Lade Inhalt...

Die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik von Mexiko-Stadt

Eine Untersuchung der Auswirkungen der integrativen indigenen Bildungspolitik auf die Integration der Indigenas in Mexico-Stadt

©2010 Bachelorarbeit 167 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1.1, Abgrenzung, Fragestellung und Ziel der Arbeit:
‘México es y se reconoce jurídicamente como un país pluricultural. La variada presencia de pueblos y comunidades indígenas confirma la diversidad de la Nación mexicana. No obstante, los más de 12 millones de indígenas comparten un denominador común: la desigualdad y la pobreza.’
In Mexiko leben mehr als 62 verschiedene ethnolinguistische Gruppen, die einen Anteil von nahezu zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Allein in der Megalopolis Mexiko-Stadt, die mit über 8,7 Mio. Einwohnern im Distrito Federal (D.F.) und über vierzehn Mio. Einwohnern im Estado de México, nahe an die 23-Mio.-Grenze gerät, geht man von fast ein bis zwei Mio. Indígenas aus, die in der Stadt residieren. Obwohl vom nationalstaatlichen und gesetzlichen Standpunkt aus alle Indígenas, die in der Nation Mexiko leben, Mexikaner sind , kann dennoch festgestellt werden, dass die indigene Bevölkerung in Mexiko vielerorts als ethnische Minderheit betrachtet wird und ihr Dasein von Marginalisierung und Armut geprägt ist. Diese Benachteiligung hat gesellschaftliche sowie politische und geschichtliche Ursachen, auf die im Laufe der Arbeit noch genauer eingegangen werden soll.
Seit der Unterdrückung der Indígenas durch die Spanier 1517 wurden von der mexikanischen Regierung im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Politiken und Programme ins Leben gerufen, die zur Integration der indigenen Bevölkerung in die Nationalgesellschaft beitragen sollten. Dabei ist ein Wandlungsprozess zu beobachten, der von der Assimilation in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen bis hin zur Förderung des Erhalts der indigenen Kultur reicht. Gerade der Bildung wird in diesem Bereich eine besondere Bedeutung nachgesagt, darin sind sich die Mehrheit der Spezialisten und Autoren aus den unterschiedlichsten sozialen und wirtschaftlichen Bereichen Mexikos einig.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik, speziell am Beispiel von Mexiko-Stadt, zu untersuchen. Der Analyse wird die Annahme zu Grunde gelegt, dass Bildung einen entscheidenden Faktor beim sozialen Aufstieg der Indígenas aus der Unter- in die Mittel- und Oberschicht spielt, dies allerdings durch ungleiche Bildungschancen und Diskriminierung im mexikanischen Bildungssystem und innerhalb der mexikanischen Gesellschaft, erschwert wird.
Um sich der Fragestellung zu nähern, soll im Weiteren ein […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Abgrenzung, Fragestellung und Ziel der Arbeit
1.2 Eine Begriffserörterung: Indígenas, Indios und Mestizen
1.3 Sonderfall Mexiko-Stadt

2 Theoretische und historische Einordung
2.1 Integration und die Bedeutung von Bildung im Integrationsprozess
2.2 Der Integrationsbegriff in Mexiko – Historischer Wandel
2.3 Charakterisierung der integrativen indigenen Bildungspolitik
2.3.1 Artículo 2o. de la Constitución mexicana
2.3.2 Die Comisión Nacional para el Desarollo de los Pueblos Indígenas (CDI)
2.3.3 Die Deklaration ,,Sobre los Derechos de los Pueblos Indígenas” der UNO 2007
2.3.4 La Secretaría de Educación Pública
2.3.5 Dirección General de Educación Indígena
2.4 Die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik von Mexiko im 20. und 21. Jahrhundert

3 Untersuchungsgegenstand
3.1 Die Triquis – Kurzvorstellung einer ethnolinguistischen Gruppe in Mexiko
3. 2 MAIZ und ihre spezifische Situation in Mexiko-Stadt

4 Untersuchungsdesign und Erhebungsmethoden

5 Fallstudie: Auswertung der Interviews
5.1 Bedeutung von Bildung im indigenen Integrationsprozess allgemein
5.2 Identitätserhalt und Identitätsverlust
5.3 Ineffiziente Bildung
5.3.1 Regierungsarbeit
5.3.2 Partizipation
5.3.3 Strukturelle Defizite
5.3.4 Finanzielle Schwierigkeiten

6 Fazit und Ausblick

Abstract

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Anhang

Vorstellung der Interviewpartner

Interviewleitfaden für Betroffene (JE und P1, teilweise FE)

Interviewleitfaden für institutionelle Seite (MA, DH, teilweise FE)

Einfach Transkription von Interview 1 (FE)

Einfach Transkription von Interview 2 (P1)

Einfache Transkription von Interview 3 (JU, EN)

Einfache Transkrption von Interview 4 (DH)

Einfach Transkription von Interview 5 (MA)

Gedächtnisprotokoll Nr.1

Gedächtnisprotokoll Nr.2

Gedächtnisprotokoll Nr.3

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Verteilung ethnolinguistischer Gruppen in Mexiko-Stadt

Abb. 2: Bevölkerungsanzahl und Verteilung der Indígenas im D.F

Abb. 3: Bezirke vom D.F. 2009 mit der höchsten indigenen Bevölkerungsanzahl

Abb. 4: Analphabetenrate der 15 bis 64 Jährigen in ganz Mexiko

Abb. 5: Index der Armut im Verhältnis mit dem Bildungsniveau in Mexiko

Abb. 6: Prozentsatz der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung nach Alter, welche die Grundschule und weiterführende Schule beendet haben, 2000 Mexiko

Abb. 7: Landkarte mit Kennzeichnung der Triqui-Siedlung

Abb. 8: Skizze von MAIZ-viviendas

Abb. 9: Foto vom Eingangstor bei MAIZ

Abb.10: Tabellarische Übersicht- Interviewpartner

Abb. 11: Proßezmodell indukativer Kategoriebildung

1 Einleitung

1.1 Abgrenzung, Fragestellung und Ziel der Arbeit

„México es y se reconoce jurídicamente

como un país pluricultural. La variada presencia de pueblos y comunidades indígenas confirma la diversidad de la Nación mexicana. No obstante, los más de 12 millones de indígenas comparten un denominador común: la desigualdad y la pobreza.”[1]

In Mexiko leben mehr als 62 verschiedene ethnolinguistische Gruppen, die einen Anteil von nahezu zehn Prozent der Gesamtbevölkerung[2] ausmachen.[3] Allein in der Megalopolis Mexiko-Stadt, die mit über 8,7 Mio. Einwohnern im Distrito Federal (D.F.) und über vierzehn Mio. Einwohnern im Estado de México,[4] nahe an die 23-Mio.-Grenze gerät, geht man von fast ein bis zwei Mio. Indígenas[5] aus, die in der Stadt residieren.[6] Obwohl vom nationalstaatlichen und gesetzlichen Standpunkt aus alle Indígenas, die in der Nation Mexiko leben, Mexikaner sind[7], kann dennoch festgestellt werden, dass die indigene Bevölkerung in Mexiko vielerorts als ethnische Minderheit betrachtet wird und ihr Dasein von Marginalisierung und Armut geprägt ist. Diese Benachteiligung hat gesellschaftliche sowie politische und geschichtliche Ursachen, auf die im Laufe der Arbeit noch genauer eingegangen werden soll.

Seit der Unterdrückung der Indígenas durch die Spanier 1517 wurden von der mexikanischen Regierung im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Politiken und Programme ins Leben gerufen, die zur Integration der indigenen Bevölkerung in die Nationalgesellschaft beitragen sollten. Dabei ist ein Wandlungsprozess zu beobachten, der von der Assimilation[8] in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen bis hin zur Förderung des Erhalts der indigenen Kultur reicht. Gerade der Bildung wird in diesem Bereich eine besondere Bedeutung nachgesagt, darin sind sich die Mehrheit der Spezialisten und Autoren aus den unterschiedlichsten sozialen und wirtschaftlichen Bereichen Mexikos einig.[9]

Ziel dieser Arbeit soll es sein, die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik, speziell am Beispiel von Mexiko-Stadt, zu untersuchen. Der Analyse wird die Annahme zu Grunde gelegt, dass Bildung einen entscheidenden Faktor beim sozialen Aufstieg der Indígenas aus der Unter- in die Mittel- und Oberschicht spielt, dies allerdings durch ungleiche Bildungschancen und Diskriminierung im mexikanischen Bildungssystem und innerhalb der mexikanischen Gesellschaft, erschwert wird.

Um sich der Fragestellung zu nähern, soll im Weiteren ein Überblick über geschichtliche und soziale Zusammenhänge gegeben werden, um die allgemeine Situation der Indígenas in Mexiko-Stadt und deren Beziehung zur mexikanischen Gesellschaft darzustellen. Im zweiten Kapitel wird anhand von theoretischer Fachliteratur, wissenschaftlichen Arbeiten und einzelnen Zitaten aus geführten Experteninterviews der Frage nachgegangen werden, was Integration und was Bildung im Integrationsprozess allgemein und in Bezug auf die Untersuchungsgruppe speziell in Mexiko bedeuten. Dabei sollen auch Konzepte, Gesetze und Deklarationen, welche die Integration von Indígenas in Mexiko betreffen, genannt und im Rahmen der Fragestellung eingeordnet werden. Das dritte Kapitel wird sich mit der Vorstellung einer ethnischen Gruppe der Indígenas und deren spezifischer Situation, beispielhaft dargestellt anhand einer Triqui-Organisation, in Mexiko-Stadt befassen. Daran knüpft eine kurze Erläuterung der methodischen Vorgehensweise an (Kapitel 4), bevor im fünften Kapitel die empirischen Untersuchungen mit den dazugehörigen Experteninterviews ausgewertet werden. In einem abschließenden Fazit werden alle Ergebnisse zusammengefasst, im Kontext der Fragestellung ausgewertet und offene Fragen benannt.

1.2 Eine Begriffserörterung: Indígenas, Indios und Mestizen

In dieser Arbeit wird ausschließlich der Begriff Indígenas für die Gruppe der autochthonen Völker Mexikos benutzt werden, da er auch in den Gesetzen und Institutionen des Landes gebraucht wird. Indígena heißt so viel wie:

„[...], originario de un país‘ en su acepción más básica, pero que tiene también diversos significados culturales, económicos y políticos. [Diese Bezeichnung, F.G.] no tiene la carga despectiva que, desgraciadamente, en ciertos círculos se asocia al término ,indio’ que les fue dado a los habitantes originales por los conquistadores españoles en el siglo XVI.”[10]

In vielen sozialen Kreisen wird der Begriff Indio (aber oft auch der Begriff Indígena ) als Schimpfwort benutzt:

„[...] la palabra indio se suele asociar con el estigma de la pobreza, el atraso y la ignorancia. Así, los indígenas son concebidos como un grupo al que se debe ayudar; de esta manera también se constituyen en un ‘problema’ para nuestro país y corresponde a los no indígenas asistir, educar y redimir a sus hermanos menos afortunados.”[11]

Das Paradoxe daran ist, dass 85 Prozent der Mexikaner von den Indígenas abstammen,[12] also selbst etwas von dem im Zitat beschriebenen Stigma des Indios „in ihrem Blut haben“ müssten. Diese Bevölkerungsgruppe, die gleichzeitig die größte in ganz Mexiko darstellt, nennt man Mestizen . Einen Mestizen kann man als Mischling bezeichnen, der in der Kolonialzeit seinen Ursprung hat und speziell in Mexiko meist der Nachkomme aus einer spanisch-indigenen Beziehung ist.[13] Mexiko ist eine Mestizengesellschaft, die auch gleichzeitig die Mehrheitsgesellschaft (im Fall von Mexiko auch oft als National-, dominante oder okzidentale Gesellschaft bezeichnet) im Land darstellt, welche der ethnischen Minderheit von Indigenen (und einigen anderen kleinen Minderheitengruppen wie den Schwarzen oder den Criollos[14] ) gegenübersteht.

