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Einfluss geomagnetischer Effekte auf die Zählraten von EUTEF/DOSTEL an der Internationalen Raumstation

©2009 Diplomarbeit 112 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Unsere Erde ist permanent einem Strom energiereicher Teilchen aus den Tiefen des Weltraums ausgesetzt. Der österreichische Physiker Victor Franz Hess war der Erste, der dieses Phänomen 1912 entdeckte. Anhand von Ballonflügen bis 5000 Meter Höhe erkannte er, dass die ionisierende Strahlung mit zunehmender Höhe ansteigt. Heute wissen wir, dass es sich dabei um geladene Teilchen hoher Energie handelt, die nahezu isotrop auf die Erde eintreffen. Sie ist unter dem Begriff ’Kosmische Strahlung’ bekannt. Die Vermessung kosmischer energiereicher Teilchen wurde 1958 mit dem ersten amerikanischen Satelliten EXPLORER 1 fortgeführt. Das zur Vermessung benutzte Zählrohr von James van Allen detektierte in großen Höhen außerordentlich hohe Zählraten, so dass man vorerst glaubte, der Weltraum sei radioaktiv. Später erkannte man, dass es sich hierbei vor allem um sehr energiereiche Teilchen handelt, die im Gegensatz zur Kosmischen Strahlung im Erdmagnetfeld gefangen sind. Man gab dieser Population den Namen ’Van-Allen-Gürtel’ bzw. ’Strahlungsgürtel’. Nahe der Erdoberfläche treten diese nur in bestimmten Bereichen, beispielsweise im Bereich der sogenannten ’Südatlantischen Anomalie’ (SAA) in Erscheinung.
Die Bedeutung dieser energiereichen Teilchen liegt darin, dass sie mit der Atmosphäre wechselwirken können: Trifft die kosmische Primärstrahlung auf die Erdatmosphäre, so werden die Moleküle und Atome der Lufthülle ionisiert, wobei zahlreiche weitere Sekundärteilchen entstehen, die ebenfalls ionisierend und daher auch schädigend wirken können. Da die abschirmende Wirkung der Erdatmosphäre mit zunehmender Höhe abnimmt, ist es besonders für Astronauten der Internationalen Raumstation (ISS) von Bedeutung, das Strahlungsfeld in diesen Höhen zu bestimmen. Dieses setzt sich aus der energiereichen Kosmischen Strahlung und den in höherer Intensität auftretenden Strahlungsgürtelteilchen zusammen. Ein Maß zur Abschätzung der Strahlenbelastung ist die Energiedosis.
Neben den unterschiedlichen Eigenschaften der Teilchen ist es auch wichtig, ihre Herkunft zu kennen. Eine wesentliche Rolle kommt hierbei dem Erdmagnetfeld zu, da es einerseits die Kosmische Strahlung abschirmt und andererseits die Magnetfeldlinien die Bahnen der Strahlungsgürtelteilchen bestimmen. Daher ist es von Bedeutung, nicht nur die Magnetfeldstärke an der Erdoberfläche, sondern auch den Verlauf der Feldlinien zu kennen. Ein Maß hierfür ist der sogenannte L-Parameter, der für […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Julia Pilchowski
Einfluss geomagnetischer Effekte auf die Zählraten von EUTEF/DOSTEL an der
Internationalen Raumstation
ISBN: 978-3-8366-4253-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Grundlagen
4
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Strahlungsgürtelteilchen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Galaktische Kosmische Strahlung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Modulation der Galaktischen Kosmischen Strahlung
. . . . . . . . . . . . 10
Das Erdmagnetfeld
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Das erdnahe Magnetfeld
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Die Südatlantische Anomalie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Der McIlwain-Parameter für einen magnetischen Dipol
. . . . . . . . . . 18
Bewegung geladener Teilchen im Erdmagnetfeld
. . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Plasmaphysikalische Grundlagen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Cuto-Steigkeiten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Die Bahn der Internationalen Raumstation
. . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Wechselwirkung geladener Teilchen in Materie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Bethe-Bloch-Formel
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Die Energiedosis
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3 EUTEF/DOSTEL
40
Aufbau
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
II

Inhaltsverzeichnis
Halbleiterdetektor
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Teilchenregistrierung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Signalverarbeitung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4 Datenaufbereitung
47
Zeitsynchronisation
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Energiekalibrierung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
5 Berechnung des McIlwain-Parameters
54
Erweiterung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Traditionelle Berechnung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
6 Dateninterpretation
68
Zählratenprole
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Teilchenpopulation
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Energieverlustspektren
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Gemessene Dosiswerte mit DOSTEL
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Das Experiment DOSIS
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
7 Zusammenfassung
94
Literaturverzeichnis
98
A
102
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
B
104
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
C
105
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
III

