 Ärzte und Sonstige als Gründer

5. Vertragliche Möglichkeiten
5.1 Gesellschaftsvertrag
5.1.1 Gesellschafter
5.1.2 Rechtsform und Sitz der Gesellschaft
5.1.3 Vertragszweck
5.1.4 Gemeinsame Tätigkeit und Sorgfaltspflichten
5.1.5 Geschäftsführung
5.1.6 Ärztliche Leitung
5.1.7 Vertretung und Bereitschaft
5.1.8 Arbeitszeit
5.1.9 Gewinnverteilung
5.1.10 Fortbildungen, Urlaub und Arbeitsausfall
5.1.11 Kündigung, Ausscheiden und Ausschließung
5.1.12 Liquidation der Gesellschaft
5.1.13 Salvatorische Klausel / Schriftformerfordernis

6. Organisation im Medizinische Versorgungszentren (MVZ)
6.1 Aufbauorganisation
6.2 Ablauforganisation
6.3 Ressourcen
6.4 Materialwirtschaft
6.5 Qualitätssicherung
6.6 Qualitätsmanagement im MVZ
6.6.1 Richtlinie des GemBA
6.6.2 Qualitätsmanagementsysteme
6.6.2.1 DIN EN ISO 9000:2008
6.6.2.2 EFQM
6.6.2.3 KTQ-Modell für den ambulanten Bereich
6.6.2.4 QEP-Modell der KBV
6.6.2.5 KPQM- Praxis Qualitätsmanagement
6.6.2.6 EPA-Modell
6.6.2.7 Qualitätspraxen (QP)

7. Finanzen
7.1 Investitionen
7.2 Finanzierungen
7.3 Ausgaben
7.3.1 Personalkosten
7.3.2 Raumkosten
7.3.3 Finanzierungskosten
7.3.4 Sachkosten
7.3.5 Abschreibungen
7.3.6 Steuern
7.4 Einnahmen
7.4.1 Regelleistungsvolumen
7.5 sonstige Einnahmen
7.6 Liquiditätsplanung
7.7 Controlling
7.7.1 Risikoanalyse
7.8 Betriebsergebnis

8. Werbemöglichkeiten
8.1 Marktanalyse
8.2 Strategien
8.2.1 Marketing
8.2.2 Angebot
8.2.3 Kommunikation

9. Entwicklung der MVZ
9.1 Entwicklung bis heute
9.2 Experteninterviews
9.2.1 Auswertung der Experteninterviews

10. Ableitung von Chancen und Risiken für MVZ

11. Resümee

I) Literatur- / Quellenverzeichnis

II) Abbildungsverzeichnis

III) Tabellenverzeichnis

IV) Abkürzungsverzeichnis

V) Anhang –Interviewleitfaden

Abstract

Die medizinische ambulante Versorgung steht in Deutschland unter heftiger Kritik. Eine Anpassung an veränderte Strukturen und die demographische Entwicklung hatte in den letzten 30 Jahren kaum stattgefunden. Mit steigendem wirtschaftlichem Druck verschärft sich die Situation bis heute. Mangelnde Personal- und Geräteauslastung, sowie Überversorgung spielten bei der Erhöhung der Krankenkassenausgaben eine wesentliche Rolle. Weiter war auch die Qualitätssicherung nur unzureichend eingeführt und weiterentwickelt. Mit Einführung des GMG (Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz) 2004 wurde das Ziel verfolgt die Qualität der Versorgung zu verbessern, die Behandlungsabläufe zu optimieren und die Bürokratie abzubauen. Die Strukturen sollten fließender werden. Dies soll mit einer breiten Vernetzung und dem Anreiz für Kooperationen gefördert werden. Das Gesetz definiert in § 95 SGB V (Sozialgesetzbuch) Medizinische Versorgungszentren (MVZ) als fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.

Viele Umsetzungsprobleme führten bis heute zu notwendigen Änderungen, so wie das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz im Jahr 2006 und dem GKV-WSG (gesetzlichen Krankenversicherung –Wettbewerbsstärkungsgesetz) aus dem Jahre 2007.

Ab dem 1. 1. 2009 hat sich die vertragsärztliche Abrechnung mit Einführung der Regelleistungsvolumina in Euro Festbeträgen und Abschaffung der seit 1993 eingeführten Individualbudgets (Honorarbudgets) ebenfalls grundlegend geändert. Vor diesem Hintergrund sollen die Chancen eines heute zu gründenden Medizinischen Versorgungszentrums hinterfragt werden.

Nach § 95 SGB V gibt es die Möglichkeit ein medizinisches Versorgungszentrum zu gründen. Alternativ gibt es auch weitere Möglichkeiten zur Gründung von alternativen Berufsausübungsgemeinschaften. Diese Arbeit möchte auch die Chancen aufzeigen, die diese neue Versorgungsform in Deutschland hat, ihre rechtlichen, steuerrechtlichen und wirtschaftliche Aspekte näher beleuchten und auch Möglichkeiten im Hinblick auf das Marketing, Finanzen und Vertragsrecht aufzeigen. Weiter die Entwicklung dieser sektorenübergreifenden Institution aufzeigen und wie sich wohl zukünftig die Situation auf dem ambulanten Versorgungsbereich darstellen wird.

Mit der statistischen Auswertung und den Erkenntnissen aus den Experteninterviews kann man das Ergebnis vertreten, dass die Vorteile, die das MVZ mit Einführung durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz, im Bereich der Gründung, dem Betrieb und der Anstellung von Ärzten hatte, mit vielen Anpassungen und Änderungen, z.B. im Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, oder dem GKV-WSG (gesetzlichen Krankenversicherungs-Wettbewerbssicherungsgesetz) heute auch anderen Formen der Berufsausübungsgemeinschaften zur Verfügung stehen. Gleichwohl verfügt ein MVZ noch heute über ein Alleinstellungsmerkmal, dass es von verschiedenen nichtärztlichen Vertragspartnern der gesetzlichen Krankenversicherung betrieben werden kann. Dies ist auch heute noch nur in der Form eines MVZ möglich. Deshalb ist auch in diesem Bereich weiter mit einer steigenden Anzahl an Einrichtungen zu rechnen. Ein weiterer Trend der sich abzeichnet ist, dass bestehende Einrichtungen immer größer werden. Gleichwohl sind sich alle Experten darüber einig, dass das MVZ als Sonderform des Zusammenschlusses ärztlicher Tätigkeit im Hinblick auf die große Anzahl von ca. 113.000 anderer Praxisformen trotzdem mit derzeit 1.289 eine Randerscheinung bleiben wird.

1. Einleitung

Nach § 95 SGB V gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten, Chancen und Risiken ein Medizinisches Versorgungszentrum zu gründen. In Anbetracht der Kritiker aber auch der steigenden Akzeptanz dieser neuen Versorgungsform soll hier gezeigt werden, welche Alternativen es gibt und wie aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Gründungsmöglichkeiten für Interessenten sind. Ebenso soll dargestellt werden, wie die Entwicklung bis jetzt verlaufen ist und wie diese zukünftig aussehen könnte.

