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Family Office

Aktuelle Entwicklungen auf Kunden- und Anbieterseite

©2009 Bachelorarbeit 76 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ein Family Office geht weit über die klassische standardisierte Vermögensverwaltung im Sinne des Private Bankings hinaus. Es hat zum Ziel, die jeweilige Familie ganzheitlich und integriert zu betreuen und ihr Vermögen über Generationen hinweg zu erhalten, zu vermehren, zukontrollieren bzw. zu übertragen. Die Kombination des Privaten mit dem Geschäftlichen führt dazu, die Familie als Organisation bzw. Unternehmen zu betrachten. Family Office Dienstleistungen sind insbesondere geeignet und sinnvoll für weltweit verteilte Familien mit mehreren Wohnsitzen, welche eine regelmässige und persönliche Betreuung erwarten. Nebst einem grossen Vermögen sind komplexe Familienstrukturen und diversifizierte Familienvermögen die relevanten Aspekte, welche die Inanspruchnahme von Family Office Dienstleistungen nahe legen. Die Kundenbedürfnisse unterscheiden sich je nach Komplexität der Familienverhältnisse enorm. Weder die Forschung noch die Literatur haben sich bisher intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Die Arbeit zeigt jedoch auf, dass der Family Office Markt ein grosses Marktpotential für die Finanzbranche besitzt und in Zukunft vor allem auch in Europa stark wachsen wird. Im Rahmen der Literaturanalyse so wie diverser Interviews mit Praxisexperten hat der Autor versucht, die aktuellen Trends, Herausforderungen, Mängel etc. auf Seiten Family Office Anbieter und Nachfrager zu erforschen. Die Synthese von Literaturanalyse und Interviews führt zu folgenden Resultaten: Es kristallisiert sich klar heraus, dass das automatisierte, integrierte Vermögensreporting, die Trennung von Investment Reporting und Controlling, die Selbständigkeit des Family Offices, die Technologisierung, die steigende Nachfrage nach einer Multi Manager Selektion durch das Family Office, das Risikomanagement, die Nachfolgeplanung und Steueroptimierung, die Kostenoptimierung und die steigenden Dienstleistungsansprüche der Kunden zu den alles relevanten Herausforderungen für die Family Office Anbieter und Nachfrager gehören.
Das Marktpotential für Family Office-Dienstleistungen wird von den interviewten Praxisexperten durchwegs als sehr gross angesehen. Die Vermögenswachstumszahlen, Steueroptimierung und Regulierungsfragen, die Vielzahl erwarteter Unternehmensnachfolgen und die steigende Professionalität und Komplexität im privaten Bereich sind Wachstumsfaktoren und Trends, welche das grosse Marktpotential der Family Office Dienstleistungen bestätigen. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Till Singer
Family Office
Aktuelle Entwicklungen auf Kunden- und Anbieterseite
ISBN: 978-3-8366-4756-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Liechtenstein, Hochschule, Vaduz, Schweiz, Bachelorarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
II
Abstract
Ein Family Office geht weit über die klassische standardisierte Vermö-
gensverwaltung im Sinne des Private Bankings hinaus. Es hat zum Ziel,
die jeweilige Familie ganzheitlich und integriert zu betreuen und ihr
Vermögen über Generationen hinweg zu erhalten, zu vermehren, zu
kontrollieren bzw. zu übertragen. Die Kombination des Privaten mit dem
Geschäftlichen führt dazu, die Familie als Organisation bzw. Unterneh-
men zu betrachten. Family Office Dienstleistungen sind insbesondere
geeignet und sinnvoll für weltweit verteilte Familien mit mehreren
Wohnsitzen, welche eine regelmässige und persönliche Betreuung er-
warten.
Nebst einem grossen Vermögen sind komplexe Familienstrukturen und
diversifizierte Familienvermögen die relevanten Aspekte, welche die In-
anspruchnahme von Family Office Dienstleistungen nahe legen.