Kapitel 1
Einleitung
Unsere Erde ist permanent einem Strom energiereicher Teilchen aus den Tiefen des
Weltraums ausgesetzt. Der österreichische Physiker Victor Franz Hess war der Erste,
der dieses Phänomen 1912 entdeckte. Anhand von Ballonügen bis 5000 Meter Höhe
erkannte er, dass die ionisierende Strahlung mit zunehmender Höhe ansteigt. Heute wis-
sen wir, dass es sich dabei um geladene Teilchen hoher Energie handelt, die nahezu
isotrop auf die Erde eintreen. Sie ist unter dem Begri Kosmische Strahlung bekannt.
Die Vermessung kosmischer energiereicher Teilchen wurde 1958 mit dem ersten amerikani-
schen Satelliten EXPLORER 1 fortgeführt. Das zur Vermessung benutzte Zählrohr von
James van Allen detektierte in groÿen Höhen auÿerordentlich hohe Zählraten, so dass
man vorerst glaubte, der Weltraum sei radioaktiv. Später erkannte man, dass es sich
hierbei vor allem um sehr energiereiche Teilchen handelt, die im Gegensatz zur Kosmi-
schen Strahlung im Erdmagnetfeld gefangen sind. Man gab dieser Population den Namen
Van-Allen-Gürtel bzw. Strahlungsgürtel. Nahe der Erdoberäche treten diese nur
in bestimmten Bereichen, beispielsweise im Bereich der sogenannten Südatlantischen
Anomalie (SAA) in Erscheinung.
Die Bedeutung dieser energiereichen Teilchen liegt darin, dass sie mit der Atmosphäre
wechselwirken können: Trit die kosmische Primärstrahlung auf die Erdatmosphäre,
1

Kapitel 1 Einleitung
Kapitel 1 Einleitung
so werden die Moleküle und Atome der Lufthülle ionisiert, wobei zahlreiche weitere
Sekundärteilchen entstehen, die ebenfalls ionisierend und daher auch schädigend wirken
können. Da die abschirmende Wirkung der Erdatmosphäre mit zunehmender Höhe ab-
nimmt, ist es besonders für Astronauten der Internationalen Raumstation (ISS) von
Bedeutung das Strahlungsfeld in diesen Höhen zu bestimmen. Dieses setzt sich aus
der energiereichen Kosmischen Strahlung und den in höherer Intensität auftretenden
Strahlungsgürtelteilchen zusammen. Ein Maÿ zur Abschätzung der Strahlenbelastung
ist die Energiedosis.
Neben den unterschiedlichen Eigenschaften der Teilchen ist es auch wichtig, ihre Her-
kunft zu kennen. Eine wesentliche Rolle kommt hierbei dem Erdmagnetfeld zu, da es
einerseits die Kosmische Strahlung abschirmt und andererseits die Magnetfeldlinien die
Bahnen der Strahlungsgürtelteilchen bestimmen. Daher ist es von Bedeutung, nicht nur
die Magnetfeldstärke an der Erdoberäche, sondern auch den Verlauf der Feldlinien
zu kennen. Ein Maÿ hierfür ist der sogenannte L-Parameter, der für ein Dipolfeld den
Abstand der Feldlinie vom Erdmittelpunkt in der Äquatorialebene angibt. Ist der L-
Parameter für eine gegebene Feldlinie bekannt, lässt sich auf den Ort der im Magnetfeld
gefangen Teilchen schlieÿen.
Um die Strahlenexposition der Astronauten zu bestimmen, wurden bereits mehrfach
Messungen auf der ISS durchgeführt, deren Bahn die Erdoberäche zwischen 51,6 Grad
nördlicher und südlicher Breite abdeckt. Das DOSimetrie TELeskop DOSTEL auf der
EUTEF-Plattform (European Technology Exposure Facility), die im Zeitraum von
Februar 2008 bis September 2009 am europäischen Columbus-Modul der ISS montiert
war, bot erstmals über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit auch Messungen im
energieärmeren Bereich durchzuführen. Denn im Gegensatz zu früheren Missionen war
das Gerät im freien Weltraum angebracht. Somit wurden die energiearmen Teilchen nicht
von der Wand der ISS abgeschirmt. Mit dem seit Juli 2009 innerhalb der Station ange-
brachten Instruments DOSIS, wurde es möglich das Strahlenfeld innerhalb der Station
mit dem auÿerhalb zu vergleichen.
2

