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Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland

Eine Einzelfallstudie zur Untersuchung der Faktoren der Internetnutzung

©2007 Magisterarbeit 164 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Für die meisten Deutschen ist die Nutzung des Internets als Kommunikationsmedium selbstverständlich. In vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Arbeitswelt werden die Vorteile in Anspruch genommen. Seit einigen Jahren spricht man davon, dass wir in einer Informationsgesellschaft bzw. Wissensgesellschaft leben, die gekennzeichnet ist durch die wachsende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien). Viele Hoffnungen und Erwartungen sind daran geknüpft: IuK-Technologien – vor allem das Internet – eröffnen neue Handlungsperspektiven und werden als Chance gesehen, Gegenwartsprobleme (Arbeitslosigkeit, mangelnde Innovationsfähigkeit u. a.) zu lösen.
Der Forschungsgegenstand dieser Arbeit ist die Internetnutzung der Berufsgruppe der Handwerker in Deutschland. In dieser Magisterarbeit wird von der Prämisse ausgegangen, dass jeder Handwerker das Internet verwenden sollte, da es dieser Berufsgruppe zahlreiche Vorteile eröffnet (vgl. Kapitel 1.3). Studien zeigen jedoch, dass die Internetnutzung im Handwerk gering ist und somit dessen Nutzungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden (vgl. Kapitel 1.5). Die Steigerung der Internetnutzungsrate ist notwendig, auch um neue berufliche Perspektiven zu eröffnen und das deutsche Handwerk zukunftsfähig zu machen.
Bisher wurde allerdings unzureichend wissenschaftlich erforscht, warum die Nichtnutzung des Internets in dieser Branche so stark ausgeprägt ist. Es liegen lediglich Untersuchungen vor, die rein quantitative Daten zur Internetnutzung von Handwerkern erheben oder veraltet sind. Eine eingehendere – vor allem qualitative – Bearbeitung folgender Fragen ist also notwendig:
- Wie nutzen Handwerker in Deutschland das Internet?
- Welche Faktoren beeinflussen die Internetnutzung und Nichtnutzung im Handwerk?
Ziel dieser Arbeit ist es, beide Fragen zu beantworten. Dazu wird eine eigene Untersuchung durchgeführt, und zwar eine Einzelfallstudie, in der ‘teilstrukturierte Interviews’ mit Malern und Lackierern stattfinden. Aus den Erkenntnissen werden Empfehlungen für Maßnahmen zur Steigerung der Internetnutzung von Handwerkern abgeleitet. Dadurch erhalten Praktiker beispielsweise Anregungen für die zweckmäßigere Gestaltung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Verbesserung von Internetkompetenzen, und es wird eine Grundlage für weitere theoretische Forschung zu diesem Thema geschaffen.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird dargestellt, welche […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Carsten Seel
Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
Eine Einzelfallstudie zur Untersuchung der Faktoren der Internetnutzung
ISBN: 978-3-8366-4530-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Aachen,
Deutschland, Magisterarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Mein Dank gilt allen, die mich im Studium und beim Schreiben dieser Arbeit unterstützt ha-
ben: Meine Eltern und Großeltern, meine Schwester, Elke und Lothar Haas, Nina Käsgen,
Miriam Rieck, Alexander Bugge und alle ehemaligen Arbeitskollegen, die mich bei der
Gründung von LetsWorkIt.de, dem Online-Auktionsmarkplatz für Dienstleistungs- und
Handwerksaufträge, unterstützt und mir die nötigen Freiräume für die Magisterarbeit einge-
räumt haben. Ebenfalls bedanke ich mich bei allen Handwerkern, die an der Untersuchung
teilgenommen haben und damit diese Arbeit erst ermöglicht haben.

Inhaltsverzeichnis
Einleitung ... 1
1 Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland ... 3
1.1 Das Handwerk in Deutschland... 3
1.2 Kommunikation im Handwerk... 4
1.3 Nutzungsmöglichkeiten des Internets für Handwerker... 8
1.4 Notwendige Internetkompetenzen bei Handwerkern... 11
1.5 Studien
zur
Internetnutzung
in Bezug auf Handwerker ... 15
1.6 Ursachen der Nichtnutzung des Internets im Handwerk... 21
1.7 Modelle
zur
systematischen
Analyse von Internetnutzung... 25
1.8 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 30
2 Eigene Untersuchung zur Internetnutzung von Handwerkern ... 32
2.1 Hypothesen
der
Untersuchung ... 32
2.2 Beschreibung der Untersuchung ... 33
2.3 Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung ... 38
2.3.1 Ergebnisse bezüglich der Internetnutzung ... 39
2.3.2 Ergebnisse bezüglich der Faktoren der Internetnutzung und Nichtnutzung . 46
2.3.2.1 Faktor Kulturraum bzw. Wirtschaftsraum ... 47
2.3.2.2 Faktor
Domäne... 48
2.3.2.3 Faktor
Organisation... 50
2.3.2.4 Faktor
Arbeitsplatz... 56
2.3.2.5 Faktor
Internetnutzer... 60
2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 66
3 Diskussion der Ergebnisse der eigenen Untersuchung und Maßnahmen
zur Steigerung der Internetnutzung von Handwerkern... 68
3.1 Diskussion der Ergebnisse der eigenen Untersuchung und Empfehlungen
zur Steigerung der Internetnutzung ... 68
3.2 Maßnahmen zur Steigerung der Internetnutzung ... 72
4 Fazit und Ausblick ... 74
Literatur... 76
Anhang ... 79
Gewerbe der Handwerksordnung, Anlage A ... 79
Gewerbe der Handwerksordnung, Anlage B1: Zulassungsfreie Handwerke... 80

Gewerbe der Handwerksordnung, Anlage B2: Handwerksähnliche Gewerbe ... 82
Gesprächsleitfaden der eigenen Untersuchung ... 84
Transkripte der geführten Interviews ... 88
Hinweise zu den Transkripten... 88
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 1 ... 89
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 2 ... 104
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 3 ... 109
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 4 ... 115
Transkript des Interviews mit kaufmännischer Angestellten 5... 120
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 6 ... 131
Transkript des Interviews mit angestelltem Handwerker 7... 138
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 8 ... 148
Transkript des Interviews mit Geschäftsführer 9 ... 152

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Internetnutzung nach Art der Beschäftigung im Jahr 2006 ... 17
Abbildung 2: Internetnutzung im Baugewerbe nach Beschäftigtengrößenklassen
im Jahr 2006... 18
Abbildung 3: Hemmnisse der Interneteinführung in KMU ... 21
Abbildung 4: Gründe für ablehnende Haltung des Internets... 22
Abbildung 5: Medienökologisches Rahmenmodell nach Döring ... 26
Abbildung 6: Inklusionsmodell zu den Rahmenbedingungen des textproduktiven
Handelns nach Jakobs mit eigenen Ergänzungen (Wirtschaftsraum
und Internetnutzer)... 27
Abbildung 7: Teilnehmer der eigenen Untersuchung ... 38
Abbildung 8: Webseite von Geschäftsführer 4 ... 41
Abbildung 9: Webseite von Geschäftsführer 1 ... 42

Einleitung
1
,,Das Telefon wird für den Verkehr in Städten...
große Dienste leisten. Aber wie es auf ganz kurzen
Entfernungen das Sprachrohr nie verdrängen wird,
ebenso wenig wird es je für größere Entfernungen
den Telegraphen ersetzen können."
Werner von Siemens, 1878
Einleitung
Für die meisten Deutschen ist die Nutzung des Internets als Kommunikationsmedium selbst-
verständlich. In vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Arbeitswelt werden die Vor-
teile in Anspruch genommen. Seit einigen Jahren spricht man davon, dass wir in einer Infor-
mationsgesellschaft bzw. Wissensgesellschaft leben, die gekennzeichnet ist durch die wach-
sende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien).
Viele Hoffnungen und Erwartungen sind daran geknüpft: IuK-Technologien ­ vor allem das
Internet ­ eröffnen neue Handlungsperspektiven und werden als Chance gesehen, Gegen-
wartsprobleme (Arbeitslosigkeit, mangelnde Innovationsfähigkeit u. a.) zu lösen.
Der Forschungsgegenstand dieser Arbeit ist die Internetnutzung der Berufsgruppe der Hand-
werker
1
in Deutschland. In dieser Magisterarbeit wird von der Prämisse ausgegangen, dass
jeder Handwerker das Internet verwenden sollte, da es dieser Berufsgruppe zahlreiche Vortei-
le eröffnet (vgl. Kapitel 1.3). Studien zeigen jedoch, dass die Internetnutzung im Handwerk
gering ist und somit dessen Nutzungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden (vgl. Kapitel
1.5). Die Steigerung der Internetnutzungsrate ist notwendig, auch um neue berufliche Per-
spektiven zu eröffnen und das deutsche Handwerk zukunftsfähig zu machen.
Bisher wurde allerdings unzureichend wissenschaftlich erforscht, warum die Nichtnutzung
des Internets in dieser Branche so stark ausgeprägt ist. Es liegen lediglich Untersuchungen
vor, die rein quantitative Daten zur Internetnutzung von Handwerkern erheben oder veraltet
sind (vgl. Kapitel 1.5). Eine eingehendere ­ vor allem qualitative ­ Bearbeitung folgender
Fragen ist also notwendig:
1. Wie nutzen Handwerker in Deutschland das Internet?
2. Welche Faktoren beeinflussen die Internetnutzung und Nichtnutzung im Handwerk?
Ziel dieser Arbeit ist es, beide Fragen zu beantworten. Dazu wird eine eigene Untersuchung
durchgeführt, und zwar eine Einzelfallstudie, in der ,,teilstrukturierte Interviews" mit Malern
und Lackierern stattfinden. Aus den Erkenntnissen werden Empfehlungen für Maßnahmen
zur Steigerung der Internetnutzung von Handwerkern abgeleitet. Dadurch erhalten Praktiker
beispielsweise Anregungen für die zweckmäßigere Gestaltung von Aus- und Weiterbil-
dungsmaßnahmen zur Verbesserung von Internetkompetenzen, und es wird eine Grundlage
für weitere theoretische Forschung zu diesem Thema geschaffen.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird dargestellt, welche theoretischen und empirischen Er-
kenntnisse der Literatur zu entnehmen sind bezüglich der Internetnutzung und Nichtnutzung
im Handwerk. Nutzungsmöglichkeiten, dafür notwendige Internetkompetenzen, Nutzungs-
1 Die in dieser Arbeit gewählte maskuline Form (z. B. Handwerker, Internetnutzer) bezieht sich auf Frauen
wie Männer.

Einleitung
2
zahlen und Ursachen der Nichtnutzung werden vorgestellt. Anschließend wird gezeigt, dass
man das Inklusionsmodell zu den Rahmenbedingungen des textproduktiven Handelns nach
Jakobs (vgl. 2005b) auf die Internetnutzung übertragen und damit die Faktoren der Internet-
nutzung von Handwerkern systematisch analysieren kann.
Inhalt des zweiten Kapitels ist die eigene Untersuchung. Es werden zunächst Hypothesen auf-
gestellt, zu denen Daten erhoben und ausgewertet werden. Die Darstellung der Untersu-
chungsergebnisse umfasst:
1. Ergebnisse bezüglich der Internetnutzung von Handwerkern
2. Ergebnisse bezüglich der Faktoren der Internetnutzung und Nichtnutzung
Im dritten Kapitel werden die Untersuchungsergebnisse diskutiert und daraus Empfehlungen
für die Steigerung der Internetnutzung von Handwerkern abgeleitet. Ein Katalog mit prakti-
schen Maßnahmen fasst die Erkenntnisse zusammen
Diese Arbeit wird abgeschlossen mit einem Fazit und Ausblick.
Die Marktkommunikation zwischen Handwerkern und (potenziellen) Kunden über das Medi-
um Internet steht im Vordergrund dieser Arbeit (vgl. Kapitel 1.2). Da es sich bei der vorlie-
genden Magisterarbeit um eine kommunikationswissenschaftliche Arbeit handelt, werden der
Nutzen und eventuelle Nachteile der Internetverwendung nicht betriebswirtschaftlich unter-
sucht oder kalkuliert. Sozialpsychologische Aspekte wie soziale Identitäten, Deindividuation
oder Entfremdung sind gleichfalls nicht Untersuchungsgegenstand. Grundkenntnisse der In-
ternettechnologien, -dienste und -anwendungen werden als bekannt vorausgesetzt.

