Familien mit autistischen Kindern
Eine vergleichende Untersuchung des Hilfebedarfs mit vorhandenen Angebots- und Fördermöglichkeiten
					
	
		©2009
		Diplomarbeit
		
			
				118 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Die Intention und Aufgabe dieser Arbeit besteht darin, eine Erfassung der verschiedensten Auswirkungen des Autismus auf die betroffenen Familien zu erhalten und einen aktuellen Zwischenstand über die Versorgungs- und Hilfemöglichkeiten der Familien und Kinder in der Region Regensburg zu geben.
Der theoretische Teil befasst sich mit den Hintergründen des Autismus, der Diagnosestellung und der Frage der Ursachenforschung. Hierzu werden die verschiedenen Aspekte möglicher Entstehungsgründe im Rahmen neuester Studien untersucht. Ebenso dient die Arbeit der Zusammenfassung von unterschiedlichen Formen, Erscheinungsbildern und Kriterien des gesamten Spektrums autistischer Auffälligkeiten.
Selbst nur autistische Züge eines Kindes haben ebenso wie schwerwiegendere Verhaltensoriginalitäten des frühkindlichen Autismus, besondere Auswirkungen auf die Familie, deren einzelne Mitglieder sowie die Beziehungen untereinander. Zu diesem Zweck werden die grundlegenden Frage- und Problemstellungen der Betroffenen innerhalb des Familiensystems beleuchtet und erörtert.
Außerdem wird auf die Auswirkungen des gesellschaftlichen und sozialen Lebens eingegangen, welches sich für die Familien durch den Autismus ihres Kindes verändert.
Der empirische Teil der Diplomarbeit umfasst die Befragung von Eltern über die Bedarfsdeckung der Therapie- und Hilfemöglichkeiten im Bezirk Oberpfalz und deren Auswertung. Die Ergebnisse werden anhand von Tabellen und Grafiken verdeutlicht und interpretiert. Zudem erfolgt eine Vorstellung der Zielgruppe der Erhebung sowie der beteiligten Institutionen und Einrichtungen als Kooperationspartner, mit einer kritischen Reflexion der Arbeit.
Abschließend werden einige, der Verfasserin als wichtig erscheinende Ergebnisse und Empfehlungen herausgegriffen und mögliche Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Situation dargestellt. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
A)Einleitung5
1.Theoretischer Teil6
1.1AUTISMUS UND HINTERGRÜNDE6
1.1.1Definition und Begriffsbestimmung6
1.1.2Eingruppierung und Diagnostik des ICD  10 und DSM IV7
1.1.3Arten von Autismus11
1.1.3.1Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)11
1.1.3.2Asperger Autismus13
1.1.3.3Atypischer Autismus und andere tief greifende Entwicklungsstörungen14
1.1.3.4High-functioning-Autismus15
1.1.4Ursachen der Behinderung16
1.1.4.1Neurologische und biochemische Komponente17
1.1.4.2Genetische […]
	Die Intention und Aufgabe dieser Arbeit besteht darin, eine Erfassung der verschiedensten Auswirkungen des Autismus auf die betroffenen Familien zu erhalten und einen aktuellen Zwischenstand über die Versorgungs- und Hilfemöglichkeiten der Familien und Kinder in der Region Regensburg zu geben.
Der theoretische Teil befasst sich mit den Hintergründen des Autismus, der Diagnosestellung und der Frage der Ursachenforschung. Hierzu werden die verschiedenen Aspekte möglicher Entstehungsgründe im Rahmen neuester Studien untersucht. Ebenso dient die Arbeit der Zusammenfassung von unterschiedlichen Formen, Erscheinungsbildern und Kriterien des gesamten Spektrums autistischer Auffälligkeiten.
Selbst nur autistische Züge eines Kindes haben ebenso wie schwerwiegendere Verhaltensoriginalitäten des frühkindlichen Autismus, besondere Auswirkungen auf die Familie, deren einzelne Mitglieder sowie die Beziehungen untereinander. Zu diesem Zweck werden die grundlegenden Frage- und Problemstellungen der Betroffenen innerhalb des Familiensystems beleuchtet und erörtert.
Außerdem wird auf die Auswirkungen des gesellschaftlichen und sozialen Lebens eingegangen, welches sich für die Familien durch den Autismus ihres Kindes verändert.
Der empirische Teil der Diplomarbeit umfasst die Befragung von Eltern über die Bedarfsdeckung der Therapie- und Hilfemöglichkeiten im Bezirk Oberpfalz und deren Auswertung. Die Ergebnisse werden anhand von Tabellen und Grafiken verdeutlicht und interpretiert. Zudem erfolgt eine Vorstellung der Zielgruppe der Erhebung sowie der beteiligten Institutionen und Einrichtungen als Kooperationspartner, mit einer kritischen Reflexion der Arbeit.
Abschließend werden einige, der Verfasserin als wichtig erscheinende Ergebnisse und Empfehlungen herausgegriffen und mögliche Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Situation dargestellt. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
A)Einleitung5
1.Theoretischer Teil6
1.1AUTISMUS UND HINTERGRÜNDE6
1.1.1Definition und Begriffsbestimmung6
1.1.2Eingruppierung und Diagnostik des ICD  10 und DSM IV7
1.1.3Arten von Autismus11
1.1.3.1Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)11
1.1.3.2Asperger Autismus13
1.1.3.3Atypischer Autismus und andere tief greifende Entwicklungsstörungen14
1.1.3.4High-functioning-Autismus15
1.1.4Ursachen der Behinderung16
1.1.4.1Neurologische und biochemische Komponente17
1.1.4.2Genetische […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Nicole Lerchenberger 
Familien mit autistischen Kindern 
Eine vergleichende Untersuchung des Hilfebedarfs mit vorhandenen Angebots- und 
Fördermöglichkeiten 
ISBN: 978-3-8366-4121-0 
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010 
Zugl. Fachhochschule Regensburg, Regensburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2009 
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, 
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von 
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der 
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, 
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung 
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen 
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik 
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich 
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des 
Urheberrechtes. 
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in 
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, 
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei 
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. 
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können 
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder 
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. 
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. 
