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Die Europäische Privatgesellschaft im direkten Vergleich zur GmbH des deutschen und polnischen Rechts im Hinblick auf die Expansion von kleinen und mittleren Unternehmen nach Polen

©2009 Diplomarbeit 96 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Binnenmarkt ist eine der wesentlichen Grundlagen der Europäischen Union. Er wurde im Laufe der Zeit durch mehrere Maßnahmen beeinflusst und weiterentwickelt. Gemäß Art. 2 bis 4 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) versteht man unter einem ‘Gemeinsamen Markt’ eine grundsätzlich marktwirtschaftliche Ordnung.
Ein wesentlicher Erfolg ist dabei die Verwirklichung des Binnenraumes ohne Grenzen in Europa und die daraus resultierende Förderung von Wirtschaftswachstum und Wohlstand durch gemeinsame Märkte.
Zum Kerngedanken der Entfaltung des europäischen Marktes gehört durch die Koordinierung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik die Expansion von Unternehmen ins Ausland, die sich entweder durch Verlegung des Hauptsitzes oder durch Gründung von Tochterunternehmen widerspiegelt. Der Fokus wurde dabei insbesondere auf die Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) gelegt, da diese 99 % aller Unternehmen in Europa darstellen und somit die größten Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Bislang betreiben jedoch lediglich 8 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen grenzüberschreitenden Handel. Grund hierfür könnten die noch nicht vollendeten Maßnahmen auf europäischer Ebene sein, die eine Vereinheitlichung der nationalen Rechtssysteme der 27 Mitgliedstaaten ermöglichen würden. Doch durch das zunehmende Interesse der Unternehmen, sich im gesamten europäischen Raum niederlassen zu können, ist eine Weiterentwicklung des europäischen Rechtssystems unabdingbar.
Nach zahlreichen Rechtsreformen wie der Verordnung mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten verabschiedeten Lissabon-Strategie aus dem Jahr 2000, die den erreichten Binnenraum ohne Grenzen und Hindernisse für den Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital weiter fördern sollten, wurde nunmehr ein Statut einer Europäischen Privatgesellschaft verabschiedet. Dieses Statut ermöglicht die Einführung einer solchen Kapitalgesellschaft mit dem Zweck, die Expansion und somit Gründung eines Unternehmens im europäischen Ausland deutlich zu erleichtern, um aus 27 unterschiedlichen Märkten einen europäischen zu schaffen. Sie ist insbesondere für den europäischen Mittelstand gedacht und soll dessen Wachstum im grenzübergreifenden Binnenraum fördern.
Nach der Einführung der bereits bestehenden Europa-AG für größere Unternehmen, die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Aleksandra Zakrzewska
Die Europäische Privatgesellschaft im direkten Vergleich zur GmbH des deutschen und
polnischen Rechts im Hinblick auf die Expansion von kleinen und mittleren
Unternehmen nach Polen
ISBN: 978-3-8366-4270-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Berlin, Berlin, Deutschland, Diplomarbeit,
2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I
Inhalt
Inhalt ... I
Abkürzungsverzeichnis...III
Abbildungsverzeichnis...V
1
Einleitung...1
2
Gegenstand und Zielsetzung...2
3
Rechtsgrundlagen...3
3.1
Deutsches Recht...3
3.2
Polnisches Recht ...5
3.3
Europäisches Recht...7
4
Gegenüberstellung der GmbH zur sp. z o.o...8
4.1
Gründungsberechtigung...9
4.2
Gesellschaftsvertrag und Registereintragung ...10
4.3
Stammkapital ...13
4.4
Übertragung von Anteilen...14
4.5
Kapitalherabsetzung und -erhöhung ...14
4.6
Organe...17
4.7
Ausschluss und Ausscheiden eines Anteilseigners...21
4.8
Auflösung...21
4.9
Zwischenergebnis ...23
5
Statut über die Einführung einer Europäischen Privatgesellschaft...25
5.1
Kompetenzsystem ...26
5.2
Historischer Hintergrund ...28
5.3
Zeitplan der Europäischen Privatgesellschaft ...31
5.4
Erwartungen an die Europäische Privatgesellschaft ...32
5.5
Allgemeine Bestimmungen...33
5.5.1
Gesellschaftsform...34
5.5.2
Gründungsberechtigung ...35
5.5.3
Grenzlinie zwischen europäischem und nationalem Recht...36
5.6
Gründung ...39
5.6.1
Gesellschaftsvertrag und Registereintragung...39

II
5.6.2
Haftung...42
5.7
Anteile...42
5.7.1
Übertragung von Anteilen...43
5.7.2
Ausschluss und Ausscheiden eines Anteilseigners ...44
5.8
Kapital...45
5.8.1
Stammkapital...45
5.8.2
Ausschüttungen ...47
5.8.3
Kapitalerhöhung und -herabsetzung...47
5.9
Aufbau der Europäischen Privatgesellschaft ...50
5.9.1
Organe ...50
5.9.2
Vertretungsbefugnis ...52
5.10
Umstrukturierung, Auflösung und Ungültigkeit...52
5.11
Gegenüberstellung der EPG zur GmbH und sp. z o.o. ...53
5.12
Problemstellung der Europäischen Privatgesellschaft ...55
6
Expansion von kleinen und mittelständischen Unternehmen
in Form einer GmbH nach Polen ...57
6.1
Kleine und mittelständische Unternehmen ...57
Kleine Unternehmen ...57
6.2
Expansion...59
6.3
Expansionsformen...60
6.3.1
Spaltung...61
6.3.2
Verschmelzung...65
6.3.3
Formwechsel ...66
6.4
Abgrenzung zwischen Sitz- und Gründungstheorie ...66
6.5
Zwischenergebnis ...70
7
Zusammenfassung ...70
Literaturverzeichnis ... VII

