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Zur Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit ausgewählter ergogener Substanzen im Sport

©2010 Magisterarbeit 115 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um meine Magisterarbeit im Rahmen meines Magister-Studiums mit den Hauptfächern Sportwissenschaft und Soziologie.
In dieser Hausarbeit mit dem Titel „Zur Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit ausgewählter ergogener Substanzen im Sport“ möchte ich ausgewählte ergogene (leistungssteigernde) Substanzen bezüglich ihrer Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit im Sport analysieren.
In Abstimmung mit Prof. Dr. Kuno Hottenrott vom Department Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universiät Halle-Wittenberg widme ich mich in dieser Niederschrift den, als ergogen angepriesenen, Wirkstoffen Kreatin (Aminosäurederivat), Leucin, Isoleucin und Valin (verzweigtkettige Aminosäure), der konjugierten Linolsäure (Fettsäure), Colostrum („Erstmilch“ von Säugetieren) sowie Natriumhydrogencarbonat und Natriumcitrat (alkalische Salze).
Es handelt sich hierbei überwiegend um Substanzen, die bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen Gegenstand waren. Innerhalb dieser Literaturarbeit werde ich daher vorliegende Forschungsergebnisse, also Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen sowie andererseits widerlegen, zusammentragen und analysieren. In der Fachliteratur und im Internet erwähnte aktuelle Studien werden zum einen in den Ausführungen dieses Beitrages berücksichtigt, wobei das Hauptaugenmerk der elektronischen Datenbank MEDLINE und der dortigen Suche nach relevanten wissenschaftlichen Publikationen gilt. Bei der MEDLINE-Recherche wurde der Zeitraum von der Jahrtausendwende (2000) bis heute (2010) zur Gewinnung neuerer und hochaktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse durchsucht. Nach gründlicher Recherche konnten dort je nach Studienlage zwischen 15 bis 30 Humanstudien pro ergogener Substanz mit positiven sowie negativen Resultaten gefunden werden. Die Arbeit erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit im Hinblick auf die Berücksichtigung aller im vergangenen Jahrzehnt publizierten, sportspezifischen Humanstudien zu den einzelnen Substanzen. Auch die Erkenntnisse aus Reviews werde ich partiell integrieren. Wie schon angeklungen, werden in den Betrachtungen lediglich Studien mit (trainierten) menschlichen Probanden herangezogen. Tierstudien bleiben hingegen unbeachtet, da deren Ergebnisse für den Menschen nicht repräsentativ sind. Auch In-vitro-Studien werden keine Berücksichtigung finden.
Ziel der Arbeit ist es also nachzuweisen, ob die genannten Substanzen gemäß ihrer […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zur Methode
1.2 Zur Relevanz des Themas

2 Zum Begriff und Wesen der ergogenen Substanzen
2.1 Worum handelt es sich bei ergogenen Substanzen?
2.2 Diskutierte Anwendungsbereiche ergogener Supplemente
2.3 Supplement-Klassifizierung hinsichtlich des leistungsbeeinflussenden Potentials und weiterer Kriterien
2.4 Mögliche Risiken leistungsfördernder Wirkstoffe
2.5 Die Bedeutung ergogener Präparate für die körperliche Leistungs- fähigkeit

3 Colostrum
3.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen
3.2 Beworbene und diskutierte Wirkung
3.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen
3.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse
3.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen
3.4.2 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen
3.5 Nebenwirkungen
3.6 Diskussion und Fazit
3.7 Übersichtstabelle zu Colostrum

4 Konjugierte Linolsäure
4.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen
4.2 Beworbene und diskutierte Wirkung
4.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen
4.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse
4.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen
4.4.2 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen
4.5 Nebenwirkungen
4.6 Diskussion und Fazit
4.7 Übersichtstabelle zu CLA

5 Alkalische Salze (Natron und Natriumcitrat)
5.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen
5.2 Diskutierte Wirkung
5.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen
5.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse
5.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen
5.4.2 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen
5.5 Nebenwirkungen
5.6 Diskussion und Fazit
5.7 Übersichtstabelle zu Natron und Natriumcitrat

6 Verzweigtkettige Aminosäuren (Leucin, Isoleucin und Valin)
6.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen
6.2 Beworbene und diskutierte Wirkung
6.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen
6.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse
6.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen
6.4.2 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen
6.5 Nebenwirkungen
6.6 Diskussion und Fazit
6.7 Übersichtstabelle zu BCAA´s

7 Kreatin
7.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen
7.2 Beworbene und diskutierte Wirkung
7.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen
7.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse
7.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen
7.4.2 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen
7.5 Nebenwirkungen
7.6 Diskussion und Fazit
7.7 Übersichtstabelle zu Kreatin

8 Zusammenfassung, Ausblick

Literatur

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anwendungsbereiche diskutierter Supplemente

Tabelle 2: Supplementklassifizierung

Tabelle 3: Supplementationsprotokoll Kreatin-Monohydrat

Übersichtstabelle zu Colostrum

Übersichtstabelle zu CLA

Übersichtstabelle zu Natron und Natriumcitrat

Übersichtstabelle zu BCAA´s

Übersichtstabelle zu Kreatin

1 Einleitung

1.1 Zur Methode

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um meine Magisterarbeit im Rahmen meines Magister-Studiums mit den Hauptfächern Sportwissenschaft und Soziologie.

In dieser Hausarbeit mit dem Titel „Zur Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit ausgewählter ergogener Substanzen im Sport“ möchte ich ausgewählte ergogene (leistungssteigernde) Substanzen bezüglich ihrer Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit im Sport analysieren.

In Abstimmung mit Prof. Dr. Kuno Hottenrott vom Department Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universiät Halle-Wittenberg widme ich mich in dieser Niederschrift den, als ergogen angepriesenen, Wirkstoffen Kreatin (Aminosäurederivat), Leucin, Isoleucin und Valin (verzweigtkettige Aminosäure), der konjugierten Linolsäure (Fettsäure), Colostrum („Erstmilch“ von Säugetieren) sowie Natriumhydrogencarbonat und Natriumcitrat (alkalische Salze).

Es handelt sich hierbei überwiegend um Substanzen, die bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen Gegenstand waren. Innerhalb dieser Literaturarbeit werde ich daher vorliegende Forschungsergebnisse, also Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen sowie andererseits widerlegen, zusammentragen und analysieren. In der Fachliteratur und im Internet erwähnte aktuelle Studien werden zum einen in den Ausführungen dieses Beitrages berücksichtigt, wobei das Hauptaugenmerk der elektronischen Datenbank MEDLINE und der dortigen Suche nach relevanten wissenschaftlichen Publikationen gilt. Bei der MEDLINE-Recherche wurde der Zeitraum von der Jahrtausendwende (2000) bis heute (2010) zur Gewinnung neuerer und hochaktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse durchsucht. Nach gründlicher Recherche konnten dort je nach Studienlage zwischen 15 bis 30 Humanstudien pro ergogener Substanz mit positiven sowie negativen Resultaten gefunden werden. Die Arbeit erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit im Hinblick auf die Berücksichtigung aller im vergangenen Jahrzehnt publizierten, sportspezifischen Humanstudien zu den einzelnen Substanzen. Auch die Erkenntnisse aus Reviews werde ich partiell integrieren. Wie schon angeklungen, werden in den Betrachtungen lediglich Studien mit (trainierten) menschlichen Probanden herangezogen. Tierstudien bleiben hingegen unbeachtet, da deren Ergebnisse für den Menschen nicht repräsentativ sind (vgl. Minoggio 2008: 80). Auch In-vitro-Studien werden keine Berücksichtigung finden.

Ziel der Arbeit ist es also nachzuweisen, ob die genannten Substanzen gemäß ihrer Deklaration tatsächlich zu Leistungssteigerungen direkter und/oder indirekter Art im Sport führen und somit als wirksam erklärt werden können. Ist dies der Fall, so ist die Frage zu klären unter welchen speziellen Bedingungen und Dosierungen sich diese leistungssteigernden Effekte äußern. Die Sinnhaftigkeit der Einnahme der unterschiedlichen ergogenen Substanzen wird von den Erkenntnissen zur Wirksamkeit und dem damit verbundenen Nutzen (für den Sportler) sowie den zu erwartenden Nebenwirkungen und dem allgemeinen Kenntnisstand darüber abhängen.

