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Neuromarketing in der Markenführung am Fallbeispiel der Biermarken Beck`s, Krombacher und Radeberger

©2009 Masterarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In der heutigen Zeit werden durch zunehmende Marktsegmentierung, Innovation und Globalisierung immer mehr Produkte und Marken auf dem deutschen Markt eingeführt und angeboten. Auf diese Weise werden die Angebote in einzelnen Produktbereichen und Branchen für den Kunden fast unüberschaubar. Gleichzeitig werden Unternehmen mit gesättigten Märkten konfrontiert, in denen Produkte, Dienstleistungen und Marken oftmals als austauschbar erlebt werden. In diesen Märkten werden rund 80 bis 95 Prozent der auf dem Markt neu eingeführten Produkte und Dienstleistungen im ersten Jahr wegen Erfolglosigkeit wieder vom Markt genommen. Unter diesen Umständen und bei jährlich zunehmenden Investitionen in die Werbung wird der Konsument einer steigenden Informationsüberlastung ausgesetzt, wobei das Informationsinteresse der Rezipienten stetig abnimmt. Das zeigt auch die folgende Statistik des Institutes für Demoskopie Allensbach, bei der 21.058 Personen zu ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber Fernsehwerbung befragt wurden. Wie in der Abbildung dargestellt, stehen 53 Prozent der Befragten Fernsehwerbung eher ablehnend gegenüber. Bei der Aufgeschlossenheit gegenüber Werbung in anderen Medien sieht es ähnlich aus. So wird Werbung heute zunehmend als lästig empfunden.
Als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden spielen effektive kommunikationspolitische Maßnahmen eine wichtige Rolle. In einem Umfeld inflationärer Informationen und der Gefahr konsumentenseitig wahrgenommener Markengleichheit erfüllt Werbung nicht nur die Funktion, Marken aufzubauen und potentielle Kunden über ein Produkt zu informieren, sondern auch die Zielsetzung, den Wert bestehender Marken zu festigen und zu erhöhen. Denn:
‘Der wachsenden Zahl von Marken und Angeboten steht eine nur geringe Zahl bekannter und akzeptierter Marken in den Köpfen der Kunden entgegen. Unternehmen müssen deshalb ihre Marke in diesem Angebotschaos für Kunden sichtbar machen und mit präferenzprägenden Merkmalen versehen’.
Daher arbeiten Markenverantwortliche in der Praxis ständig an der Optimierung der Gestaltung ihrer Produkte und Marken sowie an den Maßnahmen, die sie zur Vermarktung dergleichen einsetzen. Auf diese Weise wollen sich die Unternehmen vom Wettbewerb differenzieren und ihre Produkte verkaufen.
Gang der Untersuchung:
Eine junge Disziplin namens ‘Neuromarketing’ eröffnet seit einiger Zeit durch neurowissenschaftliche Methoden in der Marktforschung neue Erkenntnisse unter […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Michaela Riedel
Neuromarketing in der Markenführung am Fallbeispiel der Biermarken Beck's,
Krombacher und Radeberger
ISBN: 978-3-8366-4390-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. European Business College Munich, München, Deutschland, MA-Thesis / Master,
2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis...IV
Tabellenverzeichnis...VI
Anhangsverzeichnis ... VII
Abkürzungsverzeichnis ... VIII
1
Einführung ...1
1.1
Die Inflation von Produkten, Marken und Informationen ...1
1.2
Zielsetzung ...2
2
Grundlagen des Neuromarketing ...3
2.1
Definition Neuromarketing ...3
2.2
Status Quo ...5
3
Neuromarketing in Verbindung mit der Gehirnforschung...6
3.1
Aufbau und Arbeitsweise des Gehirns...6
3.2
Das limbische System ...8
3.3
Funktionelle Magnetresonanztomographie...9
3.4
Erkenntnisse für das Neuromarketing...10
4
Neuromarketing in der Markenführung ...12
4.1
Begriffsabgrenzungen ...12
4.1.1 Marke ...12
4.1.2 Markenführung...13
4.1.3 Markenwert ...15
4.2
Markenwirkung aus neurowissenschaftlicher Sicht...17
4.3
Auswirkungen des impliziten und expliziten Systems...19
4.4
Erkenntnisse für die Markenführung ...20
4.5
Ziele der Markenführung ...22
5
Die Limbic
®
Map als Erklärungsmodell...24
5.1
Motive und Emotionen...24
5.2
Die Motiv- und Emotionssysteme der Limbic
®
Map...26
5.2.1 Das Balance-System...28
5.2.2 Das Stimulanz-System ...29
5.2.3 Das Dominanz-System...30
5.3
Die Limbic
®
Map ...31

III
6
Grundlagen der Welt des Bieres ...34
6.1
Einführung in die Welt des Bieres ...34
6.2
Physiologische Wirkung von Alkohol ...38
6.3
Consumer Insights...39
6.3.1 Motive für den Bierkonsum ...40
6.3.2 Limbic
®
Types als Basis für die Zielgruppenbildung...43
6.3.3 Struktur der Limbic
®
Types im deutschen Biermarkt...45
7
Praxisbetrachtung am Fallbeispiel der Biermarken Beck's, Krombacher und
Radeberger ...49
7.1
Vorstellung der Biermarke Beck's...49
7.2
Markenanalyse der Biermarke Beck's ...50
7.2.1 Auftritt und werbliche Positionierung...50
7.2.2 Analyse auf Basis der Limbic
®
Types und Limbic
®
Map ...57
7.3
Vorstellung der Biermarke Krombacher...59
7.4
Markenanalyse der Biermarke Krombacher ...60
7.4.1 Auftritt und werbliche Positionierung...60
7.4.2 Analyse auf Basis der Limbic
®
Types und Limbic
®
Map ...65
7.5
Vorstellung der Biermarke Radeberger ...67
7.6
Markenanalyse der Biermarke Radeberger...68
7.6.1 Auftritt und werbliche Positionierung...68
7.6.2 Analyse auf Basis der Limbic
®
Types und Limbic
®
Map ...71
7.7
Zusammenfassung und Einstufung in die Limbic
®
Map ...73
8
Empirische Untersuchung ...75
8.1
Ziel und Methodik der Untersuchung ...75
8.2
Ergebnisse der Untersuchung...76
9
Diskussion der Ergebnisse ...78
10 Fazit und Ausblick ...83
Literaturverzeichnis...85
Anhang ...89

