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Lebensqualität und Wohlstand auf dem Prüfstand - Warum die Deutschen so reich und dennoch so arm sind

©2010 Bachelorarbeit 105 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Angenommen, die Menschen würden sich mit ein wenig mehr Respekt – nur einem Quantum mehr Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge begegnen. Wie einfacher wäre wahrscheinlich das Leben miteinander – und um wie viel unbeschwerter könnte man seinen Alltag verrichten. Die Menschen haben es selbst ihn ihrer Hand…
Anmerkung des Verfassers, Juli 2010.
Das Leben der Menschen eines Industriestaats im 21. Jahrhundert ist gekennzeichnet von einer grundlegenden Schizophrenie: Auf der einen Seite soll man flexibel und innovativ sein, sich ständig verändern und grundsätzlich bereit sein, neues zu lernen. Auf der anderen Seite werden die traditionellen, moralischen Ideale hochgehalten als hätte sich die Gesellschaft nicht verändert. Man ist regelrecht gezwungen, sich dem Sog der Gesellschaft anzupassen, wenn man ein Teil von ihr sein – und bleiben will…
In dieser Arbeit soll untersucht werden, aus welchem Grund laut einiger Studien die Lebensqualität der deutschen Bevölkerung im internationalen Vergleich niedriger ist, als dies nach dem Maßstab ‘Wohlstand’ zu erwarten wäre.
Unterschiedliche Entwicklungsindikatoren wie der HDI (Human Development Index), und das Bruttoinlandsprodukt spiegeln aus ökonomischer Sicht den Wohlstand einer Nation wider. Anhand dieser Indikatoren befindet sich Deutschland im Bruttoinlandsprodukt auf dem vierten Platz und im HDI auf dem zweiundzwanzigsten Platz. In Anbetracht dessen, dass weltweit 182 Staaten existieren (Stand: April 2010), befindet sich Deutschland somit im oberen Bereich.
Dennoch besagen unterschiedliche Studien, dass die BRD im Punkt der Lebensqualität eine eher enttäuschende Platzierung einnimmt, wie es eigentlich von unserer augenscheinlichen Lebensqualität zu erwarten wäre.
Dieses Missverhältnis dieser Untersuchungsergebnisse bildet das Kernthema dieser These.
In den Grundlagen dieser wissenschaftlichen Arbeit soll vorerst analysiert werden, welche Faktoren zur Lebensqualität und zum Entstehen von Glücksgefühlen maßgeblich sind. Ebenso sollen Modelle aufgezeigt werden, die konzipiert wurden um die Einflüsse der Lebensqualität verständlicher darzustellen.
Im Hauptteil sollen Erhebungen zur Untersuchung der Lebensqualität innerhalb einiger, ausgesuchter Länder mit den Untersuchungsergebnissen Deutschlands verglichen und ausgewertet werden. Welche entscheidenden Faktoren sind für eine verminderte Lebensqualität der deutschen Bevölkerung maßgeblich? Welche Rollen nehmen hierbei […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Michael Effenberger
Lebensqualität und Wohlstand auf dem Prüfstand - Warum die Deutschen so reich und
dennoch so arm sind
ISBN: 978-3-8428-0308-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (ehemals FH
Nürtingen), Nürtingen, Deutschland, Bachelorarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I. Inhaltsverzeichnis
I.
Inhaltsverzeichnis
II.
Abbildungsverzeichnis
1.
Einführung
1
2.
Grundlagen
4
2.1.
Herkunft
und
Definition
4
des Begriffs ,,Lebensqualität"
aus wissenschaftlicher Perspektive
2.2.
Warum Lebensqualität nicht mit Wohlbefinden
7
und Wohlstand einhergeht:
Das Easterlin-Paradoxon
2.3.
Ist
Glück
messbar?
12
2.4.
Glücksfaktoren ­ der Ursprung
14
unserer Lebensqualität
2.5.
Glücksmodelle 18
2.6.
Wie das Klima die Lebensqualität
23
des Menschen beeinflusst
2.7.
Das Bruttonationaleinkommen als Indikator
24
der Lebensqualität
2.8.
Untersuchung
der
Lebensqualität
27
2.8.1.
Lebensqualität versus Lebenserwartung
27
2.8.2.
Indizes zur Untersuchung der Lebensqualität
28
2.8.2.1.
Human-Development Index
28
2.8.2.2.
Net Economic Welfare
29
2.8.2.3.
Happy-Planet-Index
29
2.8.2.4.
Bruttonationalglück
30
2.8.2.5.
World Database of Happiness
31
2.8.3.
Fazit
der
Indizes
31
3.
Erhebungen der World Database of Happiness
34
3.1.
Vorstellung
der
Instrumente
der
34
World Database of Happiness
3.1.1.
Revised NEO Personality Inventory
34
3.1.2.
Gallup
World
Poll
35
3.1.3.
Fraser
Institute 35
3.1.4.
Heritage Foundation
35
3.1.5.
Failed
State
Index
36
3.1.6.
Estes' Indizes
36
3.1.7.
World Bank Indikatoren
36
3.1.8.
Weitere Untersuchungen
37
3.2.
Vergleich
der
Erhebungen
37
3.2.1.
Erläuterung zur Vorgehensweise
37
3.2.1.1.
Bestimmung der Vergleichsnationen
37
3.2.1.2.
Einteilung der Einflussgrößen in Hauptgruppen
41
3.2.2.
Auswertung
42
3.2.2.1.
Anmerkungen zur Auswertung
42
3.2.2.2.
Auswertungsergebnisse
43
3.2.2.2.1.
Altersverteilung der Nationen
43