Einführend werde ich zunächst ergogene Wirkstoffe in Kapitel 2 näher kennzeichnen und dort u. a. auf den Terminus, diskutierte Anwendungsbereiche sowie bestehende Risiken in Verbindung mit der Einnahme eingehen.

Darauf aufbauend erfolgen in den nächsten Kapiteln Wirksamkeitsanalysen zu den einzelnen ergogenen Substanzen. Zunächst wird in den Kapiteln 3 bis 7 die jeweilige Substanz eingangs kurz zu erläutern sein. Anschließend wird aufgezeigt, welche Wirkungen seitens der Wissenschaft und der Nahrungsergänzungsmittelindustrie für die einzelnen Wirkstoffe diskutiert und beworben werden. Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen, die auf allgemeinen Fachmeinungen basieren und sich auf käufliche Supplemente (Nahrungsergänzungen) beziehen, gilt es nachfolgend zu betrachten, da supplementierende Athleten die Wirkstoffe in der Regel nach diesen Angaben konsumieren. Im jeweils vierten Teil werden wissenschaftliche Studien, die zu den beworbenen Wirkungen ermittelt werden konnten, skizziert. Diese wurden je nach Ergebnis in die Unterkapitel „Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen“ beziehungsweise „Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit widerlegen“ einsortiert. Weil Vertäglichkeit und Unbedenklichkeit Voraussetzung für die Empfehlung eines Supplements sind, wird das vorletzte Kapitel auf mögliche Nebenwirkungen hinweisen. Zum Schluss erfolgt ein Fazit zur Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit des einzelnen Supplements im Sport. Die nachfolgende Übersichtstabelle stellt alle Erkenntnisgewinne knapp dar.

Die einschlägige Literatur zur Sporternährung und zu Supplementen im Sport von Baron/Berg, Hahn/Ströhle/Wolters, Riedl/Kindl, Mannhart, Rost, Rust/Pauritsch, Neumann, Minoggio, Dickhuth u. v. m. – dessen verwendete Publikationen umfassend, aktuell und wissenschaftlicher Art sind – dient mir als Grundlage für meine nachstehenden Überlegungen. Des weiteren wurden auch Internetpräsenzen, Online-Portale, Online-Lexika, Beiträge aus dem Internet und nicht zuletzt Studien-Abstracts aus internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften über MEDLINE zitiert.

1.2 Zur Relevanz des Themas

Der Versuch, durch gezielte Ernährungsmaßnahmen die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen, ist ein jahrhundertealtes Phänomen im Leistungssportbereich. Durch Verzehr von großen Mengen an Fleisch, fettarmem Fisch, Kräutern und Pilzen versuchten bereits Griechen und Römer, ihre Muskelkraft und Schnelligkeit zu verbessern. Die moderne Ernährungsforschung hat in den letzten Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass eine ausgewogene, dem Bedarf angepasste Kost eine Grundlage für körperliche Höchstleistung darstellt (vgl. Baron/Berg 2005: 241).

Nichtsdestotrotz versuchen Teile der Athleten über eine bedarfsgerechte Sporternährung hinaus, die körperliche Leistungsfähigkeit mit effektiven Mitteln, nämlich mit der Einnahme unerlaubter Wirkstoffe zu maximieren. So hat es in der Geschichte des Sports zahlreiche Vorfälle gegeben, in denen verbotene Doping- und Arzneimittelsubstanzen zur Leistungssteigerung, vor allem im Leistungssport, eingesetzt worden sind. Solche Manipulationsversuche der Athleten sind nach wie vor gegenwärtig, obwohl eine Dopingeinnahme beträchtliche gesundheitliche Risiken birgt und ein positiver Dopingtest im Leistungssport zumeist langfristige Sperren nach sich zieht und zum Karriere-Aus führen kann. Aktuell wird in den Sportmedien das neuerliche Dopingvergehen des rumänischen Fußballstars Adrian-Mutu diskutiert. Der Stürmer vom AC Florenz ist nach zwei positiven Dopingproben Mitte April in Rom vom Anti-Doping-Gericht des Nationalen Olympischen Komitees Italiens CONI für neun Monate gesperrt worden. Beim 31-jährigen wurde am 10. und 20. Januar bei Wettkampfkontrollen die verbotene Substanz Sibutramin nachgewiesen.

Nicht zuletzt wegen dieser weitläufig bekannten Gefahren durch Doping sind im Laufe der Zeit legale, vermeintlich leistungssteigernde Nahrungsergänzungsmittel im Breiten- und im Leistungssport verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Heutzutage wird intensiv über solche leistungsfördernden Nährstoffe debattiert. Für sie wurde der Begriff "ergogen" aus den griechischen Wörtern „ergon“ (Arbeit) und „genan“ (produzieren) eingeführt. Als häufigste Gründe für den Konsum von Supplementen werden verbesserte Leistung (74 %) sowie verbesserte Körperoptik (61 %) angegeben (Riedl/Kindl 2006: 59).

Das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln, inklusive solcher zum Zwecke der Leistungssteigerung, boomt weltweit. Allein bei Vitamin- und Mineralstoffpräparaten wurde der Jahresumsatz auf mindestens eine Milliarde Euro in Deutschland geschätzt (Rösch/Illini 2005: 12). Ein jährliches Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich verzeichne die Branche, so Rösch damals (ebd.). Italien und Deutschland bildeten Ende 2008 die größten Märkte für Nahrungsergänzungsmittel in der Europäischen Union, für die ein Umsatzvolumen von über sechs Milliarden Euro geschätzt wird (bioPress 2008). Kreatin ist beispielsweise unter Sportlern sehr beliebt. In einigen Schnellkraftsportarten konsumierten schon zur Jahrtausendwende nach Schätzungen von Professor Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln, zwischen 70 und 80 Prozent der Athleten Kreatin. Aber auch Breitensportler, darunter viele Jugendliche, wollen damit ihren Muskelaufbau beschleunigen. Eine bereits im Jahr 2001 veröffentlichte Studie ergab, dass sechs Prozent aller US-Schulsportler zwischen zehn und 18 Jahren Kreatin konsumieren. Bei den 18-jährigen waren es sogar fast 50 Prozent (Smith 2001).

Gerade vor diesem Hintergrund wirft sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn der Einnahme von Nahrungsergänzungen im Sport auf. Denn welcher Konsument ist schon ernsthaft gewillt, mit dazu beizutragen, dass die Umsätze der Hersteller und Händler weiter rapide ansteigen, wenn es sich denn um wirkungslose teure Präparate handelt, deren gesundheitliche Unbedenklichkeit nicht erwiesen ist.

Daher ist es mir ein Bedürfnis die Werbeversprechen der Nahrungsergänzungs-mittelhersteller im Bezug auf die hier relevanten ergogenen Wirkstoffe mithilfe wissenschaftlicher Interventionsstudien auf ihre Richtigkeit hin zu untersuchen. In den Abschnitten drei bis sieben wird dem Leser somit ein Einblick gewährt, was die Präparate tatsächlich zu leisten im Stande sind oder auch nicht.

2 Zum Begriff und Wesen der ergogenen Substanzen

2.1 Worum handelt es sich bei ergogenen Substanzen?

Unter ergogenen Substanzen versteht man Nahrungsmittel oder Nahrungsmittelbestandteile, die in der Regel energetisch nicht nutzbar sind. Sie sollen primär in hoher Dosierung sportbiochemisch und sportphysiologisch relevante Parameter verbessern und so die Leistungsfähigkeit über das durch Talent, Training und Ernährung erreichbare Maß hinaus steigern (vgl. Dickhuth et al. 2007: 507).

Während bei der Substitution Ersatz für Fehlendes, Umgesetztes oder Verlorengegangenes geleistet wird (z.B. „Nudelparty“ gegen Kohlenhydratmangel), werden im Unterschied dazu bei der Supplementierung dem Organismus vor allem Substanzen, häufig sogar in hohen Dosen zugeführt, für die es im Grunde keine ernährungsphysiologischen Empfehlungen gibt (vgl. Riedl/Kindl 2006: 57). Dabei handelt es sich um erlaubte, vermeintlich ergogene (leistungssteigernde) Substanzen wie beispielsweise Kreatin oder verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA´s), deren Zufuhr oft Gegenstand eines Disputs zwischen Theoretikern und Praktikern ist. An die Supplementierung sind also stets konkrete Erwartungen bezüglich einer ergogenen Wirkung geknüpft, wenngleich im Rahmen einer Supplementation keine Substanzen verwendet werden, die auf der Dopingliste stehen (vgl. Antidoping Schweiz o. J.).