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 01: Aufgeschlossenheit gegenüber Fernsehwerbung ...1
Abbildung 02: Neuromarketing als Teilbereich der Neurowissenschaft ... 3
Abbildung 03: Disziplinen des Neuromarketing ... 5
Abbildung 04: Das menschliche Gehirn ... ........................................7
Abbildung 05: Das limbische System ... ............................................8
Abbildung 06: Der funktionelle Magnetresonanztomograph ... ......10
Abbildung 07: Beispiel funktioneller Hirnbildgebung ... ................10
Abbildung 08: Das Figur-Grund-Prinzip ... .....................................17
Abbildung 09: Image der Deutschen Bank und der Commerzbank ... 21
Abbildung 10: Zielpyramide des Markenmanagements ... ..............23
Abbildung 11: Emotionssysteme im Kopf der Kunden ... ...............27
Abbildung 12: Die Instruktionen des Balance-Systems ...28
Abbildung 13: Die Instruktionen des Stimulanz-Systems ... ...........29
Abbildung 14: Die Instruktionen des Dominanz-Systems ...30
Abbildung 15: Die Limbic
®
Map inklusive Submodule und Werte ... ..32
Abbildung 16: Sinkender Bierverbrauch in Deutschland ... ............35
Abbildung 17: Werbeausgaben in der Getränkebranche ... .............37
Abbildung 18: Die Limbic
®
Map und ihre Motive und Werte für den Bierkonsum ... ..42
Abbildung 19: Verteilung der Limbic
®
Types in Deutschland ...45
Abbildung 20: Interesse der Limbic
®
Types für Bier ... ..................46
Abbildung 21: Interesse für Bier verschiedener Altersgruppen ...47
Abbildung 22: Die Beck's-Biere und Biermischgetränke ... ...........50
Abbildung 23: Die Startseite der Beck's Homepage ... ...................56
Abbildung 24: Interesse der Limbic
®
Types für Beck's ... ..............57
Abbildung 25: Interesse für Beck's verschiedener Altersgruppen ... 58
Abbildung 26: Die Positionierung der Marke Beck's auf der Limbic
®
Map ...59

V
Abbildung 27: Das Biersortiment der Krombacher Brauerei ... ......59
Abbildung 28: Die bekanntesten Marken im Sportsponsoring ...63
Abbildung 29: Die Startseite der Krombacher Homepage ... ..........64
Abbildung 30: Interesse der Limbic
®
Types für Krombacher ... .....65
Abbildung 31: Interesse für Krombacher verschiedener Altersgruppen ...66
Abbildung 32: Die Positionierung der Marke Krombacher auf der Limbic
®
Map ... 67
Abbildung 33: Die bekanntesten Marken der Radeberger Gruppe ... 68
Abbildung 34: Interesse der Limbic
®
Types für Radeberger ...72
Abbildung 35: Interesse für Radeberger verschiedener Altersgruppen ... .....72
Abbildung 36: Die Positionierung der Marke Radeberger auf der Limbic
®
Map ...73
Abbildung 37: Die Positionierung der drei Marken auf der Limbic
®
Map ... 75
Abbildung 38: Wiedererkennungswert der Biermarken ... ................76
Abbildung 39: Wiedererkennungswert der Biermarken ...101
Abbildung 40: Wiedererkennungswert von Beck's nach Geschlecht ...101
Abbildung 41: Wiedererkennungswert von Krombacher nach Geschlecht ...102
Abbildung 42: Wiedererkennungswert von Radeberger nach Geschlecht ...102
Abbildung 43: Eigenschaften der Marken I ...103
Abbildung 44: Eigenschaften der Marken II ...104
Abbildung 45: Eigenschaften der Marke Beck's ...105
Abbildung 46: Eigenschaften der Marke Krombacher ...106
Abbildung 47: Eigenschaften der Marke Radeberger ...107
Abbildung 48: Altersverteilung der Probanden ...108
Abbildung 49: Geschlechterverteilung der Probanden ...108
Abbildung 50: Anteil der Biertrinker ...109
Abbildung 51: Biertrinker nach Geschlecht ...109
Abbildung 52: Interesse für Werbung ...110
Abbildung 53: Interesse für Werbung nach Geschlecht ...110

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 01: Markenwert international ...16
Tabelle 02: Markenwert in Deutschland ... ......................................16
Tabelle 03: Wirkung von Alkohol auf den Menschen ... .................39
Tabelle 04: Zusammenfassung der Consumer Insights ... ...............48
Tabelle 05: Die Geschichte des Beck's Pils TV-Spots ... ................50
Tabelle 06: Die Geschichte des Beck's Gold TV-Spots ... ..............53
Tabelle 07: Der Krombacher TV-Spot ...60
Tabelle 08: Die Geschichte des Radeberger TV-Spots ...68
Tabelle 09: Die wichtigsten Markeneigenschaften und Assoziationen ...77

VII
Anhangsverzeichnis
Anhang 01: TdWI - Daten ...89
Anhang 02: Storyboard der Beck's Pils Werbung ... .......................92
Anhang 03: Storyboard der Beck's Gold Werbung ... .....................93
Anhang 04: Pressemitteilung der Beck & Co. Brauerei vom 22.05.2008 ...94
Anhang 05: Storyboard der Krombacher Werbung ... .....................96
Anhang 06: Storyboard der Radeberger Werbung ...97
Anhang 07: Fragebogen ... ...............................................................99
Anhang 08: Auswertung des Fragebogens ...101

VIII
Abkürzungsverzeichnis
EEG
Elektro-Encephalographie
fMRI
functional Magnetic Resonance Imaging
fMRT
funktionelle Magnetresonanztomographie
HGB
Handelsgesetzbuch
MarkenG
Markengesetzbuch
MEG
Magnetresonanzencephalographie
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
n
Anzahl
POS
Point of Sale
TdWI
Typologie der Wünsche Intermedia
v. Chr.
vor Christus
VIP
Very Important Person
ZNS
Zentralnervensystem

