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Analyse eines integrierten Risikomanagementsystems im Rahmen eines Balanced-Scorecard-Ansatzes unter besonderer Berücksichtigung der Perspektive "Umwelt und Politik"

Eine explorative Studie zur ganzheitlichen Unternehmensführung anhand der sozialwirtschaftlichen Organisation stiftung st. franziskus heiligenbronn

©2009 Diplomarbeit 191 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das grundsätzliche Ziel einer Organisation besteht in der langfristigen Sicherung ihrer Existenz. Dieses Bestreben ist jedoch, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen, nicht allein an die Optimierung unternehmensinterner Abläufe gekoppelt, sondern vielmehr an die Fähigkeit adaptiv und flexibel auf Umweltgegebenheiten reagieren bzw. mit der Unternehmensumwelt interagieren zu können. In der Vergangenheit haben sich diese Betrachtungsweisen zu Erfolgsfaktoren entwickelt.
Einige Medienberichte verdeutlichen die Folgen einer vernachlässigten Beachtung externer Einflussfaktoren. Beispielhaft seien hier die Geschehnisse bei dem Kinderhilfswerk UNICEF aus den Jahren 2007 und 2008 genannt. Aufgrund des intransparenten Umgangs mit Spenden und der Bezahlung von Provisionen zur Spendervermittlung musste ein hoher Vertrauensverlust bei Spendern und ehrenamtlichen Helfern hingenommen werden. Des Weiteren wurde der Organisation das Spendensiegel der DZI1 entzogen. Vier Monate später, im April 2008, hatte UNICEF einen Spendenrückgang von 20 Prozent zu bilanzieren. Ungefähr 5 000 Dauerspender wendeten sich ab. Offenbar fehlten die Kommunikation sowie Transparenz über die Mittelverwendung und die möglichen Konsequenzen imageschadender Berichterstattungen wurden verkannt. Die Geschäftsführung unterschätzte in diesem Fall die möglichen negativen Auswirkungen ihres Handelns.
Das Konzept der ganzheitlichen Unternehmensführung zielt auf den ausgewogenen Umgang mit den externen sowie internen Faktoren ab, um langfristig und erfolgreich am Markt zu bestehen.
Häufig implementieren Organisationen ein Risikomanagementsystem, um einen ganzheitlichen Blick zu erlangen (vgl. Gruyters, o. J.). Mit diesem Managementinstrument sollen zukünftige Entwicklungen erkannt werden, sodass die anwendenden Unternehmen sich auf wandelnde Rahmenbedingungen einstellen können.
Das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) in Berlin ist ein Garant für die Seriosität einer Hilfsorganisation.
Neben den zur Implementierung verpflichteten Aktiengesellschaften gibt es auch freiwillige Anwender: Diese sehen darin eine Möglichkeit, Umweltentwicklungen frühzeitig zu identifizieren und die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen bzw. Gefahren zu minimieren oder abzuwehren.
Auch NPOs erkennen zunehmend die Notwendigkeit, eine prospektive Sichtweise in die Unternehmensführung einfließen zu lassen. Sozialrechtliche […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sebastian Wegner
Analyse eines integrierten Risikomanagementsystems im Rahmen eines Balanced-
Scorecard-Ansatzes unter besonderer Berücksichtigung der Perspektive "Umwelt und
Politik"
Eine explorative Studie zur ganzheitlichen Unternehmensführung anhand der
sozialwirtschaftlichen Organisation stiftung st. franziskus heiligenbronn
ISBN: 978-3-8428-0095-3
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Fachhochschule Nordhausen, Nordhausen, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

III
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... V
Abkürzungsverzeichnis... VI
1. Einleitung ... 9
2. Grundlegende Erläuterungen ... 12
2.1 Non-Profit-Organisationen und ihre Besonderheiten ... 12
2.2 Dienstleistungen/Soziale Dienstleistungen ... 17
2.3 Begriffsabgrenzung von Klient und Kunde ... 18
3. Vorstellung der stiftung st. franziskus heiligenbronn ... 21
3.1 Historische Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert... 21
3.2 Dienstleistungsportfolio der ssfh ... 22
4. Das Managementsystem der stiftung st. franziskus heiligenbronn ... 24
4.1 Balanced Scorecard ... 24
4.2 Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit ... 27
4.3 Managementwerkzeuge der ssfh ... 29
4.4. Risikomanagement... 30
4.4.1. Theoretische Betrachtung ... 30
4.4.2. Rechtliche Rahmenbedingungen ... 35
4.4.2.1 KonTraG ... 37
4.4.2.2. TransPuG ... 38
4.4.2.3 DCGK ... 38
4.3.3. Das Chancen- und Risikomanagementsystem der ssfh ... 41
5. Bestimmung der relevanten Umwelt der stiftung st. franziskus heiligenbronn 44
5.1 Grundlagen... 44
5.1.1. Kategorisierung der Umwelt ... 45
5.1.2. Stakeholder-Ansatz ... 49
5.1.3 Anreiz-Beitrags-Ansatz ... 55
5.1.3.1 Die stiftung st. franziskus heiligenbronn als Organisation ... 55
5.1.3.2 Organisatorisches Gleichgewicht nach der Anreiz-Beitrags-Theorie 57
5.1.3.3 Kritische Auseinandersetzung mit der Anreiz-Beitrags-Theorie 59
5.2 Vorstellung der relevanten Umwelt der ssfh ... 61

IV
5.2.1 Die Aufgabenumwelt ... 63
5.2.1.1 Kostenträger ... 63
5.2.1.2 Klienten ... 65
5.2.1.3. Wettbewerber ... 68
5.2.1.4 Externe Dienstleister ... 69
5.2.1.5 Spender ... 72
5.2.1.6 Ehrenamtliche ... 74
5.2.1.7 Medien ... 76
5.2.1.8 Kirche und Religion ... 78
5.2.1.9 Der Caritasverband (DCV) ... 80
5.2.2 Die Allgemeine Umwelt ... 81
5.2.2.1 Ökonomische Umwelt ... 82
5.2.2.2 Rechtliche Umwelt ... 83
5.2.2.3 Gesellschaftliche Umwelt ... 83
5.2.2.4 Technische Umwelt ... 86
5.2.2.5 Politische Umwelt ... 86
5.2.2.6 Ökologische Umwelt ... 87
5.2.3 Priorisierung der Stakeholder ... 87
6. Trends in der Sozialwirtschaft... 92
6.1 Relevante Trends und ihre möglichen Auswirkungen auf die ssfh
und ihre Umwelt ... 93
6.1.1 Demographische Entwicklung ... 94
6.1.3 Kinderarmut ... 98
6.1.4 Sozialpolitische Entwicklung in Deutschland ... 100
6.1.5 Europäische Sozialpolitik ... 103
6.2 Informationsquellen ... 104
7. Fazit ... 106
Quellennachweis ... 109
Anhang ... 125

Abbildungsverzeichnis
Abb. 1
Dienstleistungsdreieck
14
Abb. 2
Die vier Perspektiven der BSC
24
Abb. 3
Prozess des Risikomanagements
31
Abb. 4
Vergleich von Struktur und konkreter Darstellung des
Risikokatalogs
41
Abb. 5
Relevanz-Matrix der Stakeholder
51
Abb. 6
Die stiftung st. franziskus heiligenbronn und ihre Umwelt
61
Abb. 7
Motive für das freiwillige Engagement
73
Abb. 8
Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit
75
Abb. 9
Relevanz-Matrix der Stakeholder der ssfh
87
Abb. 10
Trends und Umweltfaktoren
92
Abb. 11
Zusammensetzung der Bevölkerung im Vergleich
94
Abb. 12
Entwicklung der erwerbsfähigen Bevölkerung
95
V

Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
a. D.
außer Dienst
AG(s)
Aktiengesellschaft(en)
AktG
Aktiengesetz
AO
Abgabenordnung
Art.
Artikel
AVR
Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes
BRD
Bundesrepublik Deutschland
BSC
Balanced Scorecard
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CBP
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V.
CGK
Corporate Governance Kodex
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
DCV
Deutscher Caritasverband
DIW
Deutsches Institut für Wirtschaftsfragen e. V.
DDR
Deutsche Demokratische Republik
d. h.
das heißt
DL
Dienstleistung
DMS
Dokumenten Management System
DZI
Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen
ebd.
ebenda
ESF
Europäischer Sozialfonds
et al.
et alii
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
e. V.
eingetragener Verein
f.
folgend(e)
ff.
fortfolgend(e)
FPO(s)
For-Profit-Organisation(en)
GG
Grundgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
VI

gem.
gemäß
gesetzl.
gesetzlich
HGB
Handelsgesetzbuch
i. d. R.
in der Regel
i. S. d.
im Sinne der/s
i. V. m.
in Verbindung mit
IÜS
Internes Überwachungssystem
KiFaZ
Kinder- und Familienzentrum
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im
Unternehmensbereich
NPO(s)
Non-Profit-Organisation(en)
Nr.
Nummer
o. Ä.
oder Ähnliche(s)
öffentl.
öffentlich
o. g.
oben genannt(en)
o. J.
ohne Jahr
o. S.
ohne Seite
o. V.
ohne Verfasser
PR
Public Relations
rechtl.
rechtlich
resp.
respektive
S.
Seite(n)
S.
Satz
SGB
Sozialgesetzbuch
ssfh
stiftung st. franziskus heiligenbronn
sog.
so genannte(r)
soz.
sozial(e/es)
TransPuG
Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts,
zu Transparenz und Publizität
usw.
und so weiter
v. a.
vor allem
VDD
Verband der Diözesen Deutschlands
Vgl.
Vergleiche
VRG
Verwaltungsstruktur-Reformgesetz
z. B.
zum Beispiel
z. T.
zum Teil
VII


9
1. Einleitung
1. Einleitung
Das grundsätzliche Ziel einer Organisation besteht in der langfristigen Sicherung
ihrer Existenz. Dieses Bestreben ist jedoch, nach wissenschaftlichen Erkennt-
nissen und praktischen Erfahrungen, nicht allein an die Optimierung unterneh-
mensinterner Abläufe gekoppelt, sondern vielmehr an die Fähigkeit adaptiv und
flexibel auf Umweltgegebenheiten reagieren bzw. mit der Unternehmensumwelt
interagieren zu können. In der Vergangenheit haben sich diese Betrachtungswei-
sen zu Erfolgsfaktoren entwickelt.
(Vgl. Heinen, 1992, S. 23f.)
Einige Medienberichte verdeutlichen die Folgen einer vernachlässigten Beach-
tung externer Einflussfaktoren. Beispielhaft seien hier die Geschehnisse bei dem
Kinderhilfswerk UNICEF aus den Jahren 2007 und 2008 genannt. Aufgrund des
intransparenten Umgangs mit Spenden und der Bezahlung von Provisionen
zur Spendervermittlung musste ein hoher Vertrauensverlust bei Spendern und
ehren amtlichen Helfern hingenommen werden. Des Weiteren wurde der Organi-
sation das Spendensiegel der DZI
1
entzogen.
(Vgl. Leyendecker, 2008; ECONOMY.
ONE GmbH (Hrsg.), 2008)
Vier Monate später, im April 2008, hatte UNICEF einen
Spendenrückgang von 20 Prozent zu bilanzieren. Ungefähr 5 000 Dauerspender
wendeten sich ab.
(Vgl. Westdeutscher Rundfunk Köln (Hrsg.), 2008)
Offenbar fehlten
die Kommunikation sowie Transparenz über die Mittelverwendung und die mög-
lichen Konsequenzen imageschadender Berichterstattungen wurden verkannt.
Die Geschäftsführung unterschätzte in diesem Fall die möglichen negativen Aus-
wirkungen ihres Handelns.
Das Konzept der ganzheitlichen Unternehmensführung zielt auf den ausgewo-
genen Umgang mit den externen sowie internen Faktoren ab, um langfristig und
erfolgreich am Markt zu bestehen.
Häufig implementieren Organisationen ein Risikomanagementsystem, um einen
ganzheitlichen Blick zu erlangen
(vgl. Gruyters, o. J.)
. Mit diesem Management-
instrument sollen zukünftige Entwicklungen erkannt werden, sodass die anwenden-
den Unternehmen sich auf wandelnde Rahmenbedingungen einstellen können.
1
Das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) in Berlin ist ein
Garant für die Seriosität einer Hilfsorganisation (Vgl. Westdeutscher Rundfunk Köln (Hrsg.),
2008)

