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Unterrichtsstörungen - Formen, Ursachen und Handlungsperspektiven

©2009 Examensarbeit 158 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Viele Referendare und Referendarinnen beginnen ihren Beruf voller Enthusiasmus. Sie freuen sich mit Kindern arbeiten zu dürfen und ihnen Wissen vermitteln zu können, doch häufig werden sie auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die meisten hoffen ein freundschaftliches Verhältnis mit der Klasse aufbauen können und möchten die Schüler und Schülerinnen vom Unterrichtsstoff begeistern. Wie man aber von vielen Erzählungen und Berichten hört, gelingt dies in den seltensten Fällen nur mit Liebe, Verständnis und Freiheit. Die Kinder brauchen Regeln und Vorbilder, an denen sie sich orientieren. Viele Referendare und Referendarinnen, wie auch Lehrer und Lehrerinnen haben Bedenken, dass sie bei ihrer Klasse nicht gut ankommen, wenn sie streng sind. Natürlich ist eine autoritäre Erziehung keine Lösung, da die Schüler und Schülerinnen sich nur anständig benehmen, weil sie Angst vor Konsequenzen haben aber nicht weil sie einsichtig sind. Die Klasse braucht jedoch eine Lehrkraft die sich durchsetzen kann und konsequent ist und konsequent eine Beeinträchtigung des Unterrichts nicht toleriert. Häufig stecken Lehrkräfte viel Arbeits- und Kraftaufwand in die Vorbereitung der Unterrichtsstunden hinein und trotz dieser Mühen sind die Resultate meist enttäuschend und demotivierend. Es gibt einige Handlungen, die den Unterricht unterbrechen können, wie Unkonzentriertheit, Ungenauigkeit, Faulheit, motorische Unruhe, mangelndes Interesse, verbale und physische Aggressionen, mangelndes Selbstvertrauen, Ungehorsamkeit, Kontaktprobleme, unterrichtsfremde Tätigkeiten, Überempfindlichkeit, Clownerien, Wutanfälle, übertriebener Ehrgeiz, Schulangst, psychosomatische Störungen, Beschädigung von Eigentum anderer Personen oder Gegenständen, starke Abhängigkeit, Depressivität, Druck auf Mitschüler und Mitschülerinnen, unregelmäßiger Schulbesuch, Provokation des Lehrers bzw. der Lehrerin, Stehlen, Alokoholmissbrauch, sexuelle Auffälligkeiten, Drohungen mit Selbstmord, Drogenmissbrauch, Selbstmordversuche. Unzufriedenheit, Enttäuschung, Frust und Resignation bei Lehrern und Lehrerinnen können die Folge sein.
Meine Erfahrungen:
Ich habe mir lange überlegt über welches Thema ich meine Zulassungsarbeit schreiben möchte und habe mich schließlich für das Thema ‘Unterrichtsstörungen’ entschieden. Meine Motivation, mich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen, war, dass ich Lehramt auf Hauptschule studiere und von Familie und Freunden immer wieder zu hören […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Claudia Weber
Unterrichtsstörungen - Formen, Ursachen und Handlungsperspektiven
ISBN: 978-3-8366-4072-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland,
Staatsexamensarbeit, 2009
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Abb.1: Unterrichtsstörungen
(entnommen aus: Bründel, Simon 2003)

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung...1
1.1 Thematische Relevanz und Zielsetzungen...1
1.2 Aufbau der Arbeit ...4
2 Theoretischer Teil...7
2.1 Theoretische Fundierung von Unterrichtsstörungen...7
2.1.1 Unterschiedliches Verständnis von Unterrichtsstörungen...7
2.1.2 Der Begriff ,,Unterrichtsstörung"...9
2.1.3 Die Schulgeschichte und der heutige Diskussionsstand...12
2.2 Formen von Unterrichtsstörungen...20
2.2.1 Durch Schüler verursachte Arten...20
2.2.1.1 Aktive Unterrichtsstörungen...20
2.2.1.2 Passive Unterrichtsstörungen...21
2.2.1.3 Interaktionen zwischen Schülern...22
2.2.2 Durch Lehrer verursachte Arten...24
2.2.2.1 Persönlichkeit...24
2.2.2.2 Unterrichtsgestaltung...26