1
1
Einführung
1.1
Die Inflation von Produkten, Marken und Informationen
In der heutigen Zeit werden durch zunehmende Marktsegmentierung, Innovation und
Globalisierung immer mehr Produkte und Marken auf dem deutschen Markt eingeführt
und angeboten. Auf diese Weise werden die Angebote in einzelnen Produktbereichen
und Branchen für den Kunden fast unüberschaubar.
1
Gleichzeitig werden Unternehmen
mit gesättigten Märkten konfrontiert, in denen Produkte, Dienstleistungen und Marken
oftmals als austauschbar erlebt werden.
2
In diesen Märkten werden rund 80 bis 95
Prozent der auf dem Markt neu eingeführten Produkte und Dienstleistungen im ersten
Jahr wegen Erfolglosigkeit wieder vom Markt genommen.
3
Unter diesen Umständen
und bei jährlich zunehmenden Investitionen in die Werbung wird der Konsument einer
steigenden Informationsüberlastung ausgesetzt, wobei das Informationsinteresse der
Rezipienten stetig abnimmt.
4,5
Das zeigt auch die folgende Statistik des Institutes für
Demoskopie Allensbach, bei der 21.058 Personen zu ihrer Aufgeschlossenheit
gegenüber Fernsehwerbung befragt wurden. Wie in der Abbildung dargestellt, stehen 53
Prozent der Befragten Fernsehwerbung eher ablehnend gegenüber. Bei der
Aufgeschlossenheit gegenüber Werbung in anderen Medien sieht es ähnlich aus. So
wird Werbung heute zunehmend als lästig empfunden.
Würden Sie sich gegenüber Werbung im Fernsehen eher als
aufgeschlossen oder eher als ablehnend bezeichnen?
53%
24%
23%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Eher aufgeschlossen
Eher ablehnend
Unentschieden
Abbildung 01: Aufgeschlossenheit gegenüber Fernsehwerbung
6
1
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S. 25f.
2
Vgl. Esch, F.-R./Wicke, A./Rempel, J. E. (2005), S18.
3
Vgl. BBDO (2001), S12.
4
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e.V. (2009): Werbeumsätze,
http://www.zaw.de/index.php?menuid=33, 08.04.2009.
5
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S. 29f.
6
Institut für Demoskopie Allensbach (2007): Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse 2007,
http://de.statista.org/statistik/diagramm/studie/11838/umfrage/aufgeschlossenheit-gegenueber-
werbung-im-fernsehen/#info, 08.04.2009.

2
Als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden spielen effektive
kommunikationspolitische Maßnahmen eine wichtige Rolle. In einem Umfeld
inflationärer Informationen und der Gefahr konsumentenseitig wahrgenommener
Markengleichheit erfüllt Werbung nicht nur die Funktion, Marken aufzubauen und
potentielle Kunden über ein Produkt zu informieren, sondern auch die Zielsetzung, den
Wert bestehender Marken zu festigen und zu erhöhen. Denn:
,,Der wachsenden Zahl von Marken und Angeboten steht eine nur geringe
Zahl bekannter und akzeptierter Marken in den Köpfen der Kunden
entgegen. Unternehmen müssen deshalb ihre Marke in diesem
Angebotschaos für Kunden sichtbar machen und mit präferenzprägenden
Merkmalen versehen."
7
Daher arbeiten Markenverantwortliche in der Praxis ständig an der Optimierung der
Gestaltung ihrer Produkte und Marken sowie an den Maßnahmen, die sie zur
Vermarktung dergleichen einsetzen. Auf diese Weise wollen sich die Unternehmen vom
Wettbewerb differenzieren und ihre Produkte verkaufen.
1.2
Zielsetzung
Eine junge Disziplin namens ,,Neuromarketing" eröffnet seit einiger Zeit durch
neurowissenschaftliche Methoden in der Marktforschung neue Erkenntnisse unter
anderem in den Bereichen der Werbewahrnehmung und der Markenführung. In der
folgenden Arbeit wird anhand dieser Erkenntnisse das Thema ,,Neuromarketing in der
Markenführung am Fallbeispiel der Biermarken Beck's, Krombacher und Radeberger"
aufgegriffen und näher erläutert.
Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst das theoretische Fundament des Themas
,,Neuromarketing" gelegt. Hierbei wird vorab der Begriff ,,Neuromarketing" definiert
und der derzeitige Status Quo aufgezeigt. Anschließend werden die Grundlagen und
Methoden des Neuromarketing in Verbindung mit der Gehirnforschung dargestellt,
bevor das Thema ,,Neuromarketing in der Markenführung" erarbeitet wird. Als Basis
für den praktischen Teil der Arbeit wird die Limbic
®
Map als Erklärungsmodell für
Motive, Emotionen und Kaufentscheidungen vorgestellt.
7
Esch, F.-R. (2008), S. 25.

3
Im praktischen Teil der Arbeit wird zunächst in die Welt des Bieres eingeführt. Hierbei
wird auf die aktuelle Situation im Biermarkt, die physiologische Wirkung von Alkohol
und die Consumer Insights der Biertrinker eingegangen. Anschließend wird durch eine
Betrachtung der Biermarken Beck's, Krombacher und Radeberger deren Marketing und
werbliche Positionierung eingehend analysiert und die neuen Erkenntnisse auf die
konkurrierenden Biermarken bezogen. Durch eine eigenständige empirische
Untersuchung werden die vorangegangenen theoretischen Aussagen in der Praxis
überprüft, bevor in einer Diskussion die Ergebnisse betrachtet und Empfehlungen aus
neurowissenschaftlicher Sicht gegeben werden. Abschließend wird die Arbeit mit einem
Fazit beendet.
2
Grundlagen des Neuromarketing
2.1
Definition Neuromarketing
Wie die folgende Abbildung zeigt, ist Neuromarketing ein Teilbereich der
übergeordneten Neuroökonomie und der Neurowissenschaft. Die Neurowissenschaft ist
eine junge und interdisziplinäre Wissenschaftsdisziplin, die die Untersuchungen und
Ergebnisse über die Struktur und Funktionsweise von Nervensystemen auf allen
Komplexitätsebenen zusammenfasst und integrativ interpretiert.
Die Neuroökonomie verbindet die naturwissenschaftliche Neurowissenschaft mit der
geisteswissenschaftlichen Ökonomie. Das heißt, sie befasst sich unter Verwertung
neurowissenschaftlicher Methoden mit der Analyse ökonomisch relevanten Verhaltens.
8
Auf diese Weise sucht die Neuroökonomie insbesondere Antworten auf die Frage, wie
die Menschen ihre Entscheidungen auf neurowissenschaftlicher Basis treffen.
9
Abbildung 02: Neuromarketing als Teilbereich der Neurowissenschaft
10
8
Vgl. Koschnick, W. J. (2007), S.3f.
9
Vgl. Pirouz, D. (2004): The Neuroscience of Consumer Decision-Making, http://mpra.ub.uni-
muenchen.de/2181/1/MPRA_paper_2181.pdf, 08.04.2009.
10
Eigene Darstellung.
Neuro-
wissenschaft
Neuro-
ökonomie
Neuro-
marketing

