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Welche Rolle spielt die EU-Nahostpolitik im Rahmen des Nahostquartetts (2002-2008)?

Die Europäische Union als kohärenter aussenpolitischer Akteur

©2009 Masterarbeit 73 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘Die Bedeutung der Europäischen Union (EU) als internationaler Akteur im Nahen Osten ist seit den neunziger Jahren kontinuierlich gewachsen. Diese Entwicklung ist zum einen auf die stetige Ausweitung der außenpolitischen Kompetenzen der EU zurückzuführen, zum anderen auf temporäre Rückzüge der USA aus den Vermittlungsbemühungen im Nahostkonflikt. Zu Beginn des Nahost-Friedensprozesses in Madrid 1991 war die EU nur in geringem Maße im Rahmen der ‚Multilateral Tracks’ beteiligt. Gut zehn Jahre später steht die EU im 2002 gegründeten ‚Nahostquartett’ als ein gleichwertiger diplomatischer Akteur neben den USA, Russland und der UNO’.
Ohne die Aussage ganz umfänglich unterschreiben zu wollen, lassen sich dennoch einige Elemente hervorheben, die durchaus als Ausgangslage einer genaueren Analyse dienen können. Die Europäische Union hat in den letzten beiden Jahrzehnten an außenpolitischem Gewicht hinzugewonnen. Ihre Rolle im Nahostkonflikt besitzt aufgrund aktueller Diskussionen über ihre Handlungsfähigkeit auf internationaler Bühne einen fortwährenden Aktualitätsbezug. Der Dauerkonflikt mit seinen weitreichenden Auswirkungen auf andere Konflikte in der Region hat seit der Staatsgründung Israels eine globale Dimension eingenommen, in der auch die EU agiert. Viele Autoren sehen den Nahen Osten als eine Art außenpolitischer Sonderfall für die EU, da letztere insbesondere die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts seit der Schaffung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in den 1970er Jahren bis heute als außenpolitische Priorität angesehen hat. Das 2002 ins Leben gerufene Nahostquartett (NOQ) versteht sich als Fortsetzung der in den neunziger Jahren verstärkten Bemühungen um eine dauerhafte Lösung in der Region herbeizuführen. Es ist besonders geeignet als zeitlich begrenzter Handlungs- und Analyserahmen, in dem die EU als ‘Akteur’ neben den USA, Russland und den Vereinten Nationen agiert.
Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Relevanz des Themas:
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll analysiert werden inwiefern die Europäische Union als kohärent agierender außenpolitischer Akteur im Rahmen des sogenannten Nahostquartetts (2002-2008) agiert hat. Dabei soll die folgende These belegt bzw. widerlegt werden: Die EU ist ein kohärenter Akteur im Rahmen der Nahostpolitik. Ausgangspunkt dieser These ist die Erkenntnis, dass die Frage nach der Akteursqualität der EU an Aktualität und Relevanz hinzugewonnen hat. Der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ralph Kass
Welche Rolle spielt die EU-Nahostpolitik im Rahmen des Nahostquartetts (2002-
2008)?
Die Europäische Union als kohärenter aussenpolitischer Akteur
ISBN: 978-3-8366-4310-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Berlin, Deutschland, MA-Thesis /
Master, 2009
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http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

2
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ... 5
1.1
Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Relevanz des Themas ... 5
1.2
Theoretischer Rahmen und Methode ... 6
1.3
Aufbau der Arbeit ... 9
2
Actorness ... 10
2.1
Actorness in der politikwissenschaftlichen Debatte ... 10
2.2
Konzeptualisierung von actorness ... 12
2.2.1
Traditionnelle Sichtweisen von actorness ... 13
2.2.2
Konstruktivismus als Grundlage von actorness ... 13
2.2.3
Kriterien von actorness ... 14
2.2.3.1
Opportunity ... 14
2.2.3.2
Presence ... 15
2.2.3.3
Capability ... 16
3
Grundlagen der EU-Nahostpolitik ... 18
3.1
Gemeinsame Auen- und Sicherheitspolitik (GASP) ... 18
3.1.1
Institutionneller Rahmen der GASP ... 19
3.1.2
Instrumente und Entscheidungsverfahren der GASP ... 21
3.2
Komponenten der EU-Nahostpolitik ... 23
3.2.1
EU-Nahostpolitik in den Jahren 1969 bis 2002 ... 24
3.2.2
Ebenen der EU­Nahostpolitik ... 25
3.2.3
Nahostquartett und Roadmap ... 29
4
Analyse der EU-Nahostpolitik im Rahmen des Nahostquartetts ... 33
4.1
Nahostpolitik Frankreichs, Deutschlands und Grobritanniens ... 33
4.2
Analyse der EU-Nahostpolitik anhand der actorness-Kriterien ... 38
4.2.1
Opportunity ... 38
4.2.1.1
EU-Erweiterung ... 39
4.2.1.2
Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ... 40
4.2.1.3
Regionalkonflikte ... 41
4.2.2
Presence ... 43
4.2.2.1
Charakter ... 44
4.2.2.2
Identität ... 45

