Lade Inhalt...

Wirksamkeit einer D&O Versicherung als Haftungsbeschränkung für Gesellschafter und Geschäftsführer im Innenverhältnis

©2010 Diplomarbeit 72 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Sie haften mit allem, was Sie besitzen!
‘Als Entscheider eines Unternehmens sind Sie einer hohen persönlichen Haftung ausgesetzt – unabhängig davon, ob Sie eine große Kapitalgesellschaft oder ein Mittelstandsunternehmen leiten. Mit einer D&O Versicherung reduzieren Sie diese Risiken gezielt und haben den Kopf frei für Ihr operatives Geschäft.’
Diese Worte sind der Broschüre einer aktuellen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung eines großen Versicherers zu entnehmen. Deutschlandweit ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die beliebteste Rechtsform. Mittlerweile gibt es ca. 1 Million GmbHs am Markt. Die Attraktivität der GmbH liegt in ihrer Haftungsbeschränkung und dem Recht der Gesellschafter, mithilfe des Weisungsrechtes direkten Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen. Aber kennen sowohl die Gesellschafter als auch ihre Geschäftsführer ihr persönliches Haftungsrisiko? Früher galten Manager als unantastbar. Es war üblich, dass ein Unternehmen die aus der Pflichtverletzung der Organmitglieder resultierenden Schäden aus Angst vor Ansehensverlust selbst trug und von einem Regress gegen die Unternehmensleiter absah. Diese Zeiten sind jedoch vorbei. In den letzen Jahren häuften sich die Gerichtsverfahren, in denen Führungskräfte betroffener Unternehmen persönlich belangt wurden. Eine immer strenger werden Rechtsprechung, verschärfte gesetzliche Vorschriften und eine gestiegene Anspruchsmentalität führten unweigerlich zu einer zunehmenden Haftungsverschärfung. Ein richtungweisendes Urteil ist u. a. das sogenannte ARAG-Urteil. Hier wurde der Aufsichtsrat verpflichtet, Schadenersatzansprüche durch Klage zu verfolgen, sobald er zu dem Ergebnis kommt, dass sich der Vorstand schadenersatzpflichtig gemacht hat.
Aber nicht nur Großunternehmen sind von dieser Haftungsverschärfung betroffen. Die persönliche Absicherung des Geschäftsführers bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gegenüber Haftungsansprüchen der Gesellschaft und gegenüber Dritten wird immer wichtiger. Die zunehmende Haftungsverschärfung findet sich in einer Reihe von Urteilen wieder, in denen der Geschäftsführer unbegrenzt mit seinem ganzen Privatvermögen haftet. Zudem wurde durch den Erlass verschärfter Gesetze das Haftungsrisiko für Führungskräfte noch weiter verstärkt, zum Beispiel durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KontraG), das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG), den Corporate Governance […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Nina Malek
Wirksamkeit einer D&O Versicherung als Haftungsbeschränkung für Gesellschafter und
Geschäftsführer im Innenverhältnis
ISBN: 978-3-8428-0207-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Fachhochschule Nordhessen, Standort Mannheim, Mannheim, Deutschland,
Diplomarbeit, 2010
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

II
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
2. Die Geschichte der D&O Versicherung
4
3. Die Entwicklung der D&O Versicherung am deutschen Markt
5
4. Haftungsgrundlagen für Gesellschafter und Geschäftsführer
7
4.1. Der Gesellschafter
7
4.1.1. Die Aufgaben der Gesellschafter
7
4.1.2. Haftung des Gesellschafters
8
4.2. Der Geschäftsführer
9
4.2.1. Haftung des Geschäftsführers
10
4.2.2. Haftung des Geschäftsführers im Außenverhältnis
10
4.2.3. Haftung des Geschäftsführers im Innenverhältnis
12
4.2.4. Grundlagen der Haftung
12
4.2.5. Voraussetzungen des Innenhaftungsanspruchs
14
4.2.5.1.
Pflichtverletzung
14
1. Unternehmerische Entscheidungen
15
2. Treupflichtverstoß
20
3. Kompetenzüberschreitung
23
4. Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot
23
5. Insolvenzantrag
24
6. Pflichtverletzung
25
4.2.5.2.
Verschulden
25
4.2.5.3.
Schaden
27
4.2.5.4.
Kausalität
28
4.2.6. Darlegungs- und Beweislast
29
5. Beschränkung der Haftung und Entlastung
30
5.1. Haftungsbeschränkung und Entlastung
30
5.2. Verzicht
31
5.3. Entlastung
31
5.4. Generalbereinigung
32
5.5. Haftungsbeschränkung durch Weisung
32