In den letzten 20 Jahren wurde versucht das deutsche Gesundheitswesen mit vielen Reformgesetzen[1] an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Durch den demographischen Wandel kommen auf immer mehr ältere Mitbürger immer weniger Einzahler in das System. Gleichzeitig werden aber auch die Kosten für die immer älter werdenden Menschen immer höher, da der medizinische Fortschritt auch mit Kostensteigerungen einhergeht. Alle früheren Reformen setzten nur bei einer Begrenzung der Ausgaben an, wie z.B. einer Beschränkung der Ausgaben für Arzneimittel oder ärztlichen Leistungen. Die von den Reformen festgelegten Ziele der Ausgabenbegrenzungen wurden aber regelmäßig verfehlt. Größtes Hemmnis bei den Reformen waren die Widerstände der Interessenverbände und die strikte Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung, die praktisch zur doppelten Vorhaltung von Ressourcen und Diagnostik führte.

Strukturelle Änderungen der Leistungserbringer konnten erstmals mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG)[2] durchgesetzt werden. Hauptintension des Gesetzes war, die verkrusteten Strukturen im Gesundheitswesen aufzubrechen und diesen Markt wettbewerbsfähig auch für den europäischen Markt gestalten zu können. Die Nationalen Gesundheitssysteme unterliegen zwar noch nicht dem Druck eines geöffneten europäischen Marktes, aber dieser Ausnahmetatbestand wird zunehmend aufgeweicht werden[3]. Weiter sollte auch die strikte Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung mit der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGV V aufgeweicht werden, um den Weg frei zu machen für Einsparungsmöglichkeiten bei der Verwendung der Ressourcen.

Der Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern soll durch eine neue Form der Leistungserbringung, dem medizinischen Versorgungszentrum zusätzlich gefördert werden. Das Medizinische Versorgungszentrum muss sich auf einem Gesundheitsmarkt etablieren, deren Bedürfnisse nach schneller und umfassender Betreuung und Versorgung der Patienten stetig steigen.

Bislang gab es gesetzlich keine weiteren Möglichkeiten außer in der Praxis mit deren Unterformen, oder in der Klinik die Patienten zu versorgen. Dennoch war das Interesse nach dieser neuen Möglichkeit der Versorgung mit einem MVZ sehr groß.

1.1 State oft the Art

Seitdem es die Möglichkeit gibt ein MVZ zu gründen, wurden viele Fachbücher, Artikel und wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Im Jahr 2005 erschienen zu diesem Thema besonders viele gute Bücher und Aufsätze. So gehört das Buch von Bernd Zwingel und Reinhold Preißler „Das Medizinische Versorgungszentrum“ zu den meist zitierten Büchern in diesem Bereich. Weitere Fachbücher, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben waren „ Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ)- Die Verträge“, von Jörg Hohmann und Barbara Klawonn, oder „Von der Einzelpraxis zum Versorgungszentrum“ von Tim Nguyen und Dr. med. Jürgen Oldenburg. Schwierig ist es aber für einen Arzt, der vor der Entscheidung steht, wie er in Zukunft auf dem deutschen Gesundheitsmarkt vertreten sein will, an umfassende Informationen zu kommen, denn alle diese Fachbücher haben unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und behandeln das Thema nicht umfänglich. Je nachdem, ob der Autor Arzt oder Anwalt ist, liegen die Schwerpunkte entweder in den möglichen Kooperationsformen oder im Vertragsrecht, wenige Bücher behandeln auch den betriebswirtschaftlichen Teil umfassend. Dieses Dilemma wurde auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erkannt, worauf diese selbst im Jahr 2006 mit vielen Autoren das Fachbuch „Medizinische Versorgungszentren- Ein Leitfaden aus der Praxis für die Praxis“ verfasst hat. Dieser Ansatz ist umfänglich und erfasst alle Bereiche. Alle diese Werke sind jedoch mit der Einführung des Vertragsarztrechtsänderungsgesetz und dem GKV-WSG (gesetzlichen Krankenversicherungs-Wettbewerbssicherungsgesetz) im Jahre 2007 praktisch veraltet, da sich mit diesen Gesetzen erhebliche und entscheidende Änderungen ergaben, die sich von der Abrechnung über die Werbemöglichkeiten, die Zulassung von Ärzten bis zu den möglichen Kooperationsformen erstreckten. Kaum eines dieser Bücher wurde in diesem Jahr neu aufgelegt, um sich auch mit der seit ersten Januar geltenden neuen Form der Abrechnung in Form von Regelleistungsvolumina mit festen Eurobeträgen, oder mit den neuen Altersgrenzen zu befassen. Wieder ist es die Kassenärztliche Bundesvereinigung die ebenfalls hier einen enormen Bedarf sieht und in naher Zukunft ein weiteres Fachbuch herausgeben will. Alle Bücher die derzeit aktuell auf dem Markt zu finden sind befassen sich wieder nur mit Teilbereichen und geben Ärzten und potenziellen Gründern von MVZ nur unzureichende Informationen als Entscheidungsgrundlage in welcher Form zukünftig die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung stattfinden soll. Diese Arbeit soll nun für Ärzte und potenzielle Gründer einen umfassenden Informationsrahmen geben, um eine Entscheidung treffen zu können.

2. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Alternativen

Nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V[4] sind Medizinische Versorgungszentren fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder als Vertragsärzte tätig sind (diese Regelungen gelten auch für Psychotherapeuten). Bei einem Medizinischen Versorgungszentrum handelt es sich demnach um Zusammenschlüsse von Ärzten und Psychotherapeuten zur fach-übergreifenden Erbringung von ambulanten, vertragsärztlichen Leistungen. Diese Idee wurde aber nicht erst mit dem GMG „erfunden“, sondern resultiert aus den Erfahrungen, die mit den noch Vorhandenen Polikliniken, Ambulatorien und Fachambulanzen aus der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gesammelt wurden[5]. Nach damaliger Meinung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sollten diese Einrichtungen nach dem 31.12.1995 ihre Zulassung verlieren[6] und anschließend in Gemeinschaftspraxen oder Praxisgemeinschafte umgewandelt werden[7]. Trotz der Ankündigung der Kassen die Zulassung zu entziehen und keine Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen mehr zu vergüten, gab es bis 1993 noch eine nicht unerhebliche Anzahl von bestehenden Einrichtungen. Mit in Kraft treten des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (GSG) zum 1.1. 1993 wurden die Befristungen der noch vorhandenen Einrichtungen aufgehoben. Deren Leistungen waren jedoch mit Stichtag vom 31.12. 1992 auf die bis dato erbrachten Leistungen begrenzt und durften anschließend auch nicht mehr erweitert werden. Mit Inkrafttreten des GMG und dem § 311 Abs.2 Satz 2 SGB V wurde festgelegt, dass für diese Einrichtungen die Vorschriften über die medizinischen Versorgungszentren entsprechend gelten sollten.[8] Vielfach wurde der Begriff Ärztehaus für ein MVZ verwendet, da Ärztehäuser zwar in der Bevölkerung ein gängiger Begriff darstellen, aber tatsächlich handelt es sich um Praxisgemeinschaften entweder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit den in der Praxis arbeitenden Ärzten, oder unter Führung einer Betreibergesellschaft meist in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)[9]. Als Alternative zum MVZ gibt es noch die Gemeinschaftspraxis in der heutigen Form der Berufsausübungsgemeinschaft und Praxisgemeinschaften[10]. Seit langem anerkannt ist die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit von mehreren Ärzten in der Form der Gemeinschaftspraxis[11]. Bei der Gemeinschaftspraxis erbringen mehrere Ärzte, auch verschiedener Fachrichtungen, gemeinschaftlich vertragsärztliche Tätigkeiten und rechnen diese Leistungen auch gemeinsam ab. Es ist bei einer Gemeinschaftspraxis also auch das Kriterium der fachübergreifenden vertragsärztlichen Tätigkeit gegeben. Mit Einführung des Vertragsarztrechtsänderungsgesetz 2007 wurde die Gemeinschaftspraxis nun auch für angestellte Ärzte geöffnet, um nach § 98 Abs. 2 Nr. 13a SGB V i.V.m. § 33 Abs. 2 Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte ZV), eine Berufsausübungsgemeinschaft zu bilden[12]. Die klassische Form der Gemeinschaftspraxis wurde in diesem Zuge in Berufsausübungsgemeinschaft als Oberbegriff umbenannt, denn neben der nun zulässigen Form Ärzte als Angestellte in der Einrichtung zu beschäftigen, gibt es auch noch die Möglichkeit des Job-Sharing, wobei ein Arztsitz unter mehreren Ärzten aufgeteilt wird. Auch gibt es bei der neuen Form der Berufsausübungsgemeinschaft auch die Möglichkeit Zweigpraxen als Teilgemeinschaftspraxen über den KV-Bezirk hinaus zu gründen und zu betreiben. Bei der Berufsausübungsgemeinschaft kann die Ärzteschaft zwischen allen zugelassenen Rechtsformen wählen. Im Gegensatz dazu steht die Praxisgemeinschaft, bei der nur die Räumlichkeiten, Personal und die Praxiseinrichtung gemeinsam genutzt werden aber jeder Arzt mit seiner eigenen Zulassung vertragsärztliche Leistungen anbietet und diese alleine mit der KV abrechnet. Wichtigster Unterschied ist zum MVZ, dass dieses von Dritten betrieben werden kann, also von einem Krankenhaus, oder von jedem Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung, mit der Einschränkung, dass das MVZ über einen ärztlichen Leiter nach § 95 Abs. 1 SGB V verfügen muss. Abgerechnet werden alle Leistungen der im MVZ tätigen Ärzte bei der KV unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer[13].Die Vorteile des MVZ liegen in der Möglichkeit Kooperationen nicht nur mit unterschiedlichen Facharztgruppen, sondern gerade auch mit nichtärztlichen Leistungserbringern zu kooperieren[14]. Häufige Kooperationsformen sind Apotheken oder ambulante und stationäre Pflegedienste. Alle sonstigen Vorteile von Synergieeffekten durch gemeinsame Raum-, Personal- und Einrichtungsnutzung lassen sich auch bei Berufsausübungsgemeinschaften realisieren. Wichtigster Vorteil für MVZ ist damit die gute Möglichkeit für Kooperationen, die Gründereigenschaft und von der Organisationsform die Möglichkeit potenzieller Anbieter von Verträgen zur Integrierten Versorgung zu sein. Finanziell können sowohl Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ Zusatzpauschalen nach § 87 Abs. 2c SGBV aus dem EBM bekommen, die sie aufgrund des besonderen Leistungsaufwands vergütet bekommen, der sich aus den Leistungs- Struktur- und Qualitätsmerkmalen und soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt.

Gab es im Jahr 2004 noch viele Vorteile für den Betrieb eines MVZ, so sind diese zwischenzeitlich durch die Anpassungen aus dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz und die Einführung der Berufsausübungsgemeinschaft bis auf die umfassende Möglichkeit für Kooperationen und die Gründung auch durch nichtärztliche an der gesetzlichen Versorgung zugelassenen Institutionen fast gänzlich weggefallen. Für niedergelassene Ärzte gibt es neben dem MVZ heute auch andere interessante Formen tätig zu werden. Hauptvorteil für das MVZ ist aber die Möglichkeit unkompliziert Kooperationen zu bilden und für Krankenhausträger mit einem MVZ auch an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen zu können.

3. Gesetzlicher Rahmen für Medizinische Versorgungszentren

Die gesetzliche Grundlage für Medizinische Versorgungszentren findet sich in § 95 Abs. 1 Satz 1. SGBV[15]. Nach § 95 Abs. 1 Satz 2. SGB V ist ein medizinisches Versorgungszentrum eine fachübergreifend ärztlich geleitete Einrichtung, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte, oder Vertragsärzte tätig sind. Aber nicht nur im Sozialgesetzbuch Band 5 sind Pflichten und Ansprüche eines Medizinischen Versorgungszentrums geregelt, sondern es gelten natürlich auch die einschlägigen Gesetze wie für jede Einzelpraxis auch. Zu den wichtigsten Gesetzen zählt die MBO-Ä (Musterberufsordnung-Ärzte), die Ärzte-ZV (Ärztezulassungsverordnung) und natürlich das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das mit in Kraft treten zum 1. Januar 2007 die wohl größten Veränderungen des letzten Jahrzehnts mit sich brachte und Auswirkungen auf viele für Ärzte wichtige Gesetze und Verordnungen hatte.

Welche gesetzlichen Ansprüche und Pflichten sich noch für ein MVZ ergeben, wird nun im Folgenden dargestellt.

3.1 SGB V, MBO und sonstige Gesetzte

Gesetzliche Grundlage für die Gründung und den Betrieb eines Medizinischen Versorgungszentrums bildet § 95. Abs. 1 SGB V. Konkretisiert werden die Regelungen des SGB V auch durch die Musterberufsordnung Ärzte (MBO), und die Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte ZV). Die MBO regelt die Zusammenarbeit der Ärzte untereinander und mit bestimmten Berufsgruppen. Die Zulassungsverordnung Ärzte regelt die Grundlagen für die Gründung und den Betrieb von Praxen und anderen verschiedenen Formen der ärztlichen Berufsausübung[16]. Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 1. Januar 2007 wurden die Zulassungsvoraussetzungen und Möglichkeiten zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen erweitert und vereinfacht. Dies hatte auch direkte Auswirkungen auf die Ärzte ZV und die MBO. Weiter regeln diese gesetzlichen Grundlagen auch, wer überhaupt berechtigt ist ein MVZ zu gründen und zu betreiben.

3.1.1 Berechtigung zur Gründung

Die Berechtigung ein Medizinisches Versorgungszentrum zu gründen hat nach dem SGB V jeder Leistungserbringer, der mit einer Zulassung, einer Ermächtigung oder auf Grund eines Vertrages an der Versorgung der Versicherten teilnimmt. Die Berechtigten sind abschließend im 4. Kapitel des SGB V erfasst.

Daraus ergibt sich folgende Übersicht an möglichen zur Gründung Berechtigten.

- Vertragsärzte
- Vertragspsychotherapeuten
- Einrichtungen nach § 311 SGB V
- Zugelassene Krankenhäuser
- Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen
- Heilmittelerbringer
- Hilfsmittelerbringer
- Apotheker
- Leistungserbringer nach §§ 132 a Abs. 2, 132 b, 132 c Abs. 1 SGB V. ( Leistungserbringer zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, mit Soziotherapie und mit sozialmedizinischen Nachsorgemaßnahmen).
- Vertragszahnärzte
- Ermächtigte Zahnärzte
- Ermächtigte andere Ärzte und Psychotherapeuten
- Ermächtigte Krankenhausärzte
- Ermächtigte Ärzte und Einrichtungen auf der Grundlage der Bundesmatelverträge
- Ermächtigte Hochschulambulanzen, psychiatrische Institutsambulanzen, sozialpädiatrische Zentren und Einrichtungen des Behindertenhilfe nach §§ 117, 118, 119 und 119 a SGB V.

