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Wissensmanagement in internationalen Unternehmen durch Expatriates und Impatriates

©2009 Diplomarbeit 84 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In einer Zeit, in der die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden nicht mehr nur in hochentwickelten Industrienationen, sondern auch in aufstrebenden Schwellenländern wie China oder Indien, in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung stehen und in der Produkte, Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle zunehmend imitierbar und substituierbar werden, entscheiden Unterschiede in der Verteilung und Anwendung von wettbewerbsrelevantem Wissen über Erfolg und Misserfolg der Unternehmensstrategie. Neben den traditionellen Produktionsfaktoren ist im Rahmen der wissensorientierten Betrachtungsweise des Unternehmens Wissen daher schon längst zum vierten Produktionsfaktor avanciert. Vor dem Hintergrund unterschiedlichster lokaler Kundenbedürfnisse, immer kürzer werdender Innovationszyklen, und stetig steigendem Kostendruck, sind multinationale Unternehmen (MNU) gezwungen, den Spagat zwischen lokaler Anpassung und globaler Integration ihrer Aktivitäten zu meistern, wenn sie langfristig im globalen Wettbewerb bestehen wollen. Zwar besteht für MNU theoretisch die Möglichkeit, sich durch die Nutzung lokal generierten Wissens auch in anderen Ländermärkten Wettbewerbsvorteile aufzubauen. In der Praxis erweist sich ein solcher Wissenstransfer jedoch als eine oftmals unterschätzte Herausforderung. Sollen lokal generierte Wettbewerbsvorteile auch im internationalen Kontext ausgeschöpft werden, reicht es nicht aus, Know-how und Best Practices über die bloße geographische Distanz hinweg zu transferieren. Vielmehr gilt es auch sprachliche Hürden zu nehmen sowie unterschiedliche Landes- und Unternehmenskulturen zu berücksichtigen. Der erfolgreiche und effiziente Transfer von Wissen zwischen den Auslandsgesellschaften untereinander und mit der Zentrale wird so zu einem kritischen Erfolgsfaktor für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) können hierzu einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie es ermöglichen, Wissen schnell und kosteneffizient zu transportieren und zu speichern. So verwundert es doch sehr, dass MNU, trotz des Vorhandenseins leistungsfähiger IuK-Technologien und gut ausgebildeter Mitarbeiter in den Tochtergesellschaften, zunehmend auf kostenintensive Auslandsentsendungen zur Sicherung ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit setzen.
Problemstellung:
In ihren respektiven Forschungskreisen wurden die Theorie der MNU, das Management […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Florian Schwarz
Wissensmanagement in internationalen Unternehmen durch Expatriates und
Impatriates
ISBN: 978-3-8366-4117-3
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Universität Bayreuth, Bayreuth, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...II
Abkürzungsverzeichnis...IV
Abbildungsverzeichnis...V
Tabellenverzeichnis...VI
1. Einleitung...1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit...2
1.2 Aufbau der Arbeit...2
2. Wissensmanagement in multinationalen Unternehmen...4
2.1 Definition der MNU...4
2.2 Das MNU aus wissensbasierter Perspektive...5
2.3 Typologie des MNU nach Perlmutter...6
2.4 Wissen...8
2.4.1 Definition und Abgrenzung...8
2.4.2 Wissensarten...9
2.4.2.1 Individuelles versus kollektives Wissen...9
2.4.2.2 Explizites versus implizites Wissen...10
2.5 Wissensmanagement...11
2.5.1 Grundlagen des Wissensmanagements...11
2.5.2 Wissenstransfer...14
2.5.2.1 Der Wissenstransfer als Baustein des Wissensmanagements...14
2.5.2.2 Ausgewählte Instrumente des Wissenstransfers...15
2.5.2.3 Wissenstransfer auf individueller Ebene...17
2.5.2.4 Wissenstransfer auf kollektiver Ebene...19
2.5.2.5 Wissenstransfer auf organisationaler Ebene...19
2.5.2.6 Barrieren des Wissenstransfers...20
2.5.2.6.1 Barrieren beim zu transferierenden Wissen...20
2.5.2.6.2 Barrieren auf Sender- und Empfängerseite...21
2.5.2.6.3 Barrieren im Kontext des Wissenstransfers...23

III
3. Expatriate Management...24
3.1 Einordnung des Expatriate Managements...24
3.2 Die Entsendung im Spannungsfeld zwischen Unternehmens- und Landeskultur...25
3.2.1 Zum Begriff Kultur...25
3.2.2 Das Kulturmodell von Hofstede...26
3.2.3 Die Auslandsentsendung als kulturelle Überschneidungssituation...28
3.3 Entsendungsformen...30
3.3.1 Expatriates...30
3.3.2 Impatriates...31
3.3.3 Flexpatriates...32
3.4 Phasen der Auslandsentsendung...34
3.4.1 Selektionsphase...34
3.4.2 Vorbereitungsphase...35
3.4.3 Einsatzphase...36
3.4.4 Reintegrationsphase...37
3.5 Entsendungsziele von Expatriates und Impatriates...38
3.5.1 Überblick...38
3.5.2 Kompensation mangelnden Humankapitals...39
3.5.3 Entwicklung von Führungskräften...40
3.5.4 Koordination und Kontrolle...41
3.6 Erfolgsbestimmung von Auslandseinsätzen...42
4. Wissensmanagement in MNU durch Expatriates und Impatriates...44
4.1 Expatriates und Impatriates als Agenten des Wissenstransfers...44
4.2 Der Wissenstransfer durch Entsendung unter dem Effizienzkriterium...47
4.3 Die kulturelle Distanz als Determinante des Wissenstransfers...49
4.4 Gestaltungsempfehlungen zur Erhöhung der Effektivität des Wissenstransfers...52
5. Schlussbetrachtung...56
6. Literaturverzeichnis...58
7. Internetadressenverzeichnis...76