10
1. Einleitung
Neben den zur Implementierung verpflichteten Aktiengesellschaften gibt es auch
freiwillige Anwender: Diese sehen darin eine Möglichkeit, Umweltentwicklungen
frühzeitig zu identifizieren und die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen
bzw. Gefahren zu minimieren oder abzuwehren.
Auch NPOs erkennen zunehmend die Notwendigkeit, eine prospektive Sicht-
weise in die Unternehmensführung einfließen zu lassen. Sozialrechtliche Ent-
wicklungen können bspw. zu veränderten Finanzierungsparametern sowie einer
modifizierten Beziehung zwischen Leistungsempfänger und Leistungserbringer
führen. Neben weiteren sozialpolitischen Aspekten haben auch gesamtgesell-
schaftliche Wandlungen Auswirkungen auf die Arbeit einer NPO.
Um solche Einflüsse aus der Unternehmensumwelt frühzeitig zu identifizieren
und entsprechend darauf zu reagieren, entschloss sich die sozialwirtschaftliche
stiftung st. franziskus heiligenbronn im Jahr 2005 für die Arbeit mit einem inte-
grierten Chancen- und Risikomanagementsystem.
Am konkreten Fall der ssfh wird in dieser Arbeit eine Möglichkeit dargestellt, welche
durch die Kombination verschiedener Managementinstrumente, eine ganzheitliche
Betrachtungsweise erzeugt. Die Ableitung der potenziellen Gefahren bzw. Chan-
cen aus den zuvor identifizierten Einflussfaktoren und Trends wird dabei den Kern
dieser Arbeit bilden. Darauf aufbauend werden die Einsatzmöglichkeiten und Gren-
zen des dargestellten Chancen- und Risikomanagements in Bezug zu den zukünf-
tigen sozialpolitischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen kritisch betrachtet.
Um das Aktionsfeld der Stiftung zu fassen, werden zu Beginn die Besonderhei-
ten von NPOs und deren Dienstleistungen dargestellt. Anschließend wird der
Kundenbegriff im sozialwirtschaftlichen Kontext diskutiert. In komprimierter Form
findet der Leser nachfolgend die Vorstellung der stiftung st. franziskus heiligen-
bronn sowie einen Abriss ihrer historischen Entwicklung und Tätigkeitsbereiche.
Die ssfh verfügt über mehrere Steuerungsinstrumente, welche informationstech-
nisch miteinander verbunden sind. Deshalb sollen der Balanced Scorecard-An-
satz sowie ausgewählte Werkzeuge zur Analyse von Chancen und Risiken skiz-
ziert werden. Des Weiteren flankieren die normativen Rahmenbedingungen und
die theoretischen Grundlagen den Abschnitt des Risikomanagements.

11
1. Einleitung
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen soll mittels des Stakeholder-Ansatzes und
der Anreiz-Beitrags-Theorie die relevante Umwelt dargestellt werden. Die Ana-
lyse zielt darauf ab, die Beziehungen zwischen den Interaktionspartnern, An-
spruchsgruppen und der stiftung st. franziskus heiligenbronn aufzuzeigen.
Da das Netzwerk zwischen einem Unternehmen und ihren Interessengruppen
nicht statisch ist und sich die Beziehungen in Abhängigkeit zu den gegenwärtigen
Ansprüchen permanent wandeln, besteht in der frühzeitigen Erfassung potenziel-
ler Entwicklungstendenzen eine existenzielle Notwendigkeit. Nachfolgend sind
daher die, aus Sicht der Verfasser, bedeutendsten gesellschaftlichen sowie so-
zialpolitischen Trends beschrieben. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen
auf die ssfh übertragen werden, um herauszustellen, ob und in welcher Intensität
Auswirkungen auf die Arbeit der Stiftung zu erwarten sind. Abschließend werden
Informationswege vorgestellt, die zur Ermittlung relevanter Entwicklungen hilf-
reich sein können.

12
2. Grundlegende Erläuterungen
2. Grundlegende Erläuterungen
Die ssfh agiert als sozialwirtschaftliche Organisation auf dem Dritten Sektor
2
und
erbringt Soziale Dienstleistungen. Die Besonderheiten, die sich gegenüber be-
triebswirtschaftlichen Unternehmen ergeben, sollen in diesem Kapitel verdeutlicht
werden. Die Unterschiedlichkeiten von NPO und FPO herauszustellen, ist eine
notwendige Grundlage, um die veränderte Sichtweise auf die Unternehmens-
umwelt in den Kapiteln fünf und sechs nachzuvollziehen.
2.1 Non-Profit-Organisationen und ihre Besonderheiten
,,Non-Profit Organisationen
3
, soziale oder Wohlfahrtsorganisationen und die
von ihnen getragenen betrieblichen Einrichtungen (...) werden Betrieben und
Unternehmen des Profitbereichs gegenübergestellt, die sich vor allem durch ihre
gewinnorientierten Ziele von den erstgenannten unterscheiden."
(Beck/Schwarz,
1999, S. 20)
Ein signifikantes Merkmal, welches die Gegensätzlichkeit zu privatwirtschaft-
lichen Unternehmen verdeutlicht, ist die Dominanz von Sachzielen
4
. NPOs sind
durch ihr karitatives Leitbild bestrebt, einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen.
Durch ein gesetzliches Korsett werden die Rahmenbedingungen für die Deckung
des öffentlich definierten Bedarfs
5
vorgegeben. Diese Vorgabe soll einerseits
einen maximalen Nutzen für die Anspruchsberechtigten bringen, andererseits
aber auch die finanziellen Grenzen des Sozialstaats aufzeigen. Dies schränkt
die Flexibilität der dort agierenden Organisationen stark ein. Beispielsweise kön-
nen deshalb nicht alle individuellen Kundenwünsche erfüllt werden.
(Vgl. Beck/
2
,,(...) der Dritte Sektor [dient] zur Charakterisierung einer gesellschaftlichen Sphäre, die durch
die Pole Staat, Markt und Gemeinschaft bzw. Familie begrenzt und gebildet wird." (Beher et
al., 2007, S. 21)
3
Nach BECK und SCHWARZ lassen sich alle vorgenannten Organisationen unter dem Termi-
Nach BECK und SCHWARZ lassen sich alle vorgenannten Organisationen unter dem Termi-
nus ,,Non-Profit-Organisationen" (NPO) zusammenfassen (1999, S. 20). Im Zuge dieser wis-
senschaftlichen Arbeit wird sich dieser Ansicht angeschlossen und der NPO-Begriff ebenfalls
als Synonym verwendet.
4
Unter Sachzieldominanz ist die Überordnung von Sachzielen in Relation zu Formalzielen zu
verstehen. Formalziele werden mit nominellen Werten beschrieben, wie z. B. dem Umsatz.
Die Erfüllung des Kundenwunsches ist dagegen ein typisches Sachziel. (Vgl. Witherton Jones
Publishing Ltd. (Hrsg.), o. J.(b))
5
Der defi nierte Bedarf ergibt sich aus dem Vorhandensein von sozialen Problemen und Defi zi-
Der definierte Bedarf ergibt sich aus dem Vorhandensein von sozialen Problemen und Defizi-
ten sowie mangelnder Problemlösungskompetenz. (Vgl. Beck/Schwarz, 1999, S. 21)

13
2. Grundlegende Erläuterungen
Schwarz, 1999, S. 20f.; Buestrich et al., 2008, S. 29)
Dennoch ist das Erwirtschaf-
ten von Überschüssen zur nachhaltigen Unternehmenssicherung essenziell. Die
Besonderheit liegt hier allerdings in der Verwendung der Überschüsse, welche
nicht, wie beispielsweise bei gewinnorientierten Aktiengesellschaften üblich, zur
Ausschüttung kommen, sondern vielmehr für die Verbesserung der Leistungser-
stellung eingesetzt werden.
(Vgl. Wöhrle, 2003, S. 99)
Im Vergleich zu Unternehmen des Profit-Sektors werden weitere Besonderheiten
der NPOs deutlich: Sozialwirtschaftliche Organisationen müssen bestimmte, not-
wendige Leistungen permanent vorhalten, um diese bei Bedarf sofort verfügbar
machen zu können. Dass diese Leistungen existenziell sind, wird an den Bei-
spielen der Feuerwehr und des Rettungsdienstes deutlich. Ihre permanente Be-
reitschaft ermöglicht es, die geforderten Sicherheitsstandards der Gesellschaft
einzuhalten. Eine Reduzierung der Leistung würde in erster Linie zu einer Ver-
schlechterung der Qualität und in zweiter Linie zur Gefährdung von Menschenle-
ben führen. Da diese Leistungen nicht konstant in Anspruch genommen werden,
können Leerkosten durch nicht genutzte Kapazitäten entstehen. Neben einem
unregelmäßigen Arbeitsanfall erschwert auch die höhere Kundenfluktuation, und
damit die Nachfrage, eine langfristige Planung. Auch unternehmensintern weisen
Non-Profit-Organisationen Spezifika auf: So erwarten die Mitarbeiter ein harmo-
nisches Arbeitsklima, welches unter anderem durch eine flexible, unbürokrati-
sche und teamorientierte Führung erreicht werden soll.
(Vgl. Decker, 1997, S. 103)
Eine weitere Eigenheit von NPOs liegt in der Mischung von hauptamtlichen (pro-
fessionellen) und ehrenamtlichen (freiwilligen) Mitarbeitern.
(Vgl. Nährlich/Zimmer,
2003, S. 69)
Ehrenamtliches Engagement spielt für die freie Wohlfahrtspflege
6
eine
wichtige Rolle, da sie einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber den privatwirt-
schaftlichen Konkurrenten ermöglicht.
7
Freiwillige Mitarbeiter entlasten durch ihre
Tätigkeit den Arbeitsalltag der betreffenden Organisationen und verursachen im
Gegenzug nur geringe Kosten (z. B. durch Aufwandsentschädigungen). Da der
Arbeitsanreiz hier primär durch intrinsische Motiva tion, individuelle Wertvorstel-
6
Unter der freien Wohlfahrtspfl ege sind sämtliche Hilfe und Initiativen, die auf Basis der Gemein-
Unter der freien Wohlfahrtspflege sind sämtliche Hilfe und Initiativen, die auf Basis der Gemein-
nützigkeit in Deutschland organisiert tätig sind, zu verstehen. Sie beschäftigen ca. 1,2 Millio-
nen Menschen. (Vgl. Wienand, 2006, S. 24f.)
7
Nach einer Studie der AMB Gernerali Gruppe, welche im November 2008 veröffentlich wurde,
engagieren sich 34 % der Bundesbürger über 16 Jahren freiwillig. Die erbrachte Leistung lag
bei 4,6 Milliarden Arbeitsstunden und entspricht einem Gegenwert von ca. 35 Milliarden Euro
bzw. zwei Prozent des gesamten Volkseinkommens der BRD. (Vgl. AMB Generali Holding AG
(Hrsg.), 2008, S. 1ff.)

