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Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses

©2009 Masterarbeit 117 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die medizinische Versorgung im deutschen Gesundheitswesen ist sektoral stark gegliedert. Den Krankenhäusern obliegt grundsätzlich die stationäre Behandlung, während die niedergelassenen Ärzte im ambulanten Sektor tätig sind. Jeder Sektor hat eine eigene Verwaltung, eigene Gesetze und Verordnungen, eine separate Leitung und eine eigene Finanzierung. Diese Trennung ist aus gesundheitspolitischer Gesamtsicht wenig sinnvoll, da das System im Kern auf Wettbewerb zwischen den Sektoren angelegt ist und jeder Sektor versucht, einen möglichst großen Leistungs- und damit Vergütungsanteil zu allokieren. Eine größere Durchlässigkeit und eine verstärkte Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Sektor herzustellen ist das Ziel. Hierzu hat der Gesetzgeber eine Reihe von Möglichkeiten geschaffen, die den Krankenhäusern den Eintritt in den ambulanten Sektor ermöglichen und neue Einnahmequellen erschließen. Allerdings muss nicht jede dieser Einnahmequellen für ein Krankenhaus wirtschaftlich sinnvoll sein und langfristig Erfolg bringen, so dass im Vorfeld die Auswahl der ambulanten Möglichkeiten genau untersucht werden muss.
Im Rahmen dieser Masterarbeit wird aus der Vielzahl der ambulanten Möglichkeiten für ein Krankenhaus die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) heraus gegriffen. Der besondere Reiz der Gründung eines MVZ aus Sicht der Krankenhäuser liegt darin, dass sie als Träger des MVZ auftreten und somit an der ambulanten Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten teilnehmen können. Das MVZ wird vom Gesetzgeber definiert als fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Erklärtes Ziel dieser neuen Versorgungsform ist es, stationären Einrichtungen die Möglichkeit zu geben, ihre Kompetenzen zu bündeln und somit für den Patienten eine Versorgung „aus einer Hand“ anzubieten.
Die Situation des deutschen Gesundheitsmarktes, die u.a. von steigenden Kosten und zunehmendem Abbau der Leistungen geprägt ist, führt dazu, dass die früher durchaus übliche Einkommens- und Umsatzgarantie für niedergelassene Ärzte und somit auch für ein MVZ der Vergangenheit angehört. Der Betrieb eines ambulanten MVZ kann ein Krankenhaus durchaus in eine wirtschaftliche Schieflage bringen, so dass es ratsam ist, von Anfang an ein stringentes Controlling für ein Krankenhaus-MVZ aufzubauen und kontinuierlich durchzuführen, um die Wirtschaftlichkeit permanent zu überwachen. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Evelyn Vollmer
Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
ISBN: 978-3-8366-4627-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Universität Koblenz-Landau, Abt. Koblenz, Koblenz, Deutschland, MA-Thesis /
Master, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
1
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung... 6
1.1
Möglichkeiten der ambulanten Versorgung im Krankenhaus... 6
1.2 Medizinische
Versorgungszentren in Krankenhäusern... 8
1.3
Chancen und Risiken Medizinischer Versorgungszentren... 9
1.4
Ziele und Vorgehensweise dieser Arbeit ... 10
1.5
Abgrenzung dieser Arbeit ... 11
2
Vorhabensbeschreibung zur Gründung eines MVZ... 13
2.1
Beschreibung des Krankenhauses ... 13
2.2 Vorgehensweise ... 14
2.3 Zielsetzung ... 14
2.3.1 Aufbau
von
Wissen ... 14
2.3.2
Bindung der Patienten ... 15
2.3.3
Beibehaltung der Wettbewerbssituation... 16
2.3.4
Verbesserung der Einweiserstrukturen... 16
2.3.5
Erhöhung der Marktpräsenz ... 17
2.3.6
Auflösung der Ermächtigungen ... 18
2.3.7 Monetäre
Ziele ... 18
2.4 Geschäftsplan ... 19
2.4.1 Rechtsform ... 19
2.4.2 Aufbauorganisation ... 20
2.4.3 Fachrichtungen ... 21
2.4.4 Leistungsspektrum ... 22
2.4.4.1 Leistungen im vertragsärztlichen Bereich... 22
2.4.4.2 Leistungen der privatärztlichen Versorgung ... 22
2.4.4.3 Konsiliarärztliche
Leistungen ... 23
2.4.4.4 Individuelle
Gesundheitsleistungen
(IGeL) ... 23
2.4.5 Investitionen ... 23
2.4.6 Betriebseinnahmen ... 24
2.4.6.1 Exkurs: Vertragsärztliche Vergütung auf Basis des EBM 2009 ... 24
2.4.6.2 Einnahmen aus ambulanten Leistungen... 25
2.4.6.2.1 Kalkulation
der
Einnahmen
aus ambulanten Leistungen... 26
2.4.6.3 Einnahmen aus ambulanten Operationen... 27

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
2
2.4.6.3.1 Kalkulation der Einnahmen aus ambulanten Operationen... 27
2.4.6.4 Sonstige
Einnahmen... 29
2.4.7 Betriebsausgaben... 29
2.4.7.1 Personalkosten... 29
2.4.7.2 Sachkosten... 30
2.4.7.3 Finanzierungskosten... 30
2.4.7.4 Abschreibung ... 31
2.4.7.5 Sonstige
Kosten... 31
2.4.8
Geschäftsplan der Medicon gGmbH ... 31
2.4.8.1 Gewinnschwellenanalyse ... 33
2.4.8.2 Amortisationsrechnung ... 34
3
Controlling des MVZ der Medicon gGmbH ... 35
3.1
Allgemeine Definition und Aufgaben des Controllings... 35
3.2
Aufbau und Durchführung des Controllings... 36
3.2.1 Controlling
des
Wissensaufbaus ... 36
3.2.1.1 Maßnahmen zum Aufbau des Wissens ... 37
3.2.1.2 Überwachung des Wissensaufbaus ... 37
3.2.2 Controlling
der
Patientenbindung ... 38
3.2.2.1 Instrumente zur Patientengewinnung und ­bindung... 39
3.2.2.1.1 Prozessmanagement ... 39
3.2.2.1.2 Qualitätsmanagement ... 40
3.2.2.1.3 Beschwerdemanagement... 40
3.2.2.2 Quantifizierung der Patientengewinnung und -bindung ... 41
3.2.2.2.1 Patientennutzen ... 41
3.2.2.2.2 Patientenzufriedenheit... 43
3.2.2.2.3 Kennzahlen... 44
3.2.2.3 Effekte für das Krankenhaus ... 48
3.2.3 Controlling
der
Einweiserstrukturen und der Wettbewerbssituation . 49
3.2.3.1 Überweisungen... 49
3.2.3.2 Krankenhauseinweisungen... 51
3.2.3.2.1 Monetäre Bewertung von Einweisungen ... 52
3.2.3.3 Allgemeine Untersuchung der Mitbewerbersituation ... 53
3.2.4 Controlling
der
Marktpräsenz ... 54
3.2.4.1 Wahrnehmung der Marktpräsenz ... 55