IV
Abkürzungsverzeichnis
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
et al. et alii
f.
folgende
ff.
fort folgende
i.d.R. in der Regel
IHRM
International Human Resource Management
IT
Informationstechnologie
IuK
Information- und Kommunikation
Kap.
Kapitel
KbV
Knowledge-based view of the firm
MNU
Multinationales Unternehmen/Multinationale Unternehmung
RbV
Resource-based view of the firm
u.a. unter anderem
u.U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Eine integrative Betrachtung dreier Forschungsfelder...3
Abbildung 2: Bausteine des Wissensmanagements... 12
Abbildung 3: Instrumente des Wissenstransfers...17
Abbildung 4: Die vier Grundformen der Wissenstransformation...18
Abbildung 5: Das Verhältnis von Unternehmenskultur, Landeskultur und
Mitarbeiterverhalten...29
Abbildung 6: Formen der Auslandsentsendung...33

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kausale Ambiguität als Transferbarriere...21
Tabelle 2: Die Auslandsentsendung unter dem Effizienzkriterium...49

- 1 -
1. Einleitung
In einer Zeit, in der die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden nicht mehr nur
in hochentwickelten Industrienationen, sondern auch in aufstrebenden Schwellenländern wie
China oder Indien, in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung stehen und
in der Produkte, Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle zunehmend imitierbar und
substituierbar werden, entscheiden Unterschiede in der Verteilung und Anwendung von
wettbewerbsrelevantem Wissen über Erfolg und Misserfolg der Unternehmensstrategie
(vgl. Kutschker 1999, 1163). Neben den traditionellen Produktionsfaktoren ist im Rahmen
der wissensorientierten Betrachtungsweise des Unternehmens Wissen daher schon längst
zum vierten Produktionsfaktor avanciert (vgl. Grant 1996, 112). Vor dem Hintergrund
unterschiedlichster lokaler Kundenbedürfnisse, immer kürzer werdender Innovationszyklen,
und stetig steigendem Kostendruck, sind multinationale Unternehmen (MNU) gezwungen,
den Spagat zwischen lokaler Anpassung und globaler Integration ihrer Aktivitäten zu
meistern, wenn sie langfristig im globalen Wettbewerb bestehen wollen. Zwar besteht
für MNU theoretisch die Möglichkeit, sich durch die Nutzung lokal generierten Wissens auch
in anderen Ländermärkten Wettbewerbsvorteile aufzubauen. In der Praxis erweist sich ein
solcher Wissenstransfer jedoch als eine oftmals unterschätzte Herausforderung. Sollen lokal
generierte Wettbewerbsvorteile auch im internationalen Kontext ausgeschöpft werden, reicht
es nicht aus, Know-how und Best Practices über die bloße geographische Distanz hinweg
zu transferieren. Vielmehr gilt es auch sprachliche Hürden zu nehmen sowie unterschiedliche
Landes- und Unternehmenskulturen zu berücksichtigen. Der erfolgreiche und effiziente
Transfer von Wissen zwischen den Auslandsgesellschaften untereinander und mit der
Zentrale wird so zu einem kritischen Erfolgsfaktor für die internationale Wettbewerbs-
fähigkeit des gesamten Unternehmens. Moderne Informations- und Kommunikationstechno-
logien (IuK) können hierzu einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie es ermöglichen,
Wissen schnell und kosteneffizient zu transportieren und zu speichern. So verwundert es
doch sehr, dass MNU, trotz des Vorhandenseins leistungsfähiger IuK-Technologien und
gut ausgebildeter Mitarbeiter in den Tochtergesellschaften, zunehmend auf kostenintensive
Auslandsentsendungen zur Sicherung ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit setzen (vgl.
Black/Gregersen 1999, 52).