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
3
1
Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
In diesem Kapitel wird die Berufsgruppe der Handwerker vorgestellt (vgl. Abschnitt 1) und
deren kommunikatives Handeln sowie Kommunikationsbedarf betrachtet (vgl. Abschnitt 2).
Es wird erläutert, welche Möglichkeiten die Internetnutzung für die externe Marktkommuni-
kation insbesondere mit (potenziellen) Kunden eröffnet (vgl. Abschnitt 3) und welche Kom-
petenzen dafür notwendig sind (vgl. Abschnitt 4). Dabei handelt es sich um von der Literatur
geforderte Soll-Zustände und Theorien, die mit dem Ist-Zustand verglichen werden, indem
Studien zur Internetnutzung dahingehend ausgewertet werden, welche Aussagen sie über
Handwerker treffen (vgl. Abschnitt 5). Anschließend wird dargestellt, welche Ursachen für
die Nichtnutzung des Internets im Handwerk verantwortlich sind (vgl. Abschnitt 6) und mit
welchem Modell man diese systematisch analysieren kann (vgl. Abschnitt 7).
1.1
Das Handwerk in Deutschland
In Deutschland ist die Zugehörigkeit zum Handwerk durch das Gesetz zur Ordnung des
Handwerks (HwO) vom 26. März 1953 geregelt. Die Handwerksordnung legt fest, welche
Berufe zum Handwerk zählen. Anlage A der Handwerksordnung umfasst alle Gewerbe, für
die eine Meisterprüfung die Voraussetzung zur Selbstständigkeit ist. Diese Gewerbe sind zu-
lassungspflichtig, weil sie besonders gefahrgeneigt sind und/oder eine besondere Ausbildung
erfordern. Anlage B1 nennt alle weiteren Handwerksberufe, in denen eine Meisterprüfung
freiwillig abgelegt werden kann. Das sogenannte ,,handwerksähnliche Gewerbe" wird in An-
lage B2 erfasst (vgl. ZDH 2007a, 6, siehe auch Gewerbe der Handwerksordnung, Anlagen A,
B1 und B2 im Anhang dieser Arbeit).
Zu den einzelnen Gewerben des Handwerks in Deutschland zählen über 100 Berufe, die man
zu folgenden Bereichen zusammenfassen kann:
· Metall- und Elektrogewerbe
· Bau- und Ausbaugewerbe
· Gesundheits-, Körperpflege und Reinigungsgewerbe
· Holzgewerbe
· Nahrungsmittelgewerbe
· Bekleidungs-, Textil- und Ledergewerbe
· Glas-, Papier-, Keramik- und sonstige Gewerbe
In der Handwerksbranche arbeiten mehr als 4,8 Millionen Menschen in ca. 947.500 Betrie-
ben
2
. 12,4 Prozent aller Erwerbstätigen und 30,7 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland
sind im Handwerk tätig. Im Jahr 2005 erreichte der Umsatz im Handwerk rund 456 Milliar-
den Euro (vgl. ZDH 2007b), was 8 Prozent der Bruttowertschöpfung entspricht und das
Handwerk zu einem wichtigen Wirtschaftsbereich macht.
In einer Werbebroschüre schreibt der Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. über die
Bedeutung und Leistungsfähigkeit des Handwerks:
2 In der Betriebswirtschaftslehre werden Betrieb und Unternehmen als wirtschaftliche Einheiten meist da-
durch unterschieden, dass das Unternehmen als rechtliche, finanzielle oder Verwaltungseinheit bestimmt
wird; Unternehmen wird oft als der übergeordnete Begriff verstanden in dem Sinne, dass ein Unternehmen
aus mehreren Betrieben bestehen kann (vgl. Brünner 2000, 5).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
4
Das Handwerk ist der vielseitigste Wirtschaftsbereich Deutschlands und bildet mit seinen kleinen
und mittleren Betrieben den Kern des deutschen Mittelstandes. [...] Ob Privatverbraucher, Indus-
trie, Handel oder die öffentliche Hand ­ das deutsche Handwerk bietet ein breites, differenziertes
und vor allem qualitativ hochwertiges Angebot an Waren und Dienstleistungen. Individuelle Pro-
dukte und Problemlösungen sind die Domäne und Stärke des Handwerks. [...] Die Leistungen der
Handwerker in Deutschland werden täglich millionenfach in Anspruch genommen. (ZDH 2007a,
3)
Die wirtschaftliche Situation der Handwerksbranche ist jedoch schwierig: Der Zentralverband
des Deutschen Handwerks e.V. bezeichnet die schlechte Konjunktur und schwache Binnen-
nachfrage nach Handwerksleistungen als Bedrohungen für die Existenz vieler kleiner und
mittlerer Unternehmen. Die Globalisierung des wirtschaftlichen und beruflichen Handelns
führte zur Öffnung der Grenzen nach Osteuropa. Ausländische Handwerker und die weitge-
hende Aufhebung des Meisterzwangs sind Ursachen für verstärkten Wettbewerb und hohen
Preisdruck (vgl. ZDH 2006, 19 ff.). Außerdem mangelt es an Arbeitskräftenachwuchs auf-
grund des demografischen Wandels in Deutschland (vgl. ISF München 2002, 5). Technologi-
sche Veränderungen führen zu neuen kommunikativen Anforderungen. Der steigende Einsatz
technisch immer komplexerer Produkte, Werkzeuge und Verfahren bedingt einen wachsenden
Informations- und Instruktionsbedarf (vgl. Becker-Mrotzek/Doppler 1999b, 10).
Unter den Folgen dieser Entwicklungen leiden vor allem kleine und mittlere Handwerksbe-
triebe: Das Statistische Bundesamt zählte für das Jahr 2006 5.749 Insolvenzen allein aus dem
Baugewerbe. 178 von 10.000 Unternehmen meldeten in diesem Wirtschaftszweig die Insol-
venz, was die höchste Insolvenzhäufigkeit aller Branchen in Deutschland ist (vgl. Destatis
2007).
Handwerksunternehmen sind zu einer Neuorganisation ihrer Organisations- und Produktions-
strukturen gezwungen. Traditionelle Strukturen mit Stellen- und Funktionszuschreibungen in
klar gegliederten Hierarchien, mit weitreichender Arbeitsteilung und eindeutig definierten
Zuständigkeiten verlieren an Bedeutung. Strukturen mit flachen Hierarchien und offeneren
Strukturen, die einen flexiblen Einsatz von Personal und Produktionsmitteln erlauben, sollten
eingeführt werden. Die Interaktion mit Kunden muss optimiert werden, so dass das betriebs-
wirtschaftliche Ziel, Gewinne zu erwirtschaften, erreicht wird. Das stellt nicht nur für die be-
triebliche Organisationsentwicklung, die berufliche Weiterbildung und die Mitarbeiterführung
eine Herausforderung dar, sondern schließt auch hohe Anforderungen an die sprachlich-
kommunikativen Fähigkeiten der Mitarbeiter ein (vgl. Becker-Mrotzek/Doppler 1999b, 11),
die im folgenden Abschnitt näher betrachtet werden.
1.2
Kommunikation im Handwerk
Das Handeln von Unternehmensmitgliedern besteht aus steuernden (dispositiven) und ausfüh-
renden Aktivitäten. Die Steuerungsaufgaben werden von der Unternehmensführung (Manage-
ment) übernommen. Deren Aufgabe besteht darin, erfolgsträchtige Unternehmensstrategien zu
formulieren, zu realisieren und durchzusetzen. Dazu ist es notwendig, eine Vielzahl unter-
schiedlicher Handlungen und Interessen aufeinander abzustimmen, wobei Kommunikations-
prozesse eine große Rolle spielen. Unternehmen sind als arbeitsteilige Handlungssysteme
notwendig auf Kommunikation angewiesen, denn die Entwicklung von einer Industrie- zu
einer Informationsgesellschaft hat zur Folge, dass der Anteil und die Bedeutung von Sprache
und Kommunikation am beruflichen Handeln zugenommen haben (vgl. Becker-
Mrotzek/Doppler 1999b, 6).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
5
Kommunikatives Handeln bildet die Grundlage für alle Arbeitsabläufe und macht selbst einen ho-
hen Anteil des wirtschaftlichen Handelns aus. Besonders viele Dienstleistungsarbeiten bestehen
fast ganz aus Interaktion und Kommunikation zwischen Produzent und Konsument. Weil Kom-
munikation an allen Bereichen und Funktionen betrieblichen Handelns zentral beteiligt ist, wird
sie in der betriebswirtschaftlichen Literatur auch als Schlüsselfunktion [...] des Unternehmens be-
zeichnet. (Brünner 2000, 7f, Hervorhebung im Original)
Zerfaß bezeichnet ,,alle kommunikativen Handlungen von Organisationsmitgliedern, mit de-
nen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftsein-
heiten geleistet wird, als Unternehmenskommunikation" (Zerfaß 2004, 287, Hervorhebung im
Original). Dies betrifft zum einen die Steuerung des Realgüterprozesses im Organisationsfeld
(interne Unternehmenskommunikation) und zum anderen die Gestaltung marktlicher und ge-
sellschaftspolitischer Beziehungen (externe Unternehmenskommunikation) (vgl. ebd., 287).
Interne Unternehmenskommunikation dient der ,,kommunikativen Integration" aller Mitarbei-
ter, die ihre Absichten oder Situationen durch Kommunikation beeinflussen und im Diskurs
oder praktischen Handeln neue Orientierungsmuster aufbauen. Durch Kommunikation ist es
möglich, strittige Mittelwahlen, Zweckbestimmungen und Situationsdefinitionen aufeinander
abzustimmen (vgl. ebd., 288 ff.).
Die externe Unternehmenskommunikation ist ebenfalls ein elementarer Bestandteil der Unter-
nehmenstätigkeit. In den externen Umfeldern Ökonomie und Gesellschaft müssen Hand-
werksunternehmen ihre Strategien durchsetzen, was maßgeblich über Erfolg und Misserfolg
des Unternehmens entscheidet.
Die externe Unternehmenskommunikation [...] fördert die notwendigen Prozesse der Interessen-
abstimmung und Handlungskoordination im Marktumfeld, in dem die wirtschaftlichen Beziehun-
gen mit Lieferanten, Abnehmern und Wettbewerbern gestaltet werden, sowie im gesellschaftspoli-
tischen Umfeld, das die Gesamtheit aller regulativen Beziehungen in nicht-ökonomischen Sphären
umfasst. (Zerfaß 2004, 297, Hervorhebungen im Original)
In dieser Definition wird zwischen zwei Teilbereichen unterschieden: Public Relations be-
zeichnet die kommunikativen Beziehungen im gesellschaftspolitischen Umfeld. Der Öffent-
lichkeitsarbeit obliegt es, die Unternehmensstrategie in den Handlungsfeldern von Politik,
Bildung, Wissenschaft usw. durchzusetzen bzw. entsprechende Widerspruchspotenziale und
gesellschaftliche Anforderungen in das organisatorische Entscheidungssystem einzuspeisen.
Die Marktkommunikation unterstützt die tauschvertragliche Handlungskoordination im öko-
nomischen Handlungsraum. Sie umfasst alle kommunikativen Handlungen von Organisati-
onsmitgliedern, mit denen Transaktions- und Wettbewerbsbeziehungen gestaltet werden (vgl.
Zerfaß 2004, 297 f.). Handwerksbetriebe treffen im sozialen Handlungsraum der Ökonomie
auf andere Organisationen, insbesondere auf (potenzielle) Wettbewerber und Transaktions-
partner, Wirtschaftsverbände (Handwerkskammern, Gewerkschaften, Einkaufsgenossenschaf-
ten u. a.) sowie auf Personen in ihrer Eigenschaft als Konsumenten (Auftraggeber bzw. Kun-
den). Kommunikationsprozesse kommen bei der Koordination von geschäftlichen Interaktio-
nen mit diesen Gruppen zum Einsatz. Bei der Anbahnung, Aushandlung, Erfüllung und Kon-
trolle von Verträgen muss kommuniziert werden (vgl. ebd., 298 f.).
Die Marktkommunikation mit (potenziellen) Kunden ist für Unternehmen besonders wichtig.
Der Erfolg des betriebswirtschaftlichen Handelns von Handwerksunternehmen hängt oftmals
von der Unterscheidung des Handwerkers von seinen unmittelbaren Wettbewerbern ab. Un-
terscheidungsmerkmale können technische Qualifikationen sein, aber auch Aspekte wie strik-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
6
te Kundenorientierung, die z. B. durch die Qualität der Kundenbetreuung oder die Qualität
des Auftretens vor Ort deutlich wird (vgl. Heckner 1999, 59 f.).
Kommunikationsbedarf im Handwerk
In der Literatur zum Thema ,,Unternehmenskommunikation" werden zahlreiche Soll-
Anforderungen genannt, die Unternehmen helfen (sollen), ihre Kundenorientierung zu stei-
gern: Kundenorientierung sollte Ausdruck finden in verstärkten mündlichen und schriftlichen
Kontakten mit Kunden. Dabei handelt es sich oftmals um fachexterne Kommunikation. Diese
Form der Experten-Laien-Kommunikation zwischen Unternehmensangehörigen und Kunden
ist besonders störanfällig und problemträchtig. Oft kommt es zu Missverständnissen, Rei-
bungsverlusten und Konflikten (vgl. Brünner 2000, 13 f.). Ausgeprägte kommunikative Fä-
higkeiten sind notwendig, um Kunden technisches Wissen zu erläutern, damit diese entschei-
den können, welche handwerklichen Leistungen ausgeführt und von ihnen bezahlt werden.
Verschiedene sprachlich-kommunikative Aufgaben fallen in diesen Bereich, die den Kommu-
nikationsbedarf in der Handwerksbranche verdeutlichen. In Anlehnung an Brünner kann man
die Kommunikationsaufgaben einteilen in die Diskursarten Verkaufsgespräch, Servicege-
spräch, Verhandlung, Besprechung, Reklamationsgespräch und schriftliche Kommunikation
(vgl. Brünner 2000):
In (mündlichen) Verkaufsgesprächen verwirklicht sich das ökonomische Ziel des Wirtschaf-
tens, also Gewinne zu realisieren (vgl. Brünner 2000, 47 ff.). Kaufen und Verkaufen von Wa-
ren oder Dienstleistungen sind zentrale Tätigkeiten in der Wirtschaft. Märkte sind systemi-
sche Komplexe, die eine indirekte, situationsbezogene Koordination divergierender Handlun-
gen ermöglichen. Das bedeutet, dass Kaufhandlungen entweder vollzogen oder abgelehnt
werden können. Kunden wählen Handwerker (bewusst) aus oder entscheiden sich gegen einen
Betrieb. Neben handwerklichen Qualifikationen wünschen sie sich von Handwerkern Ehr-
lichkeit, Interesse an Kunden-Problemen, Beratung und Höflichkeit. Diese ,,nicht-
handwerklichen" Aspekte lassen sich in Verkaufsgesprächen zwischen Handwerker und Kun-
de über Kommunikation erzielen (vgl. Heckner 1999, 58).
Diese Aspekte spielen nicht nur bei Verkaufsgesprächen eine große Rolle, sondern auch bei
Servicegesprächen. Service ist in der Betriebswirtschaftslehre ein Synonym für Kunden-
dienst. Darunter werden alle Zusatzleistungen verstanden, die ein Anbieter neben der Haupt-
leistung, d. h. dem Produkt im engeren Sinne, seinen Kunden offeriert, um den Erwerb, Ein-
satz und/oder Gebrauch der Hauptleistung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern (vgl.
Dichtl/Issing 1994, 1253, zitiert nach Brünner 2000, 119). Der Service hat für Unternehmen
die Funktion, sich gegenüber Konkurrenten positiv abzuheben, die Kundenzufriedenheit und
Markentreue der Kunden zu erhöhen und Spielraum für Preisverhandlungen zu gewinnen
(vgl. Brünner 2000, 119 ff.).
Verhandlungen, speziell Geschäftsverhandlungen, gelten als eine besonders wichtige, aber
auch schwierige Diskursart in der Wirtschaftskommunikation. Diese zumeist anspruchsvolle
kommunikative Tätigkeit kann betriebsintern (z. B. bei Gehaltsverhandlungen zwischen Mit-
arbeitern und Vorgesetzten, bei Verhandlungen über Arbeitsverteilung zwischen Kollegen,
bei Verhandlungen zwischen Abteilungen, Betriebsrat etc.) und betriebsextern (z. B. bei
Preis- und Vergabeverhandlungen mit Kunden) stattfinden. Verhandlungen kommen in münd-
licher und schriftlicher Form vor. Komplexe, länger dauernde Verhandlungen sind häufig aus
mündlichen und schriftlichen Anteilen gemischt (vgl. ebd., 147 ff.).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
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Die Grundkonstellation beim Verhandeln besteht darin, dass zwei (oder mehr) Parteien konfligie-
rende Ziele bzw. Interessen verfolgen. Dabei besteht eine gegenseitige Abhängigkeit bei der Ziel-
realisierung, d.h., die Parteien sind aufeinander angewiesen und haben insofern ein gemeinsames
Interesse an der Verhandlung. Der Zweck des Verhandelns besteht darin, kommunikativ eine
Übereinkunft für das Handeln zu schaffen, und zwar eine, die die Ziele beider Parteien berücksich-
tigt und ihre Interessenskonflikte tendenziell ausgleicht. [...] Darüber hinaus enthalten sie meist
auch problemlösende Aktivitäten [...] und haben damit kooperative Züge. (ebd., 148 f.)
Unter der Bezeichnung Besprechungen lassen sich Diskurse zusammenfassen, die überwie-
gend betriebsintern, jedoch auch mit Externen geführt werden. Besprechungen stellen keine
klar konturierte und abgegrenzte Diskursart dar, weil ihre Zwecksetzungen sehr heterogen
sind. Zu ihnen gehören beispielsweise sachlich-technisch bezogene Diskurse, Planungsge-
spräche oder Konferenzen. Häufig stehen die Entwicklung von Problemlösungen, das Dis-
sens-Austragen, das Treffen von Entscheidungen, das Aufgaben-Festlegen oder Informieren
als Zweck im Vordergrund. Die Teilnehmerzahl von Besprechungen kann zwischen zwei und
vielen Personen variieren. Besprechungen finden oft geplant statt (nach Terminabsprache
und/oder Einladung), teilweise sind sie als regelmäßige Treffen bestimmter Personengruppen
(z. B. Lieferanten, Kooperationspartner, Steuerberater, Mitarbeiter von Behörden oder Hand-
werkskammern etc.) institutionalisiert. Häufig ist eine thematische Fokussierung vorhanden
(vgl. Brünner 2000, 183 ff.).
Reklamationsgespräche sind ein weiterer Diskurstyp der betriebsexternen Kommunikation
mit Kunden. Dabei interagieren Mitarbeiter des Unternehmens, also Experten, mit Kunden,
die häufig Laien sind. Bei Reklamationsgesprächen handelt es sich um Beanstandungen und
Beschwerden, die der Kunde nach dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung gegenüber Ver-
tretern des Unternehmens vorbringt und die darauf zielen, den beanstandeten Mangel zu be-
heben oder zu kompensieren. Der Zweck des Reklamationsdiskurses besteht darin, die Be-
rechtigung der Beanstandung zu prüfen und bei Fehlern, die das Unternehmen zu verantwor-
ten hat, Ansprüche der Kunden, die sich rechtlich aus dem Kaufvertrag ergeben, zu befriedi-
gen. Reklamationen sind für beide Parteien eine potenziell konflikt- und emotionsträchtige
Diskursart. Als Verkäufer steht der Bearbeiter möglicherweise unter dem Druck, die Ansprü-
che des Kunden abzuwehren. Wenn er selbst der Inhaber des Handwerksbetriebes ist, droht
ihm zumeist finanzieller Schaden oder der Verlust des Kunden. Andererseits liefern Reklama-
tionen dem Unternehmen ein Feedback über die Qualität der verkauften Produkte oder
Dienstleistungen und bieten, wenn sie zufriedenstellend abgewickelt werden, einen Schutz
davor, dass die Kunden sich enttäuscht von der Firma abwenden (vgl. ebd., 101 f.).
Ebenso vielfältig wie die mündlichen sind die schriftlichen Formen der Wirtschaftskommuni-
kation. Akten, Geschäftsberichte, Pläne, Formulare etc. gehören zum Alltag in Unternehmen.
Die Schriftform besitzt schon aufgrund der Institutionalität und Verrechtlichung betrieblichen
Handelns und des Bedarfs an hierarchisch-ökonomischer Kontrolle große Bedeutung. Die
schriftlichen Textarten in der Wirtschaftskommunikation lassen sich differenzieren nach ihren
grundlegenden Handlungsfunktionen (Berichts-, Anleitungs- und Anweisungsfunktion), nach
primär betriebsinternen bzw. -externen Formen sowie nach den charakteristischen Handlungs-
situationen und Bereichen, in denen sie eingesetzt werden. Texte mit Berichtsfunktion dienen
der Fixierung, Speicherung und Distribution von Wissen im Handlungssystem Unternehmen.
Texte mit Anleitungsfunktion bezwecken (unmittelbare) Handlungsanleitungen. Texte mit
Anweisungsfunktion haben ebenfalls handlungssteuernde Funktion, geben jedoch den Adres-
saten eher Handlungsziele als Ausführungsmodalitäten vor (vgl. Brünner 2000, 227 ff.).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
8
Auch in der Kommunikation mit Externen (z.B. Kunden, Zulieferfirmen) spielen Anweisungen ei-
ne Rolle. Z.B. geben Angebote, Aufträge, Bestellungen und (Kauf-, Wartungs-)Verträge, Rech-
nungen und Mahnungen oder schriftliche Reklamationen ­ bei allen Unterschieden ihrer Formen
und Inhalte ­ Handlungen, Handlungsverpflichtungen oder Handlungsziele vor, an die aufgrund
gesetzlicher Bestimmungen sowohl das Unternehmen als auch die Externen bzw. Kunden gebun-
den sind. Der überwiegende Teil der Kundenkorrespondenz zwischen Kunden und Unternehmen
[...] ist durch diese Funktion geprägt. (ebd., 231 f.)
Brünner nennt weitere Diskursarten, denen jedoch in den meisten Handwerksunternehmen
eine geringere Bedeutung zukommt: Kommunikation in praktischen Kooperationen, Bewer-
bungsgespräche, monologische Formen etc. (vgl. 2000, 215 ff.). Auf diese Diskursarten wird
in dieser Arbeit nicht näher eingegangen.
Es wird deutlich, dass ein großer Bedarf an Kommunikation zwischen Handwerkern und (po-
tenziellen) Kunden besteht, was aus Verkaufsgesprächen, Servicegesprächen, Verhandlungen,
Besprechungen, Reklamationsgesprächen und schriftlicher Kommunikation ersichtlich wird.
Diese Diskursarten sind sehr wichtig für den Erfolg von Handwerksunternehmen. Die Kom-
munikationsaufgaben sollten erfolgreich gelöst werden. Dazu muss eine effektive und effi-
ziente Durchführung der Diskurse stattfinden. Aufwand und Ertrag müssen in einem adäqua-
ten Verhältnis zueinander stehen. Dabei spielt auch der folgende Aspekt eine große Rolle: Der
Kunde braucht Sicherheit, die ihm der Handwerker mit gezielten Informationen vermitteln
muss. Austausch und Information, Überblick und Vertrauen sind die wichtigsten Bedürfnisse
des Kunden, gerade zu Beginn einer Maßnahme (vgl. Simonis 2006, 92). Auch Brünner be-
tont, dass Kommunikation in Wirtschaftsunternehmen sehr bedeutsam ist und einen hohen
Prozentsatz dessen ausmacht, was überhaupt an Kommunikation in der Gesellschaft stattfin-
det. Wirtschaftskommunikation ist zugleich Fachkommunikation und berufliche Kommunika-
tion, darüber hinaus besitzt sie charakteristische Merkmale institutionellen Handelns (vgl.
Brünner 2000, 1).
Das Medium Internet eröffnet Handwerkern zahlreiche Möglichkeiten für das kommunikative
Handeln, die im folgenden Abschnitt erläutert werden.
1.3
Nutzungsmöglichkeiten des Internets für Handwerker
In der Studie ,,(N)ONLINER Atlas 2006" heißt es: ,,Immer mehr Menschen erkennen, wie
wichtig für sie das Internet ist. Das gilt für die Freizeit genauso wie für Bildung und Job."
(TNS Infratest 2006, 5) Viele Deutsche nutzen die Vorteile dieses Kommunikationsmediums
­ auch Unternehmen:
In Industrie und Wirtschaft verlaufen heute viele, wenn nicht die meisten Informations- und
Kommunikationsprozesse medial vermittelt. Elektronische Medien unterstützen intern die Produk-
tion, Distribution und Verwaltung von Dokumenten aller Art, den Austausch zwischen Mitarbei-
terInnen und die Organisation von Arbeit. Markt- bzw. kundenorientiert werden sie für Aufgaben
wie Außendarstellung, Werbung, Verkauf, Service, Wartung und Kundenbetreuung genutzt. (Ja-
kobs 2005a, 26)
Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten das Internet Handwerkern für das kommunika-
tive Handeln ­ insbesondere für die Marktkommunikation mit (potenziellen) Kunden ­ eröff-
net. Die Literatur zum Thema ,,Unternehmenskommunikation" beschreibt die Nutzungsmög-
lichkeiten des Internets in sehr allgemeiner Weise für jede Art von Unternehmen. Dass sich
die Möglichkeiten auch auf Handwerksbetriebe übertragen lassen, wird von verschiedenen