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
3
3.2.4.2 Benchmarking ... 56
3.2.4.2.1 Umfrage bei anderen Krankenhaus-MVZ... 57
3.2.4.2.2 Umfrage der kassenärztlichen Vereinigung ... 57
3.2.5 Controlling
der
Ermächtigungen... 59
3.2.5.1 Zentralisation ambulanter Prozesse... 59
3.2.6
Controlling der monetären Ziele ... 60
3.2.6.1 Controlling
der
Einnahmen ... 60
3.2.6.1.1 Kontrolle des Regelleistungsvolumen-Bescheides ... 60
3.2.6.1.1.1 Berechnung
des
RLV ... 61
3.2.6.1.1.2 Beeinflussung des künftigen RLV ... 63
3.2.6.1.2 Erstellung und Kontrolle der Quartalsabrechnung... 63
3.2.6.1.2.1 Einmalige
Vorbereitung ... 63
3.2.6.1.2.2 Laufende
Prüfungen ... 65
3.2.6.1.2.3 Durchführung der Abrechnung ... 66
3.2.6.1.2.4 Praxisgebühren ... 66
3.2.6.1.2.5 Nachkontrolle der Abrechnung ... 67
3.2.6.1.2.6 Ermittlung der Umsatzbeteiligung ... 67
3.2.6.1.2.7 Wirtschaftlichkeitsprüfung... 67
3.2.6.1.3 Arztbezogene
Leistungsdaten ... 68
3.2.6.1.3.1 Auswertung ... 68
3.2.6.1.3.2 Analyse... 70
3.2.6.1.3.3 Soll-Ist-Vergleiche ... 71
3.2.6.1.3.4 Prognose ... 73
3.2.6.1.3.5 Maßnahmen... 74
3.2.6.1.4 Kontrolle der sonstigen Einnahmen ... 75
3.2.6.2 Controlling
der
Ausgaben ... 76
3.2.6.2.1 Personalkosten... 76
3.2.6.2.2 Sachkosten... 76
3.2.6.2.3 Kosten aus interner Kostenverrechnung ... 76
3.2.6.2.4 Investitionskosten... 77
3.2.6.3 Einnahmen-Ausgaben-Rechnung... 78
3.2.6.4 Kostenrechnung... 78
3.2.6.4.1 Kostenartenrechnung... 78
3.2.6.4.2 Kostenstellenrechnung ... 79

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
4
3.2.6.4.3 Kostenträgerrechnung ... 79
3.2.6.5 Abweichungsanalyse des Geschäftsplans ... 80
3.2.6.5.1 Umsatzrendite... 82
3.3 Berichtswesen... 83
4
Fazit und Ausblick ... 86
4.1
Einschränkungen durch den Koalitionsvertrag ... 86
4.2
Maßnahmen zur Erreichung der Kostendeckung ... 87
4.2.1 Leistungserweiterung ... 87
4.2.2
Eliminierung der Kostentreiber... 88
4.2.3 Personelle
Maßnahmen ... 89
4.2.4 Risikomanagement ... 90
4.2.5
Einführung und Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems.. 90
Abkürzungsverzeichnis ... 91
Anlagenverzeichnis ... 93
Anlage 1 ... 93
Anlage 2 ... 94
Anlage 3 ... 95
Anlage 4 ... 96
Anlage 5 ... 103
Literaturverzeichnis... 105
Monographien ... 105
Zeitschriften ... 106
Zeitungen... 106
Internetquellen... 106
Gesetze ... 109

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5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Lebenszyklus eines Patienten... 15
Abbildung 2: Einweiserstruktur und Wertschöpfung... 17
Abbildung 3: Aufbauorganisation des MVZ... 20
Abbildung 4: Wertschöpfung im vertragsärztlichen Bereich... 22
Abbildung 5: Investitionskosten... 24
Abbildung 6: Beispiel Businessplan MVZ... 32
Abbildung 7: Gewinnschwellenanalyse ... 33
Abbildung 8: Formel Amortisationsdauer... 34
Abbildung 9: Controlling-Regelkreis... 36
Abbildung 10: Befragung zur Freundlichkeit des Personals... 44
Abbildung 11: Kennzahlen der Patientengewinnung und -bindung ... 48
Abbildung 12: Auslastungsstatistik... 50
Abbildung 13: Veränderung der Fallzahlen ... 51
Abbildung 14: Wirkung der Marketingmaßnahmen ... 56
Abbildung 15: Vergleich mit den Ergebnissen der KBV-Umfrage ... 58
Abbildung 16: Abstaffelung der Fallzahl des Vorjahresquartals ... 61
Abbildung 17: Aufteilung der Gesamtvergütung... 62
Abbildung 18: Abrechenbare Leistungsziffern ... 64
Abbildung 19: Abrechnung ambulanter Leistungen ... 65
Abbildung 20: Auswertung der arztbezogenen Leistungsdaten... 70
Abbildung 21: Ausschöpfung der arztbezogenen RLV-Fallzahl ... 71
Abbildung 22: Arztbezogener Umsatz... 72
Abbildung 23: Prognose der arztbezogenen Fallzahlen... 73
Abbildung 24: Umsatzprognose MVZ... 74
Abbildung 25: Prognose des Jahresumsatzes 2009... 81
Abbildung 26: Prognostizierter Soll-Ist-Vergleich des Geschäftsplans... 82
Abbildung 27: Formel Umsatzrendite... 83