Die Kundenbedürfnisse unterscheiden sich je nach Komplexität der Fa-
milienverhältnisse enorm. Weder die Forschung noch die Literatur ha-
ben sich bisher intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Die Arbeit zeigt jedoch auf, dass der Family Office Markt ein grosses
Marktpotential für die Finanzbranche besitzt und in Zukunft vor allem
auch in Europa stark wachsen wird. Im Rahmen der Literaturanalyse so
wie diverser Interviews mit Praxisexperten hat der Autor versucht, die
aktuellen Trends, Herausforderungen, Mängel etc. auf Seiten Family Of-
fice Anbieter und Nachfrager zu erforschen. Die Synthese von Literatur-
analyse und Interviews führt zu folgenden Resultaten:
Es kristallisiert sich klar heraus, dass das automatisierte, integrierte
Vermögensreporting, die Trennung von Investment Reporting und Cont-
rolling, die Selbständigkeit des Family Offices, die Technologisierung,
die steigende Nachfrage nach einer Multi Manager Selektion durch das
Family Office, das Risikomanagement, die Nachfolgeplanung und
Steueroptimie-rung, die Kostenoptimierung und die steigenden

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
III
Dienstleistungsansprüche der Kunden zu den alles relevanten Heraus-
forderungen für die Family Office Anbieter und Nachfrager gehören. Das
Marktpotential für Family Office-Dienstleistungen wird von den inter-
viewten Praxisexperten durchwegs als sehr gross angesehen. Die Ver-
mögenswachstumszahlen, Steueroptimierung und Regulierungsfragen,
die Vielzahl erwarteter Unternehmensnachfolgen und die steigende Pro-
fessionalität und Komplexität im privaten Bereich sind Wachstumsfakto-
ren und Trends, welche das grosse Marktpotential der Family Office
Dienstleistungen bestätigen. Gleichwohl sind sich die Marktteilnehmer
der anstehenden Herausforderungen bewusst.
Diese Trends und Herausforderungen gilt es in Zukunft von Family Of-
fice Anbietern und Nachfragern im Auge zu behalten. Des Weiteren bie-
tet es sich an die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Family
Office Branche genauer zu untersuchen.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
IV
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ... VI
Abbildungsverzeichnis ...VII
1
EINFÜHRUNG ... 1
1.1
Ausgangslage ... 1
1.2
Problemstellung und Forschungsgebiet ... 2
1.3
Aufbau und Zielsetzung ... 2
1.4
Methodologie... 3
2
PRIVATE BANKING... 4
2.1
Entwicklung des Private Banking... 4
2.2
Definition Private Banking ... 5
2.3
Klassifikation von vermögenden Privatkunden ... 7
2.4
Der Markt des Private Banking und dessen Zukunft ... 11
2.5
Das Leistungsangebot im Private Banking ... 13
2.6
Wealth Management... 15
3
FAMILY OFFICE ... 20
3.1
Historischer Ursprung der Family Offices ... 20
3.2
Marktüberblick der Family Offices... 21
3.3
Definition Family Office... 23
3.4
Hauptgrund für die Gründung eines Family Office... 26
3.5
Dienstleistungen und Produkte eines Family Office ... 29
3.5.1
Vermögenserhaltung ... 31
3.5.2
Vermögenswachstum ... 33
3.5.3
Vermögenskontrolle ... 34
3.5.4
Management und Koordination ... 35
3.5.5
Aufsicht/Familienstrategie... 36
3.6
Family Office Formen... 37
3.6.1
Das Private Single-User-Family Office ... 38
3.6.2
Externes Single-User-Family Office ... 38
3.6.3
Familiengeführtes kombiniertes Multi-User-Family Office ... 39
3.6.4
Externes Multi-User-Family Office ... 39
3.6.5
Vor- und Nachteile der jeweiligen Form ... 43

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
V
4. BESTANDESAUFNAHME UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN... 45
4.1
Selbstständigkeit des Family Offices ... 45
4.2
Trennung von Investment Reporting und
Controlling ... 49
4.3
Integriertes und automatisiertes
Vermögensreporting ... 50
4.4
Technologisierung ... 51
4.5
Steigende Nachfrage nach der Multi Manager Selektion durch das Family
Offices ... 52
4.6
Risikomanagement... 52
4.7
Nachfolgeplanung und Steueroptimierung
hinsichtlich neuer Entwicklungen
vom
off-shore zum on-shore Banking ... 53
4.8
Kostenoptimierung ... 54
4.9
Zunehmendes Finanzwissen und steigende
Dienstleistungsansprüche der
Kunden... 54
5 SCHLUSSBETRACHTUNG ... 56
Quellenverzeichnis ... 58
Bezug von Quellen via Internet ... 64
Interviewpartner... 65
Interviewleitfaden ... 67

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auf Kunden- und Anbieterseite
VI
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
ca.