III
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Art.
Artikel
ber.
berichtigt
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
d. h.
das heißt
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
Dr.
Doktor
DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz
Dz.
Dziennik
EG
Europäische Gemeinschaft
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Union
EHUG
Gesetz über elektronische Handelsregister und Genos-
senschaftsregister sowie das Unternehmensregister
EPG
Europäische Privatgesellschaft
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWIV
Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung
ff.
und folgende
gem.
gemäß
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften
mit beschränkter Haftung
HGB
Handelsgesetzbuch
i.V.m.
in Verbindung mit

IV
k.p.
Kodeks pracy
k.s.h.
Kodeks spólek handlowych
KMU
Kleine und mittelständische Unternehmen
KRS
Krajowy Rejestr Sdowy
Ltd.
Limited
Mio.
Millionen
MSP
male i rednie przedsibiorstwa
NIP
numer identifikacji podatkowej
Nr
numer
Nr.
Nummer
Pkt.
Punkt (Pkte.: Punkte)
PLC
Private Company Limited by Shares
poz.
pozycja
Prof.
Professor
PublG
Publizitätsgesetz
Rn.
Randnummer
Rs.
Rechtsprechung
S.
Seite
s.a.r.l.
Societé à responsibilité limitée
SBA
Small Business Act
SDG
Prawo dzialalnoci gospodarczej
SE
Societas Europaea
sp. z o.o. spólka z ograniczon odpowiedzialnoci
SPE
Societas Privata Europaea
U.
Ustawa
u. a.
unter anderem
UmwG
Umwandlungsgesetz
USA
United States of America
VAT
Value Added Tax
vgl.
vergleiche
VO
Verordnung
VO-E
Verordnungsentwurf

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Verordnung
Eigene Darstellung
Seite 8
Abbildung 2:
Lückenschluss
Eigene Darstellung
Seite 36
Abbildung 3:
Kapitalherabsetzung EPG
Eigene Darstellung
Seite 49
Abbildung 4:
Merkmale der KMU
Seite 57
Abbildung 5:
Spaltung, Variante 1
Eigene Darstellung
Seite 61
Abbildung 6:
Spaltung, Variante 2
Eigene Darstellung
Seite 62
Abbildung 7:
Abspaltung
Eigene Darstellung
Seite 63
Abbildung 8:
Verschmelzung
Eigene Darstellung
Seite 65
Abbildung 9:
Sitztheorie
Eigene Darstellung
Seite 68
Abbildung 10:
Gründungstheorie
Eigene Darstellung
Seite 69

1
1 Einleitung
Der Binnenmarkt ist eine der wesentlichen Grundlagen der Europäischen Uni-
on. Er wurde im Laufe der Zeit durch mehrere Maßnahmen beeinflusst und
weiterentwickelt. Gemäß Art. 2 bis 4 des Vertrages zur Gründung der Europäi-
schen Gemeinschaft (EGV) versteht man unter einem ,,Gemeinsamen Markt"
eine grundsätzlich marktwirtschaftliche Ordnung.
1
Ein wesentlicher Erfolg ist dabei die Verwirklichung des Binnenraumes ohne
Grenzen in Europa und die daraus resultierende Förderung von Wirtschafts-
wachstum und Wohlstand durch gemeinsame Märkte.
Zum Kerngedanken der Entfaltung des europäischen Marktes gehört durch die
Koordinierung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik die Expansion von Unter-
nehmen ins Ausland,
2
die sich entweder durch Verlegung des Hauptsitzes oder
durch Gründung von Tochterunternehmen widerspiegelt.
3
Der Fokus wurde
dabei insbesondere auf die Förderung von kleinen und mittelständischen Un-
ternehmen (KMU) gelegt, da diese 99 % aller Unternehmen in Europa darstel-
len und somit die größten Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.
4
Bislang
betreiben jedoch lediglich 8 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen
grenzüberschreitenden Handel.
5
Grund hierfür könnten die noch nicht vollen-
deten Maßnahmen auf europäischer Ebene sein, die eine Vereinheitlichung der
nationalen Rechtssysteme der 27 Mitgliedstaaten ermöglichen würden.
6
Doch
durch das zunehmende Interesse der Unternehmen, sich im gesamten europäi-
schen Raum niederlassen zu können, ist eine Weiterentwicklung des europäi-
schen Rechtssystems unabdingbar.
1
Rittner, Fritz; Dreher, Meinrad, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, Seite 69
2
Art. 4 Abs. 1 EGV
3
Vortrag zur Regelung der Europäischen Privatgesellschaft: Wo verläuft die Grenzlinie zwi-
schen europäischem und nationalem Recht?, Teichmann, Christoph, Universität Würzburg
4
Wertpapier-Mitteilungen, Beitrag von Hadding, Walther; Kießling, Erik, Die Europäische
Privatgesellschaft, Seite 145
5
KOM (2008), 396, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäi-
schen Privatgesellschaft, Seite 2
6
Der Gesellschafter, Beitrag von Hommelhoff, Peter, Die Europäische Privatgesellschaft
(SPE): Auswirkungen auf die nationale GmbH, Seite 337