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
6
1 Einführung
Die medizinische Versorgung im deutschen Gesundheitswesen ist sektoral stark
gegliedert. Den Krankenhäusern obliegt grundsätzlich die stationäre Behandlung,
während die niedergelassenen Ärzte im ambulanten Sektor tätig sind (Roeder,
Hensen, 2009, S. 185). Jeder Sektor hat eine eigene Verwaltung, eigene Gesetze und
Verordnungen, eine separate Leitung und eine eigene Finanzierung. Diese Trennung
ist aus gesundheitspolitischer Gesamtsicht wenig sinnvoll, da das System im Kern
auf Wettbewerb zwischen den Sektoren angelegt ist und jeder Sektor versucht, einen
möglichst großen Leistungs- und damit Vergütungsanteil zu allokieren.
Darüber hinaus entstehen aus Patientensicht eine Diskontinuität in der Behandlung
sowie aus betriebswirtschaftlicher Sicht Effektivitäts- und Effizienzverluste,
aufgrund von erhöhtem Kommunikationsaufwand und paralleler Vorhaltung von
Kapazitäten. Eine größere Durchlässigkeit und eine verstärkte Verzahnung zwischen
ambulantem und stationärem Sektor herzustellen ist das Ziel (Hentze, Huch, Kehres,
2005, S. 27).
1.1 Möglichkeiten der ambulanten Versorgung im Krankenhaus
Der Gesetzgeber hat den Krankenhäusern mit der Einführung des Gesetzes zur
Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) am 01. Januar 2004
eine Vielzahl von Möglichkeiten zur ambulanten Versorgung von gesetzlich
Versicherten gegeben (Kuhlmann, 2004), die primär auf die Verzahnung des
stationären mit dem ambulanten Sektor zielen. Diese werden im Folgenden kurz
aufgezeigt und erläutert:
· Nach §95 SGB V wird Krankenhäusern die Möglichkeit gegeben, ein
Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu gründen.
· Die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus nach §115a SGB
V ermöglicht die Diagnose vor und die Anschlussbehandlung nach einem
Krankenhausaufenthalt.

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
7
· Das ambulante Operieren im Krankenhaus nach §115b SGB V erlaubt die
ambulante Erbringung bestimmter, in einem Katalog festgelegter,
chirurgischer Leistungen ohne anschließende Übernachtung des Patienten im
Krankenhaus.
· Die ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte, mittels der sogenannten
persönlichen Ermächtigung für Ärzte, die nach §116 SGB V nicht
Vertragsärzte der kassenärztlichen Vereinigung (KV) sind, wird vom
Zulassungsausschuss der KV dann erlaubt, wenn bestimmte Leistungen im
vertragsärztlichen ambulanten Bereich nicht in ausreichendem Umfang
erbracht werden können.
· Die ambulante Behandlung in Krankenhäusern bei Unterversorgung nach
§116a SGB V wird ebenfalls vom Zulassungsausschuss der KV erlaubt,
wenn die vertragsärztliche ambulante Versorgung durch niedergelassene
Ärzte nicht sichergestellt werden kann.
· Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach §116b SGB V ist möglich,
wenn es sich um hoch spezialisierte Leistungen, seltene Erkrankungen und
besondere Krankheitsverläufe handelt.
· Die psychiatrische Institutsambulanz nach §118 SGB V ermöglicht die
ambulante, psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung von
Patienten, die wegen der Schwere ihrer Krankheit oder zu großer Entfernung
zu einem geeigneten Arzt auf das Krankenhaus angewiesen sind.
· Das sozialpädiatrische Zentrum nach §119 SGB V wird zur ambulanten
Behandlung von Kindern ermächtigt, sofern die Gewähr für eine
leistungsfähige und wirtschaftliche Behandlung vorhanden ist.
· Tageskliniken ermöglichen die ambulante teilstationäre Betreuung von
Fällen, die für eine ambulante Versorgung zu aufwändig sind, für die aber
eine stationäre Einweisung nicht nötig ist. Diese Leistungen werden an
weniger als einem Tag durchgeführt.
Über diese ambulanten Versorgungsmöglichkeiten im Krankenhaus hinaus gibt es
den Ansatz, die sektorale Trennung durch die integrierte Versorgung nach §§140a ff.
SGB V zu überwinden. Der Gesetzgeber eröffnet hiermit die Möglichkeit, Verträge
zur Versorgung der Versicherten abzuschließen, die entweder fachübergreifend sind

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
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oder mit dem Ziel einer stärkeren interdisziplinären Vernetzung über
Leistungssektoren (Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte) hinweg gehen.
Für Krankenhäuser bedeutet der ambulante Leistungsbereich die Erschließung
möglicher neuer Einnahmequellen. Allerdings muss nicht jede dieser
Einnahmequellen für ein Krankenhaus wirtschaftlich sinnvoll sein und langfristig
Erfolg bringen, so dass im Vorfeld die Auswahl der ambulanten Möglichkeiten
genau untersucht werden muss.
1.2 Medizinische Versorgungszentren in Krankenhäusern
Im Rahmen dieser Arbeit wird aus der Vielzahl der ambulanten Möglichkeiten für
ein Krankenhaus die Gründung eines MVZ heraus gegriffen. Der besondere Reiz der
Gründung eines MVZ aus Sicht der Krankenhäuser liegt darin, dass sie als Träger
des MVZ auftreten und somit an der ambulanten Versorgung von gesetzlich
versicherten Patienten teilnehmen können. Durch diesen Ausbau der
Versorgungskette eröffnet sich ein umfangreiches, strategisches Potenzial (Baden-
Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 3). Alle anderen
ambulanten Möglichkeiten werden im Folgenden nicht weiter betrachtet.
,,Das MVZ wird vom Gesetzgeber in §95 SBG V definiert als ,,fachübergreifende
ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig
sind."" (Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 3).
,,Erklärtes Ziel dieser neuen Versorgungsform ist es, ... stationären Einrichtungen...
die Möglichkeit zu geben, ihre Kompetenzen zu bündeln und somit eine Versorgung
,,aus einer Hand" anzubieten." (Pelleter, Sohn, Schöffski, 2005, S.5). ,,Dabei ist das
dem MVZ zugrunde liegende Konzept alles andere als neu, weswegen im
Zusammenhang mit den MVZ häufig auf die ,,health centers" im skandinavischen
Raum (z.B. Dänemark und Finnland) oder auf die ehemaligen Polikliniken der DDR
... verwiesen wird." (Pelleter, Sohn, Schöffski, 2005, S.6).
,,Zum 1. Januar 2007 hat der Gesetzgeber durch das Vertragsrechtsänderungsgesetz
(VÄndG) zahlreiche Vorschriften überarbeitet, die das MVZ betreffen." (Deutsche
Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S.7). Das VÄndG enthält u.a. Regelungen zur