III
5.6. Verjährung
33
5.7. Zwischenfazit
33
6. D&O Versicherung
34
6.1. Allgemeines zur D&O Versicherung
34
6.2. Versicherter Schaden, Definition ,,reiner Vermögensschaden"
34
6.3. Grundlagen der D&O Versicherung
35
6.3.1. Örtlicher Geltungsbereich
36
6.4. Mögliche Arten von Versicherungsnehmern
37
6.4.1. Die GmbH als Versicherungsnehmer
38
6.4.2. Abweichende vertragliche Regelungen
39
6.5. Versicherte Person
40
6.6. Versicherte Tätigkeit
41
6.7. Zeitlicher Umfang des Versicherungsschutzes
42
6.7.1. Anspruchserhebungsprinzip
42
6.7.2. Rückwärtsversicherung
44
6.7.3. Nachhaftung
45
6.7.4. Vertragsdauer
46
6.8. Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes
47
6.8.1. Kontrolle der Verteidigung
47
6.9. Besonderheiten bei Kapitalbeteiligungen
48
6.10.
Versicherungssumme
50
6.10.1. Kosten und deren Anrechnung auf die Versicherungssumme
51
6.10.2. Selbstbehalt
51
6.10.3. Exkurs ,,Deutscher Coporate Governance Kodex"
52
6.11.
Serienschäden
52
6.12.
Ausschlüsse
54
6.12.1. Vorsatz und wissentliche Pflichtverletzung
54
6.12.2. Umweltschäden
56
6.12.3. Unzureichender Versicherungsschutz
57
6.12.4. Bußen und Geldstrafen
58
6.12.5. Anderweitige Versicherungen
58
6.13.
Versicherungsprämie
59

IV
7. Schlussbetrachtung
60
9. Literaturverzeichnis
6
3

V
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Anm.
Anmerkung
AO
Abgabenordnung
AVB-AVG
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögens-
Schaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen
und Geschäftsführern
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BFH
Bundesfinanzhof
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
D&O
Directors and Officers
e.V.
eingetragener Verein
GDV
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HGB
Handelsgesetzbuch
InsO
Insolvenzverordnung
i.V.m.
in Verbindung mit
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
NJW
Neue juristische Wochenschrift
Nr.
Nummer
NZA
Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
OLG
Oberlandesgericht
Rnd.
Randziffer
StGB
Strafgesetzbuch
Usw.
Und so weiter

VI
Vgl.
Vergleiche
VVG
Versicherungsvertragsgesetz
Wistra
Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer und Strafrecht
ZPO
Zivilprozessordnung

1
1. Einleitung
Sie haften mit allem, was Sie besitzen!
,,Als Entscheider eines Unternehmens sind Sie einer hohen persönlichen Haftung ausge-
setzt ­ unabhängig davon, ob Sie eine große Kapitalgesellschaft oder ein Mittelstand-
sunternehmen leiten. Mit einer D&O Versicherung reduzieren Sie diese Risiken gezielt
und haben den Kopf frei für Ihr operatives Geschäft."
1
Diese
Worte
sind
der
Broschüre
einer
aktuellen
Vermögensschaden-
Haftpflichtversicherung eines großen Versicherers zu entnehmen.
Deutschlandweit ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die beliebteste
Rechtsform. Mittlerweile gibt es ca. 1 Million GmbHs am Markt.
2
Die Attraktivität der GmbH liegt in ihrer Haftungsbeschränkung und dem Recht der
Gesellschafter, mithilfe des Weisungsrechtes direkten Einfluss auf die Unternehmens-
führung zu nehmen.
Aber kennen sowohl die Gesellschafter als auch ihre Geschäftsführer ihr persönliches
Haftungsrisiko?
Früher galten Manager als unantastbar. Es war üblich, dass ein Unternehmen die aus der
Pflichtverletzung der Organmitglieder resultierenden Schäden aus Angst vor Ansehens-
verlust selbst trug und von einem Regress gegen die Unternehmensleiter absah.
3
Diese Zeiten sind jedoch vorbei. In den letzen Jahren häuften sich die Gerichtsverfah-
ren, in denen Führungskräfte betroffener Unternehmen persönlich belangt wurden.
Eine immer strenger werden Rechtsprechung, verschärfte gesetzliche Vorschriften und
eine gestiegene Anspruchsmentalität führten unweigerlich zu einer zunehmenden Haf-
tungsverschärfung. Ein richtungweisendes Urteil ist u. a. das sogenannte ARAG-Urteil.
Hier wurde der Aufsichtsrat verpflichtet, Schadenersatzansprüche durch Klage zu ver-
folgen, sobald er zu dem Ergebnis kommt, dass sich der Vorstand schadenersatzpflich-
tig gemacht hat.
1
Vgl. Broschüre R+V zur Vermögensschadenhaftpflicht.
2
Vgl. Hoffmann/Liebs ( 2009
3
) S. 1.
3
Vgl. Olbrich (2007
2
) S. 1.