3.2.2.2.2.
Ängste
43
3.2.2.2.3.
Bildungskennzahlen
44
3.2.2.2.4.
Drogenkonsum 44
3.2.2.2.5.
Ernährungsverhalten
44
3.2.2.2.6.
Ethische Zusammensetzung der Bevölkerung
45
3.2.2.2.7.
Freiheit 45
3.2.2.2.7.1.
Pressefreiheit
45
3.2.2.2.7.2.
Juristische Freiheit
45
3.2.2.2.7.3.
Politische Freiheit
45
3.2.2.2.7.4.
Individuelle Freiheit
45
3.2.2.2.7.5.
Unternehmerische Freiheit
46
3.2.2.2.8.
Freizeitgestaltung
47
3.2.2.2.9.
Korrelationen
47
3.2.2.2.10.
Allgemeine Lebenszufriedenheit
48
3.2.2.2.11.
Medizinische Kennzahlen
48
3.2.2.2.12.
Regierungseffektivität
49
3.2.2.2.13.
Religionskennzahlen
49
3.2.2.2.14.
Sicherheitsbefinden und Kriminalität
50
3.2.2.2.15.
Technologieindex
50
3.2.2.2.16.
Toleranz der Bevölkerung
50
3.2.2.2.17.
Versorgungssicherheit
51
3.2.2.2.18.
Vertrauen
51
3.2.2.2.19.
Wirtschaftskennzahlen
51
3.2.2.2.20.
Wohlstand
52
3.2.2.3
Tabellarische Darstellung der Erhebungen
52
der World Database of Happiness
3.2.3
Kritik an der World Database of Happiness
57
3.2.4.
Fazit der Auswertungen
59
4.
Strategien für eine glücklichere Gesellschaft
62
4.1.
Die
Rolle
der
Politik
62
4.1.1.
Nachhaltige Vermittlung moralischer Werte
63
4.1.2.
Der
Statuswettlauf
65
4.1.3.
Mobilität
68
4.1.4.
Ernährung vs. Lebensqualität
69
4.1.5.
Abkehr von der aktuellen Marktform
72
4.1.5.1.
Dualwirtschaft 73
4.1.5.2.
Gerechte Marktwirtschaft I ­ Erbschaftssteuer
74
4.1.5.3.
Gerechte Marktwirtschaft II ­ Geldreform
75
4.1.5.4.
Gerechte Marktwirtschaft III
78
- laboristische Unternehmungen
4.1.5.5.
Überlegung einer demokratischen Planwirtschaft
79
4.1.6.
Anmerkung zur Marktreform
80
4.2.
Die
Rolle
der
Wirtschaft
81
4.3.
Die
Rolle
des
Menschen
84
5.
Fazit
90
III .
Anhang
IV.
Literaturverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis
Abbildungsnummer Abbildungsbeschreibung
Seitenzahl
1
Entwicklung von Glück und
Einkommen in den USA:
1945 ­ 2000
11
2 Entwicklung
des
tatsächlichen Einkommens
und des benötigten
Einkommens in den USA
14
3 Entwicklung
von
Einkommen und Glück
(weltweit)
16
4 Instrumente
zur
Erforschung
der Lebensqualität
20
5 Maslowsche
Bedürfnispyramide
22
6 Berechnung
des
Bruttonationaleinkommens
26
7
Auszug der Tabelle des
Happy Planet Index
33
8
Lebensqualität der deutschen
Bevölkerung und der
Bevölkerung der
Vergleichsnationen
39
9
Auszug der Tabelle der
World Database of
Happiness
40
10 Gegenüberstellungen
der
Zinsbeträge und
Zinsbelastungen für
Haushalte
70

1
Danksagung
Bedanken möchte ich mich herzlichst bei Herrn Prof. Dr. Ruut Veenhoven von der
Erasmus-Universität Rotterdam, der mir die Erhebungsauswertungen der World
Database of Happiness zur Verfügung stellte. Ebenso bedanken möchte ich mich bei
den Gutachtern dieser Thesis, Herrn Prof. Dr. Klaus Gourgé und Frau Prof. Dr. Anne
Kathrin Gliemeroth, nicht zuletzt auch für die ausgezeichnete Betreuung!
1. Einführung
Angenommen, die Menschen würden sich mit ein wenig mehr Respekt ­ nur einem
Quantum mehr Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge begegnen. Wie einfacher wäre
wahrscheinlich das Leben miteinander ­ und um wie viel unbeschwerter könnte man
seinen Alltag verrichten. Die Menschen haben es selbst ihn ihrer Hand...
Anmerkung des Verfassers, Juli 2010
Das Leben der Menschen eines Industriestaats im 21. Jahrhundert ist
gekennzeichnet von einer grundlegenden Schizophrenie: Auf der einen Seite soll
man flexibel und innovativ sein, sich ständig verändern und grundsätzlich bereit sein,
neues zu lernen. Auf der anderen Seite werden die traditionellen, moralischen Ideale
hochgehalten als hätte sich die Gesellschaft nicht verändert. Man ist regelrecht
gezwungen, sich dem Sog der Gesellschaft anzupassen, wenn man ein Teil von ihr
sein ­ und bleiben will...
In dieser Arbeit soll untersucht werden, aus welchem Grund laut einiger Studien die
Lebensqualität der deutschen Bevölkerung im internationalen Vergleich niedriger ist,
als dies nach dem Maßstab ,,Wohlstand" zu erwarten wäre.
Unterschiedliche Entwicklungsindikatoren wie der HDI (Human Development Index),
und das Bruttoinlandsprodukt spiegeln aus ökonomischer Sicht den Wohlstand einer
Nation wider. Anhand dieser Indikatoren befindet sich Deutschland im
Bruttoinlandsprodukt auf dem vierten Platz und im HDI auf dem zweiundzwanzigsten
Platz. In Anbetracht dessen, dass weltweit 182 Staaten existieren (Stand: April
2010), befindet sich Deutschland somit im oberen Bereich.

