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Mehrkomponentenverträge - Gestaltung und Bilanzierung

©2009 Masterarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Aufgrund von Marketingüberlegungen orientieren sich Unternehmen in den letzten Jahren zunehmend an den individuellen Bedürfnissen von Kunden, mit dem Ziel diese langfristig zu binden und die eigene Position im Wettbewerb zu stärken. Empirischen Studien zufolge ist die Fähigkeit eines Unternehmens Kunden zu binden Hauptfaktor eines erfolgreichen Marketing Mix.
In der Praxis führt diese geschäftspolitische Ausrichtung oft dazu, dass dem Kunden sogenannte ’Gesamtpakete’ oder ’Komplettlösungen’ angeboten werden. Diese bestehen in der Regel aus einer Produktlieferung und damit verknüpfbaren zusätzlichen Dienstleistungen. Die Bedeutung dieser Zusatz- und Nebenleistungen stellt für Unternehmen verschiedenster Branchen einen immer wichtigeren und zentraleren Teil in den unternehmensstrategischen und wettbewerbspolitischen Überlegungen dar; Tendenz stark steigend.
So wird zum Beispiel beim Verkauf von Software auch das Recht auf spätere Updates zugesagt, beim Verkauf von PKW’s auch gleichzeitig Rücknahme, Service- und Reparaturleistungen eingeräumt.
Konkret ergibt sich dadurch in der Unternehmens-Kunden-Beziehung eine Mehrzahl von vertraglichen Vereinbarungen, die zueinander in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Derartige Verträge werden als ’Mehrkomponentenverträge’ bzw. im anglo-amerikanischen Raum und in der internationalen Rechnungslegung als ’multiple element arrangements’ oder ’arrangements with multiple deliverables’ bezeichnet.
Bei der Bilanzierung dieser Verträge wird üblicherweise einer dem Bilanzrecht entsprechenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise gefolgt. Das bedeutet, dass es bei der bilanziellen Abbildung mehrerer eigenständiger Verträge zu Divergenzen zwischen zivilrechtlicher Vertragsgestaltung und wirtschaftlich orientierter Bilanzierung und Ertragsvereinnahmung kommen kann.
Die Umsatz- und Gewinnrealisierung bei Mehrkomponentenverträgen gehört zu den zentralen Bilanzierungsproblemen nach österreichischem und deutschem Bilanzrecht als auch nach Internatioanal Accounting Standards/International Financial Reporting Standards (IAS/IFRS). Im deutschen und österreichischen Bilanzrecht existieren keine spezifischen Normen, die die Behandlung von Mehrkomponentenverträgen regeln. Es gelten die allgemeinen Regeln der Umsatzrealisierung. Die Regelungen der IAS/IFRS-Rechnungslegung werden als rudimentär angesehen. Nur in den US-Rechnungslegungsstandards finden sich detaillierte und konkrete Vorschriften […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Wolfgang Benedikt Weisser
Mehrkomponentenverträge - Gestaltung und Bilanzierung
ISBN: 978-3-8366-4314-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Karl-Franzens-Universität Graz, Graz, Österreich, MA-Thesis / Master, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ...III
Abkürzungsverzeichnis ... IV
1.
Einführung in die Thematik ... 1
1.1.
Problemstellung ... 2
1.2.
Zielsetzung ... 3
1.3.
Methodik... 4
1.4.
Mehrkomponentenverträge ­ Ein- und Abgrenzung ... 4
1.4.1.
Begrifflicher Ursprung ... 4
1.4.2.
Charakteristika... 5
1.4.3.
Umsatz- und Gewinnrealisierung ... 5
1.4.4.
Definition wesentlicher Begriffe ... 6
2.
Die Gestaltung von Mehrkomponentenverträgen ... 7
2.1.1.
Grundsätzliches und Gemeinsamkeiten... 7
2.1.2.
Die verschiedenen Ausprägungsformen ... 9
3.
Mehrkomponentenverträge als Problem der Umsatzrealisierung ... 14
3.1.
Umsatz- und Gewinnrealisierung nach österreichischem und deutschem
Bilanzrecht... 17
3.1.1.
Definition... 17
3.1.2.
Der Grundsatz der Vorsicht... 17
3.1.3.
Periodenabgrenzung und Informationszweck ... 18
3.1.4.
Bestimmung des Realisationszeitpunktes... 19
3.1.5.
Die Konzeption des HGB und deren Bedeutung für die
Ertragsvereinnahmung bei Mehrkomponentenverträgen ... 22
3.2.
Umsatz- und Gewinnrealisierung nach IAS/IFRS... 22
3.2.1.
Einleitung ... 22
3.2.2.
Zielsetzung durch das Rahmenkonzept ... 22
3.2.3.
Allgemeine Umsatzrealisierungsbestimmungen durch IAS 18... 23