2.2.3 Durch das Umfeld verursachte Arten...27
2.2.3.1 Schulart...27
2.2.3.2 Gemeindegröße der Schulorte und Wohngebiete der Schüler...28
2.2.3.3 Schulische Bedingungen...29
2.3 Gründe von Unterrichtsstörungen...30
2.3.1 Schülerbezogene Ursachen...31
2.3.1.1 Der einzelne Schüler...31
2.3.1.2 Die Zusammensetzung der Klasse...33
2.3.1.3 Ermittlung von Ursachen durch Lehrer- und Schülerbefragungen...34
2.3.2 Lehrerbezogene Ursachen...35
2.3.2.1 Persönlichkeit...35
2.3.2.2 Unterrichtsgestaltung...38
2.3.2.3 Ermittlung von Ursachen durch Lehrer- und Schülerbefragungen...39
2.3.3 Äußere Bedingungen...41
2.3.3.1 Familie...41
2.3.3.2 Schule...44
2.3.3.3 Sozioökonomische Verhältnisse...47
2.3.3.4 Gesellschaftsstruktur...48
2.3.3.5 Lehrervariablen...50

2.4 Handlungsspektrum...52
2.4.1 Eine Umfrage unter Lehrkräften...53
2.4.2 Prävention bei Konflikten...54
2.4.2.1 Jacob Kounins Befunde...54
2.4.2.2 Regeln und Organisation...56
2.4.2.3 Breite Aktivierung...59
2.4.2.4 Unterrichtsfluss...64
2.4.2.5 Präsenz- und Stoppsignale...65
2.4.3 Intervention bei Konflikten...67
2.4.3.1 Lehrerzentrierte Strategien...68
2.4.3.2 Kooperative Strategien...77
2.5 Eigenes Verständnis zu Unterrichtsstörungen...92
3 Praktischer Teil...94
3.1 Trainingsraummethode...94
3.1.1 Ursprung...94
3.1.2 Ziel...94
3.1.3 Einführung...97
3.1.4 Verwirklichung des Programms...100
3.1.5 Umsetzung im Trainingsraum...104

3.2 Evaluationsergebnisse...108
3.2.1 Wirksamkeit in der Praxis...108
3.2.2 Befunde von Umfragen...110
3.3 Umsetzung in der Schule...117
3.3.1 Ziele der Dr.Albert-Liebmann-Schule und der Tagesstätte...117
3.3.2 Methoden der Bekämpfung von Unterrichtsstörungen...119
3.3.3 Die Realisierung des Trainingsraumprogramms...123
3.4 Fazit...129
3.4.1 Kritische Aspekte...129
3.4.2 Positive Effekte...133
3.5 Reflexion der Trainingsraummethode...137
4 Ausblick...139
4.1 Verbesserung des Lehramtstudiums...139
4.2 Weiterentwicklung von Schulen...141
5 Literaturverzeichnis...145
6 Abbildungsverzeichnis...150
7 Abkürzungsverzeichnis...152