Ergeben sich nachträglich Veränderungen, z.B. Wegfall des sozial rechtlichen Status durch Entzug der Ermächtigung, muss dem MVZ die Zulassung entzogen werden.[17] Nur eine einzige Ausnahme führt nicht zum Entzug der Zulassung, wenn das MVZ von einem zugelassenen Vertragsarzt gegründet wird und das MVZ in der Gesellschaftsform einer juristischen Person des Privatrechts weitergeführt wird, indem der Arzt selbst im MVZ als Angestellter arbeitet und seine Geschäftsanteile nicht an einen nicht gründungsberechtigten Dritten übergibt[18].

Ansonsten ist keine weitere Möglichkeit denkbar, in der das bestehende MVZ nicht nachträglich seine Zulassung entzogen bekommt, wenn das MVZ von Personen oder juristischen Personen, die nicht im vierten Kapitel des SGB V aufgeführt sind, nach Gründung weiter geführt wird.

3.1.2 Gesellschaftsformen

Als Gesellschaftform für ein MVZ kommen grundsätzlich alle zulässigen Rechtsformen in Frage § 95 Abs. 1 Satz 6 SGBV[19]. Abschließend unterliegen die bundeseinheitlich geregelten Gesellschaftsformen, aber den in den einzelnen Bundesländern uneinheitlichen Bestimmungen der Berufsordnungen und den Heilberufegesetzen[20]. Eine weitere Einschränkung in der Wahl der Gesellschaftsform des MVZ ergibt sich aus der Zusammensetzung. Unterschieden werden muss daher, ob sich das MVZ ausschließlich aus Vertragsärzten, aus Vertragsärzten mit angestellten Ärzten, oder ausschließlich mit im MVZ angestellten Ärzten zusammensetzt.

Theoretisch kommen folgende Organisationsformen für ein MVZ in Betracht:

- Gesellschaft mit einer natürlichen Person
- Stiftung
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- nicht rechtsfähiger Verein
- Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
- Offene Handelsgesellschaft (oHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
- GmbH & Co. KG
- Stille Gesellschaft
- Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
- Eingetragener Verein (e.V.)
- eingetragene Genossenschaft (e.G.)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt
- Aktiengesellschaft (AG)
- Europäische Kapitalgesellschaften (z.B. engl. Ltd.)[21]

Erste Unterscheidung in der Wahl der Gesellschaftsform ist, ob es sich um eine Personen, oder Kapitalgesellschaft handeln soll.

3.1.2.1 Personengesellschaften
a) natürliche Einzelperson

Nach § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V kann auch eine natürliche Einzelperson ein Medizinisches Versorgungszentrum in Form der Einzelunternehmung gründen, wenn sie aufgrund einer Zulassung, Ermächtigung oder einem Vertrag an der medizinischen Versorgung der Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung teilnimmt.

Die weiteren Anforderungen sind nicht sehr umfangreich, da der Gründer praktisch keinerlei medizinischer Erfahrungswerte vorweisen muss. Ihm bleibt es stets überlassen, ob er aufgrund fehlender Qualifikationen durch Ärzte als Angestellte und seine Erfüllungsgehilfen die medizinischen Leistungen erbringen lässt[22]. Schwierigkeiten gibt es aber stets in Steuerrechtlicher Hinsicht, da meist die Tätigkeit nicht mehr der freiberuflichen, sondern der unternehmerischen zugerechnet wird und damit sämtliche Einkünfte der Gewerbesteuer unter fallen können[23]. Risikolos ist diese Form jedoch nicht, da der Gründer und Betreiber für alle Verbindlichkeiten persönlich und unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen haftet. Um die Risiken minimieren zu können, kann sich der Betreiber auch Beratern sowie einem fest eingebundenen Beratergremium bedienen. Auch eine Vertretung im Innen- wie auch im Außenverhältnis ist zulässig. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass die Vertreter nicht selbst als Leistungserbringer zugelassen sein müssen und auch nicht über die Voraussetzungen verfügen müssen. Eine Hürde bildet jedoch das Amt des ärztlichen Leiters, denn hier muss der Betreiber vertraglich sicherstellen, dass der ärztliche Leiter den medizinischen Bereich uneingeschränkt alleine verantwortet. Keine Einschränkungen sieht das Gesetz bezüglich der Gesamtanzahl der geführten MVZ und deren Lage vor. Damit ist es für den Betreiber nun möglich eine überörtlich ansässige MVZ-Kette zu etablieren[24]. Eine Mindermeinung in Deutschland scheitert stets an den Grenzen des Art 12 GG der Berufsausübungsfreiheit. Ein weiteres Risiko liegt in § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V, denn wenn z.B. die natürliche Person des Betreibers stirbt, oder aus anderen Gründen die Zulassungsvoraussetzungen für die Gründung und den Betrieb eines MVZ verliert, muss dem MVZ, oder bei einer Kette, sämtlichen Einrichtungen die Zulassung entzogen werden. In wie weit dann die Zulassung entzogen werden wird, ob es Übergangsregelungen geben wird, oder ob zwingend ein für eine Nachfolge eingeleitet neues Zulassungsverfahren durchlaufen werden muss bleibt abzuwarten[25].

b) Stiftung

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Stiftung sind in den §§ 80 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Bei einer Stiftung handelt es sich nicht um eine Gesellschaft, sondern um eine rechtsfähige selbstständige Einrichtung. Voraussetzung ist ein für einen bestimmten Zweck von einem Stifter zur Verfügung gestelltes Vermögen um damit diesen Zweck dauerhaft zu fördern. Die Rechtfähigkeit wird der Stiftung nach § 80 Abs. 2 BGB im Wege eines Verwaltungsaktes von der im jeweiligen Bundesland zuständigen Behörde verliehen, wenn der Stiftungszweck für die Behörde dauerhaft und nachhaltig gesichert erscheint[26]. Die Stiftung selbst steht unter behördlicher Aufsicht[27].

Neben dem gewidmeten Siftungsvermögen bedarf es keines weiteren Kapitals. Meistens wird die Rechstform der Stiftung im Gesundheitswesen als Träger von Krankenhäusern verwendet. Selbstständig kann die Stiftung aber auch Gründer und Betreiber eines MVZ sein. Wichtig für ein krankenhausgeführtes MVZ mit der Trägerschaft einer Stiftung ist aber , dass sich der Zweck der Stiftung auch auf die ambulante Versorgung im MVZ richtet, da sonst die aufsichtsführende Behörde nach § 87 BGB eine Zweckänderung verlangen, oder die Aufhebung der Stiftung vollziehen kann.

c) Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Bei den Personengesellschaften gibt es die Möglichkeit das MVZ nach § 705 BGB in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu führen. Die GbR kann grundsätzlich von jedermann gegründet werden. Mindestens sind jedoch zwei Gesellschafter Voraussetzung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine natürliche Person, oder um eine juristische Person handelt. Formaljuristisch gibt es ebenfalls keine großen Hürden, da der Gesellschaftsvertrag keiner notariellen Beurkundung bedarf und auch keine Eintragung ins Handelsregister notwendig ist. Nachteil dieser einfachen Form der Gründung ist die Haftung, denn jeder Gesellschafter haftet grundsätzlich persönlich und unbeschränkt[28]. Gründungskapital ist bei de GbR ebenso wenig vorgeschrieben. Sind auch bezüglich der Geschäftsführung und Vertretung keine weiteren Regelungen im Gesellschaftsvertrag vorhanden, übernehmen alle Gesellschafter gemeinschaftlich diese Aufgaben.