2
Dennoch besagen unterschiedliche Studien, dass die BRD im Punkt der
Lebensqualität eine eher enttäuschende Platzierung einnimmt, wie es eigentlich von
unserer augenscheinlichen Lebensqualität zu erwarten wäre.
Dieses Missverhältnis dieser Untersuchungsergebnisse bildet das Kernthema dieser
These.
In den Grundlagen dieser wissenschaftlichen Arbeit soll vorerst analysiert werden,
welche Faktoren zur Lebensqualität und zum Entstehen von Glücksgefühlen
maßgeblich sind. Ebenso sollen Modelle aufgezeigt werden, die konzipiert wurden
um die Einflüsse der Lebensqualität verständlicher darzustellen.
Im Hauptteil sollen Erhebungen zur Untersuchung der Lebensqualität innerhalb
einiger, ausgesuchter Länder mit den Untersuchungsergebnissen Deutschlands
verglichen und ausgewertet werden. Welche entscheidenden Faktoren sind für eine
verminderte Lebensqualität der deutschen Bevölkerung maßgeblich? Welche Rollen
nehmen hierbei beispielsweise die Gesundheit, die Spiritualität und vor allem der
Wohlstand ein?
Gibt es zur Messung hierfür auch andere, individuelle Orientierungshilfen? Vor allem;
Warum befinden wir uns laut einiger Studien zur Ermittlung der Lebensqualität im
internationalen Vergleich nur im Mittelfeld? Hierbei sollen auch Wohlstandsparadoxe
diskutiert werden. Warum liegen in der Lebenszufriedenheit Staaten vorne, deren
Großteil der Bevölkerung es an dem Niveau des Wohlstands mangelt, wie er in
Deutschland herrscht ­ obwohl doch das Bruttonationaleinkommen schon von jeher
darüber Auskunft geben soll, wie gut situiert die Gesellschaft in der jeweiligen Nation
ist.
Ebenso sollen ableitend die Minderungsfaktoren der Lebensqualität der deutschen
Bevölkerung aufgeführt werden.
Im Schlussteil sollen durch diverse Maßnahmen politische Instrumente erläutert
werden, durch die laut renommierter Glücksforscher die Lebensqualität einer

3
Gesellschaft gesteigert werden kann. Vor allem: was kann die Wirtschaft dazu
beitragen. Was kann außerdem jeder Einzelne dafür tun um seine eigene,
individuelle Lebensqualität zu steigern?
Diese wissenschaftliche These fundamentiert auf Aussagen von Ökonomen und
Soziologen, auf Studien, Interviews und Umfragen.
Es soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass ,,Lebensqualität" einem sehr
subjektiven Werturteil unterliegt da jeder Mensch unterschiedliche Kriterien in die
Messung seiner eigenen Lebensqualität einfließen lässt. Auch Studien zu
Glücksforschungen beziehen sich in internationalen Vergleichen auf Ergebnisse
einzelner Untersuchungen welche im Ergebnis repräsentativ für die
Gesamtbevölkerung sprechen; Demnach wurden Lebensqualitätsfaktoren mit
einbezogen die allgemein gehalten wurden und zu internationalen Vergleichen
angewendet werden konnten. Daher kann auf Grund dieser eben genannten
Subjektivität niemals die tatsächliche Lebensqualität jedes einzelnen Menschen mit
einbezogen werden.
Ebenso wenig wird es in dieser wissenschaftlichen Arbeit möglich sein, dem Begriff
,,Lebensqualität" eine feste Definition zuzuordnen da jeder Mensch seine eigene
Vorstellung von seiner Lebensqualität hat. In der Hinführung soll genauer darauf
eingegangen werden. Im gesamten Verlauf dieser Arbeit wird von statistischen
Analysen ausgegangen die teilweise über mehrere Jahre hinweg erhoben wurden.
Weiterhin muss erwähnt werden, dass Lebensqualität wohl ­ wenn auch schwer
international vergleichbar - nicht in Zahlen darstellbar ist. Da hinzukommend dem
Begriff ,,Lebensqualität" keine feste Definition zuordbar ist, werden auch
philosophische Aspekte einzelner Autoren in dieser wissenschaftlichen These eine
Rolle spielen.
Das Ziel dieser Arbeit jedoch ist es zum Einen die Gründe zu interpretieren, warum
die deutsche Bevölkerung auf der Skala Lebensqualität (Glück) niedriger liegt als auf
der Wohlstands-Skala (BSP) und es soll versucht werden aufzuzeigen, welche

4
gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Gestaltungsmöglichkeiten es gäbe,
diesen Zustand zu verändern.
2. Grundlagen
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist das Wohlbefinden eines Menschen
subjektiv zu betrachten. Ein vermögender US-Amerikaner mag erst dann über für ihn
ausreichende Lebensqualität verfügen, wenn er über eine symbolträchtige Villa mit
Pool verfügt, ein Einwohner eines armen afrikanischen Landes hat möglicherweise
dann den Zufriedenheitslevel seiner Lebensqualität erreicht wenn er an einem Abend
einmal nicht mit knurrendem Magen zu Bett gehen muss. Aber es gibt auch
wissenschaftliche Aspekte, in denen der Begriff ,,Lebensqualität" näher erläutert
werden soll.
2.1. Herkunft und Definition des Begriffs ,,Lebensqualität" aus wissenschaftlicher
Perspektive
,,Jede bewusste Handlung und in gewisser Weise sogar unser ganzes Leben, das wir
uns unter den gegebenen Beschränkungen einrichten, lässt sich als Antwort auf die
große Frage auffassen, die uns alle beschäftigt: Wie werde ich glücklich?" (Dalai
Lama, 1999)
1
und von Aristoteles stammt das Zitat: ,,Alle Menschen wollen glücklich
sein".
2
An diesen Zitaten ist zu erkennen, dass sich Menschen schon immer mit dem Thema
,,Glück" befassten und dieses ebenso im modernen Zeitalter aktuell ist. Somit ist
Glück aus philosophischer und wissenschaftlicher Perspektive zu betrachten.
So sei Glück ein ,,imaginärer Zustand", den früher die Lebenden bei den Toten
vermuteten und heute im Allgemeinen Erwachsene den Kindern ­ und Kinder der
Erwachsenen zuschreiben. Das wirkliche Glück wird also dort vermutet wo es nicht
ist. Schon der Dichter Georg Philipp Schmid wusste: ,,Dort wo du nicht bist, dort ist
das Glück".
3
1
Dalai Lama (1999): Das Buch der Menschlichkeit ­ eine neue Ethik für unsere Zeit, Seite 8
2
Vgl. Bellebaum Alfred (2002): Glücksforschung ­ eine Bestandsaufnahme, S. 13
3
Vgl. Binswanger, Mathias (2006): Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun?
S. 18