Die Mestizengesellschaft weist widersprüchliche Züge auf, da sie einerseits stolz auf ihr kulturelles indigenes Erbe ist, andererseits ihre lebenden Indígenas auf gesellschaftlicher und politischer Ebene als minderwertig betrachtet, ignoriert und diskriminiert.[15] Dabei ist es gar nicht immer eindeutig feststellbar, wer zur Mehr- und wer zur Minderheit gehört. Die als typisch indigen definierten Merkmale wie Hautfarbe, Statur oder bestimmte Gesichtszüge in Mexiko können nicht auf eine bestimmte soziale Schicht oder ethnische Gruppe uneingeschränkt angewandt werden. In jeder dieser Schichten und Gruppen gibt es Menschen mit ähnlichen physischen Merkmalen. Dennoch bestehen einige Kriterien, welche von verschiedenen Wissenschaftlern aufgestellt wurden, um die Indígenas vom Rest der Bevölkerung zu unterscheiden.[16] Die wichtigsten Merkmale sind das Sprechen einer indigenen Sprache[17], das Praktizieren indigener Traditionen, wozu auch das Tragen traditioneller Kleidung gehört, das Leben in einer indigenen Gemeinschaft und das Erbmaterial.[18] Doch auch diese Punkte geben oft nicht eindeutige Aussagen darüber, ob jemand indigener Abstammung ist oder nicht, da bspw. viele Indígenas der zweiten und dritten Generation weder die Sprache ihrer Vorfahren beherrschen noch sich traditionell kleiden. So definieren sich viele Indígenas, die heute keine indigene Sprache mehr sprechen, trotzdem als indigen; andererseits identifizieren sich auch viele, die noch eine indigene Sprache sprechen, nicht als solche. Man kann davon ausgehen, dass die Identitäten der Indígenas sehr komplex sind und viele unterschiedliche Dimensionen annehmen können.[19] In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass 60 Prozent der Bevölkerung Mexiko-Stadts unter der Armutsgrenze leben[20] und ebenfalls nicht in die Nationalgesellschaft integriert sind. Auch sie nehmen an Projekten teil, die speziell für Indígenas, die z. B. ökonomische Hilfe und soziale Unterstützung brauchen, eingerichtet wurden.[21] Es kommt auch deshalb zu einer „Verwischung“ der klaren Trennlinie zwischen Indígenas und Mestizen.

Wichtig ist bei der Definitionsfrage „Indígena oder Mestize“ besonders die Selbstidentifizierung: „El indio mexicano, a quien otros pueblos llaman no civilizado, es más que un hombre: es una decisión frente al mundo.”[22] Über die Zugehörigkeit zu einer indigenen Gruppe entscheiden weniger die äußerlichen Merkmale als eine persönliche Lebenseinstellung bzw. Entscheidung der einzelnen Individuen. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Identitäts- und Fremdzuschreibung der Mestizen gegenüber den Indígenas, wie ein Zitat von Octavio Paz verdeutlicht: „El mexicano no quiere ser ni indio ni español. Tampoco quiere descender de ellos. Los niega. Y no se afirma en tanto que mestizo, sino como abstracción: es un hombre.”[23] Die Mestizen leugnen ihre indigene Herkunft, wollen sich davon abgrenzen. Indigener Herkunft zu sein, verbinden sie in den meisten Fällen mit etwas Schlechtem, nicht Gleichwertigem im Vergleich zur Mestizengesellschaft. Auch ihre spanischen Wurzeln leugnen sie, da die Spanier in Mexiko historisch als imperialistische Besatzungsmacht verstanden werden. Sie selbst definieren sich als Mexicanos , die Indigenen als die Anderen . Dies hat bedeutende Auswirkungen auf ihr Verhalten zur indigenen Bevölkerung, wie sich im Verlauf der Arbeit noch zeigen wird.

Trotz alledem sind die Kulturen und Traditionen der vielen ethnischen Gruppen im täglichen Leben der mexikanischen Gesellschaft omnipräsent und in diverse Bereiche integriert:

„La presencia y la vigencia de lo indio se encuentra en casi todo el espectro social y cultural del país, a través de rasgos culturales de muy diversa naturaleza, que indiscutiblemente tienen su origen en la civilización mesoamericana y que se distribuyen con distinta magnitud en los diferentes grupos de la sociedad mexicana.”[24]

Ein Beispiel dafür wären die geografischen Objekt-, Straßen- und Ortsbezeichnungen, die Namen von vergangenen indigenen Herrschern tragen.

Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass der Begriff Indígena allein stehend[25] von der indigenen Bevölkerung abgelehnt wird.[26] Sie bezeichnen sich oft als Mexikaner oder definieren sich über die ethnolinguistische Gruppe, der sie angehören. So antworteten die für diese Arbeit interviewten Personen, auf die Frage, als was sie sich bezeichnen würden: „Ich bin Triqui.“[27] In Mexiko-Stadt und anderen Metropolen Mexikos kann man die Träger und Nachfahren der mesoamerikanischen Kulturen im traditionellen Sinn nicht mehr als Indígenas bezeichnen, da sich ihre Mitglieder bis zu einem gewissen Grad von ihrer Kultur gelöst haben und sich an der dominanten Mehrheitsgesellschaft orientieren. Dennoch gehören sie nicht ganz zu dieser, befinden sich an einer Art Schnittpunkt zwischen der indigenen und der westlichen Welt.[28] Nach Adam sind die Indígenas speziell in Mexiko-Stadt in einer sogenannten „ Grauzone , innerhalb derer sich Tendenzen in die eine oder andere ‚ethnische‘ Richtung beobachten lassen“[29]. Diese Tendenz wird von der integrativen indigenen Bildungspolitik in Mexiko-Stadt in entscheidenem Maße beeinflusst, wie sich in der weiteren Analyse zeigen wird.

1.3 Sonderfall Mexiko-Stadt

Mexiko-Stadt stellt im Vergleich zu ganz Mexiko einen Sonderfall in der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung dar, der aufgrund der besonderen gesamtgesellschaftlichen Umstände zustande gekommen ist. Die Bewohner der Stadt unterteilen sich sowohl in die Ureinwohner bzw. Indígenas Mexiko-Stadts[30], die schon immer dort lebten, als auch in die aus ganz Mexiko, aus verschiedenen ethnolinguistischen Gruppen stammend, nach Mexiko-Stadt immigrierten Indígenas[31] und darüber hinaus in die Gruppe der Mestizen . Daraus entsteht eine besondere Situation in der Stadt. In den ländlichen Regionen bleibt jede Ethnie bzw. jede comunidad[32] unter sich, so dass die Verschiedenartigkeit zu anderen Ethnien und Kommunen offensichtlich bleibt. In der Stadt geschieht das Gegenteil.[33] Da das Leben vieler Indígenas von Gewalt und Diskriminierung in der Metropole Mexiko-Stadt geprägt ist, schließen sich auch verschiedene ethnolinguistische Gruppen zusammen. Sie kämpfen gemeinsam gegen die Verletzung ihrer Rechte in der Stadt und vergessen dabei ihre Andersartigkeit[34] untereinander, kreieren so eine neue Art von Identität.[35] Aber nicht nur verschiedene indigene Gruppen vermischen sich in der Öffentlichkeit, auch mangelt es an einer klaren Trennung zwischen Indígenas und Mestizen, wie schon unter 1.2 erläutert wurde. Dies ist auf die Hybridität der Gesellschaft Mexiko-Stadts zurückzuführen.[36] In der nachfolgenden Grafik wird die Verteilung der verschiedenen ethnolinguistischen Gruppen auf die Stadtteile des Estado de México und des Distrito Federal dargestellt. Dabei handelt es sich um jeweils die dominante Gruppe indigener Migranten oder Indígenas Mexiko-Stadts in jedem Bezirk, was das Vorhandensein anderer Ethnien im jeweiligen Stadtteil gleichzeitig nicht ausschließt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verteilung ethnolinguistischer Gruppen in Mexiko-Stadt

Quelle: Valencia Rojas (2000: 147).

Insgesamt kann festgestellt werden, dass besonders viele Indígenas in die Hauptstadt immigrieren, da sie dort ihre Zukunft sehen. Das Nationale Institut der Geografie, Statistik und Information (INEGI) hat Mexiko-Stadt als den Ort identifiziert, in den die meisten Menschen aus ganz Mexiko “immigrieren”[37]. Diese Massenimmigration setzte bereits Mitte des 20. Jahrhunderts ein. Gründe dafür waren zum einen die sich entwickelnden Industrien der Städte, die Arbeitskräfte brauchten, und die zeitgleiche wirtschaftliche Krise, die sich auf dem Land vollzog. Gegen 1990 konzentrierten sich 40 Prozent der aus den unterschiedlichsten ländlichen Gegenden in die Städte immigrierten Indígenas in Mexiko-Stadt.[38] Wie sich die indigene Bevölkerung auf die Stadtteile des Distrito Federal verteilt und sich von 2000 bis 2009 entwickelt hat, wird in den folgenden Tabellen aufgeführt.

Abb. 2: Bevölkerungsanzahl und Ver teilung der Indígenas im D.F. 2000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ciesas.edu (29.04.2009)

Beim Vergleich der in Tabelle 2 angegebenen Bezirke mit den selben in Tabelle 1, fällt auf, dass sich die Bevölkerungszahlen von 2000 bis 2009 überall erhöht haben, in manchen Bezirken fast um das Doppelte. Außerdem kann man in beiden Tabellen erkennen, dass in dem Bezirk Iztapalapa die größte Gruppe indigener Bevölkerung wohnhaft ist. Dieser Bezirk wird auch im empirischen Teil dieser Arbeit eine Rolle spielen, da die Untersuchungsgruppe dort ihre viviendas[39] angesiedelt hat.

Im Zusammenhang mit der indigenen Migration nach Mexiko-Stadt spricht Albertani davon, dass Mexiko-Stadt nunmehr die indigene Hauptmetropole des amerikanischen Kontinents darstellt.[40] Auch deshalb nimmt Mexiko-Stadt eine Sonderstellung ein: „En la ciudad de México existe una fuerza, imperceptible a primera vista, que lleva a la segregación.“[41] Durch die hohe Anzahl von verschiedenen autochthonen Gruppen in der westlich geprägten Megalopolis lassen sich deren spezielle Probleme im Alltagsleben besser herauskristallisieren als in einer nicht urbanen Region. Nach Oehmichen bleibt den Indígenas in Mexiko-Stadt nichts anderes übrig als „que se asimilan y otros que mantienen y reproducen sus fronteras étnicas. [...] Independientemente de su lugar de procedencia, los indígenas viven en la ciudad un segundo proceso de etnización al que responden de diferentes maneras.“[42]

Nach dem Integrationsmodell von Aguirre Beltrán repräsentieren die Indígenas el campo und die traditionelle Kultur. Die Großstadt steht im Gegensatz dazu für Entwicklung und Modernität.[43] Gerade das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne wird in Mexiko- Stadt deutlich und intensiviert Fragen der integrativen indigenen Bildungsspolitik der mexikanischen Regierung.

2 Theoretische und historische Einordung

2.1 Integration und die Bedeutung von Bildung im Integrationsprozess

Um die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik von Mexiko-Stadt besser einordnen zu können, soll in diesem Abschnitt auf die Integrationstheorie von Hartmut Esser (2001) eingegangen werden.[44] Die Bewertung seiner Theorie folgt in den darauf folgenden Kapiteln. Als Grundlage diente ein von Esser verfasstes Arbeitspapier mit dem Titel: „Integration und ethnische Schichtung“. Obwohl sich Esser in seiner dortigen Argumentation fast ausschließlich auf die Bundesrepublik Deutschland bezieht, können seine theoretischen Erläuterungen, insbesondere die Zusammenhänge der Bedeutung von Bildung im Integrationsprozess, auch auf die indigene Integrationspolitik von Mexiko angewandt werden. Es muss allerdings auch darauf hingewiesen werden, dass sich bestimmte Begriffe die von Esser verwendet werden, nicht eins zu eins übertragen lassen. So lässt sich in Mexiko nicht wie in Deutschland von einer Aufnahmegesellschaft sprechen, da die Indígenas in Mexiko geboren sind und in dem Sinne keine Migranten darstellen. Die mestizische Mehrheitsgesellschaft bzw. die Nationalgesellschaft ersetzt hier diesen Begriff. Vergleichbare theoretische Analysen zum oben genannten Thema, die sich direkt auf die Nation Mexiko beziehen, wurden nur ansatzweise in der internationalen Fachliteratur vorgefunden.[45]

Über die Bedeutung von Bildung in Integrationsprozessen sind sich die Mehrheit der Autoren[46] verschiedener Fachliteratur dennoch einig: Nur Migranten, die im Besitz von interessanten Ressourcen wie Bildung sind, haben eine wesentlich bessere Chance auf eine erfolgreiche Integration ins Aufnahmeland und einen daraus folgenden sozialen Aufstieg. Auch Essers Arbeitspapier führt zur genannten Annahme.

