Lade Inhalt...

IFRS für KMUs - Eine Alternative?

©2010 Diplomarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Problemstellung und Zielsetzung:
Die internationale Rechnungslegung ist aus der Welt im 21. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Spätestens seit das Europäische Parlament am 19. Juli 2002 eine EUVerordnung erließ, in der es festlegte, dass die IAS/IFRS-Standards ab 2005 von allen kapitalmarktorientierten Konzernen grundsätzlich anzuwenden sind, sind die IFRS fester Bestandteil der europäischen und nationalen Rechnungslegungsvorschriften. In Deutschland wurde die EU-Verordnung durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) in deutsches Recht umgesetzt. Demnach sind alle Konzerne zu einem IAS/IFRS-Abschluss verpflichtet, deren Wertpapiere am Abschlussstichtag zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, sowie solche, die ab dem Kalenderjahr 2007 die Zulassung beantragt haben. Für Unternehmen welche nicht kapitalmarktorientiert sind, beispielsweise Personengesellschaften, besteht ein Wahlrecht zur Aufstellung eines befreienden IFRSKonzernabschlusses. Die IFRS/IAS werden grundsätzlich als wenig angemessen für kleine und mittlere Unternehmen betrachtet, weil sie andere Informationsbedürfnisse als kapitalmarktorientierte Unternehmen haben. Außerdem entfaltet die Anwendung in Deutschland keine befreiende Wirkung beim Einzelabschluss. Er muss nach wie vor gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) erstellt werden. Unter diesen Aspekten erscheint eine internationale Rechnungslegung für Mittelständler wenig attraktiv. Dennoch hat sich das International Accounting Standards Board (IASB) dazu entschlossen, einen separaten Standard zu entwickeln, der auf die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen zugeschnitten ist, um auch diese Zielgruppe bedienen zu können. Am 9. Juli 2009 veröffentlichte das IASB den Internationalen Rechnungslegungsstandard für kleine und mittelgroße Unternehmen (IFRS für KMUs). Die Veröffentlichung des Standards entfaltet noch keine rechtlichen Verpflichtungen für deutsche KMUs, da er weder in der IAS-Anwendungs-Verordnung der EU eingegliedert ist noch im nationalen Recht der Länder umgesetzt wurde. Einer dieser beiden Wege müsste jedoch gegangen werden um einen rechtsbindenden Charakter zu schaffen. Darüber hinaus ist zu klären, ob der neue Standard den Vorschriften der 5. und 7. EWG-Richtlinie entspricht, da dies eine Voraussetzung zur Übernahme in nationales Recht ist. Fraglich ist, ob der neue Standard eine wirkliche Alternative für den mittelständischen Jahresabschluss nach nationalem Recht darstellt. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Margarete Witting
IFRS für KMUs - Eine Alternative?
ISBN: 978-3-8428-0165-3
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich, Diplomarbeit, 2010
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Seite | I
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... IV
TABELLENVERZEICHNIS ... V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... VI
1 EINLEITUNG ... 1
1.1 P
ROBLEMSTELLUNG UND
Z
IELSETZUNG
... 1
1.2 A
UFBAU DER
A
RBEIT
... 2
2 WER IST ,,DER MITTELSTAND"? ... 3
2.1 D
EFINITION IM DEUTSCHEN
HGB ... 3
2.2 D
EFINITION DES
IASB:
ANWENDUNGSBERECHTIGTE
U
NTERNEHMEN
... 4
3 IFRS FÜR KMUS ... 5
3.1 Z
IELE UND
F
UNKTIONEN DES
IFRS
FÜR
KMU
S
... 5
3.2 R
ECHNUNGSLEGUNGSGRUNDSÄTZE
... 7
3.3 A
DRESSATEN
... 9
3.4 E
NTWICKLUNG DES
P
ROJEKTS
IFRS
FÜR
KMU
S
... 11
3.5 D
IE WESENTLICHEN
M
ODIFIKATIONEN IM
V
ERGLEICH ZUM
F
ULL
IFRS ... 12
3.5.1 E
RLEICHTERUNGEN
... 13
3.5.2 S
TREICHUNGEN
... 15
3.5.3 R
EDUZIERUNG DER
O
FFENLEGUNGSPFLICHTEN
... 15
3.6 W
ESENTLICHE
P
ROBLEME MIT DEM
S
TANDARDENTWURF UND DARAUS RESULTIERENDE
Ä
NDERUNGEN IM FINALEN
S
TANDARD
... 16
3.6.1 S
TAND
-A
LONE
-A
NSATZ
... 16
3.6.2 W
AHLRECHTE BEI DER
B
ILANZIERUNG
... 19
3.6.3 A
NHANGSANGABEN
... 19
3.6.4 Z
EITWERTBEWERTUNG
... 20
4 CHANCEN UND RISIKEN FÜR KMUS IM HINBLICK AUF DEN IFRS FÜR KMUS . 22
4.1 C
HANCEN UND
V
ORTEILE EINER
IFRS
FÜR
KMU
S
-R
ECHNUNGSLEGUNG
... 22
4.1.1 I
NTERNATIONALE
V
ERGLEICHBARKEIT DURCH DIE
H
ARMONISIERUNG DER
R
ECHNUNGSLEGUNG
... 22
4.1.2 E
NTSCHEIDUNGSNÜTZLICHERE
I
NFORMATIONEN DURCH DIE
V
ERBESSERUNG DER
EXTERNEN
B
ERICHTERSTATTUNG
... 25
4.1.3 I
NTERNATIONALE
A
KZEPTANZ DES
A
BSCHLUSSES
... 27

Seite | II
4.1.3.1 Erleichterung bei der Aufnahme internationaler operativer Geschäftsbeziehungen
... 27
4.1.3.2 Erleichterung bei der internationalen Kapitalbeschaffung ... 29
4.1.4 I
NTEGRATION DES
R
ECHNUNGSWESENS
... 32
4.1.5 IFRS
FÜR
KMU
S ALS MÖGLICHER ERSTER
S
CHRITT FÜR DEN
Ü
BERGANG AUF DEN
F
ULL
IFRS ... 36
4.1.6 V
EREINFACHTE
K
ONZERNRECHNUNGSLEGUNG UND
-
FÜHRUNG
... 37
4.1.7 K
AUF UND
V
ERKAUF EINES
U
NTERNEHMENS
... 38
4.1.8 Z
WISCHENFAZIT
... 38
4.2 P
ROBLEME
,
R
ISIKEN UND
N
ACHTEILE
... 39
4.2.1 K
OMPLEXITÄT
... 39
4.2.1.1 Component approach bei Sachanlagen ... 40
4.2.1.2 Percentage of Completion Methode bei Fertigungsaufträgen ... 41
4.2.1.3 Finanzinstrumente ... 42
4.2.1.4 Latente Steuern ... 43
4.2.1.5 Pensionsrückstellungen ... 44
4.2.1.6 Fair value ­ Bewertung ... 45
4.2.2 I
ST DIE GEWONNENE
I
NFORMATION WIRKLICH ENTSCHEIDUNGSNÜTZLICHER
? ... 47
4.2.3 S
UBJEKTIVITÄT
... 49
4.2.4 W
ETTBEWERB UND
T
RANSPARENZ
... 51
4.2.5 K
OSTEN
... 52
4.2.5.1 Umstellungskosten ... 52
4.2.5.2 Anwendungskosten ... 54
4.2.5.3 Fazit: kein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis ... 56
4.2.6 A
NGEMESSENHEIT FÜR
KMU
S
... 57
4.2.6.1 Liefert der Standard KMU-spezifische Informationen? ... 57
4.2.6.2 Grundsätze der internationalen Rechnungslegung ... 59
4.2.6.3 Vorsichtsprinzip und Gläubigerschutz ... 60
4.3 F
AZIT
... 62
5 IFRS FÜR KMUS VS. BILMOG ­ DER STANDARD ALS ALTERNATIVE ZUM
NEUEN HGB-ABSCHLUSS IN DEUTSCHLAND? ... 63
5.1 D
IE WICHTIGSTEN
Ä
NDERUNGEN DES
HGB
DURCH DAS
B
IL
M
O
G ... 63
5.1.1 W
EGFALL DIVERSER
W
AHLRECHTE
... 64
5.1.2 S
ELBST ERSTELLTE IMMATERIELLE
V
ERMÖGENSWERTE
:
A
KTIVIERUNGSWAHLRECHT
.. 64
5.1.3 F
INANZINSTRUMENTE
:
B
EWERTUNGSEINHEIT UND
F
AIR VALUE
... 65
5.1.4 L
ATENTE
S
TEUERN
:
T
EMPORARY
-K
ONZEPT
... 65