circa
CHF
Schweizer Franken
etc.
et cetera
ff.
folgende
FO
Family Office
HNWI
High Net Worth Individual
MFO
Multi Family Office
Mrd.
Milliarde
o.V.
ohne Verfasser
resp.
respektive
PB
Private Banking
PWC
PriceWaterhouseCoopers
S.
Seite
SFO
Single Family Office
u.a.
unter anderem
UHNWI
Ultra High Net Worth Individual
USD
US-Amerikanischer Dollar
usw.
und so weiter
VFO
Virtual Family Office
vgl.
vergleiche
VHNWI
Very High Net Worth Individual
VV
Vermögensverwaltung
z.B.
zum Beispiel

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auf Kunden- und Anbieterseite
VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anbieter von Private Banking-Dienstleistungen ... 7
Abbildung 2: Die Wealth Pyramide ... 9
Abbildung 3: HNWI Population 2005-2007 ...11
Abbildung 4: Erwartete Vermögensentwicklung der HNWI bis 2012...12
Abbildung 5: Phasen des Wertschöpfungsprozesses ...14
Abbildung 6: Wealth Management Dienstleistungsübersicht ...19
Abbildung 7: Geographische Verteilung der HNWI und UHNWI 2007 ...22
Abbildung 8: Abgrenzung Family Office von Financial Planning und Private Banking ...25
Abbildung 9: Koordination der Leistungserbringer durch ein Family Office...27
Abbildung 10: Das Family Office im Spannungsfeld ...28
Abbildung 11: Dienstleistungen eines Family Office...30
Abbildung 12: Malthus-Effekt ...31
Abbildung 13: Family Office Organisation ...32
Abbildung 14: Formen des Family Office...37
Abbildung 15: Kosten der externen oder internen Erbringung...41
Abbildung 16: Geschäftsmodell Virtual Family Office ...42
Abbildung 17: Ist-Zustand des Family Office ...46
Abbildung 18: Soll-Zustand des Family Office...47
Abbildung 19: Kontrolle des Family Office durch ...48
Abbildung 20: Informationssammlung im Family Office ...51
Abbildung 21: Schwerpunkte der zukünftigen Dienstleistungen aus Sicht der Family
Office Verantwortlichen...57

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
1
1
EINFÜHRUNG
1.1
Ausgangslage
,,It requires a great deal of boldness and a great deal of caution to
make a great fortune, and when you have got it, it takes ten times
as much wit to keep it." ­ Nathan Mayer Rothschild (1777-1836)
Hinsichtlich der Thematik Family Office, dessen Konzept sehr oft als Kö-
nigsdisziplin des Private Banking bezeichnet wird, haben auch heute noch
viele Menschen die klischeehafte Vorstellung, dass beispielsweise der But-
ler einer Familie den Hund spazieren führt. Dies trifft heute nicht mehr
den Kern eines Family Office.
1
Das Dienstleistungsspektrum eines Family
Office geht heute weit über die so genannten ,,Concierge Services" hinaus.