14
2. Grundlegende Erläuterungen
lungen sowie dem Wunsch nach Gemeinschaft und Selbstverwirklichung geprägt
ist, werden besondere Anforderungen an die Personalführung und -anleitung ge-
stellt.
(Vgl. Schellberg, 2005, S. 49; AMB Generali Holding AG (Hrsg.), 2008, S. 1ff.)
Ähnlich verhält es sich mit Zivildienstleistenden und Absolventen eines Freiwil-
ligen Sozialen Jahres: Diese suchen sich i. d. R. ihre Arbeitsstelle selbst aus. Für
ihre Arbeitgeber stellen sie kostengünstige, häufig in der Personalplanung bereits
fest einkalkulierte, Mitarbeiter dar.
(Vgl. Mroß, 2005, S. 45f.)
Nachdem die Besonderheiten aus der mikroökonomischen Perspektive nun
heraus gestellt wurden, soll im Folgenden die makroökonomische Sicht skizziert
werden.
Der Sozialmarkt umschreibt das Aktionsfeld von NPOs
8
zwischen Markt und
Staat.
9
Als Kostenträger
10
sowie durch die Gestaltung sozialpolitischer Rahmen-
bedingungen übt der Staat Einfluss auf die NPOs aus. In der Leistungserstel-
lung selbst agieren die sozialwirtschaftlichen Organisationen autonom.
(Vgl. Ar-
nold, 2003 b, S. 193ff.)
Da durch die staatlichen Regulierungen eine Nachfrage
definiert wird, agieren die Organisationen des Sozialen Sektors auf einem Quasi-
Markt: Der Leistungsempfänger (Kunde)
11
hat keine uneingeschränkte Wahlmög-
lichkeit bei der Bestimmung des Leistungserbringers.
(Vgl. Nährlich/Zimmer, 2003,
S. 74)
Um eine Sozialleistung zu empfangen, muss der Kunde einen gesetzlichen
Anspruch
12
haben. Die NPO (Leistungsträger) erbringt die Dienstleistung und er-
hält dafür eine Kostenerstattung vom Kostenträger.
(Vgl. Scheipl, o. J., S. 1ff.)
8
DECKER spricht hier von ,,sozialwirtschaftlichen Gebilden", die mit der Marktwirtschaft ver-
DECKER spricht hier von ,,sozialwirtschaftlichen Gebilden", die mit der Marktwirtschaft ver-
bunden sind. (1997, S. 24)
9
SCHELLBERG erweitert das Spannungsfeld Markt und Staat, um eine zusätzliche Einfl ussgrö-
SCHELLBERG erweitert das Spannungsfeld Markt und Staat, um eine zusätzliche Einflussgrö-
ße: Die Philanthropie. (Vgl. 2004, S. 49) Philanthropie, von griech. philos ­ Freund und anthro-
pos ­ Mensch, ist mit Menschenfreundlichkeit zu übersetzen. Im heutigen Verständnis ist al-
lerdings eher die private Förderung des Gemeinwohls zu verstehen. Dabei liegt das Hauptziel
darin Gutes zu erwirken. (Vgl. Böttcher et al. (Hrsg.), o. J.)
10
Unter Kostenträgern versteht man hier die öffentlichen Institutionen, die für die Sozialen Leis-
tungen finanziell aufkommen. (Vgl. Ackermann, 2008, S. 1ff.) Dies entspricht nicht der be-
triebswirtschaftlichen Definition, die die Kostenträger als Bezugsgröße in der Kosten- und
Leis tungsrechnung umschreibt. (Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 2004, S. 1783)
11
Zum Kundenbegriff siehe Kapitel 2.3
12
In einigen Fällen fehlt bei der Inanspruchnahme von Leistungen die Freiwilligkeit des Leis-
tungsempfängers. Beispielsweise wird bei der Inobhutnahme von Kindern die Leistung oktroy-
iert. (Vgl. Schellberg, 2004, S. 49)

15
2. Grundlegende Erläuterungen
Der größte Teil der Sozialleistungen ist öffentlich ­ und damit durch die Gemein-
schaft in Form von Sozialabgaben und Steuern ­ finanziert
13
.
(Vgl. Beck/Schwarz,
1999, S. 21)
Diese Form der Finanzierung ist in der häufig vorhandenen sozialen
und materiellen Benachteiligung der Klienten, die zu einer fehlenden Zahlungsfä-
higkeit führt, begründet.
(Vgl. Beck/Schwarz, 1999, S. 21; Schellberg, 2005, S. 34)
Der
Dienstleister muss die Interessenlagen der beiden Anspruchsgruppen ­ Kosten-
träger und Leistungsempfänger ­ erfüllen. Die Sozialleistung zielt insgesamt auf
die Reintegration des Hilfebedürftigen in die Gesellschaft ab und stellt zugleich
die indirekte Gegenleistung für den Kostenträger dar.
(Vgl. Nährlich/Zimmer, 2003,
S. 72f.; Scheipl, o. J., S. 1ff.)
Aus diesem sog. Dienstleistungsdreieck erwachsen
nicht-schlüssige Tauschbeziehungen. Die Interessen und die Verbindungen der
Akteure sollen im nachfolgenden Schaubild dargestellt werden.
Abb. 1: Dienstleistungsdreieck
(eigene Darstellung in Anlehnung an Hamburger, 2001, S. 89)
13
Diese Art der Finanzierung benötigt politische Entscheidungen darüber, welche Leistungen
als notwendig angesehen werden und somit durch die Gesellschaft finanziert werden müs-
sen. Daraus resultiert ein Eingriff des Staates in die Lebensumwelt der Bürger. (Vgl. Schell-
berg, 2005, S. 34) Der Anteil der Bundesausgaben 2007 betrug 138 Milliarden Euro. Dies
entspricht ca. 51 % des damaligen Bundeshaushaltes. (Vgl. Bundesministerium der Finanzen
(Hrsg.), 2007)

16
2. Grundlegende Erläuterungen
Dass Leistungsempfänger und Leistungserbringer nicht als gleichwertige Ver-
handlungspartner anzusehen sind, ist v. a. der Hilfebedürftigkeit der Kunden ge-
schuldet. Diesen fehlt die Fähigkeit, die eigene existenzielle Notsituation
14
allein
zu bewältigen
15
.
(Vgl. Schellberg, 2004, S. 46ff.; Schellberg, 2005, S. 35ff.)
Das feh-
lende Fachwissen des Klienten
16
ist ein weiterer Einflussfaktor für die mangelnde
Kundensouveränität.
(Vgl. Schellberg, 2004, S. 46; Schellberg, 2005, S. 35)
Als Kon-
sequenz greift der Staat hier unterstützend ein, indem er Leistungen gewährt und
diese maßgeblich finanziert.
Durch sich verändernde Gegebenheiten auf dem Sozialmarkt ist es für NPOs
notwendig, neue Wege einzuschlagen. Die traditionell altruistische Prägung so-
zial agierender Organisationen hat sich heute, der zunehmenden Professionali-
sierung
17
geschuldet, zur Produktion Sozialer Dienstleistungen gewandelt. Der
Markt und dessen Steuerungseinflüsse fordern Transparenz, Überprüfbarkeit
und Nachhaltigkeit
18
. Diese sind an die Errichtung und Einhaltung von Quali-
tätsstandards gekoppelt. Moderne NPOs berücksichtigen die Umwelt, in der sie
agieren, und binden diese in ihre Entscheidungsprozesse mit ein. Sie öffnen sich
wirtschaftlichen Konzepten und verfügen über ein Management, welches denen
des For-Profit-Sektors ebenbürtig ist. Der Trend bewegt sich somit zu sozialwirt-
schaftlichen Organisationen hin, welche professionelle Dienstleistungen erbrin-
gen. Diese lassen sich auch unter Effektivitäts- sowie Effizienzgesichtspunkten
vergleichen bzw. deren Leistungen sind transparent und kontrollierbar.
(Vgl. Beck/
Schwarz, 1999, S. 22; Wöhrle, 2003, S. 99)
14
D. h. jemand ist physisch bzw. mental nicht in der Lage die gegenwärtige Notlage zu been-
den, bzw. selbst positiv zu beeinflussen. Oftmals besteht in der Situation ein hoher Zeitdruck.
(Vgl. Schellberg, 2004, S. 47)
15
Dies wird durch Unkenntnis, fehlende Fähigkeit zur Beurteilung von Ursache-Wirkungs-Zu-
sammenhängen und mangelnde geistige Disposition verursacht. (Vgl. Schellberg, 2004, S. 46;
Schellberg, 2005, S. 35)
16
Es wird von einem sog. Professionellen-Laien-Verhältnis gesprochen.
17
Professionalisierung ist die: ,,(...) Tendenz zur Verlagerung von Aufgaben aus dem Bereich
der Familie, des Ehrenamts oder der Freiwilligkeit heraus zu einer bezahlten Berufstätigkeit,
die spezielles Wissen und Können (Kompetenz) voraussetzt. Im engeren Sinne bezeichnet
Professionalisierung die Entwicklung von Tätigkeiten zu Professionen. (...) In einem solchen
Prozess der Professionalisierung befinden sich auch die sozialen Berufe in Europa und den
meisten außereuropäischen Ländern. Dieser Prozess ist abhängig von dem beruflichen Selbst-
verständnis der Berufsangehörigen und der sozialpolitischen Entwicklung einer Gesellschaft.
So ist der Trend zur Professionalisierung in den sozialen Berufen zeitweilig auch rückläufig,
etwa durch aufkommende Kritik an der Spezialisierung". (Vgl. Institut für Deutsche Gebärden-
sprache Universität Hamburg (Hrsg.), o. J.)
18
Vergleiche Kapitel 4.2

17
2. Grundlegende Erläuterungen
2.2 Dienstleistungen/Soziale Dienstleistungen
Professionelle, personenbezogene Dienstleistungen sind Tätigkeiten, welche
nicht vorrangig der Erzeugung von materiellen Gütern dienen, sondern vielmehr
der Erstellung immaterieller Leistungen für Individuen und Personengruppen. Es
handelt sich hierbei um persönliche und soziale Dienste.
(Vgl. Decker, 1997, S. 89)
Essentielle Merkmale dieser Dienstleistungen sind die Immaterialität/Intangibili-
tät, die Integration des externen Faktors und das Uno-Actu-Prinzip.
(Vgl. Schell-
berg, 2004, S. 44ff.)
Immaterialität/Intangibilität der Leistung bedeutet, dass diese weder greif- noch
sichtbar ist. Sie kann sowohl in einer geistigen, körperlichen als auch psycho-
sozialen Form erbracht werden.
(Vgl. Decker, 1997, S. 97; Wöhrle, 2003, S. 119)
Durch die fehlende Gegenständlichkeit ist es nicht möglich, die Dienstleistung vor
der Inanspruchnahme zu testen bzw. sich von deren Wirksamkeit zu überzeugen.
(Vgl. Schellberg, 2004, S. 43; Arnold, 2003 a, S. 216)
Daher ist ein Vorschuss an Ver-
trauen durch den Leistungsempfänger erforderlich, um die Leistungserstellung
zu ermöglichen.
(Vgl. Buestrich et al., 2008, S. 25)
Dabei ist die Kommunikation
zwischen Produzent (Principal) und Konsument (Agent)
19
von großer Bedeutung,
um notwendige Informationen zu generieren bzw. die Wünsche des Kunden zu
ergründen. In dieser Beziehung besteht ein Informationsgefälle zu beiden Seiten.
Der Leistungserbringer verfügt über einen fachlichen Wissensvorsprung und der
Konsument über das vom Principal benötigte Wissen über die eigenen Lebens-
umstände. Der Agent hat die Möglichkeit, valide Auskünfte zu geben. Dies zu
tun, liegt jedoch in seinem eigenen Ermessen bzw. Vermögen.
Die hier fehlende
Transparenz hat zur Folge, dass nicht immer eindeutig abzuklären ist, inwieweit
die erbrachte Leistung allein für das Ergebnis verantwortlich ist bzw. ob das Er-
gebnis in Gänze dem angestrebten Zustand entspricht.
(Vgl. Buestrich et. al, 2008,
S. 28; Decker, 1997, S. 99)
Das Ziel besteht also darin, den Nutzer bestmöglich in die Leistungserstellung
einzubeziehen, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Hierbei wird von der
Integration des externen Faktors gesprochen. Da die Leistung direkt am und mit
dem Empfänger erbracht wird, ist seine stete Anwesenheit, oft auch seine aktive
19
In Anlehnung an die Principal-Agent Theorie. (Vgl. Buestrich et. al, 2008, S. 28; Decker, 1997,
S. 99)