Seite | III
5.1.5 R
ÜCKSTELLUNGEN UND
V
ERBINDLICHKEITEN
:
E
RFÜLLUNGSBETRAG
... 66
5.1.6 A
USSCHÜTTUNGSSPERREN
... 66
5.1.7 Z
WISCHENFAZIT
... 67
5.2 W
IE INTERNATIONAL IST DAS NEUE
HGB?
­
G
EMEINSAMKEITEN UND
U
NTERSCHIEDE
EINZELNER
B
ILANZIERUNGSSACHVERHALTE IM
V
ERGLEICH ZUM
IFRS
FÜR
KMU
S
... 67
5.2.1 F
ERTIGUNGSAUFTRÄGE
... 68
5.2.2 F
INANZINSTRUMENTE
... 68
5.2.3 S
ACHANLAGEN
,
IMMATERIELLE
V
ERMÖGENSWERTE UND
W
ERTHALTIGKEITSTEST
... 69
5.2.4 S
ELBST ERSTELLTE IMMATERIELLE
V
ERMÖGENSWERTE
... 70
5.2.5 L
ATENTE
S
TEUERN
... 71
5.2.6 P
ENSIONSZUSAGEN UND SONSTIGE
R
ÜCKSTELLUNGEN
... 72
5.2.7 L
EASING
... 73
5.2.8 Z
WISCHENFAZIT
... 73
5.3 I
NTERNATIONALE
A
KZEPTANZ EINES
HGB-A
BSCHLUSSES
... 74
6 ZUSAMMENFASSUNG UND ERGEBNISSE ... 75
7 AUSBLICK: AKZEPTANZ IN EUROPA UND DER WELT ... 77
8 LITERATURVERZEICHNIS ... 81
9 INTERNETQUELLEN ... 88

Seite | IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wichtigste Adressaten des Einzelabschlusses ... 10
Abbildung 2: Kreditablehungsgründe ... 30
Abbildung 3: Konzeptionen, die eine Anwendung des IFRS für KMUs begünstigen ... 36
Abbildung 4: Kosten und Nutzen des Komponentenansatzes ... 40
Abbildung 5: HGB-Modernisierung vs. IAS/IFRS-Einführung ... 56
Abbildung 6: Einführung des IFRS für KMUs im Einzelabschluss ... 79

Seite | V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Größenordnung gem. §267 d-HGB
4

Seite | VI
Abkürzungsverzeichnis
BB
BetriebsBerater (Zeitschrift)
BC
Basis for Conclusions
BDI
Bundesverband der deutschen Industrie e.V.
BilMoG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BilReg
Bilanzrechtsreformgesetz
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
d-HGB
deutsches Handelsgesetzbuch
DRSC
Deutsches Rechnungslegungs Standards Comittee
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
ED
Exposure Draft (Standardentwurf)
EFRAG
European Financial Reporting Advisory Group
EStG
Einkommensteuergesetz
et al.
et alii bzw. et aliae (,,und andere")
EU
Europäische Union
EVA
Economic Value Added
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Fifo
First in first out (Bewertungsverfahren für Vorratsvermögen)
Full IFRS
Bezeichnet die gesamten IFRS für kapitalmarktorientierte Unter-
nehmen, einschließlich Interpretationen
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HGB
Handelsgesetzbuch
HGB n.F.
HGB neue Fassung
Hifo
Highest in first out (Bewertungsverfahren für Vorratsvermögen)
IAS
International Accounting Standards
IASB
International Accounting Standards Board
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
IfM
Institut für Mittelstandsforschung
IFRS
International Financial Reporting Standards
IFRS für KMUs
IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen
IRZ
Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung
KMUs
Kleine und mittlere Unternehmen
KoR
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung
Lifo
Last in first out (Bewertungsverfahren für Vorratsvermögen)
o.J.
ohne Jahresangabe
o.V.
ohne Verfasser

Seite | VII
PiR
Praxis der internationalen Rechnungslegung (Zeitschrift)
StuB
Unternehmenssteuern und Bilanzen (Zeitschrift)
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles
vgl.
vergleiche

Seite | 1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die internationale Rechnungslegung ist aus der Welt im 21. Jahrhundert nicht mehr weg-
zudenken. Spätestens seit das Europäische Parlament am 19. Juli 2002 eine EU-
Verordnung erließ, in der es festlegte, dass die IAS/IFRS-Standards ab 2005 von allen
kapitalmarktorientierten Konzernen grundsätzlich anzuwenden sind, sind die IFRS fester
Bestandteil der europäischen und nationalen Rechnungslegungsvorschriften. In Deutsch-
land wurde die EU-Verordnung durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) in deut-
sches Recht umgesetzt. Demnach sind alle Konzerne zu einem IAS/IFRS-Abschluss ver-
pflichtet, deren Wertpapiere am Abschlussstichtag zum Handel an einem organisierten
Markt zugelassen sind, sowie solche, die ab dem Kalenderjahr 2007 die Zulassung bean-
tragt haben. Für Unternehmen welche nicht kapitalmarktorientiert sind, beispielsweise
Personengesellschaften, besteht ein Wahlrecht zur Aufstellung eines befreienden IFRS-
Konzernabschlusses.
1
Die IFRS/IAS werden grundsätzlich als wenig angemessen für kleine und mittlere Unter-
nehmen betrachtet, weil sie andere Informationsbedürfnisse als kapitalmarktorientierte
Unternehmen haben. Außerdem entfaltet die Anwendung in Deutschland keine befreiende
Wirkung beim Einzelabschluss. Er muss nach wie vor gemäß Handelsgesetzbuch (HGB)
erstellt werden. Unter diesen Aspekten erscheint eine internationale Rechnungslegung für
Mittelständler wenig attraktiv. Dennoch hat sich das International Accounting Standards
Board (IASB) dazu entschlossen, einen separaten Standard zu entwickeln, der auf die
Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen zugeschnitten ist, um auch diese
Zielgruppe bedienen zu können.
2
Am 9. Juli 2009 veröffentlichte das IASB den Internationalen Rechnungslegungsstandard
für kleine und mittelgroße Unternehmen (IFRS für KMUs). Die Veröffentlichung des Stan-
dards entfaltet noch keine rechtlichen Verpflichtungen für deutsche KMUs, da er weder in
der IAS-Anwendungs-Verordnung der EU eingegliedert ist noch im nationalen Recht der
Länder umgesetzt wurde. Einer dieser beiden Wege müsste jedoch gegangen werden um
einen rechtsbindenden Charakter zu schaffen. Darüber hinaus ist zu klären, ob der neue
Standard den Vorschriften der 5. und 7. EWG-Richtlinie entspricht, da dies eine Voraus-
setzung zur Übernahme in nationales Recht ist.
3
1
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2008a), Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 5. Aufla-
ge, NWB, Herne, S. 9
2
vgl. Grünberger, Dr. David (2009), IFRS 2009 ­ Ein systematischer Praxisleitfaden, 7. Auflage, Lexis-Nexis,
Wien, S. 37-39
3
vgl. Winkeljohann, Prof. Dr. Norbert/ Morich, Dr. Sven (2009), IFRS für den Mittelstand: Inhalte und Akzep-
tanzaussichten des neuen Standards, in: BB Heft 31 S. 1630 und 1633