© Diplomica Verlag GmbH 
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010 
2
INHALTSVERZEICHNIS 
A) Einleitung ...4 
1 Theoretischer Teil ...5 
1.1 Autismus 
und 
Hintergründe...5 
1.1.1 Definition 
und 
Begriffsbestimmung ... 5 
1.1.2 
Eingruppierung und Diagnostik des ICD  10 und DSM IV ... 6 
1.1.3 Arten 
von Autismus... 10 
1.1.3.1 Frühkindlicher 
Autismus (Kanner-Syndrom) ... 10 
1.1.3.2 Asperger Autismus ... 12 
1.1.3.3  
Atypischer Autismus und andere tief greifende 
Entwicklungsstörungen... 13 
1.1.3.4 High-functioning-Autismus... 14 
1.1.4 Ursachen 
der Behinderung ... 15 
1.1.4.1 
Neurologische und biochemische Komponente... 16 
1.1.4.2 Genetische Faktoren ... 19 
1.1.4.3 Neuropsychologie ... 20 
1.1.4.4 Umwelteinflüsse... 22 
1.2 Auswirkungen 
auf die Familie... 23 
1.2.1 Entwicklung 
des Familienlebens ... 23 
1.2.2 Auswirkungen 
auf 
einzelne Familienmitglieder ... 30 
1.2.2.1 Mütter 
als 
primär Betroffene... 30 
1.2.2.2 
Effekte auf die partnerschaftliche Beziehung der Eltern ... 32 
1.2.2.3      Geschwister... 33 
1.2.2.4     Kind mit autistischen Verhaltensweisen... 35 
1.2.3 
Auswirkungen auf gesellschaftliches Leben der Familie... 38 
1.2.3.1 Alltagsgestaltung 
und Freizeitaktivitäten... 38 
1.2.3.2 Umfeld 
und 
soziale Kontakte... 39 
B) Überleitung... 41 
2 Empirischer Teil ... 42 
2.1 Quantitative Erhebung durch Fragebögen in Familien ... 42 
2.1.1 Zielgruppe der Stichprobe und Zielsetzung ... 42 
2.1.2 Umfragebeteiligte Institutionen und Einrichtungen... 43 
2.1.3 Methodenbeschreibung ... 44 
3
2.2 Auswertung der Fragebögen ... 45 
2.2.1 Graphische Auswertung und Interpretation... 45
2.2.2 Weiterführende Ergebnisse durch Fragenkombinationen... 83
2.2.3 Kritische Reflexion der quantitativen Forschungsarbeit...88
C) Fazit/Ausblick ... 89 
Anhang 
a)  Fragebogen...94 
b)  Überblick/Erstsammlung Angebots- und Hilfsmöglichkeiten für  
autistische Kinder im Bezirk Oberpfalz...101 
Tabellenverzeichnis Fragebogenerhebung...112 
Grafikverzeichnis Fragebogenerhebung...112 
Abbildungsverzeichnis Theoretischer Teil...113 
Literaturverzeichnis...114 
4
A) Einleitung 
Die Intention und Aufgabe dieser Arbeit besteht darin, eine Erfassung der 
verschiedensten Auswirkungen des Autismus auf die betroffenen Familien zu 
erhalten und einen aktuellen Zwischenstand über die Versorgungs- und 
Hilfemöglichkeiten der Familien und Kinder in der Region Regensburg zu geben. 
Der theoretische Teil befasst sich mit den Hintergründen des Autismus, der 
Diagnosestellung und der Frage der Ursachenforschung. Hierzu werden die 
verschiedenen Aspekte möglicher Entstehungsgründe im Rahmen neuester 
Studien untersucht. Ebenso dient die Arbeit der Zusammenfassung von 
unterschiedlichen Formen, Erscheinungsbildern und Kriterien des gesamten 
Spektrums autistischer Auffälligkeiten.  
Selbst nur autistische Züge eines Kindes haben ebenso wie schwerwiegendere 
Verhaltensoriginalitäten des frühkindlichen Autismus, besondere Auswirkungen 
auf die Familie, deren einzelne Mitglieder sowie die Beziehungen untereinander. 
Zu diesem Zweck werden die grundlegenden Frage- und Problemstellungen der 
Betroffenen innerhalb des Familiensystems beleuchtet und erörtert. 
Außerdem wird auf die Auswirkungen des gesellschaftlichen und sozialen Lebens 
eingegangen, welches sich für die Familien durch den Autismus ihres Kindes 
verändert. 
Der empirische Teil der Diplomarbeit umfasst die Befragung von Eltern über die 
Bedarfsdeckung der Therapie- und Hilfemöglichkeiten im Bezirk Oberpfalz und 
deren Auswertung. Die Ergebnisse werden anhand von Tabellen und Grafiken 
verdeutlicht und interpretiert. Zudem erfolgt eine Vorstellung der Zielgruppe der 
Erhebung sowie der beteiligten Institutionen und Einrichtungen als 
Kooperationspartner, mit einer kritischen Reflexion der Arbeit. 
Abschließend werden einige, der Verfasserin als wichtig erscheinende Ergebnisse 
und Empfehlungen herausgegriffen und mögliche Verbesserungsvorschläge zur 
aktuellen Situation dargestellt. 
5
1 Theoretischer Teil 
1.1  Autismus und Hintergründe 
1.1.1  Definition und Begriffsbestimmung 
,,Wenn ich dich nur verstehen könnte...": Mit dieser Beschreibung würden 
vielleicht Angehörige und Eltern von Betroffenen den Inhalt des Wortes Autismus 
assoziieren.  
Wenn man sich jedoch der Literatur zuwendet, wird der Ursprung des Wortes 
Autismus in seinen Wurzeln aus der griechischen Sprache abgeleitet und mit dem 
Begriff ,,autos" genannt, was soviel heißt wie ,,selbst".  
Erstmals benutzte diese neue Art einer gewissen Zustandsbeschreibung der 
Schweizer Psychiater Eugen Bleuler im Jahre 1914. Damit beschrieb er eine sehr 
in sich gekehrte Verhaltensweise und selbst Bezogenes Denken von Menschen.
1
Zu Beginn der Forschung war man sogar der Ansicht, dass Autismus eine Form 
der kindlichen Schizophrenie sei. Wissenschaftler schlossen dies aus der 
mangelnden sozialen Interaktion und den Sprachproblemen. Heute sind sich 
Experten jedoch einig, dass Autismus und Schizophrenie zwei völlig 
unterschiedliche Arten von Erkrankungen sind.
2
 Kanner  und  Asperger 
veröffentlichten 1943 und 1944 fast zeitgleich und unabhängig voneinander erste 
Beobachtungen zu diesem Phänomen, welches bei Kindern festgestellt wurde.
3
Diese Menschen haben Schwierigkeiten ihre Umwelt und Mitmenschen zu 
verstehen, einen Zugang zu finden, Verhaltens- und Kommunikationsformen zu 
erkennen oder sich selbst mitzuteilen. 
Auch verschiedene Autoren des Leitfadens für Kinder- und Jugendpsychotherapie 
beschreiben in belegten und signifikanten Studien, ,,...dass Autismus mit 
Störungen der Wahrnehmung assoziiert ist. Sowohl Defizite der Wahrnehmung, 
1
 vgl. Kehrer (2000), S. 9 
2
 vgl. Sigman, Capps (2000), S. 11 
3
 vgl. Förstl (2007), S. 296 
6
als auch Empathie sind jedoch nur Teilaspekte des Syndroms und vermutlich 
nicht primäre Ursache, sondern Folge eines pathologischen Prozesses."
4
Erste Anzeichen sind bereits im Kleinkindalter zu beobachten, wobei sich die 
Diagnose häufig wegen uneindeutiger Anzeichen über Monate und Jahre hinweg 
ziehen kann. 
Steinhausen hebt allerdings in einem anderen Lehrbuch der Kinder- und 
Jugendpsychiatrie hervor, dass sich Betroffene nicht in ihre eigene Welt zurück 
ziehen, sondern primär die fehlende Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit eine 
Rolle spielt. Der Begriff ,,Tiefgreifende Entwicklungsstörung" wird ebenso 
einschlägig in der Literatur verwendet, vor allem im Zusammenhang mit dem  
ICD  10 (International classification of diseases).
5
Grundlegend kann Autismus als Spektrumsstörung bezeichnet werden. Die 
tiefgreifende Entwicklungsstörung gilt als eine Art Grundstock von Merkmalen. Je 
nach Ausprägung können die verschiedenen Formen von Autismus anhand der 
spezifischen Indikatoren festgestellt werden. Die qualitativen Auffälligkeiten des 
autistischen  Bildes spielen eine große Rolle. Im Punkt 1.1.2 Diagnostik wird 
darauf noch näher eingegangen.