II
3.2.4.
Regelungslücke Mehrkomponentengeschäft ... 25
3.3.
Umsatz- und Gewinnrealisierung nach US-GAAP ... 26
3.3.1.
Einleitung ... 26
3.3.2.
House of GAAP... 27
3.3.3.
Revenue Recognition Principle ... 28
3.3.4.
Überblick über die Bestimmungen zur Bilanzierung von
Mehrkomponentenverträgen... 29
4.
Die Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen... 31
4.1.
Mehrkomponentengeschäfte nach HGB... 33
4.1.1.
Anhaltspunkte zur Bilanzierung nach HGB ... 33
4.2.
Mehrkomponentenverträge nach US-GAAP... 42
4.2.1.
EITF 00-21 Revenue Arrangements with Multiple Deliverables ... 44
4.2.2.
SOP 97-2 ­ Software Revenue Recognition ... 47
4.3.
Die Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen nach IAS/IFRS... 51
4.3.1.
Relevante Bestimmungen nach IAS ... 52
4.3.2.
Voraussetzungen zur getrennten Umsatzrealisierung... 54
4.4.
Customer Loyalty Programmes nach IFRIC 13 ... 55
4.4.1.
Anwendungsbereich und Gestaltung von Kundenbindungsprogrammen
...56
4.4.2.
Bilanzierung ... 57
4.5.
Discussion Paper Preliminary Views on Revenue Recognition in Contracts
with Customers ... 64
5.
Beispiele - Buchmäßige Erfassung ... 67
6.
Abschließende Würdigung und Ausblick... 73
Literaturverzeichnis ... 77

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozess der Ertragsvereinnahmung bei Bargeschäften ... 20
Abbildung 2: Verschiedene Formen der Umsatzrealisierung aus einem Kaufvertrag. .. 21
Abbildung 3: House of GAAP - Hierarchie in der US-Amerikanischen
Rechnungslegung ... 28
Abbildung 4: Ausgewählte Möglichkeiten der fair value Bewertung nach IFRIC 13. .. 59
Abbildung 5: Neuerungen durch das Revenue Recogniton Projekt von IASB/FASB ... 65
Abbildung 6: Vertragsbasierte Ertragsrealisierung bei einem
Mehrkomponentengeschäft. ... 67

IV
Abkürzungsverzeichnis
AFRAC
Austrian Financial Reporting Auditing Committee
AG
Aktiengesellschaft
AG
Anhang
AICPA
American Institute of Certified Public Accountants
BC
Basis for Conclusions
BFH
Bundesfinanzhof (Deutschland)
BStBl
Bundessteuerblatt (Deutschland)
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
CNC
Conseil National de la Comptabilité
DAX
Deutscher Aktien Index
d.h.
das heißt
dHGB
Deutsches Handelsgesetzbuch
DSR
Deutscher Standardisierungsrat
E-DRS
Entwurf Deutscher Rechnungslegungs Standard
EFRAG
European Financial Reporting Advisory Group
EITF
Emerging Issues Task Force
EStRl 2000
Österreichische Einkommenssteuerrichtlinien
et al.
et alii (und andere)
EU
Europäische Union
FASB
Financial Accounting Standard Board
F.
Framework (von IAS/IFRS)
f.
folgende
ff.
fortfolgende
GoB
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HGB
Handelsgesetzbuch, bezieht sich auf deutsche UND österreichische
Vorschriften (deutsches Handelsgesetzbuch und österreichisches
Unternehmensgesetzbuch) in gleicher Weise
UGB
(Österreichisches) Unternehmensgesetzbuch
IASB
International Accounting Standards Board
IAS/IFRS
International Accounting Standards/International Financial Re-
porting Standards

V
IDW
Institut Deutscher Wirtschaftsprüfer
IE
Illustrative Example
IFRIC
International Financial Reporting Interpretations Committee
i.H.v.
in Höhe von
IT
Information Technology
o.V.
ohne Verfasser
PCS
post-contract customer support
PoC
Percentage of Completion (method)
Rn.
Randnummer
Rz.
Randziffer
S.
Seite
SAB
Staff Accounting Bulletin
SEC
Security and Exchange Commission
SFAC
Statement of Financial Accounting Concepts
SIC
Standing Interpretation Committee
SOP
Standard of Position
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles
Tz.
Textziffer
u.U.
unter Umständen
Vgl.
Vergleiche
VSOE
vendor specific objective evidence
V&V
Verwaltung und Vertrieb
VwGH
Verwaltungsgerichtshof
Z.
Ziffer
z.B.
zum Beispiel

1
1.
Einführung in die Thematik
Aufgrund von Marketingüberlegungen orientieren sich Unternehmen in den letzten
Jahren zunehmend an den individuellen Bedürfnissen von Kunden, mit dem Ziel diese
langfristig zu binden und die eigene Position im Wettbewerb zu stärken. Empirischen
Studien zufolge ist die Fähigkeit eines Unternehmens Kunden zu binden Hauptfaktor
eines erfolgreichen Marketing Mix.
1
In der Praxis führt diese geschäftspolitische Ausrichtung oft dazu, dass dem Kunden
sogenannte ,Gesamtpakete' oder Komplettlösungen' angeboten werden. Diese bestehen
in der Regel aus einer Produktlieferung und damit verknüpfbaren zusätzlichen Dienst-
leistungen. Die Bedeutung dieser Zusatz- und Nebenleistungen stellt für Unternehmen
verschiedenster Branchen einen immer wichtigeren und zentraleren Teil in den unter-
nehmensstrategischen und wettbewerbspolitischen Überlegungen dar; Tendenz stark
steigend.
2
So wird zum Beispiel beim Verkauf von Software auch das Recht auf spätere Updates
zugesagt, beim Verkauf von PKW's auch gleichzeitig Rücknahme, Service- und Repe-
raturleistungen eingeräumt.
3
Konkret ergibt sich dadurch in der Unternehmens-Kunden-Beziehung eine Mehrzahl
von vertraglichen Vereinbarungen, die zueinander in einem wirtschaftlichen Zusam-
menhang stehen.
4
Derartige Verträge werden als ,Mehrkomponentenverträge' bzw. im
anglo-amerikanischen Raum und in der internationalen Rechnungslegung als ,multiple
element arrangements' oder ,arrangements with multiple deliverables' bezeichnet.
Bei der Bilanzierung dieser Verträge wird üblicherweise einer dem Bilanzrecht entspre-
chenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise gefolgt. Das bedeutet, dass es bei der
bilanziellen Abbildung mehrerer eigenständiger Verträge zu Divergenzen zwischen
zivilrechtlicher Vertragsgestaltung und wirtschaftlich orientierter Bilanzierung und
Ertragsvereinnahmung kommen kann.
5
Die Umsatz- und Gewinnrealisierung bei Mehrkomponentenverträgen gehört zu den
zentralen Bilanzierungsproblemen nach österreichischem und deutschem Bilanzrecht als
1
Studie abrufbar unter:
http://www.rolandberger.com/media/pdf/rb_press/RB_kundenbindung_press_20030509.pdf.
2
Vgl. Pilhofer (2002), S. 363.
3
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 153.
4
Vgl. Erchinger, M./Melcher (2009), S. 89.
5
Vgl. Wüstemann/Kierzek (2007), S. 892.