4
Für den Begriff ,,Neuromarketing" gibt es bisher noch keine absolute Definition. Das
Neuromarketing beschäftigt sich jedoch damit, wie Kauf- und Wahlentscheidungen im
Kopf der Kunden, also im menschlichen Gehirn, ablaufen und wie diese beeinflusst
werden können. Im Rahmen dieser Arbeit werden eine engere und eine erweiterte
Definition herangezogen.
11
Engere Definition
Die engere Definition verbindet Neuromarketing mit der Verwendung von apparativen
Verfahren der Hirnforschung zu Marktforschungszwecken. Hierbei werden
Marktforschungsstudien mit Hilfe der Technik durchgeführt und die Ergebnisse
ausgewertet. Von Bedeutung sind vor allem die Techniken der funktionellen
Magnetresonanztomographie (fMRT), der Magnetresonanzencephalographie (MEG),
aber auch ältere Verfahren wie die der Elektro-Encephalographie (EEG). Am häufigsten
verwendet wird die funktionelle Magnetresonanztomographie, deren Funktionsweise in
Kapitel 3.3 näher erläutert wird.
Die erweiterte Definition
Die erweiterte Definition beschreibt die Nutzung der Ergebnisse aus der Hirnforschung
in der Praxis. Die Technik und Hirnforschungsapparate spielen hierbei eine
untergeordnete Rolle. Von großer Bedeutung ist es, die gesamten vielfältigen
Erkenntnisse der letzten Jahre in der Marketingtheorie und Marketingpraxis zu
integrieren und umzusetzen.
12
Zum besseren Verständnis von Werbung und
Markenkommunikation werden in der Praxis die Erkenntnisse der in der folgenden
Abbildung dargestellten Disziplinen verknüpft.
11
Vgl. Häusel, H.-G. (2009), S. 15.
12
Vgl. Häusel, H.-G. (2007a), S. 10.

5
Abbildung 03: Disziplinen des Neuromarketing
13
2.2
Status Quo
Die Hirnforschung hat sich in den letzten 20 Jahren so stark entwickelt wie nie zuvor.
Präsident Bush senior rief im Juli 1990 für die USA die ,,Dekade des Gehirns" aus.
Forschungsmittel wurden hierfür bereitgestellt, und eine Fülle von Ergebnissen zog
auch das Interesse anderer Länder nach sich. Im Jahre 2005 startete die deutsche
Bundesregierung eine Forschungsinitiative mit der Begründung, die Entschlüsselung
des Gehirns sei zentrale Aufgabe für die Zukunft. So wollte auch der Bund die
Hirnforschung bis 2010 mit 34 Millionen Euro fördern.
14
In den vergangenen Jahren hat auf diese Weise die Forschung mehr über das Gehirn und
seine Funktionsweise herausgefunden als in den hundert Jahren zuvor. So erlebte auch
die junge Disziplin Neuromarketing in den letzten Jahren einen rasanten Aufwind. Mit
dem gewonnenen Wissen aus der Hirnforschung, aber auch aus den anderen
verknüpften Disziplinen des Neuromarketing ist es nun möglich, die unterbewusste
Wirkung von Emotionen und den indirekten Effekt von Marken zu erfassen und auf ein
objektiviertes, analytisches Fundament zu stellen.
15
13
Scheier, C./Held, D. (2008), S. 22.
14
Vgl. Warmbier, W. (2008), S. 63.
15
Vgl. Scheier, C./Held, D. (2007b), S. 21.
Neuro-
marketing
Psychophysik
Künstliche
Intelligenz
Marketing
Marktforschung
Kultur-
wissenschaft
Hirnforschung
Entwicklungs-
psychologie

6
Das Hauptziel besteht hierbei in der Erforschung, wie die Menschen Entscheidungen
und Urteile treffen und in der Identifikation der wahren Beweggründe des menschlichen
Verhaltens, die sich nicht durch Befragungen ermitteln lassen.
16,17
Dabei versucht
Neuromarketing nicht, die klassischen Marktforschungsmethoden zu ersetzen, sondern
die Kenntnisse aus den traditionellen Teilgebieten der empirischen Sozial- und
Marktforschung und der Psychologie unter Einbezug der Gehirnforschung zu erweitern
und zu einem ganzheitlichen Verständnis über das Kaufverhalten des Kunden zu
gelangen. Zudem können nur durch die Verknüpfung der Erkenntnisse aus der
Gehirnforschung mit der Psychologie und der Marktforschung neue praxisrelevante
Erklärungen erhoben werden.
18
3
Neuromarketing in Verbindung mit der Gehirnforschung
3.1
Aufbau und Arbeitsweise des Gehirns
Forschungsgegenstand der Neurowissenschaft und somit auch des Neuromarketing ist
das Gehirn. Da sich diese Arbeit auf grundlegende Begriffe des Gehirns bezieht, soll
dessen Aufbau und Arbeitsweise im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Das Zentralnervensystem (ZNS) wird aus dem Gehirn und dem Rückenmark gebildet.
Als Gehirn wird der im Kopf gelegene Teil des Zentralnervensystems bezeichnet. Das
menschliche Gehirn zählt hierbei zu den kompliziertesten Strukturen, die bisher in
unserem Universum entdeckt wurden. Es besteht aus rund einer Billionen Nervenzellen,
auch Neuronen genannt, deren Aufgabe darin besteht, Informationen über Synapsen an
andere Zellen weiterzugeben. Dies ermöglicht das menschliche Lernen, Denken und
Handeln.
19
Das Gehirn lässt sich grob in die Bereiche Großhirn, Mittelhirn und Kleinhirn
unterteilen. Im Inneren des Großhirns, welches von der Großhirnrinde bedeckt wird,
liegen die Basalganglien, der Thalamus, der Hippocampus und die Amygdala. Darunter
befinden sich der Hypothalamus, das Mittelhirn, der Hirnstamm sowie das Kleinhirn.
Die folgende Abbildung zeigt die wichtigsten Regionen des menschlichen Gehirns.
20
16
Vgl. Sanfey, A. G., u.a., (2006) S. 108ff.
17
Vgl. Scheier C./Held, D. (2008), S. 17.
18
Vgl. Häusel, H.-G. (2006), S. 19ff.
19
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 1ff.
20
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 11f.