Nach Esser ist Integration ein „ Zusammenhang von Teilen in einem ‚systematischen‘ Ganzen“ demgegenüber die Segmentation steht, bei der die Teile beziehungslos nebeneinander stehen. „Die Grundlage jeder Integration ist [demnach, F.G.] die Interdependenz der Teile, ihre wechsel seitige Abhängigkeit.“[47] So spricht Esser in diesem Zusammenhang auch davon, dass sich materielle Interdependenzen daraus ergeben, wenn Akteure in einer Wechselbeziehung interessante Ressourcen des jeweils anderen austauschen. Als Beispiel nennt er den Tausch von „Bildung und Humankapital gegen Arbeitsplätze und Einkommen“[48].

Weiter unterscheidet er zwischen Systemintegration und Sozialintegration[49], die unabhängig voneinander ablaufen können. Dabei bezieht sich die Systemintegration „auf die Integration des Systems einer Gesellschaft als Ganzheit, die Sozialintegration dagegen auf die Integration der Akteure [bzw. Bevölkerung, F.G.] ‚in‘ das System [bzw. die Gesellschaft, F.G.] hinein“[50]. Für die Integration von Migranten und fremdethnischen Gruppen ist die Sozialintegration (wozu u. a. auch die Beteiligung der Akteure am Bildungssystem zählt) von Bedeutung. Diese teilt sich in vier verschiedene Dimensionen auf: Kulturation, Platzierung, Interaktion und Identifikation.[51] Dabei bedeutet Kulturation , dass Akteure bestimmte Fähigkeiten, wie den Erwerb von Bildung und (sprachlichen) Fertigkeiten, zusammengefasst als eine Art (Human-) Kapital, benötigen, um sich erfolgreich ins Aufnahmeland zu integrieren. Platzierung hingegen, hier als wichtigstes Hauptintegrationsmerkmal genannt, beschreibt die Besetzung bestimmter gesellschaftlicher Positionen durch die Akteure und die Verleihung von Rechten an diese. Demnach ist eine erfolgreiche Platzierung (z. B. ein angesehener Arbeitsplatz) der Akteure in einer Gesellschaft der Schlüssel zur Integration. „Nicht-instrumentell begründete ‚Vorurteile‘, Diskriminierungen und andere Schließungen sind eine Barriere für die erfolgreiche Plazierung der Bewerber“,[52] und wirken demnach integrationshemmend. Bei der Interaktion kommt es zur Aufnahme einer interethnischen Beziehung, indem sich die Akteure wechselseitig aneinander über Wissen und Symbole orientieren. Bei einer hohen Integration funktioniert diese soziale Beziehung demnach sehr gut. Die Identifikation ist schließlich die emotionale Verbundenheit der Akteure mit der Gesellschaft, in die man sich integrieren möchte.

Alle vier Dimensionen hängen voneinander ab und können sich gegenseitig beeinflussen. Die Kulturation wird hier als Voraussetzung für alle anderen Dimensionen genannt. Nur über bestimmte Fertigkeiten (z. B. eine gute Schulbildung) kann ein Akteur auf eine erfolgreiche Platzierung in der Gesellschaft hoffen. Bei der Interaktion verhält es sich ähnlich, da ein Akteur erst durch bestimmte Fähigkeiten, sprich durch eine erfolgreiche Kulturation und die daraus folgende Platzierung auf zentralen Positionen, interessant für andere Akteure wird und es zu einer Aufnahme von interethnischen Beziehungen kommt. Erst wenn die ersten drei Integrationsformen eingetreten sind, folgt die Identifikation mit der Gesellschaft.

Des Weiteren unterscheidet Esser zwischen vier Typen der Sozialintegration von Migranten und ethnischen Minderheiten: der Mehrfachintegration , der Marginalität , der Assimilation und der Segmentation .[53] Dabei hält er nur die beiden letzten Typen für reale Alternativen, wobei er außerdem feststellt, dass von diesen beiden Varianten lediglich die Assimilation die Sozialintegration in die Aufnahmegesellschaft möglich macht.

Mit Assimilation wird entgegen der normativen Wertung „die ‚Angleichung‘ der verschiedenen Gruppen in bestimmten Eigenschaften verstanden“. Da man aber nicht von einer Homogenität der Akteure ausgehen kann, bedeutet Assimilation auch, „dass es keine systematischen Unterschiede in der Verteilung gewisser Eigenschaften und Ressourcen über die verschiedenen Gruppen einer Gesellschaft gibt“[54].

Darüber hinaus werden bei der normativen Verwendung des Konzepts der Assimilation oft zwei polare Konzeptionen diskutiert: zum einen das Assimilationskonzept , welches „von einer ethnischen Homogenität einer Gesellschaft als politisches Ziel ausgeht“[55], zum anderen das Konzept der multiethnischen Gesellschaft, welches auf die ethnische Pluralisierung der Gesellschaft abzielt, bei der „die verschiedenen ethnischen Gruppen unter einem politischen bzw. staatlichen Dach koexistieren und als ‚Kollektiv‘ ihre Eigenständigkeit bewahren können“[56]. Auf diese beiden Konzepte soll unter 2.2 noch spezifisch eingegangen werden.

Esser stellt außerdem fest, dass die Begriffe Assimilation und Integration oft gleichgesetzt werden, was in gewisser Hinsicht nicht falsch ist, es aber doch eine Trennung der beiden Wörter gebe, da „die Integration von Migranten und ethnischen Minderheiten eben nicht deren spurenlose einseitige ‚Anpassung‘ an die Aufnahmegesellschaft heiße“[57].

Bei der Assimilation kann analog zu den vier oben genannten Dimensionen der Sozialintegration nach einer kulturellen, strukturellen, sozialen und emotionalen Assimilation unterschieden werden. Sowohl in ihrer Bedeutung als auch in ihrer kausalen Abhängigkeit folgen diese vier Dimensionen den Zusammenhängen, die bereits oben zusammenfassend für die Sozialintegration erklärt wurden.

Als wichtigstes Human-Kapital, welches den Assimilationsprozess beschleunigt, nennt Esser Bildungsabschlüsse, die aus dem Herkunftsland in das Aufnahmeland „mitgebracht“ werden. Sprache fungiert hier als Schlüssel der Sozialintegration, da nur, wer auch die Sprache der Aufnahmegesellschaft spricht, strukturell ins Bildungssystem assimiliert werden kann. Daher wird gerade der Bildung von interethnischen Beziehungen, die bspw. durch den frühzeitigen Besuch einer Schule gefördert werden, eine besondere Bedeutung zugemessen.

Segmentation hingegen bedeutet das Gegenteil von Assimilation: Eine ethnische Gruppe etabliert sich dauerhaft als gesellschaftliche Einheit und weist systematische Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen auf.[58] Dabei steigt die Attraktivität der ethnischen Gemeinde mit der Anzahl ihrer Mitglieder und ihrer institutionellen Vollständigkeit. Auch kann es vorkommen, dass Assimilation und Segmentation parallel ablaufen. Gerade dann, wenn sich der Eingliederungsprozess über einen längeren Zeitraum bewegt, entwickeln sich oft Unterschiede zwischen den Generationen: Zum einen kann es zur Assimilation der Zweitgeneration kommen, obwohl die Erstgeneration sich ethnisch segmentiert. Zum anderen können segmentierte ethnische Gemeinden den Folgegenerationen eine Platzierung anbieten, die relativ leicht und unbelastet ist, da das mitgebrachte kulturelle Kapital nicht an Wert verliert.

Bei einer dauerhaften ethnischen Segmentation über die Generationen hinweg spricht Esser von ethnischen Schichtungen.[59] Bei diesen existieren „systematisch[e] vertikal[e] sozial[e] Ungleichheiten zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen […] insbesondere in der Verfügung über besonders interessante Ressourcen […] etwa nach der durchschnittlichen Bildung“[60].

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es sich bei ethnischen Schichtungen um „gesellschaftliche Systeme der systematischen Über- und Unterordnung ethnischer Gruppen in einer ethnisch differenzierten Gesellschaft“[61] handelt. Im Extremfall kann sich diese Ordnung auf alle Merkmale der Personen beziehen und es eine gesellschaftlich verbreitete Legitimation für die Ungleichheit, zumindest bei den dominanten Gruppen, geben. Oft kommt es zu einer gesellschaftlichen Funktionsteilung. Nach Esser sind alle dauerhaft ethnisch differenzierten Gesellschaften ethnische Schichtungen.

Es existieren außerdem zwei Mechanismen, welche die ethnischen Schichtungen gegenseitig bestärken und verfestigen: einmal die soziale Distanzierung durch die Aufnahmegesellschaft und die (räumliche und soziale) Segmentation der Gruppen, die nach Esser aber freiwillig abläuft. Die Segmentation unterteilt sich hier in drei gesteigerte Formen: die räumliche Segregation, die kulturelle Segmentation und die Institutionalisierung einer ethnischen Gemeinde.[62]

Als einen der Hauptgründe für die Benachteiligung von ethnischen Gruppen im Bildungsbereich nennt Esser in diesem Zusammenhang die kulturelle Segmentation. Da die zentralen institutionellen Positionen in einem Land, „insbesondere auch im Bildungsbereich, eng mit den kulturellen Vorgaben der Aufnahmegesellschaft verbunden“[63] sind, das heißt „um die nationalen Kulturen herum organisiert sind, ist das zur Plazierung erforderliche oder hilfreiche kulturelle Kapital [wie Bildung, F.G.] stets nur dasjenige der jeweiligen Nationalkultur - und eben nicht das der ethnischen Gruppe“[64]. Daraus ergeben sich dann automatisch Nachteile für ethnische Gruppen bei der Positionierung auf dem Arbeitsmarkt, da ihr kulturelles Kapital (z. B. ihre Bildung) nicht als gleichwertig mit dem der Akteure aus der Mehrheitsgesellschaft angesehen wird.

Am Ende seiner Analyse kommt Esser auf das Konzept einer multiethnischen Gesellschaft zu sprechen: Dabei stehen die einzelnen Gruppen einer Gesellschaft horizontal nebeneinander und verzichten auf kulturelle Angleichungen.[65] Dies wird auch als „‚individualisierte‘ kulturelle Pluralisierung“[66] bezeichnet. Sie beruht allerdings auf der Interdependenz der Akteure, die sich aus der wechselseitigen Kontrolle von interessanten Ressourcen ergibt, die wiederum nur durch die strukturelle Assimilation (z. B. Platzierung auf Positionen in den zentralen Institutionen einer Gesellschaft) entstehen können. Dafür ist das Durchlaufen der jeweiligen Bildungsinstitutionen eine Bedingung, diese stellen aber, wie oben beschrieben, einen Teil der jeweiligen nationalstaatlich verfassten Institutionen dar.

Esser geht deshalb davon aus, dass es für die Vermeidung ethnischer Schichtungen nur die Alternative der strukturellen Assimilation gibt, die gleichzeitig die Bedingung der sozialen Integration ist. Daher gehört nach ihm eine gewisse Akkulturation der Migranten zu ihrer strukturellen Assimilation und zu ihren Chancen des sozialen Aufstiegs.

Nur eine im privaten Bereich angesiedelte individuelle kulturelle Pluralisierung, die nicht auf der Gruppenebene besteht oder gar institutionalisiert ist, hält er für möglich. Für die Aufnahmegesellschaft würde dies u. a. „die (weitere) konsequente Säkularisierung des Bildungssystems“[67] bedeuten, bei dem es sich von bestimmten kulturellen Vorgaben ablöst und stattdessen ein „breit angelegte[s] Wisse[n] über die weltgesellschaftlichen Zusammenhänge und die Rationalität der verschiedenen Kulturen der Welt“[68] vermittelt bekommt.

Nachdem in diesem Teil aufgezeigt wurde, welche Bedeutung der Bildung im Integrationsprozess im Allgemeinen zugeschrieben werden kann, soll im Weiteren erläutert werden, welchen Stellenwert Bildung im indigenen Integrationsprozess in Mexiko einnimmt.