5
Der Begriff ,,Lebensqualität" entstand allerdings erst im frühen 20. Jahrhundert. Der
Wohlfahrtsökonom A.C. Pigou schrieb 1920 bereits: ,,Non-economic welfare is liable
to be modified by the manner in which income is earned. For the surroundings of
work react upon the quality of life"
So ist der Begriff ,,Lebensqualität" im Zusammenhang mit der Problematik der
optimalen Arbeits- / Freizeiteinteilung entstanden.
Ab 1960 tauchte er dann häufiger auf, vorerst vor allem im Zusammenhang mit
populärwissenschaftlichen Diskussionen und Veröffentlichungen über Probleme der
Umweltverschmutzung und der Verschlechterung städtischer Wohnbedingungen.
4
Später wurde er jedoch auch auf weitere Lebensbereiche ausgedehnt, folgende 11
Sozialindikatoren für den Begriff Lebensqualität sollten in möglichen OECD-Ländern
anwendbar und damit messbar gemacht werden;
Gesundheit, Ausbildungsstand, Beschäftigung, Qualität des Arbeitslebens,
Tagesrhythmus und Freizeitmöglichkeiten, Einkommen und Wohlstand,
Wohnqualität, Qualität der natürlichen Umwelt, Ausmaß an Kriminalität an Personen,
Verteilung des Wohlstands und finanzielle Barrieren beim Zugang zu
Gesundheitswesen, Bildung und Wohnungen. Ob diese Sozialindikatoren noch heute
aktuell sind, wir nachfolgend im Hauptteil aufgeführt werden.
5
Allerdings spielen ,,Glück", ,,Glücklichsein" und ,,subjektives Wohlbefinden" laut
Diener
6
als relevante Faktoren in die Lebensqualität und Lebenszufriedenheit eines
Individuums mit ein. Warum es nicht mit dem allgemeinen ,,Wohlbefinden"
gleichgesetzt werden darf, wird im nachfolgenden Kapitel erläutert. Vorerst sollen
allerdings diese Begrifflichkeiten erläutert werden.
4
Vgl. Werda, Kirsten (2004): Persönliche Ziele, Erfolge und Wohlbefinden, Seite 17, 18
5
Vgl. Widmer, Werner (1989): Managerarbeit und Lebensqualität, Seite 12
6
Vgl. Diener, Ed (2009): Assessing well-being, S. 9

6
Glück sei eine ,,subjektiv-private" Angelegenheit, nach der Definition von Alfred
Bellebaum. Subjektives Wohlbefinden, Zufriedenheit und Lebensqualität seien
angrenzende Termini des Begriffs ,,Glück".
7
Subjektives Wohlbefinden beschreibt, wie das Leben von einem Menschen
eingeschätzt wird. Hierbei wird einerseits die kognitive Bewertung des ganzen
Lebens berücksichtigt, andererseits aber auch der emotionale Zustand oder die
Stimmung einer Person, während der Befragung ­ also die affektive Komponente.
Beide Komponenten hängen unmittelbar zusammen, da die affektive Komponente
nur ein vorübergehender, kurzer Zustand der kognitiven Komponente ist. Dennoch
müssen beide Komponenten separat, als unabhängige Konstrukte betrachtet
werden.
8
Im Leben eines Menschen bedeutet dies, dass die Lebensqualität über die gesamte
Lebensspanne den kognitiven Bereich stellt. Ein vorübergehender Zustand, z.B.
Trauer, Enttäuschung, Frust, etc. stellt den affektiven Bereich. Dennoch kann die
Lebensqualität eines Menschen im kognitiven Bereich sehr hoch sein, auch wenn die
Lebensqualität auf kurze Sicht ­ also im affektiven Bereich sehr niedrig ist. Beide
Bereiche bauen aufeinander auf, da im Endeffekt viele affektive Zeitabschnitte
letztendlich den kognitiven Bereich der Lebensqualität eines Menschen darstellen.
Daher ist für diese Arbeit nur die kognitive Komponente von Bedeutung, da
schließlich die Lebensqualität während eines gesamten Lebens eines Menschen
untersucht werden soll.
Der kognitive Bereich des subjektiven Wohlbefindens wird als Lebenszufriedenheit
bezeichnet. Wie erwähnt, gibt er darüber Auskunft, wie jemand zufrieden mit seinem
bisherigen Leben ist. Lebenszufriedenheit kann als globales Maß erhoben-, oder /
und auf einzelne Lebensbereiche (Familie, Arbeit, Freizeit, Finanzen) bezogen
werden.
9
Verschiedene Messverfahren werden im Verlauf dieser Arbeit erläutert.
7
Vgl. Bellebaum Alfred (2002): Glücksforschung ­ eine Bestandsaufnahme, S. 15, 16
8
Vgl. Kirsten Werda (2004): Persönliche Ziele, Erfolge und Wohlbefinden, Seite 17, 18
9
Vgl. Diener, Ed (2009): Assessing well-being, S. 9

7
2.2. Warum Lebensqualität nicht mit Wohlbefinden und Wohlstand einhergeht: Das
Easterlin-Paradoxon
Grundsätzlich gilt zwischen körperlichem und psychischem Wohlbefinden zu
unterscheiden, wobei die erste Variante auch mit der letztgenannten einhergeht.
Generell soll jedoch das psychische Wohlbefinden eines Menschen bzw. einer
Bevölkerung aufgeführt werden.
10
Laut Heinz Norbert Noll werden Wohlstand ­ oder auch Lebensqualität ­ zumeist als
materielle Dimensionen der Wohlfahrt (Verfügung über Einkommen, Besitz und
Konsum von Dienstleistungen) bezeichnet. Wohlbefinden ist eine Interpretation von
Wohlfahrt, in der das Individuum seine Wahrnehmungen, Situationsdefinitionen,
kognitive Bewertungen und Gefühlszustände, also das subjektive Element in den
Vordergrund stellt. Lebensqualität ist demgegenüber ein ,,multidimensionales
Konzept", das sowohl materielle als auch immaterielle, objektive und subjektive,
individuelle und kollektive Wohlfahrtskomponenten gleichzeitig umfasst und
qualitative Aspekte gegenüber den quantitativen Aspekten betont. Somit hat
Wohlfahrt eine subjektive und objektive Dimension. Der Lebensstandard bezieht sich
primär auf die materiellen Bedürfnisse und unterscheidet sich in dieser Form von
,,Lebensqualität", dass Lebensqualität ebenso weitergehende Bedürfnisse wie
,,Zugehörigkeit" und ,,Selbstverwirklichung" beinhaltet.
11
So umfasst laut Friedrich ebenfalls der Lebensstandard einer Person Güter und
Dienstleistungen, die sie nutzen kann, also prinzipiell Marktgüter und öffentliche
Güter.
12
Somit werden die Aspekte der Lebensqualität der deutschen Bevölkerung im
fortführenden Teil der Arbeit zu untersucht, da laut vorangegangener Definition
,,Wohlbefinden", ,,Wohlstand" und ,,Lebensstandard" auf materielle Dimensionen
zurückführen.
10
Vgl. Noll, Heinz-Peter (1996): Wohlstand, Lebensqualität und Wohlbefinden in den Ländern der Europäischen
Union, S. 3
11
Vgl. Noll, Heinz-Peter (1996): Wohlstand, Lebensqualität und Wohlbefinden in den Ländern der Europäischen
Union, S. 3
12
Vgl. Friedrich, Dieter / Görres-Gesellschaft (Hrsg.) (1987): Stichwort ,,Lebensstandard", in: Staatslexikon:
Recht, Wirtschaft, S. 868