7
Abbildung 04: Das menschliche Gehirn
21
Das Kleinhirn hat primär die Aufgabe, die Motorik zu koordinieren, ist jedoch auch am
Lernprozess und den Gedächtnisfunktionen beteiligt. Das Mittelhirn ist vor allem für
das Seh- und Hörsystem und die Bewegungskontrolle zuständig. Der Thalamus ist als
übergeordnete Schaltstelle für die wichtigsten sensorischen Systeme verantwortlich.
22
Der Hypothalamus ist mit mehreren Gehirnregionen verbunden, kontrolliert zahlreiche
Körperfunktionen und sorgt auch für die Freisetzung von Hormonen. Zudem scheint er
das wichtigste Kontrollzentrum für Gefühle zu sein, da durch Tests mit elektrischer
Reizung bei Mensch und Tier Wutausbrüche, Angriffsverhalten aber auch intensives
Wohlbefinden ausgelöst werden können.
23
Die Basalganglien wirken bei der
Bewegungskontrolle mit, und die Großhirnrinde ,,macht den Menschen zu dem, was er
ist"
24
, da sie jeweils unterschiedliche individuelle Informationen wie zum Beispiel
Sinneseindrücke verarbeitet. Die Großhirnrinde kann hierbei in mehrere Felder oder
Regionen aufgeteilt werden. Abgesehen von den sensorischen Feldern ist die genaue
Anzahl und Funktion der übrigen Assoziationsfelder noch nicht genau erfasst.
25
Insgesamt stellt das Gehirn eine Ansammlung von Zellkörpern und Faserbahnen dar,
die sich jeweils aufgrund ihres Erscheinungsbildes identifizieren lassen. Es ist ein
riesiges Netzwerk von Nervenzellenverbindungen zur Informationsübertragung. Es
handelt sich um ein hoch komplexes Informationen verarbeitendes System.
26
21
Thompson, R. F. (2001), S. 17.
22
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S.15ff.
23
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 17f.
24
Thompson, R. F. (2001), S. 20.
25
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 20ff.
26
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 25ff.

8
3.2
Das limbische System
Das limbische System ist ein für das Neuromarketing wichtiger Teilbereich des
Gehirns. Es besteht aus der Amygdala, dem Hippocampus und dem limbischen Cortex
und liegt überwiegend in der Mitte des Gehirns. Zudem existiert eine starke
Verknüpfung zu Bereichen des Hypothalamus, des Thalamus und der Großhirnrinde.
27
Dem limbischen System wird im Neuromarketing eine besondere Bedeutung für die
Verarbeitung von Emotionen sowie Lernprozessen zugeschrieben. Es stellt daher eine
Sammelbezeichnung für die im Wesentlichen an der Verarbeitung von Emotionen
beschäftigten Gehirnareale dar.
,,Diese Überschneidungen im Bereich Emotion, Affektverhalten, Antrieb
und Gedächtnis haben dazu geführt, das limbische System als zerebralen
Manifestions- bzw. Entstehungsort von Gefühlen, Trieben und zahlreichen
intellektuellen Leistungen anzusehen."
28
Man geht davon aus, dass im limbischen System die Konsum- und Kaufwünsche
entstehen und so die eigentliche Macht- und Entscheidungszentrale im menschlichen
Kopf darstellt.
29
Die folgende Abbildung zeigt das limbische System und dessen
wichtigste Akteure.
Abbildung 05: Das limbische System
30
Wie fallen Kaufentscheidungen im Kopf der Kunden tatsächlich und welche Rolle spielt
hierbei das limbische System? Schließlich haben Konsumenten das Gefühl, bewusst,
vernünftig und rational zu handeln. Doch die Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen,
27
Vgl. Thompson, R. F. (2001), S. 19.
28
Trepel, M. (2004), S. 208.
29
Vgl. Häusel, H.-G. (2007a), S. 225.
30
Häusel, H.-G. (2009), S. 73.

9
dass das freie und bewusste Entscheidungsempfinden als eine Art ,,Benutzer-Illusion"
erklärt werden kann, an dessen Zustandekommen das Bewusstsein oft gar nicht beteiligt
war.
31
In diesem Zusammenhang sind Emotionen ein Element, welches auch für das
Gefühl der Willensfreiheit mitentscheidend ist. Dieses Gefühl äußert sich in der
Überzeugung, dass man selbst die Entscheidung trifft und diese auch bei Bedarf
verändern kann.
32
Der Grund für diesen Vorgang ist, dass das limbische System Situationen und Objekte
unbewusst mit positiven oder negativen Emotionen belegt. Die positive oder auch
lustvolle Seite versucht der Konsument zu erreichen und die negative oder unlustvolle
zu vermeiden. Das Bewusstsein bekommt von dieser Informationsverarbeitung im
Gehirn oft nur wenig mit, denn nur sehr starke Gefühle nehmen Menschen bewusst
wahr.
33
Heute ist bekannt, dass Entscheidungen von Emotionen gesteuert werden, deren
Einfluss zu 70 bis 80 Prozent unbewusst und im limbischen System ablaufen.
34
3.3
Funktionelle Magnetresonanztomographie
Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), oder auch functional Magnetic
Resonance Imaging (fMRI) genannt, wird in der Praxis am häufigsten für
Marktforschungszwecke in Verbindung mit der Gehirnforschung verwendet. Daher soll
deren Funktionsweise als Grundlage für das Neuromarketing und repräsentativ für die
anderen bildgebenden Methoden im Folgenden kurz dargestellt werden.
Das fMRT ist ein bildgebendes, körperlich nicht belastendes Verfahren, welches den
Stoffwechsel im Gehirn betrachtet und auf Durchblutungsveränderungen reagiert. Da im
menschlichen Gehirn arbeitende Neuronen mehr Energie verbrauchen als ruhende, fließt
in den aktiven Gehirnarealen mehr Blut. Der Grund ist, dass in diesen Bereichen mehr
Sauerstoff verarbeitet und wieder neu hinzugeführt werden muss, um den Energieträger
Glucose abzubauen und Energie freizusetzen.
31
Vgl. Häusel, H.-G. (2009), S. 69.
32
Vgl. Roth, G. (2003), S. 497.
33
Vgl. Häusel, H.-G. (2009), S.80ff.
34
Vgl. Häusel, H.-G. (2009), S. 70.