Seite | 2
Fraglich ist, ob der neue Standard eine wirkliche Alternative für den mittelständischen
Jahresabschluss nach nationalem Recht darstellt.
Ziel dieser Arbeit ist es, den neuen Standard vorzustellen und die Vor- und Nachteile sei-
ner Anwendung gegeneinander abzuwägen, um in der Folge aussagen zu können, ob es
für kleine und mittelgroße Unternehmen sinnvoll ist, den zusätzlichen Abschluss nach
IFRS für KMUs zu erstellen.
Außerdem soll analysiert werden, ob der IFRS für KMUs angesichts des Bilanzrechtsmo-
dernisierungsgesetzes (BilMoG) in Deutschland eine realistische Alternative für den HGB-
Abschluss ist.
1.2 Aufbau der Arbeit
Teil 1 führt zunächst mit einer kurzen Einleitung auf das Thema hin und definiert die Prob-
lemstellung und Zielsetzung der vorliegenden Arbeit.
Die Erläuterungen in Teil 2 definieren den Begriff ,,Mittelstand". Dabei werden die Unter-
schiede der Definitionen durch das HGB und das IASB aufgezeigt.
In Teil 3 werden grundsätzliche Fragen zum IFRS für KMUs geklärt. Dies betrifft die we-
sentlichen Ziele, die formuliert wurden, um den speziellen Bedürfnissen der KMUs zu ge-
nügen. Außerdem soll auf die Funktionen des Abschlusses eingegangen werden und da-
rauf, welchen Grundsätzen die Rechnungslegung folgt. Ebenso werden die wesentlichen
Modifikationen im Vergleich zum Full IFRS sowie zum 2007 veröffentlichten Standardent-
wurf aufgezeigt. Im Weiteren wird die Entwicklung von der Idee bis zum endgültigen
Standard kurz erläutert.
Internationale Vergleichbarkeit, bessere Informationen und Erleichterung bei der Aufnah-
me internationaler Geschäftsbeziehungen sind positive Aspekte im Zusammenhang mit
dem IFRS für KMUs. Dem gegenüber stehen Probleme wie die Angemessenheit für
KMUs, die Komplexität und hohe Kosten, die sich durch die Anwendung ergeben können.
In Teil 4 werden diese Vor- und Nachteile des neuen Standards analysiert, um die Ange-
messenheit und Sinnhaftigkeit des Normengerüstes für Mittelständler festzustellen.
Teil 5 behandelt das zum 01.01.2009 in Deutschland in Kraft getretene BilMoG, wodurch
das Handelsgesetzbuch reformiert und modernisiert wurde. Dabei wurde versucht, das
Bilanzrecht zu einer dauerhaften international konkurrenzfähigen Alternative zum IFRS
umzustrukturieren und an die Anforderungen der heutigen Zeit anzupassen. Damit gibt es
zwei Normengerüste, welche für sich die mittelständische Rechnungslegung beanspru-
chen. Fraglich vor diesem Hintergrund ist, ob der neue IFRS für KMUs in Deutschland

Seite | 3
überhaupt sinnvoll und das modernisierte HGB nicht die bessere Alternative ist. Es muss
jedoch kritisch hinterfragt werden, ob das HGB im Ausland akzeptiert wird und ob man auf
einen IFRS-Abschluss als international agierendes Unternehmen überhaupt noch verzich-
ten kann. Es wird untersucht, inwiefern sich der IFRS für KMUs und das BilMoG vonei-
nander unterscheiden um die Frage nach der besseren Alternative beantworten zu kön-
nen.
Abschließend werden in Teil 6 die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und in Teil 7
ein Ausblick zur möglichen bzw. wahrscheinlichen zukünftigen Entwicklung der Rech-
nungslegung kleiner und mittlerer Unternehmen dargestellt.
Im Text werden Abschnitte aus dem IFRS für KMUs, aus dessen Vorwort (Preface) sowie
aus der Basis for Conclusions (BC) vermerkt, um einen möglichst schnellen Zugriff auf die
jeweiligen Stellen zu ermöglichen. Diese werden wie die folgenden Beispiele bezeichnet:
Abschnitt 1.12, Abschnitt P17 bzw. Abschnitt BC23.
2 Wer ist ,,der Mittelstand"?
Zunächst gilt es zu klären, worum es sich handelt, wenn ,,der Mittelstand" angesprochen
wird. Grundsätzlich sind damit kleine und mittelgroße Unternehmen gemeint. Zu diesen
Begriffen finden sich jedoch mehrere unterschiedliche Definitionen. Das Institut für Mittels-
tandsforschung in Bonn oder die Europäische Kommission sind Institutionen, die sich der
anspruchsvollen Aufgabe stellen, eine einheitliche, übergreifende Definition für Unter-
nehmen verschiedener Größenklassen festzulegen. Da die Begriffe ,,klein" und ,,mittel-
groß" oft unterschiedlich ausgelegt werden besteht eine gewisse Willkür in der Einteilung.
4
Der Gegenstand der gesamten Untersuchung umfasst einen wesentlichen Teil unserer
Gesellschaft, wenn man betrachtet, dass 99,6% der deutschen Unternehmen nach der
Beschreibung der Europäischen Kommission als mittelständisch angesehen werden.
5
Nachfolgend sollen aufgrund der Thematik dieser Arbeit die Definitionen durch das deut-
sche HGB sowie durch das IASB näher erläutert werden.
2.1 Definition im deutschen HGB
Die Größenordnung der Unternehmen ist im deutschen HGB in §267 geregelt. Die quanti-
tativen Grenzen wurden im Rahmen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes 2009 um
20% angehoben. Diese sind der Jahresumsatz, die Bilanzsumme und die Arbeitnehmer-
4
vgl. Janssen, Jan (2009), Rechnungslegung im Mittelstand, 1. Auflage, Gabler/GWV Verlag, Wiesbaden, S.
8-10
5
vgl. Institut für Mittelstandsforschung, Bonn (2008), KMU-Definition der Europäischen Kommission, aufrufbar
unter: http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=90, aufgerufen am 28.01.2010