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9
Liberalisierung der ärztlichen Berufsausübung sowie Regelungen bezüglich
Medizinischer Versorgungszentren (Hoffmann, 2009, Folie 2). Daraus ergibt sich für
Krankenhäuser die Option, ,,dass ein Arzt als Angestellter gleichzeitig in einem
Krankenhaus und in einem MVZ tätig sein kann". (Deutsche
Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 28).
1.3 Chancen und Risiken Medizinischer Versorgungszentren
,,Angesichts der ... nahezu unüberblickbaren Masse an Gestaltungsmöglichkeiten
und Handlungsoptionen für die MVZ" (Pelleter, Sohn, Schöffski, 2005, S.161), die
sich auch aus der spezifischen Situation eines Krankenhauses ergeben, ist es für ein
Krankenhaus essentiell, die sich ergebenden Chancen und Risiken zu kennen.
Die wesentlichen Chancen sind
· die verbesserte Planungssicherheit der ambulanten Behandlung im
Gegensatz zur befristeten Ermächtigung,
· die Erschließung neuer Ertragspotenziale,
· ein Kostensenkungspotenzial durch bessere Ausnutzung der Kapazitäten und
· eine Optimierung der Schnittstelle zwischen ambulantem und stationärem
Sektor (Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 52
ff.).
Diesen Chancen stehen vergleichweise niedrige Risiken gegenüber, die durch ein
entsprechendes Risikomanagement kontrollierbar sind. Die Risiken sind
· Planungsunsicherheiten durch ungeklärte Fragen im Bereich der Abrechnung,
· langfristig nicht verbindliche rechtliche Grundlagen,
· das Misstrauen der Ärzteschaft allgemein gegenüber Neuerungen,
· die Angst der niedergelassenen Ärzte vor verstärktem Wettbewerb und
· evtl. eine mangelnde Arbeitsmoral der angestellten Ärzte (Pelleter, Sohn,
Schöffski, 2005, S. 141 ff.).

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
10
1.4 Ziele und Vorgehensweise dieser Arbeit
Die Situation des deutschen Gesundheitsmarktes, die u.a. von steigenden Kosten und
zunehmendem Abbau der Leistungen geprägt ist, führt dazu, dass die früher durchaus
übliche Einkommens- und Umsatzgarantie für niedergelassene Ärzte der
Vergangenheit angehört (Börkircher, 2004, S. 74).
Der Betrieb eines ambulanten MVZ kann ein Krankenhaus durchaus in eine
wirtschaftliche Schieflage bringen, so dass es sinnvoller sein kann, auf ein MVZ zu
verzichten. Zumindest ist es ratsam, von Anfang an ein stringentes Controlling für
ein Krankenhaus-MVZ aufzubauen und kontinuierlich durchzuführen, um die
Wirtschaftlichkeit permanent zu überwachen. Auch Fozouni, Vieten (2005) weisen
auf die Notwendigkeit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung bereits vor der Gründung
eines MVZ hin.
Die Frage, wie ein Krankenhaus-MVZ gegründet und betrieben werden muss, so
dass es wirtschaftlich sinnvoll ist, wird in der vorliegenden Ausarbeitung für ein
fiktives Beispiel beantwortet.
Das Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, wie das Controlling eines Krankenhaus-MVZ
unter Beachtung der von einem fiktiven Krankenhaus vorgegebenen Zielsetzungen
und Rahmenbedingungen aufgebaut werden kann, um eine betriebswirtschaftlich
sinnvolle Betreibung dieses Krankenhaus-MVZ sicher zu stellen. In einem zweiten
Schritt wird anhand von Ergebnissen des durchgeführten Controllings gezeigt
werden, welche Maßnahmen von der Geschäftsführung ergriffen werden müssen, um
die vorgegebene Wirtschaftlichkeit langfristig zu erhalten.
Ausgangspunkt ist ein fiktives Krankenhaus und eine für die Gründung eines MVZ
spezifische, aber fiktive Zielsetzung. Aus dieser Zielsetzung heraus lassen sich die
Informationsbedürfnisse der Geschäftsführung und daraus wiederum die Parameter
für den Aufbau des Controllings entwickeln. Das MVZ-Controlling soll jederzeit
durch geeignete Parameter den Grad der Zielerreichung aufzeigen bzw., falls die
Ziele nicht ausreichend erfüllt sind, die Basis für das Aufsetzen geeigneter
Maßnahmen bieten.

