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Die Rolle von Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen

Eine empirische Untersuchung am Beispiel der holländischen Unternehmensberatung Kessels & Smit

©2010 Masterarbeit 135 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„The question,‘Who has to use my output for it to become effective?‘ immediately shows up the importance of people who are not in line of authority, either upward or downward, from and to the individual executive. It underlines what is the reality of a knowledge organization: The effective work is actually done in and by teams of diverse knowledges and skills. These people have to work together voluntarily and according to the logic of the situation and the demands of the task, rather than according to a formal jurisdictional structure”.
Wie das Zitat von Drucker bereits andeutet, scheint das klassische Webersche Organisationsmodell der formal strikt hierarchisch organisierten (zentralisierten) Bürokratie mit ihrem strengen Weisungs- und Kontrollsystem in der Wissensgesellschaft, in der wir uns heute befinden, an ihre Grenzen zu stoßen. So haben sich aufgrund weitgreifender Veränderungen die Anforderungen an die Organisationen und der in ihnen arbeitenden Organisationsmitglieder derart verändert, dass die lange Zeit dominierende hierarchische Koordinationsform den Anspruch als alleinige universelle organisatorische Koordinationsform nicht mehr aufrechterhalten kann. Der globale Wettbewerb, zunehmend verkürzte Produktlebenszyklen, immer spezialisiertere Märkte und insbesondere die Geschwindigkeit technologischer Veränderungen und ihrer kaum noch absehbaren Folgen führten daher in den letzten Jahrzehnten zu einer immer komplexer werdenden Umwelt.
Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Flexibilität von Unternehmen sowie ein kontinuierlich steigender Handlungs- und Innovationsdruck. Vor diesem Hintergrund müssen Organisationen nicht nur fähig sein, flexibel und schnell zu handeln, sondern auch vorhandenes Wissen gewinnbringend umsetzen. „In this society, knowledge is the primary resource for individuals and for the economy overall. Land, labour, and capital — the economist’s traditional factors of production — do not disappear, but they become secondary“. Entscheidend sind demnach nicht mehr die effiziente Planung und Steuerung alle organisationalen Abläufe, sondern die Herstellung innovativer, auf die spezifischen Wünsche der Kunden zugeschnittene, Produkte und Dienstleistungen. Eine starr hierarchisch aufgebaute Organisation kann diesen Anforderungen nur bedingt nachkommen, da sie sich nicht flexibel und schnell genug anpassen kann. Ihre einstigen Stärken (Größenvorteile, Zuverlässigkeit und Planbarkeit der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ausgangssituation
1.2. Forschungsziel und Forschungsfragen
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Hierarchiefreiheit in der Organisationsforschung
2.1. Zentrale organisatorische Koordinationsformen
2.1.1. Hierarchie als dominierende organisatorische Koordinationsform
2.1.2. Netzwerk als alternative organisatorische Koordinationsform
2.2. Postbürokratische Organisationsmodelle

3. Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen
3.1. Zum Begriff der Kommunikation
3.1.1. Interne Organisationskommunikation
3.1.2. Informelle Kommunikation
3.1.3. Netzwerkkommunikation
3.1.4. Formal hierarchiefreie Kommunikation

4. Die Methodik der qualitativen Einzelfallstudie
4.1. Vorgehensweise
4.1.1. Gegenstandsangemessenheit
4.1.2. Qualitative Einzelfallstudie
4.1.3. Gütekriterien qualitativer Forschung
4.2. Forschungsdurchführung
4.2.1. Fallstudienauswahl
4.2.2. Auswahl der Forschungsquellen
4.2.3. Feldforschung
4.2.4. Datenanalyse

5. Ergebnisse der empirischen Untersuchung
5.1. Bedingungen
5.1.1. Die Organisationsmitglieder als „zentrales Element“
5.1.2. Organisationskultur
5.1.3. Organisationale Prinzipien
5.1.3.1. Vertrauen
5.1.3.2. „Wechselseitige Attraktivität“
5.1.3.3. Kooperationswille, Verantwortungsbereitschaft, Eigenverantwortung und -initiative
5.2. Kontext
5.2.1. Strukturen
5.2.1.1. Apfelbaum
5.2.1.2. Kernunternehmer und Co-Entrepreneurs
5.2.1.3. „Sozialstruktur“
5.2.1.4. Rollen als Substitute formaler Positionen
5.2.1.5. Beziehungsgeflecht
5.2.1.6. K&S Tag
5.3. Interaktionsstrategien
5.3.1. Kommunikationsstrategien
5.3.2. Verhaltensstrategien
5.3.3. Interaktionstools
5.4. Konsequenzen
5.4.1. Konsequenzen auf der Individual- und Gruppenebene
5.4.2. Konsequenzen auf der organisationalen Ebene
5.5. Modell zur Aufrechterhaltung formaler Hierarchiefreiheit

6. Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Rolle der Kommunikation
6.1. Kommunikation auf der organisationalen Ebene
6.2. Kommunikation auf der Gruppenebene
6.3. Kommunikation auf der Individualebene

7. Zusammenfassung und kritische Reflexion der Ergebnisse
7.1. Zusammenfassung der Ergebnisse
7.2. Weiterer Forschungsbedarf und Ausblick

8. Anhang

Abstract

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird aufgezeigt, dass in der Organisationsforschung zwar „netzwerkartige Organisationsformen“ untersucht wurden, nicht jedoch deren Folgen auf die Rolle der darin eingebetteten Kommunikation. Ausgehend von der Annahme, dass der Kontext einen Einfluss auf die Kommunikation hat, wird in der Arbeit am Beispiel einer Netzwerkorganisation (Kessels & Smit) zunächst untersucht, welche Strukturen und organisationalen Prinzipien anstelle der hierarchischen entstehen. Darauf aufbauend wird ergründet und interpretiert, wie sich die vorgefundenen netzwerkartigen Strukturen und organisationalen Prinzipien auf die Kommunikation hinsichtlicher ihrer Rolle auswirken. Dabei konnte festgestellt werden, dass die hierarchische Koordinationsstruktur vollständig durch funktionale Äquivalente ersetzt wurde. Somit handelt es sich in der untersuchten Organisation zum einen um eine organisationsübergreifend formal hierarchiefreie Kommunikation. Zum anderen legt die empirische Studie nahe, dass die formal hierarchiefreie Kommunikation sich in ihrer Art, Funktion und Bedeutung von der hierarchischen unterscheidet, insofern sie auf das grundlegende Koordinationsprinzip der „wechselseitigen Abstimmung“ fußt. An die Stelle einer vorwiegend einseitigen und weisungsgebundenen Kommunikation tritt eine gleichberechtigte, reziproke und mehrheitlich interpersonale Kommunikation.

Within the framework of this master thesis it will be emphasized that „network forms of organization“ have been studied but not yet their influence on the role of communication. Therefore, based on the supposition that the context has an impact on communication, the thesis uses the example of a nonhierarchical network form of organisation (Kessels & Smit) to explore at first which structures and organisational principles replace formal hierarchical ones. In addition, the thesis explores and interpretes in what way the discovered net-like structures and organisational principles affect the role of communication. The findings suggest that the hierarchical coordination structure has been completely replaced by functional equivalents. Therefore it is a matter of cross-organisational nonhierarchical communication that takes place within the studied organization. Furthermore the empirical study also suggests that this nonhierarchical communicaton differs from the hierarchical one since it is based on the constitutive coordination principle of ”mutual adjustment“. Hence, a predominant one-way communication which is bound by instructions has been substituted by an equal, reciprocal and interpersonal communication.

Vorwort

Für die Unterstützung bei der Entstehung der vorliegenden Masterthesis möchte ich an erster Stelle allen Interviewten für ihre außerordentliche Offenheit, Neugier und Herzlichkeit danken. Es war mir eine besondere Freude jeden Einzelnen der Befragten zu interviewen. Erst durch sie war es mir möglich, einen Einblick in diese spezielle und unkonventionelle Netzwerkorganisation zu erhalten.

Mein Dank gilt außerdem meinen beiden Mentoren, Marloes van der Rooij und Marcus Splitt, für ihr Engagement und ihre Unterstützung. Meiner niederländischen Mentorin Marloes van Rooij danke ich vor allem für ihre ausgesprochen fundierten Anregungen und konstruktiven Anmerkungen. In gleichem Maße möchte ich meinem deutschen Mentor Marcus Splitt danken, der mich beständig ermutigte und durch sehr präzise Fragen zum Nachdenken motivierte.

Für die beharrliche Motivation und Ermutigung und dafür, dass er immer für mich da war und ist, danke ich besonders meinem Partner Matthias Laug.

...

In the first place, I want to thank all interviewees for their outstanding openess, inquisitiveness and cordiality. It was a pleasure interviewing all of them. Thanks to them, I gained insight into that special and uncommon network organisation.

Furthermore, my gratitude is directed to both of my mentors, Marloes van der Rooij and Marcus Splitt, for their commitment and their support. Many thanks to my dutch mentor Marloes van der Rooij for her incredibly sound standing suggestions and constructive remarks. To the same degree, I want to thank my german mentor Marcus Splitt for his very precise questions which forced me to reflect and also for his permanent encouragement.

Last, but not least, Mattes, my dearest, thank you for the persistent motivation and encouragement and especially for always being there.

1. Einleitung

1.1. Ausgangssituation

„The question,‘Who has to use my output for it to become effective?‘ immediately shows up the importance of people who are not in line of authority, either upward or downward, from and to the individual executive. It underlines what is the reality of a knowledge organization: The effective work is actually done in and by teams of diverse knowledges and skills. These people have to work together voluntarily and according to the logic of the situation and the demands of the task, rather than according to a formal jurisdictional structure.“ (Drucker 1996, S. 590)

Wie das Zitat von Drucker bereits andeutet, scheint das klassische Webersche Organisationsmodell der formal strikt hierarchisch organisierten (zentralisierten) Bürokratie mit ihrem strengen Weisungs- und Kontrollsystem in der Wissensgesellschaft[1], in der wir uns heute befinden, an ihre Grenzen zu stoßen (vgl. dazu auch Stehr 1994). So haben sich aufgrund weitgreifender Veränderungen die Anforderungen an die Organisationen und der in ihnen arbeitenden Organisationsmitglieder derart verändert, dass die lange Zeit dominierende hierarchische Koordinationsform den Anspruch als alleinige universelle organisatorische Koordinationsform nicht mehr aufrechterhalten kann. Der globale Wettbewerb, zunehmend verkürzte Produktlebenszyklen, immer spezialisiertere Märkte und insbesondere die Geschwindigkeit technologischer Veränderungen und ihrer kaum noch absehbaren Folgen führten daher in den letzten Jahrzehnten zu einer immer komplexer werdenden Umwelt (vgl. Powell 1996).

Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Flexibilität von Unternehmen sowie ein kontinuierlich steigender Handlungs- und Innovationsdruck. Vor diesem Hintergrund müssen Organisationen nicht nur fähig sein, flexibel und schnell zu handeln, sondern auch vorhandenes Wissen gewinnbringend umsetzen. „In this society, knowledge is the primary resource for individuals and for the economy overall. Land, labour, and capital — the economist’s traditional factors of production — do not disappear, but they become secondary“ (Drucker 1997, S. 68). Entscheidend sind demnach nicht mehr die effiziente Planung und Steuerung alle organisationalen Abläufe, sondern die Herstellung innovativer, auf die spezifischen Wünsche der Kunden zugeschnittene, Produkte und Dienstleistungen. Eine starr hierarchisch aufgebaute Organisation kann diesen Anforderungen nur bedingt nachkommen, da sie sich nicht flexibel und schnell genug anpassen kann. Ihre einstigen Stärken (Größenvorteile, Zuverlässigkeit und Planbarkeit der Qualität, klare Regelung der Verantwortlichkeiten) stellen sich in dieser „neuen“ Umwelt als ihre größten Schwächen (strukturelle Unbeweglichkeit, langsame Reaktionszeit) heraus (vgl. Powell 1996, Drucker 1997).

Einen möglichen Ansatz bzw eine mögliche Reaktion auf die veränderten Anforderungen stellen netzartige, flexiblere Beziehungs- und Organisationsformen dar — sei es in einer abgeschwächten Form der strikt hierarchischen Organisation zu einer hybriden (Nebeneinander hierarchischer und nicht-hierarchischer Strukturen) oder sei es in einer gänzlich neuen Organisationsform, die in der vorliegenden Arbeit übergreifend als nicht-hierarchisch betitelt wird. Diese neuen Organisationsformen, die in ihrer idealtypisch-theoretischen Darstellung den Anspruch auf (formale) Hierarchiefreiheit erheben, sollen im Rahmen dieser Arbeit näher betrachtet und anhand einer realen Organisation exemplarisch diskutiert werden. Ist es in der Praxis wirklich möglich, dass die alte Hierarchie vollständig substituiert wird? Welche anderen Strukturen (Koordinationsformen) und Koordinationsmechanismen treten an ihre Stelle? Neben diesen kontextbezogenen Fragen stellt sich auch die Frage nach der Rolle der Kommunikation in einen solchen hierarchiefreien organisationalen Kontext. Welche Funktionen übernimmt sie? Um welche Kommunikationsart handelt es sich dabei? Und wie kann sie benannt werden? Diese aufgeworfenen Fragen versuchen insofern einen Nachholbedarf zu decken, als zwar das Konzept der formal hierarchiefreien Organisationsform wissenschaftlich diskutiert wurde (vgl. Powell 1996), nicht aber dessen Auswirkung auf die Rolle der Kommunikation.