3
4.2.3
Capability ... 48
4.2.3.1
Werte ... 49
4.2.3.2
Demokratische Legitimation ... 50
4.2.3.3
Konsistenz ... 52
4.2.3.4
Kohärenz ... 54
4.2.3.5
Politikinstrumente ... 56
5
Fazit ... 60
6
Bibliographie ... 63

4
Abkürzungsverzeichnis
EEA
Einheitliche Europäische Akte
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EMP
Euro-Mediterrane Partnerschaft
ENP
Europäische Nachbarschaftspolitik
EPZ
Europäische Politische Zusammenarbeit
EU
Europäische Union
EUV
Vertrag über die Europäische Union
GASP
Gemeinsame Auen-und Sicherheitspolitik
NGO
Non-governmental organization
NOQ
Nahostquartett
UN
United Nations
UNO
United Nations Organisation

5
1
Einleitung
,,Die Bedeutung der Europäischen Union (EU) als internationaler Akteur im Nahen Osten ist seit den
neunziger Jahren kontinuierlich gewachsen. Diese Entwicklung ist zum einen auf die stetige
Ausweitung der auenpolitischen Kompetenzen der EU zurückzuführen, zum anderen auf temporäre
Rückzüge der USA aus den Vermittlungsbemühungen im Nahostkonflikt. Zu Beginn des Nahost-
Friedensprozesses in Madrid 1991 war die EU nur in geringem Mae im Rahmen der ,Multilateral
Tracks' beteiligt. Gut zehn Jahre später steht die EU im 2002 gegründeten ,Nahostquartett' als ein
gleichwertiger diplomatischer Akteur neben den USA, Russland und der UNO."
1
Ohne die Aussage ganzumfänglich unterschreiben zu wollen, lassen sich dennoch einige
Elemente hervorheben, die durchaus als Ausgangslage einer genaueren Analyse dienen können.
Die Europäische Union hat in den letzten beiden Jahrzehnten an auenpolitischem Gewicht
hinzugewonnen.
2
Ihre Rolle im Nahostkonflikt besitzt aufgrund aktueller Diskussionen über ihre
Handlungsfähigkeit auf internationaler Bühne einen fortwährenden Aktualitätsbezug. Der
Dauerkonflikt mit seinen weitreichenden Auswirkungen auf andere Konflikte in der Region hat
seit der Staatsgründung Israels eine globale Dimension eingenommen, in der auch die EU agiert.
Viele Autoren sehen den Nahen Osten als eine Art auenpolitischer Sonderfall für die EU, da
letztere insbesondere die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts seit der Schaffung der
Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in den 1970er Jahren bis heute als
auenpolitische Priorität angesehen hat.
3
Das 2002 ins Leben gerufene Nahostquartett (NOQ)
versteht sich als Fortsetzung der in den neunziger Jahren verstärkten Bemühungen um eine
dauerhafte Lösung in der Region herbeizuführen. Es ist besonders geeignet als zeitlich begrenzter
Handlungs- und Analyserahmen, in dem die EU als ,,Akteur" neben den USA, Russland und den
Vereinten Nationen agiert.
1.1
Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Relevanz des Themas
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll analysiert werden inwiefern die Europäische Union als
kohärent agierender auenpolitischer Akteur im Rahmen des sogenannten Nahostquartetts (2002-
1
Vgl. Schäfer (2004), S.46
2
Vgl. Petiteville (2002), S. 150ff; Peters/Wagner (2005), S.244ff; Bretherton/Vogler (2006), S.3ff
3
Vgl. Hill (1993), S.313; Bretherton/Vogler (2006), S.162ff