2
auch nach Internatioanal Accounting Standards/International Financial Reporting
Standards (IAS/IFRS).
6
Im deutschen und österreichischen Bilanzrecht existieren keine
spezifischen Normen, die die Behandlung von Mehrkomponentenverträgen regeln. Es
gelten die allgemeinen Regeln der Umsatzrealisierung. Die Regelungen der IAS/IFRS-
Rechnungslegung
werden
als
rudimentär
angesehen.
Nur
in
den
US-
Rechnungslegungsstandards finden sich detaillierte und konkrete Vorschriften hinsicht-
lich der Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften. Doch auch diese Regelungen
werden vom FASB selbst in einigen Teilen als defizitär bezeichnet.
7
Die unbefriedigende Situation unzureichender Regelungsvorschriften wird durch die
vielen Fehler bei der Abbildung von Mehrkomponentengeschäften in Jahresabschlüssen
belegt.
8
Das Thema hat für die Praxis größte Bedeutung, da es für viele Unternehmen die
Grundlage der Umsatz- und Ertragsrealisierung eines Großteils der gesamten Erlöse
darstellt.
9
Die Thematik der korrekten, periodengerechten Umsatzrealisierung rückt
zudem noch aus einem anderen Grund immer stärker in den Mittelpunkt der Ergebnis-
berichterstattung und von Investoren: Mehrere Bilanzskandale der letzten Jahre waren
in der Manipulation der periodengerechten Umsatzaufteilung begründet.
10
Besonders häufig findet man Mehrkomponentenverträge in der Pharma-, Medizintech-
nik-, Automobil-, Energie-, Telekommunikations- und Softwarebranche. Ausprägungs-
formen dieser Verträge lassen sich in folgende vier Hauptkategorien unterteilen: Kom-
bination von Verkauf und Dauerleistung, Kombination mehrerer Verkäufe, Kombinati-
on von Fertigungsaufträgen mit anderen Leistungen, Verdeckte Leasingverhältnisse.
11
1.1.
Problemstellung
Der Ausgangspunkt der Problemstellung ergibt sich allgemein in der periodengerechten
Zuteilung von Zahlungsströmen (Gewinne Cash Flows). Die Rechnungslegung
beschäftigt sich mit der Ermittlung eines Periodengewinnes. Daraus ergibt sich das
Problem, dass bei der Bilanzierung durch die Periodenabgrenzung ein Periodenerfolg
ermittelt wird, während einzelne Transaktionen und daraus resultierende Cash Flows
6
Vgl. Wüstemann/Kierzek (2007), S. 884.
7
Vgl. Pilhofer (2002), S. 364.
8
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 89.
9
Vgl. Wüstemann/Kierzek (2007), S. 885.
10
Vgl. Wiechers (2008), S. 219.
11
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 95.

3
über mehrere Perioden bestehen.
12
Es stellt sich die Frage, nach welchen Regeln und
wie exakt in manchen ,Spezialfällen' der Zeitpunkt der Umsatzrealisation bestimmt
werden kann. Unter derartigen Spezialfällen versteht man oft strukturierte Geschäfts-
modelle, zu denen Mehrkomponentenverträge zählen.
13
Bei Mehrkomponentenverträgen ergibt sich das zentrale Bilanzierungsproblem durch
den Verkauf eines Produktes, das die Erbringung mehrerer Leistungen regelt, die
unterschiedlichen Abrechnungsperioden zugerechnet werden, wobei es sich bei den
zum Bilanzstichtag noch ausstehenden Leistungen nicht um unwesentliche Nebenleis-
tungen handeln darf.
14
Durch die Verteilung der Leistungserbringung auf unterschiedli-
che Perioden drängt sich die buchhalterische Frage auf, ob ein Mehrkomponentenver-
trag bei der Abbildung im Jahresabschluss als Gesamtheit betrachtet wird oder ob die
einzelnen Vertragsbestandteile (gemeint bilanziell: die Erlöse) getrennt auszuweisen
sind.
15
Anders formuliert: den Kern der Problemstellung bildet die Bestimmung des
Realisationszeitpunktes der Umsätze der einzelnen Leistungen.
Sind die Kriterien für einen getrennten Umsatzausweis erfüllt, so stellt sich die Frage,
welche Erlöse sofort und welche über die Laufzeit verteilt realisiert werden.
16
Im Falle getrennter Erlösrealisierung sind sowohl der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung
als auch der Wert der Teilleistungen zu bestimmen.
17
1.2.
Zielsetzung
In dieser Arbeit sollen zunächst die Ausprägungsformen von Mehrkomponentenverträ-
gen dargestellt werden. Anschließend werden bilanzielle Fragestellungen zum Thema
aufgegriffen. Dabei sollen die Grundsätze der Umsatz- und Ertragsrealisierung im
Allgemeinen, sowie bei Mehrkomponentengeschäften im Speziellen, aufgezeigt werden.
Beginnend mit einem Überblick über die grundsätzlichen Gemeinsamkeiten und Unter-
schiede bei der Auffassung von Umsatz und Gewinn bei US-GAAP, IFRS und deut-
schem bzw. österreichischem Bilanzrecht, wird anschließend im Hauptteil der Arbeit
auf die Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen eingegangen.
12
Vgl. Wagenhofer (2007), S. 10.
13
Vgl. Hoffmann/Lüdenbach (2005a), S. 1336.
14
Vgl Pilhofer (2002), S. 364f.
15
Vgl. Roth/Foley (2001), S. 1167.
16
Siehe ausführlicher Kapitel Voraussetzungen zur getrennten Umsatzrealisierung (Trennbarkeit dem
Grunde und der Höhe nach).
17
Siehe ausführlicher Kapitel Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen.