2
Nach zahlreichen Rechtsreformen wie der Verordnung mit allgemeinen Be-
stimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der
von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten verabschiedeten Lis-
sabon-Strategie aus dem Jahr 2000, die den erreichten Binnenraum ohne Gren-
zen und Hindernisse für den Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapi-
tal weiter fördern sollten, wurde nunmehr ein Statut einer Europäischen Privat-
gesellschaft verabschiedet.
7
Dieses Statut ermöglicht die Einführung einer sol-
chen Kapitalgesellschaft mit dem Zweck, die Expansion und somit Gründung
eines Unternehmens im europäischen Ausland deutlich zu erleichtern, um aus
27 unterschiedlichen Märkten einen europäischen zu schaffen. Sie ist insbe-
sondere für den europäischen Mittelstand gedacht und soll dessen Wachstum
im grenzübergreifenden Binnenraum fördern.
8
Nach der Einführung der bereits bestehenden Europa-AG
9
für größere Unter-
nehmen, die keinen Anklang gefunden hat,
10
ist für die Europa-GmbH ein grö-
ßerer Andrang zu erwarten, soll diese doch durch die rechtlichen Regelungen
den zeitlichen und kostspieligen Aufwand einer Neugründung schmälern.
2 Gegenstand und Zielsetzung
Bei der Expansion von kleinen und mittelständischen Unternehmen in den eu-
ropäischen Binnenraum werfen sich zahlreiche Probleme auf. Neben den
sprachlichen Barrieren sind insbesondere die nationalen gesellschaftsrechtli-
chen Systeme der 27 Mitgliedstaaten eine große Hürde. Sich mit den unter-
schiedlichen Voraussetzungen und Regeln auseinanderzusetzen erfordert einen
7
KOM (2008), 396, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäi-
schen Privatgesellschaft
8
KOM (2008), 396, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäi-
schen Privatgesellschaft, Seite 2
9
EG-VO Nr. 2157/2001, Verordnung des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Eu-
ropäischen Gesellschaft (SE)
10
Perspektiven des Rechts in der Europäischen Union, Beitrag von Hommelhoff, Peter, Die
,,Société fermée européenne", Seite 50 ff.

3
hohen Informations- und Beratungsbedarf, der mit einem erheblichen Zeit- und
Kostenaufwand einhergeht.
11
Zu diesem Zweck soll die Einführung einer Europäischen Privatgesellschaft
Rahmenbedingungen für den Mittelstand schaffen. Durch eine flexible europä-
ische Gesellschaftsform, die auf die Bedürfnisse der kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen zugeschnitten ist, sollen Bereiche wie Gründungsvoraus-
setzungen, Vertragsfreiheit und Stammkapital einheitlich festgelegt werden,
aber dennoch genügend Spielraum lassen.
12
Ziel dieser Studie ist der Aufschluss darüber, ob die Einführung einer Europäi-
schen Privatgesellschaft im Hinblick auf die Expansion von kleinen und mittel-
ständischen Unternehmen in Form einer GmbH nach Polen zielführend ist. Im
Speziellen werden die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach
deutschem Recht und die spólka z ograniczon odpowiedzialnoci (sp. z o.o.)
nach polnischem Recht beleuchtet und die Schwierigkeiten bei der Gründung
eines Unternehmens in Polen dargelegt. Weiterhin wird auf die Vor- und
Nachteile einer Europäischen Privatgesellschaft eingegangen und ein Zusam-
menhang zwischen den drei Gesellschaften hergestellt. An diesem Beispiel
wird untersucht, ob die Einführung einer Europäischen Privatgesellschaft er-
forderlich ist.
3 Rechtsgrundlagen
3.1 Deutsches Recht
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine 1892 ins Leben gerufene
Gesellschaftsform, die neben der Aktiengesellschaft eine zweite Art der Kapi-
talgesellschaft bietet.
13
Sie beinhaltet wesentlich einfachere rechtliche Gestal-
tungsrahmen und genießt dadurch insbesondere bei kleinen und mittelständi-
11
KOM (2008), 396, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäi-
schen Privatgesellschaft, Seite 2
12
Festschrift für Karsten Schmidt, Beitrag von Hommelhoff, Peter, Bruchstellen im Kommis-
sionsentwurf für eine SPE-Verordnung, Seite 680
13
Klunzinger, Eugen, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, Seite 239

4
schen Unternehmen hohes Ansehen.
14
Die GmbH basiert hauptsächlich auf
dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
welches in insgesamt 6 Teile untergliedert ist.
15
Im ersten Abschnitt über die
Errichtung der GmbH finden sich grundlegende Voraussetzungen. § 1 GmbHG
regelt demnach, wer berechtigt ist, eine GmbH zu gründen und dass sie eine
Handelsgesellschaft und somit ein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbu-
ches (HGB) ist.
16
Zusätzlich reguliert das Gesetz die Formvorschriften, worun-
ter gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG die notarielle Beurkundung des Gesellschafts-
vertrages, gemäß § 3 GmbHG deren Mindestbedingungen wie die Einzahlung
der Stammeinlage und gemäß § 7 Abs. 1 GmbHG die Eintragung in das zu-
ständige Handelsregister fallen.
17
Der zweite Abschnitt des GmbHG regelt die
Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und Gesellschafter und bildet das Funda-
ment für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft.
18
Die gesetz-
lichen Rechtsverhältnisse der Geschäftsführer und etwaige Vertretungsbefug-
nisse finden im § 44 GmbHG Erwähnung. Danach müssen diese durch Gesell-
schaftsvertrag oder -beschluss bestellt werden. Die Aufgaben der Gesellschaf-
ter sowie weitere Regelungen zu Abschlüssen, Berichten und Ergänzungsvor-
schriften werden sowohl im GmbHG
19
als auch im gesamten im Jahre 1900
verabschiedeten Handelsgesetzbuch aufgegriffen. Das Publizitätsgesetz
(PublG) verpflichtet Kapitalgesellschaften zur Offenlegung ihres Jahresab-
schlusses.
20
Subsidiär gilt für Gesellschaften das Bürgerliche Gesetzbuch
(BGB), insbesondere bei Abschlüssen von Verträgen.
21
Schlussendlich regu-
liert der fünfte Abschnitt des GmbHG die Auflösung der Kapitalgesellschaft.
22
14
Klunzinger, Eugen, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, Seite 248
15
vgl. Abschnitte 1 - 6 GmbHG
16
§ 6 Abs. 1 HGB
17
Die Handelsregistereintragung erfolgt seit dem Gesetz über elektronische Handelsregister
und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), das im November 2006
verabschiedet wurde und im Januar 2007 in Kraft getreten ist, auf elektronischem Weg.
18
§ 13 Abs. 1 GmbHG
19
§§ 32 ­ 52 GmbHG
20
§ 1 Abs. 1 PublG
21
§§ 311 ­ 361 BGB
22
§§ 60 ­ 77 GmbHG

