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Gestaltung des Informationsaustausches zwischen den Unternehmensorganen - Möglichkeiten des Controlling aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie

©2010 Diplomarbeit 96 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘In Deutschland galt es lange als normal, dass sich ein paar einflussreiche Manager oder Ex-Firmenchefs gegenseitig die Posten in den Aufsichtsräten zuschanzten und eine effektive Kontrolle der Vorstände unmöglich wurde. Das ist zum großen Teil vorbei. Die wechselseitige Verflechtung der Konzerne löste sich auf und die Öffnung des deutschen Kapitalmarktes verlangte ein transparentes Verhalten,…’.
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Managern und Aktionären kapitalmarktorientierter Unternehmen in Form von Bilanzskandalen, Unternehmensschieflagen und Fehlverhalten. Dies lies den Ruf nach einer Ausgestaltung der Regeln guter Unternehmensführung (Corporate Governance) lauter werden. Um die Informationspolitik und die Transparenz von Unternehmen zu verbessern, hat der deutsche Gesetzgeber daher Modifikationen an den bestehenden Vorschriften, vor allem an denen des Aktiengesetzes (AktG), vorgenommen. Die daraus entstandenen Corporate Governance-Kodizies sollen das Vertrauen in die Unternehmen verbessern bzw. wieder herstellen.
Besondere Beachtung finden in diesem Zusammenhang börsennotierte Aktiengesellschaften mit breit gestreutem Aktionärskreis, wo der einzelne Aktionär wenig Möglichkeiten hat, die Unternehmensführung unmittelbar zu überwachen. Im System der deutschen Aktiengesellschaften übernimmt diese Aufgabe der Aufsichtsrat. Diesem Anspruch wurden die deutschen Aufsichtsräte bisher vielfach nicht gerecht, weil sie der Vorstand aufgrund eigener Anreize lückenhaft, falsch oder zu spät informiert hat. Die Rolle des Aufsichtsrates wurde daher gesetzlich gestärkt. Dies allein reicht allerdings nicht aus, um eine Verbesserung des Informationsaustausches zu erreichen. Vielmehr sind darauf aufbauend betriebswirtschaftliche Lösungen zu suchen, um den Aufsichtsräten eine adäquate Informationsversorgung mit entscheidungsrelevanten Informationen zu ermöglichen. Daneben wird von Corporate Governance auch eine Machtverstärkung der Aktionäre gefordert, indem von den Unternehmen nicht nur rein Informationen vermittelt, sondern auch die Corporate Governance Regelungen und deren Einhaltung aktiv kommuniziert werden sollen. Die am 29.05.09 verabschiedete Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) stellt dazu heraus, dass Aktionäre besser informiert werden sollen.
Ziel dieser Arbeit ist es zu klären, welche Möglichkeiten das Controlling hat, um den Informationsaustausch zwischen den Unternehmensorganen aus Sicht der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Ausgangssituation, Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Problemanalyse und Begriffseingrenzungen
2.1 Problemanalyse
2.1.1 Grundverständnis der Prinzipal-Agenten-Theorie
2.1.2 Interessenskonflikt zwischen Eigentümer und Management – ein Corporate Governance-Problem
2.1.3 Unternehmensorgane der Corporate Governance
2.1.4 Informationsasymmetrieprobleme und Lösungsansatz
2.2 Begriffseingrenzungen
2.2.1 Controlling
2.2.2 Informationsaustausch
2.2.3 Gestaltung

3 Controlling zur Gestaltung des Informationsaustausches zwischen den Unternehmensorganen
3.1 Informationsbeziehungen zwischen den Unternehmensorganen
3.1.1 Regelungen im Rahmen der Corporate Governance
3.1.2 Zentrale Informationsfunktion des Aufsichtsrats
3.1.3 Informationsmacht des Vorstandes
3.1.4 Berichte für die Aktionäre und den Aufsichtsrat
3.1.4.1 wertorientierte Jahres- und Lageberichterstattung
3.1.4.2 laufende Finanzberichterstattung gem. DCGK
3.1.5 Regel- und Sonderberichte für den Aufsichtsrat
3.1.5.1 formale Anforderungen
3.1.5.2 inhaltliche Anforderungen
3.1.5.3 Defizite der Informationsversorgung
3.2 Möglichkeiten des Controlling zur Gestaltung der Berichte
3.2.1 Controlling als Informationsversorgungsfunktion im Rahmen der Corporate Governance-Regelungen
3.2.2 Gestaltung der Berichterstattung an Aktionäre und Aufsichtsrat
3.2.2.1 Moderne IuK-Technologien
3.2.2.2 XBRL zum elektronischen Informationsaustausch
3.2.2.3 Risikocontrolling
3.2.2.4 Wertorientiertes Controlling
3.2.3 Gestaltung der Berichterstattung an den Aufsichtsrat
3.2.3.1 Balanced Chance- & Risk-Card
3.2.3.2 unternehmensspezifisches Aufsichtsrats-Cockpit
3.2.3.3 weitere Ansätze
3.2.4 Beurteilung der Gestaltungsmöglichkeiten des Controlling

4 Kritische Würdigung

Literaturverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Versicherung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Beispiele für Prinzipal-Agenten-Beziehungen

Abb. 2: Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent

Abb. 3: Grundstruktur des dualistischen Leitungsmodells

Abb. 4: Zeitliche Struktur nachvertraglicher Informationsasymmetrien

Abb. 5: Nachvertragliche Informationsasymmetrien und Lösungsansätze

Abb. 6: Agencykosten nach Grad der Informationsverteilung

Abb. 7: Informationsversorgungsprozess

Abb. 8: Gestaltungsdimensionen von Berichten

Abb. 9: Überwachungsinformationsbedarf, -angebot und -nachfrage

Abb. 10: Manipulationsmöglichkeiten des Vorstandes

Abb. 11: Überwachung und Berichterstattung des Vorstandes

Abb. 12: Regel- und Sonderberichte nach §§ 90, 91 AktG

Abb. 13: Positionen operativer und strategischer Berichterstattung

Abb. 14: Überblick über Studien zur Aufsichtsratspraxis

Abb. 15: Ergebnisse zur Informationsversorgung durch den Vorstand

Abb. 16: Risikomanagementprozess

Abb. 17: Enterprise Risk Management nach COSO

Abb. 18: Konzeptioneller Aufbau der Balanced Chance and Risk Card

Abb. 19: Planungs- und Steuerungssystem

Abb. 20: Beispiel einer Balanced Chance- and Risk-Card

Abb. 21: Aufsichtsrats-Cockpit – prozessorientierter Ablauf

Abb. 22: Unternehmensorgane – Regelungen des AktG

Abb. 23: AktG - Regelungen zu Informationsbeziehungen

Abb. 24: DCGK - Inhalte, Ziele und Regelungen

Abb. 25: KonTraG – Inhalte, Ziele und Regelungen

Abb. 26: TransPuG – Inhalte, Ziele und Regelungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Ausgangssituation, Problemstellung und Zielsetzung

„In Deutschland galt es lange als normal, dass sich ein paar einflussreiche Manager oder Ex-Firmenchefs gegenseitig die Posten in den Aufsichts­räten zuschanzten und eine effektive Kontrolle der Vorstände unmöglich wurde. Das ist zum großen Teil vorbei. Die wechselseitige Verflechtung der Konzerne löste sich auf und die Öffnung des deutschen Kapitalmarktes verlangte ein transparentes Verhalten,…“[1]

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Managern und Aktionären kapitalmarktorientierter Unternehmen in Form von Bilanzskandalen, Unternehmensschieflagen und Fehlverhalten. Dies lies den Ruf nach einer Ausgestaltung der Regeln guter Unter­nehmens­führung (Corporate Governance) lauter werden.[2] Um die Informationspolitik und die Transparenz von Unternehmen zu verbessern, hat der deutsche Gesetzgeber daher Modifikationen an den bestehenden Vorschriften, vor allem an denen des Aktiengesetzes (AktG), vorge­nommen. Die daraus entstandenen Corporate Governance-Kodizies sollen das Vertrauen in die Unternehmen verbessern bzw. wieder herstellen.[3]

Besondere Beachtung finden in diesem Zusammenhang börsennotierte Aktiengesellschaften mit breit gestreutem Aktionärskreis, wo der einzelne Aktionär wenig Möglichkeiten hat, die Unternehmensführung unmittelbar zu überwachen. Im System der deutschen Aktiengesellschaften übernimmt diese Aufgabe der Aufsichtsrat.[4] Diesem Anspruch wurden die deutschen Aufsichtsräte bisher vielfach nicht gerecht, weil sie der Vorstand aufgrund eigener Anreize lückenhaft, falsch oder zu spät informiert hat.[5] Die Rolle des Aufsichtsrates wurde daher gesetzlich gestärkt. Dies allein reicht allerdings nicht aus, um eine Verbesserung des Informationsaustausches zu erreichen. Vielmehr sind darauf aufbauend betriebswirtschaftliche Lösungen zu suchen, um den Aufsichtsräten eine adäquate Informationsversorung mit entscheidungsrelevanten Informationen zu ermöglichen.[6] Daneben wird von Corporate Governance auch eine Machtverstärkung der Aktionäre gefordert, indem von den Unternehmen nicht nur rein Informationen vermittelt, sondern auch die Corporate Governance Regelungen und deren Einhaltung aktiv kommuniziert werden sollen.[7] Die am 29.05.09 verabschiedete Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) stellt dazu heraus, dass Aktionäre besser informiert werden sollen.[8]

Ziel dieser Arbeit ist es zu klären, welche Möglichkeiten das Controlling hat, um den Informationsaustausch zwischen den Unternehmensorganen aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie zu gestalten.