Schek (2004) teilt ergogene Substanzen in die folgenden acht Kategorien ein, wobei sich dieser Beitrag nachfolgend auf ausgewählte Stoffe aus den Klassen a bis c und e beschränkt.

- a) Körpereigene Wirkstoffe: Kreatin, Inosin, Pyruvat, Lactat, Hydroxycitrat, L-Carnitin, Coenzym Q 10, Hydroxymethylbutyrat (HMB), Cholin, Inositol
- b) Aminosäuren: Taurin, verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA), Tryptophan,
Asparaginsäure, Arginin, Ornithin
- c) Fettsäuren: konjugierte Linolsäure (CLA), mittelkettige Triglyceride
- d) Vitamine: Vitamin E und C, Vitamin B12, Folsäure
- e) Mineralstoffe: Natriumchlorid, Magnesium, Calcium, Kalium, Phosphor, Eisen, Zink, Selen, Kupfer, Chrom
- f) Sekundäre Pflanzenstoffe: Flavonoide
- g) Enzyme: Bromelain, Papain
- h) Alkaloide: Coffein

In der Regel kommen ergogene Wirkstoffe natürlicherweise in der Nahrung vor (Dickhuth et al. 2007: 507). Charakteristisch für ergogene Substanzen in Form von Nahrungsergänzungs-mitteln ist zudem, dass sie meist in dosierter Form (Kapseln, Tabletten, Brausetabletten, Ampullen, Pillen, Dragees, Pulver usw.) angeboten werden (vgl. Hahn et al. 2006: 246). Neben einer praktikablen, transportstabilen Darreichungsform werden vom trainingsphysiologischen Standpunkt nach Baron und Berg (2005: 242) an Nahrungsergänzungen bzw. Nährstoffkonzentrate weitere Anforderungen gestellt:

- exakte Bilanzierung der Inhaltstoffe,
- hohe Dichte der ausgewählten Nährstoffe,
- große biologische Verfügbarkeit,
- ansprechende Geschmacksform (es muss essbar sein),
- auch nach längerem Gebrauch keine Nebenwirkungen.

Ergogene Substanzen sollen nicht über längere Zeit und ohne Beratung durch eine Fachperson zugeführt werden (vgl. Antidoping Schweiz o. J.).

Abschließend empfiehlt es sich auf elementare Unterschiede zwischen ergogenen Substanzen und Dopingsubstanzen/Arzneimitteln zu verweisen. Während es sich bei ergogenen Substanzen um Nahrungsmittel oder –bestandteile mit ungesicherter ergogener Wirkung handelt, gilt die ergogene Wirkung infolge der Verabreichung physiologisch wirksamer Dopingsubstanzen/Arzneistoffe als gesichert (vgl. Rost 2001: 134; vgl. Rust/Pauritsch o. J.: 17; vgl. Riedl/Kindl 2006: 58).

Durch das seit September 2005 geltende Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sowie die 14. Novelle des Arzneimittelgesetzes im August 2005 gelten Präparate, deren Wirkung pharmakologisch, metabolisch oder immunologisch ist, als Arzneimittel. Ein Produkt kann überhaupt nur Nahrungsmittel sein, wenn keine solche für Arzneimittel als typisch angesehene Eigenschaft vorliegt (Hahn et al. 2006: 247). Eine eindeutige Grenzziehung kann jedoch nicht erreicht werden, weil der aus juristischer Sicht sehr klaren Abgrenzung von Nahrungsmitteln und Arzneimitteln die variable naturwissenschaftliche Interpretation der Begriffe pharmakologisch, metabolisch und immunologisch entgegen steht (ebd.). Dies ist in Anbetracht der vielfältig postulierten, teils metabolischen Wirkungen der Supplemente (siebe Tabelle 1) nicht verwunderlich.

Darüber hinaus ist die Einnahme von Supplementen im Sport rechtlich gesehen erlaubt, wohingegen die Verwendung von Substanzen aus den verbotenen Wirkstoffgruppen (dazu zählen u. a. Stimulanzien, Narkotika, Anabole Wirkstoffe, Diuretika etc.) und die Anwendung verbotener Methoden (z.B. Blutdoping) – kurz: Doping – im Wettkampf und zum Teil auch außerhalb des Wettkampfes nicht gestattet ist (vgl. Rost 2001: 134).

Biesalski und Grimm (2005: 332) rechnen ergogenen Substanzen im Gegensatz zu den anderen Autoren in der benutzten einschlägigen Literatur auch Pharmaka, wie die bekannten Anabolika zu. Diese Einteilung findet in dieser Arbeit jedoch keine Berücksichtigung – hier werden unter ergogenen Substanzen legale ernährungsbezogene Leistungsförderer verstanden, die, wie oben gesehen, von Dopingsubstanzen abzugrenzen sind.

2.2 Diskutierte Anwendungsbereiche ergogener Supplemente

In der Literatur und im Sport werden den einzelnen ergogenen Substanzen oder Supplementen verschiedene positive (ergogene) Wirkungen auf den Organismus zugeschrieben.

Laut Mannhart (2003: 59) wird versucht, mithilfe solcher Präparate Bereiche wie den Muskel-massenaufbau, den Schutz körpereigener Strukturen, das Immunsystem, die Energiebereitstellung, den Körperfettanteil, den Flüssigkeits- Elektrolyt- und Wärmehaushalt, die Leistungsfähigkeit während und die Regeneration nach Belastungen und sogar den Neurotransmitterstoffwechsel zu optimieren. Tabelle 1 auf der nachfolgenden Seite gibt eine Übersicht zu bedeutenden Supplementen und ihren diskutierten Anwendungsbereichen.

Neumann (2003: 187) postuliert hingegen, dass Athleten Supplemente zielgerichtet zur Sicherung der Regeneration, zur Unterstützung des Muskelaufbaus, zur Erhöhung der Belastbarkeit sowie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit aufnehmen, wenngleich eine zusätzliche Einnahme von Wirkstoffen kontrovers beurteilt wird.

Auch Dorl (2005) vom Online-Portal gesundheit.de geht in ihrem Beitrag „Nahrungsergänzung für Sportler – was ist drin und was ist dran?“ auf die Wirkung von Leistungsförderern ein, die ihr zufolge in der Verbesserung der Energieversorgung, der Vermehrung von Muskelgewebe oder der Vermeidung sportbedingter Zellschäden liegen soll.

Alles in allem akzentuieren die Autoren ähnliche Bereiche und es wird deutlich, dass man sich von ergogenen Substanzen neben direkten (z.B. Verbesserung der Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer) insbesondere indirekte (z.B. verbesserte Regeneration) leistungssteigernde Effekte erhofft.

Die Kapitel drei bis sieben werden sich hiermit genauer auseinandersetzen und aufzeigen, welche leistungssteigernden Effekte direkter und indirekter Art für die, in dieser Arbeit relevanten Supplemente angepriesen werden. Hier wird sich dann außerdem zeigen, inwieweit die Versprechen der Nahrungsergänzungsmittelhersteller mit den Resultaten wissenschaftlicher Untersuchungen übereinstimmen bzw. ob sich eine Supplementierung potentiell als wirksam und sinnvoll darstellen könnte.

Tabelle 1 (Quelle: Mannhart 2003: 60)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einen Beitrag, wieso Werbeaussagen und beworbene Wirkungen seitens der Hersteller mit Skepsis zu betrachten sind, wird dieser Abschnitt leisten.

Minoggio (2008: 16) mahnt in seiner aktuellen Publikation „Was der Körper wirklich braucht“ an, dass die Welt der Nahrungsergänzungsmittel von zahlreichen übertriebenen, häufig nicht zu haltenden und wissenschaftlich unbelegten Versprechungen der Produzenten gekennzeichnet sei.

Zum Beispiel werden sehr oft Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu Werbezwecken zum Vorteil der Präparate interpretiert, obwohl die zitierten Studien an sich oftmals keinen Bezug und keine Aussagekraft zu der Wirkung des Supplements am Menschen haben (ebd.: 20). Denn es handele sich bei diesen zitierten Studien meist nicht um (Langzeit-)Untersuchungen am Menschen, sondern um Experimente in vitro oder an Tieren, deren Resultate nicht repräsentativ für den Menschen sind, so der Ernährungswissenschaftler (ebd.: 80). Daraus resultiert, dass sich der Slogan „in wissenschaftlichen Studien bewiesen“ nicht selten auf derartige irrelevante Experimente und Untersuchungen bezieht (vgl. ebd.: 39).