6
1.1.2  Eingruppierung und Diagnostik des ICD  10 und DSM IV 
Im Grunde kann Autismus nach zwei Klassifikationssystemen diagnostiziert 
werden. Dies betrifft den DSM IV  Katalog (Diagnostisches und statistisches 
Manual psychischer Störungen), welcher 1994 von einer Vereinigung 
amerikanischer Psychiater veröffentlicht wurde, sowie den ICD  10, welcher 
bereits im letzten Abschnitt erwähnt ist. 
Durch die Verschiedenheit in dem ein oder anderen Punkt der Kataloge kann es 
partiell in manchen Bereichen der Diagnosestellung zu Unterschieden bzw. 
Abweichungen kommen.
7
 Folgende Tabelle soll einen kurzen Überblick bezüglich 
der Hauptkategorien meines Themas geben: 
4
 Poustka, Bölte, Feineis-Matthews, Schmötzer - Leitfaden (2004), S. 2 
5
 vgl. Steinhausen (2006), S. 76 ff 
6
 vgl. 
www.dimdi.de
, Stand: 06.04.2009 
7
 vgl. Richman (2004), S. 7 
7
ICD  10 
DSM IV 
Frühkindlicher Autismus (F84.0) 
Autistische Störung (299.0) 
Asperger Syndrom (F84.5) 
Asperger Störung (299.80) 
Atypischer Autismus (F84.1) 
Nicht näher bezeichnete tiefgreifende 
Entwicklungsstörung (NNB-TE; 299.80)
Rett-Syndrom (F84.2) 
Rett Störung (299.80) 
Andere desintegrative Störung des 
Kindesalters (F84.3) 
Desintegrative Störung im Kindesalter 
(299.10) 
Überaktive Störung mit 
Intelligenzminderung und 
Bewegungsstereotypien (F84.4) 
Keine Entsprechung im DSM IV 
Sonstige tiefgreifende 
Entwicklungsstörungen (F84.8) 
Nicht näher bezeichnete tiefgreifende 
Entwicklungsstörung (NNB-TE) 
Nicht näher bezeichnete tiefgreifende 
Entwicklungsstörung (F84.9) 
Nicht näher bezeichnete tiefgreifende 
Entwicklungsstörung (NNB-TE) 
Abbildung 1: Vereinfachte Gegenüberstellung der Diagnosekataloge
8
Der Vergleich zeigt einige Differenzen auf, welche auf die Komplexität des 
Autismus zurückzuführen sind und Anregung für weitere Forschung geben. 
Wie bereits vorher in der Gegenüberstellung der Klassifikationskataloge schon 
deutlich wurde, können die Diagnosekriterien je nach Land unterschiedlich 
definiert sein. Außerdem spielt auch die Beschaffenheit des Gesundheitssystems 
eine große Rolle bei der Einordnung und Feststellung von Krankheiten, 
insbesondere auch hier bei Autismus. Folglich ist die Prävalenz sehr 
unterschiedlich und es herrschen schlechte Vergleichsmöglichkeiten zu anderen 
Ländern.
9
8
 Morsch (2008), S. 3 
9
 vgl. Sigman, Capps (2000), S. 11 ff 
8
Untersuchungen der letzten Jahre weisen allerdings zunehmend höhere Zahlen 
von Menschen mit autistischen Störungen nach, wohl auch aufgrund der größer 
werdenden Sensibilität und besseren Diagnosekriterien. Speziell für Deutschland 
gibt es keine Angabe, jedoch kann man auf Forschungen in Europa, Kanada und 
den USA zurückgreifen. 
Alle autistischen Spektrumsstörungen: 
6  7   
pro 1000 Einwohner 
Frühkindlicher Autismus: 
1,3  2,2 
pro 1000 Einwohner 
Asperger Autismus:   
1  3   
pro 1000 Einwohner 
Andere tiefgreifende Entwicklungsstörung:  3,3 
pro 1000 Einwohner
10
Zudem möchte ich noch kurz die drei Hauptmerkmale zur Diagnose von Autismus 
aufgreifen, welche Herpertz-Dahlmann in der neuesten Denkschrift des 
Bundesverbands für Autismus folgendermaßen erläutert:  
Von Bedeutung in der Diagnostik sind: 
  ,,...eine Störung der reziproken (wechselseitigen) sozialen Interaktion 
(Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen) 
  ...eine Störung der Kommunikation, d. h. der sprachlichen und nicht 
sprachlichen Kommunikationsformen wie Gestik und Mimik, 
  ...ein deutlich eingeschränktes Repertoire von Aktivitäten und Interessen 
sowie Auftreten stereotyper Verhaltensmuster"
11
Eine weitere Neuerung stellt der so genannte ICF (Internationale Klassifikation 
der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) dar, welcher allerdings 
keine Krankheitsdefinition des autistischen Erscheinungsbildes vermerkt. Fokus 
dieses Katalogs ist primär die Teilhabe des Menschen mit Behinderung am Leben 
und an der Gesellschaft und hebt eine stärkere Ressourcenorientierung und 
Partizipation hervor.
12
Anzumerken ist außerdem, dass ,,zu einer vollständigen diagnostischen 
Untersuchung autistischer Störungen ... die Durchführung eines 
Elektroenzephalogramms (EEG) und unter Umständen eines weiteren 
10
 vgl. Autismus Deutschland e. V, Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus    
(2008), S. 3 
11
 Herpertz- Dahlmann (2008), S. 5 
12
 vgl. ebd., S. 5/6 
9
bildgebenden Verfahrens..."
13
 gehört. Dabei wurde eine ausgeprägte Trefferquote 
bezüglich der Indikatoren für autistische Verhaltensweisen erzielt, sowie 
teilweise bestimmte Komorbiditäten mit Epilepsie oder ähnlichen Anfallsleiden 
festgestellt.
14
Steinhausen merkt zu elektrophysiologischen Studien jedoch an, dass ,,...die 
Spezifität von Befunden bildgebender Verfahren (z. B. des Computertomogramms) 
oder von Hirnautopsien als Hinweis auf morphologisch  neuroanatomische 
Abweichungen beim gegenwärtigen Stand des Wissens als gering 
einzuschätzen..." ist.
15
Zur Prävalenz bezüglich der Geschlechterverteilung zeigt sich eine deutlich 
höhere Betroffenheit von Jungen gegenüber Mädchen, welche mit einem 3 bis 4-
mal häufigerem Vorkommen beziffert wird. Vor allem beim Asperger-Syndrom 
lässt sich diese Tendenz erkennen. Jedoch sind andererseits Mädchen mit 
frühkindlichem Autismus oft in einem stärkeren Ausmaß von der Krankheit 
betroffen.
16
Um einen kurzen Umriss des Verlaufs einer Diagnostik darzustellen, wird nun 
noch kurz und zusammengefasst auf verschiedene Elemente nach Poustka 
eingegangen: 
1. Früherkennung: Je früher die Krankheit erkannt wird, desto wirksamer und 
präventiver kann mit Interventionen und Maßnahmen zur Therapie und 
Förderung angesetzt werden. 
2. Exploration und Befragung der Bezugspersonen: Eine genaue 
Anamnese und detaillierte Angaben bezüglich Umfeld, Familie etc. durch 
schriftliche Befragungen und Interviews sind unerlässlich als Basis der Diagnostik. 
3. Verhaltensbeobachtung und/oder Exploration und Verhaltensanalyse: 
Im Zentrum steht natürlich das Kind oder der Erwachsene mit seinen Symptomen. 