d) nicht rechtsfähiger Verein

Von der GbR ist der nicht rechtsfähige Verein zu unterscheiden. Nach § 54 S. 1 BGB finden für den nicht rechtsfähigen Verein die Vorschriften für die GbR nach §§ 705 ff. BGB entsprechende Anwendung[29]. Einziger Unterschied ist die Zusammensetzung, bei der dem Verein eine körperschaftliche Struktur mit Mitgliedern, Fremdorganschaft, Mitgliederversammlungen und dem freien eintreten und austreten der Mitglieder unterstellt wird[30]. Diese Zusammensetzung ist aber auch dafür verantwortlich, dass der nicht rechtsfähige Verein in seiner Form als ungeeignet für die Gründung und den Betrieb eines MVZ erscheinen dürfte und damit im Bereich der MVZ bisher keine Rolle spielt.

e) Partnerschaftsgesellschaft (PartG)

Bei einer Partnerschaftsgesellschaft handelt es sich um eine Sonderform der GbR, in der sich ausschließlich Angehörige freier Berufe zu einer Gesellschaft zur Ausübung dieser Berufe zusammenschließen dürfen[31]. Nach § 1 Abs. 2 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) sind diese Berufsgruppen abschließend aufgezählt[32]. Alle Gesellschafter sind dabei auch verpflichtet aktiv in der Gesellschaft mitzuarbeiten[33]. Als Einschränkung zur GbR muss es sich aber bei den Gesellschaftern um natürliche Personen handeln, eine Krankenhaus-GmbH würde hieran scheitern[34]. Weitere Besonderheiten und Einschränkungen regeln auch die unterschiedlichen Berufsordnungen in den einzelnen Bundesländern. Als Ergebnis für die Gründung und den Betrieb eines MVZ bedeutet dies, dass die Partnerschaftsgesellschaft nur von aktiven, zugelassenen Vertragsärzten betrieben werden kann. Nach herrschender Rechtsprechung dürfen zwar auch angestellte Ärzte innerhalb dieses MVZ arbeiten, jedoch darf ihre Anzahl die der freiberuflichen nicht übersteigen, da ansonsten eine gewerbliche Tätigkeit unterstellt wird und diese Rechtsform dann ebenfalls nicht mehr möglich ist. Würde also ein freiberuflicher zugelassener Arzt alleine, oder mit Kollegen ein MVZ gründen, um sämtliche Leistungen nur durch angestellte Ärzte erbringen zu lassen, scheidet die Partnerschaftsgesellschaft aus.

Nach § 3 Abs. 1 PartGG ist der Gesellschaftsvertrag in Schriftform zu verfassen und muss auch den Namen der Gesellschaft enthalten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartGG muss der Gesellschaftsname den Namen von mindestens einem Gesellschafter mit dem Zusatz „und Partner“ oder alternativ „Partnerschaft“ und die Berufsbezeichnung aller in der Gesellschaft tätigen enthalten. Die Partnerschaftsgesellschaft ist nach § 4 Abs.1 PartGG in das Partnerschaftsregister einzutragen. Für die Gesellschaft ist kein Mindestkapital vorgeschrieben. Nach § 7 Abs. 2 PartGG ist die Gesellschaft in Verbindung mit § 124 HGB grundsätzlich rechts- und parteifähig[35]. Für die Haftung gilt das zur GbR bereits gesagte, nämlich gesamtschuldnerische persönliche Haftung aller Gesellschafter. Ausnahme bildet hier aber der § 8 Abs. 2 PartGG mit seinem Haftungsprivileg. So haften nur die Gesellschafter (Ärzte, oder Therapeuten), die den Patienten behandelt haben persönlich. Ansonsten haftet die Gesellschaft für die Schäden. Geschäftsführungsbefugt und vertretungsberechtigt ist grundsätzlich jeder einzelne Gesellschafter, wenn nichts anderes im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde. Die Partnerschaftsgesellschaft ist damit eine mögliche Rechtsform für den Betrieb eines MVZ.

f) Offene Handelsgesellschaft (oHG)

Die Gründung und der Betrieb einer offenen Handelsgesellschaft richtet sich nach §§ 105 ff. HGB.

Bei einer offenen Handelsgesellschaft handelt es sich nach § 105 Abs. 1 HGB um eine Gesellschaft, deren Gesellschaftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist. Um ein Handelsgewerbe handelt es sich bei jeder berufsmäßigen, wirtschaftlichen, nicht künstlerischen, wissenschaftlichen oder freiberuflichen Tätigkeit, die auf Gewinnerzielung durch einen auf Dauer angelegten Geschäftsbetrieb zielt[36]. Die oHG zählt zu den Personengesellschaften wird aber im Rechtsverkehr wie eine juristische Person behandelt, da sie als Gesamthandsgemeinschaft anerkannter weise selbstständig rechtsfähig ist[37]. Fraglich ist, ob die Gesellschaftsform überhaupt für die Gründung und den Betrieb eines MVZ in Betracht kommt. Erste Voraussetzung wäre, dass alle Gesellschafter der oHG auch zugelassene Leistungserbringer wären. Strittig ist nun, ob eine freiberufliche Tätigkeit mit der Gesellschaftereigenschaft einer oHG vereinbar ist, da deren Gesellschaftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist und ein Handelsgewerbe gerade nicht von freiberuflich tätigen ausgeübt wird. Eine Gemeinschaftspraxis kann deshalb nicht in der Form der oHG geführt werden. Würde nun ein Arzt noch ein Labor oder eine Privatklinik führen, ließe sich abgestellt auf das Gesamtbild jedoch die überwiegend gewerbliche Tätigkeit bejahen und es würde sich bei dem Arzt auch nach § 1 HGB um einen Gewerbetreibenden handeln[38]. Gleichwohl ist immer noch der Betrieb eines Handelsgewerbes fraglich. Dies ließe sich jedoch auch nicht damit heilen, dass die oHG ins Handelsregister eingetragen würde. Eine Meinung verbietet damit grundsätzlich das Betreiben eines MVZ in Form der oHG, da jedenfalls nach § 95 Abs. 1 SGB V Gegenstand der Leistungserbringung eine ärztliche Leistung sei[39] und auch nach § 1 Abs. 2 Bundesärzteordnung (BÄO) der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist[40]. Anders wird es nur gesehen, wenn nicht Ärzte, sondern ein Krankenhaus das MVZ gründet und betreibt. Für Krankenhäuser ist die Gesellschaftsform der oHG anerkannt. Betreibt nun dieses Krankenhaus ein MVZ mit angestellten Ärzten, liegt auch für das gesamte MVZ eine unternehmerische Tätigkeit vor[41]. Schwierigkeiten wird es aber dann geben, wenn neben den angestellten Ärzten auch noch freiberuflich selbständige Ärzte das MVZ mit gründen und betreiben. In diesem Fall geht man davon aus, dass trotzdem die Gewerblichkeit bejaht würde und damit auch die oHG-Fähigkeit[42].