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
11
Nach einer kurzen Beschreibung des fiktiven Krankenhauses und der Motivation zur
Gründung eines MVZ wird beispielhaft ein Geschäftsplan aufgebaut, der die
Zielsetzung des Krankenhauses in monetärer Hinsicht abbildet. Dieser stellt somit
das Soll-Ergebnis dar, mit dem zu einem späteren Zeitpunkt das Ist-Ergebnis
verglichen werden kann, um darauf aufbauend geeignete Maßnahmen zur Steuerung
des MVZ zu entwickeln. Aber auch für die über den rein monetären Aspekt
hinausgehenden Ziele werden geeignete Maßeinheiten zur Kontrolle und zur
Steuerung konzipiert.
Methodisch basiert die Arbeit auf Erfahrungswerten sowie auf Recherchen im
Internet und in der Literatur zur Untermauerung dieser Erfahrungswerte.
1.5 Abgrenzung dieser Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Annahmen getroffen, die der Vereinfachung und
der Klarheit dienen. Diese Annahmen werden an den entsprechenden Stellen explizit
ausformuliert. Sie werden so getroffen, dass sich an der grundsätzlichen Aussage
nichts ändert. So wird z.B. mit Durchschnittswerten gearbeitet, auch wenn es
möglich wäre, mit spezifischeren Einzelwerten zu arbeiten.
Sowohl die Zielsetzungen als auch das darauf aufbauende Controlling des MVZ sind
teilweise eng verbunden mit den Zielen und dem Controlling des fiktiven
Krankenhauses. Auf das Krankenhaus-Controlling wird in dieser Arbeit nicht weiter
eingegangen, sondern es erfolgt die Beschränkung auf das Controlling des MVZ.
Nicht alle betriebswirtschaftlichen Aspekte der Gründung und des Betriebs eines
MVZ werden in der vorliegenden Arbeit behandelt, sondern schwerpunktmäßig das
Controlling des MVZ. So werden z.B. der notwendige Aufbau einer
Finanzbuchhaltung oder die Berücksichtigung steuerlicher Aspekte nicht weiter
verfolgt.
Die Gemeinnützigkeit des Krankenhauses und die damit einhergehenden
Steuervergünstigungen können durch die Nutzung von Krankenhausmitteln für die

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
12
Gründung und den Betrieb eines MVZ gefährdet sein (Bartmuß, 2007). Die Aspekte
der Gefährdung der Gemeinnützigkeit werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter
beleuchtet.
Ein angestrebter Benchmark mit anderen Krankenhaus-MVZ entfällt, da keines der
zufällig ausgewählten und kontaktierten Krankenhäuser bereit war, an der
Entwicklung mitzuarbeiten.

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
13
2 Vorhabensbeschreibung zur Gründung eines
MVZ
Nachdem die grundsätzliche Entscheidung getroffen wurde, ein MVZ zu gründen,
werden zunächst die Vorgehensweise festgelegt und, basierend auf den individuellen
Rahmenbedingungen des Krankenhauses, die Ziele, die mit der Gründung verbunden
werden, definiert. Das Vorhaben MVZ-Gründung wird ausgearbeitet und ein
Geschäftsplan erstellt.
2.1 Beschreibung des Krankenhauses
Das Krankenhaus ist ein kommunales Krankenhaus in einer Stadt mit ca. 250.000
Einwohnern, mit 500 Betten und ca. 19.000 stationären Fällen pro Jahr. Die
rechtliche Organisationsform des Krankenhauses ist eine gemeinnützige Gesellschaft
mit beschränkter Haftung (gGmbH). Das Krankenhaus trägt den Namen Medicon
gGmbH.
Folgende Fachrichtungen werden angeboten:
· Innere Medizin
· Allgemein- und Unfallchirurgie
· Gefäßchirurgie
· Orthopädie
· Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
· Thoraxchirurgie
· Neurochirurgie
· Gynäkologie
· Urologie
· Anästhesie
Die einzelnen Fachabteilungen stehen unter der ärztlichen Leitung von Professoren.
Die Gesamtleitung der Medicon gGmbH liegt paritätisch in der Hand eines ärztlichen
und eines kaufmännischen Geschäftsführers.

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
14
2.2 Vorgehensweise
Die Geschäftsführung der Medicon gGmbH hat beschlossen, den Aufbau eines
zunächst kleinen MVZ als Pilotprojekt durchzuführen. Die Zielsetzung hierbei ist,
Erfahrungen im Bereich der ambulanten Behandlung zu sammeln, um nach Ablauf
von drei bis fünf Jahren MVZ-Betrieb entscheiden zu können, ob das MVZ
ausgebaut wird, ob die Unterhaltung eines MVZ zur übergeordneten Strategie der
Medicon gGmbH passt oder ob das Projekt MVZ eingestellt wird.
2.3 Zielsetzung
Es ist notwendig, zunächst die genauen Ziele, die mit der Durchführung eines
Pilotprojektes verfolgt werden, zu formulieren, abzustimmen und zu dokumentieren,
damit von Anfang an klar ist, worauf sich der Erfolg des Pilotprojektes MVZ
gründet.
Es handelt sich im Wesentlichen um strategische Ziele, die die fiktive Medicon
gGmbH mit dem Pilotprojekt verfolgt. Diese Ziele werden im Folgenden in der
Reihenfolge ihrer Priorität näher erläutert, wobei die monetären Ziele in der
Zielhierarchie ganz bewusst als letztes genannt werden:
1. Aufbau von Wissen
2. Bindung der Patienten
3. Beibehaltung der Wettbewerbsituation
4. Verbesserung der Einweiserstrukturen
5. Erhöhung der Marktpräsenz
6. Auflösung von Ermächtigungen
7. Monetäre Ziele
2.3.1 Aufbau von Wissen
Im Rahmen eines Pilotprojektes wird der Wissensgewinn über die Aufbau- und
Betriebsprozesse eines MVZ im eigenen Haus als oberstes Ziel gesehen. Denn dieses
Wissen kann jederzeit wieder verwendet werden, so dass man bei einer späteren
Vergrößerung des MVZ oder beim Aufbau weiterer MVZ wesentlich effizienter und
zielorientierter vorgehen kann.

