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Vorschläge zur Veränderung der Regulierung im Zuge der Finanzmarktkrise

©2009 Diplomarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise im Jahr 2007 befinden sich die Finanzmärkte im Umbruch. Glaubte man anfangs noch, die Subprime-Kredite seien der einzige Grund für die Turbulenzen auf den globalen Finanzmärkten, so weiß man heute, dass weitaus mehr Faktoren dazu beitrugen, dass die Wirtschaft derzeit mit der wohl schwersten Rezession seit Anfang der 1930er Jahre zu kämpfen hat. Unkontrollierte Kreditschöpfungsprozesse sowie das Streben nach der höchsten Rendite haben schließlich dazu geführt, dass es zum Platzen der Kreditblase kam.
Zwei Jahre nach der verpflichtenden Anwendung der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung steht dieses Rahmenwerk heute in der Kritik. Wie konnte es trotz umfangreicher Eigenkapitalanforderungen und qualitativer Aufsichtsinstanzen zu dieser Finanzmarktkrise kommen? Haben die Baseler Eigenkapitalregeln versagt? Derzeit wird nach Lösungen gesucht, wie man das Gerüst für stabile Finanzmärkte verbessern kann. Ebenso wie sich die Finanzmärkte weltweit ausgerichtet haben, müssen sich entsprechend auch Aufsichts- und Regulierungsinstanzen neu orientieren - denn globale Märkte benötigen eine globale Aufsicht.
Die vorliegende Arbeit stellt vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarktkrise Lösungsansätze verschiedener nationaler wie internationaler Institutionen für eine Stabilisierung der Finanzmärkte vor und wertet diese aus. Mit den daraus gewonnen Erkenntnissen werden schließlich Vorschläge für eine Veränderung der Bankenaufsicht und –regulierung präsentiert, um zukünftigen Krisen vorzubeugen.
Gang der Untersuchung:
Im zweiten Kapitel dieser Arbeit werden zunächst die Grundlagen staatlicher Regulierung erörtert. Dazu erfolgt in Kapitel 2.1 eine Abgrenzung des Regulierungsbegriffs. Kapitel 2.2 und 2.3 liefern anschließend die normativen sowie positiven Theorieansätze für staatliche Eingriffe. In Kapitel 2.4 werden darauf aufbauend theoretische Ansätze für den speziellen Fall der Bankenregulierung herausgearbeitet. Ausgehend von vertragstheoretischen Grundlagen wird zunächst eine Existenzberechtigung für Banken erarbeitet, um dann vor dem Hintergrund des Gläubiger- und Funktionenschutzes die Notwendigkeit für eine Bankenregulierung aufzuzeigen. Daraufhin folgt eine Darstellung bankbetrieblicher Risiken. Der letzte Punkt des zweiten Kapitels stellt schließlich die Aufsicht in Europa und deren Entwicklung im Rahmen von Basel I und Basel II im Hinblick auf quantitative sowie qualitative […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Karsten Knippelmeyer
Vorschläge zur Veränderung der Regulierung im Zuge der Finanzmarktkrise
ISBN: 978-3-8366-4228-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Die Finanzmarktkrise ist über den Globus
und auch unser Land wie ein Sturm hinweggefegt; [...]
Wie bei einem Sturm in der Natur sind manche Bäume,
vor allem die ,,Flachwurzler" umgerissen worden,
die ,,Tiefwurzler" sind zwar mitunter zerzaust,
blieben aber stehen.
[Zitat von Professor Dr. Franz-Joseph Zeitler aus einer Rede anlässlich der
Fachinformationstagung des Genossenschaftsverbands Bayern in Grainau,
September 2009]

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...I
Abkürzungsverzeichnis...III
Abbildungsverzeichnis......III
Tabellenverzeichnis...IX
1
Einleitung
...
1
1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit...
1
1.2 Gang der Untersuchung...
1
2
Theorie und Grundlagen staatlicher Regulierung
...
4
2.1 Zum Regulierungsbegriff...
4
2.2 Die normative Theorie der Regulierung...
5
2.3 Die positive Theorie der Regulierung...
6
2.4 Theoretische Begründung einer Bankenregulierung...
8
2.4.1 Vertragstheoretische Grundlagen...
9
2.4.1.1 Informationsverteilungen und vollständige vs.
unvollständige Verträge
...
9
2.4.1.2 Banken- und Finanzintermediation
...
12
2.4.2 Gläubigerschutz...
15
2.4.3 Funktionenschutz...
19
2.4.4 Bankbetriebliche Risiken...
21
2.4.4.1 Adressenrisiken
...
22
2.4.4.2 Marktpreisrisiken
...
23
2.4.4.3 Operationelle Risiken
...
24
2.4.4.4 Liquiditätsrisiken
...
25
2.5 Die Aufsicht in Europa seit 1988...
26
2.5.1 Von Basel I zu Basel II...
27
2.5.2 Ziel und Aufbau von Basel II...
30
2.5.2.1 Die erste Säule: Quantitative Eigenkapitalanforderungen
...
31
2.5.2.2 Die zweite Säule: Der Supervisory Review Process
...
36
2.5.2.3 Die dritte Säule: Erweiterte Offenlegung
...
38
3
Die Finanzmarktkrise ab 2007
...
40
3.1 Zum Begriff Finanzmarktkrise...
40
3.2 Die Entstehung der Krise...
42
3.2.1 Der Subprime-Markt in den USA...
42
3.2.2 Risikotransfer an internationale Kapitalmärkte...
47
3.2.3 Übergriff der Krise auf das europäische Bankensystem...
50
3.3 Die weitere Entwicklung der Krise in Deutschland und Ausblick...
51
I

4
Vorschläge zur Veränderung der Regulierung in Europa
...
54
4.1 Regulatorische Reaktionen auf die Krise...
54
4.1.1 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht...
55
4.1.1.1 Änderungen der Säulen I bis III
...
55
4.1.1.2 Zu ,,Cliff Effekten" durch externe Ratings
...
58
4.1.1.3 Prozyklizität
...
58
4.1.1.4 Eigenkapitaldefinition
...
60
4.1.1.5 Die Verwendung einer ergänzenden Kennziffer
...
61
4.1.1.6 Zur Liquidität in Banken
...
62
4.1.1.7 Bilanzielle Behandlung von Finanzinstrumenten
...
63
4.1.2 Die Europäische Union...
65
4.1.2.1 Erstes Änderungspaket zur Banken-
und Kapitaladäquanzrichtlinie
...
66
4.1.2.2 Zweites Änderungspaket zur Banken-
und Kapitaladäquanzrichtlinie
...
69
4.1.2.3 Drittes Änderungspaket zur Banken-
und Kapitaladäquanzrichtlinie
...
70
4.1.3 Deutschland...
72
4.2 Institutionelle Reaktionen auf die Krise...
74
4.2.1 Die Europäische Union...
74
4.2.1.1 Die mikroprudentielle Aufsicht
...
74
4.2.1.2 Die makroprudentielle Aufsicht
...
77
4.2.2 Deutschland...
78
4.2.2.1 Die Einlagensicherung
...
78
4.2.2.2 Regulierung von Rating-Agenturen
...
81
4.2.2.3 Ziel und Aufbau der Finanzmarktstabilisierungsanstalt
...
82
5
Internationale Reaktionen auf die Krise
...
85
5.1 Die Rolle der G20-Staaten...
85
5.1.1 G20-Gipfel in Washington...
85
5.1.2 G20-Gipfel in London...
87
5.1.3 G20-Gipfel in Pittsburgh...
89
5.2 Zusammenfassender Überblick und kritische Würdigung...
90
6
Fazit
...
95
7
Summary
...
97
8
Anhang
...
99
9
Literaturverzeichnis
... 107
II