18
2. Grundlegende Erläuterungen
Mitarbeit, erforderlich.
(Vgl. Schellberg, 2004, S. 45)
Der Kunde selbst hat direkten
Einfluss auf die Ergebnisqualität und wird dadurch zum notwendigen Produk-
tionsfaktor.
(Vgl. Buestrich et al., 2008, S. 27)
Bei dieser Form der direkten Zusam-
menarbeit sind die individuellen Belange, Kenntnisse und die Umwelt des Kun-
den zu berücksichtigen. In der Konsequenz entsteht eine individuelle Beziehung
zwischen Produzenten und Konsumenten
(Vgl. Decker, 1997, S. 97)
und somit ein
Dienstleistungsunikat, welches für jeden Nachfrager unter unterschiedlichen Be-
dingungen neu erstellt werden muss. Diese ungleichen Produktionsbedingungen
führen zu Problemen bei der Standardisierung der Leistungserstellung, der Er-
gebnisbewertung sowie bei der Rationalisierung
20
.
(Vgl. Buestrich et al., 2008, S. 27;
Decker, 1997, S. 98f.)
Ein weiteres spezifisches Merkmal der Dienstleistung ist der zeitliche und räum-
liche Zusammenfall von Produktion und Konsum der Leistung ­ das sog. Uno-
Actu-Prinzip. Dieser parallele Verlauf führt dazu, dass nicht im Vorfeld produziert
werden kann, die erbrachte Leistung demnach nicht lagerfähig ist und ungenutz-
te Kapazitäten verfallen. Die Dienstleistung ist an den Standort gebunden, an
dem sich der Konsument aufhält und ist somit immobil.
(Vgl. Decker, 1997, S. 98;
Buestrich et al., 2008, S. 26; Wöhrle, 2003, S. 119)
Diese Besonderheiten stellen
außerordentliche Anforderungen an die Planung/Bereitstellung von personellen
Ressourcen und sollten, insbesondere unter den Aspekten der Kosteneinspa-
rung und Qualitätssicherung, große Beachtung finden.
2.3 Begriffsabgrenzung von Klient und Kunde
Für den Nachfrager Sozialer Dienstleistungen gibt es viele unterschiedliche Titu-
lierungen, welche zum Teil fälschlicherweise als Synonym verwendet werden.
Einige Beispiele sind Adressat, Betroffener, Hilfebedürftiger, Hilfeempfänger,
Konsument, Kunde, Leistungsberechtigte etc.
(Vgl. Krippner-Stikklas/Stikklas, 2007,
S. 227f.; Hamburger, 2003, S. 83ff.)
Nachfolgend sollen Klient, Leistungsberechtig-
ter und Kunde beschrieben und voneinander abgegrenzt werden.
20
Durch die Individualität bei der Leistungserstellung sind industrielle Rationalisierungsmaßnah-
Durch die Individualität bei der Leistungserstellung sind industrielle Rationalisierungsmaßnah-
men, z. B. aus der Massenproduktion auf Dienstleistungen nicht anwendbar. (Vgl. Decker,
1997, S. 99)

19
2. Grundlegende Erläuterungen
Klient
Bei der Sozialen Arbeit im engeren Sinne wird vom Klienten gesprochen. Die
Begrifflichkeit stammt aus der Zeit der antiken römischen Gesellschaftsordnung
und bezeichnete eine schutzbefohlene bzw. unterwürfige Person. Heute ver-
steht man darunter einen schützenswerten Menschen, welcher sich in einem
Abhängigkeits-/ Unterordnungsverhältnis zu seinem Unterstützer befindet.
(Vgl.
Hamburger, 2003, S. 83ff.)
Der Klient befindet sich in einer defizitären Situation, zu
deren Überwindung er externe Hilfe benötigt, welche von Dritten finanziert wird.
Primäres Ziel ist die Gewährung von Hilfe zur Selbsthilfe.
(Vgl. Knieschewski,
2008, S. 548f.)
Leistungsberechtigter
Eine Person, welche die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfüllt, hat ei-
nen Anspruch auf Sozialleistungen. Jeder Leistungstyp definiert einen anderen
Anspruch, der durch den Träger ­ i. d. R. den Staat ­ verwaltet sowie aus unter-
schiedlichen Quellen finanziert wird.
(Vgl. Krippner-Stikklas/Stikklas, 2007, S. 227f.)
Kunde
Der Kundenbegriff wird häufig bei personenbezogenen Sozialen Dienstleistun-
gen verwendet und vermittelt im Gegensatz zum Klientenbegriff den Eindruck der
Modernität.
21
(Vgl. Hamburger, 2003, S. 83ff.)
Ein Kunde ist ein ,,Interessent an oder
Erwerber/Nutzer von Produkten/Dienstleistungen eines Unternehmens bzw. ei-
ner Organisation. Dabei muss ein Kunde nicht unbedingt eine Einzelperson sein"
(Witherton Jones Publishing Ltd. (Hrsg.), o. J. (a))
. Ihm werden die Fähigkeit zur Aus-
wahl und Beurteilung des offerierten Angebotes sowie die nötige Kaufkraft zum
Erwerb unterstellt. Die Kunden verfügen über Marktmacht
(Vgl. Hamburger, 2003,
S. 83ff.)
, aus diesem Grund müssen Unternehmen deren Wünsche identifizieren
und befriedigen.
(Vgl. Knieschewski, 2008, S. 548f.)
Es ist zu beachten, dass die-
se Bedingung bei Anspruchsberechtigten aus den Sozialversicherungssystemen
begrenzt ist.
(Vgl. Hamburger, 2003, S. 83ff.)
21
Nach KNIESCHEWSKI wird der Kundenbegriff in der Sozialen Arbeit kontrovers diskutiert,
da die wichtigsten Merkmale eines Kunden beim Konsumenten Sozialer Dienstleistungen nur
bedingt vorliegen. So sind bspw. Zahler und Nutzer nicht identisch. (Vgl. 2008, S. 548f.)

20
2. Grundlegende Erläuterungen
Die drei ausgewählten Begrifflichkeiten spiegeln die unterschiedlichen Betrach-
tungsweisen des Nachfragers von Dienstleistungen wider. So ist der Leistungs-
berechtigte derjenige, der die Leistung gesetzlich legitimiert in Anspruch nehmen
darf/muss. Der Kunde hingegen kauft die Leistung beim Leistungserbringer ein.
Deshalb spricht man gerade bei der Beziehung zwischen öffentlichem Kosten-
träger und NPO von einem deutlichen Kundenverhältnis.
(Vgl. Hamburger, 2003,
S. 83ff.)
Im Gegenzug kann der Konsument der Dienstleistung, der Klient, nicht
immer frei entscheiden, ob und wie er diese in Anspruch nimmt.

21
3. Vorstellung der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
3. Vorstellung der stiftung st. franziskus heiligenbronn
Die stiftung st. franziskus heiligenbronn stellt den Untersuchungsgegenstand die-
ser Arbeit dar. Da sich Ausführungen in den Kapiteln vier bis sechs auf die Arbeit
der ssfh beziehen, wird die Organisation nachfolgend beschrieben. Dabei geht
dieses Kapitel auf die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte, die aktuelle
Situation sowie das Leistungsportfolio ein.
3.1 Historische Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert
Die stiftung st. franziskus heiligenbronn wurde im Jahr 1991 von Dr. Walter Kas-
per, dem Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, errichtet und hat den Status
einer kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts. In ihrer jetzigen Form gehört
sie dem Caritasverband an und ist durch katholischen Werten geprägt.
(Vgl. stif-
tung st. franziskus heiligenbronn (Hrsg.), 2009 (b))
Vor der Errichtung der Stiftung bestand die Organisation in Form eines Franzis-
kanerklosters, welches 1857 von Pfarrer David Fuchs gegründet wurde. Zum da-
maligen Zeitpunkt bestand das Hauptanliegen darin, sinnesbehinderten Kindern
und Jugendlichen ein Obdach zu bieten, sie medizinisch zu versorgen, zu erzie-
hen und auszubilden. Zu dieser Zeit gewährleisteten die Nonnen die Betreuung
im Zuge ihrer Ordenstätigkeit. Durch
gesellschaftliche Veränderungen und dem
damit einhergehenden Problem der langfristigen Bestandssicherung in den Rei-
hen der Ordensschwestern konnte die Versorgung des Klientels auf ehrenamtli-
cher Basis nicht mehr sichergestellt werden. Um den nachhaltigen Fortbestand
der Einrichtung zu gewährleisten, wurde die Entscheidung getroffen, die Arbeit zu
professionalisieren und eine Stiftung, mit dem Zweck der gemeinnützigen
22
, mild-
tätigen
23
Förderung hilfebedürftiger Menschen, zu gründen.
(Vgl. stiftung st. fran-
ziskus heiligenbronn (Hrsg.), 2008)
22
,,Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die
Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern", gemäß
§ 52 Abgabenordnung.
23
,,Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Perso-
,,Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Perso-
nen selbstlos zu unterstützen [...]",gemäß § 53 Abgabenordnung.

22
3. Vorstellung der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
3.2 Dienstleistungsportfolio der ssfh
Gegenwärtig versorgen ca. 1 400 Mitarbeiter unterschiedlichster Berufsbilder
24
die ca. 3 500 Hilfebedürftigen.
25
(Vgl. Anhang 6, S. 9)
Die Arbeitsschwerpunkte der stiftung st. franziskus heiligenbronn liegen in den
drei Hauptbereichen Alten-, Behinderten-, Kinder- und Jugendhilfe.
(Vgl. Anhang 1;
Anhang 5, S. 4)
Im Bereich der Altenhilfe sind die Begleitung, Pflege und individuelle Betrachtung
des Einzelnen prioritär. Alten und pflegebedürftigen Menschen soll ein würdiger
und zugleich angenehmer Lebensabend in einem familiären Umfeld ermöglicht
werden, wobei sowohl Tages-, Kurzzeit- als auch Vollzeitpflege durch die beste-
henden Einrichtungen angeboten werden.
(Vgl. Anhang, S. 24, 27f.)
Ein weiterer Aufgabenbereich der Stiftung ist die Behindertenhilfe. In 28 Einrich-
tungen werden Menschen mit Behinderungen beraten, betreut, ausgebildet und
beschäftigt. Entsprechend dem ursprünglichen Gründungssinn stehen noch im-
mer Menschen mit Sinnesbehinderung im verstärkten Fokus der Organisation,
obwohl auch Personen mit anderen Benachteiligungen professionelle Begleitung
erfahren. Unter Begleitung ist hierbei die Erziehung, Förderung, Beheimatung,
Pflege und auch Ausbildung zu verstehen. Insbesondere die Ausbildung von sin-
nesbehinderten Menschen stellt eine wichtige Arbeitsgrundlage der Stiftung dar.
Hierfür wurden eigene Schulen, Förderzentren und Ausbildungsbetriebe errich-
tet. Das Hauptanliegen ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und so die Teilhabe
am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen bzw. zu fördern. Menschen mit
(Sinnes-) Behinderung sollen ein möglichst hohes Maß an Normalität erleben,
d. h. ihnen sollen die Lebensumstände zu Teil werden, die denen nichtbehinder-
ter Menschen ähneln.
(Vgl. Anhang 11, S. 14ff.; 31; stiftung st. franziskus heiligenbronn
(Hrsg.), 2009 (a))
Die Kinder- und Jugendhilfe wird durch das Kinder- und Familienzentrum (Ki-
Faz) Villingen-Schwenningen realisiert, welches der ssfh im Jahr 1999 von den
Franziskanerinnen von Bonlanden, mit dem Ziel der langfristigen gesicherten
24
Hierbei u. a.: Altenpfl eger(-helfer), Heilerziehungspfl eger, Jugend- und Heimerzieher, Erzie-
Hierbei u. a.: Altenpfleger(-helfer), Heilerziehungspfleger, Jugend- und Heimerzieher, Erzie-
her, Krankenschwestern, Sonderschullehrer, Verwaltungsmitarbeiter. (Vgl. stiftung st. franzis-
kus heiligenbronn (Hrsg.), 2009 (b))
25
Bei der Zuordnung zu den einzelnen Tätigkeitsfeldern ergibt sich folgende Klientenverteilung:
1390 ­ Kinder und Jugendhilfe; 1013 ­ Altenhilfe; 1055 ­ Behindertenhilfe. (Vgl. Anhang 6,
S. 9)