Neben dieser zu kritisierenden Vorgehensweise beklagt Minoggio, dass mitunter nur Teilergebnisse herangezogen und in reißerische Schlagzeilen oder Werbeaussagen verarbeitet werden. Eine isolierte Betrachtung von Teilergebnissen einer Studie um sie für Werbezwecke zu verwenden, sei kein wissenschaftlicher Ansatz. Es wäre wichtig, die Resultate einer Studie stets im gesamten Studiendesign zu betrachten und nicht bloß einzelne Ergebnisteile zu interpretieren (ebd.: 39, 44).

Ferner ist anzumerken, dass sich die Nahrungsergänzungsmittelindustrie oftmals verschiedener Studien am Menschen bedient, die bspw. positive gesundheitliche Effekte aufgrund einer bestimmten Ernährungsweise festgestellt haben, um ein Supplement bewerben zu können. Dies lässt sich an dem folgenden Beispiel verdeutlichen: Hat eine Ernährungsweise, reich an Obst, Gemüse und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen in einer epidemiologischen Studie das Krebsrisiko gesenkt, ziehen die Supplementhersteller daraus bisweilen den unzulässigen Schluss, dass Präparate mit diesen Inhaltsstoffen in isolierter Form selbiges zu bewirken vermögen, was sich in den Werbeversprechen niederschlägt. Der Effekt einer isolierten Einzelsubstanz in einem Nahrungsergänzungsmittel kann aber nicht mit der positiven Wirkung einer gesunden Ernährung verglichen werden, die in einer epidemiologischen Studie erfasst wurde (ebd.: 41).

Diese Ausführungen veranschaulichen, dass die Interpretation von Studien seitens der Hersteller mit Vorsicht zu genießen ist.

Zusätzlich gibt Meißner (2008) zu bedenken, dass positive Erfahrungsberichte von (angeblichen) Konsumenten als „Wirksamkeitsbelege“ von den Supplement-Herstellern abgedruckt werden, um Interessenten als Käufer zu gewinnen. Warum solchen Berichten mit Misstrauen begegnet werden sollte, erklärt sich von selbst.

Auch irreführende Werbeaussagen sind einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.

Beispielsweise verweisen Produzenten von Protein- und Aminosäurenahrungsergänzungen gerne auf den erhöhten Eiweißbedarf von Fitness- und Kraftsportlern, der mit einer ausgewogenen Ernährung schwierig zu decken sei. Demzufolge sei es notwendig auf entsprechende Supplemente zurückzugreifen. Dem hält Minoggio entgegen, dass der Eiweißbedarf von Freizeitsportlern gern überschätzt wird und über die tägliche Nahrung mehr als genug Proteine zugeführt werden, sodass selbst bei regelmäßigen Trainingseinheiten im Fitnessstudio keine Einnahme solcher Präparate von Nöten ist. Daher rät der Autor Breitensportlern von Protein- und Aminosäurepräparaten ab (Minoggio 2008: 67).

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass das häufig auftauchende Werbeversprechen „Frei von Nebenwirkungen“ mit Skepsis aufgefasst werden sollte, weil die meisten „Pseudopräparate“, wozu wichtige Fettsäuren, Aminosäuren, Kohlenhydrate bzw. davon abgeleitete Präparate zählen, zu wenig erforscht sind und deren Wirkung ohne Langzeitstudien am Menschen zu wenig bewiesen ist, als dass diese Aussage wissenschaftlich haltbar wäre (ebd.: 19, 82).

In diesem Abschnitt wurde ersichtlich, dass produktspezifische Werbeversprechen, die für Supplemente typisch sind, gerade bei „Pseudopräparaten“ aus u. a. den genannten Gründen kritisch hinterfragt werden sollten und blindes Vertrauen gegenüber den Herstellerinformationen fehl am Platze ist. Es zeigt sich, dass Werbeslogans oft kaum in ausreichendem Maße oder überhaupt nicht wissenschaftlich gestützt sind. Deswegen bedarf es Supplement-Analysen, bei denen seriöse kontrollierte Untersuchungen am Menschen zu Rate gezogen werden, um ernsthafte Aussagen zu leistungssteigernden Effekten eines Wirkstoffes treffen zu können.

2.3 Supplement-Klassifizierung hinsichtlich des leistungs-

beeinflussenden Potentials und weiterer Kriterien

Tabelle 1 verdeutlicht also, dass für Supplemente unterschiedliche positive Effekte im menschlichen Organismus im Raum stehen. Bezüglich ihres leistungsbeeinflussenden Potenzials und weiteren Kriterien, hat man bekannte und häufig diskutierte Präparate nach dem damaligen Wissensstand in die Klassen von A bis F eingeteilt (Mannhart 2003: 59ff.). In der nachfolgenden Übersicht (Tabelle 2) sind die Supplementeinteilungskriterien aufgelistet und mit teilweise relevanten Beispielen versehen.

A = Aufgrund verschiedener, an gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen durchgeführten Studien ist bei adäquater Anwendung und Dosierung eine schnell eintretende positive Leistungsbeeinflussung wahrscheinlich.

Beispiele: Natriumhydrogencarbonat, Natriumcitrat,

Glyzerin etc.

B = Aufgrund verschiedener, an gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen durchgeführten Studien ist bei adäquater Anwendung und Dosierung eine zeitlich verzögerte Leistungsbeeinflussung wahrscheinlich.

Bsp.: Kreatin-Monohydrat, HMB, Regenerations-

supplemente etc.

C = Aufgrund bisher an gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen durchgeführten Studien ist bei adäquater Anwendung und Dosierung eine schnell eintretende oder zeitlich verzögerte positive Leistungsbeeinflussung zwar möglich, wird aber zurzeit kontrovers diskutiert.

Bsp.: Colostrum, konjugierte Linolsäure, BCAA´s etc.

D = Diese Substanz steht auf der Dopingliste.

Bsp.: Ephedra, Norandrostendion, Dehydro-

epiandrosteron etc.

E = Aufgrund der bisher an gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen durchgeführten Studien ist bei adäquater Anwendung und Dosierung weder eine schnell eintretende noch zeitlich verzögerte positive Leistungsbeeinflussung wahrscheinlich.

Bsp.: Pyruvat, Taurin, L-Carnitin etc.

F = Aufgrund der bisher an gesunden, nicht mangelernährten, trainierten Menschen durchgeführten Studien sind bei nicht adäquater Anwendung und Dosierung eine negative Leistungsbeeinflussung oder Nebenwirkungen nicht auszuschließen.

Bsp.: Tryptophan, Ginseng, Vanadium etc.

Quelle: ebd.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bestimmte Supplemente mehreren Klassen gleichzeitig angehören können, z.B. wird Natriumhydrogencarbonat bislang als A/B/F-Supplement angesehen, worauf in Kapitel 5 zurückzukommen sein wird (vgl. ebd.).

In Anbetracht der Tatsache, dass stets neue wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit wichtiger Supplemente im Sport publiziert werden, ist es durchaus möglich, dass ein beispielsweise vormals der „C-Klasse“ zugeordnetes Supplement durch Erkenntnisgewinne nun in die „A-Klasse“ aufgenommen wird.

2.3 Mögliche Risiken ergogener Wirkstoffe

Vor allem im Breitensport sind ernährungsbezogene Leistungsförderer beliebt, da sie frei zugänglich sind und das Image des „nebenwirkungsfreien, gesunden Nährstoffs“ genießen (vgl. Biesalski/Grimm 2005: 332). Baron und Berg merken in diesem Zusammenhang warnend an, dass bei der mittlerweile unüberschaubaren Anzahl von Kombinations- und Einzelwirkstoffen Vorsicht geboten sei:

„Da diese Präparate unter Umgehung der behördlichen Prüfbarkeit und des deutschen Lebensmittelrechts verstärkt auch über das Internet angeboten werden, sollten grundsätzlich nur Produkte ausgewählt werden, bei denen die Herkunft und Konzentrationen der Inhaltsstoffe überprüft und per Zertifikat dokumentiert wurden. Ansonsten besteht die Gefahr der Verunreinigung bzw. des Zusatzes von nicht-deklarierten, zum Teil auch im Sinne des Dopings unerlaubten Inhaltsstoffen (2005: 120).“

Zudem solle Baron und Berg (ebd.) zufolge im Einzelnen darauf geachtet werden, dass die Angabe des Prüfinstituts, verantwortlich für Auskünfte zu Art und Menge der Substanzklassen sowie der Herstellungsort für Verbraucher ausgewiesen sind.