6
2008) agiert hat. Dabei soll die folgende These belegt bzw. widerlegt werden: Die EU ist ein
kohärenter Akteur im Rahmen der Nahostpolitik. Ausgangspunkt dieser These ist die Erkenntnis,
dass die Frage nach der Akteursqualität der EU an Aktualität und Relevanz hinzugewonnen hat.
Der vertragliche und institutionelle Handlungsspielraum in der Auenpolitik wurde in den letzten
Jahrzehnten ausgebaut, so dass heute der Ruf nach einer verstärkten Übernahme von
auenpolitischer Verantwortung auf internationaler Ebene lauter geworden ist. Die EU wird mit
zunehmenden Mae Subjekt und nicht nur Objekt in den internationalen Beziehungen, wie das
Zitat von Isabelle Schäfer über die EU-Nahostpolitik nahelegt.
Die Frage der Akteursqualität hat aber auch in der Forschungsarbeit an Interesse hinzugewonnen.
Sie stellt sich vor allem aufgrund des amorphen Charakters der EU, da sie weder als Staatenbund,
noch als Bundesstaat bezeichnet werden kann, sondern eher als ein Gebilde ,,sui generis".
4
Betrachtet man den Forschungsstand in Bezug auf die EU als auenpolitischer Akteur etwas
genauer, so sticht ein Dilemma hinsichtlich ihrer systematischen, politikwissenschaftlichen
Erfassung hervor. Einerseits gehen zahlreiche Autoren von einer rechtlichen Staatskonzeption
aus, d.h. sie vergleichen die EU mit einem Staat. Andererseits bestehen Zweifel an dieser
Grundannahme, da die EU zwischen Supranationalität und Intergouvernementalität schwankt und
ein Objekt für Etikettierungen und Rollenzuschreibungen darstellt. Einer systematischen
Zuordnung ist diese Doppeldeutigkeit wenig dienlich. Vielmehr ist die Debatte von
,,Theorielosigkeit, Deskription und reine empirische Orientierung geprägt, sowie einer
gelegentlichen Vernebelung".
5
1.2
Theoretischer Rahmen und Methode
Diese Erkenntnisse sollen jedoch nicht davon abhalten einen ausgewählten Theorieansatz als
Analyseraster im Rahmen einer Fallstudie zur europäischen Auenpolitik aufzubauen. Charlotte
Bretherton und Jonathan Vogler begründen in ihrer 1999 vorgelegten Monographie ,,The
European Union as a Global Actor" ihr actorness-Konzept auf einem konstruktivistischen
Ansatz, in dem sie als Ausgangspunkt die Frage aufwerfen, wie Akteure im internationalen
System anhand von Kriterien und Variablen bestimmt werden können.
6
4
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.10
5
Vgl. Schumacher (2005), S.24ff
6
Bretherton, C., Vogler, J. (2006): The European Union as a Global Actor. Routledge, London

7
Daher bedarf es zunächst einer Klärung des Begriffs ,,Akteur". Bezogen auf die Auenpolitik,
können kollektive Akteure verschiedene Formen annehmen. Diese können von einem losen Club
oder ad hoc-Koalitionen in Form einer internationalen Kontaktgruppe bis hin zu einem Verband
,,der kollektive Ziele unter Einsatz gemeinsamer Ressourcen verfolgt und Entscheidungen im
Abstimmungsverfahren trifft"
7
reichen. Als Beispiel eines solchen Verbandes kann die EU mit
ihren vertraglichen und institutionnellen Grundlagen zur Formulierung und Umsetzung einer
europäischen Auenpolitik genannt werden. Das Nahostquartett hingegen ist eine ad hoc-
Koalition, wo sich vier Akteure zusammengefunden haben um den Dauerkonflikt im Nahen
Osten zu lösen.
Die Arbeit beschränkt sich auf auenpolitische Aktionen, d.h die ,,Institutionen, Vorgänge und
Inhalte des politischen Willenbildungs- und Entscheidungsprozesses, die darauf gerichtet sind,
die auswärtigen Beziehungen eines Staates (hier die Europäische Union) zu anderen Staaten,
Staatenverbindungen und inter- oder supranationalen Organisationen zu beeinflussen oder
verbindlich zu regeln."
8
Diese Definition legt nahe, dass Auenpolitik sich nicht mehr auf
zwischenstaatliche Interaktionen beschränkt, sondern davon ausgeht dass internationale
Beziehungen von einer Vielzahl an internationalen Organisationen, Staatenverbünden und nicht-
staatlichen Akteuren mitgestaltet wird.
9
Ausgehend von dieser Definition beleuchtet die
vorliegende Analyse überwiegend die diplomatischen und politischen Handlungen, und weniger
die auenwirtschaftliche Beziehungen, auch wenn es gelegentlich schwerfällt klare Trennlinien
zwischen Wirtschaft und Politik zu ziehen.
Die Untersuchung umfasst sowohl die Auenpolitik der EU, vermittelt durch die Institutionen
(Kommission, die Ratspräsidentschaft, Hoher Vertreter der GASP), als auch einzelner
Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Rats, beziehungsweise im Rahmen
nationalstaatlicher Prioritätssetzungen in der Auenpolitik. Dabei sollen die Auenpolitiken
einzelner Mitgliedstaaten mit der europäischen Nahostpolitik verglichen werden. Es wird nämlich
im Rahmen dieser Arbeit davon ausgegangen, dass trotz des europäischen Integrationsprozesses,
7
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.12
8
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.10
9
Vgl. Harnisch/Stahl (2009), S.23