5
3.2 Polnisches Recht
Das polnische Handelsrecht unterscheidet hauptsächlich zwischen zwei Kapi-
talgesellschaftsformen. Zum einen kennt der polnische Kodeks spólek handlo-
wych vom 15. September 2000 (k.s.h.)
23
die Rechtsform der Aktiengesell-
schaft
24
, die für große kapitalmarktaktive Unternehmen geschaffen ist und sehr
detailliert geregelt wird. Zum anderen gibt es die polnische GmbH (sp. z o.o.)
25
für kleine und mittelständische Unternehmen. Diese wird vom k.s.h. insbeson-
dere durch die Artikel 151 ­ 300 geregelt.
Beide Gesellschaftsformen finden im Allgemeinen Teil des k.s.h. gemeinsame
Vorschriften.
26
Zuvor waren die Rechtsvorschriften in einer Vielzahl von pol-
nischen Vorschriften verstreut. Am Beispiel des Rechtssystems von Deutsch-
land, den Niederlanden, der USA sowie Belgiens wurde nunmehr der k.s.h. als
einheitliches Gesetzbuch mit dem Ziel verabschiedet, die Entwicklung des Un-
ternehmertums in Polen sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem
Ausland zu fördern.
27
Es ist folglich eine systematische Kongruenz zwischen
den polnischen und den deutschen Bestimmungen zu erkennen, zumal einige
nahezu wörtlich übernommene Übersetzungen sind. Insbesondere bei dem
Recht der Vorgesellschaft wurde das polnische Recht vom deutschen stark be-
einflusst. Vor dem Inkrafttreten des k.s.h. am 01.01.2001 fand der Gesetzgeber
keinerlei Regelungen zu diesem Thema. Es herrschte in diesem Stadium hohe
Unsicherheit, die mit einer Verteuerung des Gründungsprozesses einherging.
28
Nach der aktuellen Gesetzgebung bestehen lediglich im Haftungsbereich der
23
Der ,,Kodeks spólek handlowych" ist das polnische Pendant zum deutschen Handels-
gesetzbuch.
24
Art. 1 § 1 k.s.h.
25
Art. 1 § 1 k.s.h.
26
Art. 1 ­ 7 k.s.h.
27
Festschrift für Horst Konzen, Beitrag von Hommelhoff, Peter; Oplustil, Krzysztof, Deutsche
Einflüsse auf das polnische Recht der Kapitalgesellschaften: Vorgesellschaft, Eigenkapitaler-
satz und dualistische Organstruktur in Aktiengesellschaften, Seite 309
28
Festschrift für Horst Konzen, Beitrag von Hommelhoff, Peter; Oplustil, Krzysztof, Deutsche
Einflüsse auf das polnische Recht der Kapitalgesellschaften: Vorgesellschaft, Eigenkapitaler-
satz und dualistische Organstruktur in Aktiengesellschaften, Seite 310 ff.

6
GmbH in Gründung große Unterschiede.
29
In diesem Bereich fand der polni-
sche Gesetzgeber eigene Regelungen.
Ein weiterer Faktor bei der Gründung einer sp. z o.o. ist die Aufnahme einer
Wirtschaftstätigkeit. Sie wird durch das Gesetz über das Recht der Wirtschafts-
tätigkeit (SDG)
30
in seiner aktuellsten Fassung vom 2. Juli 2004 geregelt. Das
Gesetz bestimmt, dass die Aufnahme und die Ausübung einer Wirtschaftstätig-
keit für jedermann nach den gleichen Rechten unter Einhaltung der durch
Rechtsvorschriften bestimmten Bedingungen frei ist.
31
Damit hat der polnische
Gesetzgeber nach dem Eintritt Polens in die Europäische Union das Rechtssys-
tem an das EU-Recht deutlich angepasst. Art. 13 SDG regelt entsprechend,
dass alle ausländischen Personen, sowohl private als auch juristische, in Polen
wirtschaftlich tätig werden können. Sie unterliegen den gleichen Regeln wie
die polnischen Bürger. Dadurch wurde ein großer Schritt für die Öffnung des
polnischen Marktes für Auslandsinvestoren gemacht. Ihnen soll scheinbar die
Geschäftstätigkeit, also deren Aufnahme und Ausübung, erleichtert werden.
Zuletzt ist für die Gründung einer GmbH in Polen das Gesetz über das Landes-
gerichtsregister (KRS) vom 20. August 1997 zu erwähnen.
32
Das Landesregis-
ter wird von örtlich zuständigen Gerichten
33
, den Gemeinden
34
sowie vom
Bundesministerium für Gerechtigkeit
35
geführt und ist nur partiell mit dem
deutschen Handelsregister vergleichbar. Es setzt sich aus drei unterschiedli-
chen Registern zusammen. Im ersten Bereich werden umfangreiche Angaben
sämtlicher Unternehmen
36
gesammelt, im zweiten Bereich Gemeinnützige
Vereine, Organisationen und Anstalten öffentlichen Rechts
37
. Das dritte Regis-
ter allerdings ist gleichzusetzen mit der deutschen Schuldnerauskunft.
38
Auch
29
§ 11 Abs. 2 GmbHG, analog Art. 13 § 2 k.s.h.
30
Die Abkürzung SDG steht für die ,,Prawo dzialalnoci gospodarczej".
31
Art. 4 § 1 SDG
32
Die polnische Bezeichnung lautet: ,,Ustawa o Krajowym Rejestrze Sdowym" (KRS)
33
Art. 2 § 1 KRS
34
Art. 2 § 2 KRS
35
Art. 2 § 3 KRS
36
Art. 1 § 1 Pkt. 1 KRS
37
Art. 1 § 1 Pkt. 2 KRS
38
Art. 1 § 1 Pkt. 3 KRS