Kapitel 1 Einleitung
Kapitel 1 Einleitung
Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich folgende Fragen:
·
Wie lässt sich der L-Parameter auf das tatsächliche Erdmagnetfeld verallgemei-
nern?
·
Welcher der beiden oben genannten Teilchenpopulation sind die detektierten Teil-
chen zuzuordnen?
·
Lässt sich daraus auch auf die Teilchensorte schlieÿen?
·
Welche (niedrigeren) Energiebereiche werden durch die ISS abgeschirmt?
·
Wie ändert sich die Energiedosis durch den Beitrag der energieärmeren Kom-
ponente infolge der fehlenden Abschirmung?
Im Rahmen dieser Arbeit sollen die von DOSTEL gemessenen Zählraten und Energie-
spektren ausgewertet werden. Insbesondere soll die Quelle der Teilchen bestimmt werden,
die auÿerhalb der bereits bekannten SAA stark erhöhte Zählraten bis zu 1000 Teilchen
pro Sekunde aufweisen. Hierfür werden zunächst nach einem Überblick über die Grund-
lagen in Kapitel
2
und der Funktionsweise des Instruments EUTEF/DOSTEL in Kapitel
3
die Messdaten in Kapitel
4
aufbereitet. In Kapitel
5
wird anschlieÿend das Erdmagnet-
feld beschrieben und versucht eine neue Denition des L-Parameters zu nden. Die von
dem Gerät detektierten Teilchen werden anhand der Energiespektren in Kapitel
6
disku-
tiert und aus ihnen die Energiedosis berechnet. Insbesondere wird auf die Herkunft der
Teilchen eingegangen. Zum Abschluss werden die Ergebnisse von DOSTEL auf EUTEF
mit denen des in der ISS montierten Experiments DOSIS verglichen.
3

Kapitel 2
Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
Die Erforschung des interplanetaren Mediums wurde von Hannes Alfvén 1942 eingelei-
tet. Er hatte mit Hilfe bodengestützer Beobachtungen gezeigt, dass die Sonne eine sehr
heiÿe und hochionisierte äuÿere Atmosphäre besitzt. Die dabei entstandene Vermutung
einer statischen Gashülle wurde erstmals 1951 durch Ludwig Biermanns Postulat eines
von der Sonne wegströmenden Plasmas nach Beobachtungen von Kometenschweifen ver-
worfen. Kurze Zeit später entwickelte Parker das erste Sonnenwindmodell.
Durch in-situ-Messungen wissen wir heute, dass es sich beim Sonnenwind um ein Plas-
ma bestehend aus Protonen, Elektronen und einer geringen Menge an -Teilchen han-
delt. Die Geschwindigkeit des Sonnenwinds bewegt sich im Mittel zwischen 300 km/s
(langsamer Sonnenwind) und 800 km/s (schneller Sonnenwind) (
Prölls
,
2004
). An der
sogenannten Heliopause stellt sich ein Druckgleichgewicht zwischen dem radial von der
Sonne wegströmenden Sonnenwind und dem lokalen interstellaren Medium in einer Ent-
fernung von ungefähr 100 astronomischen Einheiten (1AE: Abstand Sonne-Erde 149
Mio km) ein. Der darin begrenzte und von der Sonne dominierte Bereich wird Heliosphäre
4

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
genannt. In der Heliosphäre werden neben den energiearmen Sonnenwindteilchen auch
solare energiereiche Teilchen (Solar Energetic Particles, SEPs), die in den Massenaus-
brüchen der Sonne beschleunigt werden, beobachtet, sowie Teilchen anderer Herkunft
im Energiebereich von einigen keV bis hin zu 10
20
eV detektiert. Vorwiegend handelt es
sich hierbei um Protonen, Elektronen und schwere Kerne der Galaktischen Kosmischen
Strahlung (siehe Kapitel
2
). Für diese Arbeit sind vorwiegend Teilchen der Galaktischen
Kosmischen Strahlung, sowie Teilchen aus den Strahlungsgürteln der Erde von Bedeu-
tung und werden daher im Folgenden näher erläutert.
Strahlungsgürtelteilchen
Gelangen geladene Teilchen in das Erdmagnetfeld, so können sie dort innerhalb der
Strahlungsgürtel eingeschlossen werden. Ein Strahlungsgürtel bezeichnet eine Popula-
tion energiereichen Teilchen, die auf stabilen Bahnen innerhalb der Plasmasphäre gefan-
gen sind. Die Erde hat zwei Strahlungsgürtel, einen inneren und einen äuÿeren, die
sich gürtelförmig im Abstand von einigen Erdradien in der Äquatorebene um die Erde
erstrecken. Sie wurden 1958 von James van Allen im Zuge der amerikanischen Satelliten-
missionen Explorer nachgewiesen (
van Allen
,
1958
). Daher werden sie auch Van-Allen-
Gürtel genannt.
Der innere Van-Allen-Gürtel besteht aus energiereichen Protonen (Teilchenenergie > 30
MeV) und Elektronen (Teilchenenergie > 1,6 MeV) mit annähernd konstanter Teilchen-
dichte, sowie aus einem geringen Anteil schwererer Teilchen. Der äuÿere Gürtel ist ener-
gieärmer (Teilchenenergie < 1 MeV) und beinhaltet hauptsächlich Elektronen. Er un-
terliegt starken Schwankungen in Abhängigkeit der Sonnenaktivität.
In Abbildung
6.7
sind die Verteilung der Strahlungsgürtel im Erdmagnetfeld und die
Linien konstanten Teilchenusses verdeutlicht.
5