2.2 Der Integrationsbegriff in Mexiko – Historischer Wandel

„La pobreza y marginación de los indígenas

mexicanos han sido reconocidas como un problema de importancia nacional desde que México consiguió su independencia. [...] Por ello se ha considerado que la única solución verdadera a ese problema tenía que ser el abandono de la cultura indígena y la integración de la población de las comunidades a la nación moderna, que supuestamente estaba ya encaminada en el rumbo del progreso.”[69]

Um besser verstehen zu können, welchen Stellenwert die Bildung im indigenen Integrationsprozess in Mexiko einnimmt, ist es vonnöten einen Blick auf die Geschichte Mexikos zu werfen und dabei die Bedeutung des Wortes Integration in Bezug auf die Untersuchungsgruppe einzuordnen.

Beim Studium von Geschichtsbüchern über Mexiko oder anderer Fachliteratur, die Bezug auf die Lebenssituation der Indígenas in Mexiko nehmen, aber auch in Interviews mit Experten[70] zu diesem Thema, ruft der Begriff Integration im Zusammengang mit den Indígenas fast immer eine negative Assoziation hervor.[71] Dabei ist auch ein zeitlicher Bruch auszumachen: Der Begriff Integration wird beinahe ausschließlich in Verbindungen mit historischen Ereignissen Mexikos benutzt und ist dann nahezu immer negativ belegt. Erst wenn sich die Texte bzw. Gespräche um die Zeit ab den 70er Jahren und aufwärts drehen, wird der Begriff Integration anders definiert, erlangt teilweise auch eine positive Deutung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Mexiko sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als einheitlicher Staat, sondern als eine pluralistische Gesellschaft verstehen wollte.[72] Zur Erklärung dieses Bruchs lassen sich auch die zwei polaren Konzeptionen von Assimilation nach Esser heranziehen.[73] So könnte zusammenfassend gesagt werden, dass die mexikanische Regierung bis 1970 das Assimilationskonzept als Grundlage ihrer Integrationspolitik verstand, danach aber langsam in das Konzept der multiethnischen Gesellschaft überging, welches sie heute noch verfolgt und in den Medien und im Ausland so propagiert.

Festgestellt werden kann auch, dass man ab den 70er Jahren kaum noch von Integration spricht, sondern Synonyme verwendet, die auch heute noch geläufig sind und in verschiedenen gegenwärtigen Berichten staatlicher und nicht staatlicher Institutionen, aber auch von den Gesprächspartnern, der für den empirischen Teil dieser Arbeit geführten Interviews, benutzt werden. Dazu zählen Begriffe wie „ desarrollo[74], „ desarrollo integral[75] oder „ mejoramiento[76], die prinzipiell eine ganz andere Bedeutung als das Wort Integration haben. In einer Befragung der Indígenas aus ganz Mexiko über „[s]us formas y aspiraciones de desarrollo“[77] durch die CDI tauchen bei den Antworten der Probanden ebenfalls Beschreibungen wie „vivir mejor“, „lograr una mejor calidad de vida“ oder „obtener bienestar“ auf.[78] Diese Wortgruppen bedeuten inhaltlich das Gleiche wie „desarollo“ oder „mejoramiento“. Es fällt auf, dass in den Umfragen und dazugehörigen Antworten in Zusammenhang mit gegenwärtigen Ereignissen nie das Wort „Integration“ oder irgendeine Ableitung davon auftaucht.

Die Ablehnung des Begriffs Integration lässt sich nur durch die nähere Betrachtung der soziogeschichtlichen Entwicklung Mexikos verstehen, durch die sich u. a. die verschiedenen Probleme des heutigen Mexikos und seiner autochthonen Gruppen erklären lassen. Aus Platzgründen werden hier nur die wichtigsten und für die Arbeit relevanten geschichtlichen Ereignisse dieser Entwicklung herausgegriffen.

Die Rolle, das Verhalten und die Vorgehensweise der Spanier gegenüber den damaligen Ureinwohnern Mesoamerikas in der Zeit der Eroberung und der Kolonialisierung sind von großer Bedeutung, um Rückschlüsse auf die heutige Situation der Indígenas zu ziehen. Denn die Ereignisse von damals scheinen immer noch Einfluss auf das alltägliche Leben dieser Bevölkerungsgruppen in der heutigen Zeit zu haben.[79] Durch die Eroberung des Gebietes durch die Spanier 1517 wurde die indigene Bevölkerung nahezu ausgerottet, von 25 Mio Indígenas überlebten nur 1.270.000.[80] Die soziale Stellung der Indígenas war damals menschenunwürdig, sie wurden von den Kolonialherren in Mienen und Haciendas ausgebeutet und versklavt, wenn sie es wagten, sich ihnen zu widersetzen.[81] Die Städte wurden in ein Stadtzentrum, das nur von den Spaniern bewohnt werden durfte, und in darum liegende periphere barrios de indios , in denen die indigene Bevölkerung lebte, segregiert. Eine Vermischung beider Gruppen war streng verboten.[82] Die Spanier waren auch die Ersten, die die indigene Bevölkerung als indios bezeichneten.[83] Dieser Begriff, der bereits in der Einleitung beschrieben wurde, verdeutlicht die schon damals diskriminierende Einstellung gegenüber den indigenen Völkern. Eine Person, die als Indio klassifiziert wurde, bekam ein Stigma aufgesetzt, das ihr „eine Unfähigkeit von Geburt an“[84] zuwies. Wie sich im weiteren Verlauf der Arbeit zeigen wird, änderte sich auch in den folgenden Jahrhunderten nicht viel an dieser Sichtweise. Viele der rassistischen Vorurteile gegenüber Indígenas, welche heute noch existieren, haben ihren Ursprung in dieser kolonialen Konzeption des indio.[85]

Die spanische Krone verfolgte eine Assimilationspolitik, die bei einigen ethnolinguistischen Gruppen auf weniger Widerstand stieß als bei anderen.[86] Nach Esser wird die Assimilation als die einzige Form der Sozialintegration verstanden, die die Akteure in die Aufnahmegesellschaft integriert. Da die indigene Bevölkerung trotz der Assimilationspolitik durch die Spanier auch heute noch relativ schlecht in die Mehrheitsgesellschaft integriert ist, muss nach Gründen gesucht werden, die diesen Zusammenhang erklären. An einem Beispiel wird besonders deutlich, wie sie es schafften, ihre Kulturen und Traditionen über die Jahrhunderte hinweg zu bewahren: Die Kirche wurde im 16. Jahrhundert institutionalisiert und dazu benutzt, die indigene Bevölkerung zu christianisieren und zu kastellanisieren. Die Missionare zwangen die Indígenas u. a. dazu, Kirchen und Klöster zu erbauen. In diese integrierten die Indígenas, ohne das Wissen ihrer spanischen Unterdrücker, die Abbildungen ihrer eigenen Götter in den kirchlichen Ornamenten und Statuen.[87] Das ermöglichte ihnen, nach außen ihre eigene Religion der katholischen zu unterwerfen, aber diese insgeheim dennoch weiterzuführen und ihren eigenen Göttern treu zu bleiben. Zu so einer Vermischung von traditionellen und europäischen Elementen kam es in fast allen Bereichen des alltäglichen Lebens. Diese Vorgänge kann man bereits als Integrationprozesse verstehen, was auch die Theorie Essers unterstreicht, dass Integration von ethnischen Minderheiten nicht gleich deren spurenlose einseitige Anpassung an die Aufnahmegesellschaft bedeutet.[88]

Mit der Unabhängigkeit Mexikos 1813 änderte sich der Status der Indígenas (zumindest nach außen hin) radikal.[89] Zum einen beschloss der nationale Kongress, den Begriff Indio nicht mehr zu verwenden,[90] zum anderen wurde proklamiert, dass in Zukunft alle Menschen Mexikaner und dementsprechend gleichgestellt sein sollten. Was auf den ersten Blick wie die Befreiung der Indígenas aussah, brachte jedoch weit reichende, nicht immer positive Folgen für diese mit sich. Die Elite der Criollos, später die Mestizen, nutzte diese Gleichstellung aus, um fundamentale Elemente aus dem Leben der indigenen Gemeinschaften ihrer Kontrolle zu unterwerfen. Dies führte dazu, dass das „Überleben“ der Indígenas als solche nun erst recht gefährdet war. Des Weiteren stellte es sich als schwierig heraus, in einem kulturell so pluralistischen und von verschiedenen Ethnien geprägten Land wie Mexiko eine Gleichstellung aller Gruppen zu erlangen. Das deutlichste Beispiel dafür ist, dass die damals deklarierten Gesetze nur in Spanisch aufgeschrieben wurden, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung im 18. Jahrhundert indigen war und eine andere Muttersprache gebrauchte.[91] Bis heute hat sich an dieser Situation sehr wenig geändert, viele offizielle Papiere und Gesetze, aber auch andere Schriften wichtiger gesellschaftlicher Angelegenheiten sind nur in Spanisch verfügbar. Dadurch sind die Indígenas oft gezwungen, Spanisch zu lernen, da ihre Chancen auf ein besseres Leben ohne das Beherrschen dieser Sprache noch limitierter sein würden.[92]

An diesem Zusammenhang lässt sich erkennen, dass die herrschende Elite unter Gleichstellung eher die Homogenität aller Bevölkerungsgruppen Mexikos verstand und dies durch das Propagieren ihrer eigenen okzidentalen Kultur, die Dominanz der spanischen Sprache und der katholischen Religion, erreichen wollte. Die Andersartigkeit der Indígenas in diesen Punkten sahen sie als Problem und Hindernis für die Gleichstellung aller Mexikaner an.[93] Man verfolgte bis zur mexikanischen Revolution 1910, aber auch darüber hinaus, die Ziele des rassistischen indigenismo[94] , der die Indígenas durch Akkulturation und Assimilation „retten“ sollte, am Ende aber nichts anderes als ihre Homogenisierung mit der übrigen Bevölkerung bedeutete.[95] Dies zeigte sich insbesondere 1917 in der mexikanischen Verfassung, in der die Existenz der in Mexiko lebenden Ethnien nicht anerkannt wurde.[96]

Aber auch 1939, als die ersten systematischen Diskussionen über ein bilinguales Schulsystem zu verzeichnen waren, zeigten sich Ansätze eines nun bereits institutionalisierten Indigenismos: Man wollte die Indígenas zwar in ihrer Muttersprache alphabetisieren, allerdings vor dem Hintergrund, dadurch gleichzeitig ihre kulturelle okzidentale Entwicklung und Kastellanisierung fördern zu können.[97] Selbst das staatliche Instituto Nacional Indigenista (INI), welches 1948 gegründet wurde und sich speziell mit Fragen der indigenen Integrationsproblematik befasste, arbeitete nach den Definitionen[98] des Indigenismo und nutzte diese

„[…] para conocer mejor las culturas indígenas y así poder promover más eficientemente su ‘aculturación’; es decir, la adopción voluntaria por parte de los indígenas de los elementos centrales de la ‘cultura nacional’, que estaba definida a partir de la cultura de la mayoría ‘mestiza’ del país.”[99]

Als Hauptinstrument der Kooperation zwischen dem INI und den Indígenas diente die Bildung. So unterrichtete der INI junge Indígenas und brachte ihnen Spanisch und Einzelheiten der okzidentalen Kultur, die damals schon als Nationalkultur bezeichnet wurde, bei, in der Hoffnung, dass die jungen Indígenas das Gelernte auch an den Rest ihrer indigenen Gemeinschaften weitergeben und sie von den Vorteilen des Gelernten überzeugen würden.[100] Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Absicht des Indigenismo nicht, so wie propagiert, dem Schutz der indigenen Traditionen und Sprachen diente, sondern sich die Spanier eher der positiven wirtschaftlichen und kulturellen Aspekte der Indígenas bedienen wollten, um diese zum eigenen Vorteil zu nutzen. Die politische Gleichstellung der Indígenas mit der restlichen Bevölkerung war so mehr Schein als Wirklichkeit, denn „la pluralidad cultural y étnica“[101] wurde bis 1970 weiterhin als Hindernis für diese Gleichstellung, die ja wie bereits erklärt als Homogenität der Bevölkerung verstanden wurde, angesehen. Schon hier kann man von ethnischen Schichtungen sprechen, da damals eine gesellschaftliche Legitimation für die Ungleichheit der autochthonen Völker und der dominanten Mehrheitsgesellschaft der Mestizen durch eben diese existierte. Und da die Indígenas auch heute noch typischen Berufen wie dem des Straßenhändlers, des Bauarbeiters, des Handwerkers oder der Haushaltsangestellten[102] nachgehen und die Mestizengesellschaft fast ausschließlich die politische, militärische, geistliche, intellektuelle und wirtschaftliche Elite in Mexiko darstellt, kann man von einer gesellschaftlichen Funktionsteilung sprechen, die auf eine dauerhaft ethnisch differenzierte Gesellschaft verweist, die nach Esser einer ethnischen Schichtung entspricht.[103] Auch Bonfil Batalla ist dieser Ansicht und spricht in diesem Zusammenhang von zwei nebeneinander existierenden Zivilisationen.[104] Albertani drückt es noch deutlicher aus: „Los existe en México en un enfrentamniento entre dos civilizaciones: la mesoamericana india, por un lado, y la occidental cristiana por el otro.”[105] Kritisch dabei ist zu betrachten, dass es wie unter 1.3 erklärt gerade in Mexiko-Stadt bereits zu einer Vermischung dieser beiden Zivilisationen (aus den dort erläuterten Gründen) kommt, allerdings meist nur in die eine Richtung: Mestizen, die von Armut betroffen sind, führen oft dieselben Berufe wie die indigene Bevölkerung aus, Indígenas, die in die Elite Mexikos aufsteigen, findet man demgegenüber kaum.