1.2. Forschungsziel und Forschungsfragen

Die vorliegende Arbeit geht von der Annahme aus, dass der organisationale Kontext (neben zahlreichen anderen Faktoren) einen Einfluss auf die Kommunikation in der jeweiligen Organisationsform (hierarchisch vs. nicht-hierarchisch) hat. Folglich müsste sich die Kommunikation in hierarchischen Organisationsformen von der Kommunikation in nicht-hierarchischen unterscheiden, und zwar sowohl in ihrer Bedeutung, ihrer Funktion und Art als auch hinsichtlich der darin eingebetteten Kommunikationsprozesse. Zwar wurde das Konzept der netzwerkartigen Organisationsform im Feld der Organisationsforschung untersucht und theoretisch diskutiert (vgl. dazu Studien zu postbürokratischen Organisationsmodellen im Kapitel 2.2.), nicht jedoch dessen Folgen auf die Rolle der Kommunikation. Demzufolge ist das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit, neben der eingehenden und als grundlegend erachteten Untersuchung des organisationalen Kontextes, diese Folgen ausschließlich für die Bedeutung und Funktion (Rolle) der Kommunikation in einer nicht-hierarchischen Organisation zu untersuchen und zu interpretieren. Die übergeordnete Frage, die demnach beantwortet werden soll, ist die Frage nach der Rolle der Kommunikation in einer nicht-hierarchischen Organisation.

Zur Beantwortung dieser übergeordneten Frage soll zuerst am Beispiel einer als formal nicht-hierarchisch identifizierten Organisation (Kessels & Smit) der Kontext, sprich die Strukturen und Rahmenbedingungen, untersucht werden, um darauf aufbauend die Frage nach der Bedeutung und Funktion der Kommunikation beantworten zu können. Diese Arbeit ist demnach in zwei grundlegende Schritte gegliedert: Im ersten Schritt wird erforscht, welche organisationalen Strukturen und Prinzipien in der untersuchten Organisation an die Stelle der hierarchischen treten. Anschließend soll in einem zweiten Schritt auf dieser Basis interpretiert werden, ob sich die vorgefundenen nicht-hierarchischen Strukturen auf die Kommunikation „auswirken“, und wenn ja, wie beide miteinander zusammenhängen. Im Einzelnen ergeben sich daraus folgende untergeordnete Forschungsfragen:

- Welche Strukturen und Prinzipien entstehen anstelle der hierarchischen? Wird die hierarchische Koordinationsstruktur vollständig ersetzt und wenn ja, inwiefern?
- Welche Funktionen der formalen Hierarchie übernehmen die nicht-hierarchischen Strukturen und Prinzipien?
- Wie wird koordiniert, geführt und entschieden? Welche Rolle spielt dabei die Kommunikation?
- Wodurch unterscheidet sich die Kommunikation in einem nicht-hierarchischen Kontext von der Kommunikation in einem hierarchischen?
- Welche Aufgaben und Funktionen hat die Kommunikation in einem organisational nicht-hierarchischen Kontext?

1.3. Aufbau der Arbeit

Aus den Forschungsfragen und der Zielsetzung ergibt sich folgender Aufbau der Arbeit:

Kapitel 2 konzentriert sich nach einer knappen Einleitung in das Feld der Organisationsforschung auf die Begriffsbestimmung- und eingrenzung sowie auf sechs in der Literatur identifizierte postbürokratische Organisationsformen, die kurz zusammengefasst werden.

Kapitel 3 versucht zu klären, welcher Kommunikationsbegriff und welche Kommunikationsart die Kommunikation in einem nicht-hierarchischen Kontext am treffendsten umschreiben. Zugleich wird ein kurzer Überblick über den Stand der Forschung gegeben.

Kapitel 4 leitet von den theoretischen Überlegungen zur empirischen Untersuchung über, indem die angewandte Methodik der qualitativen Einzelfallstudie vorgestellt wird. Dabei wird in einem ersten Schritt die Vorgehensweise hinsichtlich der Auswahl der Forschungsmethode und der Gegenstandsangemessenheit begründet, um im zweiten Schritt die konkrete Forschungsdurchführung darzustellen.

Kapitel 5 schließt sich nahtlos an die Methodik an, indem die forschungsrelevanten Ergebnisse der Untersuchung ausführlich beschrieben und erläutert werden. Durch die Einordnung der Ergebnisse in das Kodierparadigma (nach Glaser und Strauss 1967) ergibt sich eine strukturelle Aufteilung in die folgenden vier Aspekte: a) Bedingungen, b) Kontext, c) Strategien und d) Konsequenzen. Dabei werden die vorgefundenen Ergebnisse mit Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Literatur verglichen und in einen größeren Rahmen eingeordnet. Das Kapitel schließt mit dem organisationsspezifischen „Modell zur Aufrechterhaltung des formal hierarchiefreien Kontextes“ ab.

Kapitel 6 interpretiert auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse die Rolle der Kommunikation im untersuchten formal hierarchiefreien Kontext. Dabei werden Überlegungen zur Rolle der Kommunikation auf Makro-, Meso- und Mikroebene angestellt.

Kapitel 7 beendet die Arbeit mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung. Es wird ein Überblick über die zentralen Erkenntnisse gegeben, die im Hinblick auf ihre Bedeutung diskutiert werden, gefolgt von einem Ausblick auf zukünftige, forschungsrelevante Fragen.

Bevor in den nachfolgenden beiden Kapiteln der theoretische Rahmen abgesteckt wird, soll bereits an dieser Stelle betont werden, dass es kein Anliegen der vorliegenden Arbeit ist, Patentrezepte oder endgültige Anworten hinsichtlich der (formalen) Hierarchiefreiheit zu präsentieren. Vielmehr soll eine Basis geschaffen werden, um über allgemein anerkannte Formalien hinauszudenken. Letztendlich kann diese Arbeit jedoch auch nur einen begrenzten Ausschnitt vielfältiger Ansichten und Perspektiven zum Phänomen der Organisation und ihrer Steuerung geben.

2. Hierarchiefreiheit in der Organisationsforschung

„Wenn Hierarchien, eine Organisationsform, die als universell angesehen wurde, in bestimmten — dennoch erfolgreichen — Organisationen nicht angetroffen wird, dann sollte dies interessant sein [...].“ (Weick 1995, S.79)

In Anlehnung an das vorausgehende Zitat setzt sich dieses Kapitel mit der Hierarchiefreiheit in der Organisationsforschung auseinander, insofern es diese forschungsrelevante Koordinationsform[2] thematisiert. Da sich die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Organisationsforschung mit der Analyse, Beschreibung, Erklärung sowie Gestaltung von organisationalen Strukturen und Prozessen (vgl. Preisendörfer 2008, S. 11 ff.) befasst, stellt die grundlegende Untersuchungseinheit der Organisationsforschung demnach die Organisation dar.

Aufgrund der Komplexität der Organisation als soziales System existiert eine Vielzahl an Organisationstheorien und Ansätzen, die sie aus verschiedenen Perspektiven untersuchen, beschreiben und erklären. Demnach gibt es nicht „die“ Organisationstheorie und auch nicht „den“ Organisationsbegriff. „Das, was in der Organisationsforschung und inzwischen auch schon im alltäglichen Sprachgebrauch als Organisation bezeichnet wird, ist zweifellos sehr weit gespannt“ (ebd., S. 12). Aufgrund der Defintionsvielfalt bezieht sich die vorliegende Arbeit im Folgenden auf den institutionellen und umfassenden Organisationsbegriff nach Schreyögg (2003), nach dem eine Organisation durch a) Zweckorientierung, b) geregelte Arbeitsteilung und c) beständige Grenzen gekennzeichnet ist (vgl. ebd., S. 9 f.). Auf die Vielfalt der Organisationstheorien kann und soll im Folgenden nicht näher eingegangen werden.

Stattdessen soll der Frage nachgegangen werden, ob neben der Hierarchie als allgemein anerkannter Koordinationsform für Organisationen[3] eine weitere, nicht-hierarchische Koordinationsform für Organisationen existiert. Da jedoch auch der Begriff der Koordination in der Wissenschaft nicht einheitlich verwendet wird[4] und eine angemessene begriffliche Auseinandersetzung den Rahmen dieses Kapitels überschreiten würde, wird im Folgenden unter Koordination vornehmlich die Abstimmung verschiedener Aktivitäten der Organisationsmitglieder aufeinander verstanden.

Im Anschluss an diese knappe Einführung in die Begrifflichkeiten und die Festlegung des Fokus auf die organisationalen Koordinationsformen sollen sowohl die allgemein anerkannte organisationale Koordinationsform der Hierarchie als auch die nicht-hierarchische „netzwerkartige“ Koordinationsform diskutiert werden.

2.1. Zentrale organisatorische Koordinationsformen

2.1.1. Hierarchie als dominierende organisatorische Koordinationsform

Dem klassischen transaktionskostenttheoretischen Verständnis nach steht die Hierarchie als elementare und dominierende Koordinationsform für alle Ausprägungen von Organisationen, seien es strikt-hierarchische, zentralistische Organisationen in der idealtypischen Gestalt des Weberschen Bürokratiemodells oder hierarchisch „abgeschwächte“ Ausprägungen in Gestalt von Hybriden (Nebeneinander von hierarchischen und nicht-hierarchischen Strukturen) oder „dezentralen Hierarchien“ (nur noch strategische Entscheidungen werden an der Spitze getroffen, vgl. dazu Wetzel 2004). Nach Wetzel (2004, S. 54) ist „das Modell der strengen zentralistischen Hierarchie [in der Praxis] fast nicht anzutreffen. Die größte Beachtung genießt das Modell der dezentralen Hierarchie“.

Nach eingehender Literaturdurchsicht scheint insbesondere im wirtschaftswissenschaftlichen Verständnis die Hierarchie ein nicht weiter hinterfragtes und dahingehend elementares Charakteristikum von Organisationen zu sein. Die Hierarchie als eine „Ausprägung“ oder ein „Element“ der formalen Organisationsstruktur hat demnach eine zentrale Bedeutung inne: „Die Hierarchie ist das fundamentale Merkmal einer Organisation, ohne Hierarchie kann nicht von einer Organisation gesprochen werden“ (ebd., S. 57). Weiter argumentiert Wetzel, dass sich nicht-hierarchische Organisationsformen von dieser Erkenntnis ausgehend „als dezentral-hierarchisch[5] dar[stellen] und [...] eine mehr oder minder ausgeprägte Entbürokratisierung ihrer Entscheidungsprozesse auf[weisen]“ (ebd., S.57). Bevor dazu konträre Ansichten dargestellt werden, soll im Folgenden der Begriff der Hierarchie näher betrachtet werden.

Begriffsbestimmung und –eingrenzung von Hierarchie

Um hierarchische von nicht-hierarchischen Strukturen abgrenzen zu können, muss zunächst der Begriff der Hierarchie definiert werden. Er meint die über-und untergeordneten Verhälnisse innerhalb sozialer Beziehungen und somit auch innerhalb eines sozialen Systems (Organisation). Hierarchien sind demnach Ordnungen, die durch Unterschiede bestimmt sind und in diesem Sinne Rangordnungen. Dabei sind die „Ranghöchsten“ weisungsbefugt gegenüber den „Rangniederen“, das heißt, sie haben mehr oder weniger stark ausgeprägte Entscheidungsgewalt.

In ihrer Idealform sind Hierarchien durch eine monolithische Struktur gekennzeichnet. Das Machtzentrum befindet sich an der Spitze einer Hierarchiepyramide. In Form eines Top-Down Willensprozesses werden Entscheidungen und Befehle von oben nach unten durchgesetzt. [...] Ein weiteres Kennzeichen ist die je nach Situation unterschiedliche Intensität von Befehlsgewalt, Gehorsamspflicht und Rollen- und Statusverteilung. Auf der Grundlage des Definitionskriteriums der Über- und Unterordnung entsteht in hierarchischen Organisationen ein vertikales Akteursgefüge mit einer Befehlskette von der Spitze bis zur Basis der Hierarchiepyramide. Einher geht mit dieser Ordnung eine Ungleichheit bei der Verteilung von Macht, Status und Privilegien. (Wetzel 2004, S. 52 f.)

Der Kommunikationsfluss und somit auch der Entscheidungsweg verlaufen daher „von oben nach unten“ (Top-Down- Strategie). „Hierarchies are structures within organisations that, with varying degrees of stepness and rigidity, organise people into layers or levels, according to grade and role“ (Blundel/Ippolito 2008, S. 167). Die Weisungsbefugnis formal Übergeordneter wird anhand formaler Titel und Zuständigkeitsbereiche erworben. Typische Beispiele für hierarchische Organisationen sind Schulen, Krankenhäuser, Universitäten und Polizei. Hier hat jedes Mitglied seine Aufgaben, Zuständigkeiten und sein Handlungsfeld, die klar voneinander abgegrenzt sind. Die „Reinform“ des formal hierarchischen Organisationsmodells versinnbildlicht das Bürokratiemodell nach Max Weber mit seiner „formalen und hierarchischen Weisungs- und Kontrollstruktur“ (Reihlen 1999, S. 272).