- 2 -
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
In ihren respektiven Forschungskreisen wurden die Theorie der MNU, das Management
von Wissen und die Auslandsentsendung bereits intensiv analysiert und diskutiert. Eine
Kombination und integrative Betrachtung der drei Forschungsfelder fand, wie auch Riusala/
Suutari konstatieren, bislang jedoch kaum statt: ,,Because there has not been very much
research on the role of expatriates in international knowledge transfer processes, there may
be a considerable scope for the development of research based on the notion of expatriates
as a means of knowledge transfer" (2004, 745). Um diese Lücke ein wenig mehr zu schließen,
macht sich die vorliegende Arbeit die Rolle von Expatriates und Impatriates beim Wissens-
management in MNU zu ihrem Untersuchungsgegenstand.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung von Auslandsentsendungen für das Wissens-
management und insbesondere für den Wissenstransfer in MNU zu untersuchen sowie das
Verständnis davon zu erweitern. Es wird zu prüfen sein, welchen Beitrag Expatriates und
Impatriates zur Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit des MNU leisten können.
Ferner gilt es zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Auslandsentsendung
mit dem Ziel eines Wissenstransfers als effizient erweist. Da der Beitrag des durch die
Entsendung transferierten Wissens zum Output des MNU nur schwer gemessen oder in
monetärem Nutzen ausgedrückt werden kann (vgl. North 2002, 219), werden zur Beant-
wortung der Effizienzfrage Hilfskriterien herangezogen. Die in der vorliegenden Arbeit
abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen zielen daher primär darauf ab, die Effektivität des
Wissenstransfers zu erhöhen sowie das von den entsendeten Mitarbeitern im Ausland
erworbene Wissen für das MNU zu sichern.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. In Kapitel zwei und drei werden
das Wissensmanagement in MNU und das Expatriate Management als eigenständige
Analyseobjekte untersucht, ehe sie in Kapitel 4 durch eine integrative Betrachtungsweise
zusammengeführt werden.
In Kapitel 2 wird zunächst die Theorie des MNU aus ressourcen- und wissensbasierter
Perspektive betrachtet. Es wird gezeigt, dass aus dieser Sichtweise Wissen und sein
unternehmensinterner Transfer eine strategisch wichtige Rolle beim Aufbau von Wett-
bewerbsvorteilen spielen. Nachdem die begrifflichen Grundlagen gelegt worden sind, wird
im weiteren Verlauf des Kapitels das Wissensmanagementkonzept von Probst/Raub/
Romhardt vorgestellt. Darauf aufbauend werden der Prozess des Wissenstransfers als Teil-

- 3 -
bereich des Wissensmanagements sowie die damit in Zusammenhang stehenden Transfer-
instrumente und -barrieren näher beleuchtet.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Expatriate Management als Teil des internationalen
Human Resource Managements (IHRM). Neben einer Betrachtung der unterschiedlichen
Entsendungsformen, -phasen und -ziele, wird in diesem Kapitel auch der besonderen Rolle
der Auslandsentsendung als kulturelle Überschneidungssituation Rechnung getragen.
Im Anschluss daran führt das vierte Kapitel die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse
zusammen und untersucht darauf aufbauend den Beitrag von Expatriates und Impatriates
zu einem effektiven Wissensmanagement in MNU. Darüber hinaus wird die Effizienz der
Auslandsentsendung als Instrument des Wissenstransfers sowie der Einfluss der kulturellen
Distanz zwischen einem Entsendeten und einem lokalen Mitarbeiter auf den Transfererfolg
geprüft werden. Ferner werden Gestaltungsempfehlungen abgeleitet, von denen vermutet
wird, dass sie den Erfolg des Wissenstransfers positiv beeinflussen und dem MNU die
Sicherung von im Ausland erworbenen Erfahrungen und Kenntnissen erleichtern. Die Arbeit
schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse.
Abbildung 1: Eine integrative Betrachtung dreier Forschungsfelder
Quelle: Eigene Darstellung
MNU
Wissens-
management in
MNU durch
Expatriates &
Impatriates
Wissens-
management
Expatriate-
management

- 4 -
2. Wissensmanagement in multinationalen Unternehmen
2.1 Definition der MNU
Mit der zunehmenden Verflechtung nationaler Ökonomien sind MNU zu einem wesentlichen
Faktor der heutigen Weltwirtschaft und zu einem grundlegenden Merkmal der Globalisierung
geworden. Ihr Auftreten und ihre Besonderheiten wurden seit der Weg bereitenden
Dissertation Hymers (vgl. 1976) theoretisch durchaus sehr unterschiedlich erklärt (vgl.
Rugman 1982; Buckley 1985). Eine allgemein gültige, einheitliche oder zumindest von der
Mehrzahl der Autoren geteilte Definition der MNU konnte sich daher bislang nicht
herausbilden (vgl. Perlitz 2004, 9 f.; Kutschker/Schmid 2006, 236). Dies mag unter anderem
daran liegen, dass sich in der Literatur auch Begriffe wie internationale, globale oder
transnationale Unternehmung finden (vgl. Carl 1989, 27 ff.), die von manchen Autoren
synonym und von anderen zur Kennzeichnung spezifischer Konzepte international agierender
Organisationen verwendet werden (vgl. Bartlett/Ghoshal 2002, 15 ff.). Daneben gestaltet sich
bereits die Abgrenzung von MNU zu rein national tätigen Unternehmen als problematisch, so
dass die in der Literatur vorgenommenen ,,Abgrenzungsversuche als mehr oder weniger
unfruchtbar aufgegeben worden" sind (Dülfer 1997, 7). Die vorhandenen Definitionen ziehen
unterschiedliche Abgrenzungskriterien heran. So entscheiden sich Macharzina/Engelhard
für eine weite Begriffsfassung nach der Unternehmen als international gelten, wenn sie ,,auf
Dauer angelegte grenzüberschreitende Aktivitäten, gleich in welcher Form und in welchem
Umfang, tätigen" (1987, 322). Während nach dieser Definition bereits der Export von Waren
oder Dienstleistungen zum Merkmal eines MNU wird, sprechen andere Autoren erst dann von
einem multinational tätigen Unternehmen, wenn es wertschöpfende Aktivitäten in Form von
Direktinvestitionen in zwei oder mehr Ländern unterhält (vgl. Bartlett/Ghoshal/Beamish
2008, 2). In der vorliegenden Arbeit wird dem Begriffsverständnis von Ghoshal/Bartlett
gefolgt, die ein MNU wie folgt betrachten: ,,[a MNE is] a group of geographically dispersed
and goal disparate organizations that include[s] its headquarters and the different national
subsidiaries" (1990, 603). Die Definition der Autoren erscheint deshalb als besonders
geeignet, weil sie auf einen Grundtatbestand verweist, der alle MNU kennzeichnet: dem
Spannungsfeld zwischen Zentrale und Auslandsgesellschaften bzw. zwischen globalen
Integrationserfordernissen und lokalen Anpassungsnotwendigkeiten (vgl. Rosenzweig/Nohria
1994, 229). Als wohl umfassendster Ansatz zur Erklärung internationaler Unternehmens-
tätigkeit kann das eklektische Paradigma von Dunning betrachtet werden (vgl. Kutschker/
Schmid 2006, 452). Danach setzen Unternehmen nicht ausschließlich auf marktliche
Koordinationsmechanismen wie den Export oder der Lizenzierung, sondern tätigen Direkt-