2
Aber nicht nur Großunternehmen sind von dieser Haftungsverschärfung betroffen. Die
persönliche Absicherung des Geschäftsführers bei kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen gegenüber Haftungsansprüchen der Gesellschaft und gegenüber Dritten wird
immer wichtiger.
Die zunehmende Haftungsverschärfung findet sich in einer Reihe von Urteilen wieder,
in denen der Geschäftsführer unbegrenzt mit seinem ganzen Privatvermögen haftet.
Zudem wurde durch den Erlass verschärfter Gesetze das Haftungsrisiko für Führungs-
kräfte noch weiter verstärkt, zum Beispiel durch das Gesetz zur Kontrolle und Transpa-
renz im Unternehmensbereich (KontraG), das Transparenz- und Publizitätsgesetz
(TransPuG), den Corporate Governance Kodex und das Gesetz zu Unternehmensintegri-
tät und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG).
Demnach stellen die gesetzlichen Vorgaben eine hohe Anforderung an den Unterneh-
mensleiter. Ein Geschäftsführer kann sich sowohl gegenüber der GmbH als auch gege-
nüber einem Dritten schadenersatzpflichtig machen. Ein Fehler hinsichtlich der Füh-
rung, Organisation und Überwachung des Unternehmens kann schnell zu einem Vor-
wurf der Pflichtverletzung führen, der eine persönliche Haftung nach sich zieht.
Die D&O Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) könnte eine Lö-
sung darstellen, um die persönliche Haftung der Organe zu beschränken oder gegebe-
nenfalls gänzlich abzusichern.
Täglich habe ich in meinem Beruf mit Managern zu tun, denen ihr Risiko teilweise gar
nicht oder nur unzureichend bekannt ist. Gerade diese Unwissenheit hat mich dazu ver-
anlasst, mich in meiner Diplomarbeit mit diesem Thema eingehend zu beschäftigen.
Es soll zunächst ausgeführt werden, welche Haftungsansprüche sich aus der Organ-
schaft ergeben und wie wirksam der Abschluss einer Vermögensschaden-
Haftpflichtversicherung als Endhaftung für das jeweilige Organmitglied ist.
Im zweiten und dritten Teil meiner Arbeit werde ich die Geschichte und die Entwick-
lung der D&O Versicherung am deutschen Markt darstellen.

3
Im vierten Teil der Arbeit werden die Haftungsgrundlagen der Gesellschafter und Ge-
schäftsführer umfassend dargestellt. Insbesondere wird auf die Haftung im Innenver-
hältnis eingegangen. Es soll aufgezeigt werden, welches die Voraussetzungen für einen
Innenhaftungsanspruch sind und wie sich diese auswirken.
Teil fünf meiner Arbeit zeigt auf, welche Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung und
Entlastung es gibt.
Der sechste Teil befasst sich mit dem Gegenstand der D&O Versicherung. Es wird der
komplexe Aufbau der Versicherung dargestellt und welche Besonderheiten es zu be-
rücksichtigen gilt. Ferner wird ausgeführt, wann die Versicherung leistet und in welchen
Fällen diese nicht eintritt. Hierzu wurden die Bedingungen verschiedener Vermögens-
schaden-Haftpflichtversicherungen zugrunde gelegt und untersucht.
Im siebten und letzten Teil werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Es wird
aufgezeigt, für wen eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als Endhaftung
wirksam ist und für wen nicht.

