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Ausrichtung von Pferden unter dem Einfluss von Hochspannungsleitungen

©2009 Examensarbeit 57 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Tiere haben im Gegensatz zu Pflanzen die Möglichkeit, sich aktiv in ihrem Lebensraum zu bewegen, um für sie nutzbare Ressourcen zu finden und sich an wechselnde soziale und ökologische Bedingungen anzupassen. Damit sie sich in ihrer Umgebung zurechtfinden können, gibt es verschiedene Mechanismen zur Orientierung in Raum und Zeit.
Problemstellung:
Noch immer ist nicht geklärt, ob Pferde einen Magnetkompass besitzen. Die Ergebnisse der Studie zur Magnetorientierung bei Rindern, Rehen und Rotwild sprechen für einen Magnetsinn bei Wiederkäuern und legen die Vermutung nahe, dass auch Pferde über einen Magnetsinn verfügen.
Die vergleichenden Studien zu Wiederkäuern haben ergeben, dass Hochspannungsleitungen einen Einfluss auf die Ausrichtung der Tiere haben. Die Nord-Süd (N-S) Präferenz hebt sich in der Nähe von Hochspannungsleitungen auf, es liegt eine randomisierte Verteilung vor, die als Hinweis auf die Desorientierung im Zusammenhang mit den Leitungen gesehen werden kann.
Ein gleiches oder ähnliches Ergebnis wurde auch für die Studie bei Pferden erwartet. Demnach müssten Pferde in der Nähe von Hochspannungsleitungen desorientiert sein und keine eindeutige Präferenz im Hinblick auf ihre Ausrichtung zeigen.
Gang der Untersuchung:
Meine Examensarbeit soll einen wesentlichen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob Pferde von dem magnetischen Feld einer Hochspannungsleitung abgelenkt werden. Um der Fragestellung nachzugehen, habe ich folgende Arbeitshypothesen aufgestellt:
1) Sollte die in der Arbeit von Hardes (2009) gefundene Richtungspräferenz auf der Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes basieren, dann ist anzunehmen, dass die Tiere von dem magnetischen Feld der Hochspannungsleitungen abgelenkt werden.
2) Es wird angenommen, dass gerade die Tiere in unmittelbarer Nähe einer Hochspannungsleitung (0-5m) desorientiert sind, da das Magnetfeld dort am stärksten ist.
3) Der vermutete Effekt einer Desorientierung sollte mit zunehmender Entfernung von den Leitungen deutlich abnehmen.
4) Die Studie von Burda et al. (2009) zeigte einen Shift der Richtungspräferenz bei Rindern von N-S nach O-W, vermutlich bedingt durch die starke Intensität des Magnetfeldes bei ost-westlich verlaufenden Hochspannungsleitungen: analog dazu wird ein signifikanter Shift bei Pferden vermutet, der von ihrer NO-SW Richtungspräferenz abweicht.
Im Folgenden werden das benötigte Material, die Methode und die Ergebnisse vorgestellt. Im Anschluss folgt eine […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Andreas Klein
Ausrichtung von Pferden unter dem Einfluss von Hochspannungsleitungen
ISBN: 978-3-8366-4232-3
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Duisburg, Universität Duisburg-Essen, Standort Essen, Essen, Deutschland,
Staatsexamensarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung... 04
1.1 Orientierung... 04
1.1.1 Zeitliche Orientierung... 04
1.1.2 Räumliche Orientierung... 05
1.2 Navigation... 05
1.2.1 Kompass Systeme... 07
1.2.2 Magnetorientierung... 08
1.2.3 Magnetic Alignment... 12
1.3 Aufbau und Funktionsweise von Freileitungen... 14
1.4 Pferde (Equidae)... 17
1.4.1 Soziale Organisation und Rangordnung... 19
1.4.2 Das Pferd als Nutztier... 20
1.4.3 Magnetorientierung bei Pferden... 21
1.5 Fragestellung und Zielsetzung... 22
2 Material und Methoden... 24
2.1 Material... 24
2.2 Methode... 24
2.2.1 Google Earth... 24
2.2.2 Identifizierung der Pferde... 25
2.2.3 Auswahl der Lokalitäten... 27
2.2.4 Bearbeitung... 29
2.2.5 Statistik... 30