Diese werden mit wissenschaftlichen Instrumenten eingeordnet und nach 
möglichst objektiven Kriterien in gewohnter, aber auch neuer Umgebung 
exploriert. 
13
 Poustka et al (2004), S. 83 
14
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 83 
15
 Steinhausen (2002), S. 63 
16
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 18 
10
4. Testpsychologische Untersuchung: Kognitive und psychologische 
Gegebenheiten stehen im Fokus.  
5. Körperliche und neurologische Untersuchung: Allgemeiner 
Gesundheitszustand, motorische und neurologische Parameter stehen im Fokus. 
6. Multiaxiale Klassifikation: Nach Bestandsaufnahme und Sammlung erfolgt 
die Einordnung in den ICD-10. 
7. Verlaufskontrolle: Obligatorisch bei diesem Krankheitsbild, da Symptomatik 
relativ stabil verläuft, jedoch in größeren Abständen durchaus angebracht. 
Eine umfassende Diagnostik ist durch diese vielen Elemente der 
Bestandsaufnahme somit nur durch ein Konsultieren von verschiedenen 
Einrichtungen, Institutionen und Experten gegeben.
17
Schwierigkeiten, Autismus festzustellen, zeigen sich beispielsweise bei Kindern, 
die nur vereinzelt Symptome der Krankheit aufweisen. Eine weitere Problematik 
ist die ständige Veränderung der pathologischen Kennzeichen im 
Entwicklungsverlauf. Zudem sind die verschiedenen Grade der Ausprägung sehr 
differenziert.
18
Als diagnostische Verfahren zur Erkennung von Autismus sind beispielsweise der 
ADOS (diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen) zu nennen, 
aber auch das diagnostische Interview für Autismus (ADI).
19
1.1.3  Arten von Autismus 
1.1.3.1  Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom) 
,,Kinder mit frühkindlichem Autismus sind in der Regel von Geburt an auffällig, 
weisen häufig multiple Entwicklungsstörungen auf und sind auch in ihren 
kognitiven Funktionen meist deutlich eingeschränkt", so erläutern Remschmidt 
17
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 44/45 
18
 vgl. Remschmidt (2005), S. 24 
19
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 125, 129 
11
und Kamp-Becker einige Hauptkategorien des Kanner - Autismus, welcher auch 
deshalb in den meisten Fällen relativ früh festgestellt werden kann.
20
Ein offensichtliches Indiz für das Symptom ist vor allem die außergewöhnlich 
starke Abkapselung von der Umwelt, ein rigides Festhalten an Strukturen und 
Abläufen, wie auch die frühe Beeinträchtigung der sprachlichen Entwicklung, 
welche sich von einer Verzögerung des Erlernens bis zum völligen Verlust oder 
Beschränkung auf rudimentäre Äußerungen erstreckt.
21
 Remschmidt  beschreibt 
außerdem ,,...eine Neigung zu Wortneubildungen und zu Echolalien (echoartiges 
Nachsprechen von Worten oder Lauten). Die Kinder sprechen von sich in der 
dritten Person und lernen erst sehr spät, die eigene Person mit ,ich' zu 
bezeichnen."
22
Als weitere unspezifische Indikatoren werden unter anderem Phobien, aggressive 
Verhaltensweisen und selbst verletzende Tendenzen angeführt. Die oft völlig 
fehlende Aufnahme von Kontakt zu anderen Menschen ist sehr gut in 
Spielsituationen zu beobachten, in denen sie in der Regel als Einzelgänger 
hervortreten. Sehr sensibel reagieren Kinder und Erwachsene mit diesem 
Symptom auf Geräusche und Lärm. 
Die bereits zuvor genannten Phobien oder ängstliche Zustände äußern sich in 
Handlungen oder Situationen, in denen ihre gewohnte Umwelt verändert wird 
und für die Betroffenen Unerwartetes geschieht. 
Eine geistige Retardierung geht oft einher mit dem frühkindlichem Autismus, 
jedoch muss unterschieden werden, ob diese eine Begleiterscheinung der 
Krankheit ist oder sie im Vordergrund steht. Eine kognitive Andersartigkeit allein 
weist im Normalfall bei Betroffenen keine oder nur wenig Störungen der 
Emotionalität oder der zwischenmenschlichen Beziehungen auf.  
Freude erleben die Kinder mit Gegenständen, die sie zweckentfremdet in 
rotierenden Bewegungen und Handlungsweisen einsetzen
23
 - beispielsweise an 
einem umgedrehten Fahrrad die Reifen zu drehen oder eine Kette hinter sich her 
zu ziehen.  
20
 Remschmidt; Kamp-Becker (2007), 
www.aerzteblatt.de
 , Stand: 22.03.09 
21
 vgl. Remschmidt (2005), S. 16 ff 
22
 ebd., S. 18 
23
 vgl. ebd., S. 16 ff 
12
1.1.3.2  Asperger Autismus 
Besonders prägnant ist bei dieser Form des Autismus das Problem der 
Kontaktschwierigkeiten und des Unvermögens von Kommunikation zu anderen 
Menschen. Im Unterschied zur frühkindlichen Variante sind die verbalen 
Fähigkeiten, wie auch die intellektuellen, meist nicht von der Krankheit betroffen 
oder nur in gewissem Maße vermindert. Dabei treten jedoch hauptsächlich in 
nonverbalen Interaktionen Defizite hervor, wie das Herstellen von Blickkontakt, 
gestikulierendes Verhalten und Mimik sowie das Initiieren und Weiterführen von 
Beziehungen zu Personen im gleichen Alter oder mit Altersunterschieden.  
Emotionen des Gegenübers werden nicht wahrgenommen und eine 
dementsprechende Reaktion oder ein Mitfühlen somit verhindert. Es besteht ein 
Kontakt zur Lebensumwelt von betroffenen Kindern und Erwachsenen, der aber 
nur insofern zustande kommt, als dass sie in Kontakt treten und von ihren 
Interessen und Belangen sprechen, egal, wie die angesprochene Person reagiert 
und wie sie sich äußert. Dabei kommt es oftmals zu einem wahren Redefluss, der 
sich nur einseitig abspielt. 
Die Sprachmelodie wird häufig als eine Art von ,,Robotersprache" beschrieben, 
die monoton und ohne Höhen oder Tiefen verläuft. 
Typische Stereotypien und Muster von Bewegungen finden auch in der Form des 
Asperger-Autismus Anwendung und zwar in den diagnostischen 
Zuschreibungskriterien, die mit motorischen Schwerfälligkeiten und 
Verzögerungen einhergehen. 
Außerdem spielen verschiedene Zwänge oder extreme Formen von bestimmten 
Interessensbereichen, der in mancher Literatur so genannten ,,Aspies", eine Rolle. 
Vor allem der Alltag der Menschen ist geprägt von einem Verlangen nach festen 
Strukturen und Ritualen.
24
Zur Häufigkeit des Auftretens lassen sich Zahlen von etwa 2  3,3 Kinder auf 
10.000 Kinder im Schulalter festmachen.
25
Remschmidt und Kamp-Becker sprechen auch von einer ,,...Beeinträchtigung in 
der Prosodie (metrisch-rhythmische Aspekte der Sprache) und Pragmatik der 
24
 vgl. Remschmidt, Kamp-Becker (2007), 
www.aerzteblatt.de
 , Stand: 22.03.09 
25
 vgl. ebd.  