III
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
... am angegebenen Ort
Abb.
... Abbildung
ABCP
... Asset Backed Commercial Paper
Abs.
... Absatz
ABS
... Asset Backed Securities
a.F.
... alte Fassung
AIG
... American International Group Inc.
allg.
... allgemein(e)
AMA
... Advanced Measurement Approach
AT
... Allgemeiner Teil
BaFin
... Bundesamt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht
BaKred
... Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen
Bd.
... Band
BIP
... Bruttoinlandsprodukt
BCBS
... Basel Committee on Banking Supervision/
Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
BGBl.
... Bundesgesetzblatt
BIZ, BIS
... Bank für Internationalen Zahlungsausgleich/
Bank for International Settlements
bspw.
... beispielsweise
BT-Drucks.
... Bundestag-Drucksache
bzgl.
... bezüglich
CCF
... Credit Conversion Factor (Kapitaläqui-
valenzfaktor)
CDO
... Credit Default Obligation
CDS
... Credit Default Swaps
CEBS
... Committee of European Banking
Supervisors
CEPR
... Centre for Economic Policy Research
III

IV
CESR
... The Committee of European Securities
Regulators
CGFS
... Committee on the Global Financial System
CP
... Commercial Paper
CRD
... Capital Requirements Directive
CRMPG
... Counterparty Risk Management Policy
Group
Ders.
... Derselbe
Dies.
... Dieselbe
DRS
... Deutscher Rechnungslegungs Standard
DRSC
... Deutscher Rechnungslegungs Standards
Committee
DTI
... Debt Payment-to-Income-Ratio
EAD
... Exposure at Default (Ausstehender Betrag,
wenn es zu einem Ausfall kommt)
EAEG
... Einlagensicherungs- und Anleger-
entschädigungsgesetz
EBA
... European Banking Authority
ebd.
... ebenda
EIOPA
... European Insurance and Occupational
Pensions Authority
EL
... Expected Loss (Erwarteter Verlust)
ESA
... European Supervisory Authorities
ESFS
... European System of Financial Supervision
ESMA
... European Securities and Markets Authority
ESRB
... European Systemic Risk Board
EstG.
... Einkommensteuergesetz
einschl.
... einschließlich
entspr.
... entsprechend
et al.
... et alii (und andere)
etc.
... et cetera
EUR
... Euro
IV

V
EZB
... Europäische Zentralbank
FASB
... Financial Accounting Standards Board
FAZ
... Frankfurter Allgemeine Zeitung
FDIC
... Federal Deposit Insurance Corporation
FED
... Federal Reserve
FHFA
... Federal Housing Finance Agency
FMStG.
... Finanzmarktstabilisierungsgesetz
Fn.
... Fußnote
Ford.
... Forderung(en)
FSAP
... Financial Sector Assessment Program
FSB
... Financial Stability Board
FSF
... Financial Stability Forum
G20
... Group of Twenty
ggf.
... gegebenenfalls
GroMiKV
... Großkredit- und Millionenkreditverordnung
HGB
... Handelsgesetzbuch
Hrsg.
... Herausgeber
hrsg.
... herausgegeben
IAS
... International Accounting Standard
IASB
... International Accounting Standards Board
ICAAP
... Internal Capital Adequacy Assessment
Process
ICMB
... International Center for Monetary and
Banking Studies
IFRS
... International Financial Reporting Standards
i.H.v.
... in Höhe von
IIF
... Institute of International Finance
Inc.
... Incorporated
insbes.
... Insbesondere
IOSCO
... International Organization of Securities
Commissions
IRB-Ansatz ... Internal Ratings Based-Approach
V

VI
i.V.m.
... in Verbindung mit
IW
... Institut der Deutschen Wirtschaft
IWF/IMF
... Internationaler Währungsfonds/
International Monetary Fund
Jan.
... Januar
Jg.
... Jahrgang
kurzfr.
... kurzfristig(e)
KWG
... Kreditwesengesetz
LB
... Landesbank
LBBW
... Landesbank Baden-Württemberg
LGD
... Loss Given Default (Prozentsatz des
Exposures, der bei einem Ausfall
gefährdet wäre)
LiqV
... Liquiditätsverordnung
LTV
... Loan-to-Value-Ratio
M
... Maturity (Laufzeit)
MaRisk
... Mindestanforderungen an das
Risikomanagement
Mrd.
... Milliarde(n)
MRM
... Market Risk Management
NBER
... National Bureau of Economic Research
n.F.
... neue Fassung
ninja-(loan)
... no income, no job or asset-(Kredit)
o.J.
... ohne Jahresangabe
OTC (-Geschäfte)... Over The Counter (-Geschäfte)
o.V.
... ohne Verfasser
plc.
... Public Limited Company
NIÖ
... Neue Institutionenökonomie
Nr.
... Nummer
PD
... Probability of Default (Wahrscheinlichkeit,
dass es zu einem Ausfall kommt)
RAS
... Risk Assessment System
VI

VII
S
... Sales (Unternehmensumsatz)
S.
... Seite
Sep.
... September
s.o.
... siehe oben
sog.
... sogenannte
SolvV.
... Solvabilitätsverordnung
SPV
... Special Purpose Vehicle
(Zweckgesellschaft)
SREP
... Supervisory Review and
Evaluation Process
SRP
... Supervisory Review Process
SVR
... Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Tz.
... Textziffer
u.a.
... unter anderem
UL
... Unexpected Loss (Unerwarteter Verlust)
USD
... United States Dollar
VaR
... Value at Risk
vgl.
... vergleiche
ZfgK
... Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen
VII

VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
House of Basel II... .............................31
Abbildung 2:
Prozentuale Veränderung des BIP der USA
zur Vorperiode... .............................42
Abbildung 3:
Entwicklung der Leitzinsen in den USA ... .............................43
Abbildung 4:
Grundstruktur einer ABS-Konstruktion... .............................45
Abbildung 5:
Arten der Verbriefung und Risikotransfer... ...48
Abbildung 6:
Mikroprudentielle Aufsicht... .............................75
Abbildung 7:
Makroprudentielle Aufsicht... .............................77

IX
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Überblick prominenter Vorschläge für eine
zukünftige Krisenprävention... .............................91

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 1 -
1
Einleitung
1.1
Problemstellung und Ziel der Arbeit
Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise im Jahr 2007 befinden sich die Finanz-
märkte im Umbruch. Glaubte man anfangs noch, die Subprime-Kredite seien
der einzige Grund für die Turbulenzen auf den globalen Finanzmärkten, so
weiß man heute, dass weitaus mehr Faktoren dazu beitrugen, dass die Wirt-
schaft derzeit mit der wohl schwersten Rezession seit Anfang der 1930er Jahre
zu kämpfen hat.
1
Unkontrollierte Kreditschöpfungsprozesse sowie das Streben
nach der höchsten Rendite haben schließlich dazu geführt, dass es zum Platzen
der Kreditblase kam.
2
Zwei Jahre nach der verpflichtenden Anwendung der neuen Baseler Eigenkapi-
talvereinbarung steht dieses Rahmenwerk heute in der Kritik. Wie konnte es
trotz umfangreicher Eigenkapitalanforderungen und qualitativer Aufsichtsin-
stanzen zu dieser Finanzmarktkrise kommen? Haben die Baseler Eigenkapital-
regeln versagt? Derzeit wird nach Lösungen gesucht, wie man das Gerüst für
stabile Finanzmärkte verbessern kann.
3
Ebenso wie sich die Finanzmärkte
weltweit ausgerichtet haben, müssen sich entsprechend auch Aufsichts- und
Regulierungsinstanzen neu orientieren - denn globale Märkte benötigen eine
globale Aufsicht.
4
Die vorliegende Arbeit stellt vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarkt-
krise Lösungsansätze verschiedener nationaler wie internationaler Institutionen
für eine Stabilisierung der Finanzmärkte vor und wertet diese aus. Mit den dar-
aus gewonnen Erkenntnissen werden schließlich Vorschläge für eine Verände-
rung der Bankenaufsicht und ­regulierung präsentiert, um zukünftigen Krisen
vorzubeugen.
1.2
Gang der Untersuchung
Im zweiten Kapitel dieser Arbeit werden zunächst die Grundlagen staatlicher
Regulierung erörtert. Dazu erfolgt in Kapitel 2.1 eine Abgrenzung des Regulie-
1
Vgl. Bechthold, H., Finanzkrise, 2009, S. 924.
2
Vgl. ebd. und Horsch, A. et al., Wirtschaftswissenschaft, 2009, S. 1060.
3
Vgl. Nier, E., Financial Stability, 2009, S. 3.
4
Vgl. Burghof, H.-P., Lösung, 2009, S. 1.