1.2 Gang der Untersuchung

Im folgenden Kap. wird analysiert, wie sich die Informationsproblematik zwischen den Unternehmensorganen als Corporate Governance-Problem aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie darstellt und grenzt die Begriffe Controlling, Informationsaustausch und Gestaltung in aller Kürze ein.

Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden im dritten Kap. Möglichkeiten des Controllings, den Informationsaustausch zwischen den Unternehmensorganen vor dem Hintergrund der Corporate Governance Regelungen zu verbessern, aufgezeigt. Dazu erfolgt zunächst eine Untersuchung des Informationsaustausches zwischen den Unternehmensorganen anhand ihrer Informationsbeziehungen, wobei speziell auf die Rolle des Aufsichtsrates eingegangen wird. Anschließend werden die Rolle und die Möglichkeiten des Controllings, den Informationsaustausch in Form der Berichterstattung zwischen den Unternehmensorganen zu gestalten, skizziert und bewertet.

Im Schlussteil erfolgt eine kritische Würdigung, in wie weit das Controlling zur Gestaltung des Informationsaustausches aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie beitragen könnte.

2 Problemanalyse und Begriffseingrenzungen

2.1 Problemanalyse

2.1.1 Grundverständnis der Prinzipal-Agenten-Theorie

Eine einheitliche Definition der Theorie ist in der Wirtschaftswissenschaft bislang nicht zu finden.[9] In ihrem 1976 erschienenen Aufsatz „Theory of the Firm“ beschreiben Jensen und Meckling die Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie als Fortführung der Theorie unvollständiger Verträge, die unter anderem auf Ronald Coase zurückzuführen ist. Sie definieren das Ver­hältnis zwischen Prinzipal und Agent als Vertrag zwischen einem oder mehreren Auftraggeber/n (= Prinzipal/e) und einem Auftragnehmer (= Ag­ent). Mit dem Vertrag überträgt der Prinzipal dem Agenten eine bestimmte Entscheidungsmacht.[10] Hinsichtlich dieser Prinzipal-Agenten-Be­ziehung besteht Einigkeit in der Wirtschaftswissenschaft.[11] Pratt und Zeckhauser definieren diese allgemein wie folgt:

„Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises. The individual taking the action is called the agent. The affected party is the principal.”[12]

Sie führen verschiedene Beispiele für Prinzipal-Agenten-Beziehungen auf[13], die zu Problemen für den Prinzipal führen (vgl. Abb. 1).[14]

Abb. 1: Beispiele für Prinzipal-Agenten-Beziehungen[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Grundlage des Prinzipal-Agenten-Verhältnisses bildet die Vertragsbeziehung zwischen dem Prinzipal und dem Agenten (vgl. Abb. 2). Mit dem Vertrag legen die Akteure die Details für die Zusammenarbeit und die Entlohnung fest.[16] Der Agent beeinflusst durch sein Handeln im Rahmen dieses Vertrages das Wohlergehen des Prinzipals.[17] Die Ausgestaltung des Vertrages hängt von der jeweiligen Prinzipal-Agenten-Beziehung ab.[18] Der Prinzipal überträgt in diesem Rahmen dem Agenten Entscheidungskompetenzen, die dieser wiederum zu seinen Gunsten opportunistisch ausnutzen kann.[19]

Den Akteuren wird unterstellt, dass sie zwar kooperieren, aber teils unterschiedliche Zielvorstellungen aufweisen. Sie versuchen dabei, stets den eigenen Nutzen zu maximieren.[20] Während der Prinzipal ein möglichst hohes Ergebnis seines Auftrages verfolgt (z. B. Gewinnmaximierung), versucht der Agent den Nutzen zwischen den Vorteilen (z. B. Gehalt, Prestige, Karriere) und den Nachteilen (z. B. Arbeitsleid) aus dem Auftrag zu optimieren. Der Agent hat somit ein Interesse an einer möglichst hohen Belohnung in Verbindung mit einem möglichst geringen Arbeitseinsatz.[21] Aus den Annahmen der Nutzenmaximierung der Akteure und des opportunistischen Verhaltens des Agenten ergibt sich folglich ein Interessenskonflikt.[22]

Die Prinzipal-Agenten-Theorie nimmt weiter an , dass durch die Aufgabenübertragung und das Kooperationsgeflecht im Rahmen der Vertragsbeziehung Informationsasymmetrien zwischen Prinzipal und Agent verursacht werden.[23] Der Prinzipal ist hier stets die schlechter informierte Person. Aufgrund des Interessenkonflikts besteht die Gefahr, dass der Agent den Prinzipal mit diesen Informationsasymmetrien systematisch ausnutzt.[24] Der Prinzipal-Agenten-Theorie zu Folge kann der Prinzipal versuchen, die asymmetrische Informationsverteilung so weit es geht zu verringern. Dabei kann der Theorie nach die optimale Lösung symmetrischer Informationsverteilung (First Best-Lösung) nicht erreicht werden, da dies die Annahme asymmetrischer Informationen und mithin den Interessenkonflikt aufheben würde. Es kann folglich nur nach der zweitbesten Lösung (Second-Best-Lösung) gestrebt werden.[25]

Das Ergebnis wird ferner von exogenen Grössen beeinflusst, die sowohl der Prinzipal als auch der Agent nicht beeinflussen können (z. B. Branchenkonjunktur). Dies kann als Umweltunsicherheit bezeichnet werden.[26]

Abb. 2: Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent[27]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Interessenskonflikt zwischen Eigentümer und Management – ein Corporate Governance-Problem

Der von der Prinzipal-Agenten-Theorie zugrunde gelegte Interessenskonflikt zwischen Eigentümer (Prinzipal) und Manager (Agent) entsteht durch die Trennung von Eigentum und Unternehmensleitung.[28] Dadurch ergeben sich Zielkonvergenzen und Zielkonflikte zwischen diesen Interessensgruppen. Beide streben zwar danach, dass das Unternehmen kontinuierlich wächst und sich langfristig positiv entwickelt. Der Manager neigt allerdings dazu, risikobereiter zu investieren, als wenn er selbst am Unternehmen beteiligt wäre. Seine Handlungen richten sich nach seinen Arbeitsverträgen, die i. d. R. mittelfristig ausgelegt sind. Die Eigentümer investieren dagegen langfristig (Spekulation werden außer Acht gelassen).[29] Während der Manager versucht, seinen persönlichen Wert in Form von Einkommen, Ansehen, Machtposition und Selbstverwirklichung auszubauen, zielen die Eigentümer auf Kapitalsicherung, Gewinnerzielung[30] und Unternehmenswertmaximierung durch den Manager ab.[31] Der Prinzipal-Agenten-Theorie zu folge bestehen wegen der personellen Trennung Informationsasymmetrien zwischen Eigentümer und Manager, die letzterer opportunistisch ausnutzen könnte.[32] Diese Interessensunterschiede bilden die Grundlage für die Corporate Governance-Problematik zwischen Aktionären und Vorstand,[33] welche auch als eng abgegrenzte Corporate Governance-Problematik bezeichnet wird (die weite Abgrenzung bezieht alle Anspruchsgruppen des Unternehmens mit ein und wird hier nicht weiter verfolgt).[34]