Selten klar und deutlich abgegrenzt wird hierbei die Bürokratie von der Hierarchie. In der Regel werden beide Begriffe synonym verwendet. Dennoch lohnt sich ein differenzierter Gebrauch, insofern der Grad der Formalisierung in unterschiedlicher Ausprägung in hiearchischen Organisationen auftritt. Eine streng zentralistische Hierarchie ist daher in der Regel durch einen höheren Grad an Bürokratie, beispielsweise in Form von Formalisierung und Standardisierung, gekennzeichnet als eine dezentral-hierarchische (vgl. Wetzel 2004). Mit Bürokratie ist hierbei die

Gesamtheit der Regeln und Verfahrensweisen [gemeint], die die administrativen Abläufe innerhalb der Organisation steuern. Diese Abläufe lehnen sich an das hierarchische Gefüge an, um die vertikalen Verantwortlichkeiten und Berichtsstrukturen in einer Unternehmung zu ordnen. Die Bürokratie ist jedoch nicht ausschließlich an Hierarchien gebunden, sondern zeigt sich auch in der Koordinationsform des Marktes durch Vorschriften oder Gesetze. (ebd., S. 51)

Die formale Struktur der Organisation fungiert hierbei als zentrales Beschreibungskriterium. Dabei ist mit formaler Struktur „die Gesamtheit der Vorgaben, wie die Organisation sein soll, [gemeint] und man spricht deshalb auch von der normativen Struktur [...]. Die formale/normative Struktur umfasst Dinge wie Stellenbeschreibungen, Kompetenzregelungen, Verfahrens- und Verhaltensrichtlinien, Entlohnungspraktiken und vorgesehene Unter- bzw. Überordnungsverhältnisse. Sie erstreckt sich in erster Linie auf den Aufbau einer Organisation, in zweiter Linie auf organisationale Abläufe“ (Preisendörfer 2008, S. 66). Der Begriff der „Bürokratie“ meint demzufolge hierarchische Organisationen, die sich auf die Formalisierung und Standardisierung von Verhaltensabläufen als Kontrollmechanismus verlassen und Entscheidungen in Form von linear-strukturellen Weisungsverfahren treffen.

Es stellt sich nun die Frage, welche Funktion der Hierarchie in der Organisationsforschung zugeschrieben wird. Formale Hierarchien scheinen, abgeleitet aus den beschriebenen Merkmalen, folgende Funktionen zu haben:

- Führungs- und Entscheidungsfunktion: In Form mehrerer übereinander angeordneter Hierarchieebenen ist die Weisungsbefugnis klar verteilt, die übergeordneten Organisationsmitglieder sind gegenüber den untergeordneten Organisationsmitgliedern weisungs- und entscheidungsbefugt. Entscheidungen werden so durch die oberen Hierarchieebenen geregelt.
- Kontroll- und Planungsfunktion: Mithilfe der linearen, feststehenden Struktur sollen die Organisationsmitglieder in ihren Verhaltensabläufen kontrolliert werden. Die festgelegten Strukturen, Regelungen und Vorschriften gewährleisten eine gewisse Planungssicherheit, indem der Verhaltensspielraum der Organisationsmitglieder begrenzt wird. Das Verhalten der Organisationsmitglieder soll dadurch prognostizierbar werden.
- Orientierungs- und Ordnungsfunktion: Festgelegte und geregelte Abläufe sollen den Organisationsmitgliedern Orientierung geben.

Neben der formalen unterscheidet die Organisationsforschung die informelle Organisationsstruktur (vgl. Preisendörfer 2008, S. 19).[6] Informelle Strukturen müssten als Gegenteil von formalen demnach in erster Linie nicht-hierarchische Strukturen und in zweiter Linie nicht-formalisierte organisationale Abläufe meinen.

2.1.2. Netzwerk als alternative organisatorische Koordinationsform

Im Gegensatz zur größtenteils wirtschaftswissenschaftlichen und klassisch transaktionskostentheoretischen Sicht stellt die hierarchische Struktur anscheinend nicht die einzige Möglichkeit dar, um Aktivitäten der Mitglieder einer Organisation aufeinander abzustimmen (Koordination). So vertritt Powell (1996), als ein Repräsentant des soziologischen Neo-Institutionalismus die Ansicht, dass Netzwerke eine neue und unter bestimmten Bedingungen auftretende Form der Handlungskoordination darstellen. „Für die Institutionenökonomik und für den soziologischen Institutionalismus sind Netzwerke spezifische Formen der Handlungskoordination oder Governanceformen, die gegen andere Formen, z.B. den Markt oder die Hierarchie bzw. die Organisation abgegrenzt werden“ (Jansen 2003, S. 12).

Powell zufolge wird das gebräuchliche dichotome Gegenüberstellen von Markt und Hierarchie dem Begriff der organisatorischen Netzwerkformen nur ungenügend gerecht. Daher ordnet er das organisationale Netzwerk als dritte Governanceform ein und widerspricht insofern der Einordnung Wetzels als intermediäre „dezentral-hierarchische“ Organisationsform.

Die zunehmend interdisziplinäre Netzwerkforschung ringt bis heute um den sinnvollsten Netzwerkbegriff. Insbesondere wird darum gestritten, ob (inter-)organisationale Netzwerke hinreichend — wie insbesondere von Oliver Williamson (1985) vorgeschlagen — als im Kern hybride, marktliche und hierarchische Momente miteinander intelligent vermittelnde Organisationsformen gefasst werden können oder aber Netzwerke — vor allem Woody Powell (1990) folgend — als eine eigenständige Organisationsform ökonomischer Aktivitäten jenseits von Markt und Hierarchie konzipiert werden sollten. (Berghoff/Sydow 2007, S. 16)

Nach Powell „scheint es, daß Unternehmensstrukturen sich in einem deutlichen Wandlungsprozeß befinden und Formen relationaler Vertrags- und Tauschbeziehungen an Bedeutung gewinnen“ (Powell 1996, S. 215). Auch Monge und Contractor (2003) verstehen netzwerkartige Organisationsformen als alternative Organisations- bzw. Koordinationsform zu Markt und Hierarchie: „Transaction cost economics examines the information and communication costs involved in market and organizational transactions as well as ways in which to minimize these costs. Network forms of organization provide an alternative to markets and hierarchy, focusing instead on embeddedness in complex networks“ (ebd., S. 22). Die netzwerkartigen Organisationsformen werden somit nicht als intermediäre Hybridformen eingeordnet, sondern als dritte Form neben Markt und Hierarchie betrachtet.

Powell argumentiert weiter, dass weder der Markt noch die Hierarchie ein Anfang oder Ende bilden. „Ebensowenig repräsentieren Hierarchien einen evolutionären Endpunkt der ökonomischen Entwicklung. Die Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte zeigt uns, daß Unternehmen mit exakt definierten Grenzen und hochzentralisierten Operationen sehr untypisch sind“ (ebd., S. 217). Sein zentrales Argument bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass es sich bei relationalen oder netzwerkartigen Organisationsformen um eine unter bestimmten Umständen lebensfähige wirtschaftliche Austauschform handelt. Anstelle des Kontinuum-Konzeptes, dass netzwerkartige Organisationsformen als intermediäre Formen zwischen Hierarchie und Markt einordnet, plädiert Powell (ebd., S. 218) für eine offenere, weniger starre Sicht: „Das Kontinuum-Konzept führt ebenso zu einer Fehlkonstruktion ökonomischer Entwicklungsmuster und verdeckt die Rolle von Reziprozität und Kooperation als alternative Steuerungs- und Regelungsmechanismen“.

Nachdem nun dargestellt wurde, dass neben der klassisch transaktionskostentheoretischen intermediären Sichtweise eine weitere Position existiert, die das Netzwerk als dritte, von Markt und Hierarchie verschiedene und autarke Koordinationsform einordnet, soll im Folgenden der Netzwerkbegriff ausschließlich aus der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen[7] Perspektive näher bestimmt und eingegrenzt werden, um anschließend das Netzwerk von der Hierarchie abgrenzen zu können.

Begriffsbestimmung und –eingrenzung des Netzwerkbegriffs

Auch der Begriff des Netzwerks wird in der wissenschaftlichen Literatur vieldeutig und unscharf verwendet. „Mit Netzwerken werden unterschiedliche Phänomene verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen bezeichnet, so dass man genau genommen von ‚dem Netzwerk’ oder einer einheitlichen Definition nicht sprechen kann“ (Wetzel 2004, S. 59). Je nach Disziplin und theoretisch-konzeptionellem Hintergrund werden offenbar verschiedene Begrifflichkeiten und Definitionen gebraucht. Der Begriff des Netzwerks ist daher mit heterogenen Vorstellungen verbunden und wird anscheinend als Synonym für Kooperationen, Cluster, strategische Allianzen, soziale Bewegungen oder virtuelle Organisationen verwendet. Im Folgenden fokussiert sich die Begriffsbestimmung und –eingrenzung ausschließlich auf das Netzwerk als reale Organisations form und schließt insofern nicht-institutionalisierte Netzwerke wie beispielweise Freundschaftsnetzwerke und virtuelle Netzwerke aus.

Trotz eines stark heterogenen Netzwerkkonzeptes[8] mit vielfältigen Perspektiven aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen (Interdisziplinarität) lässt sich eine gemeinsame Basis ausmachen. So liegt allen Netzwerkansätzen die Definition von „in einem System handelnden Akteure[n] (Personen, Gruppen oder organisatorische Einheiten) als Knoten und die Verbindungen zwischen ihnen (Beziehungen, Finanzströme, Güterströme oder Informationsströme) als Kanten“ (Wetzel 2004, S. 59) zugrunde.

Das sozialwissenschaftliche Verständnis von Netzwerken drückt Mitchells (1969, S. 2) grundlegende und häufig zitierte Definition vom Netzwerk als ”a specific set of linkages among a defined set of actors, with the additional property that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the social behavior of the actors involved“ aus. Der Schwerpunkt der Sozialwissenschaft liegt demnach in der Erforschung der zwischen den Einheiten oder Akteuren existierenden Beziehungen (relationale oder strukturelle Daten) anhand der Netzwerkanalyse: „Über einzelne soziale Beziehungen hinausgehend, beschäftigt sich die Netzwerkforschung mit den Relationen zwischen verschiedenen Beziehungen in einem Netzwerk (z.B. Cluster- und Cliquenbildungen) [...]“ (Hollstein/Straus 2006, S.13). Neben der Identifizierung von Cliquen oder Clustern kann auch das Maß der Zentralität oder des Prestige des einzelnen Netzwerkakteurs analysiert und bestimmt werden. „Ein hoher Wert für Zentralität weist [demnach] auf eine exponierte Stellung im [...] untersuchten Netzwerk[...] hin“ (Wetzel 2004, S.63).

Dahingegen interessiert sich die Wirtschaftswissenschaft vornehmlich für die organisatorische Gestaltung und Steuerung nach netzwerkartigen Strukturen, insbesondere für international tätige Unternehmen: „Diese Netzwerkstrukturen sollen Unternehmen befähigen, auf die sich wandelnden Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren, um so Wettbewerbsvorteile zu generieren“ (Wetzel 2004, S.65). Dabei wird aus betriebswirtschaftlicher Sicht in inter-organisationale und intra-organisationale Netzwerke unterschieden.

Mit inter-organisationalen Netzwerken ist in der Regel der zweckorientierte Zusammenschluss mehrerer Organisationen gemeint, die über ihre Grenzen hinaus (unternehmensübergreifend) mit anderen Organisationen kooperieren und somit ein inter-organisationales Netzwerk (Unternehmensnetzwerk) bilden (vgl. Wetzel 2004, Berghoff/Sydow 2007). Mit intra-organisationalen Netzwerken sind in der Regel Organisationen als Netzwerk (Netzwerkorganisationen) gemeint, die innerhalb ihrer Unternehmensgrenzen netzwerkartig aufgebaut sind (vgl. Wetzel 2004, Berghoff/Sydow 2007). „Je nachdem, wie weit die Netzwerkgrenze gezogen wird, kann man unternehmensübergreifende Kooperationen (inter-organisationale Netzwerke), also Unternehmensnetzwerke, und Unternehmen als Netzwerke (intra-organisationale Netzwerke), also Netzwerkunternehmen, unterscheiden“ (Wetzel 2004, S. 72). Da die vorliegende Arbeit eine einzige, als nicht-hierarchisch identifizierte, Organisation erforscht, kann es sich im Folgenden nur um eine intra-organisationale Netzwerkform (also eine Netzwerkorganisation ) handeln.

Zusammenfassend untersuchen die Sozialwissenschaften demnach das Netzwerk auf (soziale) Beziehungen zwischen „Knoten und Kanten“ während die Wirtschaftswissenschaften den Schwerpunkt auf die Gestaltung und Steuerung dieser Beziehungen bzw. Strukturen legen.

Im Folgenden soll kurz auf wesentliche Charakteristika von Netzwerken und auf vermutete (in der Wissenschaft diskutierte) Koordinationsmechanismen in Netzwerken als Abgrenzung zu hierarchischen eingegangen werden.

Nach Stohl (1995) sind die gemeinsamen Interessen, eine gemeinsame Vision oder Absicht, die Problemorientierung, das Tauschprinzip und die freiwillige Teilnahme grundlegend, um die Netzwerkmitglieder (oder –akteure) zu koordinierten Handeln zu bewegen. Wesentliche Merkmale von Netzwerken scheinen die Gleichrangigkeit und Autonomie sowie horizontale, informelle und reziproke Beziehungen zu sein: „Als typisch für Netzwerke gelten eine relative Gleichrangigkeit und Autonomie der Akteure, eher horizontale als vertikale Beziehungen und die vertrauensvolle Kooperation der Akteure“ (Jansen 2003, S. 12). „In der Literatur variieren zwar die Definitonen, aber die Betonung liegt im allgemeinen auf dem informellen (nicht-organisierten) und reziproken (nicht-hierarchischen) Charakter von relativ dauerhaften Beziehungen zwischen mehr als zwei Akteuren“ (Scharpf 1993, S. 516). Ein weiteres und immer wieder genanntes Charakteristikum scheint die Emergenz (spontane Herausbildung von Eigenschaften oder Strukutren eines komplexen Systems) von Netzwerken zu sein. So definiert McKelvey Emergenz als ”any order, structure, or pattern appearing in complex random events that cannot be attributed to some specific prepensive purposeful activity or decision by some identifiable official or unofficial component entity“ (McKelvey 1997, S. 359).