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3 Ergebnisse... 32
3.1 Kopfrichtung von Pferden in der Nähe von Hochspannungsleitungen
(<200m)... 32
3.2 Körperrichtung von Pferden in der Nähe von Hochspannungsleitungen
(<200m)... 34
3.3 Ausrichtung der Pferde unter Hochspannungsleitungen (0-5m)... 35
3.4 Ergebnis unter Berücksichtigung der Leitungsrichtungen... 37
3.5 Ergebnisse der N-S und O-W ausgerichteten Hochspannungsleitungen
unter Berücksichtigung der Abstände... 38
3.6 Korrelation mit dem Sonnenstand... 41
3.7 Verteilung der Pferde in Bezug auf die Entfernung von den
Hochspannungsleitungen... 41
4 Diskussion... 42
4.1 Stärken und Schwächen der Methode ... 42
4.2 Zusammenhang zwischen Kopfrichtung und Körperrichtung ... 43
4.3 Vergleich der Ausrichtung von Pferden und Wiederkäuern ... 44
4.4 Erklärungsansätze zur Ausrichtung der Pferde ... 46
4.5 Fazit... 48
5 Verzeichnisse... 49
5.1 Literaturverzeichnis... 49
5.2 Abbildungsverzeichnis... 53
5.3 Tabellenverzeichnis... 54
6 Danksagung... 55

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1 Einleitung
1.1 Orientierung
Tiere haben im Gegensatz zu Pflanzen die Möglichkeit, sich aktiv in ihrem
Lebensraum zu bewegen, um für sie nutzbare Ressourcen zu finden und sich an
wechselnde soziale und ökologische Bedingungen anzupassen (Kappeler,
2006). Damit sie sich in ihrer Umgebung zurechtfinden können, gibt es
verschiedene Mechanismen zur Orientierung in Raum und Zeit.
1.1.1 Zeitliche Orientierung
Die meisten Tiere sind zeitlichen Schwankungen in ihrer Umwelt ausgesetzt,
die sich in regelmäßigen Abständen wiederholen. Diese beinhalten
beispielsweise den Wechsel zwischen Tag und Nacht und den einzelnen
Jahreszeiten (Kappeler, 2006). Die Reaktion auf diese exogenen
geophysikalischen Reize kann direkt erfolgen, oder durch einen endogenen
Rhythmus, der das Verhalten des jeweiligen Tieres mit den äußeren Zeitgebern
synchronisiert (McFarland, 1999). Dabei unterscheidet man u.a. circadiane (24-
Stunden Periodik) und circannuale (365-Tage Periodik) Rhythmen.
Mithilfe der periodischen Veränderung des Sonnenstandes und der
Sonneinstrahlung durch die Erddrehung, können die Tiere ihren endogenen
Rhythmus kalibrieren. Demnach gibt es tag- oder nachtaktive Tiere, die ihre
Verhaltensweisen wie Nahrungssuche und ­aufnahme an die äußeren
Bedingungen angepasst haben (Kappeler, 2006). Auch auf jahreszeitliche
Schwankungen haben sich die inneren Uhren mancher Tiere eingestellt: Einige
Tiere suchen Schutzräume auf, andere legen Nahrungsvorräte an, wohingegen
Zugvögel und Wanderheuschrecken große Wanderungen antreten, um den
lokalen Bedingungen zu entgehen.