Der ursprünglich aus dem angloamerikanischen Wirtschaftsraum stammende Begriff der Corporate Governance[35] zielt auf den Interessensausgleich zwischen Eigentümer und Manager ab. In Deutschland wird Corporate Governance seit Mitte der 90er Jahre diskutiert und oft als Synonym für Unternehmensverfassung oder Unternehmensordnung verwendet. Corporate Governance stellt den institutionellen Rahmen zur Regelung von Entscheidungs- und Durchsetzungsprozessen innerhalb eines Unternehmens dar.[36] Das Verhalten eines Unternehmens gegenüber den Aktionären und Anspruchsgruppen (Stakeholder) soll durch verfassungsmäßige Regelungen bewusst gestaltet werden. Diese Regelungen sind willkürlos, konkordant (einheitlich) und konsistent (gleich bleibend) anzuwenden. Sie ermöglichen bestimmten Gruppen (z. B. Eigentümer, Manager, Aufsichtsrat, Arbeitnehmer) das Unternehmensgeschehen gemeinsam zu gestalten. Das Gestaltungsproblem der Corporate Governance, orientiert sich dabei sowohl an extern vorgegebenen Gesetzen, als auch an selbstbindenden Regelungen (z. B. Satzung, Gesellschaftervertrag) sowie an Regelungen aus Tradition (z. B. Verhaltenskodizies, Unternehmensleitsätzen). Hierbei gilt es zu beachten, dass der Bindungsgrad bei Gesetzen größer ist als bei verfassungsmäßigen Regelungen, wohingegen es sich beim Gestaltungsgrad gerade umgekehrt verhält.[37]

Gestaltungsobjekte von Corporate Governance sind Unternehmensorganisationen. Hier werden zwei grundlegende Konzepte unterschieden:

- das Monistische Modell, das Leitung und Kontrolle vereint
- das Dualistische Modell, das Leitungs- und Kontrollfunktion trennt[38]

Das monistische Modell ist kapitalmarktorientiert und verfolgt maßgeblich die Wertsteigung des Unternehmens (Shareholder Value-Prinzip). Es findet vor allem im angloamerikanischen Wirtschaftsraum (Boardmodell), bei kleinen und mittelgroßen GmbHs sowie bei der SE (Societas Europaea) Anwendung. Der Corporate Governance Diskussion in Deutschland liegt das dualistische Leitungsmodell zugrunde.[39]

Ziel der Corporate Governance in Deutschland ist es, die Unternehmenskrisen und Bilanzskandale an den Kapitalmärkten zu überwinden und neues Vertrauen in die Kapitalmärkte zu schaffen. Im Weiteren werden daher ausschließlich Gesellschaften börsennotierter Unternehmen des dualistischen Leitungsmodells betrachtet.[40]

2.1.3 Unternehmensorgane der Corporate Governance

Zu den Unternehmensorganen des dualistischen Leitungsmodells, welches sich durch die Trennung der Leitungs- und Kontrollfunktion auszeichnet, zählen Vorstand (Leitung), Aufsichtsrat (Kontrolle) und Hauptversammlung (Interessenvertretung der Eigenkapitalgeber). Die Hauptversammlung wählt gemeinsam mit der Belegschaft die Vertreter des Aufsichtsrates, der wiederum den Vorstand bestellt und kontrolliert (vgl. Abb. 3). Die Mitbestimmung durch die Belegschaft wird in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt, da sie zum Einen kein Unternehmensorgan im engeren Sinne darstellt und zum Anderen nur mittelbaren Einfluss auf den hier im Vordergrund stehenden Informationsaustausch ausübt.[41]

Die wichtigsten Merkmale dieses Modells regelt das AktG (AktG) in den §§ 76 bis 149. Die grundlegenden Zusammenstellungen, Funktionen und Kompetenzen sind informativ im Anhang 1 aufgeführt. Das AktG stellt zu­gleich die rechtliche Grundlage für den Informationsaustausch zwischen den Unternehmensorganen dar.[42]

Die Hauptversammlung als Interessenvertretung der Aktionäre und der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan verfügen über umfangreiche Kompetenzen, während der Vorstand insbesondere (Informations-)Pflichten zu erfüllen hat.[43] Mit dem Aufsichtsrat als Überwachungsorgan weist das Modell die Besonderheit der doppelten Prinzipal-Agenten-Beziehung auf. Die Aktionäre (als Prinzipal/e) wählen den Aufsichtsrat (als Agent) und der Aufsichtsrat (als Prinzipal) beauftragt den Vorstand (als Agent).[44]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Grundstruktur des dualistischen Leitungsmodells[45]

2.1.4 Informationsasymmetrieprobleme und Lösungsansatz

Die asymmetrische Informationsverteilung zu Ungunsten der Aktionäre wird in Abhängigkeit des Entstehungszeitpunktes in drei verschiedene Informationsasymmetrietypen unterschieden:

- Hidden Characteristics (vorvertraglich)
- Hidden Information (nachvertraglich)
- Hidden Action (nachvertraglich)

Hidden Characteristics beschreibt die Situation, dass die Aktionäre vor Vertragsschluss nicht oder schlecht über die Eignung des potenziellen Vorstandes informiert sind.[46] Daraus entsteht die Gefahr der Adverse Selection (Qualitätsunsicherheit). Dieses Problem einschliesslich dessen Lösungsansätze (Screening und Signalling) wird in der Literatur als eigenständiger Problemkomplex ausführlich behandelt und wird daher im Folgenden ausgeklammert. Betrachtet wird die Problematik des Moral Hazard (unmoralisches Verhalten), die aus den beiden nachvertraglichen Informationsasymmetrien (vgl. Abb. 4) entsteht.[47]

Abb. 4: Zeitliche Struktur nachvertraglicher Informationsasymmetrien[48]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Hidden Information bezeichnet den Umstand, dass dem Vorstand vor (strategischen) Entscheidungen Informationen vorliegen, die den Aktionären nicht zugänglich sind.[49] Die Aktionäre können nach der Entscheidung des Vorstandes das Ergebnis zwar beobachten, sie können indes nicht genau beurteilen, ob dieser angemessen gehandelt hat. Der Vorstand könnte primär eigene Ziele wie Machtzuwachs, Statusgewinn oder andere Lohnnebenleistungen („fringe benefits“) auf Kosten der Aktionäre verfolgt haben.[50]

Hidden Action beschreibt die Situation, dass den Aktionären die Leistungen des Vorstandes nach der (strategischen) Entscheidung verborgen bleiben, weil auf das Arbeitsergebnis externe Umweltzustände einwirken. Die Aktionäre können zwar das Ergebnis beobachten, welcher Anteil davon auf die Handlungen des Vorstandes und welcher auf die darauf einwirkenden Umweltzustände zurückzuführen ist, können sie hingegen nicht (genau) feststellen.[51] Ein Beispiel dafür ist der Geschäftsbericht, der den Aktionären zugänglich ist. Sie können daraus zwar das Ergebnis entnehmen, welchen positiven oder negativen Einfluss beispielsweise die Konkurrenz oder die Konjunktur darauf hatten, ist für sie kaum oder gar nicht zu beurteilen. Der Vorstand kann den Einfluss für sich nutzen, indem er schlechte Ergebnisse mit einem negativen Einfluss begründet und gute Ergebnisse -trotz positiver Einflüsse- allein für sich verbucht.[52]

Als Lösungsansätze für das Moral Hazard-Problem werden Informations- und Kontrollsysteme sowie Anreizsysteme diskutiert. Über Anreizsysteme beteiligen die Aktionäre den Vorstand am Ergebnis (sog. Incentives) und motivieren ihn damit seine Ziele (stärker) zu verfolgen.[53] Die Gestaltung von Anreizsystemen stellt einen eigenen Problemkomplex dar und wird hier weitestgehend ausgeklammert.[54]

Mit Informations- und Kontrollsystemen werden die Handlungen und das Leistungsergebnis überwacht. Damit können die Aktionäre ihren Informationsstand erhöhen bzw. die Informationsasymmetrien verringern und das Ergebnis sowie die Leistung des Vorstandes besser einschätzen.[55] Mit den Informationen über das Unternehmen, über die Handlungen des Vorstandes und über die Umweltzustände können die Aktionäre im Hidden Action Fall besser feststellen, welcher Anteil vom Arbeitsergebnis auf die Entscheidung des Vorstandes und wie viel auf Umwelteinflüsse zurück zu führen ist. Im Fall der Hidden Information können sie damit seinen Informationsstand und somit das Ergebnis besser beurteilen. Um Moral Hazard durch den Vorstand effektiv vorzubeugen, sollten Informations- und Kontrollsysteme stets zusammen mit Anreizsystemen installiert werden.[56] Die Abb. 5 fasst die Ergebnisse zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Nachvertragliche Informationsasymmetrien und Lösungsansätze[57]