4
Es werden die dafür relevanten rechtlichen Vorschriften internationaler Rechnungsle-
gungsstandards, US amerikanischer Standards sowie deutsche und österreichische
Normen präsentiert, kritisch analysiert und verglichen ­ sowohl untereinander als auch
mit den Anforderungen an ein Rechnungslegungssystem. Dabei wird insbesondere auf
die Notwendigkeit von Regelungen und die Anwendung bestehender Normen sowie
bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis eingegangen. Weiters sollen
konzeptionelle Unterschiede, Regelungslücken als auch Behelfsmethoden bei Rege-
lungslücken aufgezeigt werden.
Den Schluss der Arbeit bilden eine Ausarbeitung von Beispielen und ein Ausblick, in
dem die Anstrengungen von IASB und FASB hinsichtlich der Harmonisierung von
Erlöskriterien dargestellt werden.
1.3.
Methodik
Die Abfassung der Arbeit erfolgt anhand der gesammelten Literatur. Den Großteil
bilden betriebswirtschaftliche und juristische Fachzeitschriften der letzten Jahre. Wei-
ters dienen Mitteilungen und Publikationen der Standard-Boards, Stellungnahmen und
Interpretationen der Auditing Committees, Auszüge aus Geschäftsberichten sowie
Gutachten von Wirtschaftsprüfungsverbänden als Informationsquelle. Aktuelle Studien
und Stellungnahmen zu der Thematik kommen auch von Deloitte und KPMG. Auf-
grund der hohen Aktualität des Themas sind nahezu sämtliche Publikationen, auf die
sich diese Arbeit bezieht, nach dem Jahr 2000 erschienen.
Als rechtlich relevante Normen werden die Regelungen des österreichischen und deut-
schen Gesetzgebers sowie der privaten Institution IASB und FASB herangezogen. Des
Weiteren findet man noch Richtlinien der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, die
quasi Rechtscharakter besitzen.
1.4.
Mehrkomponentenverträge ­ Ein- und Abgrenzung
1.4.1.
Begrifflicher Ursprung
Der Begriff findet seinen Ursprung in der US-amerikanischen Rechnungslegung und
Literatur, die von ,multiple element arrangements' respektive ,arrangements with

5
multiple deliverables' spricht.
18
Im deutschen Sprachraum werden diese Vertragswerke
mit den Ausdrücken ,Mehrkomponentenverträge' oder ,Mehrkomponentengeschäfte'
den englischen Bezeichnungen gleichgestellt.
1.4.2.
Charakteristika
Zu dem Begriff des Mehrkomponentenvertrages existiert keine Legaldefinition.
19
Aufgrund des Mangels einer Definition durch den Gesetzgeber bzw. Standardsetter sind
vor allem Fachliteratur und. Auditing Committees als Quellen zu nennen, die diesen
Begriff definieren. Daraus folgt, dass es nicht eine Definition gibt, sondern mehrere
Definitionen, die sich in Nuancen unterscheiden können.
Ein Mehrkomponentenvertrag beschreibt eine vertragliche Vereinbarung zwischen
einem Unternehmen und einem Sach- oder Dienstleistungsempfänger über mehrere
verschiedene Leistungen. Sind die vom Unternehmen erbrachten Leistungen respektive
die dafür erhaltenen Vergütungen in einem wirtschaftlichen oder zeitlichen Nahever-
hältnis und ist das zivilrechtliche Gesamtvertragswerk aus wirtschaftlicher und bilanz-
rechtlicher Perspektive als eine Leistung mit mehreren unterschiedlichen Bestandteilen
(Komponenten) aufzufassen, so spricht man von einem Mehrkomponentenvertrag.
20
Die Vertragskomponenten sind dabei durch ein hierarchisches Verhältnis gekennzeich-
net, an deren Spitze eine Hauptleistung steht, der eine oder mehrere Nebenleistungen
untergeordnet sind. Existieren die einzelnen Teilverträge gleichberechtigt nebeneinan-
der, liegt kein Mehrkomponentenvertrag vor. Obgleich sich das Bilanzierungsproblem
durch die Realisierung von Erlösen in mehreren Perioden ergibt, müssen sich die
Vertragsleistungen nicht über mehrere Abrechnungsperioden erstrecken, um einen
Vertrag als Mehrkomponentengeschäft zu klassifizieren. Dies grenzt den Mehrkompo-
nentenvertrag von den Fertigungsaufträgen ab.
21
Aufgrund rudimentär ausgeprägter Rechnungslegungsstandards ­ besonders nach
IAS/IFRS ­ ist für jeden Geschäftsfall einzeln zu prüfen, ob die Ansatzkriterien für ein
Mehrkomponentengeschäft erfüllt sind.
22
1.4.3.
Umsatz- und Gewinnrealisierung
Unter Erfüllung der Voraussetzung der Trennbarkeit der einzelnen Vertragskomponen-
ten kommt es zu einer getrennten Erlösrealisierung des vom Kunden bei der Erbringung
18
Vgl. Pilhofer (2002), S. 364.
19
Vgl. Küting et al. (2001), S. 306.
20
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 153 und Coenenberg (2005), S. 498.
21
Vgl. Pilhofer (2002), S. 366.
22
Zu Ansatzkriterien siehe ausführlicher ab Kapitel Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen.