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 2 -
rungsbegriffs. Kapitel 2.2 und 2.3 liefern anschließend die normativen sowie
positiven Theorieansätze für staatliche Eingriffe. In Kapitel 2.4 werden darauf
aufbauend theoretische Ansätze für den speziellen Fall der Bankenregulierung
herausgearbeitet. Ausgehend von vertragstheoretischen Grundlagen wird zu-
nächst eine Existenzberechtigung für Banken erarbeitet, um dann vor dem Hin-
tergrund des Gläubiger- und Funktionenschutzes die Notwendigkeit für eine
Bankenregulierung aufzuzeigen. Daraufhin folgt eine Darstellung bankbetrieb-
licher Risiken. Der letzte Punkt des zweiten Kapitels stellt schließlich die Auf-
sicht in Europa und deren Entwicklung im Rahmen von Basel I und Basel II im
Hinblick auf quantitative sowie qualitative Anforderungen an das Eigenkapital
und das Risikomanagement in Banken dar.
Das dritte Kapitel arbeitet die seit 2007 herrschende Finanzmarktkrise auf. Zu-
nächst wird der Begriff der Finanzmarktkrise abgegrenzt, um anschließend die
Entstehung der Krise vor dem Hintergrund des Subprime-Marktes in den USA
zu verdeutlichen. Zunächst werden Aufbau und Funktion von strukturierten
Finanzinstrumenten vorgestellt, um darauf aufbauend den Risikotransfer an die
internationalen Kapitalmärkte zu veranschaulichen. Kapitel 3.2.3 und 3.3 zei-
gen schließlich den Übergriff der Finanzmarktkrise auf das europäische Ban-
kensystem sowie auf die Realwirtschaft, speziell am Beispiel Deutschland, auf.
Kapitel 4 präsentiert Vorschläge und Diskussionsansätze für eine Veränderung
der Regulierung in Europa. Zunächst werden regulatorische Vorschläge des
Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, der Europäischen Union sowie
Deutschland vorgestellt. Anschließend folgt die Darstellung institutioneller
Vorschläge für eine Verbesserung der Regulierung auf europäischer und auf
deutscher Ebene.
Kapitel 5 gibt schließlich internationale Vorschläge für eine Veränderung der
Regulierung, sowohl auf regulatorischer als auch institutioneller Basis, wieder.
Dazu werden in Kapitel 5.1 die im Hinblick auf die Finanzmarktkrise abgehal-
tenen G20 Gipfeltreffen ausgewertet. Kapitel 5.2 fasst schließlich die entschei-
denden Ergebnisse der Kapitel 4 und 5 noch einmal zusammen. Die Ergebnisse
werden anschließend kritisch beleuchtet, deren Zielkonformität hinterfragt so-
wie offene Punkte angesprochen.

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 3 -
Kapitel 6 beinhaltet ein abschließendes, kurzes Fazit und gibt einen Ausblick
für weitere Entwicklungen.

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 4 -
2
Theorie und Grundlagen staatlicher Regulierung
2.1
Zum Regulierungsbegriff
Der Begriff der staatlichen Regulierung wird unterschiedlich verwendet. All-
gemein könnte man Regulierung definieren ,,als alles, was auf staatliche Ein-
griffe in die individuelle Vertragsfreiheit hinausläuft."
5
Es wird jedoch zwi-
schen einer weiten und einer engen Fassung des Regulierungsbegriffes diffe-
renziert.
Folgt man der engen Definition, so ist darunter ,,die direkte Kontrolle der öko-
nomischen Aktivitäten von [..] Unternehmen in einzelnen Wirtschaftsbereichen
durch staatliche Institutionen oder deren Beauftragte"
6
zu verstehen. Diese
Kontrollen beziehen sich auf Marktzutrittsbeschränkungen, Preiskontrollen,
Qualitäts- und Konditionenfestsetzungen sowie einen Kontrahierungszwang.
7
Entsprechend fallen unter diese Begriffsdefinition keine indirekten staatlichen
Eingriffe, die für sämtliche Wirtschaftssubjekte gleichermaßen gelten (wie
bspw. geldpolitische bzw. fiskalpolitische Eingriffe).
8
Der weiten Definition folgend fallen unter den Begriff der staatlichen Regulie-
rung sämtliche direkten und indirekten Eingriffe in die Gewerbe- und Vertrags-
freiheit.
9
Diese beeinflussen den Handlungsspielraum aller Wirtschaftssubjekte
jedoch nicht gleichermaßen, sondern beschränken einzelne Wirtschaftssubjekte
hinsichtlich ihres Aktionsraumes nachhaltig.
10
Hierunter fällt die Bereitstellung
eines adäquaten Ordnungsrahmens für das wirtschaftliche Handeln im Sinne
einer indirekten Regulierungsmaßnahme.
11
Im Hinblick auf den weiteren Gang
der Untersuchung wird im Folgenden auf die weite Begriffsfassung staatlicher
Regulierung verwiesen.
5
Weizsäcker, C.C. von, Staatliche Regulierung, 1982, S. 326.
6
Eickhof, N., Staatliche Regulierung, 1985, S. 65.
7
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 45; übereinstimmend: Eickhof,
N., Ausnahmeregelungen, 1993, S. 204 und Gabler Verlag, Regulierung, 2009.
8
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 11.
9
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 19.
10
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 19; übereinstimmend: Weizsä-
cker, C.C. von, Staatliche Regulierung, 1982, S. 326 und Uhde, A., Selbstregulierungspo-
tential, 2007, S. 11.
11
Vgl. bspw. Eickhof, N., Ausnahmeregelungen, 1993, S. 203 sowie Shleifer, A., Regulati-
on, 2005, S. 440f. und Niethammer, T., Ziele, 1990, S. 36.