Um ihre Familienstrukturen, ihr Vermögen etc. verwalten zu lassen, haben
diese Familien die Wahl zwischen den verschiedenen Banken, zwischen
unabhängigen Firmen, online Anbietern, Rechtsanwälten, Trustees, Wirt-
schaftsprüfern, Beratungsunternehmen und Steuerexperten. Diese enor-
me Anzahl von Dienstleistern ist für die Familien aus Kundensicht nicht
immer von Vorteil. Eine Selektion aus einem derart grossen, eher weniger
differenzierten und nicht immer transparenten Angebot zu treffen, ist des
Öfteren mit Schwierigkeiten verbunden. Das Geschäft mit vermögenden
Kunden und die Verwaltung ihrer Vermögen ist eine Branche, welche in
den letzten Jahren einen spürbaren Wandel durchgemacht hat und weiter-
hin in Zukunft durchmachen wird. Auf den Finanzmärkten sind eine grosse
Anzahl von neuen, oft komplizierten Finanzprodukten und komplexen
Strategien entworfen worden. Neuartige Technologien, wenig Wachs-
tumsmöglichkeiten auf den traditionellen Märkten, ein höherer Wissens-
stand der Kunden, verbunden mit neuen Informationsmöglichkeiten, und
neue steuerrechtliche Vorschriften, sind nur einige Anhaltspunkte dafür,
1
Hamilton (2002), S. 39f.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
2
wie sich der Konkurrenzdruck auf die Finanzdienstleiter in Europa ver-
stärkt hat. Sowohl die vermögenden Familien als auch die Anbieter sind
gezwungen, in Zukunft über das bestehende Angebot in diesem Markt
nachzudenken und soweit möglich neue Lösungen zu erarbeiten.
Das europaweit spärlich oder inexistente Wissen sowohl im Hinblick auf
die konzeptionelle Basis von Family Offices als auch über den Family Of-
fice Markt ist damit zu begründen, dass über dieses Segment sehr wenig
geredet, geschrieben und geforscht wird. Anders als beispielsweise in den
USA wird in Europa das Thema Family Office immer noch mit grosser Dis-
kretion und Zurückhaltung behandelt.
Angesichts der steigenden Bedeutung, des kontinuierlichen Wachstums
und der spürbaren Veränderungen des Family Office Marktes in Europa
besteht die Notwendigkeit, sich zunehmend mit dieser zukunftsträchtigen
Branche aus Anbieter- wie Kundensicht wissenschaftlich auseinander zu
setzen.
1.2
Problemstellung und Forschungsgebiet
Die Branche Family Office wird seit wenigen Jahren auch in Europa ver-
mehrt thematisiert. Diese Diskussionen stehen jedoch noch am Anfang. Es
stellt sich die Frage, wo das Family Office heute aus Kunden- und Anbie-
tersicht steht, mit welche Herausforderungen es konfrontiert ist und in
naher Zukunft sein wird und welche Massnahmen von den Family Office
Anbietern eingeleitet werden sollten um diese Herausforderungen optimal
bewältigen zu können.
1.3
Aufbau und Zielsetzung
Die Arbeit ist in vier Hauptteile gegliedert. Im ersten Teil werden die Beg-
riffe Private Banking, Wealth Management definiert bzw. voneinander ab-
gegrenzt und deren spezifischen Märkte wie Leistungsangebote vorge-
stellt. Dies soll zu einem einheitlichen Verständnis und einer Art Rahmen-

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
3
definition bezüglich des Marktes für die Betreuung von vermögenden Kun-
den führen. Im zweiten Teil der Arbeit wird der Begriff Family Office aus
historischer Sicht wie aus aktueller Marktsicht erläutert. Im Anschluss wird
der Begriff Family Office einschlägig definiert und klar von den Disziplinen
Private Banking und Wealth Management abgegrenzt. Des Weiteren wird
auf die spezifischen Leistungsangebote und Erscheinungsformen von Fa-
mily Offices eingegangen. Der dritte Teil besteht aus der Literatur- wie In-
terviewanalyse, welche in eine Bestandesaufnahme der Family Offices aus
Kunden- wie Anbietersicht mündet. Die Bestandesaufnahme wird ferner
mit Handlungsempfehlungen ergänzt. Zum Abschluss der Arbeit wird ein
Fazit gezogen und aufgezeigt, welche weitere zu erforschende Themen-
stellung wissenschaftlich relevant sein könnte.