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
9
Autoren bestätigt: ,,Wer als Fachbetrieb überleben will, muss sich aber im Klaren sein, dass
sich seine Werbeaktivitäten auch auf das Internet erstrecken müssen als neue Form der Kom-
munikation mit dem Kunden und als Darstellung von Leistungen." (Heckner 1999, 33) ,,Die
gezielte und gut vorbereitete Nutzung des Internets schafft Wettbewerbsvorteile, erhöht die
betriebswirtschaftliche Effektivität, verstärkt den Service für den Kunden." (Handwerkskam-
mer Koblenz 2007, 1) Insbesondere Beck und Köppen betonen:
Internet im Handwerk ist [...] für die Betriebe keine Frage des ,,ob" oder der damit verbundenen
Kosten, sondern höchstens eine Frage des ,,ab wann" ­ unabhängig von der Größe eines Betriebes
wird sich kaum ein handwerkliches Unternehmen den Möglichkeiten des Internet verschließen
können, wenn es weiterhin im Markt erfolgreich tätig sein will. (Beck/Köppen 1998, 2)
Folgende Nutzungsmöglichkeiten des Internets können von Handwerkern in Anspruch ge-
nommen werden:
Unternehmenskommunikation
Das Internet bietet neue und vielfältige Möglichkeiten der Kommunikation. Verschiedene Un-
tersuchungen zeigen, dass sich die Einführung des Internets erheblich auf die Unternehmens-
kommunikation auswirken kann. Der meistverwendete und wichtigste Internetdienst ist E-
Mail, der die digitale Distribution von Informationen ermöglicht und somit traditionelle Kanä-
le und Medien (Brief, Fax, Telefon) ersetzt oder ergänzt. E-Mail-Kommunikation ist schneller
und kostengünstiger als die Briefpost und weniger aufdringlich als das Telefon, da der Daten-
austausch zeitversetzt (asynchron) stattfindet. Der Nutzer kann entscheiden, wann er Informa-
tionen empfängt, bearbeitet oder weiterleitet. Zudem hat die E-Mail gegenüber dem Telefax
den Vorteil, dass Daten und Dokumente elektronisch übermittelt werden und direkt weiter-
verarbeitet oder automatisiert verwaltet werden können. Bei der E-Mail kann die vorausge-
gangene Botschaft zitiert und somit ein schriftlicher Dialog erzeugt werden.
Die technologischen Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationsme-
dien erfordern die Entwicklung neuer, an die technischen Medien angepasste Kommunikati-
onsformen: Die Möglichkeiten der Überlieferung und Speicherung von Sprache sowie die
Möglichkeiten der Verknüpfung mit anderen Informationsträgern führen zu einer Ausdiffe-
renzierung des Verhältnisses von Mündlichkeit und Schriftlichkeit. So löst sich die schriftli-
che Kommunikation immer mehr aus ihrer Bindung an den gedruckten Text. Textproduktion
und -rezeption finden zunehmend in elektronischen Umgebungen statt, was beispielsweise
eine Überwindung der bislang weitgehend linearen Schreibprozesse ermöglicht. Und auch die
mündliche Kommunikation überschreitet immer mehr die Grenzen der Face-to-face-Situation
(vgl. Becker-Mrotzek/Doppler 1999b, 10).
Für die unternehmensinterne Kommunikation ergeben sich folgende Vorteile: Kollegiale
Netzwerke und berufsbezogene Beziehungen können intensiviert werden, denn nicht nur die
Kontaktaufnahme ist niederschwellig möglich, sondern auch Kollaboration kann stattfinden
(vgl. Döring 2003, 79). Soziale Effekte sind eine bessere Kommunikation zwischen Mitarbei-
tern, erhöhte Partizipation und stärkere Zugehörigkeitsgefühle. Kontrollmechanismen, Macht-
und Einflussbeziehungen verändern sich dadurch, dass direkte Kontakte möglich sind und
Informationen nicht blockiert werden. Hierarchische Beziehungen werden in der computer-
vermittelten Kommunikation weniger zum Ausdruck gebracht und tendenziell nivelliert. In-
nerbetrieblich werden durch computervermittelte Kommunikation ursprünglich getrennte
Funktionen verbunden, z. B. Planung, Entwicklung, Produktion und Marketing. Dies alles hat