8
Warum muss aber davon ausgegangen werden, dass materieller Wohlstand nicht die
Lebensqualität der Menschen steigert?
Zur Gründerzeit der Ökonomie lautete die Devise nach Francis Hutcheson; ,,Das
größte Glück der größten Zahl". Gemeint war, dass sich das Glück der Menschen am
Besten messen ließ, wenn man zusammenzählte, was sie produzierten und
konsumierten.
13
Dadurch meinte man glauben, wissen zu können, wie gut es einer
Bevölkerung ging. Das Geld war Maß aller Dinge ­ und daraus ableitend wurde die
These aufgestellt; ,,Je höher das Einkommen eines Menschen, desto besser für ihn"
und ,,Was den Menschen gut tut, zeigt sich darin, wofür sie Geld ausgeben".
14
Daraus erfolgte der Vorteil, dass man nicht in die Köpfe und Herzen der Menschen
sehen musste um zu bestimmen, was Menschen wohl bekommt.
15
In der Literatur wird vom Easterlin-Paradoxon gesprochen, wenn über die Erkenntnis
gesprochen wird, dass Geld allein nicht glücklich machen kann. Diese Erkenntnis ist
nämlich ein Problem für die gängige, ökonomische (Mainstream-) Theorie, welche
Ansprüche / Erwartungen und interdependente Präferenzen ausklammert.
16
,,Mainstream economic theory ... focuses chiefly on pecuniary conditions
and assumes that an increase in the material goods at one`s disposal increases well-
being".
17
So ist grundsätzlich ,,mehr" besser als ,,weniger", eine der grundlegenden
,,Annahmen" der mikroökonomischen Konsumententheorie, Gewöhnung und
Vergleich kommen ,,annahmegemäß" nicht vor.
18
13
Vgl. Heuser, Uwe-Jean (2007): Schneller? Reicher? Glücklicher?
14
Friedrich, Dieter / Görres-Gesellschaft (Hrsg.) (1987): Stichwort ,,Lebensstandard" aus Staatslexikon: Recht,
Wirtschaft, Gesellschaft. Band 3, S. 868
15
Vg. Friedrich, Dieter / Görres-Gesellschaft (Hrsg.) (1987): Stichwort ,,Lebensstandard" aus Staatslexikon:
Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Band 3, S. 868
16
Vgl. Clark, Andrew / Frijters, Paul / Shields, Michael A. (2007): Relative Income, Happiness and Utility: An
Explanation for the Easterlin Paradoxon and Other Puzzles
17
Easterlin, Richard (1995): Will Raising the Incomes of All Increase the Happiness of All?, Journal of
Economic Behavior and Organization 27, no. 1: Seite 35-48
18
Vgl. Ruckriegel, Karlheinz (2007): Happiness Research ­ eine Abkehr vom Materialismus, S.5

9
Allerdings sind gerade Gewöhnung und Vergleich die Ursachen des Easterlin-
Paradoxon, das nach Richard Easterlin bekannt wurde. Dieser problematisierte
diesen Sachverhalt schon 1974. Er untersuchte zwischen 1949 und 1970 die
Bevölkerung von über 19 Ländern und stellte fest, dass zwischen Einkommen und
Glück ein weniger großer Zusammenhang besteht wie zunächst angenommen.
19
Zum einen ist ­ sobald das materielle Einkommen gesichert ­ weniger das absolute
Einkommen sondern vielmehr das relative Einkommen für den Einzelnen
entscheidend. Die Summe der Rangplätze einer Volkswirtschaft sei aber fix; steigt
der eine auf ­ müsse der andere zwangsläufig absteigen ­ im Endeffekt ein
Nullsummenspiel.
20
Dieses Paradoxon wurde auch von anderen Glücksforschern bestätigt; Blanchflower
und Oswald 2000; Diener und Oishi 2000; Myers 2000; Kenny 1999 und Lane
1998.
21
Auch laut Richard Layard haben Wirtschaftswissenschaftler die Angewohnheit,
Lebensqualität einer Gesellschaft mit ihrer Kaufkraft gleichzusetzen. Diese Theorie
wurde in der Geschichte der letzten 50 Jahre gründlich widerlegt da Untersuchungen
zeigen. dass die Bevölkerung von Wohlstandsländern wie USA, Japan, Deutschland
und Großbritannien ­ trotz mehr als verdoppeltem Durchschnittseinkommen ­ nicht
glücklicher sind ­ und somit nicht über eine höhere Lebensqualität verfügen.
22
Es existiert ein Sprichwort, das heißt: ,,Menschen, die behaupten, dass Geld nicht
glücklich macht, wissen nicht wo einzukaufen!" Was ist demnach nun richtig? Die
Antwort lautet: Beides! Menschen wissen nicht was einzukaufen ist, damit sie
glücklicher werden.
23
19
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 44
20
Vgl. Csikszentmihalyi (2007): Flow ­ Das Geheimnis des Glücks, S. 86
21
Vgl. Grimm, Jordis (2006): Ergebnisse der Glücksforschung als Leitfaden für politisches Handeln?, S.9
22
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 44
23
Vgl. Binswanger, Mathias (2006): Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir
tun?, S. 25