7
dieses ist jedem frei zugänglich und bietet einen schnellen Überblick über die
noch offenen Verbindlichkeiten und Gläubiger.
39
3.3 Europäisches Recht
Anders als im deutschen und polnischen Recht unterteilt sich das europäische
Gemeinschaftsrecht in primäres und sekundäres Recht.
40
Das primäre Gemein-
schaftsrecht bezeichnet die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaft
(EG), somit die Verfassung, und den Unionsvertrag gemäß Art. 288 EGV so-
wie die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Europäischen Gerichtshofes
(EuGH).
41
Daher bildet es das Fundament des europäischen Gemeinschafts-
rechts und bindet dabei grundsätzlich die Mitgliedstaaten und die Gemein-
schaft aber auch natürliche und juristische Personen rechtlich unmittelbar.
42
Das sekundäre Recht basiert auf dieser Grundlage, steht im Rang unter dem
Primärrecht und dient ihm als Prüfungsmaßstab.
43
Das europäische Gesell-
schaftsrecht ist Bestandteil des durch die Organe der Gemeinschaft selbst ge-
setzten Rechtes und findet sich in Verordnungen, Richtlinien und Rechtspre-
chungsentscheidungen sowie Empfehlungen und Stellungnahmen der Europäi-
schen Union wieder.
44
Es genießt gegenüber den nationalen Gesetzgebungen
Anwendungsvorrang, steht also immer über ihnen.
Dem Statut nach wird die Europäische Privatgesellschaft in Form einer Ver-
ordnung eingeführt werden.
45
Verordnungen haben im Gegensatz zu Richtli-
nien ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens eine unmittelbare Wirkung in dem
Mitgliedstaat und sind geltendes Recht.
46
Sie werden in der Regel auf Vor-
schlag der Kommission vom Rat unter Beteiligung des Parlaments erlassen.
47
39
Art. 8 KRS
40
Haratsch, Andreas; Koenig, Christian; Pechstein, Matthias, Europarecht, Seite 28, Rn. 56
41
Lorenzmeier, Stefan; Rohde, Christian, Europarecht, Seite 144
42
Lorenzmeier, Stefan; Rohde, Christian, Europarecht, Seite 145 ff.
43
Haratsch, Andreas; Koenig, Christian; Pechstein, Matthias, Europarecht, Seite 28, Rn. 56
44
Herrmann, Harald; Roth, Stefan, Gesellschafts- und Konzernrecht für Wirtschaftsjuristen,
Seite 349
45
KOM (2008), 396, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäi-
schen Privatgesellschaft
46
Art. 249 Abs. 2 Satz 2 EGV
47
Art. 249 Abs. 1 EGV

8
Damit zählt die Verordnung zu den bedeutendsten und weitreichendsten
Rechtsakten. Sie kann durch die einzelnen Mitgliedstaaten nicht verhindert
werden und bedarf keiner Ratifizierung durch das nationale Parlament.
Damit gelten für Unternehmen, die sich für eine solche Rechtsform entschei-
den, die europäischen Regelungen. Die Europäische Privatgesellschaft darf nur
in Ausnahmefällen von nationalem Gesellschaftsrecht beeinflusst werden.
4 Gegenüberstellung der GmbH zur sp. z o.o.
Um das Erfordernis einer Europäischen Privatgesellschaft für deutsche Unter-
nehmen, die nach Polen expandieren, prüfen zu können, muss zunächst eine
Gegenüberstellung der GmbH des deutschen Rechts, also der für den Unter-
nehmer bereits bekannten Gesellschaft, zur polnischen sp. z o.o. erstellt wer-
den. Das Aufzeigen der wesentlichen Unterschiede dient dem besseren Ver-
Erlass durch Rat unter Beteiligung des Parlaments
-allgemeine und unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten -
keine Umsetzung in nationales Recht erforderlich
Vorschlag der Kommission
Abbildung 1:
Eigene Darstellung: Verordnung