Mannhart (2003: 62) bestätigt, dass einige Supplemente mit Dopingsubstanzen und anderen Stoffen verunreinigt sein können. Um dieses Verunreinigungsrisiko zu minimieren, soll beim Erwerb von Nahrungsergänzungsmitteln darauf geachtet werden, dass diese von einem Hersteller stammen, der keine verbotenen Substanzen im Sortiment führt und die Produkte vom BAG (siehe BAG-Nummern auf der Verkaufsverpackung) zugelassen sind (ebd.).

Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Nahrungsergänzungsmittel ein hohes Risiko der Kontamination mit anabol-androgenen Steroiden bergen. Diese können zu positiven Befunden bei der Dopingkontrolle von Sportlern führen. Positive Dopingfälle durch verunreinigte Supplemente haben in den letzten Jahren zu einer Verunsicherung bezüglich der Reinheit der Supplemente geführt. In einer internationalen Marktstudie des Institutes für Biochemie, Deutsche Sporthochschule Köln, konnte gezeigt werden, dass von 634 zufällig ausgewählten nicht-hormonellen Nahrungsergänzungsmitteln 94 Produkte (14,8 Prozent) nicht deklarierte anabol-androgene Steroide enthielten. Im Rahmen dieser Studie wurden 129 Produkte in Deutschland erworben. Von diesen enthielten 15 (11,6 Prozent) anabol-androgene Steroide. Als Hauptgründe für diese Kontaminationen werden unzureichende Standards bei Herstellung und Qualitätskontrolle vermutet (Rust/Pauritsch o. J.: 19; vgl. Riedl/Kindl 2006: 175f.).

Des weiteren weisen Hahn et al. (2006: 252f.) auf ein toxikologisches Risiko infolge einer überhöhten Aufnahme bestimmter Substanzen hin. Zwar sei die akute Toxizität in der Praxis unbedeutend, da hierfür enorm hohe Dosen von Nährstoffen erforderlich sind, nichtsdestotrotz gehen Risiken von einer chronisch überhöhten Zufuhr aus, wobei selbst diese Effekte bei den meisten bekannten Nährstoffen bedeutungslos sind. Die Dosis-Wirkungs-Kurve der Mehrzahl der Supplemente erlaubt eine deutlich über den Bedarf hinausgehende Zufuhr, ohne dass dies gesundheitlich bedenklich wäre (ebd.).

Obwohl allem Anschein nach also nur einige Supplemente Risiken aufgrund chronisch überhöhter Zufuhr bewirken, sollte ein leichtsinniger Umgang mit ergogenen Substanzen tabu sein:

„Für den Verbraucher und mögliche gesundheitliche Nachteile erschwerend, existieren für die meisten der so genannten ergogenen Substanzen keine Überprüfungen hinsichtlich möglicher unerwünschter Nebenwirkungen oder Langzeittoxizität entsprechend der Richtlinien des Arzneimittelgesetzes (Baron/Berg 2005: 120f.).“

Neben dem erwünschten ergogenen Effekt muss demzufolge auch mit negativen Begleiterscheinungen in unbekanntem Ausmaß gerechnet werden.

Auch Angaben zur angeblichen Nebenwirkungsfreiheit betrachtet König (zit. in Baron/Berg 2005: 121) skeptisch und ist der Ansicht, dass diese oft nur das Resultat von kurzzeitigen Wirkstudien oder einzelner subjektiver Beobachtungen sind.

Insgesamt ist es dann wenig verwunderlich, wenn manche Autorengruppen die Supplementierung mit dem Hinweis auf die nicht gewährleistete Sicherheit prinzipiell ablehnen (vgl. Riedl/Kindl 2006: 59).

In Kapitel 2.5 soll abschließend der Stellenwert der ergogenen Substanzen für die körperliche Leistungsfähigkeit aufgezeigt werden.

2.5 Die Bedeutung ergogener Präparate für die körperliche Leistungs- fähigkeit

Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass die körperliche Leistungsfähigkeit weder einzig von Supplementen noch allein von der Basisernährung abhängig ist, sondern die Einflussfaktoren auf die körperliche Leistungsfähigkeit vielfältiger Natur sind (Mannhart 2003: 59).

Zu den zahlreichen optimierbaren leistungsbeeinflussenden Faktoren gehören Mannhart (ebd.) zufolge:

- der psychische Faktor (Kognition, Emotion, Motivation) ,
- der konstitutionelle Faktor ( Größe, Gewicht, Körperfettanteil, Verhältnis Gewicht : Kraft, Belastungs- und Erholungsfähigkeit) ,
- der taktische Faktor,
- der konditionelle Faktor (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit) ,
- der technisch koordinative Faktor,
- der soziale Faktor,
- „individuelle Voraussetzungen“,
- das Klima,
- das Material sowie
- die Ernährung und Supplemente.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Ernährung bzw. der Supplementierung nur eine Nebenrolle im Hinblick auf die Beeinflussung der körperlichen Leistungsfähigkeit zukommt.

„Supplemente entsprechen nur einem Mosaiksteinchen im Gesamtmosaik der körperlichen Leistungsfähigkeit […] (ebd.: 62).“

Der Stellenwert der Ernährung/Supplementierung für die körperliche Leistungsfähigkeit ist jedoch beträchtlich, sofern ernährungsabhängige und leistungslimiterende Aspekte wie etwa erschöpfte Glykogenspeicher in der aktiven Muskulatur, Unterzuckerung, große Flüssigkeitsverluste, zu tiefe Natriumspiegel im Blut, Magen-Darmprobleme oder auch Faktoren der zentralen Ermüdung relevant werden (vgl. ebd.: 59).

Riedl und Kindl (2006: 60) spielen in erster Linie auf den konditionellen Faktor der obigen Aufzählung an. Ausdauer-, Kraft-, Schnelligkeits-, Koordinations-, oder Flexibilitätstraining sowie eine hohe Trainingsintensität können die sportliche Leistung laut der Autoren bedeutsam fördern. Auch das Training in anderen Klimazonen oder in großer Höhe könne spezifischen Verbesserungen der Leistung dienen (ebd.).

Sie betonen darüber hinaus mit den Maßnahmen zur Regeneration nach der Belastung (z.B. physikalische Maßnahmen wie Bäder, Massagen, Sauna und Entspannungstechniken einschließlich eines erholsamen Schlafes) eine weitere bedeutende leistungsbeeinflussende Dimension (ebd.).

Obwohl in diesem Absatz deutlich wurde, dass die körperliche Leistungsfähigkeit multifaktoriell bedingt wird und ergogenen Präparaten keine herausragende Bedeutung zukommt, möchte ich im Folgenden die in dieser Arbeit relevanten ergogenen Substanzen auf ihre Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit hin genauer untersuchen. Begonnen sei mit dem weniger bekannten Supplement Colostrum.

3 Colostrum

3.1 Begriffsbestimmung und Vorkommen

Als Kolostralmilch (auch Colostrum, Vor- oder Biestmilch genannt) wird bei Säugetieren, die erste Milch bezeichnet, die von der Mutter in den ersten Tagen nach der Geburt produziert wird.

Colostrum hat gegenüber der reifen Milch einen höheren Gehalt an Abwehrstoffen, um das Immunsystem des Neugeborenen zu stärken und ist reich an Inhaltsstoffen, die das Wachstum fördern. Die Besonderheit des Colostrums ist seine Zusammensetzung, die evolutionsbiologisch bedingt in Jahrtausenden optimiert und an die Notwendigkeiten des Lebens angepasst wurde.

Colostrum enthält Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, natürliche Wachstumsfaktoren, Aminosäuren sowie Immunglobuline (Antikörper).

Colostrum wird bei allen Säugetieren, also z.B. bei Kühen, Ziegen und Schafen sowie dem Menschen produziert und auf dem Markt hauptsächlich als Flüssigextrakt, als Pulver in Kapseln oder in Form von Tabletten und Kautabletten angeboten.