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1.1.2 Räumliche Orientierung
Die einfachsten Formen der räumlichen Orientierung sind die der Kinese und
der Taxis. Die Kinese ist eine Änderung der Aktivitäts- oder Umsatzrate als
Reaktion auf einen Reiz und unter dem Begriff Taxis versteht man die
gerichtete Orientierung in Bezug auf einen Reiz (Kappeler, 2006; Campbell,
2003). Die Larven der Großen Stubenfliege bewegen sich beispielsweise nach
erfolgreicher Nahrungsaufnahme durch Wahrnehmung der Lichtintensität
automatisch an einen dunklen Ort um sich zu verpuppen (McFarland, 1999).
Die beiden Oberbegriffe lassen sich weiter spezifizieren, so gibt es
beispielsweise
die
Orthokinese,
bei
der
der
Reiz
die
Bewegungsgeschwindigkeit beeinflusst und bei der Klinokinese werden die
Stärke und Wendungen der Bewegung durch den Reiz gesteuert. Der Begriff
Tropotaxis beschreibt die Bewegung geradlinig in Bezug auf einen Reiz unter
Beibehaltung eines Erregungsgleichgewichts paariger Sinnesorgane (z.B.
Richtungshören bei Laubheuschrecken) (Merkel, 1980). Richtet sich der
Körper entlang der Achse aus unter Beibehaltung des Reizgleichgewichts, führt
dies zu einer Zuwendung der Reizquelle (Kappeler, 2006).
Bei einer weiteren Methode der Orientierung finden sich die Tiere anhand
von Landmarken in ihrer Umgebung zurecht, indem sie optische Marker wie
zum Beispiel Kiefernzapfen, Blüten, etc. als Orientierungshilfe nutzen.
1.2 Navigation
Unter Navigation versteht man eine spezielle Form räumlicher Orientierung,
bei der die eigene Position in Bezug zu einem Zielpunkt mithilfe
unterschiedlicher Reize bestimmt wird und dieses Ziel von überall angesteuert
werden kann (Kappeler, 2006). Es gibt interne und externe Mechanismen, die
zur Navigation genutzt werden können. Eine Form der Navigation, bei der
innere Reize benutzt werden, wird als Wegintegration (path integration)
bezeichnet. Die Tiere navigieren demnach ohne Hilfe von äußeren
Landmarken. Dabei wird die aktuelle Position aus den vorangegangenen

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Bewegungen bestimmt, um so zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Externe
Mechanismen funktionieren auf Basis äußerer Reize (z.B. Sonne, Sterne,
Landmarken) (Rozhok, 2008).
Die echte Navigation setzt einen inneren Kompass voraus und die
kognitive Fähigkeit, den aktuellen Standpunkt in Relation zum Ziel zu
bestimmen (Murray, 2006). Dazu wird eine innere Karte benötigt, das heißt die
mentale Repräsentation von räumlichen oder zeitlichen Beziehungen zwischen
verschiedenen Objekten in einer bestimmten Umgebung (Rozhok, 2008).
Es ist anzunehmen, dass Vögel wichtige Aspekte einer inneren Karte erst
erlernen müssen, um erfolgreich zu navigieren. Bei einem Versuch von
Perdeck (Rabøl, 2003) im Jahre 1958, bei dem er juvenile und adulte Stare
einfing und abseits ihrer normalen Flugroute aussetzte, resultierte darin, dass
die juvenilen Stare nicht in der Lage waren die örtliche Verschiebung zu
kompensieren, wohingegen die adulten Tiere ihr Ziel trotzdem finden konnten.
Mouritsen und Larsen (1998) erhielten gleiche Ergebnisse bei einem Versuch
mit Trauerschnäppern: Auch hier waren juvenile Tiere nicht in der Lage, eine
innere Karte zum Navigieren zu benutzen. Bei Brieftauben werden die
Mechanismen zur Navigation kontrovers diskutiert: Während Wiltschko et al.
(2003) der Ansicht sind, dass die Tiere einen Magnetkompass besitzen,
vermuten Gagliardo et al. (2001) möglicherweise eine olfaktorische Karte,
welche in den ersten 3 Monaten der Individualentwicklung erlernt wird und
ihnen eine erfolgreiche Navigation durch Orientierung an Gerüchen in ihrer
Umgebung ermöglicht. Alle Ergebnisse zeigen, dass Jungtiere lediglich mit
einem inneren Kompass navigieren aufgrund angeborener Informationen. Sie
sind jedoch nicht in der Lage eine örtliche Verschiebung zu korrigieren, da
ihnen die kognitiven Fähigkeiten einer inneren Karte fehlen.
Die genaue Funktionsweise der Orientierungs- und Navigationsmechanismen
ist bisher noch nicht geklärt. Dazu gehört unter anderem die Frage, welche
Faktoren von den Tieren primär zur Orientierung genutzt werden (z.B.
olfaktorische oder visuelle Hinweise).
Als sicher gilt, dass es zwei verschiedene Mechanismen gibt, nach denen Tiere
navigieren. Bei der Verwendung der inneren Reize (path integration) gibt es