8
die Nationalstaaten weiterhin einen groen Einfluss bei der Politikformulierung haben. Josef
Janning geht auf diesen Sachverhalt ein :
"Despite Europe's elaborate supranational framework of policies and institutions, states continue to
matter greatly in the European Union of today. This may come as a surprise to those who focus
primarily on the well-known institutions of European integration (...). Any close look at the daily
workings of these institutions, however, reveals the influence of member states (...). Member states are
inseparable from EU policy-making, and will by no means `wither away' (...). The European
integration `revolution' that started over 50 years ago was built on the premise that states and societies
would voluntarily deepen their relationships beyond the original trade agreements in order to establish
common political and social objectives. In hindsight, this integration has actually turned out to be an
effective recipe for the survival of that peculiar patchwork of larger and smaller nations on the
European continent, rather than their replacement by a fully integrated federal superstate."
10
Die Wahl der zu analysierenden Mitgliedstaaten fällt einerseits aufgrund ihres Gewichts
innerhalb der EU
11
und andererseits aufgrund historischer Verbindungen in der Region auf das
Vereinigte Königreich und Frankreich als ehemalige Kolonialmächte
12
, sowie auf Deutschland,
das zu Israel aufgrund des Holokausts besondere auenpolitische Beziehungen pflegt.
13
Dabei
beschränkt sich die Analyse auf die Akteursqualität der EU innerhalb des Nahostquartetts und
untersucht nicht deren konkrete Ergebnisse. Allerdings ist die Akteursqualität schon ein Ergebnis
an sich, da sie eine schon fast konstitutive Vorbedingung darstellt um überhaupt auenpolitisch
handlungsfähig zu sein.
Die
offiziellen
Dokumente
der
EU-Institutionen
(Stellungnahmen,
Positionspapiere,
Gipfelbeschlüsse etc...) und des Nahostquartetts einerseits, sowie Sekundärliteratur bilden die
Quellen der Untersuchung. Die Bestandsaufnahme der Auenpolitik Deutschlands, Frankreichs
und des Vereinigten Königreichs erfolgt auf der Basis einer Auswertung von Sekundärliteratur
sowie Quellen der jeweiligen Auenministerien.
10
Vgl. Janning (2005), S.821
11
Das Vereinigte Königreich, Deutschland und Frankreich haben 29 Stimmen im Rat.
12
Vgl. Krautkrämer (2004), S.3
13
Vgl. Shpiro/Rynhold (2008), S.57ff

9
1.3
Aufbau der Arbeit
Im folgenden Kapitel wird der theoretische Rahmen genauer erklärt, der sich vor allem auf den
actorness-Ansatz von Charlotte Bretherton und Jonathan Vogler konzentriert. Beide Autoren
definieren Kriterien und Variablen, die erfüllt sein müssen, damit actorness gewährleistet ist.
Dieses dient dann als Analyseraster zur Beantwortung der Frage in wieweit die EU einen
kohärent agierenden Akteur im Nahostquartett abgibt. In Kapitel 3 werden zunächst die
institutionellen und vertraglichen Grundlagen der europäischen Nahostpolitik beleuchtet. Danach
folgt ein kurzer historischer Abriss der EU-Nahostpolitik sowie deren Komponenten und
Schwerpunkte, um Kontinuitäten und Brüche in den Positionen herauszuarbeiten, die bis heute
einen Einfluss auf die Ausformulierung und Umsetzung europäischer Nahostpolitik ausüben.
Abschliessend werden Zielsetzungen, Zusammensetzung und Organisation des Nahostquartetts
erläutert. Kapitel 4 beinhaltet mit der empirischen Analyse der EU innerhalb des Nahostquartetts
den Kern der Arbeit. Die Ergebnisse in Bezug auf die actorness-Kriterien und ein Fazit über die
Akteursqualität der EU bilden den Abschluss.