Vereinzelt wird Colostrum auch als Grundstoff für Brot oder Käse verwendet. In Finnland beispielsweise ist Käse aus Biestmilch (Leipäjuusto) sehr beliebt und fast überall erhältlich.

Als Milch oder als Erzeugnis auf Milchbasis darf das Colostrum („Gemelk der ersten fünf Tage nach dem Kalben“) nach § 18 (2) Milchverordnung in Deutschland jedoch nicht in den Verkehr gebracht werden.

3.2 Diskutierte und beworbene Wirkung

Colostrum wird in Tabelle 1 in Kapitel 2.2 als Supplement diskutiert, dass die Proteinsynthese und das Immunsystem unterstützen kann.

Die sich im Colostrum befindlichen insulinähnlichen Wachstumsfaktoren, speziell der Faktor IGF-I, den Colostrum in der höchsten Konzentration enthalte, die in der Natur zu finden ist, werden als Beschleuniger/Förderer des Muskelaufbaus beworben und sollen gleichzeitig eine Reduktion des Fettgewebes bewirken. Zudem wird angenommen, dass sie Kraftzuwächse und eine verbesserte Ausdauerleistung erzeugen würden (Colostrum-Portal o. J. a).

Neben der Stärkung des Immunsystems und der Reduktion des Fettgewebes als indirekt leistungssteigernde Parameter, wird außerdem postuliert, dass sich die Regenerationszeiten der supplementierenden Sportler auch nach harten Trainingseinheiten entscheidend verkürzen würden und die allgemeine Belastungsverträglichkeit steigt (ebd.).

Ley (2008: 86) spekuliert, dass die Wachstumsfaktoren IGF-I und IGF-II auch die Wundheilung fördern könnten. Ferner bewirbt die Ernährungswissenschaftlerin die entzündungshemmenden Eigenschaften des Colostrums (ebd.).

Es wird deutlich, dass das Hauptaugenmerk auf indirekt leistungssteigernden Parametern liegt, woraus sich ableiten lässt, dass Colostrum mehr Trainingseinheiten und eine höhere Belastungstoleranz ermöglichen könnte. Dies würde unweigerlich Leistungssteigerungen im Training und Wettkampf nach sich ziehen.

3.3 Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen

Bei der Dosierung von Colostrum kommt es hauptsächlich auf die Qualität des Produktes an. Colostrum, das beispielsweise in den ersten 24 Stunden abgemolken wird, besitzt natürlich eine sehr viel höhere Konzentration an Inhaltsstoffen als nach 72 Stunden (Colostrum-Portal o. J. b).

Zudem sollte man sich mit wichtigen Fragen zur Verarbeitung auseinandersetzen: Wieviel Colostrum ist überhaupt in einer Kapsel enthalten, oder wurden vielleicht Füllstoffe zugegeben? Welchen Gehalt an Immunglobulinen und Wachstumsfaktoren besitzt die Kapsel bzw. der Flüssigextrakt. Wurden evt. wichtige Stoffe, z.B. Eiweiße entzogen, so dass das natürliche Gleichgewicht der Inhaltsstoffe verändert wurde? Ein weiteres wichtiges Kriterium ist auch, ob das Colostrum bei schonend niedrigen Temperaturen (unter 40° C) verarbeitet wurde (ebd.).

Aus diesen Gründen sind bei einer guten Qualität auch bedeutend weniger Milligramm pro Tag einzunehmen als bei einer Minderwertigen (ebd.).

Wenn das Colostrum denn in einer sehr guten Qualitätsstufe vorliegt, dann sind Dosierungen von zwei bis vier Kapseln (wenn eine Kapsel 480 Milligramm Colostrum enthält) pro Tag, abhängig vom Körpergewicht, bei Erwachsenen zu empfehlen. Bei Kindern werden ein bis zwei Kapseln pro Tag vorgeschlagen (ebd.). Das Supplement sollte mit kaltem bis lauwarmem Wasser auf leeren Magen eingenommen werden.

Beim Flüssigextrakt (125 Milliliter pro Flasche) sind nach Möglichkeit zwei Teelöffel bis zu 60 Milliliter pro Tag zu verzehren – abhängig vom Körpergewicht (ebd.).

Aufgrund der Tatsache, dass die natürlichen Immunstoffe sofort bei Kontakt zu Alkohol denaturieren und somit wirkungslos sind, sollte Alkohol vor und nach der Einnahme gemieden werden. Colostrum reagiert auch äußerst empfindlich auf Licht und Sauerstoff und sollte daher immer verschlossen gehalten und dunkel gelagert werden (ebd.).

Nach ausführlicher Recherche lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass Colostrum-Präparate hauptsächlich in Dosen von 300 bis 500 Milligramm Colostrum pro Kapsel angeboten werden und der Verzehr von zwei bis vier Stück, je nach Hersteller, bei Erwachsenen pro Tag empfohlen wird, unabhängig vom Ziel, welches mit einer Supplementierung verfolgt wird.

Im Hinblick auf das Colostrum-Flüssigextrakt raten die unterschiedlichen Anbieter einhellig zur Einnahme von ein bis zwei Esslöffeln täglich.

3.4 Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse

Weil hauptsächlich kontrollierte Interventionsstudien, die an gesunden und trainierten Menschen durchgeführt wurden, fundierte Aussagen über die Wirkung eines Supplements im Sport, in diesem Fall von Colostrum, geben können (vgl. Minoggio 2008: 39), werde ich im Folgenden versuchen, möglichst viele Forschungsergebnisse vorzustellen, die auf dieser Basis gewonnen wurden.

Dabei handelt es sich um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, die zwischen 2000 und 2010 weltweit publiziert wurden.

Durch die Einbeziehung moderner Reviews sollen wissenschaftlich festgestellte supplementinduzierte Effekte, die in dieser Arbeit präsentiert werden, zusätzlich untermauert werden. Diese Effekte beeinflussen die körperliche Leistungsfähigkeit entweder indirekt oder direkt.

Ein Supplement, das beispielsweise nachweislich das Immunsystem stärkt, kann auf indirektem Wege die physische Leistung verbessern, indem es dem Athleten mehr Trainingseinheiten gewährt, weil Erkrankungen schneller abklingen oder gänzlich ausbleiben. Andererseits sollen Supplemente auch dazu in der Lage sein, direkte Leistungssteigerungen zu bewirken, wie etwa Kraftzuwächse oder Verbesserungen der Ausdauerleistung.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die biochemischen Begründungen der einzelnen Wirkungen beziehungsweise die Wirkungsweisen der einzelnen ergogenen Substanzen im menschlichen Organismus in dieser Arbeit lediglich eine marginale Rolle spielen.

Die Studiendesigns, also die Gesamtheit der Vorgehensweisen im Rahmen einer Studie, der nachfolgend skizzierten Interventionsstudien unterscheiden sich dabei, genau wie die Rahmenbedingungen der Untersuchungen, nicht wesentlich voneinander.

Häufig liegen placebokontrollierte, randomisierte Blind- oder Doppelblindstudien vor.

Über einen definierten Zeitraum, die Dauer ist oftmals auf Wochen bis Monate limitiert, wird den (sportlich aktiven) Teilnehmern ein Präparat in dosierter Form (Kapseln, Tabletten, Pulver usw.) verabreicht und dessen Auswirkungen auf z.B. die Körperzusammensetzung werden untersucht. Einer Behandlungsgruppe wird die zu testende Substanz dargereicht, während eine Kontrollgruppe ein Präparat erhält, in dem die zu testende Substanz nicht enthalten ist (Scheinpräparat oder Placebo).

In Abschnitt 3.4.1 seien zunächst Studien und Forschungsergebnisse zu Colostrum skizziert, die eine Wirksamkeit dieser ergogenen Substanz im Sport belegen. Anschließend werde ich in Unterkapitel 3.4.2 ermittelte Gegenbeweise anführen.

3.4.1 Interventionsstudien, die eine Wirksamkeit belegen

Über MEDLINE ließen sich zu Colostrum einige Publikationen finden, die dem Supplement direkt leistungssteigerndes Potential zuschreiben.