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eine innere mentale Repräsentation des Weges und bei der Verwendung
äußerer Reize werden externe Hinweise zur Navigation genutzt (Rozhok,
2008).
1.2.1 Kompass Systeme
Mit einem Kompass ist es den Tieren möglich unabhängig von ihrem Standort
eine bestimmte Richtung zu wählen, ohne dabei Bezug auf Landmarken zu
nehmen. Dabei stehen den Tieren verschiedene Kompasse zur Verfügung.
Der Sonnenkompass ist der am weitesten verbreitete und findet sich bei
Fischen (z.B. Loyacano, 1977), Insekten (z.B. Srygley, 2001) und Vögeln (z.B.
Wiltschko, 2000), aber auch bei manchen Reptilien (z.B. Foà, 2009) und
Säugetieren (z.B. Kimchi, 2003). Die Tiere orientieren sich dabei an der
senkrechten Projektion der Sonne auf den Horizont (Azimutstand), welche die
Richtungsinformation vorgibt. Die innere Uhr gibt die korrespondierende
Zeitangabe, damit die Tiere zu einer bestimmten Tageszeit einen
entsprechenden Winkel einschlagen können (Kappeler, 2006).
Nachtziehende Vögel und andere nachtaktive Tiere besitzen einen
Sternenkompass (Wiltschko, 1996), bei dem der Polarstern den Fixpunkt
darstellt an dem sie sich orientieren.
Manche Insekten (z.B. Homberg, 2004) können auch das
Polarisationsmuster des Sonnenlichts zur Orientierung nutzen.
Ein Mondkompass wurde bisher nur bei Strandflohkrebsen nachgewiesen
(Kappeler, 2006, Waterman 1990). Sie nutzen den Mond als Kompass, um
auch nachts optimale Feuchtigkeitsbedingungen finden zu können.
Die genauen Eigenschaften und Nutzungsweisen eines Magnetkompass werden
im nächsten Kapitel ausführlich besprochen.

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1.2.2 Magnetorientierung
Das Magnetfeld der Erde wird von vielen Tieren als Informationsquelle zum
Navigieren benutzt und ist deswegen von großer Bedeutung für die
Orientierung. Es handelt sich dabei um ein Dipol-Feld, dessen Ursprung sich
im äußeren flüssigen Eisenkern der Erde befindet (Stapput, 2006). Die
magnetischen Pole fallen mit den geographischen Polen nicht zusammen,
sondern sind um ca. 11° gegenüber der Rotationsachse geneigt (Abb. 1.1).
Abbildung 1.1:
Schematische Darstellung des Erdmagnetfeldes. Die Richtung der
Inklination wird durch die schwarzen Pfeile angegeben, ihre Länge symbolisiert die
Totalintensität. Die beiden magnetischen Pole und der magnetische Äquator sind mit roten
Pfeilen gekennzeichnet (Quelle: Wiltschko, 1995).
Diese Abweichung des magnetischen Nordpols vom geographischen Nordpol
nennt man Deklination. Abhängig vom Standort kann sie schwächer oder
stärker sein und sie verändert sich mit der Zeit, da sich der Magnetpol der Erde
verschiebt. Die Feldlinien treten auf der Südhalbkugel aus der Erdoberfläche
aus, verlaufen um die Erde herum und treten in der Nordhämisphäre wieder
ein. Die Feldlinien der südlichen Halbkugel zeigen daher nach oben, am
magnetischen Äquator verlaufen sie parallel und in der nördlichen Halbkugel