Die praktische Umsetzung der Anreiz-, Informations- und Kontrollsysteme soll durch die Ausgestaltung des Corporate Governance Systems erreicht werden.[58] Die Informationsmechanismen beziehen sich im Wesentlichen auf die externe Rechnungslegung und die Kontrollmechanismen werden durch den Aufsichtsrat ausgeführt.[59]

Für die Auswahl der optimalen Intensität der Überwachung dienen Agencykosten.[60] Den Aktionären entstehen neben Kosten für das Anreizsystem (sog. Bonding Costs, z. B. variable Vorstandsvergütung) noch:

- Monitoring Costs (Überwachungskosten) für die Beobachtung und die Kontrolle (z. B. für Berichtswesen, Jahresabschluss, Aufsichtsratsvergütung und unternehmenswertorientiertes Controlling)[61]
- Residual Loss (Residualkosten) für die Differenz aus optimalen und tatsächlichen Handlungen und Entscheidungen des Vorstandes[62]

Die Überwachungskosten nehmen mit dem Grad an Informationen zu, die Residualkosten dagegen ab. Das Minimum (Optimum) wird erreicht, wenn die Überwachungssysteme optimal mit dem Handlungsfreiraum des Vorstandes (Residualkosten) kombiniert werden. Ziel der Aktionäre muss es daher sein, ein wirtschaftliches Gleichgewicht zwischen Informationsbeschaffungskosten und Residualkosten zu erreichen, d. h. den optimalen Grad an Information zu realisieren (s. Abb. 6).[63]

Abb. 6: Agencykosten nach Grad der Informationsverteilung[64]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2 Begriffseingrenzungen

2.2.1 Controlling

Controlling kann allgemein als Planung und Kontrolle (im Sinne einer koordinierten Steuerung) der typischen Betriebs- und Geschäftsprozesse im Unternehmen gesehen werden. Controlling dient dabei als fortlaufende Unterstützung der Unternehmensleitung bei allen wichtigen Betriebsentscheidungen. Dazu betreibt das Controlling ein systematisches Informationsmanagement, welches die Kontrolle (als kritischen Nachvollzug) mit der Planung (als gedanklichen Vorvollzug) verknüpft.[65] Die Informationen erstrecken sich weit über das Rechnungswesen hinaus und umfassen auch semi-quantitative, nicht monetäre und qualitative Informationen. Controlling stellt somit einen Teil des Führungsprozesses dar und ist mehr als nur Kontrolle bzw. Kontrollinstanz. Controlling dient dazu, ein Unternehmen zu steuern und zu lenken.[66] In seiner Funktion übernimmt das Controlling die ergebniszielorientierte Koordination von Planung und Kontrolle sowie die Informationsversorgung.[67] Es untersteht bei allen Aktivitäten den Grundsätzen der Effektivität (Zielerreichung) und der Effizienz (Wirtschaftlichkeit).[68] Kennzeichnend für diese originäre Sichtweise ist, dass das Controlling innerbetriebliche Funktions- und Teilbereiche bei Entscheidungen unter­stützen soll. Der Controller wird daher auch als „betriebswirtschaftliches Gewissen“ des Unternehmens bezeichnet.[69]

Für den hier betrachteten Interessenskonflikt zwischen Vorstand und Aktionären erscheint es daher sinnvoll, die Sichtweise der Entscheidungsfunktion bzw. Entscheidungsunterstützungsfunktion (= sachliche Koordination) um eine Verhaltungssteuerungsfunktion (= personelle Koordination) zu erweitern. Während die Entscheidungsfunktion in erster Linie der Informationsversorgung des Managements und der Koordination von Informations-, Planungs- und Kontrollsystemen innerhalb des Unternehmens dient, wird das Controlling mit der Verhaltensfunktion zusätzlich darauf ausgerichtet, den Interessenskonflikt (bzw. dessen Folgen) bei asymmetrisch verteilten Informationen zu entschärfen. Aber auch diese personelle Koordination ist zunächst auf innerbetriebliche Konflikte ausgerichtet. Daher erscheint es zweckmäßig, das Ergebnisziel, an dem sich das Controlling orientiert, im Sinne der Aktionäre zu konkretisieren und die Wertmaximierung des Unternehmens (Shareholder Value) zugrunde zu legen.[70]

2.2.2 Informationsaustausch

Der Begriff Information wird in der Umgangssprache und in der Wissenschaft rege verwendet. Daher findet man auch keine einheitliche Definition in der Literatur. Dennoch wird hier eine adäquate Begriffsbestimmung benötigt, um im Weiteren einem homogenen Ver­ständnis von Information bzw. Informationsaustausch folgen zu können.[71] Unter Information versteht man zweckorientiertes Wissen, das aus Daten (Mitteilungen, Nachrichten und Meldungen) generiert wird. Informationen dienen Subjekten im Wesentlichen dazu, zielorientiert zu handeln und zu entscheiden.[72] Übermittelt werden Informationen durch Kommunikation.[73] Kommunikation läuft im Gegensatz zur einseitigen Information als gegenseitige Wissensmitteilung ab.[74] Sie stellt somit einen Prozess dar, der sich auf die Beziehungsebene zwischen den Teilnehmern fokussiert. Dagegen richtet sich die einseitige Information rein auf die Sachebene. Informationsaustausch bezieht sich sowohl auf die einseitige Mitteilung zweckorientierten Wissens als auch auf die gegenseitige Kommunikation.[75] Ein effizienter Informationsaustausch soll Informationsasymmetrien reduzieren.[76] Als Informationsübermittlung ist er ein Teil des In­forma­tions­ver­sorgungsprozesses in der Unternehmung (vgl. Abb. 7).[77]

Die Informationsversorgung des Managements gehört zu den Hauptauf­gaben des Controllings. Die darin inbegriffene Informationsübermittlung wird in einer engen Abgrenzung als Berichtswesen definiert, das die schnelle und zuverlässige Bereitstellung von Informationen zur Aufgabe hat.[78]

Abb. 7: Informationsversorgungsprozess[79]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.3 Gestaltung

Die Gestaltung der Berichte aus dem Berichtswesens kann in unterschiedlichster Weise erfolgen. Die bedeutendsten Dimensionen und deren möglich Ausprägungen zeigt die Abb. 8.[80]: Die Gestaltung des im Mit­tel­punkt stehenden Berichtszweck richtet sich nach dem Informationsbedarf des Empfängers. Als wichtige Ausgestaltungen von Be­richts­typen gelten regelmäßige Standardberichte mit standardisierten Daten, Abweichungsberichte in Abhängigkeit von Toleranzüberschrei-tungen bei Soll-/Ist-Abweichungen und Bedarfsberichte bei speziellen In­for­mations­bedürfnissen des Empfängers.[81]

Abb. 8: Gestaltungsdimensionen von Berichten[82]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Controlling zur Gestaltung des Informationsaustausches zwischen den Unternehmensorganen

3.1 Informationsbeziehungen zwischen den Unternehmensorganen

3.1.1 Regelungen im Rahmen der Corporate Governance

Mit dem Reformprozess der Corporate Governance in Deutschland wurden die Regelungen der einschlägigen Gesetze (AktG, HGB, MitbestG, BetrVG) modifiziert, um die Corporate Governance deutscher Aktiengesellschaften im internationalen Vergleich zu verbessern. Der Prozess begann 1998 mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG). Kurz danach erarbeitete die Regierungskommission um Prof. Theodor Baums -aus OECD-Richtlinien und privaten Ansätzen zur Verbesserung der Corporate Governance- Empfehlungen für einen Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) sowie für ein Gesetz zur Transparenz und Publizität in Unternehmen (TransPuG). Eine weitere Regierungskommission unter dem Vorsitz von Dr. Gerhard Cromme erarbeitete daraus den DCGK, der im Februar 2002 erlassen wurde und seitdem jährlich angepasst wird. Für börsennotierte Aktiengesellschaften wurde er im Sommer 2002 durch das neue TransPuG verbindlich.[83] Der deutsche Reformprozess wurde und wird mit diesen Modifikationen fortgeführt. Weitere Schritte waren beispielsweise das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG)[84] und das Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (kurz: Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG). Das BilReG reformierte die Berichterstattung dahingehend, dass die Prognoseberichterstattung fortan auch Risiken und Chancen der künftigen Geschäftstätigkeit umfassen muss. Der Aufsichtsrat wiederum hat den Lagebericht zu prüfen und das Prüfergebnis schriftlich der Hauptver­sammlung mitzuteilen.[85]