- 5 -
investitionen im Ausland, wenn sie neben Eigentumsvorteilen auch über Internalisierungs-
vorteile und Standortvorteile verfügen (vgl. Dunning 1993, 79 f.).
2.2 Das MNU aus wissensbasierter Perspektive
Die auf der Arbeit von Penrose (vgl. 1959) beruhende und später von Autoren wie Wernerfelt
(vgl. 1984) oder Conner (vgl. 1991) fortentwickelte Theorie des ,,resource-based view of the
firm" (RbV) betrachtet ein Unternehmen als ein spezifisches Bündel von materiellen und
immateriellen Ressourcen und Fähigkeiten (vgl. Grant 1996, 110). Als Antwort auf die Frage,
welche Eigenschaften unternehmenseigene Ressourcen aufweisen müssen, um nachhaltige
Wettbewerbsvorteile begründen zu können, hat sich in der Literatur der Begriff der
Kernkompetenz etabliert. Diese sind per definitionem Nutzen stiftend, schlecht oder gar nicht
imitierbar und substituierbar (vgl. Barney 1991, 105 f.) sowie transferierbar (vgl. Barney
1986, 1232). Die effiziente Verteilung der Kernkompetenzen begründenden Ressourcen und
Fähigkeiten im organisationalen Netzwerk ist für das MNU daher entscheidend um
nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren und erhalten zu können (vgl. Grant 1996, 110).
Zwar wird auch im RbV der organisationalen Wissensbasis eine hohe Bedeutung für die
Wettbewerbsfähigkeit des MNU beigemessen, nach Ansicht von Vertretern des ,,knowledge-
based view of the firm" (KbV) greift dieser Ansatz jedoch zu kurz, weil dabei nur eine
undifferenzierte Betrachtung des Faktors Wissen und seiner spezifischen Eigenschaften
erfolgt (vgl. Spender 1996, 45). Die wissensbasierte Sichtweise der Unternehmung ist daher
Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Ausfluss der ressourcenbasierten
Theorie hervorgegangen (vgl. Conner/Prahalad 1996, 477). Nachhaltige Wettbewerbsvorteile
lassen sich aus dieser Perspektive vor allem aus der immateriellen Ressource Wissen
generieren, womit die organisationale Wissensbasis zur bedeutendsten Unternehmens-
ressource avanciert (vgl. Spender 1996, 46). Aus Sicht des KbV ergibt sich die
Existenzbegründung für MNU aus ihrer Fähigkeit, Wissen effizienter intern transferieren zu
können, als dies im Vergleich zu marktlichen Mechanismen möglich wäre (vgl. Kogut/Zander
1993, 625). Direktinvestitionen im Ausland werden folglich getätigt, um wissensbasierte
Eigentumsvorteile zu schützen und über die Tochtergesellschaften Kontrolle über das
transferierte Wissen auszuüben (vgl. Casson 1987, 130). Die MNU entsteht so durch die
grenzüberschreitende Internalisierung von Wissensmärkten (vgl. Buckley/Casson 1976, 45).
Der unternehmensinterne Austausch von Kernkompetenzen zwischen den heterogenen
Wissensbasen der Teileinheiten ermöglicht dabei eine Steigerung der Effizienz sowie den
Aufbau von Synergieeffekten und trägt damit zur Generierung strategischer Wettbewerbs-