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
(a)
(b)
Abbildung 2.1: Schematischer Schnitt durch die Van-Allen-Gürtel. Der Abstand
vom Erdmittelpunkt ist in Erdradien (R
E
) angegeben. Bild (a) verdeutlicht die Pro-
tonengürtelverteilung, Bild (b) die Elektronengürtelverteilung. Die in grau schattierten
Flächen deuten Bereiche verschiedener Energie an (
Kippenhahn und Möllenho
,
1975
).
Die linke Darstellung zeigt die Verteilung der Protonen, wobei die durchgezogenen Linien
die Verteilung der Teilchen mit Energien gröÿer als 30 MeV darstellen und die gepunktete
Fläche solche mit Energien zwischen 0,1 und 5 MeV. Es fällt auf, dass in Entfernungen
innerhalb von einem Erdradius (1 R
E
= 6371 km) kaum Protonen zu nden sind. Sie
werden durch Wechselwirkungen mit der oberen Atmosphäre aus ihrer Oszillationsbahn
(vgl. Kapitel
2
) geworfen und absorbiert. Weiter auÿen im Magnetfeld nimmt die Dichte
der Teilchen stark ab. Der Fluÿ der energiearmen Protonenkomponente (0,1 bis 5 MeV)
ist wesentlich gröÿer als der der energiereichen Protonenkomponente (>30 MeV).
Im rechten Bild ist die Elektronengürtelverteilung gezeigt. Die niederenergetische Kom-
ponente (0,04 bis 1 MeV), dargestellt durch den gepunkteten Bereich, ist weiter aus-
geprägt als bei den Protonen. Sie erstreckt sich zwischen 1,0 und 8,5 R
E
. Die energierei-
che Komponente (durchgezogene Linien) mit Energien gröÿer als 1,6 MeV ist ebenfalls
6

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
weitläuger ausgedehnt als bei den Protonen, nämlich bis 7 R
E
.
Tabelle
2
fasst die Energien und Intensitäten der Strahlungsgürtelteilchen zusammen.
Region
Komponente Energie E / MeV Intensität I / cm
2
sec
-1
innerer Gürtel
Protonen
E> 30, 0
10
2
<I<10
4
Elektronen
E> 1, 6
10
2
<I<10
4
äuÿerer Gürtel
Protonen
0, 1 <
E< 5, 0
I< 10
8
Elektronen
0, 04 <
E< 1, 0
I< 10
8
Tabelle 2.1: Zusammenfassung der Energien und Intensitäten der Teilchen des inneren
und äuÿeren Strahlungsgürtels für mittlere Sonnenaktivität (
Kippenhahn und Möllenho
,
1975
).
Die Anzahl der Strahlungsgürtelteilchen wird durch Verlust- und Quellprozesse in Waage
gehalten. Verluste entstehen zum einen durch Streuung der Teilchen an magnetischen
Fluktuationen oder durch Wechselwirkung mit Atmosphärenteilchen, wobei Teilchen
dadurch die magnetische Flasche (siehe Abbildung
2.11
bzw. Kapitel
2
) verlassen können.
Zum anderen kann sich auch die Magnetfeldstruktur ändern, zum Beispiel durch starke
solare Ereignisse. Die energiereichen Protonen im inneren Gürtel werden lokal durch
den sogenannten CRAND-Prozess (Cosmic Ray Albedo Neutron Decay) produziert,
bei dem die nicht stabilen Neutronen in ein Proton, ein Elektron und ein Neutrino zer-
fallen (z.B. (
Kallenrode
,
1998
)). Diese Neutronen enstehen durch Wechselwirkung der
Galaktischen Kosmischen Strahlung mit der Erdatmosphäre. Dieser Prozess ist alledings
nicht ezient genug, um die Enstehung des Elektronengürtels zu erklären. Die Elek-
tronen stammen aus zwei anderen Quellen, zum einen aus dem Sonnenwind und zum
anderen aus der Ionosphäre, aus der sie in der Umgebung der magnetischen Pole in die
Magnetosphäre eindringen. Ursache dafür sind feldlinienparallele Ströme, die die Magne-
tosphäre mit der Ionosphäre verbinden (Birkelandströme). Bei erhöhter solarer Aktivität
steigt der Elektronenuss im äuÿeren Strahlungsgürtel an. Zum einen gelangen die Elek-
7