Dieser Ansatz wird auch als Systemkonform angesehen, da die Kapitalgesellschaften unbestritten für die Gründung und den Betrieb eines MVZ zur Verfügung stehen und nicht nachvollziehbar ist, warum dies ausgerechnet bei einer GmbH & Co.KG anders sein sollte. Mit der Einführung des MVZ im GMG 2004 wollte der Gesetzgeber gerade die Möglichkeit für neue Gestaltungsmöglichkeiten öffnen. Die Struktur der oHG ist heute der GbR sehr angenähert und so sind keine besonderen Formerfordernisse vorgeschrieben, außer, dass der Gesellschaftsvertrag schriftlich zu verfassen und die Anmeldung zum Handelsregister in öffentlich beglaubigter Form einzutragen ist. Für die Vertretung und die Haftung kann auf das zur GbR vorgetragene verwiesen werden. Trotzdem wird die oHG wegen der unbeschränkt persönlichen Haftung aller Gesellschafter für MVZ wohl eher eine Ausnahme bleiben.

g) Kommanditgesellschaft (KG)

Bejaht man im vorangehenden Absatz die oHG-Fähigkeit für ein MVZ, dann wird man nicht umhinkommen ebenfalls die Kommanditgesellschaft (KG) als mögliche Gesellschaftsform für ein MVZ zu bejahen. Nach § 161 Abs. 1 HGB ist die KG eine auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firmierung gerichtete Personenhandelsgesellschaft. Die KG ist damit innerhalb der Gesetzessystematik eine speziellere Form der oHG, denn für diese gelten nach § 161 Abs. 2 HGB (Handelsgesetzbuch) die Vorschriften zur oHG entsprechend[43]. Ebenso wie die oHG wird sie im Rechtsverkehr wie eine juristische Person behandelt.

Für die KG ergeben sich die Unterschiede zur oHG aus der Gesellschafterzusammensetzung. Es gibt Komplementäre, die den Gesellschaftern einer oHG entsprechen. Daneben gibt es Gesellschafter in Form von Kommanditisten, deren Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern auf einen bestimmten Betrag, der im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, beschränkt ist. Nach §§ 164, und 170 HGB haben die Kommanditisten keinen Anspruch auf die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft. Diese Konstellation bietet für ein MVZ gute Möglichkeiten, denn die Gründer des MVZ könnten als Komplementäre die Gesellschaft führen und Vertreten und die angestellten Ärzte als Kommanditisten mit ihrer Einlage die Liquidität unterstützen und gleichzeitig an einer erfolgreichen Tätigkeit über die Gewinnbeteiligung zusätzlich motiviert werden. Die KG ist, bejaht man die ohG als zulässig, ebenfalls eine mögliche Rechtsform für den Betrieb eines MVZ.

h) GmbH & Co. KG

Ausnahme gibt es aber für den Fall der GmbH & Co. KG, dass einziger Komplementär der KG eine GmbH ist und der Gesellschafter der GmbH gleichzeitig Kommanditist der KG ist, denn grundsätzlich muss jeder Gesellschafter der KG aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der GKV-Mitglieder mitwirken, was für die GmbH als Gesellschafter ausgeschlossen werden kann. In dieser Form ist die Gründung und der Betrieb eines MVZ nicht möglich.

i) Stille Gesellschaft

Schließt man sich bereits oben der Meinung an, dass die oHG und KG zulässige Rechtsformen für die Gründung und den Betrieb eines MVZ sind, dann spricht auch nichts gegen die Rechtsform einer stillen Gesellschaft. Diese Gesellschaftsform ist in den §§ 230 ff. HGB geregelt und als echte Innengesellschaft finden die §§ 705 ff. BGB subsidiär daneben Anwendung, wenn die §§ 230 ff. HGB keine Regelungen enthalten und auch der Gesellschaftsvertrag darüber schweigt[44]. Die stille Gesellschaft ist nicht rechts- und auch nicht parteifähig[45]. Nach § 230 Abs. 1 HGB beteiligt sich ein Stiller am Handelsgewerbe des Inhabers mit einem Vermögensbetrag, wobei ein Mindestkapital nicht erforderlich ist. Die stille Gesellschaft ist keine Handelsgesellschaft und daher auch nicht im Handelsregister einzutragen[46]. Diese Rechtsform ist zwar möglich, folgt man der Meinung, die bereits die oHG und die KG bejahen, aber sie spielt im Alltag praktisch keine Rolle, da sie zur GbR keine Vorteile bietet.

j) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)

Die europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung beruht auf der Verordnung des EG-Ministerrates Nr. 2137/85 EWG und wurde mit der EWIV-Ausführungsgesetz in Deutschland umgesetzt[47]. Die EWIV soll es ermöglichen die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Mitglieder untereinander über innereuropäische Grenzen hinweg zu fördern und sich zu unterstützen. In der Präambel zum EWIV-Ausführungsgesetz wird aber bereits festgelegt, dass „die Vereinigung selbst … keinen freien Beruf gegenüber Dritten ausüben kann“[48].

Daraus resultiert aber, dass zwar der Träger des MVZ selbst Mitglied an der EWIV werden kann, aber diese selbst nicht Träger des MVZ werden kann. Damit kommt die EWIV als Gesellschaftsform für ein MVZ nicht in Betracht.

3.1.2.2. Juristische Personen / Kapitalgesellschaften
a) Eingetragener Verein (e.V.)

Das Vereinsrecht ist in den §§ 21 ff. BGB geregelt. Nach der Legaldefinition handelt es sich um einen auf Dauer angelegten, körperschaftlich organisierten Zusammenschluss von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks[49]. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, erlangt der Verein nach § 22 BGB seine Rechtsfähigkeit mit der Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts[50]. Für Vereine die auf die Erreichung von wirtschaftlichen Zielen abstellen wird die Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung erlangt. Grundsätzlich gilt aber für diese Form des Vereins das Subsidiaritätsprinzip. Wäre es dem Gründer eines MVZ zumutbar für sein Unternehmen eine andere Rechtsform zu wählen, würde diese dem Verein vorgehen. Wie oben bereits dargelegt, kann ein MVZ auch unproblematisch in Form einer GbR betrieben werden. Damit scheidet zur Gründung eines MVZ die Rechtsform des eingetragenen Vereins aus.

b) eingetragene Genossenschaft (e.G.)

Die eingetragene Genossenschaft ist eine Sonderform des wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB) und richtet sich nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG)[51]. Nach § 17 GenG handelt es sich bei der eingetragenen Genossenschaft um eine juristische Person, deren Zweck auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichem Geschäftsbetrieb gerichtet ist[52]. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht vorgeschrieben. Formaljuristisch ist die Gründung der e.G. aber sehr umfangreich, denn nach § 4 GenG sind zur Gründung mindestens 7 gründungsfähige Genossen vorgeschrieben. Weiter muss die Genossenschaft auch über einen Vorstand, Aufsichtsrat und einer Generalversammlung verfügen. Die Geschäftsführung liegt dann beim Vorstand, dessen zwei Mitglieder von der Generalversammlung gewählt werden. Der Aufsichtsrat wird ebenfalls von der Generalversammlung gewählt und besteht aus drei Personen. Für die gesetzliche Prüfungspflicht der Bilanzen und der Jahresabschlüsse ist nach §§ 53 ff. GenG die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband vorgeschrieben. Sieht man von diesen umfassenden Gründungsvoraussetzungen ab, wird die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft praktisch immer schon an den 7 Gründungsgenossen scheitern. Es bleibt auch fraglich, warum diese Form gewählt werden sollte, da es für die Gründung und den Betrieb eines MVZ einfachere und praxistauglichere Formen gibt. Die Rechtsform der e.G. ist zwar möglich, aber kaum praxistauglich und deshalb nicht für den Betrieb eines MVZ zu empfehlen.

c) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Die Gründung und der Betrieb einer GmbH richten sich nach den §§ 1 ff. GmbH-Gesetz (GmbHG). Die GmbH ist eine juristische Person und von ihrer Ausgestaltung wie eine Personengesellschaft ausgestattet. Die Gesellschaft wird von mindestens einem Gesellschafter gegründet und geführt. Die Gesellschafterversammlung besteht aus der Gesamtheit der Gesellschafter und kann auch nur aus einer Person bestehen. Der Geschäftsführer, oder auch mehrere, sind Geschäftsführungsbefugt und vertreten die Gesellschaft nach Außen. Sie sind grundsätzlich Angestellte der GmbH. Für die GmbH ist ein Mindestkapital von 25.000 € nötig. Problematisch war lange Zeit, dass die GmbH nur mit Hilfe ihrer Angestellten tätig wird und damit die freiberufliche Tätigkeit des Vertragsarztes ausgeschlossen war.

Dies änderte sich erst mit dem 107. Deutschen Ärztetag und der darin beschlossenen Änderung der Musterberufsordnung Ärzte (MBO). In dem neu aufgenommenen § 23 a MBO wurde grundsätzlich die Form ärztlichen Handelns in einer Ärztegesellschaft als juristische Person, oder als medizinische Kooperationsgesellschaft für zulässig erklärt[53]. Einschränkungen wurden jedoch auch formuliert. So muss das Schutzniveau des Arzt-Patienten-Verhältnisses gewahrt bleiben, der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist zu beachten und es muss Transparenz über die Form der Berufsausübung und Kooperation, sowie über die daran Beteiligten sichergestellt werden[54]. Leider wurden die Regelungen der MBO unterschiedlich in den Berufsordnungen der Ärztekammern in den einzelnen Bundesländern übernommen, wodurch unbedingt die Unterstützung und Beratung der betreffenden Landesärztekammer notwendig ist. Weitere Voraussetzungen der GmbH sind unter anderem die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages und die Eintragung ins Handelsregister. Die Haftung der Gesellschafter ist auf die Höhe des eingezahlten Stammkapitals begrenzt, mindestens jedoch 25.000 €. Die Rechtsform einer GmbH ist somit für den Betrieb eines MVZ möglich.

d) Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt

Neu ist die Rechtsform der Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt. Diese bildet eine Vorstufe zur GmbH und sollte als kostengünstige Alternative die englische Ltd verdrängen. Hier kann auf das zur GmbH gesagte verwiesen werden, da nach § 5 a GmbhG diese Vorform der GmbH etwas leichter zu gründen ist, da sie kein Mindestkapital voraussetzt, aber gleichzeitig eine Verpflichtung zur Rücklagenbildung enthält, in der ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Bis zum Erreichen von 25.000 € hat der Unternehmer also Rücklagen zu bilden, dann hat er die Wahlfreiheit, die Unternehmung wie bisher weiterzuführen, oder diese in eine „Voll“-GmbH mit all deren Rechten und Pflichten zu überführen.

e) Aktiengesellschaft (AG)

Die Aktiengesellschaft ist im Aktiengesetz (AG) geregelt, zählt zu den Kapitalgesellschaften und ist eine juristische Person. Die AG kann auch nur von einer Person gegründet werden. Als Gründer kommen sowohl natürliche, wie auch juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften in Frage. Die Mindestkapitaleinlage, hier Grundkapital genannt, beträgt 50.000 €. Für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet diese gegenüber ihren Gläubigern auch nur mit ihrem Grundkapital. Eine weitergehende Haftung der Gesellschafter besteht nicht. Wichtig ist aber, dass Voraussetzung für die Trägerschaft eines MVZ durch die AG ist, dass bei allen Aktionären die Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 SGB V vorliegen müssen[55]. Einschränkung wäre danach auch, dass die Aktien nicht mehr frei übertragbar wären, sondern nur in Form von vinkulierten Namensaktien nach § 68 Abs. 2 AG übertragen werden können. Als Organe muss die AG zwingend über eine Hauptversammlung, einen Vorstand und einen Aufsichtsrat verfügen. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens 3 Personen und wird durch die Hauptversammlung bestellt. Die Mitglieder des Aufsichtsrates wählen dann den Vorstand und überwachen diesen. Diese Vielzahl von Formvoraussetzungen macht die AG für den Betrieb eines MVZ derzeit ungeeignet, denn dies würde eine bestimmte Größe der Einrichtung unbedingt voraussetzen.

f) Europäische Kapitalgesellschaften (z.B. engl. Ltd.)

Als Alternative zur Gründung einer GmbH kommt auch die englische Private Limited Company (Ltd.) in Betracht. Diese genießt auch in Deutschland volle Rechtsfähigkeit und ist mit nur einem Pfund innerhalb einer Woche zu gründen[56]. Es sind zur Gründung 2 Personen erforderlich, ein Direktor und ein Company Secretary. Der Direktor entspricht dem Geschäftsführer und ist für die fristgerechte Einreichung von Bilanz und Steuererklärung verantwortlich, der Secretary für die Registrierung des Geschäftsführers und die Einladungen zur Gesellschafterversammlung. Nach Gründung können die Aufgaben des Secretary aber auch vom Direktor übernommen werden. Seit der EUGH Entscheidung „ Inspire Art“, in der festgestellt wurde, dass die Niederlassungsfreiheit aus den Art. 43, 48 EG auch die Rechtsform der Gesellschaften weiterhin zuläßt, die in einem EG-Staat nach dessen Gesetzen gegründet werden und anschließend ihre Tätigkeit in einem anderen Staat fortführen[57]. So ist es also möglich eine englische Ltd. in England zu gründen und den Sitz anschließend zur ausschließlichen Betätigung nach Deutschland zu verlegen. Der Zuzugstaat darf die Fortführung der Gesellschaft nicht durch inländische Gesetze weiter einschränken[58]. Außerdem sind die Gründungsformalien in England sehr einfach, denn für die Gründung muss lediglich ein Formular ausgefüllt werden und die darauf getätigte Unterschrift von einem beliebigen Zeugen bestätigt werden. Die Verwaltungskosten belaufen sich auf ca. 30 Pfund. Eine persönliche Haftung des Gesellschafters ist nach englischem Recht ausgeschlossen, denn nur die Ltd. haftet mit ihrem Kapital, diese kann auch nur 1 Pfund betragen. In Deutschland wurde diese Haftung aber dann in eine persönlich unbeschränkte Haftung geändert, wenn die Ltd. gerade aus rechtsmissbräuchlichen Gründen gegründet und betrieben wurde, um die Gläubiger nicht befriedigen zu müssen[59]. Gründe die gegen die Rechtsform der Ltd. sprechen sind unter anderem die strenge Publizitätspflicht und die Aufstellung der Bilanz und des Jahresabschlusses nach englischem Recht. Heute wäre eine günstige mögliche Alternative die Gründung einer Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt nach § 5 a GmbHG (wie oben bereits aufgeführt), gleichwohl ist die Ltd. eine mögliche Rechtsform für ein MVZ.

Ein MVZ muss aber noch weitere Anforderungen erfüllen, damit es an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann.