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 5 -
2.2
Die normative Theorie der Regulierung
Mit Hilfe der normativen Theorie staatlicher Regulierung oder auch angewand-
ter Wohlfahrtsökonomie bzw. Public Interest Theory soll die Möglichkeit be-
stehen, unter Berücksichtigung von Effizienz- und Verteilungsnormen Hand-
lungsempfehlungen für staatliche Eingriffe abzugeben.
12
Konkret bedeutet
dies, dass ein System von Märkten unterstellt wird, auf denen eine effiziente
Allokation knapper Ressourcen stattfindet.
13
Gemessen wird diese Allokations-
effizienz anhand von zwei wohlfahrts-ökonomischen Indikatoren: Das Pare-
toprinzip und der soziale Überschuss.
14
Unvollständiger Wettbewerb führt je-
doch in der Realität zu Abweichungen von den idealisierten Annahmen und
folglich zu Abweichungen vom Optimum. Man spricht dann von Marktversa-
gen.
15
Marktversagenstatbestände sind durch Unteilbarkeiten
16
, externe Effekte,
Informationsmängel und Anpassungsmängel gegeben.
17
Liegen Markt-
versagenstatbestände in oben genannter Form vor, ist zu untersuchen, ob durch
staatliche Regulierung die durch das Marktversagen hervorgerufenen Wohl-
fahrtsverluste ausgeglichen werden können.
18
Hieraus lässt sich schließen, dass
ein Marktversagenstatbestand grundsätzlich zunächst nur eine notwendige Be-
dingung für einen Staatseingriff, allerdings noch keine hinreichende Bedin-
gung hierfür ist.
19
Erst wenn durch die staatlichen Regulierungsmaßnahmen ein ,,größtmögli-
che[r] gesamtwirtschaftlicher Effizienz- bzw. Wohlfahrtsgewinn"
20
erzielt
wird, lassen sich diese auch hinreichend rechtfertigen.
21
Gemäß dem Compara-
tive Institution Approach ist zu prüfen, inwieweit staatliche Regulierungsmaß-
12
Vgl. Weizsäcker, C.C. von, Staatliche Regulierung, 1982, S. 326.
13
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1982, S. 31.
14
Vgl. ebd., S. 31.
15
Vgl. ebd., S. 31.
16
Unteilbarkeiten entstehen durch ,,Abweichungen von der Annahme des Modells der voll-
ständigen Konkurrenz" (Fritsch, M. et. al., Marktversagen, 1996, S. 142) und beinhalten
die Theorien des natürlichen Monopols sowie der ruinösen Konkurrenz.
17
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 31; übereinstimmend: Weizsä-
cker, Staatliche Regulierung, 1982, S. 326f., Eickhof, Ausnahmeregelungen, 1993, S. 207,
Fritsch et al., Marktversagen, 1996, S. 62 und Uhde, André, Selbstregulierungspotential,
2007, S. 13.
18
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 31.
19
Vgl. Eickhof, N., öffentliche Unternehmen, 2000, S. 7; übereinstimmend: Uhde, A.,
Selbstregulierungspotential, 2007, S. 13.
20
Uhde, A., a.a.O., S.13.
21
Vgl. ebd., S. 13.

V
ORSCHLÄGE ZUR
V
ERÄNDERUNG DER
R
EGULIERUNG IM
Z
UGE DER
F
INANZMARKTKRISE
- 6 -
nahmen besser geeignet sind, den jeweiligen Marktversagenstatbestand zu
kompensieren als möglicherweise institutionelle Alternativen.
22
Zu beachten
sind weiterhin die durch staatliche Regulierung ausgelösten direkten und indi-
rekten Kosten. Indirekte Kosten können durch Effizienzverluste entstehen, die
durch eine falsche Regulierung
23
, eine zu weit gehende Regulierung oder durch
eine zu lang anhaltende Regulierung hervorgerufen werden.
24
Direkte Kosten
entstehen durch entsprechende Kontroll- und Durchsetzungskosten.
25
Gemäß den idealisierten Annahmen der normativen Theorie der Regulierung,
in denen vollkommene und vollständige Märkte unterstellt werden
26
, sind so-
wohl die Kosten staatlicher Eingriffe als auch der Comparative Institution Ap-
proach zu vernachlässigen.
27
Diese Annahmen entsprechen jedoch nicht der
Realität und vor dem Hintergrund der Fragestellung dieser Arbeit, praktische
Vorschläge zu einer Veränderung der Regulierung zu geben, erscheint die
normative Theorie der Regulierung alleine nicht ausreichend.
28
Aus diesem
Grund wird im folgenden Kapitel die positive Theorie der Regulierung darge-
stellt.
2.3
Die positive Theorie der Regulierung
Die positive Theorie der Regulierung oder auch Private Interest Theory ver-
sucht Missverhältnisse zwischen tatsächlich beobachtbarer Regulierungspolitik
und normativen Handlungsempfehlungen zu erklären.
29
Missverhältnisse kön-
nen in der Realität durch folgende vier Punkte entstehen: Es kommt sowohl zu
Fehlern erster als auch zu Fehlern zweiter Art, staatliche Eingriffe erfolgen ex
ante und werden im Nachhinein durch eine entsprechende Theorie ex post ma-
22
Vgl. Eickhof, N., Ausnahmeregelungen, 1993, S. 209 und Eickhof, N., Öffentliche Unter-
nehmen, 2000, S. 11.
23
Gemeint sind hiermit Fehler erster und zweiter Art. Fehler erster Art treten auf, wenn ein
Staatseingriff stattfindet, obwohl keine Regulierung nötig ist, Fehler zweiter Art treten
auf, wenn ein Staatseingriff unterbleibt, obwohl er entsprechende Vorteile mit sich brin-
gen würde. (Vgl. dazu Haucap et al., Regulierung, 2003, S. 2).
24
Vgl. Haucap et al., a.a.O., S. 9.
25
Vgl. ebd., S. 9.
26
Somit auch eine vollständige Informationsverteilung staatlicher Entscheidungsträger und
kostenlose Staatsinterventionen (Vgl. dazu Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007,
S. 13).
27
Vgl. Uhde, A., a.a.O., S. 13.
28
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 13.
29
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 14.

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nifestiert oder aber staatlich handelnde Akteure dienen nicht dem Allgemein-
wohl,
30
sondern verfolgen eigene Interessen, so dass durch die Regulierungs-
maßnahmen schließlich Widerstände verursacht werden.
31
Anders als die normative Theorie der Regulierung, welche den Staat als
,,wohlwollenden Diktator" auffasst, unterstellt die positive Theorie der Regu-
lierung, dass die am Regulierungsprozess beteiligten Akteure im Sinne des
methodologischen Individualismus handeln und entsprechend darauf bedacht
sind, ihren eigenen Nutzen zu maximieren.
32
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Erklärungsansatz
der Interessentheorie bzw. Capture Theory. Verfechter dieser Theorie behaup-
ten, dass ein Markt für Regulierung existiert und verschiedene Gruppen versu-
chen, entsprechend ihrer Interessen Vorteile aus dem Regulierungseingriff zu
ziehen.
33
Demnach versuchen politische Interessengruppen an zusätzliche
Wählerstimmen für eine Wiederwahl zu gelangen, persönliches Prestige zu
erlangen sowie Kapital für den Eigenbedarf und zum Kauf von Wählerstimmen
zu erhalten.
34
Unternehmensvertreter sind bereit dieses zu leisten, da sie im
Gegenzug durch Preiskontrollen, Marktzutrittsbeschränkungen und bestimmte
Auflagen gewissermaßen einen Schutz vor Wettbewerb erhalten.
35
Folglich
erhoffen sich Unternehmen in regulierten Branchen, dass eine Umverteilung
der Renten zu ihren Gunsten stattfindet und ihre Nettobelastung minimiert
wird.
36
Regulierung findet demzufolge dann statt, wenn viele Wählerstimmen
und finanzielle Mittel mobilisiert werden können und gleichzeitig der Nutzen-
zuwachs der Interessengruppe größer ist als die politischen Kosten.
37
Hier wird
die große Gefahr opportunistischen Verhaltens
38
deutlich, denn regulierte Un-
30
Wie es jedoch durch die Annahmen der normativen Theorie unterstellt wird.
31
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 14.
32
Vgl. ebd., S. 14f..
33
Vgl. Stigler, G., Regulation, 1971, S. 4ff. und Posner, R., Regulation, 1974, S. 335f..
34
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 113; übereinstimmend Uhde, A.,
Selbstregulierungspotential, 2007, S. 15 und Boehm, F., Lessons, 2007, S. 3.
35
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 113.
36
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 15.
37
Vgl. Müller, J. et al., Staatliche Regulierung, 1979, S. 113.
38
Jansen definiert opportunistisches Verhalten als strategische Handlungsweise. Das Ziel
besteht darin, ,,die Reaktionen des Verhandlungspartners bei [den] Entscheidungen zu an-
tizipieren sowie Informationsvorsprünge zu [eigenen] Gunsten zu verwerten." (Jansen, H.,
Verfügungsrechte, 2005, S. 111).