Der oben erläuterte soziogeschichtliche Status erklärt auch den negativen sozialen Status der Indígenas heute. Gesetze und Institutionen, die im Laufe der Jahrzehnte zum Schutz und Erhalt der indigenen Kultur erlassen und gegründet wurden, hatten letztendlich keinen Einfluss auf die Einstellung der nicht indigenen Bevölkerung gegenüber den Indígenas. Diskriminierung und (vor allen Dingen soziale, aber auch räumliche) Marginalisierung der Indígenas ziehen sich bis heute durch die mexikanischen Gesellschaftsschichten[106] und verhindern deren nach Esser benannte erfolgreiche Platzierung in der Gesellschaft und somit auch ihre erfolgreiche Integration. Auch die Wandelung vom rassistischen Indigenismo zum partizipativen in den 80er und 90er Jahren, in deren Rahmen das INI seine Politik des Indigenismo gegen das Prinzip der Selbstverwaltung austauschte, konnte daran nicht viel ändern.[107]

„Desde los años noventa la participación de las comunidades en la definición de las políticas para ellas ha sido una de las demandas centrales del movimiento indígena. Hacia el futuro, queda cada vez más claro que el desarrollo de los pueblos indígenas será inseperable del reconocimiento de su diversidad cultural.”[108]

Das Zitat zeigt auf, dass die Regierung die Entwicklung der Indígenas gegenwärtig zwar fördern möchte, um damit ihre verschiedenen Identitäten und Kulturen zu bewahren, es aber dennoch an der gesetzlichen Anerkennung der Indígenas als pueblos indígenas[109] fehlt.[110] Bartolomé Clavero, Rechtsprofessor in Sevilla, verdeutlicht darüber hinaus, wie wichtig klare Gesetzesregelungen für die Entwicklung der indigenen Völker sind: „Sin derechos no hay pazasegurada [sic!]. Sin derechos no hay democracia efectiva. Sin derechos no hay bienestar sostenido o desarrollo.”[111]

Das propagierte Konzept einer multiethnischen Gesellschaft[112] funktioniert in Mexiko insgesamt schlecht. Eine Begründung dafür kann in den oben bereits dargelegten Theorien von Esser gesucht werden, in denen er auf die wechselseitige Kontrolle der Akteure von interessanten Ressourcen verweist, auf der das Konzept beruht. Diese Interdependenz der Akteure ergibt sich durch eine erfolgreiche strukturelle Assimilation (Platzierung) in die Gesellschaft, die aber wie oben dargestellt in Mexiko nicht gewährleistet ist. Auch das Durchlaufen von Bildungsinstitutionen wird in diesem Zusammenhang als eine der zentralen Bedingungen für eine erfolgreiche Platzierung benannt. Da diese Institutionen aber immer noch größtenteils eng mit den kulturellen Vorgaben der Mestizengesellschaft und nicht der Indígenas verbunden sind, ergeben sich daraus automatisch Nachteile für die autochthonen Völker Mexikos, u. a. auf dem Arbeitsmarkt, da ihre Bildung (nach Esser: ihr kulturelles Kapital) nicht als gleichwertig mit dem der Akteure aus der Mehrheitsgesellschaft angesehen wird. Demzufolge kann die Bildung als ein Schlüssel angesehen werden,

„[...] que abre paso a la realización de otros derechos humanos [...] mientras que la negación y privación de ese derecho priva u obstaculiza el pleno disfrute de muchos derechos y libertades, tales como el de acceso a un empleo digno, la salud, la participación ciudadana, [...].”[113]

In diesem Zusammenhang soll ein Blick auf die im Rahmen der integrativen indigenen Bildungspolitik erlassenen Gesetze, Deklarationen und Konzepte Mexikos geworfen werden.

2.3 Charakterisierung der integrativen indigenen Bildungspolitik

Bis zur mexikanischen Revolution 1910 waren die Bedingungen zum Erwerb von Bildung für Indígenas miserabel, da sich die Schulen meist in peripheren und schlecht zu erreichenden Lagen befanden, es kaum Material zum Unterrichten gab und es an Organisation fehlte. Außerdem mangelte es an Lehrkräften, da viele nicht in diesen entlegenen Gegenden unterrichten wollten.[114] Im 19. Jahrhundert wurden die Schulen in drei verschiedene Klassen unterteilt, nach dem Muster „del centro a la periferia“[115]. Dabei waren die Schulen der 1. und 2. Klasse meist in den Städten angesiedelt, die der 3. Klasse in Randgebieten oder auf dem Land. Die Indígenas hatten fast ausschließlich nur Zugang zu den Schulen der 3. Klasse, welche am schlechtesten von allen drei Schultypen ausgestattet waren. Darüber hinaus gab es dort einen häufigen Lehrerwechsel, der sich durch ökonomische und gesundheitliche Gründe[116] erklären lässt. Dieser wirkte sich sehr kontraproduktiv auf das Lernen der Kinder aus. Unterrichtet wurde nur in Spanisch, da diese Sprache damals schon den Status der Nationalsprache innehatte.[117] Mit dem Ley de Educación von 1867 wurden das erste Mal Forderungen laut, die indigene Bevölkerung in ihrer Bildung da hingehend zu unterstützen, dass sie mindestens den Entwicklungsstand der übrigen Bevölkerung Mexikos erreichen konnte. Man wollte sie durch verschiedene Maßnahmen fördern und dadurch in die dominante Gesellschaft integrieren, ihrem bis dahin angesehenen Status eines Lasters für die gesamte Nation entgegenwirken.[118] Dies geschah bis in die 70er Jahre hinein unter dem Gesichtspunkt der strukturellen Assimilation und Akkulturation, die Indígenas sollten „dejar de ser indígenas“[119]. Erst im 20. Jahrhundert trat durch die Gründung verschiedener staatlicher und nicht staatlicher Institutionen und speziell für die Indígenas erlassene Gesetze demgegenüber Besserung ein.

Im Folgenden sollen einige dieser Institutionen, Deklarationen und Gesetze zum besseren Verständnis der weiteren Analyse etwas ausführlicher betrachtet werden. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass es sich dabei nicht um eine vollständige Aufzählung aller im 20. und 21. Jahrhundert entstandenen Maßnahmen handeln kann, da diese sehr umfangreich sind. Insbesondere wurde sich auf Institute, Gesetze und Deklarationen konzentriert, die eine Bedeutung für die weitere Analyse, auch in Anbetracht des empirischen Teils, haben.[120] Da die Bildungspolitik in Mexiko auf nationaler Ebene organisiert ist, gibt es keine speziellen Konzepte bzw. Politiken in den einzelnen Bundesländern Mexikos. Im Vordergrund der Betrachtung werden außerdem integrative bildungspolitische Maßnahmen im primären und mittleren Schulsektor stehen. Die höhere Schulbildung und die Ausbildung älterer Indígenas werden in der weiteren Analyse dieser Arbeit kaum berücksichtigt, nur vereinzelt soll darauf hingewiesen werden.

2.3.1 Artículo 2o. de la Constitución mexicana

Der von der mexikanischen Regierung 1992 ratifizierte Zusatz des Artículo 4o . in der mexikanischen Verfassung erkennt zum ersten Mal die Existenz der indigenen Bevölkerung Mexikos gesetzlich an und definiert die Nation Mexiko als „composición pluricultural“. Bis dahin galt Mexiko als „nación mestiza“.[121] 2001 wurde der Artikel reformiert und ist seitdem im Artículo 2o. der mexikanischen Verfassung festgeschrieben. In diesem wird u. a. genau definiert, wer als Indígena zu betrachten ist.[122] Des Weiteren werden in dem fast vier Seiten langen Artikel verschiedene Ziele genannt, die zum einen „el derecho de los pueblos y las comunidades indígenas a la libre determinación y, en consecuencia, a la autonomía” (A) garantieren sollen, zum anderen „promover la igualdad de oportunidades de los indígenas y eliminar cualquier práctica discriminatoria” (B).[123] Im Unterpunkt B II werden dabei speziell die Schwerpunkte der indigenen Bildungspolitik des Landes hervorgehoben:

„Garantizar e incrementar los niveles de escolaridad, favoreciendo la educación bilingüe e intercultural, la alfabetización, la conclusión de educación básica, [...] y la educación media superior y superior. Establecer un sistema de becas para los estudiantes indígenas en todos los niveles. Definir y desarrollar programas educativos de contenido regional que reconozcan la herencia cultural de sus pueblos, de acuerdo con las leyes de la materia y en consulta con comunidades indígenas.”[124]

In der Verfassung wird nirgends darauf eingegangen, durch welche Maßnahmen diese Ziele erreicht werden sollen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Indígenas durch den Artikel zwar auf nationaler Ebene berücksichtigt werden, aber trotzdem kaum Einfluss auf das nationale Geschehen (auch in bildungspolitischen Angelegenheiten) haben.[125]

2.3.2 Die Comisión Nacional para el Desarollo de los Pueblos Indígenas (CDI)

2003 wurde aus dem INI die CDI. Bei dieser handelt es sich um eine staatliche Institution, deren Aufgaben in der Gegenwart wie folgt definiert sind: „[...] contribuir al desarrollo integral y sustentable de los pueblos indígenas, y coayudar a su libre determinación y al ejercicio de su autonomía, de acuerdo con el texto de la constitución mexicana.”[126] Die CDI versteht unter dem indigenen „desarrollo integral“ eine Zusammenarbeit der Indígenas und der Regierung, wobei von beiden Seiten Impulse ausgehen sollten.[127] Darüber hinaus koordiniert und evaluiert die CDI alle Aktionen der Abteilungen der Regierung, die irgendwann einmal etwas mit den indigenen Völkern Mexikos zu tun haben, und ist Herausgeber von zahlreichen Büchern und Zeitschriften, die sich mit indigenen Themen befassen.[128] Die CDI sehen im bilingualen-bikulturellen Schulsystem die beste Alternative für die Indígenas.[129] Insgesamt hat die CDI keinen guten Ruf unter der indigenen Bevölkerung, da ihr u. a. vorgeworfen wird, die Politik des rassistischen Indigenismo des INI nur unter einem anderen Namen fortzuführen.[130] Im empirischen Teil dieser Arbeit, wird ein für diese Analyse geführtes Experteninterview, mit einer Vertreterin der CDI, Relevanz haben.

2.3.3 Die Deklaration ,,Sobre los Derechos de los Pueblos Indígenas”der UNO 2007

Am 13. September 2007 wurde die Deklaration der UN zu den Rechten der indigenen

Völker nach einem Prozess von insgesamt fast 20 Jahren endlich durch die Generalversammlung anerkannt.[131] Einige Artikel der Deklaration befassen sich auch mit der Bildungssituation der indigenen Völker. So heißt es in Artikel 8:

„Los Estados adoptarán medidas eficaces, junto con los pueblos indígenas, para que las personas indígenas, en particular los niños, incluidos los que viven fuera de sus comunidades, tengan acceso, cuando sea posible, a la educación en su propia cultura y en su propio idioma.”

Des Weiteren besagt Artikel 14: „Las personas indígenas, en particular los niños indígenas, tienen derecho a todos los niveles y formas de educación del Estado sin discriminación.”[132] Die Ambiguität dieser zwei Artikel zeichnet gut die gegenwärtige Bildungssituation der Indígenas nach, die sich oft für eine der beiden Arten von Schulsystem entscheiden müssen, da die Kombination beider –staatliche Schulen mit bilingualem-bikulturellem Bildungsprogramm – in Mexiko nicht sehr verbreitet ist. Auch die Worte „sea posible“ in Artikel 8, machen auf ein Problem aufmerksam, auf das in Kapitel fünf noch genauer eingegangen werden soll.