Die Modifikationen dieses Reformprozesses sind im DCGK aufgeführt (vgl. Anhang 6).[86] Neben der Kommunikation der verbindlichen Regelungen des AktG führt der DCGK zwingende Empfehlungen („soll“) und fakultative Anregungen („sollte“ bzw. „kann“) auf. Sofern der Vorstand oder der Aufsichtsrat von zwingenden Empfehlungen abweicht, muss dazu gem. dem Grundsatz „Comply or Explain“ eine Entsprechenserklärung abgegeben werden.[87] Der DCGK ist gegliedert in

- Präambel (DCGK 1)
- Aktionäre und Hauptversammlung (DCGK 2)
- Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat (DCGK 3)
- Vorstand (DCGK 4)
- Aufsichtsrat (DCGK 5)
- Transparenz (6)
- Rechnungslegung und Abschlussprüfung (DCGK 7)[88]

Die Inhalte, Ziele und sowie einige Vorschriften, Empfehlungen und Anregungen des DCGK zu den hier untersuchen Informationsbeziehungen sind im Anhang 3 aufgeführt. Zudem sind zum AktG sowie zu den Reformen KonTraG und TransPuG die Inhalte, Ziele und Informationsbeziehungen infor­mativ im Anhang 2, 4 und 5 aufgeführt.

3.1.2 Zentrale Informationsfunktion des Aufsichtsrats

Der überwiegende Teil der zwingenden Empfehlungen des DCGK richtet sich auf die Arbeitsbedingungen des Aufsichtsrates und dessen Informations­austausch mit dem Vorstand.[89] Als Überwachungsorgan des dualistischen Leitungsmodells verantwortet der Aufsichtsrat in diesem Rahmen die Durchsetzung eines wirkungsvollen Informations- und Kontrollsystems, d. h. er überwacht als Kontrollinstanz die Verfolgung der Interessen der Aktionäre durch den Vorstand. Die Prinzipal-Agenten-Problematik zwischen Aktionären und Vorstand wird folglich auf den Aufsichtsrat übertragen.[90] Aus den rechtlichen Grundlagen der Corporate Governance leitet sich die zentrale Informationsfunktion des Aufsichtsrates ab, nach der der Aufsichtsrat alles über das Unternehmen wissen darf, was der Vorstand auch weiß.[91] Der DCGK erklärt die Informationsversorgung des Aufsichtsrats zur gemeinsamen Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat und verpflichtet den Aufsichtsrat, die Informations- und Berichtspflichten des Vorstandes näher festzulegen.[92] Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrates gliedert sich in die vergangenheitsbezogene bzw. rückschauende Kontrolle und die in die Zukunft gerichtete Beratung des Vorstandes. Der DCGK stellt die Bedeutung der Kontrolle gleichwertig neben die Beratung; der Inhalt hingegen ist nicht konkret definiert. Er richtet sich nach Branche und Unternehmensgegen­stand.[93] Bei schwierigen Fragestellungen (z. B. technischer Natur) kann der Aufsichtsrat Ausschüsse bilden, um diese zu analysieren.[94]

Dem Aufsichtsrat stehen zwei Wegen offen, Informationen über relevante Sachverhalte des Unternehmens zu gewinnen. Die passive Informationsge­winnung bezieht sich auf die gesetzlich normierte Berichterstattung des Vorstandes (=Bringschuld). Er hat den Aufsichtsrat über wichtige Vorhaben und Geschehnisse zu informieren. Die Ausgestaltung der Vorstandsberichte richtet sich nach formalen und inhaltlichen Anforderungen. Daneben kann der Aufsichtsrat seinen Informationsstand verbessern, indem er aktiv Informationen nachfragt (=Holschuld).[95] Da der Aufsichtsrat sich künftig besser und detaillierter mit allen relevanten Informationen versorgen soll, hat er sowohl die Bringschuld des Vorstandes aktiv einzufordern[96], als auch seiner Holschuld verstärkt nach zu kommen[97]. Insbesondere bei einer drohenden Verschlechterung des Geschäftsverlaufes werden eine unterstützende Überwachung und damit die Holschuld gefordert.[98] Weil dies in der Vergangenheit sehr vernachlässigt wurde und sich der Vorstand dadurch opportunisch verhalten konnte, stand bzw. steht die Aufsichtsratspraxis in Deutschland in scharfer Kritik.[99]

Der Aufsichtsrat tritt als originärer Informationsempfänger für alle überwachungsrelevanten Informationen auf.[100] Damit soll er jedoch nicht die Überwachung optimieren, sondern die Unternehmensführung verbessern, um das Ergebnis im Sinne der Aktionäre zu steigern. Der Vorstand, als Organ der Unternehmensführung und gleichzeitig Überwachungsgegenstand, liefert dem Aufsichtsrat diese Informationen. Dabei muss der Vorstand nicht zwangsläufig der originäre Informationsgeber sein. Sofern er die Informationen aus dem Unternehmen holt (z. B. beim Controlling) und nicht selbst generiert, tritt er als Informationsmittler auf. In Abb. 9 werden die Zusammenhänge zwischen dem Aufsichtsrat als Informationsempfänger und dem Vorstand als Informationssender skizziert.[101]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Überwachungsinformationsbedarf, -angebot und -nachfrage[102]

Die für die Überwachung (mindestens) benötigten Informationen stellen den Informationsbedarf der Überwachung dar (Flächen 1, 2, 3 und 4). Der Bedarf stimmt nur im fiktiven Fall der Informationssymmetrie mit den angebotenen und nachgefragten Informationen vollständig überein.[103] In der Realität fallen Informationsbedarf, -nachfrage und –angebot auseinander. Es entsteht eine Informationslücke (Flächen 1, 2 und 3), da diese für die Überwachung notwendigen Informationen nicht angeboten und/oder nicht nach­ge­fragt werden.

Die Gründe dieser Informationsasymmetrien können wie folgt beschrieben werden:

- Vorstand blockiert Informationen oder liefert diese nur mangelhaft
- Aufsichtsrat weiß nicht, welche Informationen notwendig sind oder er kennt die ihm zustehenden Informationsrechte nicht
- Vorstand und Aufsichtsrat sind trotz Mängel mit der Informationsver­sorgung zufrieden
- Aufsichtsrat fehlt die Kenntnis zur Nutzung der gelieferten Informationen bzw. zur Einschätzung deren Relevanz[104]

Zudem entsteht ein Informationsüberschuss (Flächen 5, 6 und 7), weil nicht notwendige Informationen nachgefragt und/oder angeboten werden. Nur ein Teil der für die Überwachung notwendigen Informationen wird tat­sächlich auch nachgefragt und angeboten (Fläche 4).[105] Der Aufsichtsrat nun hat dafür zu sorgen, dass die Informationsasymmetrien (Flächen 1, 2 und 3) zum Vorstand hin, so weit es geht verringert werden.[106]

Die regelmäßigen Berichtspflichten des Vorstandes sollte der Aufsichtsrat in einer Informationsordnung zusammen mit dem Vorstand festlegen (zwingende Empfehlung nach DCGK 3.4). Dem folgt die Forderung, dass der Aufsichtsrat und der Vorstand ein Informationssystem erarbeiten, das die adäquate, zeitnahe und präzise Informationsversorgung des Auf­sichts­rates gewährleistet und die Aufsichtsratsarbeit durch konstante Berichts­zeitpunkte und –form erleichtert.[107]

3.1.3 Informationsmacht des Vorstandes

Der Aufsichtsrat ist von den Informationen des Vorstandes abhängig. Dieses Verhalten richtet er wiederum nach seinen persönlichen Zielen und Trieben. Er wird folglich nur kooperieren, wenn seine Ziele dadurch direkt oder indirekt gefördert werden und nur kommunizieren, um seine eigene Position zu verbessern. Des Weiteren empfindet er die Kontrolle unter Umständen als Eingriff ist seinen Persönlichkeitsbereich und als Angriff auf seine Machtposition. Die Überwachungsziele des Aufsichtsrats decken sich folglich nie vollständig mit der Informationsversorgung des Vorstandes. Dies erweist sich als Dilemma für den Aufsichtsrat, da der Vorstand als Überwachungsobjekt gleichzeitig das Monopol an überwachungsrelevanten Informationen besitzt. Der Vorstand kann somit die Informationsversorgung an den Aufsichtsrat zu seinen Gunsten beeinflussen bzw. sogar als „persönliches Erfolgsinstrument“ einsetzen.[108]