23
3. Vorstellung der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Trägerschaft, zugestiftet wurde. Das KiFaz erbringt ambulante sowie teil- und
vollstationäre Hilfen zur Erziehung. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen
Heran wachsender Rechnung getragen, indem sie in ihrer Gesamtheit als Mensch
mit all ihren Bedürfnissen, Wünschen sowie Grenzen in ihrem familiären Kontext
wahrgenommen werden. Die Betreuung ist darauf ausgerichtet, dass junge Men-
schen die Befähigung erhalten, eigenverantwortlich und verantwortungsbewusst
zu handeln sowie ihre Emotionen zu erkennen und zu steuern.
(Vgl. Anhang 11,
S. 31ff.; stiftung st. franziskus heiligenbronn (Hrsg.), 2009 (c))
Neben den drei Arbeitsschwerpunkten sind sowohl die Förderung des Ehrenam-
tes als auch die Aus- und Fortbildung von Pflegepersonal sowie Angehörigen Teil
der Organisationsphilosophie.
(Vgl. Anhang 11, S. 5)
Zur Sicherung der Eigenversorgung von Kloster und Stiftung, aber auch zur Er-
wirtschaftung von Überschüssen bzw. der Erbringung von Dienstleistungen sind
zudem zahlreiche (landwirtschaftliche) Meisterbetriebe
26
an die Stiftung ange-
gliedert. Diese bieten die Möglichkeit der Berufsausbildung. Nachfolgend eine
kurze Übersicht:
Hofladen (Verkauf von Lebensmitteln, bspw. Fleisch, Eier, Kartoffeln)
·
Bäckerei (Verkauf von Erzeugnissen aus der Ausbildungsbäckerei)
·
Gärtnerei (Verkauf von Blumen und Gemüse sowie Angebot der Grab-
·
pflege)
Werkstätten für behinderte Menschen (Verkauf von Erzeugnissen, bspw.
·
Besen und Körben, darüber hinaus Kooperationen mit Produktionsunter-
nehmen für Montage- und Verpackungsarbeiten)
Wallfahrtsladen (Verkauf von Produkten mit religiösem Bezug, z. B. Heili-
·
genfiguren)
(Vgl. Anhang 11, S. 43; stiftung st. franziskus heiligenbronn (Hrsg.),
2006)
26
Unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten handelt es sich um Zweckbetriebe. Ein Zweckbetrieb
,,(...) ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu
dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen
(...)", gemäß § 65 Nr. 1 Abgabenordnung.

24
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
4. Das Managementsystem der stiftung st. franziskus
heiligenbronn
Dieses Kapitel beschreibt die ineinandergreifenden Managementwerkzeuge der
ssfh. Mit ihnen wird das Alltagsgeschäft gesteuert, koordiniert und die zukünf-
tigen Entwicklungen durch das Risikomanagementsystem erfasst. Es soll die
Möglichkeit geschaffen werden, auf mögliche Chancen und Risiken frühzeitig
und adäquat zu reagieren. Der Abschnitt wird von der theoretischen Aufbereitung
einzelner Systeme sowie der relevanten, rechtlichen Grundlagen flankiert.
4.1 Balanced Scorecard
Balanced Scorecard bedeutet übersetzt ,,ausgewogener Berichtsbogen" und
umschreibt ein Managementinformationssystem mit selbstverständlicher Logik.
Das Modell der BSC wurde 1994 von KAPLAN und NORTON im Harvard Busi-
ness Review veröffentlicht.
(Vgl. Stoll, 2008, S. 78f.)
Nach ihrem Modell soll durch
die Schaffung von vier unterschiedlichen Perspektiven eine ganzheitliche Unter-
nehmensführung ermöglicht werden.
27
Ihre Entwickler sehen die BSC nicht als
starres System, sondern vielmehr als flexibles, universell einsetzbares Muster.
Dementsprechend ist kein Unternehmen an die vorgegebenen Perspektiven und
deren Ausgestaltung gebunden, sondern kann sie an die individuellen Bedürfnis-
se anpassen.
(Vgl. Karlöf/Lövingsson, 2005, S. 27ff.)
27
Die ganzheitliche Unterstützung des Managements wird ermöglicht, da sich die betrachteten
Ziele, Maßnahmen etc. auf alle Managementfunktionen beziehen und die BSC kompatibel
zu anderen Steuerungsinstrumenten (z. B. Zielvereinbarungsgespräche) ist. (Vgl. Stoll, 2008,
S. 148)

25
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Abb. 2: Die vier Perspektiven der BSC (übernommen von Hyperspace GmbH (Hrsg.), o. J.)
Die BSC stellt eine Bindegliedfunktion zwischen operativem und strategischem
Management dar. Sie unterstützt das Management bereits bei der Strategiefin-
dung und später bei der Strategieimplementierung.
(Vgl. Greiling, 2005, S. 103)
Da-
bei werden die strategischen Ziele klar formuliert und durch Messgrößen quantifi-
ziert. In einem ausgewogenen Zielsystem kann so die Unternehmensentwicklung
gesteuert werden.
(Vgl. Maelicke, 2003, S. 573ff.)
Wie in Abb. 2 dargestellt, sollen sich die Vision und Strategie des Unternehmens
in den Perspektiven wiederfinden. Diese sind gleich gewichtet und stehen in
Relation zueinander. Die Vernetzung führt zu einer gegenseitigen Abhängigkeit.
(Vgl. ebd.)
Nachfolgend werden die einzelnen Perspektiven kurz skizziert:
Finanzperspektive
In dieser Perspektive werden die finanztechnischen Auswirkungen der Strategie
auf das Betriebsergebnis abgebildet. Hierbei werden die Profitabilität des Res-
sourceneinsatzes und die Wertsteigerung des Unternehmens dargestellt. Die
festgelegten Kennzahlen erfüllen eine Doppelfunktion. Diese liegt einerseits in
einer Vorgabe-
28
und andererseits in einer Ergebnisfunktion
29
.
(Vgl. ebd., S. 573ff.)
28
Dies bedeutet die quantitative Bestimmung von Ideal-/ Sollwerten.
29
Darunter ist zu verstehen, dass die Ergebnisse aller anderen Perspektiven in der Ausprägung
der Finanzkennzahlen wiederzufinden sind.

26
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Da die ausgewählten Kennzahlen retrospektiv sind, können sie nur als Spätindi-
katoren fungieren.
(Vgl. Kornmeier/Schneider, 2006, S. 33f.)
Kundenperspektive
Mit diesen Kennzahlen wird die Wahrnehmung des Unternehmens aus Kunden-
sicht abgebildet. Dabei wird zwischen internen und externen Kunden unterschie-
den. Mitarbeiter und Führungskräfte einer Organisation werden unter dem Begriff
des ,,internen Kunden" zusammengefasst. Beispiele für externe Kunden sind Lie-
feranten und Konsumenten.
(Vgl. Maelicke, 2003, S. 573ff.)
Lernen und Entwicklung
Die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter bilden die Grundlage für die Be-
trachtungen dieser Perspektive. Zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfä-
higkeit muss Wissen aufgebaut, weiterentwickelt und erhalten werden.
(Vgl. Stoll,
2008, S. 101f.)
Interne Prozesse
Ein weiteres Ziel einer Organisation stellt die Optimierung der Leistungserstel-
lungsprozesse dar. Zudem müssen die kritischen Prozesse, welche die größte
Auswirkung auf die Leistungserstellung und Kundenzufriedenheit haben, iden-
tifiziert werden.
(Vgl. ebd.)
Dabei spielen nicht nur die Prozesse zwischen den
internen Organisationseinheiten eine Rolle, sondern auch die Schnittstellen zur
Unternehmensumwelt.
(Vgl. Maelicke, 2003, S. 573ff.)
Die Werte aus dem Bereich Finanzen gelten als Spätindikatoren, weil sie vergangen-
heitsorientierte Daten sind. Sie stellen das quantitative Ergebnis der zurückliegenden
Geschäftstätigkeit dar.
(Vgl. Greiling, 2005, S. 106; Kornmeier/Schneider, 2006, S. 33f.)
Im
Gegensatz dazu wird die gegenwärtige sowie prognostizierte Unternehmenssitua-
tion durch die restlichen Perspektiven, als Frühindikatoren, abgebildet.
30
Die BSC
würdigt beide Indikatoren als wichtig. Der Frühindikator signalisiert Chancen und
Risiken für das Unternehmen. Durch den Spätindikator werden die erwarteten Daten
abschließend verifiziert.
(Vgl. Karlöf/Lövingsson, 2005, S. 27ff.; Greiling, 2005, S. 106f.)
30
Dadurch wird eine nachhaltige Steuerung ermöglicht. (Vgl. Schaltegger/Dyllick, 2002, S. 21)

27
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Durch die Vermittlung von Zielen, Werten sowie Strategien dient die BSC als
Werkzeug zur Verbesserung der Kommunikation und konsequenten Umsetzung
von Zielvereinbarungen.
(Vgl. Pircher-Friedrich, 2007, S. 115f.)
Die vorgegebenen
Soll-Werte spiegeln die quantifizierte Unternehmensstrategie wider, welche sich
Transparenz fördernd auswirkt und somit die Planung über Hierarchieebenen
hinweg erleichtert.
(Vgl. o. V., 2007; Lange, o.J., S. 1ff.)
Ein weiterer Vorteil besteht in der Fokussierung auf wesentliche Informationen.
Die Beschränkung auf ca. fünf Kennzahlen pro Perspektive schafft Übersichtlich-
keit
31
.
(Vgl. Kornmeier/Schneider, 2006, S. 33f.)
4.2 Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit
,,Ganzheitlichkeit bedeutet (...), dass man alle wichtigen Dimensionen - eines
Problems (...), - einer Handlungsbedingung (...), - eines ökonomischen Faktors
(...) bedenkt und in Handeln umsetzt."
(Gonschorrek/Pepels, 2004, S. 252)
Darunter
ist zu verstehen, dass vor dem Treffen einer Entscheidung eine Fragestellung
unter allen relevanten Perspektiven zu betrachten ist. Für ein Unternehmen be-
deutet dies, den Fokus nicht nur auf interne Prozesse zu legen, sondern auch die
Interaktion mit der Umwelt zu berücksichtigen. Deshalb spricht SCHWARZ von
,,offenen soziotechnischen Systemen"
(2001, S. 44)
, die sich in einem Austausch
mit ihrer Umgebung befinden. Diese ist sehr vielfältig und beinhaltet verschie-
dene Anspruchsgruppen
32
mit zum Teil konkurrierenden Interessen. Beispielhaft
hierfür sind Kunden, Kapitalgeber, Lieferanten sowie Konkurrenten zu nennen.
(Vgl. Thiel/Wilms, 2001, S. 28, 39)
Die Beziehung mit den Stakeholdern hat Einfluss
auf die Unternehmenssituation. Um eine positive Unternehmensentwicklung zu
gewährleisten, gilt es die kumulierte externe Interessenlage zu analysieren und
dadurch angemessen reagieren zu können. Da die externen Rahmenbedingun-
gen sich permanent wandeln, ist die erforderliche Flexibilität maßgeblich für den
dauerhaften Unternehmenserfolg.
(Vgl. Pircher-Friedrich, 2007, S. 28)
Nachhaltigkeit wird erreicht, sobald die ganzheitliche Betrachtung sich nicht auf
31
Dies führt im Gegenzug zu der Gefahr, dass die gefi lterten Informationen kein schlüssiges Ge-
Dies führt im Gegenzug zu der Gefahr, dass die gefilterten Informationen kein schlüssiges Ge-
samtbild erzeugen können und die Gesamtstrategie widerspiegeln. (Vgl. Hyperspace GmbH
(Hrsg.), o. J.)
32
Genauere Ausführungen zum Stakeholder-Ansatz siehe Kapitel 5.1.2