Im Zusammenhang mit der Deklaration soll auf die Comisión Nacional de los Derechos Humanos in Mexiko hingewiesen werden, die seit den 80er Jahren eine Arbeitsgruppe führt, die sich einmal jährlich trifft und über die Entwicklung der indigenen Bevölkerung der ganzen Welt debattiert.[133] Die benannte Deklaration von 2007 stellt dabei eine wichtige Grundlage für deren Arbeit dar. Ein Experteninterview mit einem Vertreter der Kommission, das für diese Arbeit geführt wurde, wird im empirischen Teil ausgewertet werden.

2.3.4 La Secretaría de Educación Pública

Das SEP[134] ist eine 1921 gegründete staatliche Institution, die für die gesamte nationale Bildungspolitik in Mexiko verantwortlich ist. Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts hat das SEP spezielle Schulen für indigene Kinder errichtet, in denen bis in die 70er Jahre hinein nur in Spanisch unterrichtet wurde. Der Hintergrundgedanke dieser Schulen war, die Indígenas bei ihrer Integration in die Mehrheitsgesellschaft zu unterstützen, damals in Übereinstimmung mit der vorherrschenden „doctrina indigenista“[135].

Erst in den 80er Jahren änderte sich diese Politik dahingehend, dass nun die bilinguale Bildung in den Vordergrund trat, bei der den indigenen Kindern auch gezeigt wurde, in ihrer eigenen Sprache zu lesen und zu schreiben. Darüber hinaus hat das SEP viele bilinguale Lehrer ausgebildet und tausende verschiedener Bücher in über 50 indigenen Sprachen publiziert.[136]

Vor einigen Jahren forderten diese vorrangig vom SEP ausgebildeten Lehrer, aber auch verschiedene indigene nicht staatliche Organisationen, dass die Bildung der indigenen Kinder nicht nur die Sprache, sondern auch inhaltlich deren Kulturen ihrer Dörfer mit einbeziehen sollte. Daraufhin hat das SEP versucht einen neuen Typ von Bildung zu definieren, der als „educación intercultural“ oder auch „educación bilingüe-bicultural“ bekannt geworden ist.[137] Dieser sollte adäquate Inhalte aus jeder Kultur der 62 autochthonen Völker beinhalten und der nicht indigenen Bevölkerung etwas über die „pluralidad cultural“ von Mexiko beibringen, um so Vorurteile bei diesen abzubauen und gegen Rassismus zu wirken.[138] Schwierig gestaltet sich bis heute die hohe Anzahl an ethnolinguistischen Gruppen, die den Ansatz der bilingual-bikulturellen Bildung in der Realität nicht umsetzbar machen.[139] Gegenwärtig untergliedert sich das SEP in 48 unterschiedliche Direktionen, Subsekretariate und Untereinheiten.[140] Dabei stellt die Dirección General de Educación Indígena (DGEI) die wichtigste Unterabteilung in Fragen indigener Bildungspolitik dar.

2.3.5 Dirección General de Educación Indígena

Der DGEI sind viele andere Institutionen vorausgegangen, u. a. unmittelbar vor ihr die Anfang der 70er Jahre entstandene Dirección General de Educación Extraescolar en el Medio Indígena . Diese trieb den nationalen Einsatz von bikulturellen Förderern und bilingualen Lehrern, die aus den indigenen Gemeinschaften stammten, an. Auf den Druck der Mitglieder der 1975 gegründeten Alianza Nacional de Profesionistas Indígenas Bilingües (ANPIBAC)[141], welche ein spezielles Bildungssystem nur für die Indígenas aufbauen wollte,[142] entstand 1978 die von der Regierung gegründete Dirección General de Educación Indígena (DGEI).[143] Diese Direktion legitimierte gleichzeitig das „modelo educativo bilingüe- bicultural“ und baute in vielen indigenen Dörfern bilingual-bikulturelle Schulen auf.[144] In einem Dokument der SEP vom März 2009 werden u. a. die Ziele, die Vision und die Mission der DGEI dargestellt, wobei die Letztere wie folgt definiert ist:

„La DGEI es una institución normativa responsable de que las entidades federativas ofrezcan a la población indígena una educación inicial y básica de calidad con equidad en el marco de la diversidad, a través de un modelo educativo que considere su lengua y su cultura como componentes del currículo, y les permita desarrollar competencias para participar con éxito en los ámbios escolar, laboral y ciudadano que demanda la sociedad del conocimiento para contribuir al desarrollo humano y social como pueblos y como nación en el siglo XXI.”[145]

Auf zehn weiteren Seiten wird erklärt, wie die DGEI diese Ziele erreichen möchte und wie sie sich die indigene Bildungspolitik bis 2030 vorstellt.[146]

Im Weiteren soll nun spezifisch auf die Entwicklung und vor allen Dingen die gegenwärtige Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik eingegangen werden. Dabei werden die in diesem Abschnitt vorgestellten Institutionen, Deklarationen und Gesetze auf ihre Wirkungsweise und untersucht werden. Dazu müssen auch einige Ursachen dieser Auswirkungen genannt werden.

2.4 Die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik von Mexiko im 20. und 21. Jahrhundert

La educación puede ayudarnos a tomar conciencia de que el otro, por ser diverso es un ser que puede sorprendernos, puede decirnos algo que jamás habíamos escuchado, puede quitarnos el tapete con una idea sorpresiva, puede maravillarnos.”[147]

Die Ziele der bilingual-bikulturellen Bildung wurden von der DGEI im Jahr 1978 wie folgt definiert: Man wollte einen koordinierten Bilingualismus in den Schulen schaffen, dabei sollten sowohl die indigenen als auch die spanische Sprachen gleichwertig behandelt werden. Die Verwendung der indigenen Sprachen sollte darüber hinaus einen neuen kulturellen Horizont eröffnen und den kulturellen Austausch zwischen den Schülern fördern. Durch das Erlernen des Schreibens und Lesens in den indigenen Sprachen sollten aber auch gerade die indigenen Kinder leichter an die spanische Sprache herangeführt werden und so ihre schulischen Leistungen insgesamt verbessern.[148] Die CDI formulierte 2008, dass es äußerst wichtig sei, den Bilingualismus der Indígenas zu fördern, da sie sich nur so auch mit anderen indigenen Völkern und Mestizen verständigen könnten.[149] Kritiker sehen als Ziel bei der Vermittlung des Lehrstoffs in Spanisch die Kastellanisierung der indigenen Bevölkerung, um damit eine Assimilierung der Indígenas in die nationale Gesellschaft zu erlangen.[150]

Insgesamt verzeichnet das bilingual-bikulturelle Schulsystem bisher nicht die erwünschten Erfolge. Dies liegt u. a. auch daran, dass die Lehrer es weiterhin bevorzugen, den Schülern den Unterrichtsstoff nationaler Inhalte nur aus der Perspektive einer westlich geprägten Kultur zu vermitteln.[151] Die indigene Kultur wird dabei immer auf dieselbe Weise dargestellt: „[...] rural, armónica, solidaria por antonomasia, opuesta al progreso, la civilización y la vida urbana, conflictiva e individualista.“[152] Das führt dazu, dass die indigenen Kinder anfangen ihre eigene Kultur und Sprache als ungleichwertig zu betrachten.

Des Weiteren spricht folgende Tabelle für den Misserfolg:

Abb. 4: Analphabetenrate der 15 bis 64 Jährigen in Mexiko

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Navarrete (2008: 106).

Die Zahlen zeigen, dass sich von 2000 bis 2005 die Analphabetenrate in Mexiko zwar insgesamt reduziert hat, beim ungleichen Bildungsniveau zwischen Indígenas und Mestizen aber nur eine kleine Annäherung zu verzeichnen war. Die Analphabetenrate der über 15-Jährigen ist bei den ethnolinguistischen Völkern 2005 fast immernoch dreimal so hoch wie bei der restlichen Bevölkerung Mexikos.

Politische Konflikte[153], ökonomische Gründe[154], infrastrukturelle Probleme[155] und bürokratische sowie kulturelle Hürden[156] erklären u. a. dieses Phänomen. Daraus ergibt sich eine Art Teufelskreis: Ohne Bildung gelingt es den Indígenas kaum, sich aus ihrer eigenen Armut und Marginalisierung zu befreien. Armut führt aber gerade dazu, dass sie es sich nicht leisten können, eine Schule zu besuchen. Folgende Tabelle aus dem Jahr 2002 untermauert die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Armut und Bildung:

Abb. 5: Index der Armut im Verhältnis mit dem Bildungsniveau, Mexiko 2002

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Saldívar (2006: 112).

Außerdem wurden nur sehr wenige Schulen zu bilingual-bikulturellen „umfunktioniert“, da es u. a. an Lehrern fehlte, die sowohl in einer indigenen Sprache als auch in Spanisch zugleich unterrichten konnten. Diese Schulen waren fast ausschließlich in indigenen Dörfern oder deren Nähe angesiedelt, in den Städten gibt es bis heute fast keine bilingual-bikulturelle Schulen, nur einige bilingual-bikulturelle Programme, die an die Schulen herangetragen werden.[157]

Eine Studie des DGEI von 2009 belegt, dass es in nur 14 der 31 Bundesstaaten Mexikos überhaupt bilingual-bikulturelle Schulen gibt. Insgesamt existieren 170 dieser Schulen, wovon lediglich 131 als wirklich funktionsfähig bezeichnet werden.[158] Im Vergleich dazu gibt es insgesamt fast 200.000 staatliche und beinahe 24.000 private nicht bilingual-bikulturelle Schulen.[159] Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass in den secundarias und Hochschulen nur in Spanisch unterrichtet wird und das bilingual-bikulturelle System dort gar keine Berücksichtigung mehr findet, was einen Nachteil für die indigenen Gruppen darstellt.[160] Dieser Nachteil wird in der nachfolgenden Grafik gut dargestellt, in der man erkennen kann, dass der prozentuale Anteil der indigenen Kinder, die eine Grundschule und weiterführende Schule besuchen, immer unter der prozentualen Anzahl der nicht indigenen Kinder liegt.

Abb. 6: Prozentsatz der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung nach Alter, welche die Grundschule und weiterführende Schule beendet haben, 2000 Mexiko

Quelle: Fernández Ham (2006: 95).

Zusätzlich kann das Misstrauen der indigenen Bevölkerung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft als einer der Gründe angesehen werden, weshalb die von der DGEI eingeführten bilingual-bikulturellen Schulen nicht den erdachten Erfolg erzielten. Durch die jahrelange Diskriminierung, Homogenisierung und ungleiche Behandlung, denen die Indígenas durch die Mestizen ausgesetzt waren, fehlte es diesen an Vertrauen in die von der (Mestizen-) Regierung entworfenen Projekte und Institutionen. Sie fürchteten „que se pretendía alinearlos y al final utilizarlos políticamente”[161]. Auch die Teilnahme an institutionellen Bildungsprogrammen für ältere Indígenas erzielte dadurch nicht den erwünschten Erfolg. Da es auch vielen Indígenas an Papieren fehlt, ist es generell schwierig für sie, an solchen Projekten überhaupt teilzunehmen.[162] Andere Bildungsprojekte in nicht bilingual-bikulturellen Schulen, die aber ebenfalls das Verhältnis zwischen Indígenas und Nicht-Indigenen verbessern sollten, scheiterten u. a. daran, dass sich die von der Regierung eingesetzten bilingualen Lehrer nicht mit den monolingualen, Spanisch sprechenden Lehrern verstanden.[163]

Die Resultate der indigenen Bildungspolitik des 20. Jahrhunderts erscheinen insgesamt paradox und charakterisieren die Gründe des Scheiterns. Berteley Busquets fasst diese folgendermaßen zusammen:

„Por un lado se avanzó en el reconocimiento de la diversidad lingüística y étnica de la nación mexicana y del estado de inequidad económica, política y social que padecen aún a inicios del siglo XXI los indígenas de nuestro país. Por otro, sin embargo, se institucionalizó una identidad homógenea y un modelo de educación indígena precario y segregador, que borró las diferencias entre los pueblos e ignoró su diversidad en cuanto a los antecedentes, las representaciones culturales y las expectativas que tenían en torno a la escuela, agudizando la inequidad educativa.”[164]