Seite | 4
zahl. Zur Bestimmung der Größenzuordnung müssen zwei der drei aufgelisteten Merkma-
le erfüllt sein:
Tabelle 1: Größenordnung gemäß §267 d-HGB
Unternehmenszuordnung
Bilanzsumme in
Umsatzerlöse in
Arbeitnehmer
Klein
< 4.840.000
< 9.680.000
< 50
Mittel
< 19.250.000
< 38.500.000
< 250
Groß
19.250.000
38.500.000
250
(Quelle: Theile (2008), S. 96f)
Eine Kapitalgesellschaft wird stets als groß angesehen wenn sie kapitalmarktorientiert ist,
wenn sie also an einem organisierten Markt mit von ihr ausgegebenen Wertpapieren teil-
nimmt. Eine rechtliche Auswirkung zeigt die Einteilung erst wenn die Merkmale an zwei
aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen erreicht werden.
6
2.2 Definition des IASB: anwendungsberechtigte Unternehmen
Ganz anders als das HGB geht das IASB bei der Definition des Mittelstands vor. Die Tat-
sache, dass der IFRS für KMUs international und global angewandt werden soll machte
es für das IASB unmöglich, länderübergreifend eine gewisse Größenordnung festzulegen.
Nationale Besonderheiten konnten dabei nicht beachtet werden. Deshalb überlässt das
Board die Zuteilung grundsätzlich den nationalen Gesetzgebern (Abschnitt BC69f).
7
Dennoch kann man qualitative Voraussetzungen für die Anwendung des Standards und
somit für die Bezeichnung als KMU finden. Zunächst einmal richtet sich der Standard in
einer Negativdefinition an alle nicht öffentlich rechenschaftspflichtigen Unternehmen, wel-
che einen Jahresabschluss für allgemeine Zwecke zur Information externer Adressaten
erstellen (Abschnitt 1.2), also nicht etwa nur aus steuerlichen Gründen. Es soll ganz gene-
rell externe Nutzer wie beispielsweise Banken oder Kunden geben, die sich für den Ab-
schluss des Unternehmens interessieren. In die Definition mit eingeschlossen sind auch
die so genannten Micro-Unternehmen. Das sind Unternehmen, die aus nur einer Person
oder sehr wenigen Beschäftigten bestehen. Auch für diese Unternehmen ist der IFRS für
KMUs laut IASB angemessen, da sich eine weitere Vereinfachung der Rechnungslegung
nachteilig in Bezug auf die Kapitalbeschaffung auswirken könne (Abschnitt BC71-74).
8
Mit dieser qualitativen Definition sind Unternehmen ausgeschlossen, welche eine öffent-
liche Rechenschaftspflicht haben. Darunter fallen laut IASB alle kapitalmarktorientierten
Unternehmen, also solche, deren Eigenkapitalinstrumente (Aktien usw.) an einem öffentli-
6
vgl. Theile, Prof. Dr. Carsten (2008), Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, NWB, Herne, S. 90-97
7
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1006
8
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1551

Seite | 5
chen Markt gehandelt werden. Der Grund hierfür besteht darin, dass deren Adressaten,
im Speziellen die Eigenkapitalgeber, andere Bedürfnisse haben als solche von KMUs.
Das IASB möchte durch den IFRS für KMUs mittelstandskonform verstärkt die Bedürfnis-
se der Fremdkapitalgeber berücksichtigen, da die Eigenkapitalgeber in KMUs in der Regel
selbst einen großen Einfluss auf das Unternehmen haben. Außerdem betrachtet das IASB
Unternehmen als öffentlich rechenschaftspflichtig, welche für eine große Anzahl an Per-
sonen hauptgeschäftlich treuhänderisch Vermögenswerte verwalten. Dies betrifft bei-
spielsweise Banken oder Versicherungen. Stellt die Vermögensverwaltung keine Haupttä-
tigkeit dar, dann gilt das Unternehmen als nicht öffentlich rechenschaftspflichtig und der
IFRS für KMUs kann angewandt werden. Dies trifft zu, wenn ein Unternehmen beispiels-
weise Anzahlungen oder regelmäßige Vorauszahlungen von seinen Kunden erhält, wie
bei Reiseveranstaltern.
9
Mit seiner Definition macht sich das IASB nicht an bestimmten Größenkriterien fest.
Selbst kleine öffentlich gehandelte Unternehmen werden explizit von der Anwendung
ausgeschlossen, auch wenn der nationale Gesetzgeber diesen Unternehmen einen Ab-
schluss nach IFRS für KMUs erlauben würde. Die Rechnungslegung dürfte nicht mit den
IFRS für KMUs übereinstimmend beschrieben werden, sondern müsste sich als nationale
Rechnungslegung verstehen (Abschnitt BC76f).
10
3 IFRS für KMUs
Im weiteren Verlauf wird der IFRS für KMUs vorgestellt. Zunächst werden einige grund-
sätzliche Eigenschaften sowie seine Entwicklung erläutert. Im Weiteren folgen Vergleiche
mit dem Full IFRS und dem Standardentwurf.
3.1 Ziele und Funktionen des IFRS für KMUs
Das Ziel des IASB war es, ,,qualitativ hochwertige, verständliche, international vergleich-
bare und durchsetzbare Standards zu entwickeln, die für KMUs weltweit geeignet sind
und sich auf die Bedürfnisse der Adressaten von Jahresabschlüssen kleiner und mittlerer
Unternehmen konzentrieren."
11
Die zunehmende Komplexität der Full IFRS und die damit
einhergehende Ablehnung durch kleine und mittelgroße Unternehmen waren Motive für
das IASB, mit dem IFRS für KMUs einen angemessenen Standard für diese Zielgruppe zu
9
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1005f i.V.m. Schiebel,
Dr. Alexander (2008), Der Standardentwurf ,,IFRS für KMUs" des IASB zur Entwicklung der Rechnungslegung
für den Mittelstand, in: IRZ Heft 01, S. 10f
10
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1551
11
o.V. (2007), IFRS für kleine und mittlere Unternehmen, aufrufbar unter: http://www.ifrs-
portal.com/Mittelstand/IFRS_fuer_KMU/IFRS_fuer_KMU_01.htm, aufgerufen am 31.10.2009