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
tronen durch Magnetfeldlinienverschmelzung (Rekonnextion) in die Schweifregion und
zum anderen über die Polkappen durch Konvektion der Feldlinien. Da die Elektronen-
energien in der Ionosphäre kleiner als 1 eV sind und solche im Sonnenwind im Durch-
schnitt eine Energie von 10 eV haben, im Strahlungsgürtel aber Elektronenenergien
bis 15 MeV erreicht werden, muss es einen Beschleunigungsmechanismus geben. Dieser
beruht auf magnetischen Fluktuationen, die zum Beispiel zur Fermi-Beschleunigung
zweiter Ordnung führen, bei der Teilchen, die durch ein turbulentes Plasma hindurch
diundieren, beschleunigt werden.
Galaktische Kosmische Strahlung
Bis zum Jahre 1912 glaubte man, dass die auf der Erde messbare ionisierende Strahlung
von radioaktiven Elementen aus dem Erdmantel stamme. Mit Viktor Hess' Entdeckung
einer Zunahme der Strahlung mit der Höhe, glaubte man zunächst eine neue Art von
elektromagnetischer Strahlung erkannt zu haben und gab ihr daher den Namen Höhen-
strahlung. Erst später wurde klar, dass es sich dabei um energiereiche Teilchen handelt,
die vor allem galaktischen Ursprungs sind.
Diese Galaktische Kosmische Strahlung (`"Galactic Cosmic Ray, GCR) fällt isotrop und
zeitlich konstant in das Sonnensystem ein. Sie setzt sich aus einer geladenen Komponente
zusammen, sowie aus Neutrinos und Photonen. Die geladene Komponente besteht zu
87%
aus Protonen, 12% -Teilchen, 1% schweren Kernen und 2% Elektronen (
Ginzburg
und Syrovatskii
,
1964
). Die Abbildung
2.2
verdeutlich das Energiepektrum der GCR.
8

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
Abbildung 2.2: Spektrum der Galaktischen Kosmischen Strahlung. Es sind Spektren
für verschiedene Teilchen bei unterschiedlicher Sonnenaktivität dargestellt. Der jeweils
obere Ast stellt den Verlauf im solaren Minimum und der untere den Verlauf im solaren
Maximum dar (
Meyer et al.
,
1974
).
Bis zu einigen 100 MeV steigt die Intensität der Teilchen mit zunehmender Energie an.
Bei höheren Energien jedoch nimmt ihre Intensität sehr stark ab. Die Aufspaltung in
drei Kurven für jede Teilchensorte im Bereich von eingen 100 MeV ist auf die Modulation
durch solare Aktivität zurückzuführen, vgl. z.B. (
Heber et al.
,
2006
). Bei niedriger Son-
nenaktivität ist das interplanetare Magnetfeld zum einen schwach ausgeprägt und zum
9

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
anderen weist es weniger Fluktuationen auf. Daher werden die Teilchen der GCR nur sel-
ten an Magnetfeldirregularitäten gestreut und können in das Sonnensystem eindringen.
Sie gyrieren entlang der Magnetfeldlinien und gelangen so in das innere Sonnensystem.
Mit zunehmender solarer Aktivität kann eine Verschiebung des Intensitätsmaximums zu
höheren Energien und ein geringerer Teilchenuÿ der GCR erkannt werden, da es durch
die Änderung des interplanetaren Magnetfeldes zur erhöhten Streuung der Teilchen am
Magnetfeld kommt.
Modulation der Galaktischen Kosmischen Strahlung
Für die Galaktische Kosmische Strahlung ergibt sich vor Eintritt in die Heliosphäre
ein charakteristisches Spektrum, das sogenante Lokale Interstellare Spektrum (LIS).
Dieses Spektrum wird in Kapitel
4
verwendet, um daraus eine Beziehung zwischen dem
Teilchenuss im Erdmagnetfeld und der Cuto-Steigkeit (siehe Kapitel
2
) herzuleiten.
Deshalb wird das LIS im Folgenden kurz vorgestellt.
Das LIS stellt die Randbedingung für das sogenannte `"Force Field Model dar, das
den Einuÿ der Teilchenausbreitung auf das GCR-Spektrum in der Heliosphere verein-
facht beschreibt. Dieses ist bis heute nicht bekannt, lässt sich aber mit Hilfe verschiede-
ner Modelle abschätzen. Ein daraus resultierendes Ergebnis für die Intensität J
LIS
des
Spektrums lautet
J
LIS
(E) =
1, 9 · 10
4
· R(E)
-2,78
1 + 0, 4866 · R(E)
-2,51
(2.1)
(
Burger et al.
,
2000
). R(E) ist hier die Steigkeit (vgl. Kapitel
2
) eines geladenen
Teilchens in Abhängigkeit seiner kinetischen Energie E. Sie berechnet sich zu:
R(E) =
E(E + 2E
0
) ·
c
q
(2.2)
mit E
0
als Ruheenergie des Teilchens und der Lichtgeschwindigkeit c.
Während sich die Teilchen durch die Heliosphäre in Richtung Erde bewegen, werden sie
10