Controllingsystem eines Medizinischen Versorgungszentrums eines Krankenhauses
15
2.3.2 Bindung der Patienten
Prinzipielles Ziel eines Krankenhauses muss es sein, den Patienten in all seinen
Lebensphasen von der Geburt bis zum Tod an das Krankenhaus zu binden. Die
lebenslange Bindung eines Patienten an ein Krankenhaus bedeutet über alle
Lebensphasen des Patienten hinweg eine gesicherte Einnahmequelle für das
Krankenhaus
1
. Das setzt allerdings voraus, dass alle im Verlauf eines Patientenlebens
erforderlichen Gesundheitsdienste auch vom Krankenhaus angeboten werden.
Abbildung 1: Lebenszyklus eines Patienten
Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, hat ein durchschnittlicher Patient in seinen
Lebensphasen (horizontal dargestellt) von der Geburt bis zum Tod eine
unterschiedlich große Nachfrage (vertikal dargestellt) nach unterschiedlichen
medizinischen Leistungen. So entsteht beispielsweise die Nachfrage nach einem
Platz in einem Altersheim i.d.R. frühestens mit dem Ende des Berufslebens.
In all seinen Lebensphasen benötigt der Patient immer wieder ambulante
Behandlungen, zu der auch Ernährungsberatung, Krankengymnastik etc. gehören,
oder eben MVZ unterschiedlicher Fachrichtungen. Mit einer über den gesamten
Lebenszyklus nachgefragten Einrichtung wie dem MVZ kann also die lebenslange
Bindung des Patienten an den Krankenhaus-Versorgungskomplex erreicht werden,
1
Das kann auch von Vorteil für den Patienten sein, denn seine komplette Anamnese ist somit
durchgängig dokumentiert und bestens bekannt.
Stationäre
Behandlung
Geburt
Aus-
bildung
Beruf
Rente
Krankheit
/ Tod
Ambulante
Behandlung
Apotheke
Altersheim
Pflege

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auch in den Lebensphasen, in denen er typischerweise noch keine starke Nachfrage
nach medizinischen Leistungen entwickelt.
2.3.3 Beibehaltung der Wettbewerbssituation
Als kritischer Erfolgsfaktor ist die Beibehaltung einer positiven Beziehung zu den
niedergelassenen Ärzten im Einzugsgebiet des Krankenhauses zu betrachten. Das
MVZ der Medicon gGmbH darf keinesfalls in einen zu aggressiven Wettbewerb mit
den niedergelassenen Ärzten treten. Die Medicon gGmbH ist grundsätzlich auf die
Einweisungen dieser Ärzte angewiesen, so dass sich hier ein Interessenskonflikt
zeigt, der nur durch intensive Kommunikation bereits im Vorfeld der MVZ-
Gründung mit den niedergelassenen Ärzten gemildert werden kann. Das Ziel ist also,
dass die Ärzte die Vorteile des MVZ der Medicon gGmbH erkennen und nutzen.
2.3.4 Verbesserung der Einweiserstrukturen
Ein weiteres wichtiges strategisches Ziel ist die Verbesserung der
Einweiserstrukturen durch die Gründung eines MVZ. Diese Verbesserung findet auf
mehreren Ebenen statt und generiert für die Medicon gGmbH vier Vorteile:
1. Die im MVZ tätigen Ärzte können Patienten direkt stationär in das
Krankenhaus einweisen und dadurch dessen Fallzahlen verbessern.
2. Die vor- und nachstationäre Behandlung kann in das MVZ ausgelagert
werden und ist somit nicht mehr zeitlich
2
begrenzt.
3. Auch Hausärzte können ambulante Patienten an das MVZ der Medicon
gGmbH überweisen
3
und müssen diese nicht erst zu einem niedergelassenen
Facharzt schicken, der dann wiederum weiter überweist.
4. Patienten können auch auf eigene Veranlassung das MVZ aufsuchen, wenn
sie die erforderliche Praxisgebühr in Höhe von 10 bezahlen.
2
Nach $115a SGB V ist die vorstationäre Behandlung auf drei Behandlungstage innerhalb von fünf
Tagen und die nachstationäre Behandlung auf sieben Behandlungstage innerhalb von vierzehn Tagen
begrenzt.
3
Der bereits existierende Weg der direkten Einweisung von Patienten in das Krankenhaus bleibt
davon unberührt.

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Es entsteht also eine zusätzliche Wertschöpfung
4
, sowohl aus Sicht des
Krankenhauses als auch aus der des MVZ, wie die Wertschöpfungskette, die in
Abbildung 2 dargestellt ist, zeigt. Die Patienten kommen mit einer Überweisung oder
auf eigene Veranlassung in das MVZ, werden dort zunächst vorstationär auf eine
stationäre Behandlung vorbereitet und können nach dem stationären Aufenthalt
direkt im MVZ weiter behandelt werden
5
.
Abbildung 2: Einweiserstruktur und Wertschöpfung
2.3.5 Erhöhung der Marktpräsenz
Für Krankenhäuser ist die Gründung eines MVZ bereits seit 2004 möglich. Laut
einer Datenerhebung der kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zum Ende des
4. Quartals 2008 gibt es bereits 1.206 MVZ; davon befinden sich 37,4% in der
Trägerschaft eines Krankenhauses (Kassenärztliche Bundesvereinigung (II), 2009,
S.3).
Die Gründung eines MVZ für die Medicon gGmbH scheint somit unumgänglich, um
sich im ambulanten Markt zu positionieren und um weiterhin konkurrenzfähig zu
bleiben im Vergleich zu anderen Krankenhäusern der Region, insbesondere denen in
4
Nach einer 2008 von der KBV durchgeführten MVZ-Umfrage trifft die Aussage, dass ein MVZ die
Möglichkeit bietet, an der gesamten Wertschöpfungskette des Patienten teilzuhaben, auf große
Zustimmung (Kassenärztliche Bundesvereinigung, S. 32, 2009).
5
Als Vorteil für den Patienten ist hier die ,,Behandlung aus einer Hand" zu sehen. Wenn der im MVZ
angestellte Arzt auch gleichzeitig im Krankenhaus angestellt ist, kann der Patient durchgängig vom
selben Arzt ambulant und stationär behandelt werden.
MVZ
Krankenhaus
Haus-/
Facharzt
MVZ
Direkter Termin
Vorstationäre
ambulante
Behandlung
Nachstationäre
ambulante
Behandlung
Stationäre
Behandlung
Überweisung
Einweisung
Einweisung