Seite | 6
entwickeln.
12
Damit wollte das IASB dem Mittelstand eine kostengünstigere Variante der
internationalen Rechnungslegung bereitstellen. Als Basis für den neuen Standard dienten
die Full IFRS. Mit Hilfe dieses Top-Down-Ansatzes sollte eine Komplexitätsreduktion unter
Beachtung von Kosten-/Nutzen-Überlegungen für KMUs erreicht werden.
13
Daneben erkannte das IASB die Aufgabe, mit dem IFRS für KMUs einen eigenständigen
und unabhängigen Standard für den Mittelstand zu entwickeln. Nachdem Betroffene laut-
stark Kritik am Standardentwurf (Exposure Draft (ED)) geäußert haben, da er zu viele
Querverweise auf den Full IFRS beinhaltete, wurde in der Endversion ein vom Full IFRS
losgelöster Standard entwickelt.
14
Durch diese Zielsetzungen will das IASB erreichen, die Abschlussadressaten, welche
selbst nicht die Möglichkeiten haben, für sie relevante Informationen anderweitig zu erhal-
ten, durch den IFRS für KMUs-Abschluss über die Finanz-, Ertrags- und Erfolgslage des
Unternehmens aufzuklären. Mit Hilfe dieser ,,fair presentation" des Unternehmens können
sie bei wichtigen Entscheidungen unterstützt werden. Damit ist die erste und wichtigste
Funktion des IFRS für KMUs genannt, die Informationsfunktion. Ein IFRS-Abschluss ver-
folgt eben nicht das Ziel, als Ergebnis die Ausschüttungsbemessungs- oder die Steuer-
bemessungsgrundlage zu erhalten, wie dies bei einer HGB- bzw. einer Steuerbilanz der
Fall ist. Der hauptsächliche Zweck besteht in der Vermittlung entscheidungsnützlicher
Informationen für die Adressaten, wodurch sie Prognosen über zukünftige Zahlungsströ-
me des Unternehmens erstellen und sich außerdem ein Bild darüber machen können, wie
unsicher die Zahlungsströme sind (prognoseorientierte Informationsfunktion). Die zweite
wichtige Funktion ist die Rechenschaftslegung. Durch den Abschluss muss das Manage-
ment des Unternehmens Rechenschaft darüber ablegen, was es während der Abschluss-
periode mit den eingesetzten Ressourcen erreicht oder nicht erreicht hat. Somit gibt es
eine gewisse Kontrolle über das wirtschaftliche Handeln des Managements in der Ver-
gangenheit. Diese Funktion kann alternativ auch als kontrollorientierte Informationsfunkti-
on bezeichnet werden.
15
Obwohl der IFRS für KMUs-Abschluss weder als Steuerbemessungs- noch als Ausschüt-
tungsbemessungsgrundlage konzipiert ist, da er durch seine Internationalität nicht auf
spezifische nationale Regelungen eingehen kann, vermerkt das IASB dennoch, dass die-
se Rechnungslegung ebenfalls als Ausgangspunkt für eine Steuerbilanz, sowie für die
Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinnes nach jeweils nationalem Recht dienen
12
vgl. Glanz, Dr. Stephan/Pfaff, Prof. Dr. Dieter (2009), International Financial Reporting Standard for Small
and Mediumsized Entities ­ Zum neuen Standard für nicht öffentlich rechenschaftspflichtige Unternehmen, in:
IRZ Heft 10 S. 421
13
vgl. Janssen, Jan (2009), Rechnungslegung im Mittelstand, 1. Auflage, Gabler/GWV Verlag, Wiesbaden, S.
37
14
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1550
15
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1006f i.V.m. Kirsch,
Prof. Dr. Hanno/ Meth, Dipl.-Kfm. Dirk (2007), Adressaten einer IFRS-Rechnungslegung für mittelständische
Unternehmen, in: BB (Beilage 6) Heft 19 S. 9f

Seite | 7
kann. Um das zu erreichen, schlägt es eine nationale Übergangsrechnung vor (Abschnitt
BC51f). Würde dieser Vorschlag durch die Regierung eines Landes wahrgenommen, wä-
ren die entsprechenden nationalen Vorschriften überflüssig und der Gesetzgeber müsste
Kompetenzen abgeben. So könnte das IASB seinen Traum einer weltweiten Vereinheitli-
chung der Rechnungslegung für KMUs erfüllen.
16
3.2 Rechnungslegungsgrundsätze
Die Grundsätze der Rechnungslegung für den IFRS für KMUs entsprechen weitgehend
jenen des Full IFRS. Um Verweise zu vermeiden wurden sie in den Standard mit aufge-
nommen. Man findet sie unter Abschnitt 2.4ff. Zu den qualitativen Kriterien, welche für die
Entscheidungsnützlichkeit der Informationen sorgen sollen, gehören im Einzelnen die
Verständlichkeit der Darstellung für sachverständige Personen, die Relevanz und We-
sentlichkeit der Informationen für Entscheidungen der Abschlussnutzer sowie die Verläss-
lichkeit des Abschlusses, welcher frei von jeglicher Subjektivität sein soll. Dazu müssen
Sachverhalte nach ihrer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beurteilt werden. Dies bedeu-
tet, dass Transaktionen nicht nur nach ihrer legalen Form beachtet werden, sondern vor
allem nach ihrer tatsächlichen Ausrichtung. Ein relevantes Thema diesbezüglich ist das
Leasing. Um die Verlässlichkeit gewährleisten zu können, gelten außerdem die Grundsät-
ze der Vorsicht, wonach Vermögen nicht über- und Schulden nicht unterbewertet werden
dürfen, sowie der Grundsatz der Vollständigkeit, wobei Kosten, Nutzen und die Wesent-
lichkeit der Informationen gegeneinander abzuwägen sind. Auch die Neutralität ist eine
Voraussetzung für verlässliche Informationen. Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist der der
Vergleichbarkeit und damit der Stetigkeit der Bilanzpolitik. Durch die Aufforderung, den
Jahresabschluss zeitnah zu gestalten, sowie ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis zu
beachten, wird die Bedeutung der übrigen Grundsätze zum Teil verringert. Dies gilt umso
mehr, da in Ausnahmefällen sogar von den Normen abgewichen werden darf, wenn die
Darstellung gemäß IFRS für KMUs mehr Verwirrung als Klarheit hervorruft.
17
Lässt sich ein Sachverhalt nicht eindeutig bewerten, so sieht der IFRS für KMUs in den
Abschnitten 10.4-10.6 eine Hierarchie der Grundsätze vor. Demnach sind die beiden
wichtigsten qualitativen Grundsätze die Verlässlichkeit und die Relevanz der Informatio-
nen.
18
Jedoch ergibt sich ein offensichtliches Problem im Zusammenspiel der beiden
Grundsätze. Relevante Sachverhalte betreffen meist zukunftsbezogene und dadurch un-
sichere Informationen, da die Adressaten an den zukünftigen Zahlungsstörmen des Un-
ternehmens interessiert sind. Verlässlichkeit hingegen kann nur bei vergangenen, nicht
16
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2010), IFRS for SMEs" versus BilMoG ­ Vereinbarkeit der IFRS-SME-
Rechnungslegung mit dem modernisierten HGB?, in: PiR Heft 1 S. 1
17
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1552 i.V.m. Tanski,
Prof. Dr. Joachim S. (2006), Bilanzpolitik und Bilanzanalyse nach IFRS ­ Instrumentarium, Spielräume, Ge-
staltung, Verlag Vahlen, München, S. 24f
18
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1007-1009