Dies zeigt, dass die Politik bzw. Regierung nicht wirklich auf die Forderungen und Bedürfnisse der indigenen Bevölkerung eingegangen ist, diese vielmehr, wie schon zu Zeiten des rassistischen Indigenismos, nun aber speziell auch in Fragen der Bildungspolitik versucht wurde zu homogenisieren. Die Differenzen der nahezu 62 unterschiedlichen ethnolinguistischen Völker Mexikos, insbesondere in Bezug auf ihre Kulturen, Traditionen und Sprachen, wurden schlichtweg ignoriert. Demgegenüber muss allerdings auch kritisch betrachtet werden, dass es nahezu unmöglich war und auch heute noch ist, zu garantieren, dass es ausreichend Lehrer in jeder der 62 indigenen Sprachen an allen Schulen Mexikos gibt. Vorrangig wurden die Lehrer für die bilingual-bikulturellen Schulen aus den entsprechenden Kulturgemeinschaften angeworben[165] und von der DGEI ausgebildet, da die Mestizen-Lehrer den Voraussetzungen einer bilingual-bikulturell geprägten Lehrkraft selten gerecht wurden. In einer Studie der CDI bezeichnen viele Indígenas diese Lehrer trotzdem als unprofessionell und pädagogisch inkompetent, da sie entweder gar kein Interesse am Erhalt der indigenen Kulturen zeigen, ihre eigenen indigenen Wurzeln verleugnen, die indigenen Kinder schlecht behandeln oder nur unregelmäßig zum Unterrichten erscheinen.[166]

In diesem Zusammenhang muss auch auf die ungleiche Verteilung von Büchern in indigenen Sprachen, die durch das SEP hergestellt wurden, verwiesen werden. Einige indigene Dörfer und Gemeinschaften in den Städten sind sehr gut mit Büchern ausgestattet, andere besitzen nicht ein einziges Buch. Ein Mitarbeiter der CNDH erklärte, dass dies von der Anzahl der die indigene Sprache sprechenden Indígenas abhängig gemacht werden würde. Als Beispiel nannte er Náhuatl[167] als Sprache, welche noch von fast 1,6 Millionen Indígenas gesprochen wird. Demzufolge gibt es auch eine größere Anzahl von publizierten Büchern in dieser Sprache.[168] Triqui[169] auf der anderen Seite gehört nicht zu einer der meistgesprochenen Sprachen und wird daher weniger in der Produktion berücksichtigt. Daraus folgend ergeben sich relativ große Unterschiede in den verschiedenen Regionen, indigenen Dörfern und auch unter den indigenen Gruppen in den Städten, was die Voraussetzung für eine gelingende bilingual-bikulturelle Bildung angeht.[170]

Ein anderes Beispiel, welches aufzeigt, dass die Politik der Homogenisierung bis ins 21. Jahrhundert hineinreicht, ist die vergleichsweise bessere Bildung, die indigene Kinder erfahren, sobald sie auf keine bilingual-bikulturelle Schule gehen. Gleichzeitig müssen sie dafür aber hinnehmen, kein Recht auf eine individuelle linguistische und kulturelle Förderung, zu haben.[171] „Los libros de texto, las prácticas escolares y la ideología nacionalista que compartían la mayoría de sus maestros y compañeros no indígenas y aún indígenas, negaban la diversidad étnica, asociándola con un pasado arcaico.”[172] So werden Kenntnisse der Indígenas über die Umwelt im Unterricht der Naturwissenschaften nicht berücksichtigt; im Fach Geschichte werden nur Ereignisse der indigenen Vorfahren besprochen. Gerade die nicht indigenen Schüler verinnerlichen dabei nur Werte und Konzeptionen über die Indígenas, die meist veraltet sind, und lernen so nichts über die gegenwärtige Situation ihrer indigenen Mitschüler.[173] So kann es auch nicht zum gewünschten interkulturellen Austausch kommen, den Luz María Chapela, Beraterin der Dirección de Educación Intercultural[174] , wie folgt definiert: „[...] un intercambio horizontal, respetuoso, abierto a la otredad e incluyente, que ocurre entre dos o más identidades diversas que aprecian la diversidad y comparten una lengua o tienen acceso a intérpretes calificados.”[175] Chapela nennt in diesem Zusammenhang dennoch gerade die Bildung als die entscheidende Quelle, die dazu fähig ist, die gesamte Gesellschaft Mexikos zu verändern. Nach ihr kann es nur durch Bildung gelingen, dass die

[...]


[1] CDI: Comisión Nacional para el Desarollo de los Pueblos Indígenas (2004 : 90). Die CDI ist eine staatliche Institution, die sich mit der Entwicklung und den Problemen der Indígenas beschäftigt, auf deren Funktion und Tätigkeit unter 2.3.2 noch genauer eingegangen wird.

[2] Die Gesamtbevölkerung Mexikos liegt 2010, nach einer Angabe der Bundeszentrale für politische Bildung, bei 113 Mio. Einwohnern. Vgl. Ernst (o. J.: Abschnitt: Mexiko. Einwohner in Millionen).

[3] Vgl. Navarrete (2008: 8 f.).

Die demografischen Daten von unterschiedlichen Herausgebern variieren stark, aufgrund der differenzierten wirtschaftlichen Interessen. Sie gehen bspw. allein von 56 bis 80 verschiedenen indigenen Sprachen aus. In meiner Argumentation werde ich mich vorrangig auf die Angaben der CDI beziehen.

[4] Mexiko-Stadt besteht aus 16 Bezirken, die den Distrito Federal (Bundesdistrikt) bilden, und dem verstädterten Bereich um D.F. herum, der zum Estado de México (Bundesstaat Mexiko) gehört. Vgl. Jachnow (2008: 47).

[5] Begriff, der für die Ureinwohner Mexikos benutzt wird. Die spezifische Definition folgt unter 1.2.

[6] Vgl. Navarrete (2008: 22).

[7] Vgl. Adam (2005: 13).

[8] Dieser Begriff wird im Kapitel 2.1 noch genauer erläutert werden.

[9] Vgl. hierzu bspw. : Navarrete (2008: 76-110); Albertani (1999: 120); Martinez Casas; Rojas Cortés (2006: 88f.); Saldívar (2006: 110-120); etc.

[10] Navarrete (2008: 7 f.).

[11] Navarrete (2008: 9 f.).

[12] Vgl. Bonfil Batalla (1994: 23).

[13] Vgl. Adam (2005: 13).

[14] Nachfahren reiner Spanierfamilien, Vgl. Navarrete (2008: 31).

[15] Vgl. Adam (2005: 17). Vgl. dazu auch Navarrete (2008: 11).

[16] Diese Kriterien wurden so von der Regierung übernommen, wie man im Laufe der Arbeit erkennen wird.

[17] Über Jahrzehnte war die Sprache das ausschlaggebende Merkmal zur Identifizierung von Indígenas in Statistiken von der Regierung und anderen Institutionen, dabei wurden aber z. B. unter Fünfjährige nicht mit berücksichtigt, was zu verfälschten Ergebnissen führte. Heute zählt man diese auch mit, es reicht sogar aus, wenn in einer Familie nur eine Person eine indigene Sprache spricht, um alle anderen auch als Indígenas zu identifizieren. Vgl. Navarrete (2008: 14).

[18] Vgl. Adam (2005: 11 ff.), Vgl. Castellanos Guerrero (2005: 155).

[19] Vgl. Navarrete (2008: 15).

[20] Vgl. Ernst: http://www.bpb.de/themen/6VF84K.html.

[21] Vgl. Durán de Alba (2007: 160).

[22] Barta (1996: 76).

[23] Paz (1950: 96).

[24] Bonfil Batalla (19994: 73).

[25] Wenn er aber z.B. im Zusammenhang mit „pueblos indígenas“ benutzt wird, hat er eine positive Bedeutung für diese, was man auch daran sieht, dass die Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) diesen Begriff in ihren Forderungen immer wieder aufgreift.

[26] Vgl. Adam (2005: 25).

[27] Gedächtnisprotokoll 2, Abschnitt 1.1.

[28] Vgl. Adam (2005: 66).

[29] Adam (2005: 69).

[30] Dazu gehören bspw. die Nahuatl Indígenas, die immer noch in den Bezirken Xochimilco und Milpa Alta in Mexiko-Stadt leben. Vgl. Scholz (2003: 27).

[31] Die im Weiteren zur Vereinfachung auch als indigene Migranten bezeichnet werden.

[32] Gemeinschaft, die sich aus Indígenas (meist nur) einer ethnolinguistischen Gruppe zusammensetzt.

[33] Vgl. Durán de Alba (2007: 157 f.).

[34] Auf Region, Sprache etc. bezogen.

[35] Vgl. Durán de Alba (2007: 164).

[36] Vgl. Adam (2005: 70, 110).

[37] Vgl. Durán de Alba (2007: 8).

[38] Vgl. Durán de Alba (2007: 7).

[39] Vivienda wird in Mexiko als Bezeichnung für den Ort benutzt, an dem man wohnt, dabei kann es sich um eine Wohnung, ein Haus od. Ähnliches handeln. (Übers. F.G.).

[40] Vgl. Albertani (1999: 197).

[41] Oehmichen (2003: 325).

[42] Ebd.

[43] Vgl. Aguirre Beltrán (1987: o. S.).

[44] Esser wurde gewählt, da er insbesondere der Bildung einen wichtigen Stellenwert im Integrationsprozess von Migranten einräumt, und dies im Rahmen der Fragestellung Relevanz hat.

[45] Aguirre Beltrán beschäftige sich mit der Integration der Indígenas in die mexikanische Mehrheitsgesellschaft und gibt einen Überblick darüber (1987: 87-163). Die Theorie über „Modernität und Tradition“ von Clifford Geertz (1989) wird von Lemos Igreja (2000: 216-219, 291) aufgegriffen und als Erklärung für die benachteiligte Stellung der Indígenas gebraucht, aber auch kritisch betrachtet.

[46] Auf der mexikanischen Seite vgl. z. B.: Navarrete (2008: 76-110); Albertani (1999: 120); Martinez Casas; Rojas Cortés (2006: 88 f.); Saldívar (2006: 110-120). Auf der deutschen Seite: Seifert (2001: 6 f.); Hernold, Loeffelholz (2002); Granato; Kalter (2001: 498, 502-514).

[47] Esser (2001: 1).

[48] Esser (2001: 2).

[49] Esser bezieht sich bei dieser Unterscheidung auf den britischen Soziologen David Lockwood, Vgl. Esser (2001: 3, Fußnote 2).

[50] Esser (2001: 3). Die Systemintegration bezieht die Individuen nicht zwangsläufig mit ein, bildet sich oft sogar unabhängig von ihnen heraus. Das Gleiche gilt umgekehrt: Auch bei einer hohen Sozialintegration kann es zur Des-Integration des ganzen gesellschaftlichen Systems kommen. Vgl. Esser (2001: 6).

[51] Vgl. Esser (2001: 8-17).

[52] Esser (2001: 10).

[53] Vgl. Esser (2001: 17-24).

[54] Esser (2001: 17).

[55] Esser (2001: 18).

[56] Ebd.

[57] Ebd.

[58] Vgl. Esser (2001: 73).

[59] Vgl. Esser (2001: 33-47).

[60] Esser (2001: 33).

[61] Esser (2001: 35).

[62] Dabei kann die dritte Form, die Ethnische Gemeinde, auch eine Schutzfunktion für Migranten in der Phase ihres ersten Aufenthalts im Aufnahmeland übernehmen, was auch als Binnenintegration bezeichnet wird. Nach einer Theorie von Georg Elwert (vgl. 1982: 717-731) sollten die Migranten die Gemeinde, sobald sie ihren ersten (Kultur-)Schock überwunden haben, allerdings wieder verlassen. Empirisch geschieht dies nach Esser fast nie, die Tendenzen zur kulturellen und strukturellen Assimilation sinken bei Akteuren meist eher mit der Etablierung der ethnischen Gemeinde: „Die ‚Binnenintegration‘ in die ethnische Gemeinde verhindert meist die Sozialintegration in die Aufnahmegesellschaft, gerade auch für die Folgegenerationen.“ Esser (2001: 41).

[63] Esser (2001: 42).

[64] Esser (2001: 42).

[65] Vgl. Esser (2001: 64-68).

[66] Esser (2001: 65).

[67] Esser (2001: 67).