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verlaufen sie nach unten (Abb. 1.1). Als Inklination bezeichnet man den
Winkel, den die vertikal aus- und eintretenden Feldlinien mit der Horizontalen
der Erdoberfläche bilden. Die Abwärtsneigung auf der Nordhalbkugel wird
dabei als positiv definiert (Wiltschko, 1995). Der Winkel der Linien zur
Horizontalen beträgt dabei am Äquator 0°, während er an den Polen bei 90°
liegt.
Die Totalintensität des Magnetfeldes variiert zwischen 60.000 nT
(Nanotesla/ Tesla = Einheit zur Beschreibung der magnetischen Flussdichte) an
den magnetischen Polen und 30.000 nT am magnetischen Äquator (Abb. 1.2).
An der Ostküste Südamerikas liegen die Werte mit einem Minimum unter
26.000 nT (Wiltschko, 1995).
Abbildung 1.2:
Weltkarte der geomagnetischen Stärke. Durch die Anomalien in der
Intensität ergibt sich ein komplexes wellenförmiges Muster, mit ost-westlich verlaufenden
Feldlinien (Quelle: Waterman, 1990).
Die Intensität ist abhängig vom Stand der Sonne und unterliegt außerdem
tagesperiodischen und jahreszeitlichen Schwankungen von bis zu 30 nT. Das

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Erdmagnetfeld wird durch lokal auftretende Anomalien (z.B. magnetische
Stürme) graduell abgestuft, so dass es nirgendwo vollständig regulär verläuft.
Die Tiere können sowohl regelmäßige als auch graduell verlaufende
magnetische Parameter zur Orientierung nutzen. Dazu liefert der magnetische
Vektor Richtungsinformationen, die für einen endogenen Kompass genutzt
werden können, während die Intensität und die Inklination Informationen
liefern, die zur Positionsbestimmung auf einer magnetischen Karte dienen
(Stapput, 2006). Um das Erdmagnetfeld zur Orientierung nutzen zu können,
benötigen die Tiere einen Magnetrezeptor in ihrem Organismus, der die
Informationen aufnimmt und entsprechend an das Nervensystem weiterleitet.
Es gibt 2 maßgeblich diskutierte Hypothesen zur sensorischen Basis der
Magnetfeldwahrnehmung: lichtabhängige Magnettransduktion, die von
angeregten Photopigmenten in der Retina gesteuert wird und lichtunabhängige
Magnettransduktion, die von magnetischen Partikeln aus biogenem Magnetit
abhängt (Möller, 2006).
Die erste Hypothese beruht auf dem Vorhandensein eines Radikal-Paar-
Mechanismus. Demnach erfolgt die Magnetperzeption über biochemische
Prozesse, bei denen Makromoleküle im visuellen System in einem angeregten
Triplett-Zustand reagieren (Möller, 2006, Ritz et al., 2000). Dies geschieht in
Abhängigkeit von ihrer relativen Lage zur Magnetfeldrichtung. Dadurch
werden spezifische Rezeptorstrukturen auf der Retina gereizt. Versuche mit
Tauben und Zugvögeln unterstützen die Annahme, dass der Prozess der
Magnetperzeption im Auge stattfindet (Wiltschko et al., 2004; Mouritsen et al.,
2004; Beason, 2002). Die Hypothese geht davon aus, dass ein Photopigment
durch Aufnahme eines Photons in einen angeregten Zustand versetzt wird,
womit die Lichtabhängigkeit des Vorgangs begründet wird.
Die zweite Hypothese beruht auf der Existenz kleinster Magnetitkristalle
(~0,05m-0,5m) (Abb. 1.3), einer biogenen Form von Fe
3
O
4
(Kirschvink &
Gould, 1981). Dabei vermutet man, dass sich die einzelnen Magnetpartikel wie
eine Kompassnadel am Magnetfeld ausrichten. Die aufgenommenen
Informationen werden dann auf den Wahrnehmungsapparat übertragen
(Möller, 2006). Bei Vögeln wurde Magnetit bereits im Bereich der