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
10
weitreichende Folgen für die Arbeitsorganisation und die Tätigkeitsstrukturen am Arbeits-
platz (vgl. Brünner 2000, 252 f.).
Für die unternehmensexterne Kommunikation ergeben sich ebenfalls Vorteile. ,,In zahlreichen
Berufen gewinnt z. B. der Tätigkeitstyp der computergestützten Kundenberatung an Bedeu-
tung." (Brünner 2000, 254) Dabei können per E-Mail-Kommunikation einerseits Bedarfs- und
Problemlagen der Kunden ermittelt werden, Empfehlungen bzw. Lösungsvorschläge angebo-
ten bzw. plausibel gemacht werden und anderseits mit Hilfe von E-Mails Informationen erho-
ben (z. B. Kundendaten) und ausgetauscht werden (z. B. grafische Darstellungen von Lö-
sungsvorschlägen) (vgl. ebd., 254). Darüber hinaus lässt sich über regelmäßige E-Mail-
Newsletter langfristige Kundenbindung erzielen (vgl. Heckner 1999, 202). Im Austausch mit
Kunden gewinnen E-Mails an Bedeutung und entwickeln sich allmählich zum wichtigsten
Mittel der Kommunikation mit Kunden (vgl. Jakobs 2005a, 34).
Computervermittelte Kommunikation kann auch mit anderen Gruppen stattfinden, beispiels-
weise mit Lieferanten, Kooperationspartnern, Steuerberatern und Mitarbeitern von Behörden
oder Handwerkskammern. Daten, Preise, Termine, Dokumente usw. können beispielsweise
per E-Mail ausgetauscht werden (vgl. Heckner 1999, 34). ,,Die E-Mail hat sich in privaten
ebenso wie in beruflichen Kontexten als neues Medium bzw. neue Kommunikationsform [...]
etabliert." (Döring 2003, 50)
Präsentation des Betriebes
Eine weitere Nutzungsmöglichkeit des Internets für Handwerker ist die Präsentation des Be-
triebes über eine eigene Webseite. Das World Wide Web (WWW) besteht aus sogenannten
Webseiten (auch: Websites, Internet-Präsenzen, Homepages). Eine Webseite ist ein elektroni-
sches Dokument, das Texte, Grafiken, Fotos, Animationen, Audio- und Videosequenzen in-
tegriert und über Verweise (Links) mit anderen Dokumenten verknüpft ist. Wenn Webseiten
nicht nur Schriftsprache enthalten, sondern auch andere Symbolsysteme, spricht man von
,,Hypertexten". Eine Besonderheit von Hypertexten liegt darin, dass sie nicht-linear aufgebaut
sein können (vgl. Döring 2003, 73 f.).
Für die externe Unternehmenskommunikation stellt die Firmen-Webseite eine ,,massenmedia-
le Kommunikationsaktivität" (Zerfaß 2004, 360) dar. ,,Ihr entscheidendes Merkmal ist, dass
sie im Prinzip für alle Interessenten zugänglich ist." (ebd., 360) Außerdem ist sie jederzeit
aufrufbar. Auf Webseiten lassen sich Unternehmensinformationen, das Leistungsspektrum,
Beschreibungen von Produkten und Dienstleistungen, Kontakt- und Reklamationsmöglichkei-
ten für Kunden, die Vorstellung von Ansprechpartnern, Hyperlinks zu Geschäftspartnern,
aktuelle Meldungen, Anfahrtsskizzen, Termine von Messen oder Seminaren usw. veröffentli-
chen (vgl. Beck/Köppen 1998, 8). Auch Handwerker-Kooperationen können sich online prä-
sentieren. ,,Eine Darstellung des Handwerks im Internet wird [...] Standard-
Marketinginstrument für das Handwerk sein." (Heckner 1999, 34) ,,Nicht zuletzt geht es ge-
rade den Online-Präsenzen von Unternehmen um verstärkte Kundenbindung und verbessertes
Customer Relationship Management." (Döring 2003, 79, Hervorhebung im Original)
Informationsbeschaffung
Der steigende Einsatz technisch immer komplexerer Produkte, Werkzeuge und Verfahren
bedingt bei Handwerkern einen wachsenden Informations- und Instruktionsbedarf. Bedie-
nung, Wartung und Weiterentwicklung technischer Produkte erfordern eine Vielzahl an In-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
11
formationen, die verfasst, archiviert und ausgetauscht werden müssen (vgl. Becker-
Mrotzek/Doppler 1999b, 10). Der Zugang zu Wissen ist ein Schlüssel für beruflichen Erfolg.
Auch die Zusammensetzung des Wissens, das man benötigt, um seinen Beruf kompetent aus-
füllen zu können, verändert sich in der computerisierten Gesellschaft (vgl. Degele 2000, 128).
Das Internet kann Handwerkern bei der Informationsbeschaffung helfen. Im World Wide Web
lassen sich Informationen über Produkte, Lieferanten und Konkurrenten finden. Nicht nur
elektronisch gespeicherte Daten zählen dazu, sondern auch elektronisch archivierte Druck-
erzeugnisse, Bilder, Filme usw. Mit Hilfe von Suchmaschinen, Webkatalogen und sonstigen
Webseiten können Internetnutzer darauf zugreifen. Die Recherche kann einfacher und schnel-
ler stattfinden, als es bei der Nutzung von traditionellen Medien der Fall wäre (vgl. Hand-
werkskammer Koblenz 2007, 1).
Kunden-Akquise
Ausschreibungen für öffentliche Projekte und zunehmend auch für Aufträge von privaten
Auftraggebern werden nicht mehr ausschließlich in Druckmedien veröffentlicht, sondern sind
im Internet in regionalen und überregionalen Angeboten zu finden (vgl. Beck/Köppen 1998,
2). Über Online-Datenbanken haben Handwerker Zugriff auf öffentliche Ausschreibungen
und private Aufträge, was die Kunden-Akquise vereinfacht und beschleunigt (vgl. Hand-
werkskammer Koblenz 2007, 2).
Weitere Nutzungsmöglichkeiten
Weitere Nutzungsmöglichkeiten des Internets für Handwerker sind: Abwicklung von Zah-
lungsverkehr (sog. Electronic Banking), Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen
(sog. Electronic Commerce oder Online-Shopping), Suche nach Mitarbeitern, Ausbildung und
Unterricht (sog. Electronic Learning) u. a. m. (vgl. Handwerkskammer Koblenz 2007, 1 f.)
3
.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Handwerker das Internet für Unternehmenskommuni-
kation, Präsentation des Betriebes, Informationsbeschaffung, Kunden-Akquise und Weiteres
nutzen können. Von großer Bedeutung ist, dass das Internet auch für die Marktkommunikati-
on mit (potenziellen) Kunden eingesetzt werden kann.
Das Internet erweitert somit die kommunikativen Möglichkeiten von Handwerkern, es bringt
jedoch auch Kosten mit sich, die häufig übersehen werden: Der Funktionsumfang des Medi-
ums wie auch die Tendenz zur Verschmelzung bzw. -kombination mit anderen Medien setzen
ausgeprägte Kompetenzen voraus (vgl. Jakobs 2005a, 26), die im folgenden Abschnitt näher
betrachtet werden.
1.4
Notwendige Internetkompetenzen bei Handwerkern
Die Literatur in der Tradition von Chomskys Sprach- und Piagets kognitiver Entwicklungs-
theorie ist dominiert von der Annahme, dass Kompetenzen in selbstregulativen, intrasubjekti-
ven Konstruktionen entstehen. Diese Theorien wurden weiterentwickelt zu dem, was heute
vorwiegend in zeitgemäßer Literatur zu den Themen ,,Unternehmenskommunikation" und
3 Diese Nutzungsmöglichkeiten werden von den Handwerkern, die in der eigenen Untersuchung befragt
wurden, kaum in Anspruch genommen und deshalb hier nicht näher erläutert (vgl. Kapitel 2.3.1).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
12
,,Medienkompetenz" zu finden ist: Die soziale Konstitutionstheorie der Subjektentwicklung
geht davon aus, dass Kompetenzen sozial konstituiert und im Rahmen der Entfaltung von
kommunikativer Kompetenz erworben werden (vgl. Habermas 1981, zitiert nach Sut-
ter/Charlton 2002, 130 ff.). Der Kompetenzbegriff wird allerdings sehr mehrdeutig verwen-
det. Deshalb wird der Begriff in diesem Abschnitt eingeschränkt und es werden nur ,,Internet-
kompetenzen" betrachtet. Mit dem Internet kompetent umgehen zu können, kann in Anleh-
nung an Baake (1999, zitiert nach Sutter/Charlton 2002, 129) Folgendes bedeuten:
· Internet verstehen
Internetkompetenz kann sich auf das Verständnis medialer Angebote beziehen.
· Internet beherrschen
Internetkompetenz kann die Bedienung von Internettechnologien umfassen.
· Internet verwenden
Internetkompetenz kann den effektiven Einsatz des Internets zur Lösung beruflicher
Aufgaben einschließen.
· Internet gestalten
Internetkompetenz kann sich auf die Herstellung von Internetinhalten beziehen.
· Internet bewerten
Internetkompetenz kann die Fähigkeit bezeichnen, gesellschaftliche Verhältnisse zu
erfassen und das eigene Handeln unter normativen und ethischen Gesichtspunkten be-
werten zu können.
Voraussetzung für erfolgreiche Internetnutzung sind materielle und nichtmaterielle Kommuni-
kationsressourcen. Zu den materiellen Ressourcen zählen die Verfügbarkeit von Medientech-
nik (Computer mit entsprechender Software) und die Verfügbarkeit von Internetzugängen (z.
B. Breitbandverbindungen
4
wie DSL, ISDN oder Modem-Zugang über einen Netzbetreiber).
Ihnen kommt eine große Bedeutung zu, weil Internetnutzung einen erheblichen technischen
Aufwand erfordert (vgl. Zerfaß 2004, 190). Die nichtmateriellen Ressourcen umfassen ,,die
sozialen Fähigkeiten, durch die wir in die Lage versetzt werden, situativ geeignete Kommuni-
kationsschemata zu aktualisieren. Wenn [...] Kommunikationskompetenzen analysiert und
verbessert werden sollen, richtet sich das Augenmerk meistens auf diese Fertigkeiten." (ebd.,
190) Gemäß Döring kann man die nichtmateriellen kommunikativen Ressourcen, die für er-
folgreiche Internetnutzung notwendig sind, auf der technischen, methodischen, sozialen und
organisationalen Ebene finden (vgl. Döring 2003):
Technische Ebene
Das Internet ist eine komplexe Technik, die für die Mehrzahl der Nutzer eine ,,Black Box"
darstellt. Die Anwendungen und Dienste des Internets lassen sich nutzen, ohne die techni-
schen Hintergründe kennen oder verstehen zu müssen. Trotzdem verlaufen die Einrichtung
des Netzzugangs über den Internet Service Provider oder die Handhabung der Internet-
Anwendungen und -Dienste in der Regel nicht reibungslos. Die Aneignung des Multifunkti-
ons-Mediums Internet ist sehr viel anspruchsvoller als etwa die Nutzung von Fernseher und
4
,,Breitbandverbindungen ermöglichen eine schnellere Übertragung großer Informationsmengen; der Aufbau
einer Breitband-Infrastruktur bildet eine wichtige Voraussetzung für multimediale Anwendungen und den
Ausbau der IKT." (Destatis 2006, 21)

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
13
Radio, von Telefon oder Telefax (vgl. Döring 2003, 5). Eine tiefer greifende Beschäftigung
auf der technischen Ebene ist also durchaus notwendig.
Die technologischen Komponenten zur Internetnutzung durchlaufen zur Zeit Innovationszyklen
von wenigen Monaten [...]. Die Technologie ist im Internet komplex und für viele Unternehmen
neu. Wer auf den neuesten Stand der Entwicklung sein möchte, muss sehr gut informiert sein und
beachtliche technologische und elektronische Kenntnisse besitzen, um die technisch geprägte
Sprache zu verstehen. Die Komplexität der Netzübertragungstechniken steigt zudem weiter an.
(Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 18)
Deklaratives und prozedurales medientechnisches Wissen und Erfahrungen mit Computern
und dem Internet sind notwendig. Die technischen Kenntnisse beinhalten Grundkenntnisse
über Computer-Hardware und funktionelles Wissen über Software für spezifische Arbeitsauf-
gaben sowie Internet-Anwendungen und -Dienste (vgl. Degele 2000, 129). Der Kompetenz-
bereich ,,Medien gestalten" erfordert Fähigkeiten, Netzinhalte zu produzieren ­ beispielsweise
E-Mails zu schreiben oder Webseiten zu gestalten, wofür neben Gestaltungstechniken (Web-
design) auch ästhetisches Empfinden notwendig ist (vgl. Hofer 2000, 59).
Methodische Ebene
,,Viele Mitteilungshandlungen können nur gelingen, wenn wir einerseits technische Fähigkei-
ten besitzen [...] und andererseits über medienspezifische Methodenkompetenz verfügen."
(Zerfaß 2004, 190) Auf der methodischen Ebene ist beispielsweise die Auswahl und das Er-
schließen von gesendeten und gespeicherten Äußerungen bedeutsam, also eine angemessene
Selektion und Organisation von Inhalten, Kontaktgelegenheiten und Online-Kontakten, eine
zeitliche Strukturierung der Netznutzung, eine Kontrolle der Nutzungskosten usw. Auch eine
reflektierte Integration der Netznutzung in den Alltag ist gefragt, ein konstruktiver Umgang
mit möglicher Computer- und Internet-Angst sowie mit Wissensdefiziten (vgl. Döring 2003, 6
f.).
Die große Anzahl an potenziellen Informationsquellen stellt hohe Anforderungen an die Me-
dienkompetenz. Zum Problem kann die Fülle an Material werden, die man bei der Informati-
onssuche findet (vgl. Hofer 2000, 3). Hinzu kommt, dass sich besondere Schwierigkeiten bei
der Beurteilung ergeben können: Die Evaluierung des Informationswertes ist im Internet sehr
schwer, da die Texte in unterschiedlichen Kontexten (z. B. Wissenschaft, Journalismus, Öf-
fentlichkeitsarbeit) erstellt werden. Es ist nicht immer erkennbar, in welchem dieser Kontexte
die Information erstellt wurde. Ebenso wird durch die Hypertextualität der Zugang zu Texten
anders als üblich. Es ist mittels Verknüpfungen von Textteilen möglich, seinen eigenen Zu-
gang zu Wissen zu kreieren (vgl. ebd., 61). Bei der Rezeption von Webseiten ist die Fähigkeit
zur Orientierung in Hypertext-Strukturen wichtig. Orientierungslosigkeit bei der Informati-
onssuche (man spricht auch von ,,Lost in Hyperspace"), die Verfolgung falscher Links,
schlechte Verarbeitung von Informationen oder Überforderung aufgrund der Fülle des Mate-
rials führen zu ungenügenden Ergebnissen (vgl. Döring 2003, 77).
Ein Großteil der internetvermittelten Kommunikation läuft text- bzw. schriftbasiert ab. Ton
und Bild haben lediglich ergänzenden Charakter.
Die zeitliche Unmittelbarkeit und Dialogizität der [...] computervermittelten Kommunikation
schlägt sich in einem veränderten Umgang mit der Schriftsprache nieder: Die schriftlichen Äuße-
rungen folgen oft einer konzeptionellen Mündlichkeit [...], indem etwa durch eine verstärkte Integ-
ration von umgangssprachlichen und sprechsprachlichen Wendungen Informalität und Sprecher-
Hörer-Nähe unterstrichen werden. (ebd, 43, Hervorhebung im Original)