1 Einleitung
1.1 Thematische Relevanz und Zielsetzungen
Problematik des Lehrerberufs
Viele Referendare und Referendarinnen beginnen ihren Beruf voller Enthusiasmus. Sie
freuen sich mit Kindern arbeiten zu dürfen und ihnen Wissen vermitteln zu können, doch
häufig werden sie auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die meisten hoffen ein
freundschaftliches Verhältnis mit der Klasse aufbauen können und möchten die Schüler
und Schülerinnen vom Unterrichtsstoff begeistern. Wie man aber von vielen Erzählungen
und Berichten hört, gelingt dies in den seltensten Fällen nur mit Liebe, Verständnis und
Freiheit. Die Kinder brauchen Regeln und Vorbilder, an denen sie sich orientieren. Viele
Referendare und Referendarinnen, wie auch Lehrer und Lehrerinnen haben Bedenken, dass
sie bei ihrer Klasse nicht gut ankommen, wenn sie streng sind. Natürlich ist eine autoritäre
Erziehung keine Lösung, da die Schüler und Schülerinnen sich nur anständig benehmen,
weil sie Angst vor Konsequenzen haben aber nicht weil sie einsichtig sind. Die Klasse
braucht jedoch eine Lehrkraft die sich durchsetzen kann und konsequent ist und
konsequent eine Beeinträchtigung des Unterrichts nicht toleriert. Häufig stecken Lehrkräfte
viel Arbeits- und Kraftaufwand in die Vorbereitung der Unterrichtsstunden hinein und
trotz dieser Mühen sind die Resultate meist enttäuschend und demotivierend. Es gibt einige
Handlungen, die den Unterricht unterbrechen können, wie Unkonzentriertheit,
Ungenauigkeit, Faulheit, motorische Unruhe, mangelndes Interesse, verbale und physische
Aggressionen, mangelndes Selbstvertrauen, Ungehorsamkeit, Kontaktprobleme,
unterrichtsfremde Tätigkeiten, Überempfindlichkeit, Clownerien, Wutanfälle,
übertriebener Ehrgeiz, Schulangst, psychosomatische Störungen, Beschädigung von
Eigentum anderer Personen oder Gegenständen, starke Abhängigkeit, Depressivität, Druck
1

auf Mitschüler und Mitschülerinnen, unregelmäßiger Schulbesuch, Provokation des
Lehrers bzw. der Lehrerin, Stehlen, Alokoholmissbrauch, sexuelle Auffälligkeiten,
Drohungen mit Selbstmord, Drogenmissbrauch, Selbstmordversuche. (vgl. Bach 2002,
S.58) Unzufriedenheit, Enttäuschung, Frust und Resignation bei Lehrern und Lehrerinnen
können die Folge sein.
Meine Erfahrungen
Ich habe mir lange überlegt über welches Thema ich meine Zulassungsarbeit schreiben
möchte und habe mich schließlich für das Thema ,,Unterrichtsstörungen" entschieden.
Meine Motivation, mich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen, war, dass ich
Lehramt auf Hauptschule studiere und von Familie und Freunden immer wieder zu hören
bekam, ob ich mir das antun möchte. Auch von den Medien werden die Schüler und
Schülerinnen der Hauptschule häufig ins schlechte Bild gerückt. Einige Leute meinen, dass
die Kinder schlicht dumm sind, kein Interesse für die Schule haben und kein Benehmen
zeigen. Die äußeren Umstände werden aber meist nicht beachtet. Als ich meine Praktika in
den Schulen absolviert habe, kamen öfters erfahrene Lehrer und Lehrerinnen zu mir und
fragten mich ob ich mir sicher sei diesen Beruf ausüben zu wollen. Zum Glück gab es aber
auch engagierte Lehrpersonen, die mir meine Bedenken nahmen. Sie mögen ihren Beruf,
auch wenn er manchmal stressig und nervenaufreibend ist. Es stellt sich die Frage, was die
Ursachen für solche verschiedene Meinungen sind. Liegt dies an der Persönlichkeit der
Lehrkräfte, der Unterrichtsgestaltung oder den subjektiven Einstellungen?
Ein Großteil meines Bekanntenkreises hat selbst die Hauptschule besucht und mir immer
wieder erzählt, wie sie Lehrkräfte geärgert und sogar zur Verzweiflung getrieben haben.
Nach ihren Aussagen kam es öfters vor, dass Lehrkräfte, überwiegend Frauen, weinend aus
den Klassenzimmern gerannt sind. Die Schüler und Schülerinnen bewarfen die Lehrkraft
beispielsweise mit Papierkügelchen, liefen im Klassenzimmer umher oder beleidigten sie.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass manche Lehrkräfte in die Verzweiflung getrieben
werden und die Motivation verlieren, die Klasse freundlich und mit Engagement zu
unterrichten.
2