10
2
Actorness
Im folgenden Kapitel wird die Analyse theoretisch verortet, wobei unter anderem die
politikwissenschaftliche Debatte zur Akteursqualität der EU in internationalen Beziehungen
betrachtet wird, bevor die actorness-Kriterien als Analyserahmen aufgebaut werden.
2.1
Actorness in der politikwissenschaftlichen Debatte
Mit der Einsetzung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in den 1970er Jahren
gab es erste Versuche die Europäische Gemeinschaft im Rahmen internationaler Beziehungen als
Akteur zu thematisieren. Aber erst mit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte
(EEA) 1987, dem Ende des Kalten Krieges, der Verabschiedung des Maastrichter Vertrags sowie
dem Scheitern der EU bei der Lösung des Konflikts in der Balkanregion Anfang der neunziger
Jahren wurde das Konzept vor allem in der angelsächsischen Politikwissenschaft stärker
thematisiert.
14
Daraus lassen sich verschiedene Strömungen herleiten, die die Akteursdebatte
mageblich genährt und sowohl nützliche Erklärungsmuster als auch unverkennbare
Erklärungsdefizite abgeliefert haben.
15
Den unterschiedlichen Ansätzen gemein sind einige
Grundannahmen gewesen, die sich dabei vor allem auf den institutionnellen Rahmen bezogen
haben und die von Martijn L.P. Groenleer und Louise G. Van Schaik wie folgt zusammengefasst
werden:
,,Scholars generally point out that in some policy fields the international ,actorness' is hardly
developed, whereas it is highly developed in other areas. It is ­ often implicitly ­ assumed that the
degree of the EU's international actorness is related to the institutional set-up of the policy-making
process. [...] The more centralized or `supranational' the EU policy-making process is, the higher the
likelihood of international actorness. Likewise, more intergovernmentalism in foreign policy-making
14
Christopher Hill hat sich in den neunziger Jahren beispielsweise mit den bereits erfüllten auenpolitischen
Missionen der EU befasst. Darüber hinaus hat er sich mit den Erwartungen und Forderungen an eine europäische
Auenpolitik, sowie mit deren Kapazitäten im Kontext einer im Umbruch stehenden Weltordnung
auseinandergesetzt. Dabei bedient er sich der Konzepte actorness und presence. Vgl. Hill (1993), S.306ff. Vgl.auch
Schumacher (2005), S.23; Bretherton/Vogler (2006), S.16.
15
Eine systematische Typologie der unterschiedlichen Strömungen macht Tobias Schumacher in der
Veröffentlichung « Die Europäische Union als internationaler Akteur im südlichen Mittelmeerraum ». Dabei
unterscheidet er zwischen sieben Ansätzen: die EU als Zivilmacht, die EU als Supermacht, die EU als internationaler
Staat, die EU als unvollendeter internationaler Akteur, die EU als Akteur ,,sui generis", die Präsenz der EU, sowie
die EU die über die Qualitäten von actorness verfügt. Vgl. Schumacher (2005), S.25ff

11
would lower the likelihood of EU international actorness, particularly since it allows each of the 27
EU Member States to block decisions using their veto power."
16
Die Frage nach den Bedingungen für actorness stellt sich jedoch nicht nur in Bezug auf die
institutionellen Grundlagen zur Umsetzung von Politiken eines Akteurs. Sie ist schwer zu
beantworten ,,weil es keine autoritative Zuordnung von oben nach unten gibt, sondern die
Mitgliedstaaten nach wie vor eine wesentliche Rolle spielen. Diese sind prinzipiell gleich und
müssen ihre Auenpolitik koordinieren und aushandeln, so dass am Schluss ein Gemeinsames
herauskommt, das Auenpolitik genannt werden kann."
17
Aus diesen Gründen ist es notwendig
sich von traditionellen Konzepten der EU im Bereich internationaler Beziehungen loszulösen, da
solche Modelle vor allem die Staatlichkeit als conditio sine qua non für Akteurssein ansehen und
somit dem besonderen sui generis-Charakter der Union nicht gerecht werden.
18
Daran
anknüpfend stellt sich das Problem nach dem kollektiven Charakter der EU, d.h. die Fähigkeit zu
,,koordiniertem und zielgerichtetem Handeln nach auen". Eine kohärente und einheitliche
europäische Auenpolitik kann ,,durch die Abstimmung zwischen den Politikbereichen und den
jeweiligen Institutionen und Akteuren in Brüssel und (...) die Loyalität gegenüber der Brüsseler
Ebene" gewährleistet werden.
19
Die vorliegende Analyse geht davon aus, dass die EU auch in der
Auenpolitik Akteursqualität beansprucht, und über ein ,,Regierungssystem" verfügt, das eine
gemeinsame Auen- und Sicherheitspolitik ihrer Mitglieder ermöglicht, auch wenn die EU nicht
über eine eigene Staatlichkeit verfügt.
Autoren wie Joseph Jupille und James Caporaso
20
, Fritz W. Scharpf
21
oder Charlotte Bretherton
und Jonathan Vogler
22
haben Kriterien definiert, die erfüllt sein müssen um die EU als
kollektiver Akteur in auswärtigen Beziehungen einzuordnen. Obwohl Nuancen und Unterschiede
zwischen den einzelnen Ansätzen bestehen, stützen sich die Kriterien auf folgende Annahmen:
eine gemeinsam geteilte Orientierung an allgemeinen Werten und Prinzipien; die Fähigkeit
politische Prioritäten setzen zu können und eine konsistente Politik zu formulieren; das effektive
16
Vgl. Groenleer/Van Schaik (2007), S.970
17
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.10
18
Vgl. Lavenex/Merand (2007), S.6
19
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.10ff
20
Vgl Jupille/Caporaso, (1998)
21
Vgl. Scharpf (2000)
22
Vgl. Bretherton/Vogler (1998)