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
14
Trotz ,,konzeptioneller Mündlichkeit" sind ausgeprägte sprachliche Kompetenzen für die er-
folgreiche Internetnutzung notwendig. Sprachliche Kompetenzen basieren auf Lese- und
Schreibkompetenzen. Darüber hinaus beinhalten sie Wissen über Textsorten, über typische
Textstrukturen und über medienspezifische Benutzungsfunktionen und damit verbundene
Verarbeitungsanforderungen (vgl. Flender/Christmann 2002, 202 f.). Es kann für die Produk-
tion und Rezeption von Online-Texten wichtig sein, ob Rezipienten zwischen eher wissens-
vermittelnden und eher persuasiven Texten unterscheiden können. Verarbeitungsrelevant
kann darüber hinaus das Wissen über konventionalisierte Textstrukturen sein, beispielsweise
bei Bedienungsanleitungen oder Kaufverträgen. Medienwissen bezieht sich auch auf die nut-
zungsbezogenen Erfahrungen und Fertigkeiten der Rezipienten, die sich z. B. im Umgang mit
verschiedenen Medienformaten oder auch in Fertigkeiten bei der Benutzung von medienspe-
zifischen Überblicks-, Orientierungs- und Suchhilfen manifestieren (vgl. ebd., 202 f.).
Soziale Ebene
Bei computervermittelten Kontakten mit anderen Menschen sind auf der sozialen Ebene
Kommunikations- und Sozialkompetenz medienspezifisch einzubringen (vgl. Döring 2003, 6
f.). Diese Ebene der Internetkompetenz umfasst Wissen darüber, wie man in einer computeri-
sierten Welt mit Menschen kommuniziert, sie umfasst eine Übertragungs- (,,transfer compe-
tence") bzw. Schnittstellenkompetenz (,,interface-competence"), die individuelle Orientierung
erlaubt (vgl. Degele 2000, 130). Die Kompetenz zielt auf den Gebrauch artikulativer, lokutio-
närer und illokutionärer Schemata ab. Es gilt, situationsgerechte Kommunikationssequenzen
zu initiieren und eine angemessene Art der perlokutionären Einflussnahme anzustreben (vgl.
Zerfaß 2004, 190). Dies umfasst etwa Fähigkeiten zum Perspektivenwechsel und zur Empa-
thie, zum integren Argumentieren, zum effektiven Kooperieren und Kollaborieren usw. (vgl.
Döring 2003, 6 f.).
Erfahrungsgemäß scheitern Kommunikationsprozesse häufig deshalb, weil es an gemeinsa-
men Regeln mangelt. Kommunikationsregeln sind konventionelle oder gemeinsam erarbeitete
Regeln, die angewendet, reproduziert, variiert und verändert werden
5
. Kommunikator und
Rezipient sind darauf angewiesen, sich das entsprechende Können und Orientierungswissen
im gemeinsamen Handlungsvollzug aufzubauen. Dazu ist es notwendig, dass die Beteiligten
miteinander kooperieren. Sie müssen beispielsweise versuchen, symbolische Äußerungen
durch die Einbettung in alltägliche Handlungskontexte mit propositionalen und illokutionären
Bedeutungen zu versehen. Sie können sich außerdem bemühen, situativ angemessene Kom-
munikationssequenzen einzuüben. Auf der Grundlage solcher Lernprozesse ist es möglich, ein
gemeinsames Können zu erwerben, das sich verfestigen und künftige Interaktionen anleiten
kann (vgl. Zerfaß 2004, 191 f.).
Organisationale Ebene
Nicht nur Individuen benötigen internetspezifische Medienkompetenz, sondern auch Organi-
sationen, die mittels Internet ihre Informationsflüsse und Kommunikationsprozesse gestalten
(vgl. Döring 2003, 6 f.). Wirtschaftskommunikation ist zumeist in übergeordnete organisatio-
nale Handlungszusammenhänge integriert, die übergeordneten Zwecken dienen und unter-
schiedliche funktionale Bezüge haben, z. B. die Durchführung des übergeordneten Hand-
5 ,,Das beste Beispiel für einen solchen Regelkomplex wäre die Sprache (,,langue"), die seit de Saussure von
der konkreten Rede (,,parole") unterschieden wird." (Zerfaß 2004, 170)

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
15
lungszusammenhangs, Situationsdefinition oder Beziehungsgestaltung. Die Internetnutzung
wird also in einem starken Ausmaß vom organisationalen Kontext geprägt, zu dem auch or-
ganisationstypische Kommunikationsmuster und kommunikative Regelungen, die Interaktion
mit Kollegen und Vorgesetzten sowie strukturelle Rahmenbedingungen wie der Zugang zu
Medien gehören (vgl. Jakobs 2005a, 35). Mediennutzungskonzepte müssen in Unternehmen
entwickelt und optimiert werden. Dafür ist Wissen darüber notwendig, wofür und wie Mitar-
beiter und Führungskräfte Medien im Berufsalltag nutzen, welche Faktoren ihr Vorgehen be-
einflussen und welche Probleme die Nutzung erschweren.
Obwohl sich in den letzten Jahren VertreterInnen verschiedener Disziplinen mit dieser Thematik
beschäftigt haben, ist die Forschungslage nach wie vor unbefriedigend. Viele Studien sind relativ
alt und daher nur bedingt als Vergleichsbasis heranzuziehen. Die Forschungslage erklärt sich auch
aus der Komplexität des Untersuchungsbereichs, die eine Vielzahl von Einzeluntersuchungen be-
dingt. Je nach Gegenstand und Intention der Medienanwendung (z.B. Informationsretrieval oder
Konfliktlösung) zeichnen sich zudem spezifische Probleme und Anforderungen ab. Sie sind weni-
ger dem Medium zuzuschreiben als vielmehr den sozialen und institutionellen Rahmenbedingun-
gen, unter denen die Nutzer agieren. (Jakobs 2005a, 27)
Insgesamt ist zu erkennen, dass die Ebenen der nichtmateriellen kommunikativen Ressourcen
sehr heterogene kognitive Leistungen, Fertigkeiten und Wissensbestände umfassen. So weit
gefasst, erweist sich die Internetkompetenz als ein Teil der allgemeinen Bildung, die eine
Reihe von medienspezifischen Elementen enthält (z. B. Lesekompetenz, Fertigkeiten im Um-
gang mit Software), aber auch viele Wissens- und Tätigkeitsbereiche berührt, die nicht aus-
schließlich für den Umgang mit dem Internet relevant sind (Ästhetik, Wertfragen usw.) (vgl.
Sutter/Charlton 2002, 140).
Internetkompetenzen stellen für fast alle Berufe eine essenzielle Schlüsselqualifikation dar
(vgl. Brünner 2000, 254). Da Internetnutzung auch für Handwerker von großer Bedeutung ist
(vgl. Kapitel 1.3), sind Internetkompetenzen auch für diese Berufsgruppe unabdingbar. Zu-
sammenfassend lässt sich festhalten, dass für erfolgreiche Internetnutzung auch im Handwerk
materielle Ressourcen und nichtmateriellen Ressourcen auf der technischen, methodischen,
sozialen und organisationalen Ebene notwendig sind. Dabei handelt es sich um von der Lite-
ratur geforderte theoretische Voraussetzungen bzw. Soll-Zustände, die im folgenden Ab-
schnitt mit dem Ist-Zustand der Internetnutzung von Handwerkern verglichen werden.
1.5
Studien zur Internetnutzung in Bezug auf Handwerker
In Deutschland werden zahlreiche Studien zur Internetnutzung durchgeführt (vgl. Christu
2007, 1 f.). Die beiden Studien mit den größten Stichproben
6
in Deutschland werden im Fol-
genden kurz vorgestellt und dahingehend ausgewertet, welche Aussagen über den Ist-Zustand
der Internetnutzung von Handwerkern gemacht werden.
6 Eine Internetrecherche ergab, dass nur eine Studie zur Internetnutzung eine größere Stichprobe aufweist,
nämlich die Studie ,,internet facts 2006-III" der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V. (AGOF), die
jedoch die Berufsgruppen von Internetnutzern nicht erhebt (vgl. AGOF 2007a). Es lassen sich also keine
Aussagen über Handwerker machen, weswegen diese Studie hier nicht näher betrachtet wird.

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
16
Studie ,,(N)ONLINER Atlas 2006" von TNS Infratest und der Initiative D21
Seit 2001 wird die Studie ,,(N)ONLINER ATLAS" jährlich vom Marktforschungsunterneh-
men TNS Infratest und dem gemeinnützigen Verein ,,Initiative D21", dem 200 Unternehmen
und Organisationen zahlreicher Branchen angehören, durchgeführt. Ziel der ,,Initiative D21"
ist es, durch bessere Bildung, Qualifikation und Innovationsfähigkeit wirtschaftliches Wachs-
tum zu stimulieren und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu sichern. Informations- und Kommu-
nikationstechnologien werden als entscheidende Basis dafür angesehen. Deshalb untersucht
der ,,(N)ONLINER ATLAS" die Nutzung und vor allem die Nichtnutzung des Internets, wo-
bei Strukturen (Geschlecht, Alter, Bildung, Beruf etc.) und regionale Verteilung (Bundeslän-
der, Regierungsbezirke, Stadt-Land-Verteilung etc.) besonders analysiert werden (vgl. TNS
Infratest 2006, 8).
Im August 2006 ist der ,,(N)ONLINER ATLAS 2006. Eine Topographie des digitalen Gra-
bens durch Deutschland" erschienen. Die Studie basiert auf 50.718 Interviews, die von Januar
bis April 2006 durchgeführt wurden. Die Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbe-
völkerung ab 14 Jahren mit Festnetz-Telefonanschluss im Haushalt (64,89 Mio. Personen).
Die Erhebung fand mit Hilfe von computergestützten Telefoninterviews statt.
Der ,,(N)ONLINER ATLAS 2006" kommt zu folgenden Ergebnissen: Im Jahr 2006 nutzten
58,2 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren in Deutschland das Internet. Diese Zahl wächst
stetig, und in diesem Jahr mit über drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr etwas stärker (vgl.
ebd., 10). Die Onlinenutzung korreliert mit dem Alter: je jünger, desto größer der Onliner-
Anteil. Der Anteil der Internetnutzer stieg in allen Altersgruppen. Der Onliner-Anteil der 20-
bis 29-Jährigen erreichte 2006 mit 86,5 Prozent dasselbe Niveau wie bei den 14- bis 19-
Jährigen (vgl. ebd., 12).
Bezüglich der regionalen Verteilung von Internetnutzern kommt die Studie zu dem Ergebnis,
dass der bundesweite Zuwachs unter den Onlinern auf einer flächendeckenden Zunahme auf
Länderebene basierte. Von den Flächenländern wiesen Hessen und Baden-Württemberg wie
im Vorjahr den höchsten Internetnutzer-Anteil auf. Die neuen Bundesländer bildeten ­ mit
dem Saarland ­ das Schlussdrittel, erreichten aber alle in diesem Jahr mehr als 50 Prozent
Onliner-Anteil (vgl. ebd., 11). In allen Ortsgrößen wurde die 50-Prozent-Marke bei der Inter-
netnutzung überschritten. Weiterhin wiesen die Großstädte über 500.000 Einwohner die meis-
ten Onliner auf ­ mit unverändertem Abstand zu den ländlichen Regionen (vgl. ebd., 18).
Die Bildungs- und Berufssituation ist ebenfalls von großer Bedeutung. Bildungsabschluss,
Beschäftigungsstatus und Haushaltseinkommen sind maßgebliche Merkmale, die Onliner und
Offliner trennen (vgl. ebd., 5). Die Berufstätigkeit fördert die Internetnutzung. Fast drei Vier-
tel der Berufstätigen nutzten bereits das Internet, allerdings nur zu fünf Prozent ausschließlich
für berufliche Zwecke. Nichtberufstätige nutzten das Internet deutlich weniger, dabei aber
überwiegend für private Zwecke (vgl. ebd., 16).
Gemäß ,,(N)ONLINER Atlas 2006" stieg bei jeder Art der Beschäftigung der Anteil der In-
ternetnutzer ­ auch im Handwerk:
Auf jeden Schreibtisch gehört ein PC mit Internetzugang, das hat auch das Handwerk erkannt: Mit
6,2 Prozentpunkten Onliner-Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr gehört es beim Wachstum zu den
Spitzenreitern. Da gleichzeitig auch die Nutzungsplanung hier am höchsten ist, kann mit einer
weiteren Steigerung der Onlineverbreitung bei Handwerk und Arbeitern gerechnet werden. (ebd.,
17)

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
17
Abbildung 1: Internetnutzung nach Art der Beschäftigung im Jahr 2006 (vgl. TNS Infratest 2006, 17)
Im Jahr 2006 nutzten 63,1% der Arbeiter/Handwerker das Internet. 25,6% waren Nichtnutzer.
11,3% planten die Nutzung. Diese Werte liegen am untersten Ende der Berufstätigen. Bei
allen sonstigen Berufsgruppen war die Internetnutzung stärker ausgeprägt. Lediglich Nichtbe-
rufstätige wie Arbeitslose, Hausfrauen/-männer und Rentner bzw. Pensionäre nutzten das In-
ternet seltener (vgl. Abbildung 1). Es fällt positiv auf, dass die Zuwächse im Handwerk groß
sind. Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass gemäß ,,(N)ONLINER Atlas 2006" die
Nichtnutzung des Internets in dieser Berufsgruppe im Jahr 2006 immer noch sehr ausgeprägt
ist. Qualitative Daten zum Internetnutzungsverhalten sowie Ursachen der fehlenden Internet-
nutzung erhebt diese Studie nicht.
Studie ,,Informationstechnologie in Unternehmen und Haushalten 2005" des Statisti-
schen Bundesamtes (Destatis)
Das Statistische Bundesamt führt in Zusammenarbeit mit den Statistischen Landesämtern und
mit Unterstützung des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) seit
2002 jährlich Studien zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien
(IKT) in Unternehmen und privaten Haushalten durch. In fast allen Mitgliedsländern der EU
erfolgen vergleichbare Erhebungen. So sind für Kernaussagen Zeitvergleiche und Vergleiche
zwischen den Ländern möglich. Auf europäischer Ebene wurde sogar eine Verordnung verab-
schiedet, die die Lieferung entsprechender Informationen durch alle Mitgliedsländer ab 2006
vorschreibt. Die Verordnung wurde am 22.12.2005 mit dem Gesetz über die Statistik der In-
formationsgesellschaft (InfoGesStatG) in deutsches Recht übernommen (vgl. Destatis 2006,
69).
Im Februar 2006 ist die aktuelle Fassung der Studie erschienen. Sie bezieht sich auf den Er-
hebungszeitraum März bis Mai 2005. Es wurden 18.031 Erhebungsbögen mit verwertbaren
Angaben von befragten Unternehmen und 10.079 Erhebungsbögen von Privatpersonen ab 10
Jahren aus 4.733 Haushalten ausgewertet. Die Grundgesamtheit ist die deutsche Bevölkerung
ab 10 Jahren, was nicht näher quantifiziert wird. Die Erhebung erfolgte in allen Bundeslän-
dern als schriftliche Befragung. In den Fragebögen wurde nach Details zur Internetnutzung
(Art, Häufigkeit und Zwecke der Internetnutzung), Ausstattung mit Geräten aus dem Bereich
der Informations- und Kommunikationstechnologien, zum Internetzugang, Erwerb von
Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit PC und Internet sowie nach soziodemographi-
sche Merkmalen gefragt (vgl. Destatis 2006, 69 ff.).