1.4
Methodologie
In Anbetracht der Tatsache, dass die Thematik Family Office - insbesonde-
re in Europa - noch sehr wenig erforscht ist, baut die Arbeit überwiegend
auf Primärforschung auf. Zu diesem Zweck wurden verschiedene qualitati-
ve Interviews mit Experten aus der Praxis durchgeführt. Die Gespräche
orientierten sich an einem Interviewleitfaden, wobei die Fragen und Dis-
kussionsschwerpunkte individuell angepasst wurden. Der Interviewleitfa-
den sowie das Interviewverzeichnis sind im A nhang zu finden. Als Ergän-
zung zu den Primärdaten wurde vor allem Literatur wie Studien beigezo-
gen. Die Arbeit nimmt für sich in Anspruch, weniger wissenschaftlich-
theoretische, sondern vielmehr wissenschaftlich-praktische Resultate und
Lösungsansätze zu liefern.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
4
2
PRIVATE BANKING
2.1
Entwicklung des Private Banking
Will man die heutige Definition und Auslegung des Begriffs Private Banking
verstehen so ist es hilfreich, sich die Entwicklung des Ausdrucks bzw. der
Dienstleistung vor Augen zu halten. Der Ursprung des traditionellen Priva-
te Banking ist insbesondere in der Schweiz und in England im 17./18.
Jahrhundert anzusiedeln. Einige heute noch tätigen Finanzdienstleister mit
Privatkundenfokus sind vor 200 Jahren ins Leben gerufen worden und ver-
zeichnen somit eine lange Geschichte wie Tradition. Aus der Historie her-
aus werden Swiss Banking und Private Banking oftmals als Synonyme ein-
gesetzt.
Gründe hierfür sind die politische Stabilität und Neutralität, die hohe
Geldwertstabilität, die fiskalpolitische Stabilität, das strenge Bankgeheim-
nis, das einfache, klare Rechtssystem, die vorteilhafte geographische Lage
und die mehrsprachige, gut ausgebildete Arbeitnehmerschaft in der
Schweiz. Ein ähnlicher Trend war in Frankreich, Deutschland, Luxemburg
und Österreich zu verzeichnen, wobei Private Banking in den genannten
Regionen nie den gleichen Stellenwert erreichte. Private Banking in Eng-
land entsprang den Aktivitäten von Goldschmieden, Notaren und Geldlei-
hern.
Sowohl politische Turbulenzen und Schieflagen in den 1970er Jahren als
auch zunehmende Inflation in Europa und den USA führten zu massiven
Kapitalimporten in die Schweiz, welche als politisch stabil und vertrauens-
erweckend angesehen wurde. Somit florierte das traditionelle Private Ban-
king in der Schweiz. Auch wenn der globale Wettbewerb spürbar zuge-
nommen hat und die Anzahl von Private Banking Anbietern abgenommen
hat, ist das Private Banking in der Schweiz nach wie vor am florieren, da
insbesondere die seit langem existierenden Kundenbeziehungen und der
Relationship-Fokus kompensierend wirken.
In den 1990er Jahre gingen die meisten Großbanken dazu über, ihre Pri-

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
5
vatkunden in verschiedene Kategorien einzuteilen, um diese zielgruppen-
spezifischer bearbeiten zu können. So waren zu Beginn der Entstehungs-
geschichte des Private Banking Traditionsnamen wie Grunelius KG Privat-
bankiers oder Hardy Co, die bekannten Grössen. Heute nehmen zuneh-
mend die Großbanken unter eigenem Namen im Private Banking eine be-
deutende Stellung ein. Hierbei sind weniger die Tradition als vielmehr die
Rendite der Vermögensverwaltung und die persönliche Betreuung sowie
das internationale Know-how in Verbindung mit moderner Technologie die
entscheidenden Faktoren für die Wahl eines Finanzdienstleisters durch den
vermögenden Privatkunden.
2
2.2
Definition Private Banking
Eine durch den Autor durchgeführte Analyse der Websites und Publikatio-
nen von Schweizer Banken so wie der wissenschaftlichen Literatur zeigt,
dass kein allgemein gültiger Konsens vorherrscht, welche Faktoren die
Dienstleistung bzw. das Geschäftsfeld Private Banking genau ausmachen.
Jedoch lassen sich diverse konstitutive Kriterien lokalisieren, welche dem
Private Banking gemein sind. Im Allgemeinen ist Private Banking ein Tä-
tigkeitsgebiet der Banken, welches des Öfteren in Verbindung mit deren
Kernaktivitäten gesehen wird und oftmals mit Vermögensverwaltung bzw.