Ausgehend von den beschriebenen Merkmalen scheint demnach eine hierarchische Ordnung in Netzwerken ausgeschlossen zu sein, da die Netzwerkmitglieder (-oder akteure) gleichrangig agieren und ihre Beziehungen durch einen wechselseitigen (reziproken) und informellen (nicht geplanten, festgelegten) Charakter gekennzeichnet sind. Es handelt sich somit um spezifische, komplexe und informelle Beziehungsstrukturen, die sich grundlegend auf Vertrauen als konstituierendes Prinzip stützen (vgl. Scharpf 1993, Jansen 2003). In diesem Verständnis ist die organisationale Netzwerkform als die grundlegende organisatorische Form aller nicht-hierarchischen Organisationsformen einzustufen (vgl. Powell 1990, 1996, Scharpf 1993).

Doch wie wird in organisatorischen Netzwerken im Vergleich zur Hierarchie koordiniert? Als wesentliche Koordinationsmechanismen bzw. -instrumente in Hierarchien werden in der Literatur vor allem die Weisungen, Pläne und Programme als einseitige Steuerungs- und Regelungsmechanismen bzw.-instrumente sowie die wechselseitige Abstimmung als zweiseitiger Steuerungs- und Regelungsmechanismus bzw. -instrument genannt (vgl. Schreyögg 2003, Preisendörfer 2008, Scharpf 1993). In Abgrenzung dazu werden in der Literatur folgende, sicherlich nicht erschöpfende, Koordinationsmechanismen bzw.-instrumente in Netzwerken genannt: Vertrauen (vgl. Berghoff/Sydow 2007, McEvily et al. 2003, Reihlen 1999), Selbstverpflichtung, Verlässlichkeit, Verhandlung, Kooperation und Wechselseitigkeit (vgl. Powell 1996, Reihlen 1999, Berghoff/Sydow 2007).

Nach dieser eingehenden begrifflichen und inhaltlichen Auseinandersetzung stellt das nachfolgende Kapitel sechs in der Literatur identifizierte und als postbürokratisch bezeichnete Organisationsmodelle vor. Diese sechs Organisationsmodelle sollen kurz auf ihre formale Hierarchiefreiheit untersucht und diskutiert werden.

2.2. Postbürokratische Organisationsmodelle

”Because the modern organization consists of knowledge specialists, it has to be an organization of equals, of colleagues and associates. No knowledge ranks higher than another; each is judged by ist contribution to the common task rather than by any inherent superiority or inferiority. Therefore, the modern organization cannot be an organization of boss and subordinate. It must be organized as a team.“ (Drucker 1997, S.80)

Nach gründlicher Recherche wurden sechs Organisationsmodelle in der wissenschaftlichen Literatur identifiziert, die formale Hierarchiefreiheit vermuten lassen. Dabei fungiert die Bezeichnung „postbürokratisch“ als eine von vielen Termini für „neue netzwerkartige Organisationsformen“: „To a large extent, discussions of the new organization are phrased in negative or differential forms: nonbureaucratic, nonhierarchical, postmodern, postindustrial, and so forth“ (Nohria/Berkley 1994, S. 108). Im Folgenden sollen die sechs postbürokratischen Organisationsmodelle[9] kurz vorgestellt und analysiert werden:

a) das Modell der „Netzwerkorganisation“ (vgl. Baker 1992),
b) das Modell der „Adhokratie“ (vgl. Mintzberg 1992),
c) das Modell der „interaktiven Organisation“ (vgl. Heckscher 1994),
d) das Modell der „japanischen Organisation“ (vgl. Aoki 1990),
e) das Modell der „Heterarchie“ (vgl. Hedlund 1986, Reihlen 1999, 2009),
f) das Modell der „Ideal Diversified Multinational Corporation (DMNC)“ als Konzept polyzentrischer Strukturen (vgl. Doz/Prahalad 1991).

Das Modell der „Netzwerkorganisation“

Das Modell der Netzwerkorganisation nach Baker (1992) betont die Integration, insofern in einer idealtypischen Netzwerkorganisation alle Organisationsmitglieder über jegliche Grenzen hinweg miteinander interagieren.[10] Als wesentliche Charakteristika werden vor allem Flexibilität, dezentrale Planung und Kontrolle, laterale Beziehungen sowie Autonomie der Organisationsmitglieder genannt. Bakers Modell der Netzwerkorganisation schließt jedoch eine hierarchische Ordnung nicht wie vermutet aus, sondern bettet die eher autonom handelnden Organisationsmitglieder und deren eher lateral ausgestaltete Beziehungen in einen hierarchischen Kontext.

Das Modell der „Adhokratie“

Das Modell der Adhokratie kann als eine Projektorganisation in Form von „Expertengruppen“ bezeichnet werden und zeichnet sich dementsprechend durch horizontale bzw. selektive Spezialisierung aus. Der Fokus liegt hierbei auf der Vermeidung von jeglichen bürokratischen Strukturen (Formalisierung, Standardisierung und Zentralisierung), um den Anforderungen einer hochkomplexen und dynamischen Umwelt gerecht zu werden. Neben einer organischen Struktur ist die wechselseitige Abstimmung als grundlegender Koordinationsmechanismus charakteristisch für dieses Organisationsmodell. Trotz des grundlegenden Koordinationsmechanismus der wechselseitigen Abstimmung wird eine hierarchische Ordnung nicht ausgeschlossen.

Das Modell der „interaktiven Organisation“

Das Modell der interaktiven Organisation fußt ausschließlich auf theoretischen Betrachtungen und wird demzufolge idealtypisch beschrieben. „Because of the crucial role of back-and-forth dialogue rather than one-way communication or command, I will call it the interactive type“ (Heckscher 1994, S. 24). Wesentliches Merkmal der interaktiven Organisation ist demnach die Konsensfindung durch institutionellen, also organisationsübergreifenden, Dialog: „It is not an individualistic and lateral type of structure, [...]; it is rather collective and hierarchical. But the key innovation is that hierarchy is legitimated through dialogue“ (Heckscher 1994, S. 35). Insofern schließt auch das Modell der interaktiven Organisation eine hierarchische Struktur nicht aus, sondern thematisiert neben der offenbar gängigen Entbürokratisierung, die all diese Modelle bisher propagieren, die Teamarbeit und vor allem den Dialog.

Das Modell der „japanischen Organisation“

Nach Aoki (1990, S. 2) ist: ”[...]horizontal coordination among operating units based on knowledge sharing, rather than on skill specialization [...] an important internal characteristic of Japanese firms“. Somit stellt die abteilungsübergreifende, horizontale Koordination das wesentliche Merkmal des Modells der „japanischen Organisation“ dar. Nichtsdestotrotz bleibt die hierarchische Ordnung erhalten: „Comparatively speaking, Japanese firms tend to be less hierarchical in the coordination mode, while they rely upon rank hierarchies in their incentive system“ (Aoki 1990, S.14).

Das Modell der „Heterarchie“

Die Heterarchie kann als komplementäre Organisationsform zur Hierarchie beschrieben werden. Dabei ist das Prinzip der „Nebenordnung “ strukturbestimmend, so dass in einer Heterarchie die Organisationseinheiten nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern eher gleichberechtigt nebeneinander stehen. Als komplementäre Form zur Hierarchie schließt auch dieses Organisationsmodell die Hierarchie nicht aus, sondern räumt ihr eher einen „temporären Charakter“ ein (vgl. Reihlen 1999, S. 283). Dabei postulieren diese hierarchischen Strukturen keinen Führungsanspruch, sondern ihnen wird ein strukturierendes Prinzip, eine Organisationsnotwendigkeit, zugesprochen (vgl. ebd.). Nach Reihlen (ebd., S. 281) handelt es sich bei der Heterarchie um eine „teamorientierte, partizipative Organisation [...]“.

Das Modell der „Ideal Diversified Multinational Corporation (DMNC)

„Eng verbunden mit dem Konzept der Heterarchie sind Arbeiten zu polyzentrischen Strukturen. [...] Polyzentrismus bedeutet zunächst, dass in einer Organisation verschiedene Entscheidungs- oder Machtzentren zu finden sind, die miteinander in Verbindung stehen und nicht hierarchisch gekoppelt sind. Die Koordination im Polyzentrismus wird weitgehend durch so genannte ‚mutual adjustments’, d.h. selbstkoordinierend, ohne die Einschaltung einer zentralen Instanz, sichergestellt“ (Wetzel 2004, S. 85). Zwar betonen Doz und Prahalad in ihrem Modell die dezentrale und selbststeuernde Prozessstruktur, plädieren nichtsdestotrotz für eine zentral steuernde übergeordnete Kernorganisation, die den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Einheiten managen soll. Insofern folgen Doz und Prahalad den idealtypischen Beschreibungen des Polyzentrismus nicht, die die Abschaffung einer Zentrale nahe legen.

Sowohl das Modell der Heterarchie als auch das Modell der DMNC basieren auf empirischen Untersuchungen über große, meist international oder transnational tätige Organisationen (vgl. Hedlund 1986, Doz/Prahalad 1991). Dabei kann festgehalten werden, dass es sich hierbei vornehmlich um eine Modularisierung internationaler Unternehmen und der Vernetzung ihrer lokalen Einheiten handelt. Diese Vernetzungen werden als netzwerkartige Ausprägungen bzw. Formen bezeichnet. Die netzwerkartige Aufteilung in organisatorische Einheiten kann insofern als potentielle organisatorische Gestaltungsmöglichkeit für international tätige Unternehmen eingestuft werden, um den Anforderungen einer globalisierten Welt und einer dynamischen Umwelt gerecht zu werden. Insgesamt betrachtet handelt es sich eher um dezentrale Modelle (vgl. Schreyögg 2003, Wetzel 2004), nicht aber um nicht-hierarchische Organisationen.

Nach dieser knappen Auseinandersetzung mit den sechs vorgestellten postbürokratischen Modellen kann Likerts (1961, 1967) System 4 als Basis für diese betrachtet werden. Sein Modell der multiplen, überlappenden Organisationsstruktur, die Ähnlichkeiten zur Matrixorganisation und zur Projektorganisation aufweist, liegt einer dreifachen Kombination aus lateraler, horizontaler und vertikaler Koordination zugrunde (vgl. Schreyögg 2003, S. 196 f.). So bettet Likerts Modell „die Hierarchie in ein multiples überlappendes Teamsystem und versucht auf diese Weise die schwerwiegenden Integrationsdefizite hierarchischer Koordination zu kompensieren; er stellt aber die Hierarchie als Grundpfeiler nicht in Frage“ (Schreyögg 2003, S. 197). Demzufolge integrieren alle vorgestellten postbürokratischen Organisationsmodelle die Hierarchie mehr oder minder stark — entweder als Grundpfeiler oder lediglich „temporär“. Soweit ersichtlich zielen somit alle sechs postbürokratischen Organisationsmodelle mehrheitlich auf eine „Entbürokratisierung“ (Entformalisierung) und auf eine „Dezentralisierung“ ab, nicht jedoch auf eine „Enthierarchisierung“. Im Grunde handelt es sich demnach um abgeschwächte Ausprägungen hierarchischer Organisationen, um sogenannte „dezentral-hierarchische“ Organisationsmodelle (vgl. Wetzel 2004), nicht aber wie angenommen um formal hierarchiefreie Organisationsmodelle.

An dieser Stelle muss auf die Problematik, die sich bei der Kurzbeschreibung der postbürokratischen Organisationsmodelle ergab, hingewiesen werden. Da die Autoren ihre Modelle mitunter eher vage beschreiben und sich manche Autoren teilweise in ihren eigenen Ausführungen widersprechen, erhebt die Darstellung der einzelnen Organisationsmodelle keinen Anspruch auf absolute Wahrheit oder Vollständigkeit.

Zusammenfassend müsste es sich nach der theoretischen Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten und den Organisationsmodellen bei der untersuchten Organisation um ein Netzwerkunternehmen (im Gegensatz zu einem Unternehmensnetzwerk) handeln, das —falls es sich in der Analyse (vgl. Kapitel 5) als formal hierarchiefrei herausstellt — nicht uneingeschränkt mit den vorgestellten postbürokratischen Organisationsmodellen vergleichbar ist. Zum einen fußen die vorgestellten postbürokratischen Organisationsmodelle auf eher große, international tätige Unternehmen mit entsprechender Arbeitsteilung, zum anderen lassen alle diese Modelle eine hierarchische Ordnung, zumindest temporär, ausdrücklich zu. Insofern besteht durchaus ein Nachholbedarf an der Erforschung rein formal hierarchiefreier Organisationsmodelle — die offenbar eher in kleineren Organisationen erforscht werden sollten.

Im nachfolgenden Kapitel soll versucht werden, sich an einen Kommunikationsbegriff und eine Kommunikationsart anzunähern, die die Kommunikation in einem nicht-hierarchischen Kontext am treffendsten umschreibt.

3. Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen

Das folgende Kapitel beschäftigt sich vornehmlich mit der Begriffsbestimmung sowie Einordnung der forschungsrelevanten „Kommunikationsarten“[11], die vermutlich in nicht-hierarchischen Organisationen vorzufinden sind. Insofern ist es Ziel dieses Kapitels, herauszuarbeiten, welche Kommunikationsart(en) und welche(r) Kommunikationsbegriff(e) geeignet sind, um die Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen zu beschreiben. Erst durch die eingehende Betrachtung der theoretisch definierten Kommunikationsarten kann im Anschluss die eingangs diagnostizierte Forschungslücke hinsichtlich der Rolle der formal (nicht sozial) hierarchiefreien Kommunikation dargestellt werden. Demzufolge liegt der Fokus nicht auf einer eingehenden Beschäftigung mit vorhandenen Kommunikationsmodellen, sondern primär auf der Begriffsbestimmung der für das Forschungsinteresse wesentlichen Kommunikationsbegriffe.