12
und kohärente Handeln mit anderen Akteuren in internationalen Beziehungen; die Verfügbarkeit
politischer Instrumente und die Fähigkeit diese auch zu nutzen; die Legitimation um
auenpolitische Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen zu können; sowie die
Anerkennung des Akteursstatus durch andere Akteure.
23
Die Bestimmung solcher Kriterien ist nicht frei von Kritik. Es überwiegt jedoch die Meinung, sie
böten zumindest eine systematische Auflistung von ,,Idealtypen", denen die EU als Akteur
tendenziell nahekommt.
24
Sebastian Harnisch und Bernhard Stahl ziehen ein ähnliches
zweigeteiltes Fazit indem sie einerseits begrüssen, dass die actorness-Systematik
25
so angelegt
ist, ,,dass sie über rein formalrechtliche Entscheidungsregeln und Kompetenzen hinaus auch die
politische Handlungsfähigkeit erfasst. Auf diesem Weg soll der ,Flickenteppich` der
verschiedenen Rechtsgrundlagen, Entscheidungsregeln, Akteure und Instrumente, der den
Bereich der Auenbeziehungen kennzeichnet (...) abgebildet und die entsprechenden
Akteursqualitäten mit der resultierenden Handlungsfähigkeit verbunden werden." Damit
ermöglicht sie zwar eine differenziertere Erfassung der ,,Akteurschaft/Kollektivität der EU in der
Auenpolitik." Der Ansatz müsse aber erweitert und präzisiert werden, da er die Grundlagen für
Handlungsfähigkeit zwar beschreibt, ohne aber deren Zustandekommen und deren inhaltliche
Ausrichtung zu erklären. Hinzu kommt, dass der Ansatz weder den Ausprägungsgrad, noch das
Zusammenspiel der Kriterien spezifiziert oder analysiert.
26
2.2
Konzeptualisierung von actorness
Auch Tobias Schumacher kritisiert, dass Bretherton/Vogler keine wirklich neuartige
Herangehensweise präsentieren. Insgesamt stelle das augearbeitete Schema jedoch das ,,am
weitesten fortgeschrittene Konzept in der neueren politikwissenschaftlichen Literatur über die EU
als Subjekt der internationalen Beziehungen" dar.
27
In gleicher Tonlage stellt auch Petitville fest,
dass die Darstellung als global actor der Tragweite des internationalen Aktionsradiusses der
Union d.h. auf Ebene der GASP, den Beziehungen zu den Gromächten, den UNO-Institutionen
23
Vgl. Jopp/Schlotter (2008), S.11ff
24
Vgl. Petiteville (2002), S.152
25
Die beiden Autoren beziehen sich im Rahmen ihrer Analyse der Rolle der EU im Kosovokonflikt auf das
Actorness-Konzept von Joseph Jupille und James Caporaso.
26
Vgl. Harnisch/Stahl (2009), S.26ff
27
Vgl. Schumacher (2005), S.39

13
und den Drittweltstaaten, der Humanitären Hilfe, der internationalen Umweltpolitik, der
Menschenrechte und der zivilen Krisenbewältigung am besten Rechnung trägt.
28
2.2.1
Traditionnelle Sichtweisen von actorness
Charlotte Bretherton und Jonathan Vogler lehnen in ihren Überlegungen die Grundannahme des
internationalen Völkerrechts, actorness könne nur durch Staatlichkeit gewährleistet sein, als
unvollständig ab.
29
Erfolgsversprecherende Ansätze bieten der Behavioralismus, der actorness
eher an autonomen Verhaltens- und Handlungsmustern festmacht
30
, sowie der Strukturalismus.
Letzterer begreift die EU als Akteur in einem globalen politischen und ökonomischen System,
wobei ein anarchisches Weltsystem vorausgesetzt wird, wo staatliche Akteure im gegenseitigen
Wettbewerb stehen um zu überleben und um sich weiterzuentwickeln. Dieser Umstand bedingt
ihr jeweiliges Handeln, das durch äuere Faktoren vorgegeben ist: die relative Machtverteilung
im internationalen System. Beide Ansätze werden jedoch nach Charlotte Bretherton und Jonathan
Vogler als nicht ausreichend und eindimensional eingeordnet. Auch (neo)-marxistische Ansätze
über die wirtschaftliche Dominanz greifen zu kurz.
31
2.2.2
Konstruktivismus als Grundlage von actorness
Das actorness-Konzept von Bretherton/Vogler greift deshalb auf eine konstruktivistische
Grundannahme zurück, die besagt dass Strukturen und Akteure in internationalen Beziehungen
sozial konstruiert sind. Die Handlungen eines Akteurs sind immer als Ergebnis einer sozialen
Situation zu sehen beziehungsweise durch vorherrschende soziale Strukturen bedingt. Wichtig in
28
Vgl. Petiteville (2002), S.156
29
Vor allem durch den Vertrag zur Europäischen Union 1993 und der damit verbundenen Säulenstruktur, lässt sich
eine ausschlielich legalistische, staatszentrierte Sichtweise auf die EU schwer aufrechterhalten. Der Vertrag
übertrug beispielsweise der Union, im Gegensatz zur EG, keine Kompetenzen zur Schlieung internationaler
Abkommen, wobei der Verfassungsvertragsentwurf der EU diese Kompetenz überträgt. Hinzu kommt der
Widerspruch zwischen dem Wunsch die EU möge eine aktivere Rolle auf internationaler Ebene spielen einerseits,
und der ablehnenden Haltung einiger Mitgliedstaaten der Union mehr Kompetenzen in sensiblen Politikfeldern zu
übertragen andererseits. Der formale, legale Status der EU ist daher nur eine, aber nicht die einzige conditio die
actorness begründet. Gleiches gilt für die theoretische Forschung von actorness in internationalen Beziehungen, die
sich zu sehr auf Staatlichkeit beschränkt indem sie beispielsweise den wachsenden Einfluss von internationalen
Organisationen verkennt und sie den Staaten unterordnet. Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.13ff
30
,,It implies an entity that exhibits a degree of autonomy from its external environment, and indeed from its internal
constituents, and which is capable of volition or purpose. Hence a minimal behavioural of an actor would be an
entity that is capable of formulating purposes and making decisions, and thus engaging in some form of purposive
action." Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.16ff
31
Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.17ff