28
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
die Gegenwart beschränkt, sondern die potenziellen zukünftigen Entwicklungen
in die Überlegungen einbezieht. Eine nachhaltige Unternehmenssteuerung soll
durch strukturierte interne Abläufe, ein prospektives Ressourcenmanagement
und vorausschauende Strategieplanung eine langfristige Existenzsicherung ge-
währleisten.
(Vgl. Gonschorrek/Pepels, 2004, S. 253)
Die norwegische Politikerin
Gro Harlem BRUNDTLAND prägte den Begriff der nachhaltigen Entwicklung,
welcher sich aus drei Hauptbereichen zusammensetzt. Der ökologische Aspekt
beinhaltet die Beeinflussung der Umwelt durch ein Unternehmen (direkt) sowie
seine Kooperationspartner (indirekt). Dabei liegt der Fokus auf dem effizienten
und schonenden Umgang mit Ressourcen, um deren Verfügbarkeit auch für zu-
künftige Generationen zu sichern. Dieser solidarische Grundgedanke spiegelt sich
auch in der Forderung nach sozialer Verantwortung wider. Für ein Unternehmen
bedeutet das, im Arbeitsalltag ethisch zu handeln, z. B. Mobbing zu unterbinden,
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern und bei der Geschäftstätigkeit
rücksichtsvoll mit den Stakeholdern umzugehen.
33
Aus guter sozialer sowie öko-
logischer Arbeit lässt sich auch ein positives betriebswirtschaftliches Ergebnis
erzielen.
(Vgl. Karlöf/Lövingsson, 2006, S. 213ff.)
Um Ganzheitlichkeit bzw. Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen die Unterneh-
mensprozesse analysiert und so Synergieeffekte geschaffen werden. Dadurch ist
es möglich, Wissen zu transferieren, Doppelarbeit zu vermeiden und Teamarbeit
zu fördern.
(Vgl. Gonschorrek/Pepels, 2004, S. 253)
Die bisherigen Ausführungen finden sich auch in der katholischen Soziallehre
34
wieder, welche unter anderem in der Satzung der stiftung st. franziskus heiligen-
bronn verankert ist.
(Vgl. Anhang 5, S. 9f.)
33
Dieser Ansatz wird auch als Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet. Nach dem
Grünbuch der Kommission ,,Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung
der Unternehmen" gilt dafür folgende Definition: ,,Die CSR ist ein Konzept, das den Unterneh-
men als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre
Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren".
(Europäische Kommission (Hrsg.), 2009)
34
Die Soziallehre geht auf die soziale Frage des 19. Jahrhunderts zurück. Heute, an die aktuellen
gesellschaftlichen Herausforderungen angelehnt, sind wichtige Forderungen der katholischen
Soziallehre: Schutz der ökologischen Umwelt, überlegtes Wirtschaften und Unterstützung
der Hilfebedürftigen. Weitere Ziele sind bspw. die Erreichung von Weltfrieden, die Gleichstel-
lung von Mann und Frau oder die Ausweitung der Menschenrechte. (Vgl. Hengsbach, 2008,
S. 846ff.)

29
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
4.3 Managementwerkzeuge der ssfh
Nachdem die Entstehung, die Entwicklung und die Arbeitsfelder der ssfh betrachtet wur-
den, soll nun das organisatorische Managementsystem beleuchtet werden. Es ist zu klä-
ren, inwieweit diese Non-Profit-Organisation zielgerichtet und prospektiv arbeitet, umso
die langfristige Sicherung des Unternehmens zu gewährleisten. Die Darstellung ist unter
dem Aspekt zu sehen, ob die vorhandenen Instrumente als geeignet erscheinen, die ex-
ternen Einflussfaktoren abzubilden bzw. den Anforderungen dieser gerecht zu werden.
Grundlage des komplexen Managementsystems der stiftung st. franziskus heiligen-
bronn ist der Balanced Scorecard-Ansatz
35
. Dieser stellt zusammen mit der Vision
36
sowie dem Leitbild
37
, den vier Standardperspektiven
38
und der zusätzlichen Be-
trachtung von ,,Umwelt und Politik" ein umfassendes System zur Beobachtung dar,
in welchem auch andere Managementsysteme eingebettet, bzw. veranschaulicht
werden. Dabei wird der Bereich ,,Umfeld" (Umwelt/Politik) als fünfte Perspektive der
BSC betrachtet und mit den Übrigen in der Wertigkeit gleichgesetzt.
(Vgl. Schwien,
2009, S. 91; Königs, 2005, S. 69ff.)
Die ssfh hat zur Steuerung ihrer Prozesse mehrere
ineinandergreifende Managementwerkzeuge konzipiert, deren inhaltliche Struktur
der BSC-Ansatz
39
ist.
(Vgl. Anhang 9, S. 4)
Die fünf Dimensionen spiegeln sich
im Zielvereinbarungs- und Entwicklungsgespräch,
·
im weitgefächerten Risikomanagement, bestehend aus:
·
Berichtswesen,
Frühwarnsystem,
internem Überwachungssystem mit organisatorischen Sicherungs-
maßnahmen, interner Revision, interner Kontrollen, Controlling und
Berichtswesen und Strategiekonferenz,
sowie in den langfristigen strategischen Zielen wider.
·
(Vgl. Anhang 10, S. 6ff.)
35
Da die ssfh nur die Struktur der Balanced Scorecard für ihr Managementsystem nutzt, wird
hier vom BSC-Ansatz gesprochen, zur Unterstützung der besseren Lesbarkeit aber weiterhin
auch der Begriff BSC verwandt.
36
Die Vision stellt eine prospektive Sicht auf das Unternehmen dar und ist z. B. in der Satzung
oder im Leitbild zu finden. (Vgl. Schwien, 2009, S. 97)
37
Das Leitbild ist die Grundlage der Unternehmensführung, welches den Mitarbeitern die lang-
Das Leitbild ist die Grundlage der Unternehmensführung, welches den Mitarbeitern die lang-
fristigen Unternehmensziele sowie die relevanten Rahmenbedingungen verdeutlichen soll. Es
stellt die Identität des Unternehmens dar. Dabei werden verbindliche Grundsätze für das Han-
deln und Verhalten der Mitarbeiter, im inneren und äußeren Verhältnis, festgelegt. (Vgl. ebd.,
S. 95)
38
Vgl. Kapitel 4.1
39
Autoren wie bspw. KÖNIGS sehen in der BSC eine Möglichkeit, Unternehmen und Unterneh-
Autoren wie bspw. KÖNIGS sehen in der BSC eine Möglichkeit, Unternehmen und Unterneh-
mensumwelt ganzheitlich und ausgewogen zu betrachten. (Vgl. 2005, S. 69ff.)

30
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Zudem existiert in der Stiftung ein Dokumenten Management System (DMS), welches
organisationsintern als Wissensportal dient, Verantwortlichkeiten klärt sowie alle Stan-
dards für den Umgang mit Dokumenten bzw. Informationen beinhaltet.
(Vgl. Anhang 2)
Durch die Verknüpfung der Managementinstrumente gelingt es der Stiftung, gewon-
nene Informationen eines Tools in andere einfließen zu lassen und so Synergieeffek-
te zu schaffen. Deshalb kann von einem ganzheitlichen, integrierten Management-
system gesprochen werden. Des Weiteren ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise
durch die Berücksichtigung interner sowie externer Einflussfaktoren erreichbar.
4.4. Risikomanagement
Die Ausgestaltung des Themas veranlasst die Verfasser nach der Beschreibung
der einflussnehmenden Gesetze und Richtlinien auf die interessante Gesamtbe-
trachtung des Managementsystems zu verzichten. Stattdessen rückt das Risiko-
management in den Fokus der Betrachtung. Hierbei soll schwerpunktmäßig die
Früherkennung skizziert werden.
40
4.4.1. Theoretische Betrachtung
Risiken sind für Unternehmungen unumgänglich: Durch die Entscheidung für oder
gegen eine bestimmte Handlung können Chancen, aber auch Risiken eröffnet
werden.
(Vgl. Karlöf/Lövingsson, 2006, S. 297)
Der Begriff Risiko leitet sich von dem
frühitalienischen Terminus risciare ab und bedeutet frei übersetzt etwas wagen.
Aus dieser Interpretation ergeben sich drei charakteristische Merkmale:
Risiken setzen eine Wahlentscheidung voraus,
·
Risiken ergeben sich aus der unvollständigen Informationslage des Ent-
·
scheiders und
trotz seiner Unsicherheit steht der Bewertende dem Risiko nicht neutral ge-
·
genüber. Entweder er lehnt es ab oder er befürwortet es.
(Vgl. Finke, 2005,
S. 16f.; Bitz, 2000, S. 13)
40
Es ist anzumerken, dass aufgrund des thematischen Zusammenhangs auf die Betrachtung
des externen Risikomanagements (Rating) verzichtet wird. Zu näheren Ausführungen vgl. Ba-
chert et al. (Hrsg.), 2008, S. 74ff.

31
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Von einem positiven Risiko, also einer Chance, sprechen in der betriebswirt-
schaftlichen Literatur nur wenige Autoren, wie BITZ und FINKE. Das Gros wür-
de sich einer Definition wie der von KÖNIGS anschließen: ,,Ein Risiko ist eine
nach Häufigkeit (Eintrittserwartung) und Auswirkung bewertete Bedrohung ei-
nes ziel orientierten Systems. Das Risiko betrachtet dabei stets die negative, un-
erwünschte und ungeplante Abweichung von Systemzielen und deren Folgen"
(2005, S. 9).
Das Risiko zeigt sich dann entweder in einem eintretenden Nach-
teil oder einem ausbleibenden, erwarteten Vorteil.
(Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon,
2004, S. 2561)
Aus diesen Risikoeffekten können sich ökonomische Schäden
ergeben.
(Vgl. Karlöf/Lövingsson, 2006, S. 297ff.)
LÜCK unterscheidet dabei zwi-
schen reinem Risiko, was eine ausschließliche Schadensgefahr beinhaltet (z.
B. Brandgefahr), und spekulativem Risiko. Das Letztere definiert sich als aus
der Unternehmenstätigkeit ergebende Chancen und Risiken.
(Vgl. Lück, 1999,
S. 144, Bitz, 2000, S. 15)
Die Entscheidung für eine bestimmte Art des unter-
nehmerischen Handelns wird allerdings dadurch erschwert, dass die positiven
und negativen Konsequenzen nicht immer direkt vergleichbar sind.
(Vgl. Königs,
2005, S. 9)
Wird ein Risiko zu spät oder gar nicht erkannt, wird es unterschätzt, so kann sich
dies negativ auf das Erreichen der angestrebten Unternehmensziele auswirken.
(Vgl. Finke, 2005, S. 16ff.)
In extremen Fällen kann sogar die Existenz von Unter-
nehmen gefährdet sein.
(Vgl. Krystek/Fiege, 2004, S. 2562)
Diese Arbeit schließt sich der begrifflichen Auslegung von BITZ und FINKE an.
Dementsprechend werden Risiken negative, aber auch positive Effekte zuge-
schrieben.
Das Risikomanagement regelt dementsprechend den Umgang mit den Risiken,
die sich aus der Geschäftstätigkeit einer Unternehmung ergeben. Organisatio-
nen, die es implementiert haben, wollen damit die sich aus Risiken ergebenden
potenziellen Abweichungen ihrer strategischen Ziele verhindern.
(Vgl. Krystek/Fie-
ge, 2004, S. 2562)
Um sämtliche Bestandsgefährdungen zu erkennen, werden alle Unternehmens-
bereiche für die Identifikation und Entwicklung von Gegenmaßnahmen einbezo-
gen.
(Vgl. Reichling, 2007, S. 211)
Das Risikomanagement dient dabei als rationale
Entscheidungsgrundlage.
(Vgl. Finke, 2005, S. 23f.)
Die Risikoanalyse sowie die