Da angenommen wird, dass sich die Rolle bzw. die Bedeutung und Funktion der Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen von der in hierarchischen unterscheidet, spielt der Kontext (Kontingenztheorie[12] bzw. situativer Ansatz), eine maßgebliche Rolle. Demnach handelt es sich, zumindest idealtypisch betrachtet, um formal (nicht sozial) hierarchiefreie Kommunikation. Doch was wird unter formal hierarchiefreier Kommunikation in der wissenschaftlichen Literatur verstanden? Beschreibt der Begriff der informellen Kommunikation nicht vielleicht schon die formal hierarchiefreie Kommunikation? Um diese Fragen zu klären, soll sich dem Begriff der hierarchiefreien Kommunikation wie folgt angenähert werden: Zunächst wird dargelegt, was unter dem Begriff der Kommunikation allgemein verstanden wird, um anschließend den Kommunikationsbegriff auf die Kommunikation in Organisationen, auf die informelle Kommunikation innerhalb von Organisationen sowie auf die Kommunikation in Netzwerken einzugrenzen.

3.1. Zum Begriff der Kommunikation

Der Kommunikationsbegriff ist als interdisziplinärer Terminus mit vielfältigen Definitionen behaftet. So befassen sich beispielsweise die Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaften sowie die (Organisations-)Soziologie und Psychologie mit der zwischenmenschlichen (sozialen) Kommunikation [13] . Neben den verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven, aus denen die Kommunikation betrachtet wird, erschwert die Überschneidung einzelner Wissenschaftsdisziplinen (beispielweise Soziologie und Kommunikationswissenschaft) zusätzlich eine eindeutige Definition. Welches Ausmaß die wahrgenommene Definitionsvielfalt des Kommunikationsbegriffes annimmt, wird unter anderem anhand einer Auswertung aus dem Jahre 1977 deutlich, in der 160 Definitionen gezählt wurden (vgl. Merten 2007, S. 78).[14] [VW1] Nach Merten (ebd., S. 49) liegt die Schwierigkeit, Kommunikation begrifflich zu erfassen, in „zwei spezifische[n] Besonderheiten: Zum einen ist jegliches Handeln zeichenbewehrt und besitzt daher eine kommunikative Referenz (dies ist die Unvermeidlichkeit aller Kommunikation[15] ). Zum Zweiten: Da Kommunikation überall als billiges Mittel der Verständigung dient (`Aschenputtelfunktion’), spiegelt sich im kommunikativen Handeln alles Handeln wider“. Auch nach Mast (2008, S. 8) ist die Kommunikation „ein den Alltag durchdringendes Phänomen und überall zu finden, aber schwer zu fassen“.

Folgende Definitionen bzw. Erklärungsansätze verdeutlichen eindrücklich die Vielfalt der Perspektiven, aus denen Kommunikation betrachtet werden kann. So wird Kommunikation als Information (vgl. Maletzke 1963), als Verhalten (vgl. Goffman 1995, Watzlawick 2007) oder als Strukturelement (vgl. Giddens 1997) verstanden. Betrachtet man die Kommunikation beispielsweise aus der soziologischen Perspektive, wird sie überwiegend als spezifische soziale Interaktion [16] verstanden, in der wechselseitig und von außen sichtbar aufeinander eingewirkt wird. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht bezeichnet Kommunikation „einen Prozess, in dem zwei oder mehrere Menschen sich gegenseitig wahrnehmen und Aussagen, Botschaften und Gefühle austauschen, indem sie sich verbaler und nonverbaler Mittel bedienen und ggf. Medien benützen“ (Mast 2008, S. 7 f.). Dahingegen versteht die klassische betriebswirtschaftliche Perspektive die Kommunikation eher als Mittel zur Koordination [17] .

Allgemein wird Kommunikation häufig mit Verständigung, Mitteilung, Interaktion oder Übertragung umschrieben (vgl. Merten 2007) und drückt insofern den dynamischen und prozessualen Charakter von Kommunikation aus. Des Weiteren sollte bei Kommunikation grundsätzlich gleichfalls der reziproke und relationale Charakter berücksichtigt werden. So erweitert beispielsweise der interaktionstheoretische Kommunikationsbegriff das einfache Reiz-Reaktions-Schema[18] um die Interdependenzen von Kommunikationsteilnehmern im Rahmen ihrer Interaktion. Dieser Kommunikationsbegriff wird im Folgenden auch dieser Arbeit zugrunde gelegt.

Kommunikation ist allgegenwärtig und alltäglich und findet nicht in einem luftleeren Raum, sondern unter verschiedenen Rahmenbedingungen (bzw. in verschiedenen Kontexten), wie beispielsweise im Freundeskreis, in der Familie, im Unternehmen oder in der Gesellschaft, statt. In der vorliegenden Arbeit interessiert einzig der nicht-hierarchische organisationale Kontext, bzw. die damit verbundenen strukturellen Rahmenbedingungen, in die die Kommunikationsprozesse „eingebettet“ sind. „[E]s bedarf des Einbezug des Kontextes, des Raumes und damit der Struktur, die Kommunikation ermöglicht, in der sie stattfindet, auf die sie sich bezieht bzw. die sie bestimmt“ (Weder 2010, S. 49). Insofern kann im Rahmen dieser Arbeit die Kommunikation in einem ersten Schritt auf die in einer Organisation stattfindende Kommunikation, das heißt auf die interne Organisations- bzw. Unternehmenskommunikation, eingegrenzt werden.

3.1.1. Interne Organisationskommunikation

„Organisationskommunikation beschreibt Kommunikation in Bezug auf ein spezielles Strukturgebilde, die ‚Organisation’“ (Weder 2010, S. 23) und wird in externe und interne Unternehmens- bzw. Organisationskommunikation unterschieden[19]. Interne Organisationskommunikation ist die Kommunikation, die innerhalb einer Organisation stattfindet. In der Literatur wird darunter mehrheitlich die Mitarbeiterkommunikation verstanden (vgl. Mast 2008, Schick 2007), bei der es sich in der Regel um eine geplante und von der Unternehmensleitung sowie der zuständigen Unternehmenskommunikationsabteilung gesteuerte Kommunikation handelt, die top-down entlang vordefinierter Kommunikationskanäle[20] verläuft. Sie kann insofern der formellen Kommunikation in Organisationen zugeordnet werden. Für die Begriffsbestimmung und –eingrenzung unerlässlich erscheint hierbei eine eingehende Betrachtung dessen, was genau mit formeller Kommunikation gemeint ist. Soweit ersichtlich, scheint sie zwei Aspekte zu implizieren: zum einen die geplante und daher nicht-zufällige Kommunikation, zum anderen die von oben (übergeordnete) gesteuerte, offizielle und verbindliche Kommunikation. Diese Unterscheidung ist insofern wichtig, als Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen auch geplant sein kann.[21] Jedoch wird sie theoretisch nicht-hierarchisch, also nicht von einer übergeordneten Hierarchieebene, wie beispielweise der Unternehmensleitung, gesteuert. Folglich kann demnach festgehalten werden, dass es sich bei der Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen zwar um die Kommunikation in bzw. innerhalb von Organisationen handelt, jedoch nicht um die formelle Mitarbeiterkommunikation.

Neben der formellen Organisationskommunikation wird in der wissenschaftlichen Literatur in die informelle Kommunikation unterschieden, die im nächsten Kapitel näher betrachtet wird. Wie zu zeigen sein wird, kann die in der Literatur definierte informelle Kommunikation nicht ohne Weiteres mit der Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen gleichgesetzt werden.

3.1.2. Informelle Kommunikation

„Der Begriff informelle Kommunikaton (auch: unvermittelte Kommunikation, dyadische Kommunikation, Face-to-face-Kommunikation[22] ) umfasst alle Prozesse, in denen die Kommunikanten a) füreinander wechselseitig und b) unvermittelt wahrnehmbar sind“ (Merten 2007, S. 119). Problematisch an Mertens Definition von informeller Kommunikation erscheint die Gleichsetzung mit interpersonaler Kommunikation, denn im Gegensatz zu anderen Autoren unterscheidet sich seine Definition nicht von der gängigen Bestimmung interpersonaler Kommunikation. So verstehen Blundel und Ippolito (2008), aber auch Schenk (2004) unter interpersonaler Kommunikation gleichfalls die direkte und unvermittelte sowie wechselseitige Interaktion. „Inter-personal communication involves individuals interacting directly in relatively small groups, primarily through face-to-face channels [...]“ (Blundel/Ippolito 2008, S. 10). Und Schenk (2004, S. 64) versteht unter interpersonaler Kommunikation ein „wechselseitiges, aufeinander bezogenes soziales bzw. kommunikatives Handeln der Partizipanten“, das sich von der Massenkommunikation als öffentlicher und mehrheitlich einseitiger Kommunikation unterscheidet.

Nach Mertens Definiton ist informelle Kommunikation demnach interpersonale, also unmittelbar wechselseitige Kommunikation. Aber worin unterscheidet sich dann informelle von interpersonaler Kommunikation?

Eine Antwort darauf geben Mast (2008) und Kraut et al. (1990), die den Begriff der informellen Kommunikation um den Aspekt der ungeplanten, ungeregelten und inoffiziellen Kommunikation erweitern. ”[...] informal communication is communication that is spontaneous, interactive and rich“ (Kraut et al. 1990, S. 148). „Im Gegensatz zur formalen Kommunikation eines Unternehmens, welche die offiziellen Kommunikationskanäle zur Vermittlung von Zielen, Arbeitsanweisungen und zur Informationsweitergabe umschreibt, beinhaltet die informelle Kommunikation also den inoffiziellen, privaten Informations- und Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedern eines Unternehmens“ (Mast 2008, S. 211). Informelle Kommunikation läuft demnach vor allem ungeplant und inoffiziell ab. Darüber hinaus führt Mast (ebd., S. 209) aus, dass „[i]nformelle Kommunikationsbeziehungen [...] sich [jedoch] unabhängig von Organisationsplänen und geregelten Verantwortlichkeiten [machen]. Sie ergänzen oder ersetzen formale Strukturen und Beziehungen, wirken komplementär, substituierend oder auch dysfunktional zu diesen und sind meist nicht verbindlich“. Nach dieser Definition beinhaltet auch die informelle Kommunikation einen zweiten Aspekt: Neben dem Aspekt der ungeplanten und spontanen Kommunikation, tritt der Aspekt der hierarchiefreien, nicht von oben gesteuerten bzw. nicht-formalisierten (keine verschriftlichten Regeln) Kommunikation. So definieren Kraut et al. (1990, S. 148) informelle Kommunikation als etwas, „which remains when rules and hierarchies, as ways of coordinating activities, are eliminated“. Diesem Verständnis nach kann die informelle Kommunikation als komplementärer und alternativer Koordinationsmechanismus, der in den hierarchischen Kontext „eingebettet“ ist, betrachtet werden. In der Konsequenz kann von einer „ formal hierarchiefreien Kommunikation“ gesprochen werden, die innerhalb einer hierarchischen Organisation abläuft – beispielsweise in freiwilligen und autonom gebildeten organisationsinternen Dyaden oder Gruppen.

Begriffsbestimmend erscheint hierbei die dichotome Einordnung in die einerseits informelle und selbstgesteuerte Kommunikation und andererseits in die formale, geplante und hierarchisch (übergeordnet) gesteuerte Kommunikation. Insofern wird die informelle Kommunikation offenbar immer in Bezug auf die Einbettung in den hierarchischen Kontext, sozusagen als Gegenpol zur formal-hierarchischen Kommunikation, definiert.

Schlussfolgernd kann festgehalten werden, dass nach den in der Literatur vorhandenen Definitionen informelle Kommunikation als eine zweite Kommunikationsart neben der formellen und hierarchischen betrachtet wird. Somit koexistieren hierarchische und hierarchiefreie Kommunikation innerhalb einer hierarchischen (oder hybriden) Organisation.

Die informelle Kommunikation im Sinne eines hierarchiefreien und selbstgesteuerten[23] Koordinationsmechanismus zum formal hierarchischen nähert sich der Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen an. Aufgrund des durchgehenden und gängigen Bezugs auf den hierarchischen Kontext kann die informelle Kommunikation jedoch nicht vollständig mit der Kommunikation in einem nicht-hierarchischen Kontext (Organisation) gleichgesetzt werden, da es in nicht-hierarchischen Organisationen konsequenterweise keine formal hierarchische Ordnung gibt.

Bevor zur weiteren Begriffseingrenzung näher auf die Netzwerkkommunikation eingegangen wird, soll kurz die Bedeutung informeller Kommunikation für die wissenschaftliche Forschung dargestellt werden. Wie gezeigt, wird die Organisations- bzw. Unternehmenskommunikation in die formelle und informelle Kommunikation unterteilt. Dabei veränderte sich im Laufe der Zeit bzw. mit dem Wechsel der Perspektive die Bedeutung, die der informellen Kommunikation zugesprochen wurde. Denn im Gegensatz zu den Vertretern der klassisch-betriebswirtschaftlichen Sicht (Fayol 1925, Weber 1947), die die informelle Kommunikation als störend und dysfunktional einstuften, betonte der Human-Relations-Ansatz (Mayo 1933, 1960) „die Rolle von (informeller) Kommunikation für den Unternehmenserfolg“ (Mast 2008, S. 210). Die Human-Relations-Bewegung sowie die motivationsorientierten Ansätze von McGregor (1986, 2006), Likert (1961, 1967) und Argyris (1975) trugen zur Überwindung des mechanistischen Menschenbildes bei. Mit dem Bedeutungszuwachs hinischtlich der Wirkungen informeller Kommunikation und der Anerkennung als Ergänzung und „Korrektiv“ zur formalen stieg auch die Anzahl der empirischen Studien. Insgesamt belegt die Mehrheit der Studien, dass a) informelle Kommunikation größtenteils im unmittelbaren Arbeitsumfeld stattfindet, also zwischen Kollegen, die relativ eng zusammen arbeiten, dass b) informelle Kommunikation zwei elementare Funktionen umfasst: die aufgabenbezogene[24] und die soziale[25] und dass c) beide Funktionen eng miteinander verzahnt sind.