Kapitel 2 Grundlagen
Teilchenpopulationen im erdnahen Raum
an Irregularitäten des Sonnenmagnetfeldes zu niedrigeren Energien gestreut. Daher wird
die Intensität J
i
einer bestimmten Teilchensorte i für die Nähe der Erdbahn durch einen
Modulationsparameter erweitert, z.B. (
Usoskin et al.
,
2005
). Es gilt
J
i
(E, ) = J
LIS
(E +
i
) ·
E(E + 2E
0
)
(E +
i
) · (E +
i
+ 2E
0
)
(2.3)
mit
i
=
Z
i
·
A
i
.
Z
i
und A
i
sind die Ladungs- und Massenzahl eines kosmischen Teilchens der Sorte i. Der
Modulationsparameter variiert zwischen 300 MV im solaren Minimum und bis zu 1000
MV im solaren Maximum (
Caballero-Lopez und Moraal
,
2004
). Für diese Arbeit wurde
ein Wert von 300 MV angenommen, da wir uns 2008 während der Messungen im solaren
Minimum befanden.
Abbildung 2.3: Lokales Interstellares Spektrum (LIS) vor Eintritt in die Heliosphäre, in
grün dargestellt. Das von der Sonne modulierte Spektrum im solaren Minimum (=300
MV) bei 1 AE ist in rot dargestellt.
11

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
In Abbildung
2.3
ist das LIS (grün) und das modulierte Spektrum (rot) bei 1 AE für
Protonen aufgetragen. Betrachten wir die rote Kurve, so ist im Energiebereich um 0,5
GeV die gröÿte Intensität zu erkennen. Bei höheren Energien nimmt sie stetig ab, da im
interstellaren Medium weniger hochenergetische Teilchen vorkommen. Am deutlichsten
ist die solare Modulation am Knick im Bereich der Energien unterhalb von 0,5 GeV
erkennbar.
Das Erdmagnetfeld
Das erdnahe Magnetfeld
Gelangen die geladenen Teilchen in das Erdmagnetfeld, so wird ihre Ausbreitung bis zur
Erdoberäche durch dieses beeinusst. Um das Verhalten von Ladungsträgern im Erd-
magnetfeld zu verstehen, soll zunächst das Erdmagnetfeld näher beschrieben werden.
Als erdnahes Magnetfeld bezeichnet man das Gebiet, welches weniger als sechs Erdradien
vom Erdmittelpunkt entfernt ist, denn in dem Bereich wird das Feld hauptsächlich durch
den Erddynamo (interne Quellregion) bestimmt. Externe Quellregionen, wie beispiels-
weise Wechselwirkungen des Sonnenwinds mit dem Erdmagnetfeld, die unter anderem
zu Magnetopausen- und Schweifstrom führen, können in diesem Bereich vernachlässigt
werden. Abbildung
2.4
verdeutlicht das erdnahe Magnetfeld.
12

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Abbildung 2.4: Magnetfeldlinien der Erde, berechnet nach dem IGRF-Modell
Es zeichnet sich durch erdoberächenparallele Magnetfeldrichtungen in niedrigen geo-
graphischen Breiten aus und durch erdoberächensenkrechte Magnetfeldrichtungen in
hohen Breiten. Die Feldlinien zeigen eine ellipsenähnliche Gestalt mit erhöhten Feldin-
tensitäten in Polnähe und niedrigen am Äquator. Das Zentrum des magnetischen Dipols
ist aus dem Erdmittelpunkt um 0,073 R
E
verschoben, wobei der Verschiebungsvektor
bei 18,3 Grad nördlicher Breite und 147,8 Grad östlicher Länge liegt (
NSSDC
,
2007
).
Im Folgenden soll die Berechnung des Erdmagnetfelds näher erläutert werden, da jene
für die in Kapitel
5
berechneten L-Parameter benutzt wurde.
Schon Carl Friedrich Gauÿ hatte 1839 gezeigt, dass sich das Erdmagnetfeld als Summe
von Beiträgen darstellen lässt, die aus externen und internen Quellregionen herrühren.
Zieht man nur das erdnahe Magnetfeld in Betracht, können die äuÿeren Quellen ver-
nachlässigt und das Feld als stromfrei betrachtet werden. Es gilt dann
× B = µ
0
j = 0
(2.4)
13