10
Sauerstoffhaltiges und sauerstoffärmeres Blut strahlen jedoch durch unterschiedlichen
Hämoglobingehalt unterschiedlich starke magnetische Felder ab. Diese feinen
Abweichungen können von dem Magnetresonanztomographen, auch Hirnscanner
genannt, gemessen werden und geben räumlich gut aufgelöste Bilder des Gehirns mit
unterschiedlichem Aktivitätsniveau wieder.
35
Die folgenden Abbildungen geben ein
Beispiel für einen Magnetresonanztomographen und die Möglichkeiten der
Hirnbildgebung.
Abbildung 06: Der funktionelle
Magnetresonanztomograph
36
Abbildung 07: Beispiel funktioneller
Hirnbildgebung
37
3.4
Erkenntnisse für das Neuromarketing
Kritiker, Verbraucherschützer und weite Teile der Presse verhalten sich gegenüber dem
Thema Neuromarketing skeptisch und sprechen von dem Zeitalter des gläsernen
Kunden und dem ultimativen ,,Buy Button". Doch hiermit soll klargestellt werden, dass
ein Hirnscanner nicht die Gedanken eines Kunden oder Konsumenten, sondern nur
dessen physiologische Veränderungen im Gehirn zeigen kann. Durch eine Veränderung
der Sauerstoffkonzentration kann nicht darauf geschlossen werden, was der Konsument
gerade denkt, sondern lediglich, welche Gehirnregionen an einem Denkvorgang
beteiligt sind.
35
Vgl. Purves, D., u.a. (2008), S. 74f.
36
Radiologie München (2006): Kernspintomographie/Magnetresonanztomographie,
http://www.radiologie-muenchen-nymphenburg.de/, 08.04.2009.
37
Universitätsklinikum Heidelberg (2009): Neuroradiologie, http://www.klinikum.uni-
heidelberg.de/fmrt.102091.0.html, 08.04.2009.

11
Durch viele durchgeführte Hirnforschungsstudien geben Gehirnbilder jedoch heute
bestimmte Aufschlüsse für die Marketingpraxis. So haben Experten bereits eine grobe
Vorstellung darüber, wofür bestimmte Gehirnareale zuständig sind.
38
Erkenntnisse aus
der Gehirnforschung speziell für das Marketing sind:
· Mehr als 70 % unserer Entscheidungen werden unbewusst getroffen
· Emotionen spielen auch bei scheinbar rationalen Entscheidungen eine Rolle
· Auch bei preislichen Überlegungen walten Emotionen
· Geschlechterunterschiede müssen im Marketing beachtet werden
· Das Alter hat wesentlichen Einfluss auf Kaufentscheidungen
· Signale und Botschaften, die das Bewusstsein nicht erreichen, beeinflussen
dennoch das Denken und Verhalten eines Konsumenten
39
Mit Hilfe der Hirnforschung und der bildgebenden Verfahren wurde auch das
Hemisphären-Modell widerlegt, wonach die rechte Gehirnhälfte emotional und die linke
Gehirnhälfte rational arbeitet.
40
Heute ist bewiesen, dass es keine rein rationalen
Prozesse im Gehirn gibt. Die im Gehirn ankommenden Reize werden zuerst unbewusst
verarbeitet und bewertet und gelangen erst danach und nur zum Teil ins Bewusstsein.
Zudem arbeiten beide Hirnhälften mit über 200 Millionen Nervenfasern eng zusammen
und enthalten sowohl emotionale als auch nicht-emotionale, kognitive Hirnstrukturen.
41
Der Aufwand und die hohen Kosten der Marktforschungsstudien sind der Grund, dass
diese nur in der Grundlagenforschung oder vereinzelt von großen Konzernen
durchgeführt werden. Eine relativ einfache Neuromarketing-Studie kostet ohne
Experten und mit wenigen Versuchspersonen ca. 40.000 bis 100.000 Euro.
42
38
Vgl. Häusel, H.-G. (2007a), S. 213.
39
Vgl. Häusel, H.-G. (2006), 11 ff.
40
Vgl. Scheier, C./Held, D. (2007a), S 232f.
41
Vgl. Scheier, C. (2008), S. 310.
42
Vgl. Häusel, H.-G. (2009) S. 239.