- 6 -
vorteile bei (vgl. Kostova 1999, 308). So lassen sich einerseits globale Integrationsvorteile
durch den unternehmensweiten Transfer von einheitlichen Standards und Prozessen erzielen.
Andererseits ermöglicht das spezifische Wissen der Auslandsgesellschaften die Nutzung
lokaler Anpassungsvorteile (vgl. Perlmutter 1969, 16). Mit der geographischen Verteilung der
Unternehmenseinheiten sowie den Unterschieden in Bezug auf Sprache und Kultur, geht
jedoch auch ein erhöhter Koordinations- und Kontrollbedarf einher (vgl. Black/Gregersen/
Mendenhall 1992, 7). Im oben bereits erwähnten Spannungsfeld zwischen Auslandsgesell-
schaften und Zentrale obliegt es daher letzterer, die optimale Balance zwischen lokaler
Anpassung und globaler Integration zu finden (vgl. Mayrhofer 2001, 132 f.) und die Ziele der
organisationalen Teileinheiten so aufeinander abzustimmen, dass diese mit jenen des
Gesamtunternehmens in Einklang stehen (vgl. Harzing 2001a, 368 f.).
2.3 Typologie des MNU nach Perlmutter
Die strategische Ausrichtung einer MNU wird vor allem durch die Einstellung des jeweiligen
Top-Managements gegenüber Auslandsaktivitäten beeinflusst. Um MNU anhand von
Internationalisierungsstrategien klassifizieren zu können, schlug Perlmutter bereits in den
1960er Jahren drei Strategiealternativen vor, die von ihm als ethnozentrisch, polyzentrisch
und geozentrisch bezeichnet wurden (vgl. 1969, 9 ff.). Dieser mittlerweile klassische Ansatz
wurde später mit dem regiozentrischen Führungskonzept auf vier Strategien erweitert
(vgl. Heenan/Perlmutter 1979, 17 ff.), die im Nachgang überwiegend als personalpolitische
Handlungsmuster von MNU interpretiert wurden. Hinter dieser Auffassung verbirgt sich eine
Logik, die von Evans/Lorange wie folgt beschrieben wird: ,,Any [strategy] implementation
decision ultimately boils down to a question of staffing: the effectiveness of implementation
depends on having the right people in the right place at the right time" (1990, 148).
Als ethnozentrisch bezeichnet Perlmutter stammlandorientierte MNU, in denen die von der
Zentrale entwickelten Strategien für den Heimatmarkt auf die als ,,Anhängsel" betrachteten
Auslandsgesellschaften übertragen werden. Die in Folge der hohen globalen Integration
realisierbaren Effizienzvorteile gehen zu Lasten lokaler Anpassung im Auslandsmarkt.
Schlüsselpositionen in der Zentrale sowie in den Tochtergesellschaften werden hauptsächlich
mit Mitarbeitern aus dem Stammland bzw. mit Stammhausentsendeten besetzt. Der vornehm-
lich einseitige Wissensfluss von der Zentrale zu den Auslandsgesellschaften verhindert daher,
dass in den Tochtergesellschaften generiertes Wissen von anderen Unternehmenseinheiten
genutzt wird. Um die Kommunikation zwischen Hauptquartier und Auslandsgesellschaften zu
unterstützen, werden daher zahlreiche Expatriates eingesetzt (vgl. 1969, 11 f.).

- 7 -
Im Gegensatz dazu sind polyzentrische MNU durch eine ausgeprägte Gastlandorientierung
gekennzeichnet. Als relativ unabhängige Unternehmenseinheiten verfügen die Auslands-
gesellschaften über hohe Entscheidungskompetenzen und können somit flexibel auf die
spezifischen Anforderungen vor Ort reagieren. In Folge der hohen lokalen Anpassung lassen
sich Integrationsvorteile jedoch nur bedingt realisieren. Führungspositionen in den Auslands-
gesellschaften werden ausschließlich an Gastlandangehörige vergeben. Die Kommunikation
zwischen den Auslandsgesellschaften und mit der Zentrale ist gering, wodurch eine Teilung
lokalen Wissens mit anderen Unternehmenseinheiten praktisch nicht stattfindet und es zum
Aufbau von Redundanzen in der organisationalen Wissensbasis kommt (vgl. Perlmutter 1969,
12 f.).
Der regiozentrische Ansatz reflektiert die geographische Verteilung der Auslandsgesell-
schaften des MNU. Die Anpassung der Strategie wird hierbei nicht für jedes Land einzeln
vorgenommen, sondern für Ländergruppen die sich in Bezug auf sozio-kulturelle, öko-
nomische und politisch-rechtliche Kriterien als relativ homogen erweisen. Während die
Tochtergesellschaften einer Region in enger Interdependenz zueinander stehen, findet kaum
ein Wissensaustausch mit der Zentrale und anderen Ländergruppen statt. Dies hat zur
Folge, dass ähnlich wie beim polyzentrischen Ansatz isolierte Wissensinseln entstehen.
Die Führungspositionen einer Ländergruppe werden mit den besten Mitarbeitern der Region
besetzt, was eine flexible Abstimmung der Integrationserfordernisse auf regionaler Ebene
mit den Anpassungsnotwendigkeiten an lokale Marktgegebenheiten ermöglicht (vgl. Heenan/
Perlmutter 1979, 18).
Das geozentrische Konzept versucht die jeweiligen Vorteile einer Anpassungs- und
Integrationsstrategie in einem globalen Ansatz miteinander zu verbinden. In Folge eines
erhöhten Koordinationsbedarfs sowie gesteigerter Komplexität werden alle Unternehmens-
einheiten in ein weltweites Netzwerk eingebunden, welches durch hohe gegenseitige
Abhängigkeiten geprägt ist. Führungspositionen in der Zentrale und in den Tochtergesell-
schaften werden ausschließlich nach Leistung und Qualifikation vergeben und sind somit
multinational besetzt. Typisch für die Kommunikation zwischen den Unternehmenseinheiten
sind intensive Wissensaustauschprozesse, die durch den weltweiten Einsatz von Führungs-
kräften unterstützt werden (vgl. Perlmutter 1969, 13 f.).
Perlmutter weist darauf hin, dass die von ihm vorgestellten Führungskonzepte in ihrer
Reinform nicht in der unternehmerischen Praxis vorzufinden sind, sondern Idealtypen
entsprechen (vgl. 1969, 11). Damit wird zugleich die Schwäche des Modells deutlich, das