Portfolio Management gleichgesetzt wird.
Eine Ergänzung dieser Darstellung im Hinblick auf die Geschäftsfelder ei-
ner Bank mündet in die Definition von Private Banking als ,,Anlagebera-
tung und Vermögensverwaltung für internationale private und institutio-
nelle Kunden".
3
Andere Definitionen versuchen des Weiteren den hohen Stellenwert der
zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Kundenberater und Kunde und
dem von der Bank angestrebten Kundenvertrauen zu thematisieren. Auf-
grund der spezifischen Ansprüche dieser Kundenklasse ist die Private Ban-
2
Schaubach/Tilmes (2006), S. 59ff.
3
Schaubach/Tilmes (2006), S. 57.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
6
king-Leistung durch einen hohen Individualisierungsgrad der Leistungser-
stellung und eine intensive persönliche Betreuung gekennzeichnet. Ferner
spielt im Private Banking der Servicegedanke im Rahmen der Bereitstel-
lung von Finanzprodukten und -dienstleistungen eine bedeutende Rolle.
Private Banking ist ausserdem durch eine hohe Erklärungsbedürftigkeit
und Vertrauensempfindlichkeit geprägt. Diese basiert sowohl auf einer
langfristigen Beziehung zwischen dem Privatkunden und der Bank als auch
auf dem Objekt Geld bzw. Vermögen. Dies setzt einen hohen Grad an Dis-
kretion und Vertrauen voraus.
4
Der Eintritt anderer Finanzdienstleister in den Private Banking Markt führ-
te zu einer begrifflichen Umorientierung vom Banktyp Privatbank auf die
Geschäftseinheit Private Banking.
Im Hinblick auf die oben genannten Private Banking Definitionen und de-
ren adressierten verschiedenen Aspekte gilt im Verlauf dieser Arbeit die
Definition von Riegler:
,,Private Banking bezieht sich auf ein kundenbedürfnis- wie qualitätsorien-
tiertes Beratungs- und Betreuungskonzept von Finanzdienstleistern für
vermögende Privatkunden, welches erlaubt, durch Bereitstellung von Fi-
nanz- und Beratungsdienstleistungen sowie ergänzender Zusatzleistungen
auf anspruchsvolle Kundenbedürfnisse zu reagieren."
5
Hier wird deutlich, dass Private Banking sich nicht auf ein festgelegtes
Spektrum an Produkten
konzentriert, sondern vielmehr den Betreuungs-
und Serviceaspekt fokussiert, der das zielgruppengerechte Angebot von
Produkten voraussetzt. Im Rahmen der Erbringung von Betreuungs- und
Servicedienstleistungen des Private Banking ist evident, dass diese nicht
nur von Banken, sondern durchaus von anderen Finanzdienstleistern er-
bracht werden können. Die oftmals im deutschen Sprachgebrauch vorzu-
findende synonyme Verwendung der Termini Privatbanken, Private Ban-
4
Walbert (2006), S. 9.
5
Riegler (2005), S. 3.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
7
king, und Privatbankiers wird demnach abgelehnt, da Private Banking
Dienstleistungen von diversen Finanzdienstleistern erbracht werden kön-
nen. Somit ist die besondere Bedeutung der rechtsformunabhängigen Or-
ganisationsform des Private Banking mit einem Fokus auf vermögende
Privatkunden hervorzuheben. Auf Basis dieses Grundverständnisses kön-
nen auch genossenschaftlich oder öffentlich-rechtlich organisierte Kredit-
institute sowie Non- und Near-Banks Private Banking-Leistungen anbieten.
Abbildung 1: Anbieter von Private Banking-Dienstleistungen
Quelle: Walbert (2006), S. 12.
Eine Differenzierung zu Privatbankiers und Privaten Banken im Allgemei-
nen sowie zu anderen Organisationseinheiten im gleichen Unternehmen
ergibt sich durch das Angebot bestimmter Produkte und Dienstleistungen
sowie durch das Service- und Relationship-Niveau.