Seite | 8
mehr allzu relevanten Informationen gegeben werden. Im Zweifelsfall müsse immer nach
den Informationsinteressen der Adressaten entschieden werden, was bedeutet, dass der
Relevanz mehr Bedeutung beigemessen wird.
19
In diesem Punkt übersieht das IASB je-
doch, dass die Adressaten einer mittelständischen Rechnungslegung nicht die anonymen
Eigentümer wie bei einer kapitalmarktorientierten Unternehmung darstellen, sondern in
erster Linie Gläubiger und damit Fremdkapitalgeber. Sie sind mehr an Objektivität und
nachvollziehbaren Werten interessiert, um die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals
gewährleisten zu können, was für die Verlässlichkeit spricht.
20
Neben diesen qualitativen Anforderungen gibt es generelle Ansatz- und Bewertungs-
grundsätze für Abschlussposten. Ab Abschnitt 2.15 werden zunächst die Posten definiert,
die im Abschluss zu erfassen sind. Darunter fallen Vermögenswerte, Schulden und das
Eigenkapital, sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung die Erträge und Aufwendungen.
Posten werden im Abschluss nur erfasst wenn sie die jeweiligen Definitionen erfüllen, es
wahrscheinlich ist, dass dem Unternehmen durch den Sachverhalt in der Zukunft Nutzen
zu- bzw. abfließt und dass der Nutzen zuverlässig bewertbar ist. Damit gibt es keinen Un-
terschied in diesen Punkten zum Full IFRS. Die Abschnitte 2.33f erläutern zwei grundsätz-
liche Bewertungsmaßstäbe, die historischen Anschaffungskosten sowie den Fair value.
Für den Zugang von Vermögenswerten und Schulden sind gemäß Abschnitt 2.46 die his-
torischen Anschaffungskosten als Bewertungsmaßstab heranzuziehen. Bei der Folgebe-
wertung wird in den Abschnitten 2.47-2.50 zwischen finanziellen und nicht-finanziellen
Vermögenswerten unterschieden. Finanzielle Vermögenswerte sind grundsätzlich mit
dem Fair value zu bewerten, wobei die meisten einfachen Finanzinstrumente im Sinne
des Abschnitts 11 eine Ausnahme bilden. Sie werden mit den Anschaffungskosten abzüg-
lich etwaiger Wertminderungen bewertet. Nicht-finanzielle Vermögenswerte sind grund-
sätzlich mit dem niedrigeren Wert aus erzielbarem Betrag bzw. Verkaufswert und fortge-
führten Anschaffung- bzw. Herstellungskosten zu bewerten. Hier gilt also das Nie-
derstwertprinzip. Allerdings gibt es für bestimmte Posten wie Beteiligungen oder biologi-
sche Vermögenswerte andere Vorschriften. Nicht-finanzielle Schulden werden grundsätz-
lich mit dem Rückzahlungsbetrag bewertet. Anders als beim Full IFRS werden den Bi-
lanzposten die relevanten Bewertungsmaßstäbe direkt zugeordnet, was zu einer wesent-
lichen Erleichterung in der Anwendung führt. Die Grundsätze der Unternehmensfortfüh-
19
vgl. Bieker, Dr. Marcus (2007), IFRS für kleine und mittlere Unternehmen ­ Überblick über die zentralen
Inhalte des Standardentwurfs für die Rechnungslegung nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen nach
IFRS, in: DB Heft 22 S. 1208
20
vgl. Janssen, Dr. Jan/ Gronewold, Jun.-Prof. Dr. Ulfert (2010), IFRS for Small and Medium-sized Entities
­
Konzeptionelle Schwächen des neuen Standards und ihre Implikationen, in: KoR Heft 2 S. 78

Seite | 9
rung und das Prinzip der Periodenabgrenzung sind in den Abschnitten 3.8f und 2.36 zu
finden.
21
Die Bestandteile des Jahresabschlusses nach IFRS für KMUs entsprechen jenen des Full
IFRS. Sie setzen sich aus Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Eigenkapitalveränderungs-
rechnung, Kapitalflussrechnung und dem Anhang zusammen (Abschnitt 3.17). Lediglich
die Segmentberichterstattung wird nicht gefordert.
22
3.3 Adressaten
Der neue Standard für den Mittelstand soll dazu dienen, externe Adressaten, die nicht
selbst über die Möglichkeiten oder die Macht verfügen, an für sie entscheidungsrelevante
Informationen zu kommen, mit solchen zu versorgen. Doch wer genau sollen eigentlich
die Adressaten sein? Das IASB hat in diesem Zusammenhang keine Auflistung direkt im
Standard verankert. Jedoch findet man sie im Teil ,,Basis for Conclusions" (BC80), welche
im Folgenden kritisch betrachtet werden soll. Dabei nennt das IASB als Hauptgruppen der
Abschlussadressaten kreditgebende Banken, Lieferanten, Ratingagenturen, Kunden und
nicht geschäftsführende Gesellschafter. Das Management des Unternehmens sieht es
hingegen nicht als möglichen Adressaten der Rechnungslegung. Dies wird einfach damit
begründet, dass das Management eines Unternehmens selbst alle Möglichkeiten besitzt,
an jede gewünschte Information zu gelangen und nicht auf den Jahresabschluss ange-
wiesen ist.
23
Das IASB möchte sein Augenmerk vor allem auf die Fremdkapitalgeber und
deren Informationsbedürfnisse richten, da diese den Nutzen der Offenlegungen bestim-
men.
24
Das Problem dabei ist jedoch, dass das IASB im Vorfeld der Entwicklung weder theore-
tische noch empirische Untersuchungen diesbezüglich angestellt hat. Daher muss be-
zweifelt werden, ob die Auflistung der wichtigsten Adressaten für KMUs tatsächlich zutref-
fend ist. Außerdem fehlt im IFRS für KMUs in Bezug auf die Adressaten eine klare Rich-
tung, da sehr viele Gruppen bedient werden sollen. Der Fokus muss bei KMUs aufgrund
der starken Fremdkapitalfinanzierung bei den Gläubigern liegen.
25
21
vgl. Haller, Prof. Dr. Axel et al. (2007), ED-IFRS für KMUs ­ Entwurf eines internationalen Rechnungsle-
gungsstandards für kleine und mittelgroße Unternehmen, in: BB Heft 10 S. 544f i.V.m. Kirsch, Prof. Dr. Hanno
(2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1008f
22
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1552f
23
vgl. Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small and Medium-Sized
Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S. 1551f
24
vgl. Schiebel, Dr. Alexander (2008), Der Standardentwurf ,,IFRS für KMUs" des IASB zur Entwicklung der
Rechnungslegung für den Mittelstand, in: IRZ Heft 01, S. 10
25
vgl. Janssen, Dr. Jan/ Gronewold, Jun.-Prof. Dr. Ulfert (2010), IFRS for Small and Medium-sized Entities
­
Konzeptionelle Schwächen des neuen Standards und ihre Implikationen, in: KoR Heft 2 S. 76f