6
der Hauptleistung bezahlten gesamten Entgelts. Dabei wird (nach internationalen
Vorschriften) der Kaufpreis im Verhältnis der beizulegenden Zeitwerte auf die ver-
schiedenen Elemente aufgeteilt und zu den verschiedenen Zeitpunkten der Leistungs-
erbringung vereinnahmt. Ist eine Separierung oder die verlässliche Einzelbewertung der
Teilleistungen nicht möglich oder wäre sie mit einem unverhältnismäßig hohen Auf-
wand verbunden,
ist der gesamte Erlös zum Zeitpunkt der Erbringung der letzten
Einzelleistung zu verbuchen.
23
Andererseits besteht auch die Möglichkeit einer sofortigen Umsatzrealisierung bzw.
einer Realisierung aller Erlöse, wenn mit Erbringung der Hauptleistung sämtliche neben
der Hauptleistung noch anfallenden Nebenleistungen unwesentlicher Natur sind. In
diesem Fall steht einer Erlösrealisierung in Höhe der gesamten Vertragssumme grund-
sätzlich nichts entgegen. Jedoch sind zukünftig anfallende Aufwendungen aufwands-
wirksam passivisch abzugrenzen.
Handelt es sich also um eine unwesentliche Nebenleistung so erfolgt die bilanzielle und
buchhalterische Abbildung der Umsätze ohne gesonderte Fragestellungen aufzuwerfen,
gleichwohl ergeben sich bei der Bestimmung von wesentlichen und unwesentlichen
Nebenleistungen große Unterschiede bei den verschiedenen Rechnungslegungsstan-
dards.
24
1.4.4.
Definition wesentlicher Begriffe
In dieser Arbeit wird oft abwechselnd von Umsatz- Erlös- Ertrags- oder Gewinnrealisie-
rung gesprochen. Die unterschiedliche Verwendung dieser Begriffe ist in Zusammen-
hang mit der Themenstellung dieser Arbeit unwesentlich.
Umsatz ist ein Erlös aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit. Erträge umfassen auch Erlöse
aus anderen Tätigkeitsbereichen. Der buchhalterische Ausweis des Umsatzes und des
Gewinnes wird von der Literatur nach überwiegender Meinung als ident betrachtet.
Eine terminologische Differenzierung zwischen Umsatzrealisation und Gewinnrealisati-
on wird mehrheitlich abgelehnt, da nach österreichischem und deutschem Bilanzrecht
der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung dem der Gewinnrealisierung gleicht. Ablehnend
dazu Gelhausen.
25
Somit meint man mit Gewinnrealisierung gleichzeitig auch Umsatz-
realisierung et vice versa. Umsatz- und Gewinnrealisationszeitpunkt unterscheiden sich
23
Vgl. Coenenberg (2005), S. 498 und Kapitel Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen.
24
Vgl. Pilhofer (2002), S. 364.
25
Vgl. Küting et al (2002), S.311.

7
nur in Ausnahmefällen, wie z.B. im Falle langfristiger Auftragsfertigung oder bei
Annahmeverzug des Käufers.
26
Realisiert wird ein Gewinn dann, wenn die vereinnahmten Erträge (Forderung) die
eingesetzten Aufwendungen (Herstellungs- oder Anschaffungskosten) übersteigen.
27
2.
Die Gestaltung von Mehrkomponentenverträgen
Die Gestaltung von Mehrkomponentenverträgen erstreckt sich in der Praxis über zahl-
reiche unterschiedliche Ausprägungsformen. Da derartige Verträge oft auch sehr indivi-
duell gestaltet werden, kann man sie nicht immer in eine der folgenden Kategorien
einfügen. Folgende Aufzählung bietet aber einen Überblick über die bekannten Darstel-
lungen in Form von Mehrkomponentenverträgen:
28
1.
Kombination von Verkauf und Dauerleistung
a.
Verkauf mit Finanzierung
b.
Verkauf mit erweiterten Garantien
c.
Verkauf von Geräten mit komplementären Nutzungsverträgen
d.
Verkauf von Gütern mit Nachbetreuungsleistungen
e.
Verkauf im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen
2.
Kombination mehrer Verkäufe
3.
Nicht erstattungsfähige Beitrittsgelder (nonrefundable up-front-fees)
4.
Verwahrung nach Fakturierung (bill and hold arrangements)
5.
Kombination von Fertigungsaufträgen mit anderen Leistungen
6.
Unternehmenskaufverträge als Mehrkomponentengeschäfte
7.
Verdeckte Leasingverhältnisse
2.1.1.
Grundsätzliches und Gemeinsamkeiten
Die Literatur und Rechnungslegungsvorschriften behandeln die Thematik der Mehr-
komponentenverträge fast ausschließlich aus Sicht des veräußernden Unternehmens.
Dies entspricht wohl auch den Anforderungen der Praxis. Aussagen, ob und wie ein
Mehrkomponentengeschäft beim Erwerber zu bilanzieren ist, sind äußerst rar. Beispiele
für Mehrkomponentengeschäfte beim Erwerber sind bei Unternehmenskaufverträgen
26
Vgl. Wiechers (2008), S. 220.
27
Vgl. Küting et al (2002), S.311.
28
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90ff., Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 156f., Lüdenbach/Völkner S.
1435ff.