9
ständnis für die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei einer grenzüber-
schreitenden Expansion. Anhand dieser Überlegung wird veranschaulicht, ob
deutsche Unternehmen, die nach Polen expandieren um dort eine sp. z o.o. zu
gründen, dies ohne Weiteres tun können oder ob dieser Vorgang Schwierigkei-
ten aufwirft.
Durch die Anlehnung des polnischen k.s.h. an das deutsche Gesetz sind viele
Wesenspunkte der beiden Gesellschaften ähnlich. Dies ist beispielsweise bei
der Regelung der Haftung der Fall. Sind die deutsche GmbH und die polnische
sp. z o.o. in das zuständige Register eingetragen worden, so gelten für sie die
gleichen Bestimmungen. Sie haften mit ihrem Gesellschaftsvermögen, d. h.
lediglich bis zur Höhe der von den Gesellschaftern vertraglich geregelten Ein-
lage. Die Gesellschafter als solche dürfen nicht zusätzlich privat herangezogen
werden.
48
Auch die Thematisierung der Änderung des Unternehmensgegens-
tandes
49
oder des Sitzes der Gesellschaft
50
bedürfen aufgrund ihrer Kongruenz
keiner weiteren Erläuterung.
Doch sind zahlreiche Wesenspunkte der beiden Gesellschaften unterschiedlich
geregelt worden. Betrachtet werden beide Gesellschaften im Hinblick auf ihre
Gründungsvoraussetzungen sowie Rechte und Pflichten, die sich aus dem Be-
stehen der Gesellschaft ergeben. Dazu zählen unter anderem die Höhe und Ein-
zahlung des Stammkapitals, Kapitaländerungen in Form von Ausschüttungen,
Herabsetzungen oder Erhöhungen, das Erfordernis zur Errichtung der vorge-
schriebenen Organe und ihre Aufgabenverteilung sowie die Auflösungsbe-
stimmungen.
4.1 Gründungsberechtigung
Gründungsberechtigt sind bei beiden Gesellschaften alle natürlichen und juris-
tischen Personen.
51
Bei der Ein-Mann-GmbH, die sowohl in Deutschland als
auch in Polen zulässig ist, ist jedoch zu beachten, dass der polnische Einzelge-
sellschafter erst vertretungsbefugt ist, wenn die sp. z o.o. bereits beim Regis-
48
§ 13 Abs. 2 GmbHG, analog Art. 151 § 4 k.s.h.
49
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 53 GmbHG, analog Art. 157 § 1 Pkt. 2 i.V.m. Art. 255 k.s.h.
50
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 53 GmbHG, analog Art. 157 § 1 Pkt. 1 i.V.m. Art. 255 k.s.h.
51
§ 1 GmbHG, analog Art. 151 § 1 k.s.h.

10
tergericht eingetragen ist.
52
Ferner darf eine sp. z o.o. nicht ausschließlich von
einer anderen ,,Ein-Mann-sp. z o.o." gegründet werden.
53
4.2 Gesellschaftsvertrag und Registereintragung
Ebenso wie die Satzung der deutschen GmbH nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG
wird der polnische Gesellschaftsvertrag gem. Art. 157 § 2 k.s.h. in Form einer
notariellen Urkunde angefertigt. Vertragsinhalt ist neben dem Firmennamen
und dem Sitz, der Unternehmensgegenstand, die Höhe und Art und Weise des
Stammkapitals sowie das Verhältnis der Anteile der Gesellschafter.
54
Der k.s.h.
verlangt allerdings zusätzlich die Angaben darüber, ob ein Gesellschafter
grundsätzlich mehr als einen Geschäftsanteil halten darf
55
und im Falle einer
zeitlichen Begrenzung der Gesellschaft deren Dauer
56
.
Sowohl beim deutschen Handelsregister als auch beim polnischen Landesregis-
ter sind neben dem Antrag auf Eintragung der Gesellschaft noch deren Sat-
zung
57
, eine Liste der Gesellschafter mit Angabe der Nennbeträge der über-
nommenen Geschäftsanteile
58
, die Legitimation der Geschäftsführer oder Vor-
standsmitglieder - sofern nicht in der Satzung bereits benannt
59
- sowie Anga-
ben zu Sacheinlagen
60
einzureichen. Der k.s.h. verlangt zusätzlich eine vom
Gericht oder einem Notar beglaubigte Liste der Unterschriften aller Vor-
standsmitglieder.
61
Aufgrund der fehlenden Regelung zur Mindesteinlage in
Polen ist für die Eintragung der Gesellschaft auch eine Versicherung aller Vor-
standsmitglieder notwendig, dass die Einlagen zur Deckung des Stammkapitals
durch alle Gesellschafter gänzlich erbracht wurden.
62
52
Art. 162 k.s.h.
53
Art. 151 § 2 k.s.h.
54
§ Abs. 1 GmbHG, analog Art. 157 § 1 Pkte. 1), 2), 3), 5) k.s.h.
55
Art. 157 § 1 Pkt. 4) k.s.h.
56
Art. 157 § 1 Pkt. 6) k.s.h.
57
§ 8 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG, analog Art. 167 § 1 Pkt. 1 k.s.h.
58
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, analog Art. 167 § 2 k.s.h.
59
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, analog Art. 167 § 1 Pkt. 3) k.s.h.
60
§ 8 Abs. 1 Nr. 4 u. 5 GmbHG, analog Art. 166 § 1 Pkt. 7) k.s.h.
61
Art. 167 § 3 k.s.h.
62
Art. 167 § 1 Pkt. 2) k.s.h.