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ternehmen könnten Entscheidungsträger eines staatlichen Eingriffs für ihre
eigenen Interessen einnehmen (regulatory capture), anders herum könnten
politische Akteure ihre Macht für eigene Zwecke missbrauchen (regulatory
opportunism).
39
Besonders relevant wird in diesem Zusammenhang auch die
Größe und die Anzahl der jeweiligen Interessengruppen. Je kleiner und besser
organisiert eine Gruppe ist, desto geringer ist das ,,Free-Rider-Problem" und
desto größer ist der Anreiz, die Gruppe aufrecht zu erhalten.
40
Der Wettbewerb
zwischen den einzelnen Interessengruppen sorgt schließlich für die Entstehung
eines Gleichgewichtes zwischen ,,Steuern, Subventionen und anderen politi-
schen Fördermitteln"
41
.
Überträgt man die Erkenntnisse auf den Fall der Bankenregulierung bedeutet
dies, dass der Markt für Bankenregulierung durch Einleger und Steuerzahler
zunächst einmal nicht beeinflusst wird, da zum einen Systeme gesetzlicher wie
privater Einlagensicherungen (vgl. S. 78ff.) bzw. der Notenbank als ,,Lender of
Last Resort" dafür sorgen, dass ein Großteil der Einlagen abgesichert sind; zum
anderen sind sehr hohe Informationskosten dafür verantwortlich, dass nur ein
geringer Anreiz besteht, sich in Interessengruppen zu organisieren.
42
Anders
hingegen verhält es sich in der Beziehung zwischen regulierten Branchen (in
diesem Fall Kreditinstituten) und Regulierungsinstanzen.
43
Durch die Eigen-
schaft der Banken als Transmissionskanal staatlicher Geldpolitik aufzutreten
aber auch eine enge Verbindung zu kapitalintensiven Unternehmen aufzuwei-
sen, besteht in dieser Hinsicht sehr wohl die Gefahr einer regulatory capture.
44
2.4
Theoretische Begründung einer Bankenregulierung
Menschen, die sich am Wirtschaftskreislauf beteiligen, handeln im Sinne des
Homo Oeconomicus
45
. Wirtschaftssubjekte versuchen demnach, sich Wettbe-
39
Vgl. Boehm, F., Lessons, 2007, S. 3.
40
Vgl. ebd., S. 6.
41
Becker, G., Pressure Groups, 1983, S. 372.
42
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 17.
43
Vgl. ebd. S. 17.
44
Vgl. Garcia, G., Deposit Insurance, 1999, S. 7; übereinstimmend Uhde, A., a.a.O., S. 17.
45
Die Eigenschaften des Homo Oeconomicus sind vor allem die Fähigkeit zu rationalem
Verhalten sowie das Streben nach Nutzen- bzw. Gewinnmaximierung. Der H.O. ent-
springt der normativen Entscheidungstheorie und vereint daher auch die restriktiven An-

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werbsvorteile zu verschaffen, um aus Konsumentensicht ihren Nutzen bzw. aus
Sicht eines Unternehmens oder einer Bank den Gewinn zu maximieren.
Im Rahmen der neoklassischen Theorie werden vollständige und vollkommene
Märkte unterstellt. In diesem Sinne sind die Akteure vollständig informiert, es
besteht vollkommene Markttransparenz, eine symmetrische Informationslage,
Kapitalströme können zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Höhe kostenlos
getauscht werden und es besteht ein einheitlicher Marktzins, so dass es den
Wirtschaftssubjekten nicht möglich ist, Wettbewerbsvorteile zu generieren und
diese zu nutzen.
46
In diesem Zusammenhang stellt sich dann jedoch die Frage
nach einer Existenzberechtigung von Banken.
47
Dies soll in den folgenden Ka-
piteln näher herausgearbeitet werden und somit eine theoretische Begründung
für das Auftreten von Banken einerseits und deren besondere Stellung im Fi-
nanzsystem andererseits hergeleitet werden.
2.4.1 Vertragstheoretische Grundlagen
2.4.1.1
Informationsverteilungen und vollständige vs. unvollständige Verträge
Das oben angesprochene Modell vollkommener und vollständiger (Kapital-)
Märkte wird sich in der Realität kaum wiederfinden lassen und wird daher auch
als Nirvana-Ansatz bezeichnet.
48
Trotzdem soll die neoklassische Theorie zu-
nächst als Ausgangspunkt genutzt werden, um schrittweise zu realistischeren
Unweltzuständen hinführen zu können.
In der neoklassischen Theorie wird von einer symmetrischen Informationsver-
teilung ausgegangen. Grundlage dieser Theorie sind klassische oder auch voll-
ständige Verträge unter vollkommener Information (Sicherheit) bzw. Verträge
unter unvollkommener Information. In letztem Fall sind ebenfalls symmetri-
sche Informationsverhältnisse unterstellt, es müssen allerdings Entscheidungen
nahmen der neoklassischen Theorie. Vgl. dazu: Gabler Verlag, Homo Oeconomicus,
2009.
46
Vgl. Modigliani, F. et al., Cost of Capital, 1958, S. 261f.; übereinstimmend: Gerster, K.,
Informationsasymmetrien, 2005, S. 125 und Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007,
S. 21.
47
Vgl. Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 21.
48
Vgl. Demsetz, H., Efficiency, 1969, S. 1f. und Fritsch, M. et al., Marktversagen, 1996, S.
51f..

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unter Unsicherheit getroffen werden, also etwaige Umweltzustände bekannt
sein und berücksichtigt werden.
Tatsächlich sind Informationen unter den Akteuren jedoch nicht symmetrisch
verteilt. Aus Sicht der Unternehmen ist es von besonderer Bedeutung, eigene
Stärken und Schwächen zu erkennen, um entsprechende Risiken kalkulierbar
zu machen, die dann, sofern sie entsprechend niedrig sind, zu Wettbewerbsvor-
teilen transformiert werden können.
49
Diese Unsicherheiten und asymmetrisch
verteilte Informationen sind die Grundlage bei wirtschaftlichen Interaktionen
zwischen den Akteuren.
50
Als Gegenrichtung zur neoklassischen Theorie hat sich in diesem Zusammen-
hang die Neue Institutionenökonomie entwickelt, die genau auf diese Friktio-
nen eingeht.
51
Vorangestellt sei an dieser Stelle, dass die folgenden Theoriean-
sätze eng miteinander verzahnt sind und somit eine getrennte Betrachtungswei-
se der Theorien nur schwer möglich ist.
Auf einem unvollkommenen Markt mit unvollkommenen Informationen und
Unsicherheiten sind Regelsysteme notwendig, die gewisse Handlungsabläufe
gewährleisten.
52
Hier setzt die Property Rights Theorie an. Selbst auf weitge-
hend vollkommenen Kapitalmärkten sind Intermediäre
53
(z.B. Auktionator,
Bank) erforderlich, so dass Verträge zwischen Marktpartnern unumgänglich
sind, um eine Koordination der Wirtschaftspläne zu gewährleisten.
54
Solche
Verträge, die Ansprüche auf materielle wie auch auf immaterielle Vermögens-
gegenstände (z. B. Rechte) darstellen, sind Gegenstand der Property Rights
Theorie.
55
Es lassen sich vier Arten von Verfügungsrechten differenzieren
56
:
·
Das Recht über die Nutzung eines Gutes zu entscheiden (,,usus"),
·
das Recht über die Veränderung eines Gutes zu entscheiden (,,abusus"),
49
Vgl. Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 123.
50
Vgl. ebd., S. 123.
51
Vgl. ebd., S. 125f. und Meinhövel, H., Principal-Agent-Theorie, 2005, S. 65ff..
52
Vgl. Horsch, A. et al., Institutionenökonomie, 2005, S. 3.
53
Breuer,W., Finanzintermediation, 1993, S. 20f. definiert den Begriff Intermediation als
Zwischenschaltung einer Drittpartei zwischen zwei originären Tauschpartnern, Paul, S,
Bankenintermediation, 1994, S. 1ff. stellt aufbauend auf diverse Forschungsergebnisse
enge sowie weite Definitionen dar.
54
Vgl. Jansen, H., Verfügungsrechte, 2005, S. 105.
55
Vgl. ebd., S. 105.
56
Vgl. Gerster, K., a.a.O., S. 135 und Jansen, H., a.a.O., S. 105f..