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
18
Die Studie ,,Informationstechnologie in Unternehmen und Haushalten 2005" kommt zu fol-
genden Ergebnissen: Bei der Nutzung des Internets durch Privatpersonen ist eine Steigerung
zu beobachten: 61% der Bevölkerung ab 10 Jahren gingen im ersten Quartal 2005 ins Inter-
net, 2002 waren es erst 46%. Die Internetnutzung ist dabei stark altersabhängig: 89% der 10-
bis 24-Jährigen waren online, aber nur 14% der über 64-Jährigen (vgl. ebd., 6). Der Anteil der
Haushalte mit Internetzugang erhöhte sich in der EU von 39% auf 53% um 14%-Punkte. In
Deutschland stieg der entsprechende Anteil um 16%-Punkte: von 46% in 2002 auf 62% im
Jahr 2005 (vgl. ebd., 19).
Über die Internetnutzung von Unternehmen wird die Aussage gemacht, dass deutschen Un-
ternehmen mit mindestens 10 Beschäftigten, die einen Internetzugang besitzen, im Jahr 2005
mit 94% über dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU-15) mit 92% lagen, aber unter
den Onliner-Anteilen in skandinavischen Ländern. Bei den Unternehmen deutet sich seit 2003
eine Sättigungsgrenze an (vgl. ebd., 5). Im Jahr 2005 setzten 84% aller deutschen Unterneh-
men Computer in ihrem Geschäftsablauf ein, 79% verfügten über einen Internetzugang und
59% über eine eigene Webseite. Damit hat die Ausstattung der Unternehmen mit IKT im
Vergleich zu 2004 nicht mehr zugenommen (vgl. ebd., 6).
74% der Unternehmen mit Internetzugang nutzten 2005 die Möglichkeit des Online-Banking,
38% griffen auf Online-Angebote der Verwaltung zurück. Für Ausbildung und Unterricht
wird das Internet vergleichsweise wenig genutzt: Lediglich 20% der Unternehmen mit Inter-
netzugang machten 2005 Gebrauch von E-Learning-Angeboten (vgl. ebd., 6). Die Anzahl der
Unternehmen, die im Jahr 2004 ihre Produkte oder Dienstleistungen über das Internet ver-
kauften, ist mit 10% aller Unternehmen im Vergleich zu 2003 konstant geblieben. Den Ver-
triebsweg Internet nutzten hauptsächlich Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten (vgl.
ebd., 38).
Unternehmen mit Internetzugang
mit ... bis ... Beschäftigten
Insgesamt
1 - 19
20 - 49
50 ­ 249
250 und
mehr
Wirtschaftszweig
%
Untersuchte Betriebe ...
79 76 92 97 100
Baugewerbe
...
74 73 96 99 100
Abbildung 2: Internetnutzung im Baugewerbe nach Beschäftigtengrößenklassen im Jahr 2006
(vgl. Destatis 2007b, 32)
Der Einsatz des Internets in Unternehmen ist stark größen- und branchenabhängig. In der Stu-
die wird die Berufsgruppe der Handwerker jedoch nicht gesondert untersucht. Allerdings wird
das Baugewerbe aufgeführt, welches einen Teilbereich des Handwerks darstellt und deshalb
im Folgenden betrachtet wird
7
. Im Baugewerbe nutzten im Jahr 2006 insgesamt 74% der Un-
ternehmen das Internet. Je größer das Unternehmen ist, desto ausgeprägter ist die Internetnut-
zung. 100% aller Baubetriebe mit 250 oder mehr Mitarbeitern waren online. Kleine Firmen
7 Anzumerken ist, dass neben dem Baugewerbe weitere Gewerbe zum Handwerk zählen (vgl. Kapitel 1.1),
die in der Studie ,,Informationstechnologie in Unternehmen und Haushalten 2005" des Statistischen Bun-
desamtes nicht untersucht wurden. Daher lassen sich die Ergebnisse des Baugewerbes nur bedingt auf das
gesamte Handwerk übertragen.

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
19
mit bis zu 19 Beschäftigten lagen mit 73% unter dem Durchschnitt aller untersuchten Bran-
chen (vgl. Abbildung 2). Nur in wenigen Wirtschaftszweigen wird das Internet seltener einge-
setzt (z. B. Ernährungsgewerbe, Gastgewerbe, Verkehr, Grundstücks- und Wohnungswesen).
In allen anderen Branchen wird das Internet häufiger als im Handwerk genutzt.
Es lässt sich zusammenfassen, dass gemäß der Studie ,,Informationstechnologie in Unterneh-
men und Haushalten" des Statistischen Bundesamtes die Nichtnutzung des Internets im Bau-
gewerbe, das zum Handwerk zählt, im Jahr 2006 sehr ausgeprägt ist. Dies deckt sich mit den
Ergebnissen der Studie ,,(N)ONLINER Atlas 2006". Qualitative Aussagen zum Internetnut-
zungsverhalten sowie Ursachen der fehlenden Internetnutzung werden auch in der Studie des
Statistischen Bundesamtes nicht gemacht.
Kleinere nicht repräsentative Untersuchungen zur Internetnutzung von Handwerkern
Die beiden Studien ,,(N)ONLINER Atlas 2006" und ,,Informationstechnologie in Unterneh-
men und Haushalten 2005" weisen die größten Stichproben aller Studien zur Internetnutzung
in Deutschland auf (abgesehen von der Studie ,,internet facts 2006-III" der Arbeitsgemein-
schaft Online-Forschung e.V.). Über die Internetnutzung einzelner Beschäftigungsgruppen
erheben beide Studien rein quantitative Daten, d. h. es wird nur untersucht, ob Nutzung vor-
liegt oder nicht. Die Schwäche der Untersuchungen ist also, dass sich daraus keine qualitati-
ven Erkenntnisse ziehen lassen: Das Internetnutzungsverhalten (z. B. die Fragen, ob und wie
einzelne Nutzungsmöglichkeiten des Internets verwendet werden) und die Ursachen der
Nichtnutzung werden nicht untersucht.
Bei einer umfangreichen Online- und Offline-Recherche wurden nur zwei kleinere nicht re-
präsentative Untersuchungen gefunden, die detaillierter auf das Handwerk bzw. kleine und
mittlere Unternehmen eingehen und im Folgenden vorgestellt und ausgewertet werden:
· Studie ,,Hemmnisse der Internetnutzung in KMU"
In dieser Veröffentlichung der Universität Flensburg (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd
2001) werden die Hemmnisse und Widerstände der Interneteinführung und -nutzung
zusammengetragen, bewertet sowie Lösungs- und Gestaltungsvorschläge für die er-
folgreiche Internetnutzung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) abgegeben.
Die Autoren nutzen die Ergebnisse von zwei empirischen Studien: eine Untersuchung
im Auftrag der Zeitschrift ,,Impulse" und IBM, bei der 657 kleine und mittlere Unter-
nehmen befragt wurden, und eine Untersuchung der Universität der Bundeswehr in
München, bei der 1.942 kleine und mittlere Unternehmen befragt wurden.
Meyer, Lorenzen und Boyd kommen zu dem Ergebnis, dass das Internet von kleinen
und mittleren Unternehmen sehr unterschiedlich genutzt wird. Die Nutzung erstreckt
sich von der E-Mail-Verwendung über den Abruf von Produkt- und Firmeninformati-
onen hin zu Webpräsenzen, die teilweise um fortgeschrittene ,,E-Business-
Anwendungen" erweitert sind. Doch eine ausgearbeitete Strategie, in welcher Form
das Internet zur Erreichung der Unternehmensziele eingesetzt werden kann, ist nur sel-
ten vorhanden. ,,Noch befinden sich viele kleine und mittlere Unternehmen in einer
Experimentierphase." (ebd., 7)
Es ist zu erkennen, dass primär kleine und mittlere Unternehmen einen Nachholbedarf im
Internet zeigen. Während größere Unternehmen inzwischen 72% eine Onlinepräsenz un-
terhalten, sind KMU erst zu 10 - 28% (je nach Größenklasse) im Internet zu finden. KMU

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
20
scheinen neben allgemeinen und spezifischen Problemen aber auch Bedenken und Wider-
stände gegenüber der Interneteinführung und -nutzung zu besitzen. (ebd., 8)
Meyer, Lorenzen und Boyd belegen, dass wenige kleine und mittlere Unternehmen
das Internet nutzen. Bei der Untersuchung werden jedoch nicht deren Branchen aufge-
schlüsselt, so dass keine Aussagen über Handwerker möglich sind. Da allerdings die
meisten Handwerksbetriebe kleine und mittlere Unternehmen sind, lassen sich die Er-
kenntnisse bedingt übertragen. Im folgenden Abschnitt wird näher darauf eingegan-
gen.
· Studie ,,Internet in kleinen und mittleren Unternehmen"
Diese empirische Studie des Instituts für Technik und Betriebsführung in Karlsruhe
(vgl. Beck/Köppen 1998) untersucht, mit welchen Problemen kleine und mittlere
Handwerksunternehmen bei der Realisierung eines Internet-Auftritts konfrontiert wer-
den und ob ihre Erwartungen erfüllt werden. An der Untersuchung nahmen 311 Un-
ternehmen teil, wovon der Großteil (31%) aus dem Handwerk kommt. Die Autoren
kommen zu folgenden Ergebnissen:
Weit über die Hälfte der Befragungsteilnehmer halten das Internet für einen interessanten
neuen Weg der Kommunikation und sehr viele stehen dem Internet positiv gegenüber. Es
ist auch spürbar, dass der Zugriff auf weltweite Informationen für viele Unternehmer ein
großer Fortschritt ist. [...] Die Betriebe [...] sind andererseits auch skeptisch, ob das In-
ternet für kleine und mittlere Unternehmen einen Aufschwung mit sich bringt. [...] Die
Unternehmen fühlen sich nicht dazu angespornt, das Internet zu nutzen, wohl auch aus
Gründen mangelnder Information. (Beck/Köppen 1998, 19)
Beck und Köppen stellen fest, dass viele Handwerksbetriebe (ca. 25%) keinen Inter-
netzugang besitzen und das Internet nicht nutzen. Die Ergebnisse der Studie sind al-
lerdings von geringer Aussagekraft, da sie schon vergleichsweise alt sind und sich die
Internetnutzung seit 1998 stark verändert hat. Trotzdem werden im folgenden Ab-
schnitt ausgewählte Ergebnisse dieser Studie aufgegriffen.
Die zwei ausgewerteten Internetnutzungs-Studien mit den größten Stichproben in Deutsch-
land kommen zu dem Ergebnis, dass 58,2% bzw. 61% der jeweiligen Grundgesamtheit, also
der deutschen Bevölkerung ab 10 oder 14 Jahren, das Internet nutzt. Die Anzahl der Nutzer
hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Aus beiden Studien geht hervor, dass die Nut-
zung abhängig ist von soziodemografischen Merkmalen wie Geschlecht, Alter und Bildung.
Der typische Onliner ,,ist im Vergleich zu den Vorjahren tendenziell weiblicher geworden und
auch etwas älter. Der digitale Graben scheint sich also zunehmend zu schließen." (TNS Infra-
test 2006, 5)
Wertet man die großen repräsentativen Studien dahingehend aus, welche Aussagen über die
Internetnutzung von Handwerkern gemacht werden, stellt man fest, dass deren Rate der Inter-
netnutzung sehr niedrig ist. In den meisten anderen Branchen wird das Internet häufiger als
im Handwerk genutzt. Die ausgeprägte Nichtnutzung wird auch von den kleineren nicht re-
präsentativen Untersuchungen bestätigt. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen dem Soll-
Zustand (wie in Kapitel 1.3 beschrieben, eröffnet die Internetnutzung Handwerkern zahlreiche
Möglichkeiten für kommunikatives Handeln) und dem Ist-Zustand (viele Handwerker schöp-
fen die Möglichkeiten des Internets in der Praxis nicht aus). Als Zwischenergebnis lässt sich
also festhalten, dass zu wenige Handwerksbetriebe das Internet nutzen. Da die beiden reprä-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
21
sentativen Studien keine qualitativen Aussagen über die Ursachen der Nichtnutzung machen,
wurden zwei nicht repräsentative Untersuchungen vorgestellt. Deren qualitative Erkenntnisse
zu den Ursachen der Nichtnutzung des Internets werden im folgenden Abschnitt dargestellt.
1.6
Ursachen der Nichtnutzung des Internets im Handwerk
Es stellt sich die Frage, welche Ursachen für die niedrige Rate der Internetnutzung von
Handwerkern verantwortlich sind. Welche Barrieren verhindern die Verwendung des Inter-
nets im Handwerk? In diesem Abschnitt wird die vorliegende Literatur bezüglich dieser Fra-
gestellung ausgewertet. Die bisherige Forschung liefert nur unzureichende Erkenntnisse, weil
verstärkt akademische Berufe untersucht wurden. Berufliches Schreiben und Internetnutzung
in nicht-akademischen Berufsfeldern wie dem Handwerk finden wenig Beachtung ­ wie auch
Jakobs und Schindler feststellen:
Bezogen auf das Schreiben in [...] beruflichen Kontexten wie auch in der Ausbildung von Aka-
demikern und Nicht-Akademikern zeigt sich: Es fehlen Untersuchungen zu Anforderungen und
Problemen in verschiedenen Schreibdomänen wie auch auf die Domänen ausgerichtete Vermitt-
lungskonzepte. In der wissenschaftlichen Diskussion dominieren bislang einige ausgewählte, zu-
meist akademische Schreibberufe. (Jakobs/Schindler 2006, 152)
Die großen repräsentativen Studien widmen sich ebenfalls nicht den Ursachen der Nichtnut-
zung des Internets im Handwerk (vgl. Kapitel 1.5). Es werden daher im Folgenden die kleinen
nicht repräsentativen Untersuchungen dahingehend ausgewertet, welche Aussagen über die
Barrieren, Internetnutzungsprobleme sowie deren Ursachen und Faktoren gemacht werden.
Wie schon in Kapitel 1.5 beschrieben, untersucht die Studie ,,Hemmnisse der Internetnutzung
in KMU" (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd 2001), welche Hemmnisse und Widerstände kleine und
mittlere Unternehmen gegenüber der Interneteinführung und -nutzung sehen.
19%
19%
14%
12%
11%
11%
11%
9%
8%
7%
7%
28%
9%
16%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
Fehlendes Know-How der Mitarbeiter
Integration in die Geschäftstruktur
Zu enger Zeitplan
Fehlende Komplettlösungen
Mitarbeiterschulungen
Integration in das Warenwirtschaftssystem
Projektverzögerung
Suche/Auswahl externer Dienstleister/Berater
Interene Akzeptanz bei den Mitarbeitern
Verfügbarkeit der Dienstleister/Berater
Sonstige Probleme
Keine Probleme
Noch in Planungsphase
Einführungsphase
Abbildung 3: Hemmnisse der Interneteinführung in KMU (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 25)
Es ist zu erkennen, dass das fehlende Know-How der Mitarbeiter und die Integration in die
Geschäftsstruktur als die größten Probleme bei der Interneteinführung angesehen werden.
Hürden auf Seiten der Mitarbeiter sind die daraus resultierenden Mitarbeiterschulungen und