8
und Leasinggeschäften zu finden. In den wenigen Fällen wird die analoge Anwendung
der Vorschriften wie beim Veräußerer empfohlen.
29
Ein Mehrkomponentenvertrag kann in der Praxis aus einem oder mehreren Verträgen
bestehen. So kann ein Vertrag in mehrere Komponenten aufzuteilen sein oder mehrere
Verträge können verschiedene zusammenhängende Leistungen betreffen,
30
d.h. mehrere
Verträge können zu einem Kontrakt mit mehreren Komponenten zusammengefasst
werden.
31
Bei mehreren Verträgen muss das Geschäft mit dem gleichen Vertragspartner
abgeschlossen werden, die Verträge zeitnah unterzeichnet werden und die Leistungsin-
halte müssen in technischer oder funktionaler Hinsicht komplementär sein, um als
Mehrkomponentenvertrag zu gelten.
32
Was im wirtschaftlichen Sinne und bilanziell als Mehrkomponentengeschäft zu würdi-
gen ist, kennt der Kunde oft als ,Komplettlösung'. Dabei handelt es sich überwiegend
um eine Kombination aus Güterlieferungen und zeitversetzter Erbringung von Dienst-
leistungen.
33
Manchmal erfolgt diese auch zeitgleich.
34
Neben dieser ­ wohl bekanntes-
ten ­ Form von Mehrkomponentenverträgen existieren noch unzählige andere Erschei-
nungsformen. Grundsätzlich ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise jeder Vertrag,
in dem mehrere Einzelleistungen geregelt sind und deren Vergütung in einem wirt-
schaftlichen Zusammenhang stehen, als Mehrkomponentengeschäft zu sehen.
35
Multikomponenten-Geschäfte können sowohl periodenbezogen als auch periodenüber-
greifend gestaltet werden. Nur der Fall des periodenübergreifenden Geschäfts führt zum
Bilanzierungsproblem. Hier stellt sich das Problem der Trennung der Teilleistungen und
der Aufteilung des Gesamtumsatzes auf diese Leistungen unter dem Gesichtspunkt der
wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Teilleistungen müssen dabei mindestens aus einer
Haupt- und einer Nebenleistung bestehen. Die Aufteilung erfolgt unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten unabhängig von der Aufteilung des Umsatzes im zivilrechtlichen
Vertrag (substance over form).
36
29
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 157.
30
Vgl. Lüdenbach Hoffmann (2006), S. 153f.
31
Vgl. E-DRS 17 Tz. 7.
32
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90.
33
Vgl. KPMG, US-GAAP-News, S.6, abrufbar unter: www.audit-committee-
institute.com/pdf/USGAAP_news_03-04.pdf.
34
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S.89f.
35
Vgl. E-DRS 17 Tz 7 und Erchinger/Melcher (2009), S. 89.
36
Vgl. Zur Umsatzaufteilung und Bilanzierung siehe detaillierter Kapitel Bilanzierung von Mehrkompo-
nentenverträgen.

9
2.1.2.
Die verschiedenen Ausprägungsformen
Die folgenden Ausprägungsformen sind allgemein zur Erläuterung, was Mehrkompo-
nentengeschäfte eigentlich ausmacht. Kurze bilanzielle Verweise beziehen sich auf
internationale Vorschriften und nicht auf österreichisches oder deutsches Bilanzrecht, da
man dort den Begriff nicht kennt und somit keine spezifischen Bilanzierungsvorschrif-
ten bestehen.
Kombination von Verkauf und Dauerleistung
Verkauf mit Finanzierung
Ein explizit oder implizit vereinbarter Finanzierungsvorgang, der in Zusammenhang mit
dem Verkauf eines Vermögensgegenstandes oder einer Dienstleistung steht, stellt ein
Mehrkomponentengeschäft dar. So zum Beispiel, wenn ein Unternehmen einen Kredit
für den Verkauf seiner Anlage an den Käufer gewährt.
37
Ein Mehrkomponentengeschäft besteht auch, wenn Ratenzahlungen oder unüblich lange
Zahlungsziele gewährt werden. In diesem Fall ist die Zahlung abzuzinsen und im
Zeitpunkt der Ertragsrealisierung wird der Barwert vereinnahmt. Der Unterschiedsbe-
trag aus Zahlung und Barwert wird über die Laufzeit aufgelöst und führt zu Zinsertrag
nach IAS 18.11.
38
Verkauf mit erweiterten Garantien
Gehen die Garantieleistungen über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus, kommt es
nicht mehr zur Bildung einer Rückstellung, sondern zur Abgrenzung des Umsatzes. Die
Höhe der Umsatzabgrenzung bestimmt sich durch den Betrag, der über die gesetzlichen
Garantieleistungen hinausgeht, d.h. es erfolgt ein Preisvergleich zwischen dem Gut mit
erweiterter Garantie und dem Gut bei gesetzlicher Garantie.
39
Ist dieser Differenzbetrag
objektiv bestimmbar, handelt es sich um eine separierbare Komponente und um ein
Mehrkomponentengeschäft. Erweiterte Garantien findet man vor allem in Branchen, in
denen der Kunde ein besonderes Interesse an der Garantieleistung hat. Z.B.: Compu-
ter.
40
37
Vgl. E-DRS 17 , Tz 7.
38
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 156.
39
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90.
40
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S.156.