Zur Manipulation von Informationen stehen dem Vorstand verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die auch als politisch bedingte Informationsfiltereffekte bezeichnet und klassifiziert werden können (vgl. Abb. 10). Der Vorstand hat somit Anreize und Möglichkeiten, Informationen zu manipulieren. Der Aufsichtsrat muss dagegen versuchen, die Informationsmanipulationen durch den Vorstand einzuschränken.[109]

3.1.4 Berichte für die Aktionäre und den Aufsichtsrat

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Manipulationsmöglichkeiten des Vorstandes[110]

Der Vorstand liefert im Rahmen der Überwachung Berichte an den Aufsichtsrat, wozu im Wesentlichen der Jahresabschluss und der Lagebericht nach HGB sowie Regel- und Sonderberichte nach AktG zählen (vgl. Abb. 11).[111] Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat den Jahresabschluss unverzüglich zusammen mit dem Lagebericht nach der Aufstellung vorzulegen.[112] Den Aktionären berichtet der Vorstand auf der Hauptversammlung i. d. R. durch die Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts, um deren

Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG gerecht zu werden.[113]

Weitere Berichte, die dem Aufsichtsrat vorgelegt werden, sind der Abschlussprüferbericht und der Management Letter (Bericht über festgestellte Mängel durch den Abschlussprüfer). Sie betreffen nicht den unmittelbaren In­formationsaustausch zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären und werden daher nicht weiter betrachtet.[114]

Die Aktionäre erhalten neben dem Jahresabschluss und dem Lagebericht zu­sätzlich den jährlichen Corporate Governance Bericht[115] und die Berichte der laufenden Finanzberichterstattung gem. DCGK.[116] Der Aufsichtsrat kann diese Berichte aufgrund seines uneingeschränkten Informationsrechts (in Bezug auf das Unternehmen) ebenfalls einsehen.[117]

Abb. 11: Überwachung und Berichterstattung des Vorstandes[118]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.4.1 wertorientierte Jahres- und Lageberichterstattung

Der handelsrechtliche Jahresabschluss setzt sich aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zusammen. Für Kapitalgesellschaften, wie die hier betrachtete AG, ist zudem ein Anhang beizufügen.[119] Der Jahresabschluss wird für das abgelaufene Geschäftsjahr aufgestellt. Neben der Rechenschafts- und Dokumentationsfunktion über die abgewickelten Geschäfte sowie der Zahlungsbemessungsfunktion für die Gewinnbesteuerung erfüllt der Jahresabschluss eine Informationsfunktion in der Form, dass der Einzel- und Konzernabschluss innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“ hat (§§ 264, 297 HGB).[120] Dem Unternehmen stehen dazu umfangreiche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte zur Verfügung, die den Vermögens- und Ertragsausweis beeinflussen.[121] Der Anhang soll die Inhalte des Jahresabschlusses ergänzen und zusätzliche Erkenntnisse und Zu­sammenhänge offenlegen.[122] Der Jahresabschluss erscheint wegen der vergangenheitsbezogenen Betrachtung und bilanzpolitischer Gestaltungsspielräume nur einschränkt fähig, nutzvolle Daten für die Überwachung zu liefern.[123] Dem Aufsichtsrat sollten zudem durch seine laufende unterjährige Überwachung bereits alle Informationen des Jahresabschlusses bekannt sein.[124]

Der Lagebericht nimmt aufgrund seiner Zukunftsorientierung immer mehr an Bedeutung zu.[125] Der Inhalt richtet sich nach § 289 HGB, der sowohl als Muss- wie auch als Sollvorschrift verfasst ist. Der Lagebericht soll demnach „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild“ des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft vermitteln und über

- besonders bedeutende Vorgänge nach dem Abschlussstichtag
- vorausschauende Entwicklung
- Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten
- bestehende Zweigniederlassungen der Gesellschaft informieren[126]

Die (Konzern-)Lageberichterstattung gem. § 289 HGB (§ 315 HGB) wurde durch das BilReG und den Deutschen Rechnungslegungsstandard 15 (DRS) für kapitalmarktorientierte Unternehmen erweitert. Diese müssen nun neben nicht finanziellen Leistungsindikatoren auch die voraussichtliche Ent­wicklung mit Chancen und Risiken beurteilen und erläutern.[127] Problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang, dass der Lagebericht durch das zu überwachende Organ aufgestellt wird. Der Vorstand liefert so­mit selbst die Daten zur Beurteilung seiner Leistungen. Einen weiteren Kritik­punkt bilden auch hier die Gestaltungsfreiräume über die Grundsätze ord­nungsmässiger Lageberichterstattung (GoL). Die Darstellung der zukünftigen Lage basiert zudem auf subjektiven Einschätzungen. Um den Informationsasymmetrien wirksam entgegenzuwirken, sollte er zusätzlich um „unternehmensexterne“ Berichte ergänzt werden. Wichtigstes Beispiel in diesem Zusammenhang bildet der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, der die im Lagebericht dargestellten Chancen und Risiken der zukünftigen Geschäftsentwicklung auf Plausibilität überprüft.[128]

Den Schwächen der externen Rechnungslegung soll mit einer freiwilligen wertorientierten Berichterstattung entgegengesteuert werden. Mit diesem sog. Value Reporting versuchen die Unternehmen, Informationsbedürfnisse des Kapitalmarktes zu decken.[129] Als Funktion des Value Reporting wird viel­fach die Bereitstellung von Informationen für Unternehmensexterne genannt, um eine bessere Unternehmensbewertung zu ermöglichen.[130] Zu nennen sind unter anderem die Kapitalflussrechung (Cashflow-Statement) und die Segmentberichterstattung.[131] Value Reporting kann aber auch weiter ausgelegt werden und die Berichterstattung retrospektiv ausgerichteter Residual­gewinne, wie beispielsweise den Economic Value Added (EVA), um­fassen, wie Dirrigl aufführt.[132] Einer ähnlichen Sichtweise folgen Weber und Schäfer. Sie befinden, dass Value Reporting in der Praxis in vielerlei Hin­sicht ausgestaltet werden kann. Dies reicht von Beschreibungen der Unter­nehmensstrategie und des Wettbewerbsumfeldes, z. B. im Rahmen einer wertorientierten Unternehmensführung, bis hin zur Publizität intern ver­wendeter Spitzen-Kennzahlen. Ein Value Reporting könnte auch auf standardisierten Kennzahlen basieren, so dass verschiedene Unternehmen vergleichbar werden, wobei solche Standards erst noch festzulegen wären.[133] Im Hinblick auf Kapitalmarktorientierung hat die wertorientierte Berichterstattung an Bedeutung gewonnen.[134] Insbesondere der Lagebericht gilt als immer wichtigeres wertorientiertes Berichterstattungsinstrument.[135] Im Rahmen der Corporate Governance soll damit neue Investoren gewonnen und das Vertrauen der Aktionäre gestärkt werden.[136] Dem Aufsichtsrat ermöglicht das Value Reporting, die Leistung des Vorstandes hinsichtlich der Unternehmenswertsteigerung beurteilen zu können.[137]

3.1.4.2 laufende Finanzberichterstattung gem. DCGK

Die laufende Finanzberichterstattung an die Aktionäre umfasst neben dem oben skizzierten Jahresabschuss und Lagebericht:

- Konzernabschluss
- Halbjahresfinanzbericht mit verkürztem Konzernabschluss
- Quartalsfinanzbericht im ersten und zweiten Halbjahr.[138]

Diese Berichte „ […] werden unter Beachtung einschlägigen internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen aufgestellt werden.“[139] Gemeint ist damit die seit 2005 bestehende Pflicht für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die Konzernabschlüsse gemäss § 292 HGB nach den Internationalen Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.[140] Hinzu kommt, dass „Vorstand und Aufsichtsrat im Geschäftsbericht über die Corporate Governance des Unternehmens jährlich berichten. Der Corporate Governance Bericht ist Bestandteil der Erklärung zur Unternehmensführung der Gesellschaft. Hierzu gehört auch die Erläuterung eventueller Abweichungen von den Empfehlungen dieses Kodex […]“.[141] Ferner zählen zwingend zur laufenden Finanzberichterstattung:

- Ad-Hoc-Mitteilung über Insiderinformationen (DCGK 6.1)
- Mitteilung wesentlicher Stimmrechtsüberschreitungen (DCGK 6.2)
- Mitteilung über Directors‘ Dealing für den Fall, dass der Gesamtbesitz sämtlicher Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder an Aktien der Gesellschaft mehr als 1 % beträgt (DCKG 6.6).[142]