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
22
die fehlende Akzeptanz. Doch auch ein zu enger Zeitplan und fehlende Komplettlösungen
wurden von den Unternehmen als Hemmnisse genannt (vgl. Abbildung 3).
In Kapitel 1.5 wurde auch die Studie ,,Internet in kleinen und mittleren Unternehmen" (vgl.
Beck/Köppen 1998) vorgestellt. Sie untersucht, mit welchen Problemen kleine und mittlere
Handwerksunternehmen bei der Realisierung eines Internet-Auftritts konfrontiert werden.
1%
13%
14%
20%
23%
31%
38%
44%
50%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Internet-Auftritt soll Nachfolger realsieren
Mitbew erber sind auch nicht vertreten
Zu hoher Arbeitsaufw and
Internet-Auftritt ist nicht notw endig
Aufbau ist zu kostenintensiv
Mit Internet w erden Kunden nicht erreicht
Kein Internet Know -How verfügbar
Erst einmal die Entw icklung abw arten
Noch nicht konkret darüber nachgedacht
Abbildung 4: Gründe für ablehnende Haltung des Internets (vgl. Beck/Köppen 1998, 17)
Ein Großteil der befragten Unternehmen hat bei der Beantwortung der Frage, warum sie das
Internet nicht nutzen, eingeräumt, dass sie noch nicht konkret darüber nachgedacht haben
oder erstmal die Entwicklung abwarten. Über ein Drittel der Firmen geben an, nicht genügend
Know-How zur Verfügung zu haben. Außerdem sind viele Betriebe der Meinung, per Internet
die Kunden nicht zu erreichen. Kostengründe wurden ebenfalls genannt (vgl. Abbildung 4).
Diese Erkenntnisse lassen sich zu den Ursachen technologische Barrieren, organisatorische
und personelle Probleme, Schwierigkeiten beim Erreichen der Zielgruppen und unklares Kos-
ten-Nutzen-Verhältnis zusammenfassen:
Technologische Barrieren
Wie in Kapitel 1.4 beschrieben, sind für erfolgreiche Internetnutzung materielle Ressourcen
notwendig. Veraltete Hard- und Software stellen vielfach eine technologische Barriere in
kleinen und mittleren Unternehmen dar (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 18). Die nichtma-
teriellen Ressourcen umfassen u. a. Kommunikations- und Internetkompetenzen auf der tech-
nischen Ebene. Diese sind in Handwerksbetrieben schwach ausgeprägt: Wenn sich Unter-
nehmen mit der Interneteinführung und -nutzung beschäftigen, wird schnell deutlich, dass
dies eine schwierige und umfangreiche Aufgabe ist. Die komplexe Technik, deren Funktion
und die technisch geprägte Sprache wird gerade in den nicht mit spezialisierten Mitarbeitern
ausgestatteten kleinen und mittleren Unternehmen nicht verstanden. Nicht nur die Bearbei-
tung der Aufgaben selbst, sondern auch der Vergleich von Angeboten und Leistungen ver-
schiedener Internet-Dienstleister und -berater ist so nur schwer möglich. Die erhebliche tech-
nische Dynamik des Internets verschärft dieses Problem für kleine und mittlere Unternehmen
zusätzlich. Nutzerstrukturen ändern sich ständig, neue Nutzungsformen entstehen. Diese bie-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
23
ten zwar neue Chancen auch für kleine und mittlere Unternehmen, erscheinen aber auch ver-
wirrend und verlangen vom Personal im Unternehmen, ständig mit dem Know-How auf dem
neuesten Stand der Technik zu sein (vgl. ebd., 17).
Deklaratives und prozedurales medientechnisches Wissen und Erfahrungen mit Computern
und dem Internet sind bei Mitarbeitern von Handwerksbetrieben oftmals nicht vorhanden.
Grundkenntnisse über Computer-Hardware und funktionelles Wissen über Software für spezi-
fische Arbeitsaufgaben sowie Internet-Anwendungen und -Dienste fehlen. Know-How zur
Gestaltung von Webseiten ist unzureichend. Teilweise sind Mitarbeiter nicht in der Lage, In-
formationen zu digitalisieren, damit sie per Internet versendet werden können. Datenschutz
und Datensicherheit stellen ebenfalls ein Problem dar.
Der Datenschutz muss sich auf den Schutz von technischen Geräten (Hardware), das Kommunika-
tionsmedium (z.B. die Verbindung zum Service Provider) und auf die transferierten Daten und
Software-Programme erstrecken. Durch das Internet wird hier ein Zugang geschaffen, der jegliche
Unternehmen vielfältigen Gefahren aussetzt. KMU sind hier jedoch aufgrund der typischerweise
ggü. großen Unternehmen geringeren Ausstattung an EDV-technischer Sicherheitsausstattung und
-personal besonders gefährdet. (ebd., 21)
Die geringe Fähigkeit von Handwerkern, die tatsächlichen Gefahren einzuschätzen, bringt
Verunsicherung und Widerstände gegenüber einem Internetzugang. ,,Für viele kleinere Un-
ternehmen ist das mangelnde technische Verständnis der Hauptgrund, das Internet zu mei-
den." (Beck/Köppen 1998, 10)
Organisatorische und personelle Probleme
Häufig besitzen kleine und mittlere Unternehmen aufgrund ihrer geringen Mitarbeiterzahl
nicht die personellen Ressourcen in Umfang und Know-How, um sich ausreichend mit der
Interneteinführung zu beschäftigen, die Internetpräsenz ständig zu pflegen und sich mit der
ständig fortschreitenden Technik zu beschäftigen (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 19). Der
Grund dafür liegt oft darin, dass das Tagesgeschäft Priorität besitzt und dem Thema ,,Internet"
keine Zeit eingeräumt wird (vgl. ebd., 18).
Infolge einer Interneteinführung nehmen die Anforderungen an die Mitarbeiter zu. Schulun-
gen werden notwendig und Mitarbeiter bekommen neue Aufgaben. Daraufhin werden teilwei-
se Mitarbeiter gerade in kleinen oder mittleren Unternehmen verunsichert oder gar verängs-
tigt, da sich mit der Einführung in diesen Betriebsgrößen kaum ein Mitarbeiter den Neuerun-
gen entziehen kann. Zudem entstehen Ängste vor mangelnden Fähigkeiten, zu hohen Belas-
tungen, Freiheitsbeschränkungen, Machtverlust oder sogar vor dem Verlust ihres Arbeitsplat-
zes. Dies ist besonders dann gravierend, wenn sich die Mitarbeiter nicht oder unzureichend
informiert fühlen oder einen eigenen Kontrollverlust bzw. eine Steigerung der Kontrolle
durch andere befürchten. Widerstände mit emotional begründeten Vorbehalten und Proble-
men sind die Folge. Diese Widerstände beunruhigen das Arbeitsklima. Wird gegenüber den
Mitarbeitern mit der Erleichterung der bisherigen Arbeit argumentiert, um die zusätzlichen
Belastungen durch die Interneteinführung zu rechtfertigen, so entstehen bei den Mitarbeitern
ebenfalls Ängste vor Arbeitsplatzverlust oder höheren Qualifikationsanforderungen (vgl. ebd.,
22 f.).
Unsicherheit entsteht auch dadurch, dass die in Kapitel 1.4 beschriebenen Mediennutzungs-
konzepte bei kleinen und mittleren Unternehmen selten vorhanden sind und nicht ersichtlich
wird, welchen Nutzen das Internet mit sich bringt:

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
24
Eine ausgearbeitete Strategie, in welcher Form das Internet zur Erreichung der Unternehmensziele
eingesetzt werden kann, ist dort nur selten vorhanden. Noch befinden sich viele kleine und mittlere
Unternehmen in einer Experimentierphase. (Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 7)
Schwierigkeiten beim Erreichen der Zielgruppen
Da das Internet neue und vielfältige Möglichkeiten für die externe Unternehmenskommunika-
tion bietet (vgl. Kapitel 1.3), sind auch die Zielgruppen Lieferanten, Kooperationspartner,
Steuerberater, Behörden, Handwerkskammern und insbesondere (potenzielle) Kunden zu be-
trachten. Auch diese müssen Zugang zum Internet besitzen wie auch die Bereitschaft, in Zu-
kunft mit dem Unternehmen über diesen Weg zu kommunizieren. Unternehmen stoßen jedoch
teilweise auf Widerstände bei diesen Gruppen, wenn diesen Machtverlust, Kontrollverände-
rungen sowie zusätzliche Kosten drohen oder emotionale Widerstände gegenüber der Nut-
zung des Internets vorhanden sind. Eine Interneteinführung muss also mit Lieferanten und
Kunden zusammen realisiert werden (vgl. Meyer/Lorenzen/Boyd 2001, 23).
Viele Unternehmen befürchten, dass sie (potenzielle) Kunden nicht per Internet erreichen,
wenn beim (potenziellen) Kunden kein PC und keine Zugriffsmöglichkeit auf das Internet
vorhanden sind.
Die Hauptsorge liegt darin, den Kundenstamm nicht zu erreichen. Kleine und mittlere Betriebe
gehen davon aus, dass der überregionale Kundenkreis für sie nicht interessant ist. Vor allem
Handwerksbetriebe sehen hierin das größte Problem für die effektive Nutzung des Mediums Inter-
net. (Beck/Köppen 1998, 19)
Unklares Kosten-Nutzen-Verhältnis
Die Interneteinführung im Handwerksunternehmen ist zunächst eine einmalige größere Akti-
on bzw. Investition. Allerdings entstehen nach der Einführung laufende Kosten, beispielswei-
se für die Erstellung und Wartung der Internetseiten, für die Datenübertragung und -
speicherung sowie für Schulungen der Mitarbeiter für neue Hard- und Software. ,,Häufig sind
es gerade diese Kosten, die von KMU falsch eingeschätzt oder vernachlässigt werden" (Mey-
er/Lorenzen/Boyd 2001, 19), denn ein Problem von kleinen und mittleren Unternehmen ist
die mangelnde Kompetenz für das Erkennen der Möglichkeiten der Internetnutzung sowie die
realistischen Bewertung von Kosten und Nutzen (vgl. ebd., 24).
Dies bringt Unsicherheit und Widerstände gegenüber der Interneteinführung und -nutzung mit
sich. Die Bereitschaft, in Dienstleister zu investieren, die bei der Interneteinführung unterstüt-
zen, ist gering. Dies ist meistens auf fehlende finanzielle Mittel zurückzuführen, da sich die
kleinen und mittleren Unternehmen nur selten professionelle Hilfe leisten können und wollen.
Zusätzlich ist die Verwirrung über die Vielzahl von Anbietern, die Hilfestellungen bei Inter-
netauftritten anbieten, sehr groß. Dies trifft auch auf die Angst vor unseriösen Angeboten zu.
Die Folge ist oftmals, dass die Interneteinführung nicht vollzogen wird (vgl. Beck/Köppen
1998, 10f.).
Die Ursachen der Nichtnutzung des Internets im Handwerk, die in den genannten Studien
ermittelt wurden und zu den Ursachen technologische Barrieren, organisatorische und perso-
nelle Probleme, Schwierigkeiten beim Erreichen der Zielgruppen und unklares Kosten-
Nutzen-Verhältnis zusammengefasst wurden, weisen aus folgenden Gründen Lücken auf:

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
25
1. Da die beiden Studien aus den Jahren 1998 bzw. 2001 stammen, sind sie vergleichs-
weise alt und deshalb deren Ergebnisse vermutlich nicht mehr aktuell. Einzelne Ursa-
chen der Nichtnutzung sind wahrscheinlich nicht mehr existent; eventuell sind in den
letzten Jahren neue entstanden.
2. Ein weiterer Mangel ist, dass beide Studien kein systematisches Modell verwenden,
auf dessen Grundlage die Daten erhoben wurden. Wahrscheinlich sind deshalb nicht
alle Ursachen vollständig erfasst worden.
3. Hinzu kommt, dass das Thema ,,Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland"
insgesamt in der wissenschaftlichen Forschung wenig Beachtung gefunden hat und
Studien zumeist rein quantitative Daten liefern.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine eigene empirische Untersuchung notwendig ist, um
aktuelle, systematische und qualitative Ergebnisse zur Internetnutzung von Handwerkern und
den Ursachen von deren Nichtnutzung zu ermitteln. Im folgenden Abschnitt wird dargestellt,
welche Modelle man dazu verwenden kann.
1.7
Modelle zur systematischen Analyse von Internetnutzung
Internetnutzung wird von sehr unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen untersucht,
beispielsweise Soziologie, Organisations- und Medienpsychologie, Kommunikationswissen-
schaft, Angewandte Sprachwissenschaft, Arbeits-, Informations-, Betriebs- und Medienwis-
senschaft. Aus zwei verschiedenen Disziplinen stammen das medienökologische Rahmenmo-
dell nach Döring und das Inklusionsmodell nach Jakobs. Diese Modelle befassen sich mit
Internetnutzung bzw. sind auf Internetnutzung übertragbar und werden im Folgenden vorge-
stellt sowie verglichen.
Medienökologischen Rahmenmodell nach Döring
Nach Aussage von Döring ist die Sozialpsychologie als psychologische und soziologische
Subdisziplin für die Internetforschung besonders wichtig, weil gerade die neuen sozial-
interaktiven Dienste und Anwendungen das Internet charakterisieren und dieses von her-
kömmlichen Medien der Individual- und Massenkommunikation abheben (vgl. Döring 2003,
127). Internetnutzung umfasst folglich individuelles Verhalten im sozialen Kontext, das von
Sozialpsychologen untersucht wird. In deren Zentrum der theoretischen Betrachtungen steht
die zwischenmenschliche computervermittelte Kommunikation (CvK) mit ihren sozialen Be-
sonderheiten. Döring (2003) hat eine Reihe von Theorien, die untereinander in einem Ergän-
zungsverhältnis stehen, zu dem sogenannten ,,medienökologischen Rahmenmodell" integriert
(vgl. Abbildung 5).
Die erste Komponente im Modell ist die ,,Medienwahl". Hier geht es um die Frage, unter
welchen Bedingungen aus dem zur Verfügung stehenden Medienspektrum ein konkretes Me-
dium (z. B. Telefon, Briefpost, E-Mail etc.) ausgewählt wird. Die zweite Komponente sind
die ,,Medienmerkmale", die die mediale Umgebung behandeln, aus der sich spezifische Opti-
onen oder Restriktionen ergeben. Die dritte Komponente im Modell ist das ,,mediale Kom-
munikationsverhalten", durch das Personen in ihren wechselseitigen Verständigungsprozessen
auf die mediale Umgebung reagieren und sich diese im Zuge eigener Kompetenzentwicklung
aneignen. Zur vierten Komponente im medienökologischen Rahmenmodell gehören die sozia-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
26
len ,,Effekte", die durch Medienwahl, Medienmerkmale und Medienverhalten bedingt sind
(vgl. Döring 2003, 186 ff.).
Abbildung 5: Medienökologisches Rahmenmodell nach Döring (vgl. Döring 2003, 128)
Das medienökologische Rahmenmodell nach Döring kann als heuristisches Modell zur Inter-
pretation von Internetnutzungsverhalten sowie zur Ableitung empirisch prüfbarer Hypothesen
herangezogen werden (vgl. ebd., 198). Döring gibt ein Beispiel dafür:
Welche Unterschiede zwischen computervermittelter Kommunikation und Face-to-Face-
Kommunikation (sowie anderen Formen der Individualkommunikation wie etwa Telefon-
Kommunikation oder Briefpost) sich im einzelnen ergeben, hängt gemäß dem medienökologi-
schen Rahmenmodell nicht nur von den spezifischen Restriktionen und Optionen der jeweils ge-
wählten medialen Umgebung ab. Maßgeblich beteiligt sind vielmehr auch die medienbezogenen
sozialen Fertigkeiten und Erfahrungen der Beteiligten, die sich mit spezifischen Motiven und zu
konkreten Anlässen innerhalb und/oder außerhalb des Netzes begegnen. (ebd., 199)
Bei der Anwendung des Modells wird deutlich, welche Mängel es aufweist: Die Internetnut-
zung wird zusätzlich von Faktoren beeinflusst, die im Modell fehlen ­ wie das folgende Mo-
dell von Jakobs veranschaulicht.
Inklusionsmodell nach Jakobs
Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts etablierte sich die Forschungsrichtung ,,Writing
at Work", deren Untersuchungsgegenstand Schreibprozesse im beruflichen Umfeld sind. Die-
se Forschungsrichtung hat Modelle entwickelt, die das ,,Schreiben und Textproduzieren [...]
als spezifische, schriftlich realisierte Form institutionellen Denkens und Handelns" verstehen
(Jakobs 2005b, 17). Jakobs geht davon aus, dass dieses Handeln von verschiedenen Größen
abhängt, die sich gegenseitig beeinflussen. Jakobs stellt diese Faktoren als Inklusionsmodell
zu den Rahmenbedingungen des textproduktiven Handelns (im Folgenden abgekürzt: ,,Inklu-
sionsmodell nach Jakobs") dar (vgl. Abbildung 6).
Das Inklusionsmodell stellt Wechselwirkungen als Ineinandergreifen von Ebenen oder Scha-
len dar, wobei jede Schale als Komplex einander bedingender und beeinflussender Faktoren
zu verstehen ist. Im Zentrum des Inklusionsmodells steht die Person des Schreibers, der unter
spezifischen Kontextbedingungen agiert. Dazu gehören die Arbeitssituation und die Bedin-
gungen am Arbeitsplatz, der übergeordnete organisationale Rahmen, domänenspezifische
Effekte
Medienwahl
Medienmerkmale
Mediales
Kommunikationsverhalten
Person
Nutzungssituation
Medium
1
2
4
3