11
Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Antragstellung beim zuständi-
gen Handelsregister entsteht bis zur konstitutiven Eintragung in beiden Län-
dern die sogenannte GmbH in Gründung.
63
Beide Vorgesellschaften können im
eigenen Namen Verbindlichkeiten eingehen und beispielsweise Grundstücke
sowie andere Sachrechte erwerben, klagen und verklagt werden.
64
Diese Ei-
genschaft der GmbH ist nicht im Gesetz verankert sondern wurde erst im Jahre
1997 durch den Bundesgerichtshof anerkannt. Rechtsfähig ist nur die polnische
Gesellschaft in dieser Phase. Das spielt bei der Haftungsregelung eine erhebli-
che Rolle. Der polnische Gesetzgeber hat sich in diesem Fall nicht am deut-
schen Recht orientiert, sondern größtenteils eigene Vorschriften geschaffen, so
dass deutliche Unterschiede zu erkennen sind.
Bei der deutschen Vor-GmbH wird grundsätzlich zwischen der Handelnden-
und der Gesellschafterhaftung differenziert.
65
Sie werden ganz unterschiedlich
reguliert. Die für die Gesellschaft Handelnden tätigen Geschäfte und ergreifen
Maßnahmen mit Außenwirkung. An dieser Stelle spielt die Vertretungsbefug-
nis eine erhebliche Rolle. Handeln die Geschäftsführer innerhalb ihres vertrag-
lichen Vertretungsbereiches, so regelt § 11 Abs. 2 GmbHG, dass sie für abge-
schlossene Geschäfte im Namen der Gesellschaft persönlich und gesamt-
schuldnerisch haften. Schließt der Geschäftsführer allerdings Geschäfte für die
Gesellschaft ab, die außerhalb seiner Vertretungsbefugnis liegen, liegt keine
wirksame Vertretung vor. In diesem Fall treffen die Rechte und Pflichten aus
dem Vertrag die Geschäftsführer in eigener Person.
66
Davon abzugrenzen ist
die Haftungsregelung für die Gesellschafter der Vor-GmbH. Vor der konstitu-
tiven Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister genießen die Gesell-
schafter bei den Verbindlichkeiten aus Verträgen nicht den Vorteil einer Ge-
sellschaft mit beschränkter Haftung. Sie haften im Rahmen der sogenannten
Verlustdeckungshaftung nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber
den Gläubigern direkt. Ist aber die Gesellschaft zum Zeitpunkt der offenen
63
§ 11 Abs. 1 GmbHG, analog Art. 161 k.s.h.
64
BGH-Urteil vom 27.01.1997, II ZR 123/94, analog Art. 161 k.s.h.
65
Klunzinger, Eugen, Gründzüge des Gesellschaftsrechts, Seite 278
66
§ 179 BGB

12
Forderungen vermögenlos, können die Gesellschafter im Zuge der Außenhaf-
tung von den Gläubigern direkt in Anspruch genommen werden.
Der polnische Gesetzgeber hat für den Schutz der Gläubiger im Stadium vor
der Registereintragung der Gesellschaft eine andere Regelung gefunden. Nach
Art. 13 § 2 k.s.h. haften für alle vertraglichen Verbindlichkeiten, die im Namen
der Gesellschaft entstanden sind, sowohl die Gesellschaft selbst als auch die
Handelnden gesamtschuldnerisch. Die Gesellschafter haften auch hier nur bis
zur Höhe ihrer einzuzahlenden Stammeinlage. Damit wird der Gläubigerschutz
durch die ­ zwar beschränkte ­ Haftung der Gesellschaft erweitert und nicht
nur auf die der handelnden Personen reduziert.
67
Mit konstitutiver Eintragung in das polnische Landesgerichtsregister und das
deutsche Handelsregister wird das Stadium der Gesellschaft in Gründung auf-
gehoben so dass beide den vollständigen Status einer sp. z o.o. beziehungswei-
se GmbH erlangen.
68
Während die GmbH durch die Eintragung in das Handelsregister automatisch
die sie kennzeichnende Handelsregisternummer erhält, bedarf es bei der
sp. z o.o. für die Erlangung einer Identifikationsnummer eines zusätzlichen
Formschrittes. Die sogenannte REGON
69
wird auf gesonderten Antrag beim
Statistikamt gewonnen. Sie dient zum einen statistischen Zwecken und zum
anderen der Kennzeichnung der Gesellschaft, bevor diese eine Steuernummer
erhält.
70
Auch im Hinblick auf das polnische Steuerrecht muss sich ein deutscher Un-
ternehmer in Polen mit wesentlich mehr Zugangsvoraussetzungen befassen als
in Deutschland. Neben einer steuerlichen Identifikationsnummer
71
wie sie auch
in Deutschland
72
bekannt ist, sieht der polnische Gesetzgeber auch hier einen
weiteren Schritt vor. Zusätzlich muss die sp. z o.o. eine gesonderte Anmeldung
67
Festschrift für Horst Konzen, Beitrag von Hommelhoff, Peter; Oplustil, Krzysztof, Deutsche
Einflüsse auf das polnische Recht der Kapitalgesellschaften: Vorgesellschaft, Eigenkapitaler-
satz und dualistische Organstruktur in Aktiengesellschaften, Seite 312 ff.
68
§ 13 Abs. 3 GmbHG, analog Art. 163 § 5 k.s.h.
69
REGON stellt keine Abkürzung dar.
70
Król-Gajewska, Monika; Paczkowska, Anna, Spólka z ograniczon odpowiedzialnoci,
Seite 65
71
Die polnische Steuernummer wird als NIP (numer identifikacji podatkowej) bezeichnet.
72
§ 139b Abgabenordnung