[68] Esser (2001: 71).

[69] Navarrete (2008: 118).

[70] Dazu können verschiedenste Personen gezählt werden (z. B. eine Indígena oder ein Wissenschaftler).

[71] Vgl. dazu Durán de Alba (2007: 62-72); Audefroy (2005: 155-159), Navarrete (2008: 25-35), Interview 3, Z:161-162; Interview 2, Z: 242-249; Interview 4, Z: 201-205.

[72] Vgl. Penski; u. a. (2009: 9).

[73] Vgl. Kapitel 2, Unterpunkt 2.1.

[74] Vgl. Navarrete (2008: 18).

[75] Vgl. CDI (2004: 24 f.).

[76] Aguirre Beltrán (1967: 87).

[77] CDI (2004: 9-142).

[78] Vgl. CDI (2004: 23).

[79] Vgl. Adam (2005: 16).

[80] Vgl. Bartolomé (1997a: 15). Die meisten kamen dabei bei kämpferischen Handlungen, andere durch von den Eroberern eingeschleppte Krankheiten um. Vgl. Favre (1998: 21).

[81] Vgl. Campa Mendoza (1998:13).

[82] Vgl. Audefroy (2005: 156).

[83] Vgl. Navarrete (2008: 30).

[84] Molina Ludy (1995: 164).

[85] Vgl. Navarrete (2008: 30).

[86] Vgl. Navarrete (2008: 31 f.).

[87] Vgl. Navarrete (2008: 32 ff.), Adam (2005: 18 f.), Berteley Busquets (o. J.: Absatz 1.).

[88] Vgl. Kapitel 2, Unterpunkt 2.1.

[89] Vgl. Navarrete (2008: 34).

[90] Vgl. Adam (2005: 19).

[91] Vgl. Navarrete (2008: 34 f.).

[92] Vgl. Navarrete (2008: 75).

[93] Vgl. Navarrete (2008: 35 f.).

[94] Nach dem Diccionaro de Español para Extranjeros von Langenscheidt (2006: 790) bedeutet Indigenismo: “Movimiento que apoya reivindicaciones políticas, sociales y económicas para los indígenas y mestizos de los países iberoamericanos.” In Mexiko wurde der Indigenismo mit Assimilation und Integration, später mit ethnischer Entwicklung und Partizipation gleichgesetzt. Vgl. Durán de Alba (2007: 30).

[95] Vgl. Adam (2005: 20 f.).

[96] Bartolomé (1997a: 28).

[97] Bertely Busquets (o. J., Absatz: 3.4). Waren die Indígenas erst einmal alphabetisiert, fiel es u. a. leichter ihnen auch die spanische Sprache beizubringen.

[98] Diese wurden von Anthropologen wie Manuel Gamio, Alfonso Caso und Gonzalo Aguirre Beltrán geprägt (vgl. Navarrete, 2008: 15).

[99] Navarrete (2008: 15).

[100] Ebd.

[101] Navarrete (2008: 40).

[102] Vgl. hier zu typisch indigenen Berufen: Lourdes Arzipe (1975: 127-142).

[103] Vgl. Esser (2001: 35).

[104] Vgl. Bonfil Batalla (1994: 9).

[105] Albertani (1999: 200).

[106] Adam (2005: 22 f.). Vgl. dazu auch speziell zum Thema Bildung: Oehmischen (2003: 325); Zarco Mera (2004: 29-54); Casillas Medina (2003: 91-114).

[107] Maßnahmen, die als partizipativer Indigenismos verstanden werden, sind z. B. der erste internationale Kongress indigener Repräsentanten 1977, des Weiteren der Convenio 169 im Jahr 1991, der den Indígenas bestimmte Rechte wie u. a. das der individuellen Lebensgestaltung, Ausbildung und Beschäftigung zusicherte. Vgl. Adam (2005: 56).

[108] Navarrete (2008: 121).

[109] Damit ist insbesondere gemeint, dass die Indígenas als aktive Mitglieder der Nation Mexiko anerkannt werden wollen, und zwar mit Rechten und der Kapazität, sich selbst zu regieren, in Übereinstimmung mit ihren Kulturen und Traditionen. Vgl. Navarrete (2008: 20).

[110] Navarrete (2008: 18).

[111] Bartolomé Clavero (2000: 38).

[112] Vgl. Esser (2001: 64-68).

[113] Fernández Ham; u. a. (2006: 91).

[114] Bertely Busquets (o. J.: Absatz Einleitung).

[115] Berteley Busquets (o. J.: Absatz 2.).

[116] Lehrer verdienten an diesen Schulen weit weniger als an den Schulen 1. und 2. Klasse, darüber hinaus mussten sie lange Anfahrtswege und schlecht ausgebaute (nicht isolierte, mit offenen Fenstern etc.) Schul-gebäude in Kauf nehmen, die zu erhöhtem Krankheitsrisiko führten. Vgl. Berteley Busquets (o.J.: Absatz 2.).

[117] Vgl. Berteley Busquets (o. J.: Absatz 2.).

[118] Ramirez Castañeda (2006).

[119] Vgl. Navarrete (2008: 118).

[120] Einen guten Überblick über die im Rahmen der indigenen Bildungspolitik gegründeten Institutionen im 20. und 21. Jahrhundert gibt das Dokument „Para concebir el futuro en el presente“ des Secretaría de Educcaión Pública (März 2009).

[121] Bartolomé (1997b: 37).

[122] U. a. spielt dabei eine Rolle, ob sich die Person selbst als Indígena identifiziert und eine indigene Gemeinschaft ihre indigene Kultur, Politik und wirtschaftlichen sowie sozialen Institutionen bewahrt hat. Vgl. Constitución Política de los Estados Unidos Mexicanos (2009: 5 f.).

[123] Constitución Política de los Estados Unidos Mexicanos (2009: 6 f.).

[124] Constitución Política de los Estados Unidos Mexicanos (2009: 7).

[125] Dies wird im Abschnitt 2.4 noch genauer herausgearbeitet werden.

[126] Vgl. Navarrete (2008: 15 f.), Vgl. CDI: http://www.cdi.gob.mx/.

[127] CDI (2004: 97).

[128] Zu einer genauen Auflistung der Aufgaben, Funktionen und Programme der CDI siehe: CDI (04.02.2009).

[129] CDI (2004: 96).

[130] Vgl. Durán de Alba (2007: 143 ff.).

[131] Vgl. Álvarez Álvarez (16.03.2009).

[132] CDI (2008: 26 f.).

[133] Diese Arbeitsgruppe ist der einzige Ort in der UNO, an dem die Indígenas auch zu Wort kommen.

[134] Ausführliche Informationen zur Entstehung und Entwicklung des SEP unter der offiziellen Webseite: http://www.sep.gob.mx.

[135] Vgl. Navarrete (2008: 16).

[136] Ebd.

[137] Ebd.

[138] Ebd.

[139] Der Ansatz war: Inhalte aus allen 62 verschiedenen Kulturen in das Bildungsprogramm einfließen zu lassen.

[140] Das vollständige Organigramm des SEP findet man unter: http://www.emexico.gob.mx/wb2/eMex/eMex_Secretaria_de_Educacio_Publica.

[141] Zur genauen Entstehung und Hintergründen der ANPIBAC, vgl. Berteley Busquets (o. J.: Absatz 3.5).

[142] Ebd. Dieses sollte den Indígenas „educación básica, normal y aún universitaria“ verschaffen. Vgl. ebd.

[143] Zur detaillierten Vorgeschichte vgl. DGEI: http://basica.sep.gob.mx/dgei/pdf/inicio/conocenos/historiaDGEI.pdf.

[144] Ebd.

[145] Vgl. SEP (März 2009: 9-10).

[146] Vgl. SEP (März 2009). Hin und wieder wird der DGEI vorgeworfen, dass sie sich von verschiedenen Personen politisch instrumentalisieren und herumkommandieren lassen, da sie als „puente para la obtención de puestos políticos en el sistema de partidos“ wahrgenommen wird. Vgl. Pérez del Ángel (2002: 8).

[147] Chapela (2004: 181).

[148] Vgl. Bertely Busquets (o. J.: Absatz 3.5).

[149] Vgl. Navarrete (2008: 76).

[150] Vgl. Adam (2005: 15).

[151] Vgl. CDI (2004: 105).

[152] Bertely Busquets (o. J.: Absatz 3.7).

[153] Z. B. der von der EZLN geführte Aufstand 1994 in Chiapas. Vgl. Mexiko Lexikon (27.02.2008): EZLN.

[154] Die Mehrheit der Indígenas lebt unter der Armutsgrenze Mexikos und kann deshalb kaum für Schulbücher und Ähnliches ihrer Kinder aufkommen. Die Kinder müssen darüber hinaus oft mit zum Lebensunterhalt beitragen und gehen schon früh mit ihren Eltern arbeiten. Vgl. Ernst (o. J.: Absatz soziale Situation).

[155] Es fehlen Schulen in der Wohngegend von Indígenas oder sie müssen lange Anfahrtswege in Kauf nehmen. Vgl. Bertely Busquets (o. J.: Absatz 3.8).

[156] Oftmals haben die Eltern keine offizielle Adresse oder es fehlen wichtige Dokumente, wie die Geburtsurkunde, die für eine Schuleinschreibung aber nötig sind. Vgl. Mexiko-Lexikon (18.05.2009): Bildung und Schulwesen.

[157] In Mexiko-Stadt wurde zwischen 2003-2004 el programa de educación intercultural-bilingüe an 96 Schulen realisiert. Vgl. Gedächtnisprotokoll 1, Absatz 1.

[158] DGEI (2009):Red Edusat.

[159] Mexiko-Lexikon (18.05.2009): Bildung und Schulwesen. Wenn man allein die Anzahl der staatlichen mit den 170 bilingual-bikulturellen Schulen vergleicht, kommt man auf ein Verhältnis von 0,1 : 100. Bei einer indigenen Bevölkerung, die fast 10 % der Gesamtbevölkerung Mexikos ausmacht, müsste das Verhältnis gerechterweise 10 : 100 sein.

[160] Vgl. Navarrete (2008: 108); vgl. Pérez del Ángel (2002: 8).

[161] Vgl. Briseño Benítez (2005: 370 ff.).

[162] Vgl. Valencia Rojas (2000: 53).

[163] Saldívar (2006:120).

[164] Bertely Busquets (o. J.: Absatz 3.8).

[165] Vgl. Adam (2005: 60).

[166] Vgl. CDI (2004: 44); vgl. hierzu auch: Pérez del Angel (2002: 7).

[167] Vorrangig in Mexiko-Stadt und in den Bundesstaaten drum herum gesprochen, wurde bereits u. a. von den Azteken benutzt. Zu den meistgesprochenen indigenen Sprachen Mexikos zählen neben Náhuatl: Maya, Zapoteco, Mixteco, Otomí, Tzeltal, Tzotzil, Totonaca, Mazateco, Ch'ol. Vgl. Mexiko Lexikon (21.11.2007): Die meistgesprochenen Sprachen.

[168] Interview 4, Z: 70-80.

[169] Triquis stellen eine der ethnolinguistischen Gruppen Mexikos dar, ihre Stammessprache heißt genauso.

[170] Vgl. auch Stavenhagen (2004: 462 f.).

[171] Dies führt zu Problemen, da viele indigene Kinder nicht so gut Spanisch sprechen wie die nicht indigenen Kinder und daher Angst haben, sich zu melden oder Prüfungen abzulegen. Vgl. La Red (August-September 1998: 5).

[172] Bertely Busquets (o. J. : Absatz 3.8)

[173] Beispiel dafür liefert Zarco Mera (2004: 110), der z.B. von einem Jungen aus Mexiko schreibt, der denkt, dass die Indígenas noch in Höhlen wohnen oder einem Buch in dem geschreiben steht: „Los indígenas en general son malas. Necesitan trabajo, alimentación y servicios de salud, escuelas, seguridad y respeto.”

[174] Diese Dirección stellt einen wichtigen Teilbereich der SEP dar.

[175] Chapela (2004: 169).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842803527
DOI
10.3239/9783842803527
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) – Kulturwissenschaften, Wirtschafts- und Sozialgeographie
Erscheinungsdatum
2010 (September)
Note
1,6
Schlagworte
integration bildungspolitik indigenas triqui-maiz mexico
Zurück

Titel: Die Bedeutung von Bildung in der indigenen Integrationspolitik von Mexiko-Stadt
Cookie-Einstellungen