3.1.3 Fachübergreifende Einrichtung

Ein MVZ muss grundsätzlich fachübergreifend und ärztlich geleitet sein.

Nach § 95 Abs. 1 Satz 3 SGBV ist eine Einrichtung dann als fachübergreifend anzusehen, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind. Das Gesetz nennt hier eine positive Legaldefinition und anschließend auch Ausnahmen. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn ärztliche Leistungen und die Erbringung nicht ärztlicher Leistungen fachübergreifend erfolgen[60]. Es müssen also mehrere fachübergreifende, ärztliche Leistungen von verschiedenen Fachärzten angeboten werden[61], um diese Voraussetzung zu erfüllen.

[...]


[1] Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reform-Gesetz – GRG) vom 20.12. 1998 (BGBL I S. 2477); Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21.12.1992 (BGBL I S. 2266); Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBL I S. 2626); Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBL I S. 2190).

[2] Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBL I S. 2190).

[3] Nach Art. 152 Abs. 5 EG existiert für das Gesundheitswesen nur eine eingeschränkte Regelungskompetenz, da die Organisation und die medizinische Versorgung im Gesundheitswesen ausschließlich in der Gestaltungskompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten liegen.

[4] MVZ-Legaldefinition in Sozialgesetzbuch Nummer 5 § 95 Abs. 1 Satz 2

[5] Zwingel, Preißler; 2005, Seite 26, Rndr. 5

[6] Dahm, Möller, Ratzel; 2005, Seite 11, Rdnr. 20

[7] Tätigkeitsbericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 1990, Seite 77 ff.

[8] Dahm, Möller, Ratzel; 2005, Seite 12, Rdnr. 21

[9] Dahm, Möller, Ratzel; 2005, Seite 12, Rdnr. 22

[10] Zwingel, Preißler; 2005, Seite 21, Rndr. 13

[11] Zwingel, Preißler; 2005, Seite 37, Rndr. 10

[12] Amelung, Meyer-Lutterloh, Schmid, Seiler, Lägel, Weatherly; 2009, Seite 178

[13] Hohmann, Klawonn; 2005, Seite 7

[14] Hohmann, Klawonn; 2005, Seite 16

[15] Nguyen, Oldenburg; 2006, Seite 42

[16] Nguyen, Oldenburg; 2006, Seite 41

[17] Orlovski, Halbe, Schirmer, 2005 Seite 85

[18] Ständige Praxis des BMG (Bundesministeriums für Gesundheit) Ebenso, Dahm, Möller, Ratzel; 2005, Seite 115

[19] Nguyen, Oldenburg; 2006, Seite 42

[20] KBV-Leitfaden; 2006, Seite 9

[21] Hohmann, Klawonn; 2005, Seite 6

[22] Dahm, Möller, Ratzel,2005 Seite 75, Rndr. 12

[23] Urteil 14.04. 2005 Oberlandesgericht Frankfurt am Main AZ. 6 U 111 /04; ebenso Orlowski, Halbe, Karch; 2008, Seite 80

[24] Zwingel/Preißler Seite 82, Rndr. 41

[25] Dahm, Möller, Ratzel 2005. Seite 77 Rndr. 19

[26] Dahm, Möller, Ratzel; 2005, Seite 77, Rndr. 21

[27] Palandt, Bassenge, Brudermüller;2007 § 87 BGB Rndr. 12

[28] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 79 Rdnr. 27

[29] Palandt, Bassenge, Brudermüller § 54 BGB Rndr. 8

[30] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 81 Rdnr. 33

[31] Dahm, Möller, Ratzel, 2005,Seite 81 Rdnr. 34

[32] Klunzinger, 1999, Seite 127

[33] Klunzinger, 1999, Seite 128

[34] KBV-Leitfaden 2006 Seite 10

[35] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 82 Rdnr. 36

[36] Baumbach, Hopt HGB § 12 Rndr. 12

[37] Baumbach, Hopt HGB § 105 Rndr. 7

[38] Baumbach, Hopt HGB § 1 Rndr. 20

[39] Wigge, MedR 2004, 123, 129; ebenso Zwingel, Preißler; 2005, Seite 67, Rndr. 61

[40] KBV-Leitfaden 2006 Seite 13

[41] Dahm , Möller, Ratzel 2005 Seite 84 Rndr. 42

[42] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 83 Rdnr. 43

[43] Baumbach, Hopt HGB § 161 Rndr. 3

[44] Klunzinger, 1999, Seite 16

[45] Baumbach, Hopt, HGB § 230 Rndr. 2

[46] Klunzinger, 1999, Seite 126

[47] Klunzinger, 1999, Seite 337;
ebenso Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 87 Rdnr. 55

[48] Klunzinger, 1999, Seite 337

[49] Palandt, Bassenge, Brudermüller § 21 BGB Rndr. 1

[50] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 87 Rdnr. 57

[51] Palandt, Bassenge, Brudermüller; 2008, § 22, Rndr. 4

[52] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 88 Rdnr. 59

[53] Auszug aus den „ Hinweisen und Erläuterungen der Bundesärztekammer zu § 23 a MBO. Stand 05.Juni. 2009

Der Deutsche Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, wie bei anderen Freiberuflern auch, die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts(Ärztegesellschaft) zu ermöglichen. Dies ist nicht zuletzt aufgrund der durch das GKV-Modernisierungsgesetz eröffneten Möglichkeit geschehen, „Medizinische Versorgungszentren“ in jeder zulässigen Rechtsform betreiben zu können. Eine Analyse hat ergeben, dass dem Patientenschutz auch dann in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden kann, wenn die ärztliche Leistung über die Konstruktion einer Kapitalgesellschaft erbracht wird.

§ 23 a Abs. 1 MBO enthält Kriterien, die gewährleisten, dass auch bei der Ausübung der ambulanten Heilkunde durch eine Gesellschaft die den Beruf prägenden Merkmale im Interesse des Patientenschutzes eingehalten werden können. Nach der Zielsetzung des deutschen Ärztetages wird Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, solche Gesellschaften zu gründen, wenn

- diese Gesellschaft verantwortlich von einer Ärztin oder einem Arzt geführt wird,
Geschäftsführer mehrheitlich Ärztinnen und Ärzte sind
- die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte den Ärztinnen und Ärzten
zusteht
- Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind
- und eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung für jede/jeden in der Gesellschaft tätige Ärztin/tätigen Arzt besteht.

Die Ärztegesellschaft tritt neben die in einigen Ärztekammern zulässige Heilkunde-GmbH.

[54] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 89 Rdnr. 61

[55] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 92 Rdnr. 74

[56] Hohmann, Klawonn; 2005, Seite 13

[57] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 93 Rdnr. 79

[58] Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 93 Rdnr. 79

[59] Amtsgericht Hamburg Az. 67G IN 358/02; auch Dahm, Möller, Ratzel, 2005, Seite 94 Rdnr. 80

[60] Hahne, 2005, Seite 31

[61] Zwingel, Preißler; 2005, Seite 76, Rndr. 15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783842803619
DOI
10.3239/9783842803619
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Vysoká škola zdravotníctva a sociálnej práce sv. Alžbety (St. Elisabeth Universität in Bratislava) – Healthcare Administration
Erscheinungsdatum
2010 (September)
Note
2
Schlagworte
gesundheitswesen deutschland healthcare administration organisation
Zurück

Titel: Chancen des Medizinischen Versorgungszentrums im Deutschen Gesundheitswesen
Cookie-Einstellungen