10
Verkauf von Geräten mit komplementären Nutzungsverträgen
Dazu zählt das klassische Beispiel des Verkaufs eines Mobilfunkgerätes mit gleichzeiti-
gem Abschluss eines Mobilfunkvertrages oder der Verkauf eines IT-Systems und der
Auslagerung der Kundenbetreuung an den Lieferanten im Rahmen einer Outsourcing-
Vereinbarung.
41
Verkauf von Gütern mit Nachbetreuungsleistungen
Betreuungsleistungen nach dem Verkauf stellen gemeinsam mit dem Verkaufsgeschäft
an sich ein Mehrkomponentengeschäft dar. Die bilanzielle Abbildung erfolgt gleich wie
bei erweiterten Garantieleistungen.
42
Diese Art von Mehrkomponentenverträgen findet
man in der Praxis besonders oft, speziell in der IT Branche (post-contract customer
support),
43
wie z.B.:
-
hot-line oder update services für Software,
-
Einschulung des Personals
aber auch in anderen Branchen:
-
Wartungsleistungen für Maschinen,
44
-
Kostenloses Service beim Verkauf von Neuwagen.
45
Kundenbindungsprogramme
Bei nach IFRIC 13 geregelten Kundenbindungsprogrammen erhält der Kunde beim
Kauf von Gütern oder bei Beziehung von Dienstleistungen Prämien, die später zum
reduzierten oder kostenlosen Bezug von Waren oder Dienstleitungen berechtigen.
Unternehmen, die Kundenbonusprogramme betreuen, haben Kauf oder Dienstleistung
als Hauptleistung und die gewährte Prämie als Nebenleistung getrennt zu erfassen.
46
Kombination mehrerer Verkäufe
Werden mehrere Verkäufe kombiniert und trägt der Verkäufer dabei ein Gesamtfunkti-
onsrisiko, ist von einem Mehrkomponentenvertrag auszugehen.
47
Erchinger/Melcher sehen das Gesamtfunktionsrisiko nicht als Bedingung für das Vor-
liegen eines Mehrkomponentenvertrages im Falle mehrerer Verkäufe. Sie unterscheiden
41
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90.
42
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 156.
43
Vgl. Morris (2001), S. 17 und Regan/Regan (2007), S. 52f.
44
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90.
45
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 156.
46
Vgl. dazu Kapitel CustomerLoyaltyProgrammes nach IFRIC 13.
47
Vgl. Weißenberger (2007), S. 124.

11
zwischen komplementär und individuell nutzbaren Einzelgütern und sehen das Gesamt-
funktionsrisiko als relevantes Kriterium bei der Bilanzierung komplementärer Kompo-
nenten in einem Mehrkomponentenvertrag. Solange ein solches Risiko besteht, bei dem
die Nichterfüllung einer Leistungskomponente durch den Auftragnehmer dem Kunden
z.B. eine Rücktrittsmöglichkeit vom gesamten Auftrag gewährt, ist demnach eine
separate Umsatzrealisierung im Normalfall auszuschließen.
48
Nonrefundable
up-front-fees
Bei nonrefundable up-front-fees handelt es sich um sogenannte nicht erstattungsfähige
Beitrittsgelder (Anzahlungen). Transaktionen in Verbindung mit derartigen Beitrittsgel-
dern können mehrere Komponenten umfassen und somit als Mehrkomponentengeschäf-
te zu würdigen sein.
49
SAB 104
50
unterscheidet dabei ausdrücklich up-front-fee-
arrangements mit einer und mehreren Komponenten und gibt konkrete Beispiele.
51
Bei
Multikomponenten-Geschäfte kann es sich dabei um folgende Konstellationen han-
deln:
52
-
Verkauf einer lebenslangen Mitgliedschaft in einem Fitnessclub. Nach Bezah-
lung einer nicht erstattungsfähigen Einmalzahlung zu Beginn (Aktivierungsge-
bühr) kann der Kunde das Angebot nützen, solange er monatlich eine zusätzliche
Gebühr entrichtet.
-
Dem Kunden einer Biotechnologie Firma wird Zugriff auf technisches Know-
how und Unterstützung für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gewährt.
Hierfür ist für das Zugriffsrecht auf firmeninternes Know-how eine up-front-fee
zu entrichten. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten unter Verwendung des
Know-hows kann der Kunde solange durchführen, als er dafür zusätzlich regel-
mäßig bezahlt.
-
Einem Kunden wird gegen Bezahlung das Recht gewährt, auf einer Homepage
des Unternehmens zu werben. Der Erwerb des Rechts an sich stellt die up-front-
fee dar. Für die Beibehaltung der Werbung auf der Website ist über die Laufzeit
zusätzlich ein geringer Betrag zu zahlen.
48
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 90.
49
Vgl. KPMG, S. 9. abrufbar unter: http://www.audit-committee-institute.de/knowledge/13920.htm
50
Zu SAB 104 siehe ausführlich Kapitel 5.2.1.
51
Auch der Anhang von IAS 18 (Erträge) greift das Thema der nonrefundable up-front fees auf. Vgl.
dazu IAS 18 Appendix und Lüdenbach/Hoffmann (2006), S. 157.
52
Vgl. SAB 104 Unterpunkt f.