13
beim zuständigen Amt stellen, um die zukünftige Abgabe der Umsatzsteuer
anzumelden.
73
Diese wird in Polen als VAT bezeichnet.
74
Die erhobenen Steu-
ern selbst ähneln im Wesentlichen den deutschen.
75
4.3 Stammkapital
Parallel zum deutschen Gesetz wird in Polen die Einbringung des Gesell-
schaftskapitals erwartet. Man spricht wie in Deutschland vom Stammkapital.
76
Dieses beträgt seit dem 23. Oktober 2008 bei der sp. z o.o. nur noch
5.000,00 Zloty.
77
Beide Gesellschaften differenzieren bei der Einzahlung der
Stammeinlage. Während der deutsche Gesetzgeber vor Eintragung in das Han-
delsregister die Einzahlung von einem Viertel der Stammeinlage, mindestens
aber 12.500 Euro verlangt,
78
sieht das polnische Recht eine solche Mindestein-
lage nicht vor. Bereits vor Antrag auf Eintragung in das Zentralregister muss
das gesamte Stammkapital eingezahlt werden.
79
Dies geschieht meistens auf
ein vom Notar eingerichtetes oder von einer benannten Person bestimmtes
Gemeinschaftskonto.
80
Nach Erlangung der Rechtsfähigkeit und Eröffnung ei-
nes Gesellschaftskontos wird das gesamte Vermögen auf dieses überwiesen.
Das Erfordernis der vollständigen Einzahlung der Stammeinlage ist von enor-
mer Bedeutung für den Gläubigerschutz im Stadium der Vorgesellschaft. Da
das polnische Recht die gesamtschuldnerische Haftung in dieser Phase ledig-
lich auf das Gesamtvermögen der Gesellschaft und die Einlagen der Handeln-
den beschränkt, muss gewährleistet sein, dass das vollständige Gesellschafts-
73
Król-Gajewska, Monika; Paczkowska, Anna, Spólka z ograniczon odpowiedzialnoci,
Seite 71
74
Król-Gajewska, Monika; Paczkowska, Anna, Spólka z ograniczon odpowiedzialnoci,
Seite 68 ff., die Abkürzung VAT steht für die englische Bezeichnung Value Added Tax.
75
Der polnische Gesetzgeber kennt keine von den Gemeinden erhobene Gewerbesteuer, wie
sie in Deutschland gem. § 3 Abs. 2 Abgabenordnung erhoben wird. Auch die durch das deut-
sche Grunderwerbsteuergesetz geregelte Grunderwerbsteuer ist in dieser Form nicht bekannt.
76
Der polnische Begriff lautet gem. Art. 154 § 1 k.s.h. ,,kapital zakladowy", wörtlich übersetzt
heißt dies ,,Unternehmenskapital".
77
Art. 154 § 1 k.s.h., vgl. das Änderungsgesetz ustawa o zmianie ustawy ­ Kodeks spólek
handlowych, Dz. U. Nr 94, poz. 1037
78
§ 7 Abs. 2 GmbHG
79
Art. 163 Pkt. 2) k.s.h.
80
für die GmbH vgl. Jula, Rocco, Der GmbH-Gesellschafter, Seite 86, für die sp. z o.o. vgl.
Król-Gajewska, Monika; Paczkowska, Anna, Spólka z ograniczon odpowiedzialnoci, Sei-
te 32

14
vermögen zu diesem Zeitpunkt bereits hinterlegt ist. Sowohl die GmbH als
auch die sp. z o.o. gestatten neben einer Bareinzahlung simultan die sogenannte
Sacheinlage.
81
4.4 Übertragung von Anteilen
Die Übertragung von Geschäftsanteilen durch den Gesellschafter kann grund-
sätzlich vorgenommen werden.
82
Jedoch können im Gesellschaftsvertrag die
Bedingungen für die Veräußerung festgeschrieben werden. Beide Gesetzgeber
haben diese Möglichkeit sogar im Gesetz verankert.
83
Zu den Voraussetzungen
können beispielsweise die Zustimmung der Gesellschaft als solche, mehrerer
oder eines bestimmten Gesellschafters zählen. Von der Genehmigung der Ge-
sellschafter ist in jedem Fall die Teilung eines Geschäftsanteils abhängig. Die-
se ist nur bei der Veräußerung eines Anteils zulässig.
84
Während die Übertra-
gung der Geschäftsanteile in Deutschland der notariellen Beurkundung
85
bedarf
- der Vertrag muss der Gesellschaft zusätzlich vorgelegt werden
86
- sieht der
polnische Gesetzgeber lediglich die notarielle Beglaubigung
87
der Unterschrif-
ten vor.
4.5 Kapitalherabsetzung und -erhöhung
Unter dem deutschen Begriff der Kapitalherabsetzung versteht man die zif-
fernmäßige Herabsetzung des Stammkapitals.
88
Bei der sogenannten nominel-
len Kapitalherabsetzung wird das Kapital buchmäßig herabgesetzt, um einen
bestehenden Bilanzverlust zu beseitigen. Die zweite Art ist die effektive Kapi-
talherabsetzung, bei der Ausschüttungen an die Gesellschafter vorgenommen
81
§ 5 Abs. 4 GmbHG, analog Art. 158 § 1 k.s.h.
82
§ 15 Abs. 1 GmbHG, analog Art. 180 k.s.h.
83
§ 15 Abs. 5 GmbHG, analog Art. 182 § 1 k.s.h.
84
Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und Bekämpfung von Missbräu-
chen ist der die Geschäftsanteile betreffende § 17 GmbHG weggefallen. Leistikow, Michael,
Das neue GmbH-Recht, Seite 69, erklärt dies aufgrund der Regelmäßigkeit der Teilung für
sinnvoll. Für die sp. z o.o. gilt Art. 181 § 1 k.s.h.
85
§ 15 Abs. 3 GmbHG
86
§ 16 GmbHG
87
Art. 180 k.s.h.
88
§ 58a Abs. 1 GmbHG

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836642705
DOI
10.3239/9783836642705
Dateigröße
715 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie, Berlin – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2010 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
gesellschaftsrecht stammkapital gesellschaftsform gründung
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Titel: Die Europäische Privatgesellschaft im direkten Vergleich zur GmbH des deutschen und polnischen Rechts im Hinblick auf die Expansion von kleinen und mittleren Unternehmen nach Polen
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