- 8 -
eine für alle Auslandsgesellschaften gleichgerichtete Personalpolitik unterstellt. Untersuch-
ungen bestätigen jedoch, dass die Personalpolitik des MNU keinem einheitlichen Muster
folgt, sondern zahlreichen Einflussfaktoren unterliegt, wie z.B. der kulturellen Distanz des
Gastlandes (vgl. Boyacigiller 1990, 371) oder dem jeweiligen Funktionsbereich (vgl. Ondrack
1985, 15). Kritisch anzumerken ist auch, dass die Bestimmungsfaktoren der Internationa-
lisierungsstrategie ausschließlich aus der Einstellung der obersten Führungsebene abgeleitet
werden und weder die Stärken und Schwächen, noch die Umwelt des Unternehmens
Berücksichtigung finden (vgl. Perlitz 2004, 121).
2.4 Wissen
2.4.1 Definition und Abgrenzung
Um eine Verständnisgrundlage für die weiteren Ausführungen zu schaffen, erscheint es als
angebracht, zunächst den Wissensbegriff zu definieren und abzugrenzen. Je nach Frage-
stellung und wissenschaftlichem Untersuchungsgegenstand lassen sich in der Literatur die
unterschiedlichsten Definitionen finden (vgl. Staiger 2008, 27). Insbesonders die Termini
Daten und Informationen werden oftmals nicht eindeutig von Wissen abgegrenzt und deshalb
synonym verwendet oder gar verwechselt (vgl. Haun 2002, 177). Um den Wissensbegriff
differenziert darstellen zu können, wird in der vorliegenden Arbeit der in der Literatur
zum Wissensmanagement häufig anzutreffenden Abgrenzung zu Zeichen, Daten und Informa-
tionen gefolgt (vgl. Rehäuser/Krcmar 1996, 3 ff.). Nach Rehäuser/Krcmar stehen die Begriffe
Zeichen, Daten, Informationen und Wissen in einer hierarchischen Beziehung zueinander
(vgl. 1996, 6).
Zeichen wie Buchstaben, Ziffern oder Sonderzeichen stehen auf der untersten Ebene der
Begriffshierarchie (vgl. Hubig 1998, 9). Sie werden zu Daten, wenn sie durch Einhaltung
gewisser Ordnungsregeln, wie z.B. eines Codes oder einer Syntax, in einen Zusammenhang
gestellt werden (vgl. Probst/Raub/Romhardt 2006, 16). Den aus Zeichen bzw. Zeichenfolgen
bestehenden Daten fehlt jedoch noch ein eindeutiger Bezug (vgl. North 2002, 38).
Erst wenn Daten durch stochastische oder heuristische Regeln (vgl. Wilkesmann/Rascher
2005, 13) in einen Problembezug eingeordnet werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen,
bezeichnet man sie als Information (vgl. Rehäuser/Krcmar 1996, 4). Ein Nutzwert entsteht
für den Betrachter einer Information jedoch nur dann, wenn er in der Lage ist, diese mit
anderen aktuellen oder in der Vergangenheit gespeicherten Informationen zu verknüpfen
(vgl. North 2002, 38). Informationen sind für den Betrachter daher nur in bestimmten
Handlungskontexten zweckorientiert verwertbar (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 2001, 91).