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privater Trägerschaft, die bereits ein MVZ betreiben. Als strategisches Ziel wird also
die grundsätzliche Marktpräsenz für ein MVZ postuliert.
2.3.6 Auflösung der Ermächtigungen
Die persönlichen Ermächtigungen, die den angestellten Krankenhausärzten die
ambulante Behandlung von Patienten ermöglichen, sind für Krankenhausärzte seitens
der KV ,,zeitlich, räumlich und dem Umfang nach begrenzt" (Diehl, 2009, S.42)
sowie abhängig von einer bestehenden ambulanten Unterversorgung. Es handelt sich
somit um eine nicht langfristig planbare Größe für die Medicon gGmbH.
Darüber hinaus sind die Erlöse, die sich im Rahmen der persönlichen
Ermächtigungen erzielen lassen, geringer als die, die sich durch ambulante
Behandlung der Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem
MVZ ergeben. So kann beispielsweise ein ermächtigter Unfall- oder Neurochirurg
für einen Patienten nur eine Grundpauschale in Höhe von 15,75
6
abrechnen.
Demgegenüber kann ein vertragsärztlicher Unfallchirurg eine Grundpauschale von
22,05 bzw. ein vertragsärztlicher Neurochirurg eine Grundpauschale von 31,50
abrechnen (Kassenärztliche Bundesvereinigung (III), 2009).
Die Medicon gGmbH verfolgt das Ziel, die Ermächtigungen aufzulösen und die
gesamte ambulante Behandlung in das MVZ zu verlagern.
2.3.7 Monetäre Ziele
Das einzige rein monetäre Ziel, das von der Medicon gGmbH formuliert wurde, ist
die Erfüllung der im Geschäftsplan festgelegten Zahlen. Das monetäre Ziel hat im
Rahmen des Pilotprojektes unterste Priorität, da dieses Pilotprojekt zunächst als
Investition betrachtet wird und in erster Linie die strategischen Ziele erfüllt werden
sollen. Allerdings gilt auch für das Pilotprojekt der Medicon gGmbH immer das in
der Betriebswirtschaft grundlegende Ziel der Gewinnmaximierung bei minimalem
Kapitaleinsatz.
6
Zur Erläuterung der Abrechnungssystematik siehe Kapitel 2.4.6.1 Exkurs: Vertragsärztliche
Vergütung auf Basis des EBM 2009.

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2.4 Geschäftsplan
Der Geschäftsplan beschreibt das Gesamtvorhaben des MVZ der Medicon gGmbH
und bildet die Grundlage für die weitere Planung und das interne Controlling.
Der detaillierte Geschäftsplan beantwortet u.a. nachfolgende Fragen (Seiler, 2009):
· Welche Rechtsform hat das MVZ?
· Welche Aufbauorganisation hat das MVZ?
· Welche Fachrichtungen werden in das MVZ integriert?
· Welche Leistungen werden im MVZ angeboten?
· Welche Investitionen sind für das MVZ notwendig?
· Welche Einnahmen können im MVZ realisiert werden?
· Welche Ausgaben müssen für das MVZ veranschlagt werden?
2.4.1 Rechtsform
Gemäß §95 Abs. 1 SGB V können sich MVZ aller zulässigen Organisationsformen
bedienen, also sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften sein. ,,In der Praxis
ist die GmbH die häufigste Rechtsform bei Trägerschaft durch ein Krankenhaus. ...
Daneben gibt es bei einem Krankenhaus als Gründer auch die Möglichkeit eines
MVZ als rechtlich unselbstständigem Betriebsteil des Krankenhauses." (Baden-
Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 21).
Die Medicon gGmbH wählt diese Vorgehensweise, da der Betrieb des MVZ als
rechtlich unselbstständiger Betriebsteil zunächst die einfachste Variante zur
Gründung des MVZ darstellt. Das hat den Vorteil, dass für das Pilotprojekt keine
Betreibergesellschaft gegründet werden muss. Voraussetzung für den Betrieb des
MVZ ,,ist jedoch dessen organisatorische und buchhalterische Trennung vom übrigen
Krankenhausbetrieb." (Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V., 2007, S. 12).

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2.4.2 Aufbauorganisation
Die Aufbauorganisation des MVZ der Medicon gGmbH ist in Abbildung 3
dargestellt.
Abbildung 3: Aufbauorganisation des MVZ
Die Leitungsfunktionen des MVZ werden in die medizinische und die
kaufmännische Leitung aufgeteilt. Einer der vier Ärzte nimmt gleichzeitig die
Aufgabe des medizinischen Leiters des MVZ wahr. Die kaufmännische Leitung
erfolgt durch einen Mitarbeiter der Controllingabteilung der Medicon gGmbH, der
diese Aufgabe zusätzlich übernimmt.
Die Medicon gGmbH möchte die Ärzte des MVZ aus den eigenen Reihen
rekrutieren. Die Ärzte sollen einen Teil ihrer Arbeitszeit im Krankenhaus und den
anderen Teil der Arbeitszeit im MVZ leisten. Für den unfall- sowie den
neurochirurgischen Sitz werden jeweils zwei Krankenhausärzte abgestellt, die jeder
20 Wochenstunden für das MVZ arbeiten.
Es wird zunächst nur eine Arzthelferin eingestellt, die für die komplette
Terminierung und die Patientenverwaltung zuständig ist. Die Sprechstunden der
MVZ
Kaufmännische
Leitung
Medizinische
Leitung
Unfallchirurg I
Unfallchirurg II
Neurochirurg I
Neurochirurg II
Arzthelferin I
Geschäftsführung
Medicon gGmbH