32
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen bilden den Kern, welcher nicht nur
die Abwehr von Risiken ermöglichen soll, sondern auch die Nutzung von Chan-
cen eröffnet.
(Vgl. Königs, 2005, S. 25ff., Anhang 9, S. 3; Reichling, 2007, S. 210)
In der Risikopolitik bestimmt jedes Unternehmen individuell, wie auf Chancen und
Risiken reagiert wird. In ausformulierten Grundsätzen, die sich an den Zielen und
der Strategie des Unternehmens ausrichten, wird der Ausgangspunkt für das Risiko-
management gebildet.
(Vgl. Krystek/Fiege, 2004, S. 2562f.; Reichling, 2007, S. 209)
Risikomanagement ist ein Prozess, der sicherstellen muss, ,,(...) dass alle we-
sentlichen Risiken des Unternehmens systematisch identifiziert, bewertet, bewäl-
tigt und laufend überwacht werden".
(Königs, 2005, S. 69)
Abb. 3: Prozess des Risikomanagements (eigene Darstellung)

33
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Risikoidentifikation
Hier werden alle aktuellen und zukünftigen, potenziellen sowie latenten Risiken
gesammelt.
(Vgl. Krystek/Fiege, 2004, S. 2562)
Die Identifikation erfolgt kontinuier-
lich, nach einheitlichen Richtlinien und Maßstäben.
(Vgl. Bitz, 2000, S. 26)
Durch
die Aggregation einzelner Bedrohungen zu unterschiedlichen Risikoarten wird
die Identifikation systematisiert. Die Dekomposition in Risiko-Objekte (z. B. Pro-
jekte, Personen und Prozesse) ermöglicht es, die Wirkungen der Risiken auf
die einzelnen relevanten Systemelemente nachzuvollziehen.
(Vgl. Königs, 2005,
S. 33)
Instrumente, wie die Unternehmensanalyse, die Umfeldanalyse und die
Prognose eignen sich für diesen Prozessabschnitt besonders.
(Vgl. Krystek/Fie-
ge, 2004, S. 2562)
Risikoeinschätzung
In dieser Phase wird eingeschätzt, wie wahrscheinlich ein Risiko eintritt und wel-
ches Schadensausmaß daraus resultieren kann. In die detaillierte Betrachtung
aller Risiko-Objekte fließen auch die internen Stärken und Schwächen des Un-
ternehmens mit ein.
(Vgl. Königs, 2005, S. 30ff.)
Die Beurteilung kann über zwei Methoden erfolgen. Bei quantifizierbaren Risi-
ken, v. a. bei Finanzrisiken, wird die potenzielle Verlusthöhe (in Geldeinheiten)
mit Eintrittswahrscheinlichkeit (in Prozent) multipliziert. Für NPOs, die mit vielen,
nur qualifizierbaren Risiken umgehen müssen, bietet sich eine zweite Variante
an, die sich durch ein Punktwertverfahren aus Schadenshöhe und Eintrittswahr-
scheinlichkeit berechnet. Als Ergebnis beider Faktoren geht der Grad des jewei-
ligen Risikos hervor. BITZ empfiehlt, das Risiko mittels der Portfoliotechnik zu
visualisieren.
(Vgl. 2000, S. 40ff.)
Für die Einschätzung der Risiken gibt es drei Herangehensweisen:
Worst Case Szenario (Einplanung der maximal möglichen Schäden und
·
Eintrittswahrscheinlichkeiten)
Bildung von mittleren Werten
·
Ermittlung über die statistische Verteilungsfunktion
·
Für die Analyse der Risiken gibt es vielfältige quantitative (z. B. Fehler-Effekt- und
Ausfallanalyse, Fehlerbaum-Analyse) und qualitative (z. B. Szenario-Analyse,

34
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Expertenbefragung, Nutzwert-Analyse) Methoden
41
.
(Vgl. Königs, 2005, S. 34ff.)
In dieser Arbeit werden die unterschiedlichen Methoden nicht vertieft vorgestellt.
Risikosteuerung
Nachdem die Risiken analysiert wurden, initialisieren die verantwortlichen Füh-
rungskräfte Maßnahmen, um die Bedrohungen
42
zu bewältigen. Die Risikopolitik
trifft grundsätzliche Aussagen, in welcher Art und Weise auf die Gefährdungen
reagiert werden soll.
(Vgl. Krystek/Fiege, 2004, S. 2562)
Diese können wirkungs-
oder ursachenbezogen sein. Dabei stellen Risikoüberwälzung (Übertragung des
Risikos auf einen/mehrere Partner) und -akzeptanz (Übernahme des Risikos, um
Erfolgschancen zu realisieren) wirkungsbezogene Techniken dar. Risikovermei-
dung (Beseitigung des gesamten Chancen- und Risikopotenzials), -verminderung
(Schadensverhütung) und -streuung (Reduktion innerhalb des Risikoportfolios)
werden als ursachenbezogen klassifiziert.
(Vgl. Reichling, 2007, S. 215f.)
Die Aus-
wahl der Strategie hängt auch von der Machbarkeit
43
und Wirksamkeit
44
der Maß-
nahmen ab. Mit dem Gegenüberstellen von Kosten und Nutzen der Maßnahmen
werden darüber hinaus die Auswirkungen der Risiken mit den Aufwendungen für
die Maßnahmen verglichen. Diese Phase zielt darauf ab, die Risikolage positiv
zu verändern. Das Ideal ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Chancen und
Risiken. Das bedeutet: Risiken werden nur bewusst eingegangen, um sich lukra-
tive Chancen zu eröffnen.
(Vgl. Königs, 2005, S. 42ff.)
Risikokontrolle
Mehrere Autoren, wie bspw. KRYSTEK/FIEGE und KÖNIGS, empfehlen die Im-
plementierung eines Berichtswesens zur Risikokontrolle. Dieses ermöglicht einen
Überblick über die Risikosituation des gesamten Unternehmens. Da die Berichte
in regelmäßigen Abständen angefertigt werden, ist eine Untersuchung der Risi-
ken im zeitlichen Verlauf möglich.
(Vgl. Krystek/Fiege, 2004, S. 2563; Königs, 2005,
S. 44)
Ein Soll-Ist-Vergleich überprüft den Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen.
41
Einen gut strukturierten Überblick zu den Analysemethoden hat KÖNIGS aufbereitet.
(Vgl. 2005, S. 34-41)
42
Bedrohungen sind als Folge von Risiken zu verstehen.
43
Beinhaltet die Frage, inwieweit die Maßnahmen realistisch zeitlich, inhaltlich und finanziell
umsetzbar sind. (Vgl. Königs, 2005, S. 42)
44
Bedeutet ,,(...) das Optimum von Risikoreduktion [...] und Maßnahmenkosten zu finden". (ebd.,
S. 43)

35
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
An die Dokumentation und Überwachung der Maßnahmen schließt sich eine
wiederholte Risikoidentifikation an, sodass ein Kreislauf entsteht.
(Vgl. Reichling,
2007, S. 213, 216)
4.4.2. Rechtliche Rahmenbedingungen
Zur Gewährleistung einer effizienten Kontrolle, zur Steigerung der Transparenz
und gewissenhaften Unternehmensführung wurden von der Regierung in der
Vergangenheit zahlreiche Gesetze und Verordnungen erlassen, welche auch di-
rekten Einfluss auf die ssfh haben. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im
Unternehmensbereich (KonTraG) und das Transparenz- und Publizitätsgesetz
(TransPuG) stellen dabei die wichtigsten allgemeingültigen Normen dar. Weitere
bedeutsame Richtlinien sind zudem der Deutsche Corporate Governance Ko-
dex (DCGK) und die Prüfrichtlinien für die selbstständigen kirchlichen Einrich-
tungen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, sowie die Arbeitshilfe 182 der Deut-
schen Bischofskonferenz.
(Vgl. Anhang 10, S. 3; Anhang 11, S. 54f.; Schwien, 2009,
S. 182, 195)
Der Diözesenverwaltungsrat Rottenburg-Stuttgart verabschie dete mit Wirkung
zum 01.09.2003 die vorgenannte Prüfrichtlinie, welche für alle selbstständigen
kirchlichen Einrichtungen in der Diözese verpflichtend ist. Wichtigste Eckpunkte
dieser Richtlinie sind:
die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung,
·
die Verbesserung des Berichtswesens und
·
die Verbesserung der Transparenz der Verantwortlichkeit von Vorstand
·
und Aufsichtsgremien.
(Vgl. Anhang 10, S. 3; Anhang 11, S. 54)
Ziel dieser Richtlinie ist die Steigerung der Sicherheit sowie die Sensibilisierung
der Führungskräfte für Bestands- und Entwicklungsgefahren. Es sollte eine pro-
gressivere Sichtweise der Unternehmensführung, auch unter dem Aspekt der
sich verändernden sozialpolitischen Gegebenheiten, erreicht werden.
(Vgl. ebd.)
Der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und der Verband für karita-
tive Fragen der Bischofskonferenz haben am 02.04.2007 die Arbeitshilfe 182
für soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftliche
Aufsicht herausgegeben. Ziel dieser Arbeitshilfe war es, darzulegen, dass die

36
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
Geschäftsführung und die Auswirkungen wirtschaftlicher Entscheidungen durch
Veränderungen im gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialpolitischen
Bereich erheblich komplexer geworden sind. Die Anforderungen an Kontrolle
und Aufsicht haben sich verändert und stellen, vor allem im Außenverhältnis,
ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar. Die katholische Kirche ­ insbesondere
deren soziale Träger ­ erkannte die Notwendigkeit der Überprüfung ihrer
vorhandenen Organisations- und Prozessstrukturen. Sämtliche umwelttechnischen
Veränderungen sollten rechtzeitig erkannt werden, um adäquat darauf reagieren zu
können. Langfristig soll die starke Anbieterposition der kirchlichen Träger auf dem
Sozialen Sektor erhalten respektive ausgebaut werden. Vor allem die wirtschaftlichen
Probleme einiger Einrichtungen des Caritasverbandes und ein wachsendes
Misstrauen, bezüglich der seriösen und prospektiven Geschäftsführung, führten
zu Grundsatzfragen im Hinblick auf die Aufsichtsstrukturen.
(Vgl. Sekretariat der
Deutschen Bischofskonferenz, 2007, S. 4-8)
Die Bischofskonferenz gelangte zu dem
Schluss, dass sich ,,nur durch wirtschaftlich verantwortungsvolles Handeln (...) der
religiöse Sendungsauftrag sicherstellen"
(ebd., S. 18) lässt.
Es wird empfohlen
45
,
dass die Regelungen des TransPuG, des KonTraG und der DCKG im Rahmen der
Best Practice übernommen werden, da davon auszugehen ist, dass sie mittelfristig
für alle Unternehmen, unbeachtet der Rechtsform, bedeutsam werden ­ auch für
solche aus dem Non-Profit-Bereich. Die Arbeitshilfe 182 schlägt vor, dass jeder
Träger für sich überprüft, inwieweit die Anwendung der Regelungen als sinnvoll
anzusehen ist. Zudem wird von einer schematischen Übernahme abgeraten
und eine individuelle Anpassung vorgeschlagen. Insofern dies gewünscht wird,
können einzelne Träger eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Regelungen
eingehen. Diese Selbstverpflichtung sollte jedoch, trotz möglicher Vorteile, eine
interne Regelung sein, um haftungsrechtliche Risiken zu vermeiden.
(Vgl. ebd.
S. 16, 18, 26f.)
45
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Arbeitshilfe 182 nur Empfehlungen aus-
spricht und keine rechtsverbindliche Regelung darstellt. (Vgl. Sekretariat der Deutschen Bi-
schofskonferenz, 2007, S. 6.)