- 9 -
Wissen steht in der Begriffshierarchie an oberster Stelle und entsteht durch die zweck-
orientierte und sinnvolle Vernetzung der wahrgenommenen Informationen mit persönlichen
Erfahrungen (vgl. Grizelj 1995, 153). Es erhöht die Handlungs- und Problemlösungs-
kompetenz einer Person in einer bestimmten Situation und ist somit, im Gegensatz zu
Zeichen, Daten und Informationen, kontextgebunden (vgl. Probst/Raub/Romhardt 2006, 16).
Wissen beruht nicht nur auf persönlichen Erfahrungen, sondern wird auch von den
individuellen Überzeugungen und Werten einer Person geprägt, wodurch es immer eine
subjektive Komponente enthält (vgl. Nonaka/Takeuchi 1995, 58 f.).
Basierend auf den obigen Ausführungen wird dieser Arbeit das Begriffsverständnis von
Davenport/Prusak zugrunde gelegt, die Wissen wie folgt definieren: ,,Knowledge is a fluid
mix of framed experience, values, contextual information, and expert insight that provides a
framework for evaluating and incorporating new experiences and information. It originates
and is applied in the minds of knowers. In organizations, it often becomes embedded not only
in documents or repositories but also in organizational routines, processes, practices, and
norms" (1998, 5).
Es wurde gezeigt, dass die Begriffe Zeichen, Daten, Informationen und Wissen keineswegs
synonym verwendet werden können. Eine scharfe Abgrenzung der Begriffshierarchie ist
jedoch umstritten, da die Begriffe in einer interdependenten Beziehung zueinander stehen.
Genauso wie die den Daten zugrunde liegenden Zeichen bekannt sein müssen, setzt auch
der Aufbau neuen Wissens ein gewisses Vorwissen voraus, um die hierfür relevanten
Informationen erkennen und sinnvoll verknüpfen zu können. Anstelle einer starren Begriffs-
hierarchie erscheint ein Kontinuum mit den Polen Daten und Wissen daher als geeigneter
(vgl. Probst/Raub/Romhardt 2006, 18).
2.4.2 Wissensarten
2.4.2.1 Individuelles versus kollektives Wissen
Analog zum Problem einer einheitlichen Wissensdefinition, lassen sich in der Literatur zum
Wissensmanagement zahlreiche Ansätze finden, die darauf abzielen, Wissen in Abhängigkeit
seiner spezifischen Eigenschaften in unterschiedliche Klassen einzuteilen (vgl. Wagner 2000,
91). Im Rahmen dieser Arbeit werden jedoch nur Wissensarten vorgestellt, die eine Einteilung
nach Kriterien vornehmen, die für den Transfer von Wissen als relevant erscheinen. Wissen
kann in individuelles und kollektives Wissen unterschieden werden. Individuelles Wissen ist
nach Thiel das Wissen einer Person über sich selbst und über seine Umwelt (vgl. 2002, 17).
Es beruht auf den individuellen Fähigkeiten, Qualifikationen und Kenntnissen des Indivi-

- 10 -
duums (vgl. Schmiedel-Blumenthal 2001, 89). Bei individuellem Wissen handelt es sich um
weitgehend kontextfreies Wissen, das u.U. jedoch nur in einem bestimmten Zusammenhang,
wie z.B. innerhalb einer Organisation, an Bedeutung gewinnt (vgl. Scheuble 1998, 11).
Das kollektive Wissen einer Organisation basiert auf den individuellen Wissensbasen seiner
Mitglieder, ist zugleich aber mehr als die Summe seiner Teile (vgl. Nelson/Winter 1982, 104).
Es resultiert aus der Fähigkeit der Organisation, die individuellen Wissensbasen in einem
gemeinsamen Kontext sinnvoll miteinander zu vernetzen (vgl. Thiel 2002, 18). Kollektives
Wissen kann nicht in seine Einzelteile zerlegt werden und ist folglich nur schwer trans-
ferierbar (vgl. Schmiedel-Blumenthal 2001, 89). In der Literatur wird kollektives Wissen
häufig auch als ,,embedded" oder ,,encultured knowledge" bezeichnet, da es auf geteilten
Überzeugungen und Werten beruht (vgl. Blackler 1995, 1024), die sich z.B. in einer
gemeinsamen Unternehmenskultur widerspiegeln (vgl. Bonache/Brewster 2001, 150). Das
kollektive Wissen einer Organisation bildet ferner die Basis für Kernkompetenzen und den
daraus abgeleiteten strategischen Wettbewerbsvorteilen (vgl. Schmiedel-Blumenthal 2001,
86).
2.4.2.2 Explizites versus implizites Wissen
Die in der Literatur zum Wissensmanagement wohl am häufigsten verwendete Klassifizierung
von Wissen geht auf Polanyis Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen
zurück (vgl. 1985, 14). Explizites Wissen kann relativ problemlos sprachlich artikuliert
werden und liegt in kodifizierter Form vor (vgl. Nonaka/Takeuchi 1995, 59). Es ist
archivierbar und wird auch als ,,disembodied knowledge" bezeichnet, da es nicht an Personen
gebunden ist (vgl. Schreyögg 2001, 8). Explizites Wissen kann daher leicht mit Hilfe von
IuK-Technologien verarbeitet, transferiert und gespeichert werden (vgl. North 2002, 49) und
liegt im Unternehmen bspw. in Form von Dokumenten oder Datenbanken vor (vgl. Prange
2002, 27). Polanyis Einsicht ,,dass wir mehr wissen, als wir zu sagen wissen" (1985, 14),
lässt jedoch folgendes erkennen: ,,[k]nowledge that can be expressed in words and numbers
only represents the tip of the iceberg of the entire body of (...) knowledge" (Nonaka 1994,
16). Nach Scheuble handelt es sich bei explizitem Wissen daher nur um eine Teilmenge
impliziten Wissens, das auf der Basis von Zeichen übertragen werden kann (vgl. 1998, 26).
Explizites Wissen in Reinform existiert somit nicht. Vielmehr beinhaltet es immer auch
implizite Bestandteile (vgl. Tsoukas 1996, 14).
Implizites Wissen stellt den unsichtbaren Teil des Gesamtwissens dar, welcher in einem
spezifischen Kontext eingebettet ist und nicht oder nur unvollständig artikuliert und