14
diesem Konzept ist die gegenseitige Bedingung von Handeln und sozialen Strukturen, vor allem
in bezug auf Identität, Rollen und Actorness der Europäischen Union:
,,Constructivists (...) posit a dialectical relationship between agency and structure, and it is to this
process of construction and reconstruction that we refer in employing the concept of structuration.
Actions, which include discursive practices, have consequences, both intended and unintended, and
structures evolve through the renegotiation and reinterpretation of international rules and practices.
However, constructivists see structure and agency as essentially intertwined, indeed mutually
constitutive, and hence only `theoretically separable'. (...) It's precisely the interconnection between
structure and agency which is of interest in a study of the evolving identity, roles and actorness of the
EU."
32
Bretherton/Vogler definieren die EU als actor under construction, als komplexes Gefüge von drei
verschiedenen, sich gegenseitig bedingenden Kriterien: opportunity, presence und capability.
33
2.2.3
Kriterien von actorness
2.2.3.1
Opportunity
Unter opportunity fällt der von auen vorgegebene, als dynamischer Prozess zu verstehender
Rahmen an Ideen und Ereignissen, in dem die EU agiert und der sich vor allem in den frühen
achtziger Jahren prägend auf die EU ausgewirkt hat. Die Welt wurde verstärkt als globales
System wahrgenommen, wobei das vorherrschende ideologische Klima überwiegend durch
Interdependenz und Globalisierung, aber auch durch einschneidende Ereignisse wie das Ende des
Kalten Krieges oder den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beeinflusst wurde. Waren
die siebziger Jahre noch eine Ära ökonomischer Interdependenz in denen die EU überwiegend als
wirtschaftliche Interessenvertretung seiner Mitglieder fungierte, so kam es im Zuge der
Umbrüche von 1989, des Balkankrieges und der daraus offen zu Tage tretenden Abhängigkeit
gegenüber den Vereinigten Staaten zu einer Infragestellung der Identität und Rolle der EU als
Zivilmacht. Auch 9/11 und der daraus resultierende Krieg gegen den Terror haben die
europäische Vorstellung einer multilateralen, proaktiven Konfliktlösungsstrategie untergraben,
die sich mit den Worten der Kommission folgendermaen umreissen lässt:
32
Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.21ff
33
Wir belassen es bei den englischen Begriffen, da es für Capability keine passgenaue Übersetzung gibt.
Opportunity könnte mit Opportunität, presence liee sich mit Präsenz übersetzen. Capability bedeutet in diesem
Kontext die Fähigkeit um als Akteur zu agieren.