37
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
4.4.2.1 KonTraG
Das am 27.04.1998 erlassene Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unter-
nehmensbereich stellte zum damaligen Zeitpunkt das Kernstück der Reformen
zur ,,Sicherung und Stärkung des Finanzplatzes Deutschland" dar.
46
(Hommelhoff/
Mattheus, 1998, S. 139)
Zielsetzung dieses Artikelgesetzes
47
war die Stärkung der
Kontrollfunktion von Aufsichtsräten sowie eine qualitative Verbesserung der Jah-
resabschlussberichte. Zudem wurde die Einführung eines ,,Risikomanagement-
und Frühaufklärungssystems" verpflichtend und dem Vorstand wurden gegen-
über dem Aufsichtsrat erweiterte Auskunftspflichten bezüglich der strategischen
Unternehmensplanung auferlegt.
(Vgl. ebd., S. 139)
Die Verpflichtung zur Errich-
tung eines Risikomanagements ergibt sich durch die Ergänzung des §91 Abs. 2
AktG, welcher besagt, dass die Geschäftsführung ,,(...) geeignete Maßnahmen
zu treffen [hat], insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den
Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen
48
früh erkannt werden."
Nach LANGE/WALL besteht nur in vorgenannter Aussage Einigkeit bezüglich der
konkreten Forderungen des §91 AktG an die Geschäftsführung. In juristischen
und wirtschaftswissenschaftlichen Fachkreisen werden anderweitige verbindli-
che Auswirkungen kontrovers diskutiert.
(Vgl. 2001, S. V)
REICHLING ist sogar
der Auffassung, dass zur Ausgestaltung des Überwachungssystems keine kon-
kreten Angaben gemacht wurden und diese den jeweiligen Unternehmen selbst
überlassen ist.
(Vgl. 2007, S. 210)
Aus den Unterlagen der ssfh geht hervor, dass die Erstellung des erweiterten
Lageberichts
49
, welcher auch gefährdende Risiken enthält, und der Einsatz ei-
nes Risikomanagements für die Organisation zu den Grundsätzen der ordnungs-
gemäßen Geschäftsführung zählen. Es wird davon ausgegangen, dass Krisen
durch mangelndes Risikobewusstsein entstehen und diesen durch mehr Trans-
parenz im Bezug auf bestandsgefährdende Entwicklungen entgegengewirkt wer-
den kann.
(Vgl. Anhang 10, S. 4, 10)
46
Die Ausführungen im KonTraG beziehen sich vornehmlich auf Aktiengesellschaften, allerdings
wurden die erlassenen Regelungen zum damaligen Zeitpunkt, wie bereits erwähnt, unabhän-
gig der Rechtsform des Unternehmens als übergreifend bedeutsam angesehen.
47
Das KonTraG ist ein sog. Artikelgesetz, d. h. dass es vorhandene Gesetze durch neue Vor-
Das KonTraG ist ein sog. Artikelgesetz, d. h. dass es vorhandene Gesetze durch neue Vor-
schriften präzisiert und kein eigenständiges Gesetz ist. (Vgl. Reichling, 2007, S. 210)
48
Zu den gefährdenden Entwicklungen gehören u. a. ,,(...) risikobehaftete Geschäfte, Unrichtig-
Zu den gefährdenden Entwicklungen gehören u. a. ,,(...) risikobehaftete Geschäfte, Unrichtig-
keiten der Rechnungslegung und Verstöße gegen Gesetze". (Reichling, 2007, S. 210)
49
Seit dem Jahresabschluss 2006 wird dieser in der ssfh nach den Vorgaben des KonTraG er-
stellt. (Vgl. Anhang 10, S. 16; Vgl. hierzu auch §§298, 317, 321 HGB)

38
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
4.4.2.2. TransPuG
Durch die zum Teil ,,unscharf gewählte[n] Formulierung[en]" aus dem KonTraG
entstand eine ,,erhebliche Lücke zwischen gesetzlichen Erfordernissen und un-
ternehmerischer Ausgestaltungsfreiheit".
(Fiege, 2006, o. S.)
Um diese Lücke zu
schließen bzw. zur Weiterentwicklung des KonTraG, trat am 26.07.2002 das
,,Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und
Publizität" in Kraft. Durch dieses Artikelgesetz wurden die Reformbestrebungen
im Bereich der Unternehmens- und Marktstrukturen im Hinblick auf die Globa-
lisierung und Internationalisierung der Kapitalmärkte von der Bundesregierung
fortgesetzt. Des Weiteren ist die, erstmals rechtlich gesicherte, Einbindung der
Empfehlungen zum Corporate Governance Kodex als Besonderheit hervorzuhe-
ben.
50
(Vgl. Winter, 2004, S. 17f.)
Im Wesentlichen haben die Änderungen des TransPuG:
die Berichtspflichten des Vorstandes
·
51
,
die Mitwirkungs- und Informationsrechte des Aufsichtsrates
·
52
die Einholung eines unabhängigen Abschlussprüfers
·
53
,
Änderungen im HGB bezüglich der Konzernrechnungslegung und
·
die Nutzung moderner Kommunikationsmedien
·
im Fokus.
(Vgl. ebd; BDO, o. J., S. 3, 7ff.)
Seit dem Jahr 2006 werden die Vorgaben des TransPuG bei der Jahresab-
schlussprüfung der ssfh freiwillig umgesetzt. Nach Angaben der Geschäftsleitung
hat das Gesetz auch Einfluss auf die Arbeit von Vorstand und Aufsichtsrat der
Stiftung.
(Vgl. Anhang 8, S. 1; Anhang 10, S. 17)
4.4.2.3 DCGK
Der Begriff Corporate Governance beschreibt den rechtlichen bzw. faktischen
Rahmen für eine transparente und verantwortungsbewusste Unternehmensfüh-
rung und Kontrolle.
(Vgl. v. Werder, 2005, S. 34)
Es besteht, so v. WERDER, eine
große Schnittmenge mit der inhaltlichen Bedeutung des deutschen Wortes ,,Un-
ternehmensverfassung", wenngleich eine direkte Übersetzung nicht möglich ist,
50
Vgl. hierzu §161 AktG
51
Vgl. §90 AktG
52
Vgl. §§107, 110, §111 Abs. 4 S. 2 AktG
53
Entsprechend dem DCGK

39
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
da hier sonst die Umfeldperspektive vernachlässigt werden würde. Seiner Auf-
fassung nach bestehen eine interne sowie eine externe Governanceperspektive,
wobei die Interne Rollen, Kompetenzen und Funktionsweisen des Unternehmens
umfasst und sich die Externe auf das Verhältnis der Unternehmensführung zu
den Bezugsgruppen bezieht.
(Vgl. v. Werder, 2005, S. 34)
An dieser Stelle schließen sich die Verfasser der vorgenannten Ansichten an,
da die Betrachtung der internen Perspektive in Zusammenhang mit der Umwelt
als sinnvoll erachtet und bezugnehmend auf den Untersuchungsgegenstand als
relevant betrachtet wird.
Der DCGK stellt ein Beispiel für die internationalen Entwicklungen im Bereich der
Corporate Governance dar. Bestehende Probleme
54
in diesem Bereich werden zu-
nehmend in einer Zwischenform zwischen marktlichen und gesetzlichen Regulie-
rungen, sog. soft laws, gelöst. In der Folge haben zahlreiche Staaten Codes, Gui-
delines etc. über entsprechende Standards erlassen.
(Vgl. v. Werder, 2005, S. 45)
Der DCGK wurde am 26.02.2002, von der durch das Bundesministerium für Jus-
tiz eingesetzten Regierungskommission, erlassen und zuletzt am 18.06.2009
durch selbige aktualisiert. Der Kodex soll durch eine ,,Rollen- und Verhaltens-
beschreibung von Vorstand und Aufsichtsrat (...) mit dem Ziel [der] gute[n] und
verantwortungsvolle[n] Unternehmensleitung und -überwachung"
(Anhang 8, S. 1)
das Vertrauen der Stakeholder und der breiten Öffentlichkeit in deutsche Aktien-
gesellschaften stärken. Es wird auch nichtbörsennotierten Gesellschaften die
Anwendung des Kodex empfohlen.
(Vgl. Fiege, 2006, S. 31; Macharzina/Wolf, 2008,
S. 143)
Für die Anwender beinhaltet der DCGK drei Arten von Regeln: Muss-
Vorschriften, welche geltendem Recht entnommen sind, sowie Soll- und Kann-
Formulierungen. Die Muss-Vorschriften sind auch ohne Bindung an den DCGK
als relevante Parameter für die Unternehmenssicherung anzusehen. Für alle,
dem jeweiligen Gesetz unterliegenden, Unternehmen sind diese Vorschriften
verpflichtend. Bei den Soll-Formulierungen handelt es sich prinzipiell um Emp-
fehlungen, deren Einhaltung freiwillig ist. Allerdings gilt hier die sog. Comply or
Explain-Regelung
55
, welche im §161 AktG festgehalten ist. Dies bedeutet, dass
Vorstand und Aufsichtsrat in jedem Jahr darlegen müssen, wenn Empfehlungen
54
Bestehende Probleme zeigen sich bspw. in unvollständigen, benachteiligenden Verträgen und
Informationsdefiziten. (Vgl. v. Werder, 2005, S. 37ff.)
55
Hierunter ist die Entsprechenserklärung nach §161 AktG zu verstehen.

40
4. Das Managementsystem der
stiftung st. franziskus heiligenbronn
des DCGK nicht eingehalten wurden. Kann-Formulierungen, welche vornehmlich
Anregungen zur Weiterentwicklung enthalten und nicht beachtet worden sind,
bedürfen hingegen keiner Offenlegung.
(Vgl. Fiege, 2006, S. 31f.; Macharzina/Wolf,
2008, S. 143f.)
Der Stiftungsrat der stiftung st. franziskus heiligenbronn hatte bereits im Jahr 2001
gemeinsam mit dem Vorstand entschieden, dass unter dem Aspekt der gesicher-
ten wirtschaftlichen Unternehmensführung, die Voraussetzungen des KonTraG
freiwillig erfüllt werden. Im Jahr 2005 wurde das umfassende Risikomanagement
eingeführt. Die Anforderungen bzw. Anregungen der Diözese Rottenburg-Stutt-
gart und des VDD werden somit in Gänze erfüllt.
(Vgl. Anhang 11, S. 55; Schwien,
2009, S. 195)
Der Vorstand der ssfh kam bei der Betrachtung der ,,Auswirkungen
der Regelungen von KonTraG, TransPuG und DCGK auf die Arbeit (...)"
(An-
hang 8, S. 1)
der ssfh zu dem Fazit, dass ,,(...) die Regelungen in der Satzung,
in der Geschäftsordnung des Vorstands, im Risikomanagement- und Überwa-
chungssystem und deren tatsächliche Anwendung (...) bezüglich der Arbeit des
Stiftungsrates den Erfordernissen des KonTraG, des TransPuG und DCGK [ge-
nügen]".
(Anhang 8, S. 1; Anhang 10, S. 17)
In den vorangegangenen Ausführungen wurde bereits beschrieben, welcher
Nutzen von der empfehlenden bzw. verordneten Stelle durch die Anwendung
der entsprechenden Regelungen erhofft wurde. Zusammenfassend ist festzu-
halten, dass kirchliche Träger erkannt haben, dass eine transparente, prospek-
tive und somit For-Profit-Organisationen ebenbürtige Unternehmensführung und
-steuerung für die nachhaltige Existenzsicherung essentiell ist. Sich verändernde
Marktgegebenheiten, wirtschaftliche Krisen sowie Fehler im Management lassen
sich durch geregelte Kontrollmechanismen, Strukturveränderungen und entspre-
chende Managementwerkzeuge besser bewältigen.
(Vgl. Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, 2007, S. 10f.; Krystek/Fiege, 2004, S. 2562f.)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783842800953
DOI
10.3239/9783842800953
Dateigröße
13.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Nordhausen – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Sozialmanagement
Erscheinungsdatum
2010 (August)
Note
1,3
Schlagworte
non-profit-organisation soziale dienstleistung risikomanagement sozialwirtschaft stakeholder ansatz
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Titel: Analyse eines integrierten Risikomanagementsystems im Rahmen eines Balanced-Scorecard-Ansatzes unter besonderer Berücksichtigung der Perspektive "Umwelt und Politik"
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