13
Sprache ... (sozialer Gebrauch und soziales Verständnis der Sprache). Die 
Pragmatik der Sprache regelt den kommunikativen Gebrauch von Grammatik und 
Semantik in verschiedenen Kontexten."
26
1.1.3.3  Atypischer Autismus und andere tief greifende Entwicklungsstörungen 
Anzeichen der Äußerung einer atypischen Form des autistischen Spektrums 
richten sich nach den Kriterien des frühkindlichen Autismus. Fehlend sind hierbei 
allerdings das frühe Manifestationsalter, dies lässt sich erst ab oder während des 
3. Lebensjahres erkennen, sowie keine vollständige Feststellungsmöglichkeit aller 
drei Hauptkriterien des Kanner  Syndroms (Soziale Interaktion, Kommunikation, 
stereotypes Verhalten).
27
Bemerkenswert ist dabei, dass die atypische Erkrankung auch häufig als eine 
,,Intelligenzminderung mit autistischen Zügen" angeführt wird. ,,Zur 
Intelligenzminderung kommen die autistischen Züge hinzu. Eltern können es 
häufig leichter akzeptieren, wenn ihr Kind, selbst wenn es eine 
Intelligenzminderung aufweist, als autistisch bezeichnet wird, als wenn die 
Diagnose ,geistige Behinderung' lautet."
28
Zu den sonstigen desintegrativen Störungen des Kindesalters (F 84.3) lässt sich 
sagen, dass es ,,... nach einer zunächst regulär verlaufenden frühkindlichen 
Entwicklung der ersten 3 bis 4 Lebensjahre, zu einem drastischen Verlust bereits 
erworbener Fähigkeiten im Bereich der Sprache, des Spielens, der sozialen 
Fertigkeiten, des adaptiven Verhaltens, der Darm- und Blasenkontrolle und der 
motorischen Funktionen..." kommt.
29
Diese Darstellung wird auch in Verbindung mit dem Begriff ,,demenzieller 
Abbau" gebracht, der Prozess erfolgt schleichend und ist anfänglich kaum zu 
erkennen. Er kann jedoch auch wellenförmig verlaufen. Die Diagnose ist sehr 
selten, Remschmidt gibt eine Häufigkeit von etwa 10 Fällen auf 1 Million Kinder 
an.
30
26
 ebd.  
27
 vgl. Poustka et al., S. 16 
28
 Remschmidt (2005), S. 63 
29
 Morsch (2008), S. 8 
30
 vgl. Remschmidt (2005), S. 65/66 
14
Unter den Punkt der anderen tief greifenden Entwicklungsstörungen, fällt zuletzt 
noch  das Rett-Syndrom. Das Manifestationsalter liegt zwischen dem 7. und 24. 
Lebensmonat der betroffenen Person. Eine Kennzeichnung ist gegeben durch 
folgende Symptome: 
  ,,Vollständiger Verlust des ziel gerichteten Gebrauchs der Hände, 
  Verlust oder Teilverlust der Sprache, 
  Verlangsamung des Kopfwachstums und 
  Eigenartige, ,windende' Bewegungsstereotypien der Hände."
31
Charakteristisch ist auch der Abbau von Fähigkeiten des Bewegungsapparates 
und von Bewegungsabläufen, welche häufig mit neurologischen Problemen und 
epileptischen Anfällen einhergehen.
32
1.1.3.4  High-functioning-Autismus 
Der High-functioning-Autismus wird erst in den letzten Jahren als neue 
Abspaltung des Autismus-Spektrums geführt, deshalb liegen hier noch keine 
offiziellen diagnostischen Kriterien vor. Er dürfte jedoch festzustellen sein, wenn 
sich die Anzeichen zwischen den Kriterien des frühkindlichen und des Asperger 
Autismus befinden und weder markante Symptome des einen noch des anderen 
vorliegen. Mit Sicherheit lässt sich trotzdem erkennen, dass Kinder und 
Erwachsene mit dieser Auffälligkeit keine geistige Behinderung oder sogar eine 
durchschnittliche Intelligenz aufweisen, also der IQ bei über 70 Punkten oder 
sogar höher liegt. Die Praxis verfährt in der Zuordnung nach den frühkindlichen 
Kriterien mit der Spezifizierung High-functioning-Autismus. Zudem sind die 
verbalen Fähigkeiten vergleichsweise gut entwickelt.
33
Durch die Beschreibung der verschiedenen Ausprägungen, vielen Ausnahmen 
und Abspaltungen des Autismus und seiner Interpretationen, sollte hier nun ein 
Überblick über die wichtigsten Kategorien der Krankheit geschaffen sein. 
Zur kurzen und prägnanten Zusammenfassung der Haupteinteilungen, wird 
folgende Tabelle angeführt: 
31
 ebd, S. 63/64 
32
 vgl. ebd., S. 64 
33
 vgl. Morsch (2008), S. 9 
15
Abbildung 2: Hauptformen Autismus
34
1.1.4  Ursachen der Behinderung 
Schon Asperger stellte in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts 
Überlegen an, nachdem die autistische Störung genetischen Ursprungs sein sollte. 
Er beschreibt eine von ihm veröffentlichte Studie, in der er rund 200 Familien mit 
einem autistischen Kind beobachtete. Dabei fand er heraus, dass seiner Meinung 
nach ausnahmslos in jeder Familie, mehr oder weniger starke Kommunikations- 
oder Kontaktdefizite vorzufinden waren.
35
Eine andere Hypothese war die der so genannten ,,Kühlschrankmutter". Das Kind 
wird nicht adäquat erzogen, Vernachlässigung und der Entzug von Liebe und 
Geborgenheit rufen somit autistische Erscheinungen hervor. 
34
 Remschmidt, Kamp-Becker (2007), 
www.aerzteblatt.de
 , Stand: 22.03.2009 
35
 vgl. Remschmidt (2005), S. 11 
16
Verschiedene Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass ein solcher Umgang 
keine Ursache von Autismus darstellt und derartige Umwelteinflüsse nur zu einer 
Steigerung der Symptome führen können.
36
In den folgenden Punkten wird nun auf neuere Untersuchungen eingegangen, 
um den aktuellen Stand der Forschung zu ergründen. 
1.1.4.1  Neurologische und biochemische Komponente 
Chemische Vorgänge spielen im Gehirn eine große Rolle und sind an jeder 
Aktivität beteiligt. Zu den wichtigsten und bekanntesten Stoffen gehören die 
Neurotransmitter.
37
 ,,Das sind neurogen gebildete Aktionssubstanzen, die bei der 
Erregungsübertragung in den Synapsen der Nervenzellen freigesetzt werden."
38
Die Existenz und Form von Weitergabe der Substanz stehen in Verbindung mit 
Reaktionen und Verhaltensweisen. Genaue Zusammenhänge und detaillierte 
Vorgänge bedürfen allerdings noch weiterer Untersuchungen.  
Vornehmlich stand bisher der Neurotransmitter Serotonin im Fokus der 
Forschung und die Frage, ob dieser Wert bei Menschen mit Autismus 
ungewöhnliche Abweichungen zeigt. Zur Untersuchung wurde dabei Blut 
abgenommen, um den Serotoninwert zu bestimmen. Diese Methode gilt 
allerdings als eher unzuverlässig, da die Werte auch tagesformabhängig sind. Im 
Gegensatz dazu steht die Entnahme der Liqourflüssigkeit, die als zuverlässiger 
gilt, aber auch eine diffizilere Form des Nachweises darstellt.  