4
2. Die Geschichte der D&O Versicherung
Bei der D&O Versicherung handelt es sich um eine Vermögensschaden-
Haftpflichtversicherung für die Organe einer Gesellschaft. Der Name D&O ist ein an-
gelsächsischer Begriff und steht für Directors and Officers. Directors bezeichnet Mitg-
lieder von gesetzlichen Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen, zum Beispiel Ge-
schäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte und Beiräte. Officers steht für Angestellte in
organähnlicher Funktion, beispielsweise leitende Angestellte und Prokuristen.
Die Geschichte der D&O Versicherung hat ihren Ursprung in Deutschland, was jedoch
wenig bekannt ist.
Die erste Phase dauerte von 1895-1906
4
und war die Reaktion auf die Verabschiedung
des Aktien-, Genossenschafts- und GmbH-Gesetzes.
Damals kam man allerdings über das Stadium der Konzeption und der daraus resultie-
renden Diskussion nicht hinaus.
5
Es wurde befürchtet, dass Aufsichtsräte ihre Kontroll-
funktion weniger genau nehmen könnten, wenn sie kein uneingeschränktes Haftungsri-
siko hätten.
Man rechnete damit, dass eine derartige Versicherung einen Anstieg der Ersatzansprü-
chen bewirken könnte.
6
Dieses Phänomen wird als ,,moral hazard" bezeichnet und be-
deutet, dass sich die Einstellung des Versicherten durch den Abschluss einer Versiche-
rung zugunsten eines höheren Risikos verschiebt.
7
Die Versicherung wurde in der Diskussion als unmoralisch, unzulässig und undurch-
führbar gehalten und unter anderem als ,,Bequemlichkeitsversicherung" bezeichnet.
8
Zudem lehnte der damalige preußische Innenminister diese Art der Versicherung ab,
was zur Folge hatte, dass die deutschen Versicherer zunächst Abstand von einem sol-
chen Deckungsmodell nahmen.
Die D&O Versicherung, wie wir sie am heutigen Markt vorfinden, entstand in der USA
als Folge des Börsenkraches vom 25.10.1929, dem sogenannten Schwarzen Freitag,
nach dem der Schutz der Anleger per Gesetz verstärkt wurde.
9
4
Vgl. Limmert, S. (2006) S. 19.
5
Vgl. Ihlas, H. (2009
2)
S. 103.
6
Vgl. Limmert, S. (2006) S. 19.
7
http://wirtschaftslexicon.gabler.de/Defenition/moral-hazard.htm.
8
Vgl. Ihlas,H. (2009
2
) S. 104.
9
Vgl. Ihlas, H. (2009
2
) S. 91.

5
Die Kontrolle bei der Ausgabe und dem Handel mit Wertpapieren wurde zum Schutze
der Anleger verbessert, woraufhin die erste D&O-Police im anglo-amerikanischen Wirt-
schaftsraum über Syndikate bei Lloyds of London angeboten wurde.
10
3. Die Entwicklung der D&O Versicherung auf dem deutschen Markt
Obwohl sich die D&O Versicherung seit den frühen 1960er Jahren in den USA bereits
zu einem Standardprodukt entwickelt hatte, wurde die erste Police erst 1986 in Deutsch-
land über die deutsche Tochtergesellschaft des US Versicherers Chubb, die Chubb Insu-
rance Company of Europe S.A., angeboten.
11
Der Erfolg dieses Versicherungskonzeptes blieb allerdings vorerst aus. Zu groß war die
Skepsis des Bundesaufsichtsamts für Versicherungswesen (BVA), welches erheblichen
Einfluss auf die Gestaltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Allgemeine
Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmenslei-
tern, AVBU 86) hatte. Diese wichen in vielen Punkten von den weltweit üblichen Rege-
lungen und Deckungskonzepten ab und enthielten zu viele Ausschlüsse, um sich auf
dem deutschen Versicherungsmarkt durchsetzen zu können, wie beispielsweise den
Ausschluss von Ansprüchen im Zusammenhang mit ,,unternehmerischen Fehlentschei-
dungen".
12
Zudem konkurrierte gegen die D&O Versicherung die wesentlich bekanntere VRB
(Vermögensschaden-Rechtschutz-Versicherung), welche in gewisser Hinsicht ein
,,Aliud" zur D&O Versicherung bieten sollte.
13
Das D&O-Haftungsrisiko wurde von
den Rechtschutzversicherern als generell klein dargestellt, während es tatsächlich immer
größer wurde und schnell wuchs.
14
Erst Mitte der neunziger Jahre wurde der Bedarf einer D&O Versicherung bzw. einer
Organhaftpflichtversicherung erkannt.
10
Vgl. Ihlas, H.(2009
2
) S. 91.
11
Vgl. www.chubb.com/international/germany/
12
Vgl. Olbrich, C. (2007
2
) S. 7; Limmert, S. ( 2006) S. 23.
13
Eidam, Gerd, Blick durch die Wirtschaft, FAZ 10.09.1987, S. 9.
14
Vgl. Ihlas, H. (2009
2)
S. 95.