Neben der internen Unternehmenskommunikation und der informellen Kommunikation kommt nach eingehender Recherche abschließend der Begriff der Netzwerkkommunikation für die Begriffseingrenzung in Betracht. Doch auch hier wird zu zeigen sein, dass diese nicht mit der Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen gleichzusetzen ist, wenngleich der Begriff Netzwerk (als Anhaltspunkt für formale Hierarchiefreiheit) enthalten ist.

3.1.3. Netzwerkkommunikation

Der Begriff der Netzwerkkommunikation veranlasst zur Annahme, dass es sich um die Kommunikation in einer Netzwerkorganisation (als Organisationsform) handelt. Nach einer Durchsicht der einschlägigen Literatur muss jedoch festgestellt werden, dass damit nichts anderes als die informelle Kommunikation in hierarchisch organisierten Unternehmen gemeint ist. Statt von informeller Kommunikation wird nun von informellen Kommunikationsnetzen bzw. -netzwerken innerhalb einer Organisation gesprochen. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht sind Netzwerke „Beziehungsstrukturen, in denen Kommunikation über Verbindungen abläuft, die zu einem oder mehreren Punkten führen können“ (Mast 2008, S. 210). Monge und Contractor (2003, S. 3) verstehen unter Kommunikationsnetzwerken „patterns of contact that are created by the flow of messages among communicatiors through time and space”. Demnach hat sich die Sichtweise, der Bezugsrahmen, die begriffliche Einordnung offenbar „lediglich“ auf die Netzwerkebene verlagert. Das hat den Vorteil, dass fundiertere Aussagen über die informellen Beziehungen und Beziehungsnetze getroffen werden können[26], während sich am organisationalen, formal hierarchischen Kontext indessen nichts geändert hat.

Im Hinblick auf den erkenntnistheoretischen Vorteil ist die Netzwerkperspektive und ihr klassisches Analyseverfahren der Netzwerkanalyse weitreichender, da nicht nur die direkten Face-to-Face-Beziehungen, sondern auch indirekte und periphere Beziehungen sichtbar werden. So können neben starken Beziehungen, die duch ihre Dauerhaftigkeit und Reziprozität gekennzeichnet sind (sogenannte ” strong ties”), auch schwache Beziehungen (sogenannte ” weak ties”) identifiziert werden. Beispielsweise stellt ein Ergebnis der Untersuchungen schwacher Beziehungen die Erkenntnis dar, dass es vor allem schwache Beziehungen sind, die den Austausch über Gruppengrenzen hinweg ermöglichen (vgl. Granovetter 1973, Hellweg 1997).

Auch die „informell emergenten Kommunikationsnetze“ (Monge/Contractor 2003, S. 8) wurden in zahlreichen Studien untersucht und dafür eigene Verfahren entwickelt: „Several scholars developed ways to study the grapevine and informal networks such as Davis’s (1953) Episodic Communication in Channels of Organization (ECCO) analysis, a technique for tracing the person-to-person diffusion of rumors and the flow of other information in an organization“ (Monge/Contractor 2003, S. 8). Auch die empirischen Studien zu informellen Kommunikationsnetzen haben die Unterschiede zwischen formellen und informellen Kommunikationsnetzen in einem hierarchischen Kontext untersucht.

Allein Monge und Contractor (2003, S. 10 f.) scheinen diesen herkömmlichen Bezug zum hierarchischen Kontext erkannt zu haben:

Ironically, however, the distinction between formal and informal structures in organizations has diminished significantly in recent years and may become increasingly irrelevant in coming decades. The reason for this convergence center on shifts in organizational structure [...] and shifts to network forms of organizing [...] At the core of these changes has been the explosion of lateral forms of communication [...] These developments have eroded the distinction between prior structural categories used to characterize organizations, specifically, between formal and informal and/or between formal and emergent“.

Die beiden Autoren scheinen damit die ersten und einzigen zu sein, die den gängigen Einbezug des hierarchischen Kontextes thematisieren und die Unterscheidung in formelle und informelle Strukturen als wahrscheinlich zukünftig irrelevant einstufen. Jedoch belassen sie es bei dieser Aussage und gehen nicht weiter auf den organisationalen Kontext ein. Stattdessen präsentieren sie in ihrem Buch einen ausführlichen „theoretischen Rahmen“ (” multitheoretical, multilevel model (MTML)), mit dem die Emergenz und Entwicklung von Kommunikationsnetzwerken (und zwar nicht nur von organisationalen Kommunikationsnetzwerken, sondern von allen Arten von Kommunikationsnetzwerken) umfassend und ganzheitlich erklärt werden können.

We argue that alternative social science theories make differential predictions about communication networks. Some of the theoretical mechanism are unique, even complementary. Others are duplicative, at least in part. Still others compete, offering contradictory explanations. None of the theories, on their own, provide definitive, exhaustive explanations of network phenomena. The MTML framework identifies network properties such as mutuality and density and shows how these properties correspond to theoretical mechanisms in social theories“ (ebd., S. 20).

Wenngleich mithilfe dieses theoretischen Rahmens (siehe Anhang) die Eigenschaften von Netzwerken auf allen Ebenen identifiziert werden können[27] und Erklärungsansätze für die Entstehung und Entwicklung geboten werden können, integriert bzw. thematisiert dennoch keine dieser Theorien das Zusammenwirken aller Ebenen eines organisationalen Kommunikationsnetzes- bzw. netzwerkes (Individuum, Dyade, Gruppe bzw. Clique und Organisation). Insofern scheint es bisher keine Theorie für die auf organisationaler Ebene (organisationsübergreifend) stattfindende Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen (formal hierarchiefreie Netzwerkkommunikation) zu geben.

3.1.4. Formal hierarchiefreie Kommunikation

Die Ausführungen haben gezeigt, dass eine informelle und interne Organisations- bzw. Netzwerkkommunikation sich begrifflich dem Konstrukt einer formal hierarchiefreien (Organisations- bzw. Netzwerk-)Kommunikation annähert, diese aber nicht vollständig erfasst. Im Gegensatz zur informellen Kommunikation (bzw. zu informellen Kommunikationsnetzen) in hierarchischen Organisationen fehlen in nicht-hierarchischen Organisationen die formale Hierarchie und somit die von oben gesteuerte Kommunikation als Bezugpunkt bzw. Gegenpol.

So erscheint auch die Bezeichnung der in hierarchischen Organisationen vorkommenden informellen Kommunikation als inoffizielle Kommunikation in nicht-hierarchischen fehl am Platz. Auch kann es sich begrifflich nicht mehr um eine informelle Kommunikation im herkömmlichen Sinne handeln, da es in nicht-hierarchischen Organisationen keine klassische formale Kommunikation mehr gibt. Die im nicht-hierarchischen Kontext stattfindende Kommunikation müsste idealtypisch organisationsübergreifend — und nicht nur in Dyaden und Gruppen — sowie formal hierarchiefrei ablaufen, also ohne Steuerung von einer einzigen, übergeordneten Instanz, die es konsequenterweise in einer hierarchiefreien Organisation nicht geben kann.

Vor dem Hintergrund dieser begrifflichen Auseinandersetzung, die auf Basis bestehender theoretischer Definitionen unternommen wurde, bleiben folgende Fragen unbeantwortet: Findet in der Praxis in einem nicht-hierarchischen Kontext formal hierarchiefreie Kommunikation außerhalb von Dyade und Grupppe, also organisationsübergreifend, statt? Welche Rolle spielt diese formal hierarchiefreie Organisations- bzw. Netzwerkkommunikation? Wie wird koordiniert bzw. kommuniziert? Wie laufen die organisational hierarchiefreien Kommunikationsprozesse ab? Trotz fehlender ganzheitlicher Erklärungsansätze zum Konzept der formal hierarchiefreien Kommunikation sollen auf der Grundlage der Ergebnisse aus der empirischen Untersuchung, deren Erhebungsmethode im folgenden Kapitel dargelegt wird, erste Überlegungen und Interpretationen zur Rolle der formal hierarchiefreien Kommunikation in netzwerkartigen (nicht-hierarchischen) Organisationen gegeben werden (siehe Kapitel 6).

4. Die Methodik der qualitativen Einzelfallstudie

Dieses Kapitel stellt die für die empirische Untersuchung verwendete Methodik der qualitativen Einzelfallstudie ausführlich dar.

4.1. Vorgehensweise

Die empirische Sozialforschung bedient sich verschiedener Herangehensweisen, um zu Erkenntnissen zu gelangen. Dabei werden grundlegend zwei Forschungsansätze unterschieden: die quantitative und die qualitative Sozialforschung. Während die quantitative Vorgehensweise auf eine möglichst allgemein gültige, standardisierte und repräsentative Darstellung des Untersuchungsgegenstandes Wert legt, konzentriert sich die qualitative Vorgehensweise auf eine offene, flexible und an den Einzelfall orientierte Exploration des Untersuchungsgegenstandes (vgl. Flick 2007, Lamnek 2005).

4.1.1. Gegenstandsangemessenheit

Abhängig vom Forschungsinteresse und der Forschungsfrage können quantitative oder qualitative Verfahren geeignet sein. Generell bietet sich für Forschungsfragen, die auf eine Erklärung des Untersuchungsgegenstandes abzielen und daher die Ursachen, Hintergründe und Zusammenhänge zu ergründen versuchen, eine eher offene, nicht-standardisierte und an dem Gegenstand orientierte Vorgehensweise an (vgl. ebd.).

Darüber hinaus sprechen weitere Kriterien wie die Offenheit gegenüber dem Untersuchungsgegenstand[28] und die ganzheitliche Betrachtung des untersuchten Gegenstandes in seiner natürlichen Umgebung[29] für eine qualitativ ausgerichtete Methodenauswahl. Dabei richtet sich die Auswahl der Methoden nach dem zu untersuchenden Gegenstand und nicht umgekehrt (vgl. Flick 2007). Insbesondere die Komplexität als auch die Prozesshaftigkeit als zwei wesentliche Merkmale des Forschungsgegenstandes lassen die qualitative Fallstudie als geeignet erscheinen, da diese offen und eng verzahnt mit dem Untersuchungsgegenstand operiert und nicht versucht, diesen durch standardisiert-statische Verfahren zu „kontrollieren“.

Nach Yin (1994) empfiehlt sich die qualitative Fallstudie insbesondere dann, wenn a) die Forschungsfrage einen vorwiegend erläuternden Kern hat und es sich b) um einen gegenwärtigen Untersuchungsgegenstand handelt, der c) nicht kontrollierbar ist. All dies trifft auf den in dieser Arbeit zu untersuchenden Gegenstand zu.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entscheidung für eine Methodenstrategie (nach Yin 1994, S.6); eigene Darstellung

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Anwendung der qualitativen Einzelfallstudie insbesondere dann angebracht erscheint, wenn der Forschungsgegenstand aufgrund seiner Komplexität nicht eindeutig definiert werden kann. So ist auch Yin (1993, S. 78) der Ansicht, dass für Forscher die Methode der Fallstudie immer dann empfehlenswert ist, wenn ”certain topics of inquiry are so complex that the phenomenon of interest is not readily distinguishable from its contextual conditions, and data are therefore needed about both“.

4.1.2. Qualitative Einzelfallstudie

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Einzelfallstudie (single case study, vgl. Yin 1994), die sich in ihrer Forschungsmethodik weitgehend auf den Ansatz von Yin bezieht und nach dem gegenstandsbegründeten Ansatz der von Strauss und Glaser in den sechziger Jahren gegründeten Grounded Theory[30] erhoben und ausgewertet wird.

Für die optimale Symbiose beider Ansätze ist es notwendig, die wichtigsten methodischen Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zu kennen.

Grundsätzlich ähneln sich beide Ansätze in ihrer „Forschungsphilosophie“, indem sie den Anforderungen des Forschungsgegenstandes so weit wie möglich gerecht werden wollen (darunter die Erforschung des Gegenstandes in seiner natürlichen Umgebung anhand offener, prozessualer Verfahren). Als grundlegender Ansatz kann die Exploration komplexer Untersuchungsgegenstände auf der Grundlage detaillierter Einzelfallanalysen betrachtet werden. Die Fallstudie als direkte „Verzahnung“ mit der empirischen Realität ermöglicht somit sowohl die Überprüfung (vgl. Yin 1994) als auch die Entwicklung von Theorien (vgl. Glaser/Strauss 1967, Strauss/Corbin 1996).

Darüber hinaus unterscheiden sich beide Ansätze hauptsächlich in der Relevanz, die den theoretischen Überlegungen im Vorfeld der Datenerhebung zugesprochen wird. Insgesamt kann konstatiert werden, dass Yin den gesamten Ablauf des Forschungsprozesses stärker reguliert und eher deduktiv vorgeht, indem er unter anderem der Theorie eine wichtige Rolle sowohl bei der Forschungsvorbereitung als auch bei der Datenerhebung und -auswertung zuschreibt. So plädiert er für die Entwicklung eines sehr konkreten Forschungsdesigns, das vor allem die logische Abfolge von Datenerhebung und -auswertung sicherstellen soll.

A research design should include five components. Although the current state of the art does not provide detailed guidance on the last two, the complete research design should not only indicate what data are to be collected — as indicated by (a) a study‘s questions, (b) its propositions, and (c) its units of analysis. The design also should tell you what is to be done after the data have been collected — as indicated by (d) the logic linking the data to the propositions and (e) the criteria for interpreting the findings. (Yin 1994, S. 26 f.)

Hierbei nehmen die theoretischen Vorüberlegungen bzw. die Hypothesenentwicklung einen hohen Stellenwert ein, die im gegenstandsbegründeten Ansatz von Glaser und Strauss eine eher untergeordnete bzw. keinerlei Rolle spielen.