10
Zudem geht unser Wertesystem von einem Irrglauben aus: durch den Trieb, immer
höher hinaus zu wollen, geht man davon aus, das Glück steigern zu wollen, als wenn
es nach oben keine Grenze gäbe. Der Grund hierfür ist, dass das menschliche
Gehirn sich die Zukunft ziemlich gut vorstellen kann ­ es aber nicht perfekt ist.
Darum tut sich immer wieder eine Kluft zwischen dem ­ wovon man glaubt dass es
einen glücklich macht und dem, was den Mensch tatsächlich glücklich macht.
24
Bellebaum erkannte eine Tatsache, die in dieser Arbeit eine Schlüsselrolle einnimmt:
,,Menschen sind endliche Wesen mit unendlichen Bedürfnissen". Dies bedeutet: Die
Bedürfnisse sind immer größer als die zur Verfügung stehenden Güter (Waren,
Dienstleistungen und Informationen). Daher lässt sich die Aufgabe der Wirtschaft
auch als Bemühen beschreiben, das Problem der Knappheit zu bewältigen. Geht
man von der bekannten Vorstellung des Schlaraffenlands aus, dann wäre in diesem
Land der ,,ökonomische" Glückszustand erreicht, da das Problem der Knappheit nicht
mehr besteht. Dies bedeutet wiederum, dass die Bedürfnisse des Menschen niemals
erreicht sein werden, da es niemals ein maximales Glücksgefühl geben wird, es
beziehungsweise der Mensch nicht erkennen kann.
25
,,Wenn der Unzufriedene einen Beutel Geld findet, nörgelt er: ,,Aber einen richtigen
Schatz habe ich noch nie gefunden." Theophrast, 4. Jh. v. Chr.
26
Bestätigt wird dies ebenso (siehe Abbildung 1), dass sich seit Ende des Zweiten
Weltkriegs (trotz gesteigerten Wohlstands durch verstärkten Konsum materieller
Güter, längerem Urlaub und nicht zuletzt des besseren Gesundheitssystems und der
daraus resultierenden Lebenserwartung) das Glück nicht vermehrt hat!
24
Vgl. Gilbert, Daniel (2006): Ins Glück stolpern, in: Butler-Bowdon, Tom (2007); 50 Klassiker der
Psychologie, S. 224
25
Vgl. Bellebaum Alfred (2002): Glücksforschung ­ eine Bestandsaufnahme, S. 213, 214
26
Vgl. Ruckriegel, Karlheinz (2007): Research ­ eine Abkehr vom Materialismus, S.4

Abbildung 1: Entwicklung von Glück und Einkommen in den USA: 1945 ­ 2000
27
Zudem führt Layard an, dass diese Erkenntnis vor allem Regierungen veranlassen
sollte, ihre Aufgaben zu überdenken und jedes Individuum dazu zu bringen, seine
Lebensziele zu überdenken. Wobei es allerdings schwer werden würde, das Glück
der Menschen durch politische oder wirtschaftliche Veränderungen zu steigern,
solang die Grundversorgung gesichert sei.
28
Der ehemalige UNESCO-Direktor für sozio-ökonomische Analysen Solomon
erwähnte 1980 ebenso, dass das soziale Wohlbefinden keine lineare Funktion des
wirtschaftlichen Wachstums sei.
29
Daraus resultiert, dass Wohlstand nicht zwangsläufig für eine höhere Lebensqualität
verantwortlich ist. Jedoch benötigt es laut Ruut Veenhoven einen sogenannten
,,Grundwohlstand" um dass sich der Mensch auf einem bestimmten
Zufriedenheitslevel bewegen kann. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass ­ vor
allem in Entwicklungsländern - ab einem Jahreseinkommen von 10.000 $ die
Verbindung zwischen Glück und Geld abbricht.
30
So steigert es beispielsweise die
27
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 44
28
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 9, 13
29
Vgl. Widmer, Werner (1989): Managerarbeit und Lebensqualität, Stuttgart 1989, S. 8-10
11
30
Vgl. Heuser, Uwe-Jean (2007): Schneller? Reicher? Glücklicher?, in: Die Zeit

12
Lebensqualität eines Deutschen nicht, wenn sein Einkommen steigt. Allerdings steigt
die Lebensqualität eines Mannes aus Simbabwe, wenn er den materiellen Wohlstand
eines Mexikaners erreicht, es soll also nicht grundsätzlich behauptet werden, dass
materieller Wohlstand nicht relevant für die Lebensqualität eines Menschen ist. So
gewichtet der Indikator ,,Wohlstand" nur in etwa 5 % in Anbetracht der Einflussgrößen
der gesamten Lebensqualität.
31
Zudem beschreibt Barry Schwartz das Missverhältnis der wachsenden Zahl an
Produkten und Dienstleistungen und der immer zahlreicher werdenden Möglichkeiten
der Freizeitgestaltung. Er bezeichnet die zunehmende Auswahl hierbei als
,,Tyrannei", welche ein Teil der Erklärung sei, warum Menschen mit steigendem
Einkommen nicht glücklicher werden.
32
2.3 Das Easterlin-Paradoxon - Ist Glück messbar?
Aus neurologischer Sicht kann Glück an Hand von Messungen durch elektronischer
Geräte der Hirnströme der linken Hirnhälfte oder durch Befragungen analysiert
werden. Außerdem lassen sich durch Konzentrationen gewisser Substanzen im
Gehirn, dem Pulsschlag des Herzens und der Hautfeuchtigkeit erklären, ob sich der
Mensch glücklich oder unglücklich fühlt und durch welche Ereignisse
Wohlfühlsituationen entstehen können. Somit kann der objektive Glückswert
berechnet werden.
33
Der subjektive Glückswert hängt von den Befragungsergebnissen jedes Befragten
ab. Daher sind Befragungen generell nur sehr subjektiv zu betrachten. Wenn
beispielsweise ein Mensch aus einem armen Land über seinen Glückszustand
befragt wird, ist dieser möglicherweise momentan sehr glücklich, weil sein Hunger
nach langer Zeit wieder gestillt wurde. Dieser ist daraufhin sehr glücklich und gibt in
Umfragen einen hohen Glückswert an. Ein anderer Mensch aus einem reichen Land
könnte im Moment der Befragung unglücklich sein, weil er beispielsweise unter
Zahnschmerzen leidet oder sich die Lohnabrechnung um mehrere Tage verzögert.
31
Vgl. o.V. (2006): Lässt sich Glück messen? in: Business Journal Deutsche Börse Group, S. 15-17
32
Vgl. Schwartz, Barry (2005): The Paradox of Choice, S. 195
33
Vgl. Bullinger, Monika / Siegrist, Johannes / Ravens-Sieberer, Ulrike (Hrsg.) (2000):
Lebensqualitätsforschung aus medizinpsychologischer und ­soziologischer Perspektive, S. 28