15
,,The EU must be in a position to take more resolute and more effective action in the interests of
sustainable development and to deal with certain new risks, associated (...) with the persistent and
growing economic and social imbalances in the world. It must therefore stick up for a strategy of
sustainable development, based on a multilateral and multipolar organisation of the world economy, to
offset any hegemonic or unilateral approach."
34
In Bezug auf opportunity, verstanden als dynamischer Prozess, müssen also laut Bretherton und
Vogler die prägenden Elemente, Ideen und Ereignisse herausgearbeitet werden. Auch wenn beide
Autoren diese drei Ebenen identifizieren, beschränkt sich die vorliegende Arbeit vor allem auf
die prägenden Ereignisse, die den übergeordneten Rahmen der nahostpolitischen Aktionen der
EU in den Jahren 2002 bis 2008 darstellen. Der Irak-Konflikt, die Konsequenzen aus 9/11, die
EU-Erweiterung sowie die Definierung einer Europäischen Sicherheitsstrategie können als solche
definiert werden.
2.2.3.2
Presence
Presence bedeutet die Fähigkeit bzw. die Möglichkeit der externen Beeinflussung anderer
Akteure. Dies geschieht nicht etwa durch eine erzwungene, absichtliche Aktion, sondern
resultiert aus der Konsequenz des Seins. Dazu gehören einerseits Charakter und Identität,
andererseits die inneren Prioritäten und vorgegebenen EU-Politiken. Charakter ergibt sich aus der
materiellen Existenz der EU, d.h. die Mitgliedstaaten und die Institutionen. Identität beschreibt
die grundsätzliche Natur der EU als Wertegemeinschaft über das was die EU macht, was sie
darstellt und wofür sie steht. Diese Kategorien werden dabei durch die Wahrnehmung der EU als
regionaler Wirtschaftsraum, als Sicherheitsgemeinschaft und als Stabilitätsgarant in einer neuen
Weltordnung bedingt. Die Politiken und Prioritäten der EU (beispielsweise der Gemeinsame
Markt, die Gemeinsame Agrarpolitik oder die Einführung des Euro) generieren Antworten und
Reaktionen anderer Akteure, worauf die Union wiederum reagiert. Die EU ist daran über
Jahrzehnte hinaus gewachsen, womit sich auch eine stärkere Präsenz herausgebildet hat.
35
Das presence-Kriterium - Charakter und Identität - ist bereits zum Teil erfüllt, da die materielle
Existenz der EU in Form seiner Institutionen und als Verbund von Staaten nicht weiter bewiesen
34
Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.24ff; European Commission (2002), S.11
35
Vgl. Bretherton/Vogler (2006), S.27ff

16
werden muss (Charakter). Auch in Bezug auf die inneren Prioritäten und Politikbereiche der EU
kann auf Artikel 2 des EU-Vertrags verwiesen werden, der die übergeordneten Ziele und
relevanten Politikbereiche definiert.
36
Es müssen vor allem die Werte herausgeschält werden, die
im Rahmen der EU-Nahostpolitik besonders zum Tragen kommen und auf denen das
auenpolitische Handeln aufgebaut ist. Solche Werte sind beispielsweise in den Verträgen
verankert.
2.2.3.3
Capability
Capability stellt den internen Kontext dar, indem die EU operiert. An sich handelt es sich um
nichts anderes als die Fähigkeit zur Politikformulierung durch Rückgriff auf angemessene
Politikinstrumente. Capability ermöglicht Kapital aus presence (Charakter, Identität und EU-
Politiken) zu schlagen und/oder auf opportunity (d.h. äuere Faktoren und Ereignisse) mit einer
angemessenen politischen Antwort zu reagieren.
Capability setzt sich aus vier grundlegenden Faktoren zusammen: a) Europäische Werte, die in
den Verträgen verankert sind. Hier gibt es zum Teil Überschneidungen mit der Komponente
Identität, die in Punkt 2.2.3.2. erklärt wurde; b) Demokratische Legimitation in den einzelnen
Mitgliedstaaten, da sich einerseits EU-Politik verstärkt auf den Alltag der Bürger auswirkt,
andererseits die Unterstützung der Bevölkerung benötigt; c) Klare Zielsetzungen und Prioritäten,
wobei hier vor allem unter Konsistenz und Kohärenz zu unterscheiden ist. Unter Konsistenz
versteht man die Kompatibilität/Komplementarität zwischen bilateraler (zwischenstaatlicher)
Auenpolitik und den auenpolitischen Prioritäten der EU, was sich in einer EU der 27 in einem
36
,,Die Union setzt sich folgende Ziele:
- die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus sowie die
Herbeiführung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung, insbesondere durch Schaffung eines Raumes
ohne Binnengrenzen, durch Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und durch Errichtung einer
Wirtschafts- und Währungsunion, die auf längere Sicht auch eine einheitliche Währung nach Maßgabe dieses
Vertrags umfasst; - die Behauptung ihrer Identität auf internationaler Ebene, insbesondere durch eine Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik, wozu nach Maßgabe des Artikels 17 auch die schrittweise Festlegung einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte; - die Stärkung des
Schutzes der Rechte und Interessen der Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten durch Einführung einer
Unionsbürgerschaft; - die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts, in dem in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das
Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenverkehr
gewährleistet ist; - die volle Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und seine Weiterentwicklung, wobei
geprüft wird, inwieweit die durch diesen Vertrag eingeführten Politiken und Formen der Zusammenarbeit mit dem
Ziel zu revidieren sind, die Wirksamkeit der Mechanismen und Organe der Gemeinschaft sicherzustellen". Vgl.
Innominate (2006), S.5ff

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836643108
Dateigröße
662 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin – Politikwissenschaften, Europäisches Verwaltungsmanagement
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,7
Schlagworte
actorness außenpolitik nahostkonflikt gasp roadmap
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Titel: Welche Rolle spielt die EU-Nahostpolitik im Rahmen des Nahostquartetts (2002-2008)?
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