6
Dies resultierte vor allem aus der zunehmenden Haftungsverschärfung gegen Führungs-
kräfte. 1995 wurden die ersten Haftpflichtversicherungen für Aufsichtsräte, Vorstände
und Geschäftsführer von den deutschen Versicherern auf dem Markt eingeführt.
15
1996 wurde daraufhin vom GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungsgesell-
schaft) eine Arbeitsgruppe gebildet, welche 1997 die Allgemeinen Versicherungsbedin-
gungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vor-
ständen und Geschäftsführern (AVB-AVG) als Musterbedingungen vorlegte.
16
Im selben Jahr versechsfachte sich die Zahl der D&O Versicherer in Deutschland von
zwei auf zwölf.
17
Seitdem ist die D&O Versicherung auf dem Markt nicht mehr wegzudenken und entwi-
ckelt sich stetig weiter.
Zurückzuführen ist dies vor allem darauf, dass das Haftungsrisiko sich für Organmitg-
lieder in den letzten Jahren zunehmend erhöht hat. Alleine in den 1990er Jahren gab es
200-300 veröffentlichte Gerichtsurteile des BGH (Bundesgerichtshof), der OLGs (Ober-
landesgerichte) und des BFH (Bundesfinanzhof), welche als D&O Versicherungsfall
hätten eingestuft werden können.
Mittlerweile liegt die Marktsättigung bei den Großunternehmen und bei den börsenno-
tierten Unternehmen bei ca. 80 %.
Auch bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen
18
gewinnt die D&O Versi-
cherung mit den Jahren immer mehr Bekanntheit und Nutzen.
Das geschätzte Prämienaufkommen liegt mittlerweile bei ca. 400 Mio. Euro, mit stei-
gender Tendenz. Konzerne und Industrien sind beinahe flächendeckend versorgt, dage-
gen ist die breite Masse des Mittelstandes und der Verbände und Vereine beinahe noch
ohne D&O Versicherung.
15
Limmer, S. ( 2006) S. 22.
16
Vgl. Olbrich,C. ( 2003
2
) S. 8.
17
Vgl. Ihlas, H. ( 1997
2
) S. 44.
18
Anm. d. Verf.: Definition Mittelstand: bis max. 250 Mitarbeiter und max.50 Mio. Umsatz und 43 Mio.
Euro Bilanzsumme.

7
4. Haftungsgrundlage für Gesellschafter und Geschäftsführer
4.1 Der Gesellschafter
Die Gesellschafter sind durch ihre Stammeinlage (Geschäftsanteil) an dem Vermögen
der Gesellschaft beteiligt. Durch diese Beteiligung übernehmen sie allerdings keine per-
sönliche Haftung gegenüber den Gläubigern und der Gesellschaft. Gemäß § 13 Abs. 3
GmbHG haftet für Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern gegenüber nur
das Gesellschaftsvermögen. Demnach haftet jeder Gesellschafter mit seiner Stammein-
lage bzw. seinem Geschäftsanteil.
Die Gesellschafter sind der Gesellschaft gegenüber zur Aufbringung des Stammkapitals
verpflichtet
19
und unter besonderen Voraussetzungen auch zu Nachschüssen.
20
Die Gesamtheit aller Gesellschafter bildet gemäß § 48 GmbHG die Gesellschafterver-
sammlung, in der grundsätzlich nach Kapitalanteilen abgestimmt wird.
21
In der Gesellschafterversammlung werden alle Maßnahmen in Bezug auf die Gesell-
schaft bestimmt. Zudem kann die Gesellschafterversammlung den Gesellschaftsvertrag
gemäß § 53 Abs. 1 GmbHG abändern und somit die Aufgaben und Befugnisse inner-
halb der Gesellschaft neu verteilen.
4.1.1 Die Aufgaben der Gesellschafter
Die Aufgaben der Gesellschafter ergeben sich aus § 46 GmbHG. Demnach unterliegen
der Bestimmung der Gesellschafter unter anderem folgende Punkte:
·
Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung der Ergebnisse
·
Billigung der aufgestellten Konzernabschüsse des Geschäftsführers und Ent-
scheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen
Rechnungslegungsstandards
·
Einforderung von Einzahlungen auf sie Stammeinlagen
·
Rückzahlung von Nachschüssen
19
Vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG.
20
Vgl. §§ 26,27, 28 GmbHG.
21
Vgl.§ 47 Abs. 1 und 2 GmbHG.