Die jährlichen Berichte der laufenden Finanzberichterstattung werden i. d. R. in einem Geschäftsbericht geschlossen veröffentlicht. Er wird als „Visitenkarte“ des Unternehmens gesehen und sollte „investorengerecht“ gestaltet werden. Die Informationsbereitschaft geht daher oftmals über die Publizitätspflicht hinaus (z. B. Umweltberichte).[143]

3.1.5 Regel- und Sonderberichte für den Aufsichtsrat

Der Jahresabschluss und der Lagebericht allein sind wenig geeignet, die Arbeit des Vorstandes ausreichend zu kontrollieren.[144] Die Regelungen des AktG sollen daher helfen, die Informationsversorgung des Aufsichtsrats und damit die Unternehmensführung im deutschen Corporate Governance-System zu verbessern.[145] Damit der Aufsichtsrat seinem Überwachungsauf­­trag nach § 111 Abs. 1 AktG nachkommen kann, sind neben seinem Ein­­sichtsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG auch die formalen und inhaltlichen Anforderungen an die Regel- und Sonderberichte des Vorstandes in den §§ 90, 91 AktG erwähnt.[146] Der dabei im Mittelpunkt stehende § 90 AktG ist zu­gleich detailliert und offen formuliert, d. h. er normiert ein Anforderungsprofil, das den Inhalt und die formale Gestaltung nicht endgültig festlegt. Vielmehr sind die im AktG erwähnten und im Folgenden beschriebenen Berichte als Bestandteile einer ordnungsmäßigen Überwachung vorgeschrieben. Sie sind unternehmensindividuell und situationsspezifisch auszuge­stalten.[147]

3.1.5.1 formale Anforderungen

Die formalen Anforderungen bezeichnet der § 90 Abs. 4 S. 2 AktG unbe­stimmt als „…Grundsätze gewissenhafter und getreuer Rechenschaft…“.[148] Die Berichte sind „…möglichst rechtzeitig und […] i. d. R. in Textform zu erstatten“. Eine mögliche Ausgestaltung könnte wie folgt aussehen:

- Wahrheit, Vollständigkeit und Wesentlichkeit, d. h. Berichte müssen der Realität entsprechen, alle relevanten Information enthalten und auf das Wesentliche beschränkt sein
- zeitgerechte Berichtszustellung, d. h. regelmäßig und in der vereinbarten Frequenz sowie innerhalb der gesetzlichen Fristen, so dass der Aufsichtsrat genügend Zeit zur Prüfung findet
- intersubjektive Nachprüfbarkeit, d. h. Informationen müssen für Dritte belegbar und nachprüfbar sein, wobei zukunftsgerichtete Informationen gesondert gekennzeichnet werden müssen
- Klarheit und Übersichtlichkeit, d. h. Aufsichtsratsberichte sollen übersichtlich strukturiert und sinnvoll abgegrenzt werden, z. B. nach Sparten, Einzelgesellschaften oder strategischen Geschäftseinheiten
- Stetigkeit, d. h. die Bewertungs- und Berechnungsmethoden sollen wegen der Vergleichbarkeit im Zeitablauf konstant bleiben, etwaige Änderungen und deren Auswirkungen sind anzugeben.[149]

Die gesetzliche Frequenz der Berichte ist durch die unbestimmten Formulierungen des § 90 Abs. 2 und 4 AktG („mindestens“ bzw. „möglichst rechtzeitig“) sehr flexibel gehalten. Die Intervalle der Regelberichte können somit je nach Geschäftsverlauf verkürzt werden. Für die rechtzeitige Vor­lage sämtlicher Vorstandsberichte nach § 90 AktG appeliert der Gesetz­geber an die Sorgfaltspflicht des Vorstandes. Er muss die Berichte den Auf­sichtsratsmitgliedern vor deren Sitzung übermitteln und zwar so früh, dass diese noch die Möglichkeit haben, sie zu lesen.[150]

Für alle Berichte nach § 90 AktG gilt generell die Textform, mündliche Berichte alleine reichen nicht aus. Die elektronische Übermittlung gilt dabei als zulässig. Der Inhalt darf nicht auf reines Zahlenmaterial beschränkt wer­den, sondern muss auch Erläuterungen enthalten, die die Zahlen aus­reich­end beschreiben.[151] Dies gilt sowohl für Ist-, Plan- und Solldaten als auch für ab­solute, relative und kombinierte Daten und ebenso für Kennziffern. Hier­durch soll den formalen Anforderungen von Klarheit und Nach­vollzieh­bar­keit gerecht werden.[152] Die Berichterstattung soll auf ein effizientes Maß be­­schränkt werden, das trotzdem noch alle notwendigen Informationen ent­hält, d. h. der Vorstand soll den Aufsichtsrat weder mit Informationen über­schwemmen, noch soll er ihm wesentliche Informationen vorenthalten.[153]

3.1.5.2 inhaltliche Anforderungen

Der Inhalt der Berichte richtet sich nach § 90 Abs. 1, 2 und 3 AktG sowie § 91 Abs. 2 AktG. Die (Mindest-)Frequenz der Berichte gem. § 90 Abs. 1 AktG ist im § 90 Abs. 2 AktG festgelegt.[154] Einen Überblick über die Berichte der genannten Paragraphen zeigt die folgende Abb. 12:

Abb. 12: Regel- und Sonderberichte nach §§ 90, 91 AktG[155]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die jährliche Berichterstattung über die beabsichtigte Geschäftspolitik und Unternehmensplanung gem. § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG muss seit der Umsetzung des TransPuG neben den formulierten Planzielen auch Ab­weichungen der tatsächlichen Entwicklung von früher berichteten Zielen ent­halten. Die reine Feststellung von Abweichungen genügt dabei nicht, son­dern der Vorstand muss dafür Gründe angeben. Die früher berichteten Ziele müssen entsprechend nachweisbar sein (sog. Follow-Up-Bericht­er­stat­tung), z. B. über ein Protokoll der Aufsichtsratssitzung.[156] Der Aufsichts­rat ist außerdem über sein Recht, Zustimmungsvorbehalte zu äußern (§ 111 Abs. 4 AktG), an der Gesamtplanung beteiligt.[157]

Die vierteljährliche Berichterstattung über den Gang der Geschäfte gem. § 90 Abs. 1 Nr. 3 AktG beinhaltet aufbereitete Zahlen in Form von Soll-Ist-Vergleichen. Damit soll der Aufsichtsrat überwachen, ob der Vorstand die angekündigten Ziele erreichen wird. Um die Aussagekraft der Soll-Ist-Ver­gleiche zu gewährleisten, hat der Vorstand auch hier die Follow-Up Bericht­erstattung einzuhalten und Vergleiche auf Grundlage der vom Aufsichtsrat dokumentierten Ziele zu erstellen.[158]

Der Bericht über das Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystem an den Aufsichtsrat ergibt sich aus der Pflicht des Vorstandes nach § 91 Abs. 2 AktG, geeignete Maßnahmen zu treffen, „…damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“. Der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan muss über dieses System informiert werden, um dessen Funktionsfähigkeit und Qualität beurteilen und über­wachen zu können. Da er hierfür sowohl auf den jährlichen Bericht des Wirt­schaftsprüfers gem. § 317 Abs. 4 HGB als auch auf sein Recht zur Sonderberichterstattung durch den Vorstand gem. § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG zurückgreifen kann, kann dieser Bericht sowohl als Regel-, wie auch als Sonderbericht, klassifiziert werden.[159]

[...]


[1] Büschemann (2009).

[2] Vgl. Kajüter (2008), S. 252.

[3] Vgl. Michalik (2009), S. 558.

[4] Vgl. Müller (2008), S. 66.

[5] Vgl. Theisen (2007), S. 3.

[6] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 4.

[7] Vgl. Volkart/Cocca/Moll (2005), S. 147f.

[8] Vgl. o. V. (2009), S. 92.

[9] Vgl. Meinhövel (2004), S. 470.

[10] Vgl. Jenson/Meckling (1976), S. 308f.

[11] Vgl. Meinhövel (2004), S. 470.

[12] Pratt/Zeckhauser (1985), S. 2.

[13] Vgl. Pratt/Zeckhauser. (1985), S. 1.

[14] Vgl. Göbel (2002), S. 99.

[15] ebenda, S. 99.

[16] Vgl. Jost (2001), S. 13f.

[17] Vgl. Göbel (2002), S. 100.

[18] Vgl. Jost (2001), S. 13f.