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Das Erdmagnetfeld B lässt sich daher nach Gauÿ (vgl.
Gauss und Weber
(
1836
)) als
Gradient eines Skalarpotentials darstellen:
B = -
(2.5)
Aufgrund der Divergenzfreiheit des Magnetfeldes
· B = 0
(2.6)
muss zusätzlich gefordert werden, dass
= 0.
(2.7)
Das Potential lässt sich allgemein als Überlagerung von Kugelächenfunktionen darstellen,
die in sphärischen Polarkoordinaten (r,, ) Lösungen der Laplace-Gleichungen sind
(z.B. (
Connerney
,
1993
)), wobei auch stromfreie externe Quellen berücksichtigt werden
können:
(r, , ) = R
n=0
r
R
n
T
(ext)
n
(, ) +
R
r
n+1
T
(int)
n
(, )
(2.8)
R ist der Erdradius, T
(ext)
n
(, )
und T
(int)
n
(, )
die externen und internen Quellen, die
durch folgende Ausdrücke beschrieben werden:
T
(ext)
n
(, ) =
n
m=0
P
m
n
(cos ) (G
m
n
cos(m) + H
m
n
sin(m))
(2.9)
T
(int)
n
(, ) =
n
m=0
P
m
n
(cos ) (g
m
n
cos(m) + h
m
n
sin(m))
(2.10)
G
m
n
, H
m
n
, g
m
n
, sowie h
m
n
sind die (Schmidt-)Entwicklungskoezienten und P
m
n
die Schmidt-
normierten Legendre-Funktionen der Ordnung n und m. Diese sind deniert als:
P
m
n
(x) = N
nm
(1 - x)
m
·
d
m
P
n
(x)
dx
m
(2.11)
14

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
wobei N
nm
und P
n
die Normierungsfaktoren bzw. die Legendre-Polynome der Ordnung
n darstellen:
N
nm
=
1
m = 0
,
2(n-m)!
(n+m)!
sonst.
(2.12)
P
n
(x) =
1
2
n
n!
d
n
(x
2
- 1
n
)
dx
n
(2.13)
In dieser Arbeit wurde das Erdmagnetfeld nach Gleichung (
2.5
) unter Vernachlässigung
äusserer Quellen für eine Flughöhe der ISS von 350 km berechnet. Die dafür nötigen
Entwicklungskoezienten g
m
n
und h
m
n
wurden aus dem Internationalen Geomagnetischen
Referenzfeld (IGRF) entnommen (siehe Anhang A). Alle fünf Jahre wird ein neuer Ko-
ezientensatz entwickelt. Der in dieser Arbeit verwendete Koezientensatz basiert auf
dem Jahr 2005. Mit Hilfe von Interpolation lieÿ sich auf die Koezienten des Jahres
2008 schlieÿen (
IAGA
,
2005
).
Für das erdnahe Magnetfeld ist die Näherung nach dem IGRF-Model ausreichend genau.
Die Einbeziehung externer Quellen nach (
Tsyganenko
,
1989
) ergibt nur einen geringen
Unterschied, wie man aus Abbildung
2.5
erkennen kann.
15

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Abbildung 2.5: Vergleich des Tsyganenko-Modells mit dem IGRF-Modell. Links oben:
Verteilung der L-Parameter nach Tsyganenko; rechts oben: Verteilung der L-Parameter
nach dem IGRF-Modell; unten: Dierenz beider Modelle.
Hier ist der L-Parameter (siehe Kapitel
2
) in Erdradien farblich über die geographische
Länge und Breite aufgetragen. Das linke obere Bild zeigt die Verteilung im Tsyganenko-
Modell, das rechte obere die im IGRF-Modell. Das untere Bild verdeutlicht die Dierenz
beider Modelle. In hohen geomagnetischen Breiten (51,6 Grad) erreicht der L-Parameter
in beiden Modellen den gröÿten Wert von L = 6 R
E
. Dort ergeben sich ebenfalls die
stärksten Abweichungen beider Modelle ab Werten von L = 4 R
E
bzw. L = -2.
16

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Die Südatlantische Anomalie
Bereits Alexander von Humboldt hatte 1809 durch Messungen festgestellt, dass die In-
tensität des Erdmagnetfelds vor der Küste Brasiliens auallend klein war, verglichen mit
anderen Gebieten in ähnlicher Breite.
Das Erdmagnetfeld ist nicht symmetrisch um die Erdachse verteilt. Zum einen sind
die Magnetfeldachse und die Dipolachse um 169 Grad geneigt und zum anderen ist
der magnetische Dipol um ungefähr 0,073 R
E
(siehe vorheriger Abschnitt) aus dem
Erdmittelpunkt in Richtung des westlichen Paziks verschoben. Aufgrund dessen ist die
Region vor der Küste Brasiliens am weitesten von der Magnetfeldachse entfernt und
daher die Magnetfeldstärke dort niedriger. Dies führt auÿerdem dazu, dass an dieser
sogenannten Südatlantischen Anomalie (SAA) der innere Strahlungsgürtel der Erdober-
äche am nächsten kommt, wie in Abbildung
2.6
angedeutet ist.
Abbildung 2.6: Verdeutlichung zur Entstehung der Südatlantischen Anomalie (SAA).
Der innere Strahlungsgürtel reicht bis 200 km Höhe an die Erdoberäche. (
Adriani
,
2008
).
17