12
4
Neuromarketing in der Markenführung
4.1
Begriffsabgrenzungen
Im Folgenden werden die für das Neuromarketing wichtigen Begriffe der
Markenführung erläutert und abgegrenzt. Hierzu zählen die Begriffe Marke,
Markenführung und Markenwert. Auf dieser Grundlage wird anschließend näher auf die
Markenwirkung eingegangen und die Ziele der Markenführung dargestellt.
4.1.1 Marke
Das Markieren von Produkten ist ein jahrhunderte alter Brauch, um Produkte aus der
Anonymität zu heben. Schon im alten Ägypten wurden Ziegelsteine mit Symbolen
versehen, um ihre Identität und konsistente Qualität zu kennzeichnen. Demnach dienen
Marken schon seit langer Zeit der Identifikation und Differenzierung von Produkten.
43
Seit damals ist die Bedeutung einer Marke für das Unternehmen und den Kunden
jedoch stark gewachsen. Selbst Kleinkinder werden schon mit dem Markenvirus
infiziert und können feine Unterschiede zwischen einzelnen Marken erkennen.
44
Doch
wie definiert sich eine Marke?
Nach klassischem Verständnis ist eine Marke ein physisches Kennzeichen für die
Herkunft eines Markenartikels, durch die der Konsument erfährt, wer der Hersteller
bzw. Anbieter eines Produktes oder einer Dienstleistung ist.
45
Zudem soll durch die
Marke eine konstante oder verbesserte Qualität bei gleich bleibender Menge und
Aufmachung der erhältlichen Ware garantiert werden.
46
Eine solche merkmalsbezogene Definition ist jedoch heute nicht mehr zeitgemäß, da
nicht nur Produkte und Dienstleistungen, sondern auch Personen wie zum Beispiel.
Michael Schumacher, Organisationen wie zum Beispiel Greenpeace, Hörzeichen wie
die Telekom-Melodie u. v. m. diesen Status einnehmen können.
47
So beschreibt das
Markengesetzbuch (MarkenG) ein als Marke schutzfähiges Zeichen in § 3 MarkenG
wie folgt:
43
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S. 1.
44
Vgl. Melzer-Lena, B. (1995), S. 13.
45
Vgl. Mellerowicz, K. (1963), S. 39f.
46
Vgl. Domizlaff, H. (1992), S.37ff.
47
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S.17.

13
,,Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich
Personennamen,
Abbildungen,
Buchstaben,
Zahlen,
Hörzeichen,
dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder
ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und
Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder
Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen
zu unterscheiden."
48
Mit Blick auf den Konsumenten reichen diese Definitionen dennoch nicht aus, da
Marken oftmals nicht mehr viel darüber aussagen, woher ein Produkt kommt und auch
die Beurteilungen zwischen Markenartikeln und Handelsmarken der Supermärkte
zusehends verwischen. Vielmehr wird eine Marke aufgrund klarer Markenvorstellungen
gekauft.
49
Demnach wäre eine heute angemessenere Definition:
,,Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die
eine Identifikations- und Differentzierungsfunktion übernehmen und das
Wahlverhalten prägen."
50
4.1.2 Markenführung
Wie für den Markenbegriff existieren auch für den Begriff der Markenführung, auch
Markenpolitik oder Markenmanagement genannt, unterschiedliche Definitionen in der
Fachliteratur. Als Markenführung im engeren Sinne werden sämtliche mit der
Markierung von Produkten verbundenen Entscheidungen und Maßnahmen wie zum
Beispiel Namen, Symbole oder Zeichen verstanden.
51
Im weiteren Sinne umfasst die Markenführung die Markenentwicklung oder auch den
Markenaufbau und die Pflege von eingeführten Marken, sowie den spezifischen
Markenartikelvertrieb.
,,Unter strategischer Markenführung ist die kontinuierliche und
systematische Pflege von eingeführten Marken zu verstehen."
52
48
Bundesministerium der Justiz (2009): MarkenG §3 Als Marke schutzfähige Zeichen,
http://www.gesetze-im-internet.de/markeng/__3.html, 20.04.2009.
49
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S. 20ff.
50
Esch, F.-R. (2008), S. 22.
51
Vgl. Ahlert, D. (1984), S. 76.
52
Haedrich, G./Tomczak, T. (1994), S. 927.

14
Markenführung ist folglich als übergreifendes und integriertes Marketingkonzept zu
sehen, bei dem sich alle Instrumentalentscheidungen im Rahmen des Marketing-Mix an
der Marke orientieren.
53
Eine Marke in den Markt einzuführen, durchzusetzen oder zu pflegen erfordert über
lange Zeit hinweg hohe Aufwendungen für Werbung, Verkaufsförderung,
Packungsgestaltung und Produktverbesserung, die als langfristig angelegte Investitionen
in die Marke angesehen werden sollten.
54
Praktisch umgesetzt wird die Markenführung in verschiedenen Strategien zum Aufbau
und zur Pflege von Marken. Diese Markenstrategien sind ,,längerfristige, bedingte
Verhaltenspläne der Markengestaltung zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen".
55
Folgende grundlegenden Markenstrategien können hierbei unterschieden werden:
· Einzelmarkenstrategien: Einzelne Produkte mit unterschiedlichen Marken vom
gleichen Anbieter wie Punika und Pampers von Procter & Gamble
· Markenfamilienstrategien: Einheitliche Markenbezeichnung im Vordergrund
einer Produktgruppe mit verschiedenen Einzelprodukten (Nivea oder Dove)
· Dachmarkenstrategien: Firmenname gilt als Dachmarke für sämtliche Produkte
wie zum Beispiel bei Sony, Siemens oder Philips
· Mehrmarkenstrategien: Unterschiedliche Marken für ähnliche Marktsegmente
(Marlboro und Philip Morris von British American Tobacco)
56
Den Ausgangspunkt für Wettbewerbsvorteile bilden hierbei die Kundenbedürfnisse, da
jeder Wettbewerbsvorteil letztlich nur über den wahrgenommenen Kundennutzen
definiert und realisiert werden kann.
57
Dies spiegelt sich anschließend im Markenwert
wieder, welcher im folgenden Abschnitt erläutert wird.
53
Vgl. Bruhn M. (1994), S. 18.
54
Vgl. Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. (1997), S. 688f.
55
Meffert, H. (1992), S. 135.
56
Vgl. Meffert, H. (2000), S. 856ff.
57
Vgl. Meffert, H. (1992), S.153.