Man erkennt dass Vergleiche unter dieser Berücksichtigung mit hoher Vorsicht zu
behandeln sind.
34
Laut aktuellem Stand der Wissenschaft existieren momentan (Stand: Mai 2010) drei
Glücksformeln. Diese lauten:
1. Glücksformel:
Zufriedenheit mit dem Leben + Zufriedenheit mit den persönlich wichtigsten
Lebensbereichen + (Anzahl der angenehmen ­ unangenehmen Gemütszustände)
35
2. Glücksformel:
Summe von (Anzahl x Stärke der momentan angenehmen Gemütszustände)
- Summe von (Anzahl x Stärke der momentan unangenehmen Gemütszustände)
___________________________________________________________________
Momentan erlebtes ,,wahres" Glück
36
3. Glücksformel
Glück = beta0 (Gene / Erblichkeit / Temperament) + beta1 (Lebensumstände) +
beta2 (absichtliche Denk-, Benimm- und Verhaltensweise im täglichen Leben) +
Eta
37
13
eren des Charakters mit
in, die im nachfolgenden Kapitel aufgeführt werden sollen.
Tatsächlich ist Glück messbar, kann jedoch nicht wie eine mathematische Größe
ohne weiteres auf eine Formel-, und anschließend auf eine Bevölkerung übertragen
werden. Es spielen weitere, nicht quantitativ messbare Größ
e
34
Vgl. Binswanger, Mathias (2006): Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun?,
S.18
35
Vgl. Hornung, Bernd (2010): Wie man wirklich glücklich wird ­ Standardwerk der Glückswissenschaft, S. 23
36
Vgl. Kahneman, Daniel (2003): Choices, Values and Frames, S. 8
37
Vgl. Lyubomirsky, Sonja (2005): Pursuing happiness: The architecture of sustainable change. Review of
General Psychology, S. 111

14
2.4. Glücksfaktoren ­ der Ursprung unserer Lebensqualität
Viele Wirtschaftstheoretiker nehmen an, dass unsere Bedürfnisse vorgegeben sind ­
es gehe einem Ökonomen nicht darum, die Bedürfnisse eines Menschen unter
moralisch-ethischen Aspekten zu begrüßen oder zu verwerfen.
38
Dies ist jedoch falsch ­ sie hängen von unserer Umwelt ab, beispielsweise davon,
was unsere Mitmenschen besitzen oder an was wir uns selbst gewöhnt haben.
Sie sind beeinflussbar von unserer Bildung wie von der Werbung oder dem
Fernsehen. Wir haben das Bedürfnis mit anderen mitzuhalten ­ darum lassen wir uns
auf einen Statuswettlauf ein. Hier besteht das Problem ­ denn wer in einer
Wohlstandsgesellschaft über mehr materielle Güter verfügt, bedeutet das, dass es
einem Anderen dadurch notgedrungen schlechter gehen muss. Dieser wird dann
wohl versuchen dieses Defizit auszugleichen.
39
Wie dieser Teufelskreis überwunden werden kann, soll im Schlussteil dieser Arbeit
betrachtet werden.
Es liegt nämlich nicht daran, dass die Konsumgesellschaft der Industriestaaten zu
wenig Einkommen zur Verfügung hat ­ um dadurch etwa unglücklich sein zu
müssen. In Anlehnung auf Abbildung 1, betrachte man Abbildung 2, welche deutlich
macht, dass die Unzufriedenheit der Konsumgesellschaft nicht am Mangel materieller
Güter liegen kann.
38
Vgl.
Cezanne, Wolfgang (2005): Allgemeine Volkswirtschaftslehre, S. 2
39
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 18

Abbildung 2: Entwicklung des tatsächlichen Einkommens und des benötigten
Einkommens in den USA
40
Ebenso gilt als Glücksfaktor ­ und als relevanter Bestandteil der Lebensqualität -
Sicherheit. Layard behauptet zwar, dass die Wohlstandsgesellschaft über ein hohes
Ausmaß an Sicherheit am Arbeitsplatz, in der Familie und an unserem Wohnort
bedarf
40
, analysiert man allerdings Abbildung 3, stellt man fest, dass der prozentuale
Anteil von glücklichen und zufriedenen Menschen, die in Staaten wie Mexiko,
Kolumbien, Nigeria und Venezuela leben, gleich oder höher ist im Vergleich zur
Bevölkerung hochentwickelter Nationen wie Japan, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien oder den USA. In Anbetracht dessen, dass sich Nigeria im Ranking
des Korruptionsindexes
41
auf Platz 152 von 158 befindet, die Arbeitslosenzahlen von
Kolumbien und Venezuela im Jahr 1999 (Ausgabejahr der Abbildung 2) an der 20%-
Marke kratzten
42
und die Kriminalität immer wieder durch Drogenkriege im Lauf der
vergangen 20 Jahre die Bevölkerung dieser Staaten leiden ließen, kann von sozialer
Sicherheit (wie sie etwa in hoch entwickelten Industriestaaten existiert) ­ wie Sie
Layard beschreibt ­ in verschiedenen Nationen nicht ausgegangen werden.
40
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 20
41
o.V. (2005): Korruptionsindex 2005. in: Transparency International Corruption Perceptions Index 2005
15
42
o.V. (1999): Arbeitslosenzahlen Südamerikas. in: Index Mundi