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Aufgrund der Kippung der Magnetfeldachse liegen die Spiegelpunkte (siehe Kapitel
2
) für eine gegebene L-Schale in der Südatlantik-Region am niedrigsten. Wie
Gledhill
(
1976
) zeigte, ist auch die Dierenz der Spiegelpunkthöhen in der Region niedrig, was
zu einer erhöhten Teilchenverteilung führt.
Roederer et al.
(
1967
) hat Berechnungen zu
eingeschlossenen Teilchen im Erdmagnetfeld nach einem Multipol-Modell durchgeführt.
Dabei zeigte er, dass erst die Quadropolterme (Terme mit n=2 in der Entwicklung (
2.8
))
die Anomalie am besten zeigen, und zu dem auch die Spiegelpunktebene in diesem Be-
reich senken.
Für eine Höhe von 200 km über der Erdoberäche dehnt sich die SAA von ungefähr -10
Grad bis -48 Grad geographischer Breite und von -70 Grad bis 10 Grad geographischer
Länge aus.
Der McIlwain-Parameter für einen magnetischen Dipol
Der Schalenparameter L, auch McIlwain-Parameter genannt, ist für ein Dipolfeld deniert
als der Abstand einer Feldlinie vom Erdmittelpunkt am magnetischen Äquator in Ein-
heiten von Erdradien. Er ergibt sich in Abhängigkeit der magnetischen Breite (r =
1) =
0
zu
L =
1
sin
2
(
0
)
.
(2.14)
Die Abbildung
2.7
zeigt den Verlauf einer Magnetfeldlinie und den zugehörigen L-
Parameter.
18

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
Abbildung 2.7: Veranschaulichung des L-Parameters in Abhängigkeit der magnetischen
Breite für ein Dipolfeld.
Der Wert r ist der Erdradius und
0
ist der Winkel zwischen Dipolachse und der Tan-
gente am Schnittpunkt der Magnetfeldlinie mit der Erdoberäche. Die Herleitung der
Beziehung (
2.14
) aus den Magnetfeldkomponenten eines Dipolfeldes wird im Folgenden
gezeigt:
Da jedes Magnetfeld divergenzfrei sein muÿ ( · B = 0), läÿt sich das Magnetfeld als
Rotation eines Vektorpotentials A schreiben:
B =
× A
Schon Euler hatte gezeigt (vgl.
Stern
(
1969
)), dass sich das Magnetfeld auch schreiben
läÿt als
B =
×
,
(2.15)
wenn A = · und die Divergenzfreiheit für beliebige Skalarpotentiale und erfüllt
ist (siehe Anhang B).
Für ein (ungeneigtes) Dipolfeld ergibt sich für das Potential die Beziehung
=
sin
2
()
r
,
(2.16)
19

Kapitel 2 Grundlagen
Das Erdmagnetfeld
da alle Entwicklungskoezienten aus (
2.9
) und (
2.10
) auÿer g
0
1
verschwinden, so dass
von der Form
=
0
·
cos()
r
2
(2.17)
ist, wobei
0
= R
E
2
g
0
1
.
(2.18)
Nach Einsetzen von in (
2.5
) ergeben sich die Magnetfeldkomponenten für einen mag-
netischen Dipol zu
B
r
=
0
2 cos()
r
3
B
=
0
sin()
r
3
B
= 0
Die Beziehung B = × nach Euler können wir mit der aus Gleichung (
2.5
) bekann-
ten Beziehung B = - gleichsetzen und hieraus durch Integration berechnen:
-
= ( ×
)
(2.19)
In sphärischen Polarkoordinaten erhalten wir dann
=
r
1
r
0
.
Da das Dipolfeld unabhängig von der magnetischen Länge ist, wählen wir = , so
dass
=
0
0
1
r·sin()
=
0
0
1
·
1
r sin
.
20

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836642538
DOI
10.3239/9783836642538
Dateigröße
7.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel – Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Angewandte Physik
Erscheinungsdatum
2010 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
dosismessungen erdmagnetfeld dosimetrieteleskop strahlung teilchen
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Titel: Einfluss geomagnetischer Effekte auf die Zählraten von EUTEF/DOSTEL an der Internationalen Raumstation
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