Antonio et al. (2001) untersuchten den Effekt einer achtwöchigen Colostrum-Supplementierung auf die Körperzusammensetzung und die Übungsleistung bei aktiven Männern und Frauen. Die Teilnehmer wurden zufällig einer „Placebogruppe“, die Molkeprotein erhielt, und einer „Colostrumgruppe“ zugewiesen. Letzterer Gruppe wurden 20 Gramm Rinder-Colostrum pro Tag in Pulverform verabreicht. Jeder der Probanden nahm mindestens 3 Mal pro Woche an aeroben Training auf dem Laufband sowie an schwerem Widerstandstraining (Bankdrücken mit Maximalkraft) teil. Die Wissenschaftler kamen nach Auswertung der Messungen zum Schluss, dass infolge einer Colostrum-Supplementierung von 20 Gramm pro Tag über acht Wochen in Kombination mit entsprechendem Training die Muskelmasse – die knochenfreie magere Körpermasse – zunehmen kann und sich somit Kraft und Leistung verbessern.

Kasemkijwattana et al. (2000) führen die gesteigerte Muskelkraft auf die im Colostrum enthaltenen Wachstumsfaktoren IGF-I und IGF-II (insulin-like growth factor) zurück.

Buckley et al. (2003) erforschten in ihrer placebokontrollierten, randomisierten, parallelen Doppelblindstudie die Auswirkungen von Rinder-Colostrum auf die Vertikalsprung-Höchstleistung, das alaktische anaerobe Leistungsvermögen sowie die Maximallast (One-Repetition-Maximum) innerhalb einer Widerstandsübung. 51 männliche Probanden absolvierten ein achtwöchiges plyometrisches Training und Widerstandstraining, während 26 von ihnen 60 Gramm Rinder-Colostrum pro Tag einnahmen und die übrigen 25 mit Molkeprotein ein Scheinpräparat erhielten. Aus dem gewonnenen Datenmaterial schlossen die australischen Forscher, dass eine Supplementierung mit Rinder-Colostrum während des Trainings die anaerobe Höchstleistung und die Vertikalsprung-Höchstleistung signifikant steigert, aber keinen Einfluss auf das alaktische anaerobe Leistungsvermögen sowie die durchgeführte Widerstandsübung besitzt.

Diese Untersuchung besitzt für regelmäßig trainierende Athleten allerdings wenig Aussage-kraft, weil es sich bei den 51 Studienteilnehmern um Untrainierte handelte.

Hofman et al. (2002) eruierten im Rahmen ihrer placebokontrollierten randomisierten Doppelblindstudie die Wirkung einer achtwöchigen Supplementierung mit Rinder-Colostrum auf die Körperzusammensetzung und die Übungsleistung (5 x 10-Meter-Sprint, Vertikalsprung, Shuttle-Run-Test). 17 weibliche und 18 männliche Elitehockeyspieler, einschließlich Spieler vom holländischen Nationalteam, erhielten entweder 60 Gramm Colostrum oder 60 Gramm Molkeprotein täglich. Die Forscher kamen zum Schluss, dass eine Colostrum-Supplementierung bei Elitehockeyspielern die Sprintleistung in höherem Maße verbessert, als Molkeprotein. Jedoch gab es keine Unterschiede im Hinblick auf die Körperzusammensetzung und die Ausdauerleistung.

Shing et al. (2006) überprüften den Einfluss von gering dosiertem Rinder-Colostrum auf die Übungsleistung von sehr gut trainierten Radsportlern in einer zehnwöchigen Periode, die ein fünftägiges High-Intensity-Training (HIT) einschloss. Nach siebentägiger Vorbereitung absolvierten 29 in hohem Maße trainierte männliche Straßenradsportler einen VO2max-Test, in welchem ihre Ventilationsschwelle ermittelt wurde, einen Ermüdungstest bei 110 Prozent der Ventilationsschwelle und ein Zeitfahren über 40 Kilometer. Die Radfahrer wurden anschließend entweder einer „Supplementgruppe“ (n = 14, 10 Gramm pro Tag Colostrum-Proteinkonzentrat) oder einer „Placebogruppe“ (n = 15, 10 Gramm pro Tag Molkeprotein) zugewiesen und setzten ihr normales Training fünf Wochen lang fort. Danach wurde mit den Probanden eine zweite Leistungstestserie durchgeführt, bevor sie sich fünf fortlaufende Tage High-Intensity-Training unterzogen. Eine weitere Leistungstestserie folgte daraufhin. Als Fazit dieser Untersuchung betonten die Wissenschaftler, dass eine gering dosierte Colostrum-Proteinkonzentrat-Supplementierung Verbesserungen hinsichtlich der Zeitfahrleistung während einer HIT-Periode hervorruft und die Ventilationsschwelle nach fünf aufeinander folgenden HIT-Tagen aufrecht erhält.

In einer anderen Studie untersuchten Coombes et al. (2002) den Effekt von Rinder-Colostrum auf die Radfahrleistung. 42 kompetitive Radsportler wurden zufällig in drei Gruppen eingeteilt und konsumierten entweder 20 Gramm Rinder-Colostrum plus 40 Gramm Molkeprotein pro Tag, 60 Gramm Rinder-Colostrum oder 60 Gramm Molkeprotein (Placebo) über acht Wochen. Aus den Messergebnissen schlossen die Wissenschaftler, dass eine orale Nahrungsergänzung mit Rinder-Colostrum von 20 oder 60 Gramm pro Tag zu einer kleinen aber signifikanten Verbesserung der Zeitfahrleistung der Radsportler nach einer zweistündigen Fahrt bei 65 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme führt.

Eine Vielzahl von Studien und Übersichtsarbeiten untermauern darüber hinaus die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Colostrum, die für den Sportler von indirektem Nutzen sein können.

Zunächst aber möchte ich auf Buckley et al. (2002) verweisen, die im Rahmen ihrer randomisierten, placebokontrollierten, parallelen Doppelblindstudie verbesserte Regeneration bei aktiven Männern infolge einer Colostrum-Protein-Supplementation konstatierten. Die Forscher gingen der Frage nach, wie sich eine Nahrungsergänzung mit Colostrum-Proteinpulver auf die IGF-I-Plasmakonzentrationen, die Ausdauerleistung und die Regeneration auswirkt. 30 körperlich aktive Männer absolvierten ein achtwöchiges Lauftraining (automatisch ansteigende Laufband-Lauftests) und nahmen währenddessen 60 Gramm dieses Gemisches pro Tag (n = 17) zu sich oder Molkeproteinpulver (Placebo, n=13). Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die Supplementierung mit Colostrum-Proteinpulver die IGF-I-Plasmakonzentrationen nicht erhöht und sich auch keine Leistungsverbesserung einstellt, aber, wie schon erwähnt, die Regeneration nach körperlicher Anstrengung verbessert ist.

Eine schnellere Belastungsgenesung erlaubt dem Athleten intensivere und längere Trainingseinheiten und eine größere Anzahl, woraus eine höhere Leistungsfähigkeit resultieren kann. Aber auch bei Turnieren, Radrennen etc. (Fußball-, Handball-, Eishockey-weltmeisterschaften, Tour de France), wo innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrere anstrengende Spiele/Etappen bewältigt werden müssen, kann sich eine beschleunigte Regeneration positiv auf das Leistungsvermögen, die körperliche Fitness am nächsten Tag auswirken.

Eine andere Studie von Burke (zit. in Ley 2008: 86f.), die in der Fachliteratur gefunden wurde, datiert aus dem Jahre 2000 und kam zu ähnlichem Ergebnis. Während eines siebentägigen, intensiven Trainings wurde von finnischen Olympiateilnehmern im Skisport der Kreatinkinase-Spiegel im Blut gemessen, der als Indikator für die Schädigung von Muskelzellen dient. Die Colostrumkonsumenten der Experimentalgruppe hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe, der ein Placebo verabreicht wurde, nach vier Tagen einen um die Hälfte niedrigeren Kreatinkinase-Spiegel, fühlten sich insgesamt wohler und konnten ihre Leistung verbessern. Burke stellte zusammenfassend klar, dass Athleten, die Colostrum einnehmen, bedeutend schneller regenerieren, als diejenigen, die ein Scheinpräparat verzehren. Zudem könnten sie länger und härter trainieren, weil sie sich schneller erholten.

Riedl und Kindl (2006: 144) führen als mögliche Erklärungen für diese verkürzten Erholungszeiten die größere Basenkapazität des Blutes oder eine erhöhte Insulinkonzentration an.