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kommuniziert werden kann (vgl. Nonaka/Takeuchi 1995, 59). Da es in hohem Maße
personengebunden ist, wird es häufig auch als ,,embodied knowledge" bezeichnet (vgl.
Blackler 1995, 1024). Implizites Wissen, wie z.B. Know-how, ist tief in den Handlungen
einer Person verwurzelt (vgl. Grant 1996, 111) und beruht auf deren subjektiven Ansichten,
Gefühlen und Werten sowie auf ihren spezifischen Fähigkeiten und Kompetenzen (vgl.
Nonaka/Takeuchi 1995, 60). Derartige Qualifikationen sind zwar grundsätzlich übertragbar,
können jedoch nur durch intensive Beobachtung und Imitation der Handlungen des
Wissensträgers erlangt werden (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, 75). Reed/DeFillippi sehen
implizites Wissen zudem als Ergebnis von ,,learning by doing", wonach Know-how
durch Erfahrung erworben und durch Anwendung erlernt wird (vgl. 1990, 91). Aufgrund
seiner Kontextgebundenheit ist es nicht substituierbar und kann nur schwer durch die
Konkurrenz imitiert werden (vgl. Nelson/Winter 1982, 124). Es erfüllt damit wesentliche
Voraussetzungen, um als Quelle dauerhafter Wettbewerbsvorteile dienen zu können (vgl.
Barney 1991, 108 ff.).
2.5 Wissensmanagement
2.5.1 Grundlagen des Wissensmanagements
Obwohl sich erste definitorische Ansätze in der angelsächsischen Literatur bereits in den
60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auffinden lassen (vgl. Zand 1969), hielt der
Begriff des Wissensmanagements erst 20 Jahre später mit Kleinhans (vgl. 1989) Einzug in
die deutschsprachige Literatur (vgl. Gehle 2006, 41 f.). Seit Beginn der 1990er Jahre wird
das Forschungsgebiet des Wissensmanagements von unterschiedlichen Wissenschaftsdiszi-
plinen wie bspw. der Managementforschung, der Wirtschaftsinformatik oder der Psychologie
untersucht (vgl. Grizelj 2005, 19). Von der intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung
mit dem Management von Wissen zeugt nicht zuletzt auch der über die Jahre stark ange-
wachsene Literaturbestand zum Thema (vgl. Grizelj 2005, 12). Es bleibt zu vermuten,
dass sich in der Literatur aufgrund der Interdisziplinarität des Untersuchungsgegenstands bis
heute keine einheitliche Begriffsdefinition durchsetzten konnte (vgl. Lehner 2009, 31 ff.;
Zaunmüller 2005, 14).
Um für die vorliegende Arbeit eine einheitliche Verständnisgrundlage zu schaffen, wird
der Begriff des Wissensmanagements an die Definition von Schüppel angelehnt: Wissens-
management umfasst alle möglichen human-, technik- und organisationsorientierten
Instrumente und Gestaltungsmöglichkeiten, die dazu geeignet sind, die Wissensziele, die
Identifikation von Wissen, den Wissenserwerb, die Entwicklung von Wissen, die Wissens-

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(ver-)teilung, die Nutzung von Wissen, die Wissensbewahrung sowie die Wissensbewertung
in einer Organisation zu optimieren, mit dem Ziel, die strategischen Unternehmensziele zu
erreichen (vgl. 1996, 191 f.).
Wissensmanagement wird oftmals in die Nähe des Forschungsfelds ,,Organisationales
Lernen" gerückt (vgl. Schreyögg 2001, 4). Letzteres macht sich die Beschreibung und
Analyse von Veränderungsprozessen innerhalb der organisationalen Wissensbasis zum
Untersuchungsgegenstand, während Wissensmanagement deren Gestaltung und Lenkung
zur Aufgabe hat (vgl. Probst/Raub/Romhardt 2006, 33). In der Literatur finden sich
unterschiedliche Ansätze, die Aufgaben des Wissensmanagements in einem konzeptionellen
Rahmen zu erfassen (vgl. North 2002, 202). Eines der am weitverbreitesten Konzepte, das
aufgrund seiner hohen Praxisrelevanz große Beliebtheit gefunden hat, ist das Bausteinmodell
von Probst/Raub/Romhardt. Die Autoren identifizieren in ihrem Modell sechs Kernprozesse,
die jeweils eine Funktion des Wissensmanagements beschreiben. Hierzu zählen die Prozesse
Wissensidentifikation, Wissenserwerb, Wissensentwicklung, Wissens(ver-)teilung, Wissens-
nutzung und Wissensspeicherung (vgl. Probst/Raub/Romhardt 2006, 33).
Abbildung 2: Bausteine des Wissensmanagements
Quelle: Probst/Raub/Romhardt (2006, 32)
Die sechs Kernprozesse bilden den inneren Kreislauf des Modells. Durch die Erweiterung
des Modells um einen äußeren Kreislauf, der die Bausteine ,,Wissensziele" und
,,Wissensbewertung" umfasst, wird der traditionelle Managementprozess abgebildet, der
sowohl die strategischen Ziele des Wissensmanagements verdeutlicht, als auch Anhaltspunkte
Wissens-
ziele
Wissens-
bewertung
Wissens-
identifikation
Wissens-
erwerb
Wissens-
entwicklung
Wissens-
bewahrung
Wissens-
nutzung
Wissens-
(ver-)teilung
Feedback

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836641173
DOI
10.3239/9783836641173
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bayreuth – Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2010 (Januar)
Note
2,3
Schlagworte
internationales management wissensmanagement wissenstransfer auslandsentsendung multinationale unternehmen
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Titel: Wissensmanagement in internationalen Unternehmen durch Expatriates und Impatriates
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