8
·
Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung dersel-
ben
·
Die Maßregelung zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung
·
Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Ge-
schäftsbetrieb
·
Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der
Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zu-
stehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen
den Geschäftsführer zu führen hat.
4.1.2
Haftung des Gesellschafters
Grundsätzlich haften die Gesellschafter nicht persönlich für die Gesellschaftsverbind-
lichkeiten. Hierfür hat gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG das Vermögen der Gesellschaft ein-
zustehen.
Eine Haftung der Gesellschafter kann sich jedoch ausnahmsweise unter dem Ge-
sichtspunkt der Durchgriffshaftung ergeben. Durchgriffshaftung bedeutet hier, dass der
bzw. die Gesellschafter persönlich und uneingeschränkt haften, obwohl die Gesellschaft
mit einer Haftungsbeschränkung ausgestattet ist.
Für die Durchgriffshaftung gibt es keine generell gültige Voraussetzung. Die Recht-
sprechung verwendet vielmehr fallbezogene Haftungstatbestände. Es gilt der Grundsatz,
dass über die Rechtsform der juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos
hinweggegangen darf.
Ein entscheidender Maßstab in der Rechtsprechung ist die Beurteilung des konkreten
Sachverhalts nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB.
22
Eine sogenannte Durchgriffshaftung kann sich ergeben aus Rechtsformmissbrauch, In-
stitutsmissbrauch, bei Vermögensvermischung, Unterkapitalisierung und bei existenz-
vernichtendem Eingriff.
22
www.juraforum.de/lexicon/durchgriffshaftung.

9
4.2 Der Geschäftsführer
Der Geschäftsführer ist im Sinne des § 35 I GmbHG (GmbH-Gesetz) der gesetzliche
Vertreter der GmbH, Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Somit ist er das offizielle
Organ der GmbH und als solches ins Handelsregister einzutragen. Als Geschäftsführer
kommen nur natürliche Personen, die unbeschränkt geschäftsfähig sind, in Betracht.
Der Geschäftsführer ist im Innenverhältnis für die Führung der Geschäfte zuständig und
vertritt die Gesellschaft extern, im Außenverhältnis, gegenüber Dritten.
Dritte sind insbesondere Aktionäre, abhängige Gesellschaften, Lieferanten, Gläubiger,
Kunden, Konsumenten, Wettbewerber und Arbeitnehmer der Gesellschaft.
23
Im Allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Geschäftsführer auch der tatsächliche Lei-
ter eines Unternehmens, Vereins oder Verbandes verstanden.
24
In einem Unternehmen können ein oder mehrere Geschäftsführer bestellt werden. Der
oder die Geschäftsführer werden im Gesellschaftvertrag oder durch Gesellschafterbe-
schluss bestellt und abberufen.
25
Geschäftsführer könne zudem Gesellschafter sein, dann spricht man von Gesellschafter-
Geschäftsführer.
Bei größeren GmbHs handelt es sich jedoch meist um einen Geschäftsführer oder
Fremdgeschäftsführer, sprich um Nichtgesellschafter.
26
Bei einer Größe ab 500 Beschäftigten ist gemäß § 76 BertrVG ( Betriebsverfassungsge-
setz ) die Einrichtung eines Aufsichtsrates zwingend vorgeschrieben. Dies ist insoweit
relevant, da dieser dann für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zustän-
dig ist.
23
Vgl. Limmert, S. (2006 ) S. 83.
24
Vgl. Creifelds Rechtswörterlexicon, Geschäftsführer, S. 488.
25
Vgl. Creifelds Rechtswörterlexicon, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 494.
26
Vgl. Limmert, S. (2006) S. 83.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842802070
DOI
10.3239/9783842802070
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Abt. Mannheim – Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2010 (August)
Note
1,3
Schlagworte
versicherung haftung gesellschafter geschäftsführer
Zurück

Titel: Wirksamkeit einer D&O Versicherung als Haftungsbeschränkung für Gesellschafter und Geschäftsführer im Innenverhältnis
Cookie-Einstellungen