[19] Vgl. Meinhövel (2004), S. 470.

[20] Vgl. Spremann (1987), S. 3.

[21] Vgl. Alparslan (2006), S. 17f.

[22] Vgl. Jost (2001), S. 17.

[23] Vgl. Möller (2002), S. 101.

[24] Vgl. Alparslan (2006), S. 19f.

[25] Vgl. Heide (2001), S. 24.

[26] Vgl. ebenda, S. 18f.

[27] eigene Darstellung.

[28] Vgl. Günther (2004), S. 26f.

[29] Vgl. Labbé/Schädlich (2008b), S. 323.

[30] Vgl. Littkemann/Derfuß (2009), S. 69.

[31] Vgl. Freidank/Paetzmann (2004), S.2.

[32] Vgl. Wall (2008), S. 228.

[33] Vgl. Labbé/Schädlich (2008a), S. 302.

[34] Vgl. Wall (2008), S. 228.

[35] Vgl. Littkemann/Derfuß (2009), S. 63.

[36] Vgl. Gerum (2007), S. 5ff.

[37] Vgl. Littkemann/Derfuß (2009), S. 64f.

[38] Vgl. Michalik (2009), S. 549ff.

[39] Vgl. ebenda, S. 549ff.

[40] Vgl. ebenda, S. 549ff.

[41] Vgl. Schewe (2005), S. 78f.

[42] Vgl. Schewe (2005), S. 78f.

[43] Vgl. ausführlich Michalik, (2009), S. 550 ff.; Dietrich./Kißler (2008) S. 95 ff.; Wellkamp (2000), S. 119ff.; Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 191ff.

[44] Vgl. Berens/Schmitting (2004), S. 58.

[45] Schewe (2005), S. 79 (leicht modifiziert).

[46] Vgl. Jost (2001), S. 25ff.

[47] Vgl. Grothe (2006), S. 93.

[48] In Anlehnung an ebenda, S. 90.

[49] Vgl. ebenda, S. 88f.

[50] Vgl. Göbel (2002), S. 102.

[51] Vgl. Meinhövel (2004), S. 471.

[52] Vgl. Grothe (2006), S. 89.

[53] Vgl. Aparslan (2006), S. 32.

[54] Vgl. Pfaff (2007), S. 30; Küpper (2008), S. 239ff.

[55] Vgl. Günther (2004), S. 35.

[56] Vgl. Aparslan (2006), S. 33f.

[57] In Anlehnung an Grothe (2006), S. 93.

[58] Vgl. Witt (2001), S. 85.

[59] Vgl. Günther (2004), S. 35f.

[60] Vgl. Göbel (2002), S. 125.

[61] Vgl. Günther (2004), S. 37.

[62] Vgl. Labbé/Schädlich (2008b), S. 332.

[63] Vgl. ebenda, S. 334f.

[64] ebenda, S. 335.

[65] Vgl. Littkemann/Derfuß (2009) S. 62.

[66] Vgl. Littkemann (2006), S. 9f.

[67] Vgl. Horváth (2009), S. 123.

[68] Vgl. Littkemann/Derfuß (2009) S. 62.

[69] Vgl. Littkemann (2006), S. 10.

[70] Vgl. Wall/Schröder (2009), S. 4ff.

[71] Vgl. Eisenberg/Littkemann (2005), S. 228.

[72] Vgl. Chwolka (2002), S. 723.

[73] Vgl. Piwinger/Porák (2005), S. 31f.

[74] Vgl. Flemming./Pfister (2005), S. 60.

[75] Vgl. Piwinger/Porák (2005), S. 28ff.

[76] Vgl. Volkart/Cocca/Moll (2005), S. 134.

[77] Vgl. Horvath (2009), S. 540.

[78] Vgl. Weber/Schäfer (2008), S. 221

[79] In Anlehnung an ebenda (2009), S. 296ff.

[80] Vgl. ebenda, S. 221.

[81] Vgl. Küpper (2008), S. 194

[82] In Anlehnung an ebenda, S. 222ff.

[83] Vgl. Schewe (2005), S. 204ff.

[84] Vgl. Paetzmann (2008), S. 36ff.

[85] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 80ff.

[86] Vgl. Paetzmann (2008), S. 36ff.

[87] Vgl. Gerum (2007), S. 389f.

[88] Vgl. Michalik (2009), S. 561ff.

[89] Vgl. Schewe (2005), S. 209.

[90] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 43f.

[91] Vgl. Theisen (2009), S. 533.

[92] Vgl. Bellavite-Hövermann/Linder/Lüthje (2005), S. 113.

[93] Vgl. ebenda, S. 100f.

[94] Vgl. Potthoff/Trescher (2003), S. 273.

[95] Vgl. Grothe (2006), S. 102f.

[96] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 43f.

[97] Vgl. Strunk/Kolaschnik (2003), S. 32.

[98] Vgl. Grothe (2006), S. 279.

[99] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 44.

[100] Vgl. Theisen (2007), S. 20.

[101] Vgl. Theisen (2007), S. 8ff.

[102] In Anlehnung ebenda, S. 7.

[103] Vgl. Theisen (2007), S. 5ff.

[104] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 96f.

[105] Vgl. Theisen (2007), S. 5ff.

[106] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 43f.

[107] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 114f.

[108] Vgl. Grothe (2006), S. 328ff.

[109] Vgl. ebenda, S. 328ff.

[110] In Anlehnung an ebenda, S. 333.

[111] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 114f.

[112] Vgl. Potthoff/Trescher/Theisen (2003), S. 351.

[113] Vgl. Michalik (2009), S. 551.

[114] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 113f.

[115] Vgl. DCGK 1.

[116] Vgl. DCGK 7.1.1.

[117] Vgl. Theisen (2007), S. 5.

[118] In Anlehnung an Grothe (2006), S. 98.

[119] Vgl. Bitz/Schneeloch/Wittstock (2003), S. 97.

[120] Vgl. Busse von Colbe (2002), S. 887f.

[121] Vgl. Bitz/Schneeloch/Wittstock (2003), S. 674ff.

[122] Vgl. ebenda, S. 329

[123] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 114f.

[124] Vgl. Theisen (2007), S. 155.

[125] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 114f.

[126] Vgl. Bitz/Schneeloch/Wittstock (2002), S. 341ff.

[127] Vgl. Freidank/Velte (2006), S. 521.

[128] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 110ff.

[129] Vgl. Weber/Schäfer (2008), S. 127.

[130] Vgl. Freidank/Velte (2006), S. 531; Schultze/Steeger/Schabert (2009), S. 13.

[131] Vgl. Dirrigl (2009), S. 75.

[132] Vgl. ebenda, S. 81f.

[133] Vgl. Weber/Schäfer (2008), S. 127.

[134] Vgl. Schultze/Steeger/Schabert (2009), S. 13

[135] Vgl. Müßig (2008), S. 215.

[136] Vgl. Freidank/Velte (2006), S. 521ff.

[137] Vgl. Paetzmann (2008), S. 166.

[138] Vgl. DCGK 7.1.1.

[139] DCGK 7.1.1.

[140] Vgl. Kuhnle/Banzhaf (2006), S. 103.

[141] DCGK 3.10.

[142] Vgl. DCKG 6; Gerum (2007), S. 378.

[143] Vgl. Kuhnle/Banzhaf (2006), S. 62ff.

[144] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 114f.

[145] Vgl. ebenda, S. 96f.

[146] Vgl. ebenda, S. 115.

[147] Vgl. Theisen (2007), S. 149f.

[148] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 106ff.

[149] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 106ff.

[150] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 114f.

[151] Vgl. ebenda, S. 114ff.

[152] Vgl. Theisen (2007), S. 143.

[153] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 114f.

[154] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 115.

[155] In Anlehnung an Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 112ff.; Theisen (2007) S. 149ff.; Diederichs/Kißler (2008), S. 115ff.

[156] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 116f.

[157] Vgl. Theisen (2007), S. 142.

[158] Vgl. Bellavite-Hövermann/Lindner/Lüthje (2005), S. 116f.

[159] Vgl. Diederichs/Kißler (2008), S. 121.

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Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783836646208
DOI
10.3239/9783836646208
Dateigröße
6.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften, Controlling
Erscheinungsdatum
2010 (Mai)
Note
1,7
Schlagworte
controlling aufsichtsrat corporate governance prinzipal-agenten-theorie informationsaustausch
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Titel: Gestaltung des Informationsaustausches zwischen den Unternehmensorganen - Möglichkeiten des Controlling aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie
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