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·
das Recht/die Pflicht, sich Erträge/Verluste anzueignen/zu tragen (,,usus
fructus"),
·
das Recht, ein Gut zu veräußern (,,Liquidationsrecht").
Durch das Schaffen von Verfügungsrechten können Fehler, die auf unvoll-
kommenen und unvollständigen Märkten auftreten, insbesondere Markt-
versagenstatbestände, beseitigt werden, indem eine bessere Allokation von
Ressourcen stattfindet.
57
Eine optimale Vertragsgestaltung ist dann erreicht,
wenn der Grenzertrag des Berechtigten den Grenzkosten der verpflichtenden
Partei entspricht.
58
Die Schaffung und Übertragung von Verfügungsrechten
wird als Transaktion bezeichnet.
59
Somit kann an dieser Stelle eine Überleitung
zur Transaktionskostentheorie geschaffen werden, die ebenfalls sehr eng in den
Theorieansätzen der Neuen Institutionenökonomie verankert ist.
Transaktionskosten entstehen im Rahmen eines Tauschprozesses.
60
Allerdings
beziehen sich diese Austauschbeziehungen nicht mehr ausschließlich auf Pro-
duktionskosten im neoklassischen Sinne, sondern beinhalten ,,Kosten für die
Einrichtung, Erhaltung und Veränderung der Organisation sowie die laufenden
Kosten, die mit dem Betrieb der Unternehmung verbunden sind"
61
. Der institu-
tionelle Transaktionskostenansatz, grundlegend hervorgebracht durch COA-
SE
62
, geht prinzipiell der Frage nach, wann sich die Eigenproduktion eines
Gutes lohnt bzw. wann ein Gut fremdbezogen werden sollte.
63
ARROW (1969)
konkretisiert den Begriff der Transaktionskosten später als ,,costs of running
the economic system".
64
Demnach werden sämtliche Kosten vor wie auch nach
Vertragsabschluss in Form von Such- und Informationskosten, Verhandlungs-
und Entscheidungskosten wie auch Überwachungs- und Durchsetzungskosten
eingeschlossen.
65
57
Vgl. Jansen, H., Verfügungsrechte, 2005, S. 107.
58
Vgl. ebd., S. 107.
59
Vgl. Commons, J., Institutional Economics, 1931, S. 652.
60
Vg. Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 129.
61
Jost, P.-J., Transaktionskostenansatz, 2001, S. 18. Vgl. dazu auch: Gerster, K., Informati-
onsasymmetrien, 2005, S. 129; übereinstimmend: Jansen, H., Verfügungsrechte, 2005,
S.108f..
62
Vgl. dazu Coase, R., The Nature of the Firm, 1937, S.386ff..
63
Vgl. Jansen, H., Verfügungsrechte, 2005, S. 109f..
64
Arrow, K. J., Economic Activity, 1969, S. 48.
65
Vgl. Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 129 übereinstimmend Jansen, H.,
Verfügungsrechte, 2005, S. 108.

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Mit Hilfe der Neuen Institutionenökonomie ist somit ein realistischeres Abbild
der Wirklichkeit geschaffen worden, als es die Theorie neoklassischer Ver-
tragsbildung leisten kann. Die Vertragspartner kennen nicht sämtliche Um-
weltzustände bzw. können ihnen keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen.
66
Aus
Gründen der Effizienz können sie diese auch nicht im Vertrag integrieren und
es ist den Partnern nicht möglich, alle beobachtbaren Ereignisse von Dritten
prüfen zu lassen. Die Folge sind somit unvollständige Verträge. Tritt ein un-
vorhergesehenes Ereignis nach Vertragsschluss tatsächlich ein, kommt es zu
Nachverhandlungen, die neue freiwillige Vereinbarungen zur Folge haben.
Besteht eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen den Vertrags-
partnern, wobei eine Partei Informationsvorsprünge besitzt, lässt sich ein dritter
Theorieansatz der Neuen Institutionenökonomie erklären, die Principal-Agent-
Theorie. Die Principal-Agent-Theorie führt zum Abschluss anreizkompatibler
Verträge.
Da die Principal-Agent-Theorie für die Erklärung einer Existenzberechtigung
von Banken eine entscheidende Rolle spielt, soll ihre Darstellung Bestandteil
des folgenden Kapitels sein.
2.4.1.2
Banken- und Finanzintermediation
Die Principal-Agent-Theorie basiert, ebenso wie die bereits vorgestellten The-
orieansätze der Neuen Institutionenökonomie auch, auf Vertragsbeziehungen.
Das Grundmodell versteht unter einer Principal-Agent-Beziehung eine ,,ver-
tragliche Beziehung zwischen zwei Personen [...], bei der der Beauftragte [A-
gent] gegen einen Entlohnungsanspruch die Verpflichtung zur Erfüllung einer
Dienstpflicht für den Auftraggeber [Principal] eingeht".
67
Entscheidend sind
dabei asymmetrische Informationsverteilungen, wobei der Agent tendenziell
einen Informationsvorsprung gegenüber dem Principal hat.
68
Es werden drei
Informationsprobleme unterschieden, die zum einen dazu führen können, dass
66
Für die folgenden Ausführungen vgl. Dietrich, D. et al., Finanzverträge, 2005, S. 41 so-
wie S. 62.
67
Meinhövel, H., Principal-Agent-Theorie, 2005, S. 67.
68
Vgl. Dietrich, D., Finanzverträge, 2005, S. 40.

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der vereinbarte Vertrag nicht erfüllt wird, zum anderen in einem Zusammen-
brechen des entsprechenden Marktes resultieren können.
69
Zunächst muss die Leistungsbereitschaft des Agenten eingeschätzt werden,
denn es besteht durchaus die Möglichkeit für den Agenten, vor dem Principal
verborgene Handlungen, auch als hidden action
70
bezeichnet, durchzuführen.
Des Weiteren kann der Agent Informationsvorteile in Bezug auf zu realisieren-
de Umweltzustände nutzen, um dadurch die Renten des Principals zu seinen
Gunsten zu schmälern. Diese Art von Informationsproblemen wird als hidden
information bzw. hidden knowledge bezeichnet. Die eben beschriebenen In-
formationsprobleme führen dazu, dass der Agent seine Anstrengungen unbeo-
bachtet einschränken kann, da der Principal dies nur zu prohibitiv hohen Kos-
ten
71
beobachten kann und wird daher als moralisches Wagnis bzw. moral ha-
zard bezeichnet.
Nicht zuletzt können sogenannte hidden characteristics bestehen. Aus der
Grundgesamtheit sämtlicher Agenten kann nicht zwischen zuverlässigen und
unzuverlässigen Mitarbeitern differenziert werden, so dass eine für alle Agen-
tentypen einheitliche Vertragsgestaltung dazu führen würde, dass nur die für
den Principal ungünstigsten Beauftragten den Vertrag annehmen würden.
72
Es
findet folglich eine Negativauslese bzw. adverse selection statt.
73
Mit Hilfe der folgenden Ausführungen soll in einem ersten Schritt der Princi-
pal-Agent-Theorieansatz auf Finanzkontrakte übertragen und somit ein Erklä-
rungsansatz für Banken als Finanzintermediäre gegeben werden. In einem
zweiten Schritt werden dann Lösungsansätze für die Bewältigung von moral
hazard sowie adverse selection vorgestellt.
69
Die folgenden Ausführungen beziehen sich insbesondere auf: Meinhövel, H., Principal-
Agent-Theorie, 2005, S. 68f. übereinstimmend Dietrich, D., Finanzverträge, 2005, S.
40f. und Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 141ff..
70
An anderer Stelle wird auch der Begriff hidden intention verwendet. Gemeint ist damit,
dass die Einstellungen und Motive des Agenten im Allgemeinen genauso wenig bekannt
sind, wie seine geplanten Handlungen. Vgl. dazu Gerster, K., Informationsasymmetrien,
2005., S. 142f..
71
Hier wird einmal mehr die enge Verzahnung zur Transaktionskostentheorie deutlich.
72
Vgl. Dietrich, D., Finanzverträge, 2005, S. 41.
73
Vgl. Meinhövel, H., Principal-Agent-Theorie, 2005, S. 69.