Kehrer beschreibt in eigenen Untersuchungen, dass bei 129 betroffenen 
Personen Serotonin entnommen wurde und nur bei 28,68 % ein erhöhter Spiegel 
des Neurotransmitters festzustellen war; bei einigen Patienten war der Wert 
normal, andere hatten einen untypisch niedrigen. Somit konnte er keine 
Korrelation zwischen den Symptomen des Autismus und dem biochemischen 
Stoff Serotonin erkennen. 
36
 vgl. Kehrer (2000), S. 75 
37
 vgl. Kehrer (2000), S. 84 
38
 ebd., S. 84 
17
Weitere Untersuchungen galten der Erforschung der Endorphine. Eine Störung in 
diesem Bereich könnte auf das häufig auftretende und verminderte 
Schmerzempfinden von Kindern mit Autismus hinweisen.
39
In der Literatur angeführt werden außerdem noch zu erforschende Botenstoffe 
und Hormone wie das Adrenalin und Noradrenalin als auch der Dopaminspiegel, 
denen typische Abweichungen bei der Diagnose von Autismus nachgesagt 
werden. Der Dopamin - Stoffwechsel spielt insofern eine Rolle zur Therapie oder 
vielmehr der Symptomverminderung von autistischen Verhaltensweisen, da bei 
Medikation durch Neuroleptika Verbesserungen hinsichtlich dieser eintraten.
40
In jüngster Zeit legte man auch das Augenmerk auf die so genannten 
Spiegelneuronen im präfrontalen Kortex des menschlichen Gehirns. In Versuchen 
zeigte sich eine Aktivierung dieser Neuronen, auch wenn man selbst nicht 
Handlungen ausführt, sondern die gleichen Bewegungen anderer nur beobachtet. 
Deshalb werden sie auch als ,,monkey-see, monkey-do" - Neuronen beschrieben. 
Autistischen Kindern und Erwachsenen fehlt diese Form der Imitationsfähigkeit in 
Teilbereichen oder vollkommen, was ein weiteres neurologisches Indiz für die 
Ursache der Beeinträchtigung wäre.
41
Hirnschädigungen vor, während oder nach der Geburt zählen auch zu den 
vielfältigen möglichen Verursachungsvarianten von Autismus.
42
Übermäßig häufig treten bei Menschen mit Autismus außerdem Anfallsleiden auf, 
die während der frühen Kindheit oder Pubertät erstmals zum Vorschein kommen. 
Ungefähr 20 % der Kinder leiden an epileptischen Anfällen, wenn bei ihnen die 
Diagnose des frühkindlichen Autismus besteht. Die Epilepsie tritt bei allen 
Formen auf, egal welche Ausprägung der Krankheit vorliegt oder welches 
Intelligenzniveau die Personen aufweisen.
43
In einem erst 2007 erschienen Artikel der Zeitschrift Neuron geben verschiedene 
Wissenschaftler zu bedenken, dass zwar viele Studien über Gehirnstrukturen im 
Bereich des autistischen Syndroms gemacht wurden, dabei jedoch oftmals die 
39
 vgl. ebd., S. 84 ff 
40
 vgl. Remschmidt (2005), S. 31 
41
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 33 
42
 vgl. Remschmidt (2005), S. 74 
43
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 63 
18
genaue Untersuchung erst 10 bis 20 Jahre nach der Feststellung und Diagnose 
der Behinderung Autismus veranlasst wurde. Der pathologische Hintergrund von 
Autismus bleibt zwar im Dunkeln, die Anzeichen und klinischen Symptome sind 
jedoch in den ersten Lebensjahren am offensichtlichsten. Die nächstliegende 
Folgerung wäre nun, aufgrund der neurobiologischen Besonderheiten in der 
frühen Kindheit und des erhöhten Wachstums des Gehirns, genau dort 
anzusetzen und weitere Untersuchungen zu initiieren.  
Es wird ebenso vermutet, dass die übermäßige Zahl von Neuronen ein möglicher 
Grund für das abnormale Gehirnwachstum sei und Defekte in neuronalen 
Mustern und Leitungen hervorrufe.
44
Als Zusammenfassung der betroffenen Gehirnregionen soll abschließend folgende 
Abbildung dienen, in der auch Bereiche der Amygdala erwähnt werden, die für 
Wahrnehmung und Emotionen zuständig ist.
45
Abbildung 3: Neurobiologische Komponenten der einzelnen Hirnareale, die bei Kindern und 
Jugendlichen mit autistischen Verhaltensweisen betroffen sind
46
44
 vgl. Courchesne, Pierce, Schumann, Redcay, Buckwalter, Kennedy, Morgan (2007), 
www.sciencedirect.com
, S. 399, Stand: 30.03.2009 
45
 vgl. Morsch (2008), S. 18 
46
 ebd., S. 18 
19
1.1.4.2  Genetische Faktoren 
Kehrer erwähnt zum Thema Genetik und Blutsverwandtschaft bestimmte 
Wesenszüge, die in Familien mit Autismus gehäuft vorkommen. Zu nennen sind 
hierbei vor allem Verhaltensweisen wie Kontaktarmut und Zwangsmechanismen. 
Seiner Meinung nach ist ein bedingter Zusammenhang in den meisten Fällen 
gegeben. 
Bereits Kanner stellte bei seinen Forschungen eine gewisse Übereinstimmung, 
zwischen dem Verhalten von Eltern und Kindern fest. Häufig zeigten die damals 
von ihm untersuchten Eltern der auffälligen Kinder schon eine starke Neigung zu 
bestimmten Interessen und Zwängen.  
Im Verlauf der Zeit wurden diese Feststellungen von verschiedenen 
Wissenschaftlern, unter ihnen auch Kehrer, wiederholt beobachtet. Dies sei 
allerdings noch nicht ausreichend für eine definitive genetische Disposition als 
Ursache.  
In Untersuchungen mit Zwillingspaaren konnten fundiertere Kenntnisse gefunden 
werden. Als Beispiel dient eine Studie über 47 Zwillingspaare mit mindestens 
einem Autisten. 25 waren eineiig (monozygot) und die anderen 22 zweieiig 
(heterozygot). Dabei wurde ersichtlich, dass bei den eineiigen Zwillingen auffällig 
viele (15 Pärchen) konkordant, also beide Kinder autistisch waren. Die restlichen 
10 wiesen keine Ähnlichkeiten auf. Bei den zweieiigen Pärchen hingegen zeigte 
sich eine stark verminderte Konkordanz. 
Kehrer erwähnt eine zusammenfassende Studie über 87 Zwillingspärchen, von 
denen 48 monozygot und 39 heterozygot waren. Bedeutend war die 77,1%-ige 
Übereinstimmung von autistischen Verhaltensweisen beider Kinder bei 
monozygoten Pärchen. Bei den zweieiigen trat nur eine Häufigkeit von 23,1 % 
auf. 
Ergänzend ist jedoch anzuführen, dass bei diesen Studien das besondere Risiko 
bei Zwillingsgeburten nicht miteinbezogen wurde. So könnte beispielsweise durch 
die Geburt eine übermäßige Häufigkeit von Sauerstoffmangel vorliegen, die bei 
normalen Geburten seltener auftritt. Eine genauere Anamnese sollte deshalb bei 
künftigen Studien eine wichtigere Rolle spielen.