15
4.1.3 Markenwert
Der Markenwert, auch ,,Brand Equity" genannt, ist die zentrale Steuerungs- und
Kontrollgröße für den Aufbau und den Erhalt einer starken Marke. Der Markenwert
kann hierbei aus finanzwirtschaftlicher und verhaltenswissenschaftlicher Sicht
betrachtet werden.
Aus finanzwirtschaftlicher Perspektive ist der Markenwert der Barwert oder auch die
Summe der zukünftig durch eine Marke generierbaren Einzahlungsüberschüsse. Also
die Quantifizierung des Markenerfolges, die der Eigentümer aus der Marke
erwirtschaften kann.
58
Diese Perspektive vernachlässigt jedoch den Wert einer Marke in
den Köpfen der Konsumenten. Daher stellt der verhaltenswissenschaftliche Ansatz die
Konsumentenwahrnehmung und deren Motive in den Mittelpunkt. Dieser qualitative
Markenwert kann aus der operationalen Messung psychologischer Konstrukte bestimmt
werden.
59
Ein verbreiteter Ansatz zur Erfassung des verhaltenswissenschaftlichen
Markenwertes wird durch die Analyse folgender Determinanten beschrieben:
· Markentreue / Markenloyalität
· Bekanntheit von Markenname und Markensymbol
· Subjektiv wahrgenommene Qualität / Markenimage
· Markenassoziationen
· Weitere Markenvorzüge (Patente, Warenzeichen, Absatzwege)
60
Marken mit hohem Marktwert erzielen hierbei eine höhere Markentreue, positivere
Beurteilungen
einzelner
Markeneigenschaften,
eine
krisenfestere,
stärkere
Wettbewerbsposition und ein größeres Potenzial für Markenerweiterungen als weniger
wertvolle Marken.
61
Für eine starke Marke ist oft ein Vielfaches der zum Zeitpunkt der
Übernahme erwirtschafteten Markengewinne gezahlt worden. Während die
Bilanzierung des Markenwertes in den USA zulässig ist, ist nach § 248 HGB (2) die
Bilanzierung für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht
entgeltlich erworben wurden, in Deutschland weiterhin verboten.
62
58
Vgl. Kaas, K. P. (1990), S. 48.
59
Vgl. BBDO (2001), S. 11ff.
60
Vgl. Aaker, D. A. (1992), S. 32f.
61
Vgl. Esch, F.-R. (2003), S. 25.
62
Vgl. Bundesministerium der Justiz (2009): HGB §248 Bilanzierungsverbote und Wahlrechte,
http://www.gesetze-im-internet.de/hgb/__248.html, 20.04.2009.

16
In einer von Droege & Company durchgeführten Delphi-Befragung wurde bei
Marketing-Managern und Marketing-Wissenschaftlern die Marke als der wichtigste
Werttreiber in Unternehmen identifiziert.
63
Auch in den Medien werden regelmäßig die
Hitlisten der nationalen und internationalen Top-Marken abgedruckt. Die folgenden
Tabellen zeigen die Marken mit höchstem Markenwert im Jahr 2008 weltweit sowie in
Deutschland.
Rang Marke
Mrd. US $
Rang Marke
Mrd.
1
Coca Cola
66,67
1
Daimler
19,74
2
IBM
59,03
2
BASF
19,51
3
Microsoft
59,01
3
Bayer
19,06
4
General Electric
53,09
4
VW
17,08
5
Nokia
35,94
5
Dt. Post
14,52
6
Toyota
34,05
6
Dt. Telekom
14,48
7
Intel
31,26
7
Allianz
11,93
8
McDonalds
31,05
8
BMW
10,61
9
Disney
29,25
9
Henkel
8,66
10
Google
25,59
10
SAP
8,27
Tabelle 01: Markenwert
international
64
Tabelle 02: Markenwert in
Deutschland
65
Die Bewertung von Marken ist demnach ein wichtiges Instrument, um die gegenwärtige
Stellung einer Marke am Markt analysieren zu können und um markenpolitische
Entscheidungen über den Aufbau und die Stärkung sowie die Pflege von Marken
zielgerichtet treffen und die Ergebnisse kontrollieren zu können.
63
Vgl. Kricsfalussy / Semlitsch, (2000), S. 28.
64
Interbrand (2009): Best Global Brands, http://www.interbrand.com/best_global_brands.aspx?
langid=1000, 08.04.2009.
65
Semion Brand Evaluation (2008): Brand Evaluation 2008,
http://www.semion.com/value/value2008.html, 08.04.2009.

17
4.2
Markenwirkung aus neurowissenschaftlicher Sicht
Die Erläuterungen des Markenbegriffs und des Markenwerts zeigen, dass es sich bei
einer Marke nicht nur um die Demonstration funktionaler Eigenschaften eines
Produktes dreht. Die Wirkung auf den Konsumenten kann nur durch die mit einer
Marke verbundenen Gefühle und Erfahrungen erklärt werden, die im emotionalen
limbischen System verarbeitet werden. Diese Verbindung wird in der Praxis gerade in
gesättigten Märkten mit austauschbaren Produkten immer wichtiger.
66
Doch die Erkenntnisse aus der Gehirnforschung deuten bereits darauf hin, dass Marken
auch unbewusst einen großen Einfluss auf die Entscheidungen eines Konsumenten
haben, obwohl bei Befragungen die Marke selten als Kaufgrund genannt wird.
67
Ein
hilfreiches Beispiel, um dieses Phänomen zu erklären, ist das Figur-Grund-Prinzip von
Nobelpreisträger Daniel Kahneman. Um dieses Prinzip zu erklären, zeigt die folgende
Abbildung zwei große und zwei kleine Quadrate. Die kleinen Quadrate stehen im
Vordergrund und stellen die Figur dar. Die großen Quadrate bilden den Hintergrund.
Abbildung 08: Das Figur-Grund-Prinzip
68
Obwohl die inneren Quadrate identisch sind, wirken sie subjektiv stark unterschiedlich.
Das liegt daran, dass der Hintergrund stark auf die Figur abstrahlt und die subjektive
Wahrnehmung verändert. Nach diesem Prinzip wirken auch Marken unbewusst im
Hintergrund.
69
Auch der Vergleich von Tests mit Produkten ohne Offenlegung der Marke mit den
Tests mit Offenlegung des Markenlabels beweist dieses Phänomen. So wird das Produkt
einer starken Marke weitaus besser in einem offenen Test eingeschätzt als in einem
66
Vgl. Esch, F.-R. (2008), S. 22.
67
Vgl. Scheier, C./Held, D. (2007b), S. 15.
68
Scheier, C./Held, D. (2007b), S. 32.
69
Vgl. Scheier, C./Held D. (2007b), S. 27f.

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Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836643900
DOI
10.3239/9783836643900
Dateigröße
6.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Munich Business School – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2010 (März)
Note
1,0
Schlagworte
markenwirkung limbic wahrnehmung markenwert consumer insight
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Titel: Neuromarketing in der Markenführung am Fallbeispiel der Biermarken Beck`s, Krombacher und Radeberger
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