Covering these five components of research design will effectively force you to begin constructing a preliminary theory related to your topic of study. This role of theory development, prior to the conduct of any data collection, is one point of difference between case studies and related methods such as ethnography [...] and „grounded theory [...]. Typically, these related methods deliberately avoid specifiying any theoretical propositions at the outset of an inquiry. (Yin 1994, S.27)

Dagegen unterliegt der analytische Prozess nach der Grounded Theory keinem streng fixierten Ablauf. Stattdessen haben Glaser und Straus eher weitgefasste Orientierungshilfen und Leitlinien formuliert (wie beispielsweise die Anpassung der Methoden an die Fragestellung und den Forschungsgegenstand).

Dieser methodische Unterschied in der Forschungsvorbereitung und Datenanalyse wurde in der vorliegenden Arbeit wie folgt gehandhabt: Die ersten drei Komponenten des Forschungsdesign nach Yin ((a) a study‘s questions, (b) its propositions, and (c) its units of analysis) wurden erarbeitet, um den Fokus auf das, was erhoben werden soll, zu stärken. Dieser „thematische Fokus“ unterstützt die systematische Erhebung der Daten, ohne sich dabei auf erste theoretische Vorüberlegungen festzulegen und hilft im Umkehrschluss, diese in der Auswertungsphase zu begrenzen. Im Gegensatz zu Yins Ansatz wurde damit auf die Hypothesenentwicklung vor Beginn der Datenerhebung verzichtet, um nach den gegenstandsbegründeten Ansatz dem Untersuchungsgegenstand möglichst „theoretisch unvoreingenommen“ zu begegnen (vgl Glaser/Strauss 1967, Strauss/Corbin 1996). So konnte gewährleistet werden, dass die gesamte Datenerhebung und -auswertung weitgehend nach dem Verfahren der Grounded Theory erfolgt.

4.1.3. Gütekriterien qualitativer Forschung

„Quantitative Kriterien sind nicht für die Bewertung qualitativer Forschung geeignet: Sie wurden für ganz andere Methoden [...] entwickelt, die wiederum auf entsprechenden Methodologien, Wissenschafts- und Erkenntnistheorien basieren“ (Steinke 2000, S.322).

Die klassischen Kriterien standardisierter Forschung, wie insbesondere Validität, Reliabilität und Objektivität, berücksichtigen in den meisten Fällen nur bedingt die spezifischen Eigenschaften und Grundannahmen qualitativer Forschung und Daten. Um dem Vorwurf der Willkür und Beliebigkeit vorzubeugen, orientiert sich die Autorin dieser Arbeit auf zwei als besonders wichtig erachtete Kriterien aus dem von Steinke (2000) vorgeschlagenen Kriterienkatalog.

- Intersubjektive Nachvollziehbarkeit

Da die Vorgehensweise qualitativer Forschung aufgrund der spezifischen Dynamik zwischen Untersuchungsgegenstand, Fragestellung und methodischem Vorgehen kaum standardisiert werden kann, erscheint der Anspruch auf intersubjektive Überprüfbarkeit wenig sinnvoll, wohl aber der auf Nachvollziehbarkeit (vgl. ebd., S. 324). In der vorliegenden Arbeit wird diese wie folgt sicherzustellen versucht:

1.) Die Dokumentation des gesamten Forschungsprozesses in Form der Erhebungsmethode (Leitfadeninterview) und des Erhebungskontextes, der Transkriptionsregeln, der Auswertungsmethodik (Theoretisches Kodieren), der Daten (Kategoriensystem) sowie der Informationsquellen soll Externen das Nachvollziehen und Bewerten ermöglichen.
2.) Die Anwendung der Grounded Theory als kodifiziertes Verfahren zur Vereinheitlichung methodischen Vorgehens stellt eine systematische Analyse explizit dar.

- Empirische Verankerung

Ein grundlegendes Problem qualitativer Forschung stellt die Interpretationsleistung des Forschers dar. Um sicherzustellen, dass die Ergebnisse in den Daten begründet sind, wurden die entwickelten Kategorien an mehreren Textpassagen und an verschiedenen Interviews getestet und die Mehrheit der entwickelten Kategorien und Codes durch mindestens zwei Zitate von verschiedenen befragten Personen abgesichert (hinreichende Textbelege). Darüber hinaus wurden die befragten Personen mit Hilfe der „kommunikativen Validierung“ einbezogen.[31]

4.2. Forschungsdurchführung

4.2.1. Fallstudienauswahl

Da formal nicht-hierarchische Strukturen und ihr Einfluss auf die (interpersonale) Kommunikation untersucht werden sollen, müssten idealerweise verschiedene formal nicht-hierarchische Unternehmen erforscht werden, um eine allgemeine Aussage treffen zu können. Solch ein breites Vorgehen ist jedoch im Rahmen einer Masterthesis kaum umsetzbar. Daher bot es sich an, die Forschungsfrage beispielhaft an einem einzigen Unternehmen (single case study, Yin 1994) zu explorieren. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in der tiefgründigen Erforschung der vorhandenen innerorganisationalen Strukturen und Interaktionen und trägt damit dem Anspruch der qualitativen Einzelfallstudie Rechnung. Gleichzeitig hat diese Vorgehensweise, wie bereits erwähnt, den Nachteil, dass aufgrund des Einzelfallcharakters nur bedingt repräsentative Aussagen getroffen werden können. Demnach wird im Rahmen dieser Arbeit kein eigenes theoretisches Modell entwickelt, da es dazu weiterer vergleichender Untersuchungen an verschiedenen Fällen (multiple case study, Yin 1994) bedarf, wie auch Eisenhardt (1989, S. 545) festgestellt hat: ”With fewer than 4 cases, it is often difficult to generate theory with much complexity, and its empirical grounding is likely to be unconvincing [...]“.

Nach Yin (1994, S. 38 ff.) handelt es sich bei dem vorliegenden Forschungsdesign dementsprechend um den Typus der single case study, die den Untersuchungsgegenstand anhand eines einzelnen Falles, in diesem Fall einer einzigen Organisation, eingehend erforscht.

Yin (ebd., S. 38 ff.) nennt in diesen Zusammenhang drei wesentliche Kriterien[32], nach denen die Anwendung des Single Case-Designs angebracht erscheint: die Anwendung von „kritischen Fällen“ (critical case), von „Extremfällen“ (extreme or unique case) und von „aufschlussreichen Fällen“ (revelatory case). Vor dem Hintergrund dieser drei Kriterien fiel die Auswahl auf die niederländische Unternehmensberatung Kessels & Smit[33], einer Netzwerkorganisation, die durch ihre grundlegende und stringente formale Hierarchiefreiheit eine Ausnahme und dahingehend ein „aussagekräftiger und aufschlussreicher Fall“ zu sein scheint. So konnten in der Recherche neben dem Orpheus Chamber Orchestra[34], das grundsätzlich ohne Dirigent arbeitet und dafür eine spezifische teambasierte Struktur entwickelt hat, keine weiteren Organisationen gefunden werden, die in demselben Ausmaß formal hierarchiefrei strukturiert sind.

Die holländische Unternehmensberatung Kessels & Smit kann als „revelatory case“ bezeichnet werden, weil sie als ein nicht -virtuelles Netzwerk keinerlei formale Hierarchien in Form von Hierarchieebenen, Führungskräften, Chefs, Managern oder sonstigen formalen Positionen aufzeigt und eine eingehende, detaillierte Untersuchung über den einzelnen Fall hinaus Aufschlussreiches verspricht. Kessels & Smit ist hierbei als ein Netzwerk von freiberuflichen Beratern organisiert, das jedoch über eine zweckorientierte ökonomische Zusammenarbeit hinausgeht. So sind die Mehrheit der Berater auch Teilhaber der Netzwerkorganisation.

The intention and ambition in 2005 was to stimulate innovation and professional development, through individual and group entrepreneurship, within a strong and shared whole that is owned by companions who choose to have a long term connection. (zitiert aus ”letter working days” 2009)

4.2.2. Auswahl der Forschungsquellen

Um kohärente und informelle kommunikative und innerorganisationale Prinzipien und Dynamiken in ihrer Bedeutung und Vielschichtigkeit zu erfassen, bietet sich die direkte Kommunikation mit den Organisationsmitgliedern an. Als involvierte und gestaltende „Teile“ der innerorganisationalen Strukturen und Prinzipien sind sie die primäre und wesentliche Forschungsquelle. Darüber hinaus kann dank des Gesprächsleitfadens der Untersuchungsgegenstand systematisch erkundet werden. Die intersubjektive Nachvollziehbarkeit (dank auditiver Aufnahmen und Transkription) als auch der im Vergleich zu Beobachtungen leichtere (Feld-)Zugang sprechen zusätzlich für die Methode des qualitativen Interviews. Neben diesem stützt sich die empirische Analyse auf zusätzliche Quellen, um sowohl die Aussagekraft der Interviews bewerten und einordnen zu können als auch gewonnene Erkenntnisse zu komplettieren.

Interviews

„One of the most important sources of case study information is the interview“ (Yin 1994, S. 84).

Als adäquate Erhebungsmethode für die Befragung der Organisationsmitglieder wurde sich für eine Kombination aus problemzentriertem Interview und Experteninterview entschieden. Während das problemzentrierte Interview erkenntnisrelevante soziale „Problembereiche“ anhand eines offenen Gesprächsleitfadens abfragt, erfasst das Experteninterview das Wissen von „Fachkundigen“ innerhalb der Organisation (vgl. Witzel 1982, 2000 sowie Meuser/Nagel 1991). Im Folgenden sollen beide Erhebungsmethoden kurz erläutert werden, um in Anschluss das Potenzial ihrer kombinierten Verwendung aufzuzeigen.

Das problemzentrierte Interview reiht sich als gegenstandsorientiertes und theoriengenerierendes Erhebungsverfahren (vgl. Witzel 1982, S. 70 und Witzel 2000)[35] in die Methodik der Grounded Theory ein und erscheint daher als besonders geeignet. Anhand eines offenen, aber dennoch themenzentrierten[36] Gesprächsleitfadens wird den Befragten viel Raum gegeben, um ihre Erfahrungen, Ansichten und Wahrnehmungen zu einem bestimmten „Problembereich“ (Themenbereich) mitzuteilen. „Der Leitfaden ist Orientierungsrahmen bzw. Gedächtnisstütze für den Interviewer und dient der Unterstützung und Ausdifferenzierung von Erzählsequenzen des Interviewten“ (Witzel 1982, S. 90).

Das Experteninterview wird in der vorliegenden Arbeit als Ergänzung zum problemzentrieren Interview verwendet. Dabei werden unter dem Begriff Experten diejenigen Personen verstanden, „die selbst Teil des Handlungsfeldes sind, das den Forschungsgegenstand ausmacht“ (Meuser/Nagel 1991, S. 443). In diesem Sinne sind damit keine von Außen kommenden Spezialisten gmeint, sondern Organisationsmitglieder (interne Experten), die als „Teil des Systems“ über ein profundes und detailliertes Wissen über die jeweiligen internen Strukturen und Ereignisse verfügen. Insbesondere die Organisationsmitglieder, die „FunktionsträgerInnen innerhalb eines organisatorischen oder institutionellen Kontextes“ (ebd., S. 444) sind, erscheinen aufgrund der damit verbundenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Erfahrungen erkenntnistheoretisch ausgesprochen interessant. Auch das Experteninterview ist in der Form eines Interviewleitfadens gestaltet, denn eine„ leitfadenorientierte Gesprächsführung wird beidem gerecht, dem thematisch begrenzten Interesse des Forschers an dem Experten wie [sic!] auch dem Expertenstatus des Gegenübers“ (ebd., S. 448).

Beide Erhebungsmethoden erforschen demnach anhand eines offenen Gesprächsleitfadens erkenntnisrelevante Themenfelder mit einem jeweils spezifischen Fokus auf die Organisationsmitglieder: einerseits in ihrer Rolle als „Experten“, die als Repräsentanten ihrer Organisation internes Wissen aufweisen, andererseits als “Individuen“, die selbst Teil des Untersuchungsgegenstandes sind, so dass ihre persönlichen Eindrücke, Erfahrungen und Meinungen direkt Auskunft über den Forschungsgegenstand geben.

Folgendes Zitat verdeutlicht beispielhaft diese „Doppelfunktion“ der befragten Personen:

So we have a mission to create free spaces for these, for these forerunners. And that is of course a very personal opinion. On the other hand I studied already for quite some time this emerging knowledge economy, the idea of the knowledge worker. The characteristics of work processes will get more and more the characteristics of learning processes. It is not longer important that you offer your physical strengths but you offer your mental contribution, the creativity, the capacity for innovation and this is generally accepted now, also in economic terms that you only can participate in an knowledge economy when you develop the capability to constantly improve and innovate. When I take this serious then I also should organise the work process in a way that it creates improvement and innovation and that can not be done in this traditional hierarchical way. So those companies which are organised in a traditional hierarchical way with bosses and managers etc. and structures and procedures, they just cannot survive in the new economy. That is what we experience now already on a very micro scale. (P5)

So drückt dieses Zitat einerseits im Sinne des Experteninterviews das Spezialwissen über organisationale Arbeitsprozesse und Arbeitsanforderungen in spezifischen Kontexten aus, andererseits wird auch die individuelle Einschätzung und die persönliche Meinung des Befragten durch die gewählte „Wir-Form“ als auch die direkte persönliche Meinungsäußerung deutlich.

Darüber hinaus sind die Befragten per se Experten in dem erkenntnisrelevanten Bereich, da es sich um eine Unternehmensberatung handelt, die andere Organisationen im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung berät. So besitzt die Mehrheit der Organisationsmitglieder einen wissenschaftlich fundierten Hintergrund und eine fachlich relevante Expertise im soziologischen, sozialpsychologischen als auch erziehungswissenschaftlichen Feld.