Seite | 10
(
Quelle: Kajüter et al. (2007), DB, S. 1880)
Abbildung 1: Wichtigste Adressaten des Einzel-
abschlusses
98
75
84
34
1
2
1
9
0
20
40
60
80
100
120
Anzahl der Unternehmen
Dass die Aufstellung der Abschlussadressaten des IASB nicht vollständig im Sinne der
KMUs ist, wurde auch in mehreren Befragungen der betroffenen Gesellschaften bereits
festgestellt. Eine dieser Untersuchungen mit deutschen Mittelständlern führte im Frühjahr
2007 der Lehrstuhl für Internationale Unternehmensrechnung der Universität Münster in
Kooperation mit der Wirtschafts-
prüfungsgesellschaft
MAZARSHemmelrath
durch.
Man
wollte die drei wichtigsten Adressaten
für den Einzelabschluss ermitteln. Das
Ergebnis der Befragung deckt sich nur
teilweise mit den Annahmen, die das
IASB bei der Bestimmung der Haupt-
adressaten traf. Als wichtigste Nutzer
des Jahresabschlusses sehen die
KMUs die Gesellschafter. Diese wer-
den ebenso vom IASB genannt, so-
fern sie nicht geschäftsführend tätig
sind. Als zweitwichtigsten Adressaten
nennen die KMUs das Finanzamt. Dies kann dadurch erklärt werden, dass in Deutschland
durch das Maßgeblichkeitsprinzip die Handelsbilanz als Basis für die Steuerbilanz auch
für das Finanzamt von Bedeutung ist. Diese Nennung könnte ein erster Indikator dafür
sein, dass ein Abschluss nach dem IFRS für KMUs für Mittelständler nicht besonders ge-
eignet ist, da Steuerbemessungen keine Rolle spielen. Als drittwichtigste Adressaten fol-
gen die Banken, was ein direkter Hinweis auf die Struktur der Kapitalgeber bei KMUs ist.
Sie finanzieren sich traditionell über Bankkredite und weniger über Eigenkapital vom Kapi-
talmarkt. Durch größere Offenlegung hoffen die Unternehmen auf bessere Finanzierungs-
konditionen, wobei ein IFRS-Abschluss von keiner Hausbank der befragten Unternehmen
gefordert wurde. Bemerkenswert ist, dass über ein Drittel der Teilnehmer auch das eigene
Management als wichtigen Adressaten für die Rechnungslegung betrachtet. Dies ent-
spricht in keinster Weise der Auffassung des IASB, da davon ausgegangen wird, dass
das Management ohnehin uneingeschränkten Zugriff auf alle relevanten Sachverhalte hat.
Im Rahmen dieser Befragung erkennt man auch, dass Kunden, Lieferanten und Mitarbei-
ter sowie sonstige Gruppen in Bezug auf den Jahresabschluss eher geringe Bedeutung
haben. Vom IASB werden einige dieser Personengruppen gleichwertig mit Gesellschaf-
tern und Banken genannt.
26
26
vgl. Kajüter, Prof. Dr. Peter et al. (2007), Rechnungslegung nach IFRS im deutschen Mittelstand?, in: DB
Heft 35 S. 1880

Seite | 11
Zu äquivalenten Ergebnissen kommt auch die Untersuchung von Eierle et al. (2008).
Auch hier spielen Gesellschafter, der Fiskus und Banken sowie das eigene Management
eine große Rolle, wohingegen Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer und potenzielle Inves-
toren für den KMU-Abschluss weniger interessant sind. In dieser Befragung lässt sich
außerdem feststellen, dass auch bei Mittelständlern Principal-Agent-Konflikte ein Thema
sind, da in 76% der Fälle nicht alle Gesellschafter auch geschäftsführend tätig sind. Daher
verwundert es nicht, dass die Gesellschafter aus Sicht der KMUs eine der wichtigsten
Adressaten für den Jahresabschluss darstellen.
27
Dies ist weniger bei kleinen als bei grö-
ßeren KMUs der Fall. Eigenkapitalgeber kleinerer Unternehmen sind zumeist an der Ge-
schäftsleitung beteiligt und eine Einsicht in alle wichtigen Unterlagen ist deshalb gewähr-
leistet. Dem gegenüberspielen sie bei den größeren mittelständischen Unternehmen ne-
ben den Fremdkapitalgebern eine wichtige Rolle. Da sie unter Umständen weniger Mög-
lichkeiten haben, an für sie relevante Informationen zu gelangen, ist eine umfassende
Rechnungslegung für diese Personengruppe von Bedeutung. Es ist aber dennoch zu
überlegen, ob dabei nicht der Full IFRS geeigneter ist.
28
Vor dem Hintergrund dieser Unterschiedlichkeiten ist zu überlegen, ob die Beschreibung
der Zielgruppen nicht noch einmal KMU-spezifisch auf Basis solcher Befragungen umge-
formt werden sollte.
3.4 Entwicklung des Projekts IFRS für KMUs
Schon seit dem Jahr 1998 gibt es beim IASB den Gedanken, für den Mittelstand weniger
umfangreiche und komplexe IFRS zu entwickeln, da auch international ein entsprechen-
der Bedarf signalisiert wurde. Im Jahr 2000 wurde zum ersten Mal im Rahmen der Grün-
dung des IASB, welches seinen Vorgänger, das International Accounting Standards
Comittee (IASC), ersetzen sollte, öffentlich die Idee eines Standards einer internationale
Rechnungslegung für kleine und mittlere Unternehmen aufgrund einer festgestellten
Nachfrage erwähnt. Ab 2001 wurde das Projekt dann offiziell zu den Aufgaben des IASB
hinzugerechnet. Man beauftragte eine Arbeitsgruppe damit, Standards zu entwickeln, die
den Anforderungen von kleinen und mittleren Unternehmen gerecht werden. Im Juni 2004
veröffentlichte das IASB ein Diskussionspapier mit dem Namen ,,Preliminary Views on
Accounting Standards for Small and Medium-sized Entities". Mit diesem Instrument rief es
zur Stellungnahme bezüglich möglicher und nötiger Modifikationen der internationalen
Rechnungslegung für kleine und mittlere Unternehmen auf. Aufgrund der zahlreichen
Rückmeldungen wurde das Projekt weiter verfolgt. Der Großteil der Beiträge verlangte
Vereinfachungen. Um noch mehr und präzisere Informationen zu erhalten, wurde im April
27
vgl. Eierle, Brigitte et al. (2008), Wie beurteilen deutsche nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen den ED-
IFRS für KMUs?, in: KoR Heft 3 S. 155f
28
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno/ Meth, Dipl.-Kfm. Dirk (2007), Adressaten einer IFRS-Rechnungslegung für
mittelständische Unternehmen, in: BB (Beilage 6), Heft 19 S.9-12