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Oberschnabelhaut und des Siebbeines im Kopf nachgewiesen (Wiltschko et al.,
2006; Wiltschko et al., 2002; Hanzlik et al., 2000; Edwards et al., 1992). Bei
Forellen konnten ebenfalls Magnetit Partikel nachgewiesen werden, die sich in
der olfaktorischen Region des Kopfes befinden (Walker et al., 1997).
Elektrophysiologische Untersuchungen an Zugvögeln und Forellen lassen
darauf schließen, dass die Tiere auf Magnetit basierende Rezeptoren besitzen,
die Informationen über die Intensität des Magnetfeldes liefern. Damit ist es den
Tieren möglich eine innere Karte zu erstellen, mit deren Hilfe sie ihre Position
bestimmen können und in der Lage sind, bekannte Orte erneut aufzusuchen
(Möller, 2006).
Abbildung 1.3:
a) Dreidimensionale Rekonstruktion eines Magnetitrezeptors der Forelle
b) Magnetitkette von Bakterien (Quelle: Kirschvink et al., 2001).
Bei einigen Vögeln (z.B. Graumantelbrillenvogel, Taube) und Amphibien
(z.B. Salamander, Wassermolch) scheint es laut Ergebnissen zahlreicher
Studien Hinweise dafür zu geben, dass sie sowohl die lichtabhängige als auch
lichtunabhängige Methode zur Orientierung nutzen (Deutschlander et al.,
1999; Phillips, 1986; Phillips et al., 2002; Munro et al., 1997).
Die Nutzung des Erdmagnetfeldes zur Orientierung und Navigation im
Tierreich ist weit verbreitet. Dazu zählen neben den Vögeln und Amphibien
auch Mollusken, Fische, Insekten, Reptilien und auch einige Säugetiere (Burda
et al., 2009; Wiltschko & Wiltschko, 1995).
Unter den Säugetieren gibt es bisher nur 2 taxonomische Gruppen, bei denen
eine Magnetorientierung nachgewiesen werden konnte: bei den Nagetieren
(Rodentia) und Fledermäusen (Microchiroptera). Erste Versuche mit

Andreas Klein 12
Graumullen der Gattung Fukomys lieferten bereits aussagekräftige Ergebnisse
in Bezug auf die Nutzung des Erdmagnetfeldes (Burda et al., 1990).
Demzufolge zeigten die Tiere bei Nestbauversuchen in Rundarenen eine
signifikante süd-östliche Präferenz, die sich entsprechend mit einer
Verschiebung des Magnetfeldes um 120° und 180° änderte. Während Vögel
mittels eines Inklinationskompass navigieren, wurde in späteren Versuchen mit
Fukomys herausgefunden, dass sie einen Polaritätskompass besitzen (Marhold
et al., 1997). Gleiches wurde auch für die Blindmaus Spalax ehrenbergi
festgestellt (Kimchi et al., 2001).
Versuche an der Großen Braunen Fledermaus Eptesicus fuscus zeigen, dass
auch diese das Erdmagnetfeld zur Orientierung nutzt (Holland et al., 2006;
Holland et al., 2008). Die Tiere wurden magnetischen Impulsen ausgesetzt, die
entweder parallel oder antiparallel zum magnetischen Feld der Erde gepolt
waren. Das Ergebnis zeigt, dass nur die Tiere, die dem parallel gepolten
Magnetfeld ausgesetzt waren, ihren Weg finden konnten. Weitere Versuche an
Abendseglern der Gattung Nyctalus wiesen auch bei Fledermäusen die
Nutzung eines Polaritätskompass nach (Wang et al., 2007).
1.2.3 Magnetic Alignment
In Anlehnung an Wiltschko (1995) definieren Begall et al. (2008) magnetic
alignment wie folgt: "Magnetic alignment is a spontaneous behavioral
expression of magnetoreception that appears particularly in resting animals
when body orientation is not controlled by other factors".
Magnetic alignment erfordert keine bewusste Wahrnehmung des
geomagnetischen Feldes und setzt auch keinen Magnetkompass zum
Orientieren und Navigieren über längere Strecken voraus.
Die Ausrichtung an den magnetischen Feldlinien erfolgt symmetrisch zum
Stimulus (parallel/ antiparallel/ senkrecht). Diese Ausrichtung wird als
einfachste Reaktion auf das magnetische Feld verstanden und kann mit einer
Tropotaxis verglichen werden (vgl. Abschnitt 1.1.2). Auf einer horizontalen
Ebene erfolgt die Ausrichtung hauptsächlich entlang der magnetischen Nord-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836642323
DOI
10.3239/9783836642323
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Biologie
Erscheinungsdatum
2010 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
magnetic alignment magnetorientierung navigation pferde kompass systeme
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