Die Ursachen hierfür sollen ebenfalls im Verlauf dieser Arbeit aufgeführt werden.
Abbildung 3: Entwicklung von Einkommen und Glück (weltweit)
43
Allerdings sei bei der Analyse der Abbildung 3 Vorsicht geboten, denn hier besteht
ein grundlegendes methodisches Problem beim Vergleich zwischen Einkommen und
Glück:
Die meisten der hochentwickelten Industriestaaten nähern sich einem Grenzwert von
90 % an. Dies ist aber nicht überraschend, da in dieser Grafik ein sehr subjektiver
Vergleich geführt wird: verglichen wird eine unbeschränkt wachsende Größe
(Einkommen pro Kopf) mit einer nach oben begrenzten Größe, die maximal den Wert
100 annehmen kann. Wenn man einmal sehr zufrieden oder glücklich ist, kann dieser
Zustand nicht mehr gesteigert werden, denn es gibt keine Kategorie wie
,,megaglücklich" oder ,,supermegaglücklich". Man sollte sich daher davor hüten, aus
16
43
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S.46

17
den kleinen Unterschieden des Glücksempfindens zwischen den reichen Ländern
etwas herauslesen zu wollen.
44
Ein anderer Faktor für Lebensqualität ist Vertrauen. Der Trend scheint jedoch in die
Richtung zu gehen, dass unsere kapitalistische Gesellschaft immer anonymer und
mobiler wird. Der Mensch muss im 21. Jahrhundert viel flexibler auf das Arbeitsleben
reagieren und lebt oftmals wenige Jahre an einem Ort. Somit ist es schwer,
Vertrauen zueinander zu fassen.
45
Wie kann dieses Vertrauen wiederhergestellt werden? Die Verantwortung für dieses
geminderte Vertrauen ist laut Layards Aussage die Wirtschaft. Was kann die
Wirtschaft demnach tun? Auch auf diese Frage wird im Schlussteil dieser Arbeit
eingegangen werden.
Allerdings hängen Glücksfaktoren nicht allein von unseren Lebensumständen und
Beziehungen zu anderen Menschen ab.
Man könnte meinen, dass mit jeder Untersuchung ein neuer Erklärungsansatz
kommt. Ökonomen beispielsweise unterscheiden zwischen demographischen,
ökonomischen und politischen Einflüssen auf die Lebensqualität,
Organisationspsychologen untersuchen den Einfluss der Arbeit, zudem werden
verschiedenste andere Einflüsse wie z.B. externe und demographische Einflüsse,
Persönlichkeit, Ziele, Kultur, tägliche Lebensereignisse, Anpassung und vieles
weitere untersucht. Im Übrigen muss man von Wechselwirkungen zwischen diesen
Faktoren ausgehen. Beispielsweise könne davon ausgegangen werden, dass eine
Person mit ausgeprägteren Persönlichkeitseigenschaften mehr Freunde hat,
46
dadurch in höherem Maße positive Informationen verarbeiten kann und auf Grund
dessen zufriedener ist. Bisher hielten sich die Aussagen über tatsächliche Ursache-
Wirkungszusammenhänge jedoch sehr begrenzt.
47
44
Vgl. Binswanger, Mathias (2006): Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun?,
S. 22
45
Vgl. Layard, Richard (2005): Die glückliche Gesellschaft, S. 44
46
Vgl. Kirsten Werda (2004): Persönliche Ziele, Erfolge und Wohlbefinden, S. 17, 18
47
Vgl. Kirsten Werda (2004): Persönliche Ziele, Erfolge und Wohlbefinden, S. 17, 18

18
Es existieren einige Modelle zu Glücksfaktoren. Diese können als ,,Schablone" dafür
angesehen werden, welche Indikatoren zum ,,Glücklichsein" eines Menschen
beitragen.
2.5 Glücksmodelle
Es sollen nun einige Glücksmodelle aufgeführt werden:
Beispielsweise das theologische Glücksmodell nach Aquin (italienischer Mönch aus
dem Mittelalter) und Theozentrische Glücksmodell in dem der Mensch ein Teil einer
Ordnung ist, welche nicht der materiellen Welt angehört.
48
Das Soziozentrische Glücksmodell ist politikwissenschaftlichen Ursprungs, in dem
nicht der Einzelne, sondern das Kollektiv im Mittelpunkt steht, als Beispiel hierzu der
Sozialismus
48
.
Das Egozentrische Glücksmodell nach Erich Fromm gliedert sich in zwei Versionen,
das außenorientierte und innenorientierte Modell
49
;
a) Das außenorientierte Modell bestimmt die Denkwelt des Habens, der Fokus
liegt auf der Zieldefinition außerhalb des jeweiligen Menschen, ist aber
dennoch auf das Ego bezogen.
b) Das innenorientierte Modell ist der Gegensatz zu (a), die Zielfdefinition liegt
also bei dem jeweiligen Menschen selbst
50
, es gliedert sich im Gegensatz zum
außenorientierten Modell nicht nach dem ,,Haben", sondern nach dem ,,Sein"
51
Beim ökozentrischen Glücksmodell handelt es sich nach Gerhard Schulze
52
um ein
wünschenswert anzustrebendes Ziel. Der Hauptfokus liegt hierbei nicht wie beim
Egozentrischen Glücksmodell darin, etwas ,,haben" zu wollen, sondern etwas
,,vermeiden" zu wollen.
53
48
Vgl. Fromm, Erich / Funk, Rainer (Hrsg.) (2007): Die Kunst des Lebens ­ Zwischen Haben und Sein, S. 22
49
Vgl. Fromm, Erich / Funk, Rainer (Hrsg.) (2007): Die Kunst des Lebens ­ Zwischen Haben und Sein, S. 22
50
Vgl. Linke, Sandra (2005): Wie zufrieden sind Hochbegabte? S. 25
51
Vgl.
Amann, Thomas (2004): Zur Berufszufriedenheit von Lehrerinnen, S. 34
52
Junge, Matthias / Lechner, Götz (Hrsg.) (2004): Scheitern ­ Aspekte eines sozialen Phänomens, S. 44
53
Vgl. Bellebaum, A. & Barheier, K., (1994): Lebensqualität: Ein Konzept für Praxis und Forschung, S. 16

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842803084
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen; Standort Nürtingen – Fakultät IV, Studiengang Ressourcenmanagement
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
2,0
Schlagworte
lebensqualität glück zufriedenheit glücksforschung wohlstand
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