47
47
 vgl. Kehrer (2000), S. 77 ff 
20
Einige Gene sind mittlerweile in den Fokus der Forschung gelangt. ,,Eine 
steigende Zahl von Genen und DNA-Markern, die mit Autismus in Verbindung 
stehen können, wurde ... identifiziert und geprüft. Einige Gene und Marker 
wurden mit Priorität untersucht, da aufgrund bestimmter Beobachtungen und 
empirischer Ergebnisse die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit der Störung 
zusammenhängen a priori erhöht ist."
48
 Dabei wird in der einschlägigen Literatur 
auch von bestimmten Kandidaten-Genen gesprochen, bei denen stärker als von 
anderen eine Beeinflussung des Zustandekommens von Autismus angenommen 
wird. 
MacDonald und Kollegen wiesen im Jahre 1989 in einer Geschwisterstudie mit 
einem autistischen Familienmitglied nach, dass von 78 untersuchten 
Geschwistern 15 % erhöhte Auffälligkeiten in kognitiven Bereichen zeigten, 
insbesondere in Form von Sprach- und Sprechstörungen. Geschwister von 
Kindern mit Down-Syndrom haben vergleichsweise nur ein erhöhtes Risiko von 
4,5 % an vergleichbaren Beeinträchtigungen zu erkranken.
49
Insgesamt lässt sich zum Thema der genetischen Ursachen von Autismus sagen, 
dass die vererbte Disposition nachweislich eine Rolle bei der Entstehung des 
Krankheitsbildes spielt. Die Genetik darf allerdings in der Ursachenforschung 
nicht überbewertet werden und stellt höchstwahrscheinlich nur einen 
unspezifischen Auslösemechanismus, unter vielen anderen, im gesamten 
Entstehungskontext dar.
50
1.1.4.3  Neuropsychologie 
,,In der Neuropsychologie des Autismus werden vorrangig Besonderheiten der 
Intelligenzstruktur, Störungen der Theory of Mind, Exekutivfunktionen sowie 
schwache zentrale Kohärenz als mögliche psychologische Korrelate autistischen 
Verhaltens erforscht."
51
48
 Poustka et al. (2004), S. 26 
49
 vgl. Remschmidt, zit. n. MacDonald (1989), S. 26 
50
 vgl. Kehrer (2000), S. 79 
51
 Poustka et al. (2004), S. 28 
21
Premack und Woodruff stellten bereits 1978 die Hypothese der Theory of Mind in 
den Fokus von Forschungen. Diese bezeichnet eine bestimmte Leistung von 
Menschen, Vermutungen über mentale Vorgänge, die sie selbst oder andere 
betreffen, zu entwickeln. Mehrere bisher durchgeführte Studien belegen, dass 
Kinder und Erwachsene mit frühkindlichem Autismus und High-functioning-
Autismus nur partiell über solche Fähigkeiten verfügen. Somit entstand die 
Theorie, dass durch diesen Mangel deutliche Defizite im kognitiven Bereich von 
Menschen mit autistischen Verhaltensweisen bestehen. Hierzu gehört vor allem 
auch das Unvermögen von Als-ob-Spielen, imaginativer Aktivitäten und nur wenig 
bis gar kein Einfühlungsgeschick.
52
Andere Studien über die Messung der Intelligenzleistungen von Betroffenen 
machen eine meist höhere Intelligenz der Asperger Autisten deutlich, im 
Gegensatz zu den Menschen, die als High-functioning-Autisten diagnostiziert 
werden.
53
Mit Exekutivfunktionen sind Problemlösestrategien oder mentale Prozesse, die 
Menschen entwickeln, gemeint. Darunter fallen beispielsweise Leistungen wie 
,,...Antizipation, Planung, Handlungsorientiertheit, kognitive Flexibilität, 
Koordinierung von Informationen und Informationsprozessen."
54
Das Fehlen dieser exekutiven Funktionen als typisches Syndrom des Autismus 
darzustellen, gilt in jüngster Zeit als anzweifelbar. Aktuelle Daten belegen, dass 
Mängel im Arbeitsgedächtnis nicht als Indikator für die Störungsform 
ausschlaggebend sind.
55
Ein anderer wichtiger Aspekt in der Ursachenforschung ist die Beeinträchtigung 
der Wahrnehmungsverarbeitung. Es wird vermutet, dass betroffene Kinder und 
Erwachsene die Flut von Reizen aus der persönlichen Umwelt nicht richtig ordnen 
und filtern können. Das Zusammenfügen von Informationen und die Umsetzung 
zur psychischen Funktion oder Reaktion erscheint erschwert, die Auswahl der 
passenden Information gelingt nicht. 
52
 vgl. Förstl (2007), S. 297 
53
 vgl. Remschmidt (2005), S. 55 
54
 Morsch (2008), S. 31 
55
 vgl. Poustka et al., zit n. Ozonoff & Strayer (2001), S. 31 
22
Menschen mit Autismus fehlt ein so genannter natürlicher Filter, der relevante 
Dinge von Unwichtigem trennt. Zur Orientierung in ihrer persönlichen Lebenswelt 
bedarf es jedoch eines solchen Filters. 
Kehrer nimmt an, ,,...dass ein Reglersystem im Gehirn gestört ist."
56
 Deshalb sind 
bestimmte Verhaltensweisen von Kindern erklärbar, wie wenn es ,,...sich 
abschirmt, die Augen verdeckt, sich die Ohren zuhält oder sich zurückzieht...", 
unter der Fülle von Umweltreizen.
57
 Diese Annahme gilt auch als Anzeichen für 
Ausweichmechanismen auf grundlegende Sinne, wie gustatorische oder taktile. 
Auch das Speichern von Informationen funktioniert in einer anderen Weise. Was 
sie sehen und hören vergessen sie nicht, an andere Erlebnisse können sie sich 
nicht mehr erinnern.
58
1.1.4.4  Umwelteinflüsse 
Bisherige Studien zu Umweltfaktoren haben ergeben, dass  Einflüsse von außen 
zumindest in manchen Fällen der Ätiologie, etwa 10%, eine Rolle spielen. Der 
Begriff ,,Umwelt" lässt eine sehr breite Fächerung von relevanten Bedingungen zu, 
welche in einem biopsychosozialen Modell zusammengefasst werden und in 
verschiedensten Formen auf den Menschen einwirken.  
Nach Poustka sind die am häufigsten genannten Faktoren angeborene Röteln 
und Schilddrüsenunterfunktionen des Kindes, wie auch die Einnahme von 
Thalidomid, Valproinsäure und eine Schilddrüsenunterfunktion seitens der Mutter. 
Weiterhin werden das Pfeifferische Drüsenfieber, Lebensmittelunverträglichkeit 
zum Beispiel gegen Gluten und Casein und Antibiotikamedikationen genannt, 
wobei die letzten beiden Annahmen ohne empirische Fundierung bestehen. Die 
Vermutung, dass Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Keuchhusten zu 
den Auslösern zählen, konnte mittlerweile widerlegt werden.  
Schädigungen, die infolge von Geburtskomplikationen entstehen, sind eher als 
Folgeerscheinung und nicht als Ursache zu sehen.
59
56
 Kehrer (2005), S. 69  
57
 ebd.,  S. 69 
58
 vgl. ebd., S. 70 
59
 vgl. Poustka et al. (2004), S. 26 ff 
23
Eine andere durchgeführte Studie betrifft die Bindung zu Bezugspersonen, also 
normalerweise vornehmlich der Mutter als primäre Erziehungs- und 
Betreuungsperson. Die Untersuchung, welche an 44 autistischen und einer 
Kontrollgruppe von gesunden Kindern durchgeführt wurde, besagt eine 
verhältnismäßig hohe Anzahl von autistischen Äußerungen nach einer längeren 
Trennungszeit von der Mutter. Die Trennungen erfolgten in den ersten 30 
Lebensmonaten der Kinder, Grund war oftmals ein längerer 
Krankenhausaufenthalt. Diese Form von Deprivation, die bei manchen stärker 
oder schwächer war, hat in einigen Fällen Formen von Autismus entstehen 
lassen.