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Anbieter und Nachfrager von Kapital stehen zunächst verschiedenen räumli-
chen, quantitativen, zeitlichen und qualitativen Inkongruenzen gegenüber.
74
Konkret bedeutet dies, dass bspw. ein privater Anleger, der einen ersparten
Betrag investieren möchte, nicht zwangsläufig in seiner Umgebung auf einen
Kapitalnachfrager trifft, der genau diesen Betrag über den vom Anleger zur
Verfügung gestellten Zeitraum und in der vom Anleger präferierten Anlage-
form nachfragt.
75
Mit anderen Worten bedeutet dies, dass nur sehr schwer ein
Finanzvertrag zustande kommt, selbst wenn die Akteure überwiegend voll-
kommen informiert wären, da die Transaktionskosten zu hoch sind, als dass
Akteure auf Finanzmärkten selbständig zusammenfinden.
76
Banken als Finanz-
intermediäre übernehmen in diesem Zusammenhang eine Vermittlungsfunkti-
on.
77
Der Vorteil gegenüber dem einzelnen Anleger besteht darin, dass die e-
ben aufgezeigten Transaktionskosten
78
durch eine Bank erheblich gesenkt wer-
den können.
79
Eine andere Funktion von Banken als Finanzintermediäre ist die
Transformationsfunktion.
80
Banken sind zum einen in der Lage das Risiko breit
zu streuen und somit bereit, ihren Einlegern gewisse Erträge zu versprechen,
wobei sie selber Geschäfte mit höherem Risiko eingehen (Risikotransformati-
on). Zum anderen kann durch Fristentransformation gewährleistet werden,
dass Bankgläubiger ihre Einlagen kurzfristig zurückerhalten, obwohl auch
langfristige Kredite vergeben werden. Des Weiteren kann eine Bank aufgrund
ihrer Größe auch kleine Einlagen dazu nutzen, relativ große Investitionen zu
finanzieren (Bündelung/ Größentransformation).
Vor allem im Hinblick auf den Principal-Agent-Ansatz soll die Spezialisierung
von Banken in Bezug auf die Informationstransformation besondere Beachtung
74
Vgl. Süchting, Bankmanagement, S. 4; übereinstimmend: Horsch, A., Versicherungs-
intermediation, 2005, S. 83f..
75
Vgl. Horsch, A, Versicherungsintermediation, 2005, S. 84.
76
Vgl. ebd., S. 84; übereinstimmend: Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 84,
wobei Gerster insbesondere auch auf die Kapitalallokation in Bezug auf die Konsumver-
teilung eingeht und als Charakteristika für die Finanzintermediation die Funktion der
Zeitüberbrückung und die Liquiditätsbeschaffungsfunktion hervorhebt.
77
Vgl. Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 87.
78
Diese Transaktionskosten werden in Untersuchungen mit einem Wert von 45% des
Volkseinkommens bewertet. Vgl. dazu North, D., Institutionen, 1992, S. 33.
79
Vgl. Gerster, K., Informationsasymmetrien, 2005, S. 88f..
80
Vgl. ebd., S. 90; übereinstimmend: Göbel, E., Institutionenökonomik, 2002, S. 287. Die
Ausführungen zu den Funktionen von Finanzintermediären basieren ebenfalls auf: Göbel,
E., Institutionenökonomik, 2002, S. 287.

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finden.
81
Banken haben enorme Erfahrungs- und Wissenvorsprünge im Hin-
blick auf die Bonitätsprüfung und sind somit in der Lage, Informationsasym-
metrien vor wie nach Vertragsabschluss (adverse selection und moral hazard)
entgegenzuwirken.
82
Die jeweils schlechter informierte Partei kann generell
versuchen, sich mit Hilfe eines screenings Informationen zu beschaffen.
83
Die
jeweils besser informierte Partei kann Signale senden (signaling), um von sich
aus entscheidungsrelevante Informationen an die andere Partei zu übergeben.
Banken haben in diesen Bereichen ein Spezialwissen und können dies nutzen,
um die entsprechenden Informationen einzuholen und auszuwerten. Den ein-
zelnen Kontrahenten werden auf diesem Wege die Suche nach entsprechenden
Vertragspartnern sowie eine Bonitätsbeurteilung der Kapitalnehmer abgenom-
men. Auf diese Weise können Informationsasymmetrien, die ohne Finanzin-
termediäre sehr groß sind, abgeschwächt werden.
Nachdem nun die vertragstheoretischen Grundlagen, insbesondere auch die
Finanzintermediation als eine Begründung für die Existenz von Banken darge-
stellt worden ist, soll in den folgenden zwei Kapiteln herausgearbeitet werden,
welche Gründe für eine besondere Überwachung und Regulierung von Banken
sprechen.
2.4.2
Gläubigerschutz
Staatliche Eingriffe in Form einer Bankenaufsicht oder Bankenregulierung
84
können nur gerechtfertigt werden, wenn eine besondere Schutzbedürftigkeit
der Bankgläubiger besteht und diese übergeordnete Stellung gegenüber Gläu-
bigern nichtregulierter Unternehmen in einem öffentlichen Interesse steht, da
grundsätzlich die Gewerbefreiheit durch staatliche Eingriffe eingeschränkt
81
Vgl. Göbel, E, Institutionenökonomik, 2002, S. 287
82
Vgl. ebd., S. 287 und Horsch, A., Versicherungsintermediation, 2005, S. 85.
83
Vgl. Horsch, A., a.a.O., S. 87, insbes. auch für den Rest dieses Abschnittes.
84
Auch wenn diese Begriffe in der Literatur oft synonym verwendet werden, sehen einige
Autoren eine strikte Trennung vor: Vgl. dazu Dötz, N., Bankenregulierung, 2002, S. 5f.
und S. 16; übereinstimmend: Uhde, A., Selbstregulierungspotential, 2007, S. 27. Diese
sinnvolle Trennung soll auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit beachtet werden, indem
unter einer Bankenregulierung die Herbeiführung von Normen , sowie die Möglichkeit ei-
nes präventiven Eingriffs in die Geschäftspolitik von Banken im Allgemeinen verstanden
werden kann, während die Bankenaufsicht die permanente Kontrolle und Einhaltung die-
ser Normen den individuellen Umständen einzelner Banken entsprechend vorsieht.