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
27
Bedingungen sowie der wiederum übergeordnete sozial, sprachlich, kulturell und zeitlich ge-
prägte Kulturraum, in dem die Beteiligten agieren (vgl. Jakobs 2005b, 17).
Abbildung 6: Inklusionsmodell zu den Rahmenbedingungen des
textproduktiven Handelns nach Jakobs (vgl. Jakobs 2005b, 17)
mit eigenen Ergänzungen (Wirtschaftsraum und Internetnutzer)
Das Inklusionsmodell nach Jakobs lässt sich aus folgenden Gründen auf das textproduktive
Handeln im Internet übertragen:
1. Internetnutzung ist eine Form institutionellen Denkens und Handelns, denn das Inter-
net eröffnet Unternehmen Möglichkeiten für das kommunikative Handeln (vgl. Kapi-
tel 1.3), welches eine große Rolle im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Handelns
einnimmt (vgl. Kapitel 1.2).
2. Internetnutzung wird größtenteils schriftlich realisiert, denn die Nutzungsmöglichkei-
ten des Internets für Unternehmenskommunikation, Präsentation des Betriebes, Infor-
mationsbeschaffung und Kunden-Akquise (vgl. Kapitel 1.3) sind zumeist text- bzw.
schriftbasiert (vgl. Kapitel 1.4). Daher kann man ,,textproduktives Handeln" im Inter-
net mit ,,Internetnutzung" gleichsetzen.
3. Auch bei der Internetnutzung müssen situative und soziale Umstände berücksichtigt
werden. Dies wird ersichtlich, wenn man betrachtet, auf welchen Ebenen Kommuni-
kations- und Internetkompetenzen (beispielsweise auf der methodischen, sozialen und
organisationalen Ebene) notwendig sind (vgl. Kapitel 1.4).
Deshalb kann man mit Hilfe des Inklusionsmodells nach Jakobs nicht nur die Rahmenbedin-
gungen des textproduktiven Handelns untersuchen, sondern auch die Rahmenbedingungen der
Internetnutzung ­ auch von Handwerkern. Anhand der Ebenen des Modells lassen sich Hypo-
thesen zu den Faktoren der Internetnutzung und Nichtnutzung ableiten. Die Stärke dieser
Vorgehensweise und somit auch die Stärke des Inklusionsmodells liegt darin, dass systema-
tisch vorgegangen wird und eine umfassende Betrachtung aller Faktoren stattfindet. Im Ge-
gensatz dazu lässt das medienökologische Rahmenmodell nach Döring beispielsweise die
Ebenen Organisation, Domäne und Kulturraum außer Acht. Da auch diesen Ebenen eine Be-
deutung zukommt, wird in Kapitel 2 ausschließlich das Inklusionsmodell nach Jakobs für die
Kulturraum bzw. Wirtschaftsraum
Domäne
Organisation
Arbeitsplatz
Schreiber
Internetnutzer

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
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Analyse der Internetnutzung von Handwerkern verwendet. Deshalb werden im Folgenden die
Ebenen des Modells näher beschrieben.
Beschreibung der Ebenen des Inklusionsmodells nach Jakobs
Gemäß dem Inklusionsmodell nach Jakobs findet Internetnutzung im sozial, kulturell und
zeitlich geprägten Kulturraum statt. Hier ist es notwendig, ,,Kulturraum" durch ,,Wirtschafts-
raum" zu ergänzen, denn in dieser Arbeit geht es um wirtschaftliches Handeln im dem ,,Raum
sozialen Handelns", den man Wirtschaft nennt (vgl. Kapitel 1.2). Sowohl aus dem Kulturraum
als auch aus dem Wirtschaftsraum resultieren spezifische Normen, Anspruchshaltungen, Er-
wartungen, gesetzliche Vorgaben und Wertesysteme, die die Internetnutzung von Handwer-
kern beeinflussen (vgl. Jakobs 2005b, 18).
Wie bereits in Kapitel 1.4 beschrieben, läuft ein Großteil der internetvermittelten Kommuni-
kation text- bzw. schriftbasiert ab. Daraus ergibt sich, dass Texten eine große Bedeutung bei
der Internetnutzung zukommt. Der Einfluss kulturell bedingter Faktoren auf den Umgang mit
Texten beginnt bereits bei dem Stellenwert, den eine Kultur schriftlichen Äußerungen zu-
misst. Er wirkt sich auf die Rezeption, Bewertung, Aneignung und Erinnerung von Texten
aus. Daher ist von großer Bedeutsamkeit, in welchem Kulturkreis die Internetnutzer soziali-
siert wurden (vgl. Jakobs 1999, 221 f.):
Schreiben und Lesen gehören zu den Kulturtechniken und werden ­ je nach einzelkulturellem Hin-
tergrund ­ unterschiedlich bewertet. Manche Kulturen sind eher mündlich, andere eher schriftlich
orientiert. Auch das Verhältnis zwischen gesprochener und schriftlicher Sprache kann sich unter-
schiedlich gestalten. Dies wirkt sich auf die Sozialisation der Mitglieder von Kulturgemeinschaf-
ten und auf die Herausbildung von Produktions- und Rezeptionsgewohnheiten bzw. -fähigkeiten
aus. (ebd., 222)
Im deutschen Kulturraum hat das geschriebene Wort eine hohe Bedeutung (vgl. ebd., 223),
was Einfluss auf die schriftbasierte Internetkommunikation hat.
Die nächste Ebene des Inklusionsmodells ist die Domäne, d. h. die Branche oder das Berufs-
feld des Internetnutzers. Hier werden Vereinbarungen über die Art und Weise beruflicher In-
teraktion festgelegt. Die Domäne gibt kulturelle, soziale und ökonomische Normen und Werte
vor, definiert in der Interaktion mit Konkurrenten, Partnern (z. B. Zulieferern) und Kunden
(vgl. Jakobs 2005b, 18).
Konventionen, Interessen und die Organisation der Domäne Handwerk beeinflussen also die
beruflichen Interaktionen per Internet von Handwerkern. Das kommunikative Handeln in
Wirtschaftsunternehmen ist fachliches Handeln, das angeleitet und geprägt ist durch ein spe-
zielles, systematisches Wissen über bestimmte Wirklichkeitsausschnitte. Solches Wissen
gliedert sich in fachliche Bereiche (Fächer, Fachgebiete) und ist in der Regel kodifiziert (z. B.
in Lehrwerken und Terminologien). Es wird als systematisches Expertenwissen innerhalb der
fachlichen Ausbildung vermittelt bzw. erworben. Sein Erwerb ist verknüpft mit dem Erwerb
bestimmter Normen und Gepflogenheiten des Umgangs mit diesem Wissen, des Wahrneh-
mens, Denkens und Handelns in Bezug auf den betreffenden Wirklichkeitsausschnitt. Dieses
fachliche Handeln ist in unserer Gesellschaft also wesentlich an Ausbildung und Berufstätig-
keit gebunden (vgl. Brünner 2000, 17 f.).
Das kommunikative Handeln im Unternehmen ist aber nicht nur fachlich bestimmt, sondern
darüber hinaus auch durch die Art der Produktion oder Dienstleistung des jeweiligen Betrie-
bes. Zahlreiche kommunikative Tätigkeiten von Handwerksunternehmen sind dementspre-

Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
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chend durch die Wissensstrukturen der einschlägigen Fachgebiete geprägt (z. B. Kraftfahr-
zeugtechnik, Elektrotechnik, Heizungsbau). Daraus resultieren bestimmte fachliche Kommu-
nikationsformen, wie beispielsweise die Verwendung bestimmter Terminologien, Symbolsys-
teme und Darstellungsverfahren (vgl. ebd., 18).
Laut dem Inklusionsmodell nach Jakobs ist die Einbettung in übergeordnete organisationale
Zusammenhänge von Bedeutung für die Internetnutzung in Handwerksbetrieben. Wirt-
schaftsunternehmen sind durch eine ausgeprägte Arbeits- und Funktionsteilung geprägt und
oft von großer Komplexität. Das Handeln von im Unternehmen tätigen Personen ist gekenn-
zeichnet durch spezifische Verbindlichkeiten (z. B. aufgrund von arbeitsvertraglichen Rege-
lungen oder Betriebsvorschriften), Kompetenzen (im Rahmen von Über- und Unterordnungs-
verhältnissen, Handlungsvollmachten etc.), Rechte (z. B. tarifvertragliche Rechte) sowie Be-
schränkungen der Handlungs- und Anweisungsbefugnisse. Die charakteristischen Aktivitäten
und ständig wiederkehrenden Abläufe, die in Wirtschaftsunternehmen stattfinden, haben eine
beschreibbare Struktur, die in den Ablaufformen und in der Ordnung des betrieblichen Hand-
lungssystems in Erscheinung treten kann. Sie wird in der Betriebswirtschaftslehre mit Ablauf-
und Aufbauorganisation bezeichnet. Diese Struktur ist daraufhin angelegt, dass der Zweck des
Unternehmens erfüllt wird, also die Gewinnmaximierung durch Produktion und Verkauf von
Gütern oder Dienstleistungen (vgl. Brünner 2000, 6). Soziale Gebilde oder Handlungssyste-
me, die solche Merkmale aufweisen, werden in der Soziologie als ,,Organisationen" definiert:
Gemeinsam ist allen Organisationen erstens, dass es sich um soziale Gebilde handelt, um geglie-
derte Ganze mit einem angebbaren Mitgliederkreis und interner Rollendifferenzierung. Gemein-
sam ist ihnen zweitens, dass sie bewusst auf spezifische Zwecke und Ziele orientiert sind. Gemein-
sam ist ihnen drittens, dass sie im Hinblick auf die Verwirklichung dieser Zwecke und Ziele zu-
mindest der Intention nach rational gestaltet sind. (Mayntz 1963, 36, zitiert nach: Brünner 2000, 6)
Dieser soziologische Organisationsbegriff ist von dem betriebswirtschaftlichen zu unterschei-
den, der nur den Aspekt der Ordnung, des ,,Organisiert-Seins" erfasst, nicht jedoch das soziale
Gebilde als Ganzes. In der linguistischen Forschung wird der Begriff ,,Institution" verwendet,
wenn Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser oder Unternehmen zum Gegenstand
sprachwissenschaftlicher Untersuchungen werden. Wenn man Wirtschaftsunternehmen als
Institutionen betrachtet, betont man ­ über soziologische und wirtschaftswissenschaftliche
Konzepte von Organisationen hinausgehend ­ ihre Rolle als Teilsysteme im gesellschaftli-
chen Funktionszusammenhang. In der linguistischen Literatur findet man beispielsweise fol-
gende Definition des Institutionsbegriffs:
Eine Institution hat einen bestimmten Zweck im Gesamtzusammenhang der gesellschaftlichen
Produktion und Reproduktion; sie ist ein Komplex von wechselseitig aufeinander bezogenen Akti-
vitäten von Personen; dabei können die Personen im Rahmen der Institution verschiedene Stellun-
gen, Befugnisse usw. innehaben; die Aktivitäten können prozedural geregelt sein und sind deshalb
relativ unabhängig von den persönlichen Eigenschaften der in der Institution Agierenden; die Insti-
tution als Ganzes kann ein Gebilde des kodifizierten Rechts sein. Zu den Aktivitäten im Rahmen
einer Institution gehören zentrale Aktivitäten, ohne die die Institution nicht bestehen würde, und
eine Reihe peripherer Aktivitäten, die zur Stabilisierung der Institution und den Wechselbeziehun-
gen der Institution mit anderen gesellschaftlichen Prozessen beitragen. (Wunderlich 1976, 312, zi-
tiert nach: Brünner 2000, 6f, Hervorhebung im Original)
In Unternehmen gibt es formelle Regelungen für das Handeln in der Institution ­ auch für das
sprachliche Handeln. Solche formellen Regelungen schreiben vor, wer ­ mit wem ­ worüber
­ wie ­ wann kommuniziert. Erhebliche Anteile des kommunikativen Handelns sind dauer-
haft und personenunabhängig geregelt. Geregelt sind einheitliche fachsprachliche Benennun-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836645300
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – Philosophische Fakultät, Sprach- und Kommunikationswissenschaft
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
2,0
Schlagworte
handwerk internet mediennutzung medienkompetenz internetkompetenz
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Titel: Internetnutzung von Handwerkern in Deutschland
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