60
1.2  Auswirkungen auf die Familie 
Wenn in Familien eine Behinderung auftritt oder eine Besonderheit diagnostiziert 
wird, entstehen für die Betroffenen eine Vielzahl von Veränderungen in ihrem 
Leben, ihren Plänen und Wünschen. Dies betrifft nicht nur die Individuen der 
Familie allein, sondern auch die gesamte Umwelt und das System, in dem sie 
leben und sich bewegen - bis hin zu sozialen, politischen und gesellschaftlichen - 
Strukturen. Deshalb werden nun im Folgenden die Auswirkungen und Effekte auf 
Familien mit einem autistischen Kind erläutert. 
1.2.1  Entwicklung des Familienlebens 
Ein autistisches Kind zu haben bedeutet für die gesamte Familie eine Vielzahl  
gravierender Umstellungen und enormer Belastungen. Zur selben Zeit ist aber 
auch eine große Willensstärke und ambitioniertes Verhalten wichtig. Dieser 
Spagat ist eine Lebensaufgabe für jeden Einzelnen in der Familie und bedarf 
eines Zusammenhalts in verschiedenen Aspekten.  
Alleine die Frage nach der Wohnsituation und der strukturellen Verfügbarkeit von 
Betreuungs- und Therapieeinrichtungen sowie Therapiemöglichkeiten stellt eine 
60
 vgl. Kehrer (2000), S. 76/77 
24
Herausforderung und fundamentale Überlegung dar. So ist die lokale 
Versorgungsstruktur oft ein Indikator für die Wohnortswahl und den 
Lebensmittelpunkt. Dies steht in enger Verbindung mit den finanziellen 
Möglichkeiten, dem Verdienst und weiteren finanziellen Unterstützungsformen 
der sozialpolitischen Rechtslage.
61
Andererseits wird die finanzielle Unterstützung seitens des Staates subjektiv von 
der Familie als eine Form von Abhängigkeit und Stigmatisierung wahrgenommen, 
überhaupt diese Leistungen in Anspruch zu nehmen oder nehmen zu müssen.  
Die politische Lage und rechtliche Gegebenheiten beeinflussen die Sorge der 
Familie um die künftige Betreuungssituation, den Ausbau oder Verringerung von 
Angeboten, auch im Hinblick auf das dazugehörende pädagogische Personal.
62
Gleich am Anfang der Entwicklung des Kindes ist auch die Entwicklung der 
Bindung zu den Eltern von Bedeutung. Poustka stellt die Schwierigkeit 
folgendermaßen dar, dass es ,,besonders schmerzhaft für die Eltern ist, dass sie 
keine, ihren Vorstellungen entsprechende, Beziehung zum Kind aufbauen können. 
Das Kind wendet sich ihnen kaum zu und kommuniziert wenig."
63
 Bemühungen 
und Zuwendungen der Eltern werden von ihrem Kind meist nicht in 
ausreichender Form rückgemeldet oder erwidert.  
In bestimmten Situationen können widersprüchliche Emotionen gegenüber ihrem 
Kind entstehen, es gibt nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen einen 
Beziehungsaufbau, wie er von den Eltern gewünscht ist. Dies liegt auch in der 
Natur der Beeinträchtigung durch autistische Verhaltensweisen, dass das Kind 
seinen Bezugspersonen nicht in ausreichendem Maße Beachtung, Liebe und 
Austauschmöglichkeiten durch Kommunikation geben kann.
64
Vor allem, wenn das Kind nicht sprechen kann, ist es schwierig, Bedürfnisse und 
Wünsche zu erkennen. Eine Kommunikationsform stellt dabei oft das Führen der 
Hand von Bezugspersonen dar, um erwünschte Objekte oder Handlungen zu 
erreichen. Dieses Verhalten ist allerdings häufig ein großes Rätselraten und sehr 
anstrengend für beide Seiten. Die Kinder werden dadurch oft frustriert und legen 
61
 vgl. Poustka, Bölte, Feineis-Matthews, Schmötzer - Ratgeber (2004), S. 36/37 
62
 vgl. Lorenz (2003), S. 255 
63
 Poustka et al.  Leitfaden (2004), S. 93 
64
 vgl. Poustka et al.  Ratgeber (2004), S. 36 
25
ein aggressives Verhalten gegen sich selbst an den Tag. Dazu gehört unter 
anderem, sich selbst an den Haaren zu ziehen, zu schlagen oder kratzen.
65
Die meisten Eltern machen sich Vorwürfe wegen der Entwicklung oder des 
Zustandes des Kindes und suchen die Schuld bei sich selbst. Sie überlegen 
permanent, was sie falsch oder richtig gemacht haben und werden somit wieder 
verunsichert.  Daneben kann auch Versagensangst auftreten.  Für die Eltern ist 
es oft nur schwer ersichtlich, inwieweit sie von ihrem Kind angenommen 
werden.
66
Aus der Forschung geht mittlerweile hervor, dass Eltern nicht an der Entstehung 
des Krankheitsbildes Autismus beteiligt sind, sondern häufig biologische und 
genetische Ursachen eine Rolle spielen. Das wiederum heißt nicht, dass auffällige 
Verhaltensweisen von den Eltern einfach hingenommen werden dürfen und keine 
Regeln oder Verständnislosigkeit in der Familie vorherrschen. Eine konsequente 
Förderung der Eltern kann enorme positive Auswirkungen auf die Entwicklung 
des Kindes haben.
67
Oft kann sich der Zeitraum über Jahre hinweg strecken, bis sich Ärzte und 
Einrichtungen einig sind und eine Diagnose des Autismus und damit 
einhergehende Entwicklungsstörungen vorliegen. Zudem kommt es häufig vor, 
dass Ärzte und Psychologen Unsicherheiten in Bezug auf die Symptome und 
Diagnosestellung zeigen und falsche oder gegensätzliche Ergebnisse festgestellt 
werden.
68
Weiterhin findet in vielen Fällen nach der Diagnosestellung kein klärendes 
Gespräch statt und die Eltern werden mit ihren vielen Fragen und dem Chaos an 
Gefühlen erstmal allein gelassen. Viele verstehen nicht, was die Behinderung 
überhaupt bedeutet, zumal sie ja auch Experten oft nicht ganz klar erscheint. 
Einerseits sehen Eltern die Diagnose als Erleichterung und endliche Gewissheit 
über den Zustand ihres Kindes an, andererseits wirft dies eben neue Fragen und 
Überlegungen auf. Lorenz führt die Aussage einer Mutter an: ,,Retrospektiv 
65
 vgl. Finger (1995), S. 114 
66
 vgl. Poustka et al.  Leitfaden (2004), S. 92 
67
 vgl. ebd., S. 92/93 
68
 vgl. Poustka et al.  Ratgeber (2004), S. 37 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (eBook)
- 9783836641210
- DOI
- 10.3239/9783836641210
- Dateigröße
- 1.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Fachhochschule Regensburg – Sozialwesen
- Erscheinungsdatum
- 2010 (Januar)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- autismus behinderung familienhilfe fördermöglichkeit hilfsangebot
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					