Unterstützende Quellen

Neben den Interviews mit den Organisationsmitgliedern selbst dienten als unterstützende Quellen eigene Feldnotizen und Interviewmemos sowie vereinzelt interne Papiere[37].

Die Feldnotizen wurden vor, nach und zwischen den einzelnen Interviews angelegt, um aufschlussreiche Kontext-Informationen festzuhalten und ein möglichst ganzheitliches Bild von der Organisation zu bekommen. So bestätigte sich beispielsweise folgende Aussage eines Interviewpartners in den Reaktionen seiner Kollegen:

P2 gibt mir Feedback zu meinem Akquisebrief für die Interviews. Ich solle die Kollegen „persönlicher ansprechen, mehr einbeziehen, menschlicher sein“, kurzum mehr von mir und meinem Forschungsinteresse erzählen. (Auszug Feldnotiz vom 10.11.2010).

And normally on the phone you say "Oh hi how are you doing?" and you go on but here they really want to know and they are really interested in you. And who you are. (P8)

Vor und nach den Interviews werde ich immer wieder gefragt, „was ich denn mache, was mir Spaß macht, was ich bewegen will“. Aber nicht nur die Interviewpartner fragen mich so direkt und interessiert, auch die anderen Kollegen stellen diese Art von Fragen. (Auszug Feldnotiz vom 26.11.2010)

[...]


[1] In der heutigen Dienstleistungsgesellschaft wächst sowohl der Anteil als auch die Bedeutung von sogenannten „Wissensarbeitern“ (vgl. Drucker 1997, Stehr 1994), so dass man von einer Wissensgesellschaft sprechen kann. Ein Wissensarbeiter ist „[...] the man who puts to work what he has between his ears rather than the brawn of his muscles or the skill of his hands“ (Drucker, 1996, S. 527) und „[...] the knowledge worker, people who posess relevant knowledge and apply this in order to improve processes, products and services [...]“ (Tjepkema et al. 2002, S. 15). Wissensarbeiter benötigen Denk-Freiräume, um innovativ und kreativ arbeiten zu können. Starre Strukturen, enge Vorschriften, die charakteristisch für eine klassisch-hierarchische Organisation sind blockieren hingegen den Wissensarbeiter.

[2] Auch nach eingehender Literaturrecherche kann keine eindeutige Antwort auf die „richtige“ Definition von Koordination, Koordinationsform(en) und Koordinationsmechanimen gegeben werden. Nichtsdestotrotz erscheint folgende Einordnung die für den Rahmen dieser Masterthesis „sinnvollste“: Unter Koordination wird im Folgenden die (wechselseitige) Abstimmung der Aktivitäten von Organisationsmitgliedern aufeinander verstanden. Unter Koordinationsformen werden folgende drei „Austausch- und Governanceformen“ verstanden: Markt, Hierarchie und Netzwerk. Dabei stellen die Hierarchie und das Netzwerk in Abgrenzung zum Markt die beiden Steuerungsformen für Organisationen dar. Unter Koordinationsmechanismen werden Steuerungs- und Regelungsprinzipien verstanden, die direkt oder indirekt die Koordination (Abstimmung) ermöglichen bzw. unterstützen. Das können beispielsweise direkte Koordinationsmechanismen wie wechselseitige Abstimmung, Selbstabstimmung, Weisungen und Pläne und indirekte Koordinationsmechanismen wie Vertrauen, Organisationskultur, Kooperation(swille) und Commitment sein.

[3] Im klassischen transaktionskostentheoretischen Ansatz gilt der Markt neben der Hierarchie als zweite Koordinationsform, die sich jedoch klar vom Gebilde der Organisation abgrenzt, vgl. dazu den Transaktionskostenansatz.

[4] „Trotz der langen Beschäftigung der Forschung mit dem Komplex der Koordination hat dies weder zu einer einheitlichen Begriffsdefinition noch zu einem allgemein akzeptierten Bezugsrahmen zur Analyse des Koordinationsproblems geführt. Häufig werden daher Begriffe wie Abstimmung, Gleichschaltung, Synchronisation, Kooperation oder Verständigung synonym zu Koordination angewendet“ (Wetzel 2004, S.29). Koordination umfasst darüber hinaus verschiedene Koordinationsmechanismen (Steuerungs-und Regelungsmechanismen). Eine eindeutige Festlegung wird auch hier in der Wissenschaft vergebens gesucht. „Direkte“ und „indirekte“ Koordinationsmechanismen können folgende sein: Kooperation, Wechselseitigkeit, Selbstabstimmung, Vertrauen, Organisationskultur, Commitment, Programme und Pläne und Hierarchie.

[5] „Die horizontale Dezentralisation beschreibt das Ausmaß der Differenzierung im Unternehmen durch die Bildung formal gleichgestellter Einheiten“ (Wetzel 2004, S. 22).

[6] Die Begriffe „formal und formell“ sowie „informal und informell“ werden in der Arbeit synonym verwendet.

[7] Die Naturwissenschaften, insbesondere die Informatik, beschäftigen sich gleichfalls ausführlich mit dem Konzept des Netzwerks und unterscheiden sich in ihrer Begrifflichkeit naturgemäß von der sozial-und wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweise.

[8] „Das Konzept des sozialen Netzwerks basiert auf Erkenntnisse der Sozialanthropologie, der formalen Soziologie, der mathematischen Graphentheorie in den Sozialwissenschaften, der Kommunikationsforschung sowie den Bereichen der Industriesoziologie und der Gruppenforschung und legt besonderen Wert auf relationale Beziehungen zwischen Akteuren.“ (Wetzel 2004, S.62f).

[9] Neben diesen sechs wurden noch zahlreiche weitere Organisationsmodelle gefunden, die übergreifend als laterale Organisationsmodelle bezeichnet werden und insgesamt betrachtet als Ansätze motivationsorientierter Organisationsmodelle eingeordnet werden können (vgl. Schreyögg 2003, S. 273). Impulsgeber dieser motivationsorientierten Ansätze sind neben der Maslowschen Bedürfnispyramide (1987) und McGregors Theorie Y (1986) auch die Theorie Z von Ouchi und Jaeger (1978).

[10] „The critical distinguishing feature of a network organization is a high degree of integration. In the ideal-typical network organization, all members are well integrated: formal categories or groups such as formal position, geographic location, and market focus are not significant barriers to interaction“(Baker 1992, S. 401)

[11] Mit „Kommunikationsarten“ sind beispielweise interpersonale Kommunikation, informelle Kommunikation und Massenkommunikation in Abgrenzung zu Kommunikationsformen wie Gespräch, Meeting, Rundfunksendung gemeint.

[12] „Die Effizienz der Organisation wird gemäß Kontingenztheorie zentral vom Verhalten der Organisationsmitglieder, von deren Engagement und Arbeitseinsatz bestimmt, und dieses Verhalten wiederum wird entscheidend durch die formale Organisationsstruktur gesteuert. Die formale Organisationsstruktur ihrerseits wird beeinflusst, geprägt oder sogar erzwungen von der „Situation der Organisation“, und daher auch die Bezeichnung als situativer Ansatz“ (Preisendörfer 2008, S. 81).

[13] Somit liegt der Fokus auf der sozialen Kommunikation und nicht auf der Biokommunikation, der Mensch-Maschine-Kommunikation, der animalischen oder technischen Kommunikation.

[14] Es kann angenommen werden, dass die Defintionsvielfalt seitdem weiter zugenommen hat.

[15] Oder mit den Worten von Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (vgl. Watzlawick et al. 2007). So versteht Watzlawick Verhalten als Kommunikation.

[16] „Die symmetrische, reziproke Kommunikation im direkten Kontakt von Personen wird — vor allem in der Soziologie — auch als Interaktion bezeichnet“ (Schulz 2004, S. 160).

[17] „Kommunikationsprozesse erhalten ihre Bedeutung [aus klassisch-betriebswirtschaftlicher Sicht] vor allem im Zusammenhang mit der Koordination von Aktivitäten sowie zur Kontrolle und Verteilung von Anweisungen“ (Mast 2008, S. 211).

[18] Damit ist das Stimulus-Response-Modell (Kommunikator — Stimulus — Rezipient), das klassische und damit auch einfachste Modell zur Beschreibung von interpersonalen Kommunikationsprozessen, gemeint. In seiner Einfachheit ignoriert dieses Modell allerdings die Komplexität des Kommunikationsprozesses.

[19] ”There is a long tradition of distinguishing internal communication, which takes place within the boundaries of an organisation, from external communication, which involves the organisation and audiences in the wider world“ (Blundel/Ippolito 2008, S.11).

[20] Auch „Abwärtskommunikation“ oder „Informationskaskade oder-dusche“ genannt. Darunter „versteht man vertikale Kommunikationsabläufe, d.h. den Informationsfluss von oben nach unten. [...] Die Abwärtskommunikation ist ein häufig eingeschlagener Weg der Mitarbeiterinformation“ (Mast 2008, S. 262).

[21] „Allerdings können informelle Kommunikationskontakte von Unternehmensmitgliedern untereinander oder zu Bezugsgruppen organisiert werden [...]“ (Mast 2008, S. 209).

[22] „Face-to-Face-Kontakte laufen zwischen Personen direkt ab, d.h. es entfallen die Informationsverluste, die beim Einsatz technischer Medien unvermeidlich sind“ (Mast 2008, S.188).

[23] „Die Akteure, die an den Kommunikationsbeziehungen beteiligt sind, entscheiden über die Zusammensetzung der Kommunikationspartner, die Inhalte und den Zeitpunkt der Kommunikation“ (Mast 2008, S.209).

[24] Mit aufgabenbezogener Funktion ist gemeint, dass die informelle Kommunikaton die Koordination bei komplexen Aufgaben unterstützt und vereinfacht, beispielsweise durch ad-hoc-Abstimmungen, durch unmittelbares Fragen der Kollegen und Austausch relevanter Informationen über den „kleinen Dienstweg“.

[25] Mit sozialer Funktion ist hierbei gemeint, dass informelle Kommunikation dazu beiträgt, dass sich Menschen in der Organisation „wohl fühlen“. Da Menschen soziale Wesen sind, haben sie soziale Bedürfnisse (Anschlussmotive) wie beispielsweise das Bedürfnis nach Integration und sozialer Interaktion, sie wollen sich mitteilen und „dazugehören“, meist zu einer Gruppe (von Kollegen). Hierbei unterstützt informelle Kommunikation die soziale Funktion von Gruppen. So erlernen Organisationsmitglieder „ungeschriebene Gesetze“ einer Organisation hauptsächlich über informelle Kanäle.

[26] Durch die Forschritte der sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse ist es möglich geworden, interpersonale Kommunikation in Kommunikationsnetzwerken eingehender zu analysieren [...]“ (Schenk 2004, S. 73).

[27] ”Since networks are inherently multilevel, the MTML framework identifies network properties that exist at individual, dyad, clique, and network levels“ (Monge/Contractor 2003, S. 20).

[28] „Standardisierte Methoden benötigen für die Konzipierung ihrer Erhebungsinstrumente (z.B. ein Fragebogen) eine feste Vorstellung über den Untersuchungsgegenstand, wogegen qualitative Forschung für das Neue im Untersuchten, das Unbekannte im scheinbar Bekannten offen sein kann“ (Flick, Kardoff, Steinke 2007, S. 17).

[29] Gegenstände in der qualitativen Forschung werden „nicht in einzelne Variablen zerlegt, sondern in ihrer Komplexität und Ganzheit in ihrem alltäglichen Kontext untersucht“ (Flick 2007, S. 27).

[30] Die Grounded Theory wird im deutschsprachigen Raum auch als „empirisch begründete Theoriebildung“ oder„gegenstandsbezogene bzw. gegenstandsbegründete Theorie“ bezeichnet.

[31] So wurden die Interviews als Transkripte an die Befragten versandt, die dadurch die Möglichkeit zum Feedback hatten und die erhobenen Daten auf ihre „Gültigkeit“ hin bewerten konnten.

[32] 1.) Die Anwendung von „Kritischen Fällen“ (critical case, Yin 1994, S.38), die alle Anforderungen einer spezifischen Theorie erfüllen, um diese zu testen (und zu bestätigen, zu widerlegen oder zu erweitern); 2.) die Anwendung von „Extremfällen“ (extreme or unique case, Yin 1994, S.39), die einzigartige Charakteristika des Untersuchungsgegenstandes aufweisen und 3.) die Anwendung von „aufschlussreichen Fällen“, deren Beschreibungen allein schon zum Erkenntnisgewinn beitragen.

[33] Im Folgenden wird sich nur auf den holländischen Stammsitz bezogen. Kessels & Smit hat „Dependancen“ in Begien, Deutschland, Indien, USA und Südafrika.

[34] Aus folgenden Gründen wurde sich gegen das Orpheus Chamber Orchestra entschieden: Einerseits wurde es bereits „untersucht“ (u.a. auch wissenschaftliche Artikel), andererseits ist es für eine detaillierte vor-Ort-Erhebung sehr weit entfernt (New York).

[35] Für eine sehr ausführliche Beschreibung des problemzentrierten Interviews wird Witzel (1982) empfohlen.

[36] Themenzentriert meint hierbei, dass der Leitfaden hauptsächlich die für die Untersuchung relevanten Themen aufführt und somit die offenen Fragen auf den „Problembereich“ eingrenzt.

[37] In der Organisation ist wenig formalisiert, es wird mehrheitlich persönlich und direkt kommuniziert oder aber über E-Mails und Telefon.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783836648660
DOI
10.3239/9783836648660
Dateigröße
12.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – 4 Wirtschaftswissenschaften II, Wirtschaftskommunikation
Erscheinungsdatum
2010 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
hierarchiefreiheit organisationsform kommunikation koordinationsmechanismen postbürokratie
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Titel: Die Rolle von Kommunikation in nicht-hierarchischen Organisationen
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