Kasemkijwattana et al. (2000) und Sato et al. (2003) betonen in ihren Studien einhellig, dass der sich im Colostrum befindliche Wachstumsfaktor IGF-I die Muskelregeneration in der angestrengten und verletzten Muskulatur aufgrund seiner gewebereparierenden Eigenschaften verbessere.

Die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Colostrum, die die sportliche Leistungs-fähigkeit positiv beeinflussen können, sollen im Folgenden näher betrachtet werden.

Crooks et al. (2006) untersuchten die Wirkung von Rinder-Colostrum auf die sekretorischen IgA (s-IgA) von Ausdauerläufern. Sekretorische IgA wehren gemeinsam mit anderen Antikörpern, Bakterien, Viren, Allergene und Hefen ab und haben eine spezifische Funktion im Immunsystem (Ley 2008: 22). 35 Ausdauerläufer (15 Frauen und 20 Männer zwischen 35 und 58 Jahren) konsumierten 12 Wochen lang entweder Rinder-Colostrum oder ein Placebo. Es wurden Speichelproben vor der Intervention, monatlich während der Supplementierung und zwei Wochen nach der Nahrungsergänzung entnommen. Die Studie konnte erhöhte s-IgA-Niveaus (statistisch signifikant) bei einer Gruppe der Athleten nach der Supplementierung mit Colostrum zeigen. Colostrum kann demnach die Abwehrkräfte stärken und somit zur Krankheitsprävention eingesetzt werden.

2007 eruierten Shing et al. in ihrer Studie den Einfluss einer gering dosierter Nahrungsergänzung mit Colostrum-Proteinkonzentrat auf ausgewählte Immunvariablen von Radfahrern. 29 in hohem Maße trainierte männliche Straßenradsportler absolvierten ein anfängliches 40-Kilometer-Zeitfahren und wurden dann zufällig entweder einer „Supplementgruppe“ (n = 14, 10 Gramm pro Tag Colostrum-Proteinkonzentrat) oder „Placebogruppe“ (n = 15, 10 Gramm pro Tag Molkeprotein) zugewiesen. Nach fünfwöchiger Supplementierung bestritten die Radsportler ein zweites 40-Kilometer-Zeitfahren. Dann absolvierten sie fünf Tage hintereinander HIT (siehe Seite 21), das ein 40-Kilometer-Zeitfahren einschloss, gefolgt von einem Schluss-40-Kilometer-Zeitfahren in der darauf folgenden Woche. Unter anderem wurden vor und nach jedem 40-Kilometer-Zeitfahren Speichelproben gesammelt sowie die Symptome von Infekten der oberen Atemwege über den gesamten Versuchszeitraum hinweg protokolliert. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass eine gering dosierte Supplementation mit Colostrum-Proteinkonzentrat Immunparameter während des normalen Trainings und nach einer akuten Periode anstrengender Betätigung modulieren kann.

Die folgende allgemeine Veröffentlichung mit untrainierten Versuchspersonen vermag zwar nicht zu belegen, dass Colostrum, die mit hochintensiven Trainingsbelastungen einhergehende häufig verschlechterte Immunfunktion verbessern kann, aber sie deutet zumindest dessen allgemeines gesundheitsförderndes Potential an.

Der Umfang der Epidemiologischen Studie von Cesarone et al. (2005) bezog sich auf die Bewertung der Wirksamkeit, wenn Colostrum zur Grippevorbeugung im Winter oral eingenommen wird, verglichen mit einer Gruppe Probanden, die eine Antigrippe-Schutzimpfung, aber keinerlei Prophylaxe erhielten. An der Studie waren 144 Probanden zwischen 30 und 80 Jahren beteiligt. Es gab 17 nicht medizinische Ausfälle. Die Gruppen, die während der Studie bewertet wurden (keine Prophylaxe, nur Impfung, nur Colostrum und Colostrum kombiniert mit Impfung), waren vergleichbar. Ausgeschlossen wurden Patienten mit ernsthaften klinischen Krankheiten, solche mit chronischen, nicht behandelbaren Krankheiten, und Patienten in Behandlung oder mit einer potentiellen Intoleranz. Die Teilnehmer der Behandlungsgruppe erhielten acht Wochen lang jeden Morgen eine Colostrum-Tablette. Es wurden Kautabletten oder Kapseln verwendet (mit 900 MIlligramm Rinder-Colostrum). Sie konnten zwischen Kautabletten oder Kapseln wählen und wurden zwei Monate lang mit einer einzigen Dosis Colostrum behandelt. Bei den Probanden, die mit Colostrum behandelt wurden, war die durchschnittliche Anzahl an Erkrankungen innerhalb von zwei Monaten beträchtlich niedriger, als bei der Gruppe ohne Behandlungen sowie bei denen, die nur geimpft wurden – der Unterschied ist beachtlich und deutlich. Die Anzahl der erkrankten Tage war drei Mal so hoch bei den Testpersonen ohne Behandlung und bei den geimpften Personen, die kein Colostrum zusätzlich erhielten. Abschließend betrachtet, ist Colostrum den Forschern zufolge mindestens drei Mal so effektiv und kostenwirksam wie eine Grippeschutz-Impfung.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass oral eingenommenes Rinder-Colostrum in relativ geringer Dosis das Immunsystem unterstützen und verschiedene Erkrankungen vorbeugen kann, wenngleich dieser Effekt nicht bei Sportlern festgestellt wurde. Jedoch legen die zuvor präsentierten Studien von Shing et al. (2007) und Crooks et al. (2006) zusammen mit der Untersuchung von Cesarone et al. (2005) nahe, dass Athleten möglicherweise von Colostrum profitieren könnten. Weniger erkrankungsbedingte Trainings- und Wettkampfausfälle führen unweigerlich zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit und gegebenenfalls zu Leistungssteigerungen in der jeweiligen Sportart.

In ihrem Review „Bovine colostrum as a biologic in clinical medicine: a review - Part II: clinical studies.“ fassen Struff und Sprotte 2008 bisherige klinische Studienergebnisse zusammen und bestätigen den antibakteriellen Effekt und die Stärkung der Immunabwehr durch Rinder-Colostrum.

Ley (2008: 41ff.) begründet den Schutz vor Krankheiten mit den Immunfaktoren mit denen uns Colostrum versorgt. Zu ihnen zählen Immunglobuline (IgG, IgM, IgD, IgE und (sekretorische) IgA), Leukozyten, akzessorische Faktoren (Peroxidase-Enzyme, Laktoferrin, Polysaccharide und Oligosaccharide), prolinhaltige Polypeptide, Lysozome, der Wachstumsfaktor TGF, Nukleotide, Vitamine (A, B12, E) u. v. m. Sie wehren u. a. Bakterien, Viren, Allergene und Hefen ab und spielen jeweils eine spezifische Rolle im Abwehrsystem unseres Körpers (ebd.).

In Kapitel 3.1.2 wurde Colostrum ferner als Substanz beworben, die Entzündungen hemmen und Schutz vor ihnen bieten könne. Ley (ebd.: 53) zufolge, die sich auf Goldman beruft, enthält Colostrum viele entzündungshemmende Agenzien wie Agenzien mit doppelter Schutzfunktion, Antioxidanzien, Enzyme, die entzündliche Mediatoren abbauen, Antienzyme, Agenzien zum Schutz der Zellen und Modulatoren für die Aktivität der Leukozyten.

Sensible Athleten, die sich häufiger mit Entzündungsreaktionen des Körpers herumplagen und es somit an Trainingskontinuität vermissen lassen, könnten daher durchaus von einer Nahrungsergänzung mit Colostrum profitieren.

Leider existieren hauptsächlich wissenschaftliche Studien mit Tieren und in vitro, die nachweisen konnten, dass Colostrum eine signifikante Wirkung auf den Entzündungsprozess ausübt (siehe MEDLINE; Ley ebd.: 52ff.). Von diesen auf die Wirkung beim Menschen zu schließen, ist jedoch unzulässig. Daher werden, wie einleitend erwähnt, in dieser Arbeit derartige Studien nicht berücksichtigt.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783836649421
DOI
10.3239/9783836649421
Dateigröße
900 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg – Institut für Medien, Kommunikation und Sport, Sportwissenschaft
Erscheinungsdatum
2010 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
legales doping sport ergogene substanzen leistungssteigerung ernährung
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Titel: Zur Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit ausgewählter ergogener Substanzen im Sport
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