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wird (vgl. dazu noch einmal S. 5f.).
85
Drei bankpolitische Erklärungsansätze
liefern diese Rechtfertigung für den Schutz der Bankgläubiger und sollen im
Folgenden kurz vorgestellt werden.
86
Mit dem sozialpolitisch begründeten Gläubigerschutz wird die besondere wirt-
schaftliche Schwäche von Kleinanlegern
87
hervorgehoben, welche gezwungen
sind Bankkonten zu unterhalten, um ihre Lohn-, Gehalts- und Pensionszahlun-
gen erhalten zu können. Diesem Argument wird allerdings mittlerweile eine
nur geringe Bedeutung für eine Begründung des Gläubigerschutzes zugespro-
chen, da eine konkrete Definition dieser besonders schutzbedürftigen Gruppe
schwierig erscheint. Des Weiteren lässt sich beobachten, dass viele Kleinanle-
ger, trotz vorhandener, risikoloser Institute wie bspw. Sparkassen öffentlichen
Rechts, private Banken mit risikobehafteten Anlageformen gegenüber klassi-
schen Spareinlagen bevorzugen. Aus diesem Grund muss dieser Gläubiger-
gruppe eine zunehmende Mündigkeit zugesprochen werden und es bedarf da-
her weiterer Erklärungsansätze für einen Gläubigerschutz.
Ein weiterer Ansatz für die Begründung eines Gläubigerschutzes ist der infor-
mationspolitische Aspekt. Im vorherigen Kapitel wurde der Principal-Agent-
Ansatz dazu verwendet, eine Begründung für die Existenz von Banken herzu-
leiten. In diesem Kapitel soll dieser Ansatz für die Begründung einer Banken-
aufsicht und Regulierung dienen, denn auch zwischen den Beziehungen von
Banken und deren Gläubigern bestehen Informationsasymmetrien vor wie nach
Vertragsabschluss, die zu einem Marktversagen führen können. Grundsätzlich
bestehen divergierende Interessen hinsichtlich Chancen und Risiken zwischen
den Bankmanagern und Bankeigentümern auf der einen Seite sowie den Bank-
gläubigern auf der anderen Seite. Einleger erhalten feste Zinszahlungen für ihr
Kapital, während die Bankeigentümer und Manager von erfolgreichen, risiko-
85
Vgl. Regnery, P., Bankenaufsicht, 1994, S. 9; übereinstimmend: Dötz, N., Bankenregu-
lierung, 2002, S. 12 und Müller, W., Bankenaufsicht, 1981, S. 17.
86
Die nachfolgenden Ausführungen des Kapitels 2.4.2 beziehen sich auf die Quellen von:
Regnery, P., Bankenaufsicht, 1994, S. 9ff. und Dötz, N., Bankenregulierung, 2002, S.
12ff..
87
Es muss eine Klassifizierung nach der Einkommens- und/oder Vermögenssituation vorge-
nommen werden, was sich jedoch als problematisch erweist. Demnach müsste eine Eintei-
lung nach ,,schutzbedürftigen Einlegern" und ,,schutzwürdigen Gläubigern" vorgenom-
men werden, wobei als Kriterium die Beurteilung der Höhe der Einlage alleine nicht ge-
rechtfertigt erscheint. Vgl. dazu Regnery, P., Bankenaufsicht, 1994, S. 9 und S. 11.

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reicheren Geschäften profitieren. Einleger würden jedoch etwaige Verluste
mittragen. Könnten die Einleger diese Missverhältnisse richtig einschätzen,
würden sie ihre Zinsforderungen entsprechend anpassen. Aus diesem Grund
haben Bankeigentümer ein Interesse daran, eine relativ restriktive Informati-
onspolitik zu verfolgen. Hinzu kommt, dass Einleger in der Regel Schwierig-
keiten haben, sich selber Informationen über ein Kreditinstitut zu beschaffen,
da ihnen die fachlichen Kenntnisse fehlen, die Jahresabschlüsse entsprechend
richtig zu lesen und zu interpretieren. Folglich bestehen erhebliche Unsicher-
heiten über die Bonität der Kreditinstitute, die letztendlich zu adverse selecti-
on sowie moral hazard führen können.
Zu adverse selection kommt es, wenn die Einleger bereits vor Abschluss eines
Vertrages aufgrund ihres schlechten Informationsstandes schlechte Verträge
und ein opportunistisches Verhalten antizipieren und somit nur zur Zahlung
eines durchschnittlichen Preises bereit sind. Gute, aber teurere Produkte wer-
den somit aus dem Markt verdrängt. Eine weitere Marktunvollkommenheit vor
Vertragsschluss entsteht, wenn Banken versuchen sich selber gegenseitig aus
dem Markt zu verdrängen, indem besonders günstige Konditionen für Bank-
gläubiger angeboten werden. Diese ruinöse Konkurrenz sorgt schließlich dafür,
dass Kreditinstitute letztendlich nur Verträge schlechter Qualität anbieten kön-
nen. Dies können Einleger allerdings aufgrund ihrer Informationsnachteile
nicht einschätzen.
Einleger können auch nach Vertragsschluss nicht einschätzen, wie sich die
Bankeigentümer und Bankberater verhalten. Dieses Problem des moral hazard
sorgt dafür, dass Einleger von einem opportunistischen Verhalten ausgehen
müssen, da sie ein gewinnmaximierendes Verhalten der Banken antizipieren.
Eine staatliche Bankenaufsicht und Regulierung kann letztendlich dafür sor-
gen, den entsprechenden Schutz für die Gläubiger kostengünstiger bereitzustel-
len, als es die Einleger einzeln leisten könnten. Der Grund dafür liegt darin,
dass das Free-Rider-Problem verhindern würde, dass durch eine Eigeninitiative
der Einleger genügend von dem Gut ,,Kontrolle der Bank" produziert werden
könnte. Zum anderen bestünde die Gefahr, dass bei einer privatwirtschaftlich
geführten Kontrollinstanz Interessengruppen der Bank dort vertreten wären und

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ORSCHLÄGE ZUR
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INANZMARKTKRISE
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den Schutz der Einleger nicht steigern, sondern eher versuchen werden diesen
zu minimieren.
Ein dritter Erklärungsansatz für eine Bankenaufsicht und Regulierung ist der
verhaltenspsychologische Gläubigerschutz, der sich durch die besondere Ver-
trauensanfälligkeit des Bankensystems begründen lässt. Aufgrund der risiko-
aversen Einstellung, insbesondere der Kleinanleger, sind diese nicht bereit jeg-
liche Arten von Risiken der Bank mitzutragen. Ferner sehen sie sich selbst
nicht als Kreditgeber der Bank. Somit reichen Gerüchte über eine Solvenzge-
fährdung ,,ihrer" Bank aus, um die Einleger dazu zu bewegen, ihre Einlagen
massiv abzuziehen. Ein solcher Bank Run kann dann dazu führen, dass ein
Kreditinstitut erhebliche Liquiditätsprobleme bekommt, wodurch nicht nur das
Einzelinstitut an sich gefährdet ist, sondern über die engen Verflechtungen mit
anderen Banken schnell eine Systemkrise entstehen kann. Hervorzuheben ist
hierbei das von DIAMOND und DYBVIG (1983) erklärte irrationale Verhalten
der Einleger (entspr. dem Gefangenendilemma).
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Obwohl das kollektive Ver-
halten sämtlicher Einleger irrational ist, sämtliche Einlagen unmittelbar abzu-
ziehen, macht es aus Sicht einzelner Einleger Sinn, sein eigenes Kapital zu
,,sichern", da die Einleger ein first come, first served-Prinzip annehmen. Des
Weiteren sind Einleger, wie oben bereits ausgeführt, in der Regel schlecht in-
formiert. Das führt dazu, dass Einleger sich, entgegen der Ausführungen von
DIAMOND und DYBVIG (1983) nicht an der Liquidität, sondern an der Sol-
venz der Bank orientieren und ihr Verhalten nach den Vorgaben der vermeint-
lich besser Informierten richten, womit sie die Wahrscheinlichkeit eines Bank
Runs erhöhen.
89
Die Gründe für die hohe Anfälligkeit von Banken gegenüber Bank Runs sind
zum einen darauf zurückzuführen, dass in den Bankbilanzen, zur Erfüllung
ihrer Transformationsfunktion, illiquiden Vermögensgegenständen liquide
Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Zum anderen besitzen Banken im Ver-
gleich zu anderen Unternehmen eine sehr geringe Eigenkapitalquote und haben
somit einen geringen Puffer, der die Gläubiger vor Verlusten schützt. Somit
88
Vgl. Diamond, D. et al., Bank Runs, 1983, S. 404 und 409f..
89
Vgl. Chari, V. et al., Panics, 1988, S. 749; Die Ausführungen zum Bank Run werden auch
mit dem verhaltenspsychologischen Begriff des Herdentriebes erklärt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836642286
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,7
Schlagworte
bankenaufsicht gläubigerschutz liquidität basel rating
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Titel: Vorschläge zur Veränderung der Regulierung im Zuge der Finanzmarktkrise
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