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Ärzte werden nicht durch eine Sprechstundenhilfe unterstützt. Beides erfolgt mit dem
Ziel der Kostenminimierung.
2.4.3 Fachrichtungen
Nach §95 SGB V muss ein MVZ fachübergreifend sein, also mindestens zwei
Fachrichtungen beinhalten. Vor der Gründung eines MVZ muss also entschieden
werden, welche Fachrichtungen das sein sollen.
Die Entscheidung für eine Fachrichtung unterliegt den Zulassungsbeschränkungen
der KV (Kassenärztliche Vereinigung Hessen (I), 2009). Diese beinhalteten, dass
entweder ein freier Vertragsarztsitz, sofern vorhanden, bei der KV beantragt oder ein
bestehender Vertragsarztsitz im Rahmen einer Praxisnachfolge übernommen werden
kann. Die Wahl einer zulassungsfreien Fachrichtung ist ebenfalls möglich.
Im vorliegenden Fall hat die Medicon gGmbH unter Einhaltung der
Rahmenbedingungen die beiden Fachrichtungen Unfall- und Neurochirurgie
gewählt. Der unfallchirurgische Sitz ist zulassungsbeschränkt und wird über den
Kauf einer Praxis erworben. Der neurochirurgische Sitz ist zulassungsfrei.
Hiermit ist sichergestellt, dass
· die Medicon gGmbH mit dem MVZ zunächst im kleinen Umfang beginnt, da
nur die Minimalanforderung von zwei Fachrichtungen erfüllt wird,
· die Synergieeffekte zwischen der Medicon gGmbH und dem MVZ genutzt
werden können, weil diese Fachrichtungen auch im Krankenhaus angeboten
werden,
· der Kapitaleinsatz minimiert werden kann, da die Erbringung ambulanter
chirurgischer Leistungen ohne die Beschaffung zusätzlicher kostenintensiver
technischer Geräte erfolgen kann. Für Untersuchungen und Operationen kann
auf die entsprechende Infrastruktur der Medicon gGmbH zurückgegriffen
werden,
· die Höhe der Grundpauschale, die je behandeltem Fall abgerechnet werden
kann, für diese Fachrichtungen im oberen Drittel liegt (siehe Anlage 1).

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2.4.4 Leistungsspektrum
Die Festlegung des vom MVZ angebotenen Leistungsspektrums ist von
grundlegender Bedeutung für die spätere Erlössituation des MVZ, da
unterschiedliche Leistungen unterschiedliche Erlöse zur Folge haben.
2.4.4.1 Leistungen im vertragsärztlichen Bereich
Anhand einer für den ambulanten vertragsärztlichen Bereich des MVZ aufgestellten
Wertschöpfungskette, die in Abbildung 4 dargestellt ist, lassen sich als mögliche
Einnahmequellen die Diagnose und Behandlung und darüber hinausgehend das
ambulante Operieren inkl. Nachuntersuchung und -behandlung identifizieren.
Abbildung 4: Wertschöpfung im vertragsärztlichen Bereich
So wird neben der normalen medizinischen Behandlung im Rahmen der
Sprechstunden das ambulante Operieren als anzubietende Leistung festgesetzt.
Konkret werden im unfallchirurgischen Bereich des MVZ Eingriffe an Knochen und
Gelenken, endoskopische Eingriffe an Gelenken (Athroskopien) und Eingriffe im
Bereich der Extremitätenchirurgie angeboten. Im neurochirurgischen Bereich werden
alle ambulant erlaubten Operationen angeboten; hier erfolgt keine weitere
Spezifizierung der Leistung.
2.4.4.2 Leistungen der privatärztlichen Versorgung
Privatpatienten werden im MVZ nicht behandelt. Das ist den an der Klinik
arbeitenden Chefärzten geschuldet, die schon seit jeher für die Behandlung der
ambulanten Privatzahler zuständig sind. Das soll beibehalten werden, weil das MVZ
nicht in Konkurrenz zu den Privatambulanzen treten soll.
Diagnose /
Behandlung
Zusatz-
behandlung
Ambulantes
Operieren
Nachunter-
suchung
Nach-
behandlung

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2.4.4.3 Konsiliarärztliche Leistungen
Grundsätzlich können niedergelassene Fachärzte MVZ-Ärzte anderer
Fachrichtungen im Krankenhaus konsiliarisch beraten. Die Ärzte des MVZ der
Medicon gGmbH sind aber nicht ausschließlich für das MVZ tätig, was
Voraussetzung für die konsiliarärztliche Tätigkeit ist, sondern auch für das
Krankenhaus. Eine klare Trennung der konsiliarischen Tätigkeit nach MVZ und
Krankenhaus ist somit nicht durchführbar.
2.4.4.4 Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)
,,IGeL-Leistungen sind Leistungen, die nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen
Krankenversicherung gehören, dennoch von Patientinnen und Patienten nachgefragt
werden, ärztlich-empfehlenswert oder aufgrund des Patientenwunsches ärztlich
vertretbar sind." (Usinger, 2009, Kap. 4.2 S. 1). IGeL werden in den Bereichen
Vorsorgeuntersuchung, Krebsfrüherkennung, Reise-, Sport- und Umweltmedizin
sowie während der Schwangerschaft angeboten. Darüber hinaus kann es
psychotherapeutische Angebote, medizinisch-kosmetische Leistungen und ärztliche
Serviceleistungen (z.B. Raucherentwöhnung) geben.
Die Chirurgen des MVZ können im Rahmen der Festlegung von IGeL
ausschließlich chirurgische Leistungen anbieten. Das Angebot beschränkt sich also
auf medizinisch-kosmetische Leistungen (z.B. die Beseitigung von Besenreiser-
Varizen oder die Entfernung von Tätowierungen). Hierbei handelt es sich um ein
überschaubares Angebot, das mit einer beschränkten Patientennachfrage einhergeht,
weswegen auf das Angebot dieser Leistung verzichtet wird.
2.4.5 Investitionen
Die für die Gründung des MVZ erforderlichen Investitionen werden in Abbildung 5
definiert.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836646277
DOI
10.3239/9783836646277
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Koblenz-Landau – 3 Mathematik / Naturwissenschaften, Gesundheitsmanagement
Erscheinungsdatum
2010 (Mai)
Note
2,0
Schlagworte
krankenhaus versorgungszentrum controlling ambulante behandlung
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