12
Bill and Hold Arrangements
Bill and hold arrangements liegen vor, wenn ein Geschäft bereits abrechnungsfähig ist,
aber dem Kunden noch nicht geliefert wird, d.h. es bleibt im Verfügungsbereich des
erzeugenden Unternehmens.
53
Derartige Geschäfte können insofern aus einer Verkaufs-
komponente (Verkauf des Produkts) und einer Leistungskomponente bestehen, wie z.B.
der Lagerhaltung des Produkts. Damit würde ein Mehrkomponentengeschäft bestehen.
54
Kombination von Fertigungsaufträgen mit anderen Leistungen
Mehrkomponentengeschäfte bestehen auch bei einem langfristigen Fertigungsauftrag
und damit verbundenen Nebenleistungen. So sind zum Beispiel eine eigens für den
Kunden gefertigte Maschine (Dauer über 12 Monate) und darauf folgend verpflichtende
Ersatzteillieferungen oder eine technische Einschulung für das Personal als Mehrkom-
ponentenverträge zu beurteilen. Bei Abgrenzbarkeit von Fertigungsauftrag und Neben-
leistung kommt es zu einem getrennten Ausweis in der Bilanz. Der dem Fertigungsauf-
trag anteilige Umsatz ist gemäß IAS 11 zur vereinnahmen, der den restlichen Kompo-
nenten anteilige Betrag nach IAS 18.
55
Unternehmenskaufverträge als Mehrkomponentengeschäfte
Bei Unternehmenskaufverträgen können neben dem Erwerb, d.h. dem Zugang einzelner
Vermögensgegenstände und Schulden (Einzelerwerbsfiktion)
56
im Kaufvertrag oder
einem separaten Vertrag zusätzliche Leistungskomponenten aufgenommen werden.
Eine ausdrückliche vertragliche Aufteilung auf die Komponenten muss dabei nicht
bestehen. Dabei unterscheidet man zwischen:
57
-
Beziehungen zum erworbenen Unternehmen, die bereits vor der Übernahme be-
stehen (preexisting relationships).
z.B.: Im Zeitpunkt der Übernahme kommt es zur Wertberichti-
gung einer Forderung, die gegenüber dem übernommenen Unter-
nehmen besteht. Der für die Berichtigung notwendige Betrag
wird dabei vom Kaufpreis abgezogen und als Beitrag zur Wert-
steigerung separiert.
58
53
Vgl. Herold (2005), S. 112.
54
Vgl. Reinstein (2004), RMA Journal, abrufbar unter: http://findarticles.com.
55
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 91.
56
Vgl. Hoffmann/Lüdenbach (2005b), S. 651.
57
Vgl. Fink (2008), S. 114.
58
Vgl. Hoffmann/Lüdenbach (2005b), S.652ff.

13
-
Leistungsverpflichtungen des Erwerbers oder Veräußerers nach der Transakti-
on.
z.B.: der Erwerber verpflichtet den Geschäftsführer des über-
nommenen Unternehmens weiterhin, weil er sich dessen Know-
how sichern will. Die Vergütung ist oftmals nicht eindeutig gere-
gelt. Es bestehen erfolgsabhängige Zahlungen (earn-out-
Klauseln), die unter Umständen als Geschäftsführer-Vergütung
zu qualifizieren sind. In diesem Fall ist die Vergütung vom Kauf-
preis zu separieren.
59
Ob beim Unternehmenskauf eine Trennung von Erwerb (Hauptleistung) und zusätzli-
chen Leistungsverpflichtungen (Nebenleistungen) zu erfolgen hat und somit ein Mehr-
komponentengeschäft besteht, ist im Einzelfall zu prüfen und sorgt beim Management
für Entscheidungsspielraum.
60
Im Falle oben genannter Beispiele sind die Bestandteile
zwingend bilanziell zu separieren.
61
Verdeckte Leasingverhältnisse
Ein verdecktes Leasingverhältnis bezeichnet eine ,,Vereinbarung
,
bei der der Leasing-
geber dem Leasingnehmer gegen eine Zahlung oder eine Reihe von Zahlungen das
Recht auf Nutzung eines Vermögenswertes für einen vereinbarten Zeitraum über-
trägt"
62
, die jedoch in vertraglich-rechtlicher Form nicht als ein Leasinggeschäft be-
zeichnet wird.
63
Solche verdeckten Leasingverhältnisse existieren häufig im Rahmen von Mehrkompo-
nentenverträgen
64
. So beinhaltet ein Mehrkomponentengeschäft neben der Leasingkom-
ponente zum Beispiel ,,ein Werkvertragselement zur Herstellung das dem Nutzungs-
recht zugrunde liegenden Vermögenswert."
65
Sowohl Erwerber als Veräußerer haben
bei einem Mehrkomponentengeschäft die Leasingkomponente von anderen Komponen-
ten zu trennen. Das Leasinggeschäft ist dabei nach IAS 17 zu bilanzieren, die restlichen
Komponenten nach den jeweiligen Bestimmungen. Die Aufteilung der Zahlung auf
59
Vgl. Lüdenbach/Völkner (2006), S. 1436ff.
60
Vgl. Lüdenbach/Völkner (2006), S. 1439.
61
Vgl. Fink (2008), S. 114. und insbesondere IFRS 3.52.
62
IAS 17.3 (Definition von Leasing).
63
Vgl. Erchinger/Melcher (2009), S. 91.
64
Vgl. Küting et al. (2006), S. 657.
65
Küting et al. (2006), S. 652.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836643146
DOI
10.3239/9783836643146
Dateigröße
757 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2010 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
gesamtvertrag umsatzrealisierung bilanzierung rechnungslegung
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Titel: Mehrkomponentenverträge - Gestaltung und Bilanzierung
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