2.3
Klassifikation von vermögenden Privatkunden
Bis anhin wurde der Begriff ,,vermögende Privatkunde" verwendet, um die
Zielgruppe der Private Banking Dienstleister darzustellen. Eine Klassifizie-
rung der einzelnen Segmente ist für den weiteren Verlauf der Arbeit wich-

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
8
tig, da die verschiedenen Segmente bzw. die dazugehörigen Kunden un-
terschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen an die Finanzdienstleister
aufweisen und somit unterschiedlich bearbeitet werden müssen. Die Fi-
nanzdienstleister nutzen für die Segmentierung insbesondere den Parame-
ter ,,Kundenvermögen". Jedoch gibt es innerhalb dieses Kriteriums je nach
Anbieter eine unterschiedliche Kategorisierung der Kunden. Die Schweize-
rische Bankiervereinigung etwa legt sich nicht genau fest und definiert die
Grenze für vermögende Privatkunden, den so genannten ,,High Net Worth
Individuals" (HNWIs), bei 1-2 Millionen CHF.
6
Eine Untersuchung von Mer-
rill Lynch und Capgemini wie eine weitere Untersuchung der Boston Con-
sulting Group setzt diese Grenze bei 1 Million USD an.
7
In der Literatur
haben sich folgende Kategorien von vermögenden Privatkunden etabliert:
,,Affluent Client" (AC), High Net Worth Individual", ,,Very High Net Worth
Individual" (VHNWI) und ,,Ultra High Net Worth Individual" (UHNWI). Für
die weiteren Ausführungen wird der Einteilung von PriceWaterhouseCoo-
pers (PWC) gefolgt (siehe Abbilddung 2). ,,Affluent" und ,,Wealthy" Kunden
liegen im Bereich von 100´000 bis 1 Million USD und sind unter dem so
genannten ,,Mittelmarkt" einzuordnen. Somit sind dies keine Kunden des
Retail Banking ­ der Massenkunden -, aber sie sind laut Definition noch
nicht im Bereich der attraktiven HNWI anzusiedeln. Ein Finanzdienstleister
könnte diese Kunden den vermögenden Privatkunden im Sinne des Private
Bankings zurechnen, das jedoch eine fünf bis zehnmal so grosse Anzahl an
Kunden voraussetzt, will das Unternehmen profitabel wirtschaften. Dass
hierbei eine individuelle Beratung in den meisten Fällen nicht möglich ist,
liegt auf der Hand.
8
Die HNWI verfügbaren über ein Vermögen 1 Million
USD, wodurch sie der Zielgruppe des Private Banking zugerechnet wer-
den. Von der Gruppe der HNWIs sind zwei weitere Teilsegmente zu lokali-
sieren. Die VHNWIs verfügen über ein Vermögen 20 Millionen USD, so
6
Schweizerische Bankiervereinigung (2009), S. 4.
7
Capgemini/Merrill Lynch (2009), S. 5, The Boston Consulting Group (2006), S. 18ff.
8
Fuchs/Girke (2002), S. 91.

Family Office - Aktuelle Entwicklungen
auf Kunden- und Anbieterseite
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dass deren Vermögen bereits einen spürbar grösseren Komplexitätsgrad
aufweisen und hier bereits erste Überlegungen zu machen sind, ob ein
Family Office für den Kunden sinnvoll erscheint, wie im Verlauf der Arbeit
deutlich gemacht wird. Eine weitere Stufe sind die UHNWIs, die über 50
Millionen USD besitzen und meist ein komplexes Vermögen besitzen, wel-
ches ein Family Office immer öfter effektiv erscheinen lässt.
Abbildung 2: Die Wealth Pyramide
Quelle: PricwaterhouseCoopers (2009), S. 49.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Hinblick auf HNWIs und UHNWIs ist die
Frage, ob diese seit längerem über ihr Vermögen verfügen, was im engli-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836647564
DOI
10.3239/9783836647564
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Liechtenstein – Finanzdienstleistungen, Studiengang EMBA Wealt Management
Erscheinungsdatum
2010 (Juni)
Note
1,0
Schlagworte
family office private banking wealth management anbieter kunden
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Titel: Family Office
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