Seite | 12
2005 ein Fragebogen mit zwei Fragen publiziert. Man wollte wissen, wo Vereinfachungen
angestrebt werden sollten und welche für KMUs nicht relevanten Themen vernachlässig-
bar sind. Die Antworten wurden diskutiert und ein Entwurf des IFRS für KMUs entwickelt,
welcher im Februar 2007 mit der Bitte um Kommentierungen bis zum 30. November 2007
veröffentlicht wurde. Im Anschluss gab es eine Feldstudie, in der 116 KMUs aus 20 Län-
dern den Entwurf teilweise oder vollständig anwandten. Man wollte testen, ob er für KMUs
verständlich, angemessen und anwendbar war. Probleme gab es hauptsächlich mit den
jährlichen Werthaltigkeitstests, dem Umfang des Anhangs und den Verweisen auf den
Full IFRS. Auf Basis dieser Tests und weiterer Kommentierungen wurde der ED ange-
passt und schließlich im Juli 2009 als IFRS für KMUs veröffentlicht.
29
Zum Ende des Jahres 2009 sollte auf der Internetseite des IASB Schulungsmaterial er-
scheinen, welches Unternehmen bei der Umsetzung des IFRS für KMUs unterstützt.
30
Bisher gibt es dieses für zahlreiche, aber noch nicht für alle Standards. Die Unterlagen
können unter dem Link http://www.iasb.org/IFRS+for+SMEs/Training+modules.htm (auf-
gerufen am 29.04.2010) aufgerufen werden.
3.5 Die wesentlichen Modifikationen im Vergleich zum Full IFRS
Die Grundlage des IFRS für KMUs ist der Full IFRS. Er wurde dahingehend modifiziert,
dass der neue Standard den kleinen und mittleren Unternehmen sowie ihren Adressaten
gerecht wird und unter Kosten-Nutzen-Abwägungen anwendbar ist.
31
Um dies zu errei-
chen ergriff das IASB drei hauptsächliche Maßnahmen. Vereinfachungen wurden dort
getroffen, wo zu große Komplexität herrschte. Themenkomplexe, die für KMUs nicht rele-
vant erschienen, wurden gestrichen. Es gibt auch keine Verweise mehr im Standard zum
Full IFRS, wie dies noch im Entwurf der Fall war. Bei Regelungslücken sollen Anwender
eigenständig Lösungen finden. Auf den Full IFRS kann aber zurückgegriffen werden, wie
in Abschnitt 10.6 festgehalten ist. Schließlich reduzieren sich im IFRS für KMUs auch die
Offenlegungspflichten. Mit diesen Maßnahmen gelang es, aus der über 2000 Seiten um-
fassenden Grundlage, dem Full IFRS, einen eigenständigen Standard mit gerade einmal
231 Seiten (plus 52 Seiten ,,Basis for Conclusions" und 64 Seiten ,,Illustrative Financial
Statement and Disclosure Checklist") zu erstellen.
Wo die Maßnahmen des IASB im Einzelnen ansetzen, wird nachfolgend erläutert.
29
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2008a), Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 5. Auf-
lage, NWB, Herne, S. 393, Beiersdorf, Kati et al. (2009), International Financial Reporting Standard for Small
and Medium-Sized Entities (IFRS für KMUs): Überblick über den finalen Standard des IASB, in: DB Heft 30 S.
1549 i.V.m. IFRS for SME ­ Basis for Conclusions (2009), London BC1-BC31
30
vgl
IASB
(2009),
About
the
IFRS
for
SMEs,
aufrufbar
unter:
http://www.iasb.org/IFRS+for+SMEs/IFRS+for+SMEs.htm, aufgerufen am 31.10.2009
31
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno/ Meth, Dipl.-Kfm. Dirk (2007), Adressaten einer IFRS-Rechnungslegung für
mittelständische Unternehmen, in: BB (Beilage 6) Heft 19 S. 8

Seite | 13
3.5.1 Erleichterungen
Die erste und wahrscheinlich wichtigste inhaltliche Maßnahme zur Reduzierung der Kom-
plexität sind wesentliche Vereinfachungen bei den Vorschriften einiger Standards im Ver-
gleich zum Full IFRS. Obwohl der IFRS für KMUs dasselbe Ziel verfolgt wie der Full IFRS
erlaubt das IASB aufgrund mangelnder Rechnungslegungskenntnisse und auch aus der
bereits erwähnten Kosten-Nutzen-Überlegung einige Erleichterungen für KMUs. Sie sind
häufig nicht konsistent mit den Konzepten der internationalen Rechnungslegung. Das
bestätigt beispielsweise die Beschränkung der Lebensdauer eines Firmenwertes auf zehn
Jahre (Abschnitt 19.23 sowie BC112), was jedoch für diesen Standard in Kauf genommen
wurde.
32
Einige Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte wurden dahingehend gestri-
chen, dass nur die in der Regel einfachere Alternative gestattet ist. Durch dieses Vorge-
hen kann die internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse gefördert werden, da den
Abschlusserstellern in ihren individuellen, bilanzpolitischen Überlegungen weniger Spiel-
raum gegeben wird. Für den Benutzer bedeutet das eine Erleichterung, weil er keine
Auswahl treffen muss und einfach den Standard so anwenden kann wie dieser es vor-
schreibt.
33
Wesentliche Vereinfachungen wurden wie folgt durchgeführt: Im Bereich des Anlagever-
mögens dürfen Fremdkapitalzinsen sowie Forschungs- und Entwicklungskosten gemäß
IFRS für KMUs nur als Aufwand erfasst und nicht aktiviert werden (Abschnitte 17.10f,
18.4). Damit gibt es keine selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände. Außer-
dem wurde die Neubewertungsmethode für Sachanlagen und immaterielle Vermögens-
werte abgeschafft (Abschnitt BC84 (d) und (h)). Sie sind zu fortgeführten historischen
Kosten zu bewerten, wobei Wertminderungen Berücksichtigung finden. Damit gibt es
grundsätzlich keine aufwendige Ermittlung von Zeitwerten für diese Vermögensgegen-
stände. Ein weiteres Wahlrecht, das entfällt, ist die Bewertung von als Finanzinvestitionen
gehaltenen Immobilen mit dem Anschaffungskostenmodell. Diese müssen verpflichtend
mit dem Fair value bewertet werden, wenn dessen Ermittlung nicht unverhältnismäßig
hohe Kosten verursacht (Abschnitt 16.7). Durch diese Formulierung ergibt sich für das
Unternehmen die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen das Anschaffungskostenmodell
anzuwenden.
34
Für Finanzinstrumente wurden weniger komplexe Regelungen vereinbart. Generell unter-
teilte man diesen Themenkomplex in zwei Abschnitte. Abschnitt 11 behandelt einfache
Finanzprodukte wie Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung oder
Bankkredite, sowie liquide Mittel, die mit wenigen Ausnahmen zu fortgeführten Anschaf-
32
vgl. Kirsch, Prof. Dr. Hanno (2009), Der "IFRS für KMUs"-Standard, in: BBK Nr. 20 S. 1005
33
vgl. Wenk, Dr. Marc Oliver et al. (2009), IFRS für KMUs 2009 - die wesentlichen Änderungen im Vergleich
zum Exposure Draft, in: DStR Heft 42 S. 2166
34
vgl. Glanz, Dr. Stephan/Pfaff, Prof. Dr. Dieter (2009), International Financial Reporting Standard for Small
and Mediumsized Entities ­ Zum neuen Standard für nicht öffentlich rechenschaftspflichtige Unternehmen, in:
IRZ Heft 10 S. 418-420

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842801653
DOI
10.3239/9783842801653
Dateigröße
906 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – Fakultät für Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2010 (August)
Note
1,0
Schlagworte
bilmog mittelstand rechnungswesen rechnungslegung
Zurück

Titel: IFRS für KMUs - Eine Alternative?
Cookie-Einstellungen