Als ich meine Bekannten fragte was die Ursache war, dass sie Lehrer und Lehrerinnen
provoziert haben, bakam ich zur Antwort , dass ihnen langweilig war und sie die
Lehrkräfte nicht ernst nahmen. Sie unterstellten den Lehrkräften, dass sie unfaire
Methoden anwandten und die Schüler und Schülerinnen nicht gleich behandelten. Meine
Bekannten räumten jedoch ein, dass sie nicht alle Lehrer und Lehrerinnen ärgerten. Es gab
in ihrer Schulzeit auch Lehrkräfte, die sie geachtet und geschätzt haben.
Meine Ziele
Mein Ziel dieser Zulassungsarbeit ist es herauszufinden, welche Eigenschaften eine
Lehrkraft haben muss, um ein gutes Verhältnis zu den Schülern und Schülerinnen
aufbauen zu können und einen motivierenden Unterricht zu ermöglichen. Auch ist mir
wichtig welche äußeren Eigenschaften, wie Familie, Schule und Gesellschaft sich auf das
Verhalten der Kinder auswirken kann. Gründe von Unterrichtsstörungen sind jedoch auch
beim Schüler bzw. der Schülerin selbst zu finden. Es ist wichtig zu wissen, wodurch die
Unterrichtsstörungen entstehen, um mit Präventions- und Interventionsmaßnahmen
entgegen steuern zu können. Die Lehrkräfte sollten nicht gleich verzweifeln, wenn nicht
alles so klappt wie sie es sich vorgestellt haben. Vor allem unerfahrene Lehrer und
Lehrerinnen brauchen erst Übung in ihrem Beruf, um erfolgreich zu sein. Sie müssen
jedoch bereit sein an dieser Situation etwas ändern zu wollen, denn nur dann sind sie in der
Lage mit den hohen Anforderungen und der Vielseitigkeit des Berufes zurecht zu kommen.
Die Lehrkräfte müssen lernen, wie sie mit Unterrichtsstörungen umgehen können. Es gibt
zahlreiche pädagogische Maßnahmen, um mit den Problemen in der Klasse klar zu
kommen. Das Trainingsraumprogramm ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Einbindung
des Schülers und der Schülerin in den Klassenverband. Die Idee ist, dass Schüler und
Schülerinnen welche stören, nach der zweiten Ermahnung in einen Trainingsraum
geschickt werden, um dort über ihr Verhalten nachzudenken. Falls sie dort erneut
auffallen, können sie sogar nach Hause geschickt werden. Ich habe mich entschieden
dieses Projekt ausführlich vorzustellen, da ich mich interessiere, wie diese Idee in der
Praxis umsetzbar ist. Es stellte sich bei mir die Frage, ob die Schüler und Schülerinnen
nicht froh sind aus dem Klassenzimmer oder sogar nach Hause geschickt zu werden.
Außerdem fand ich es aufschlussreich, wie man Kinder zu einem eigenverantwortlichen
Denken und Handeln anregen kann.
3

Ich erhoffe mir durch diese Zulassungsarbeit Informationen zu gewinnen, die ich in meiner
Referendariatszeit und im Lehrerberuf bei Unterrichtsstörungen selbst anwenden kann um
Unterrichtsstörungen von vornherein zu verhindern bzw. wirksam entgegen treten zu
können. Ich denke, dass viele Referendare und Referendarinnen Probleme haben, wenn sie
das erste Mal vor der Klasse stehen. Wie sollen sie sich verhalten? Welche Konsequenzen
sind effektiv? Sind sie verantwortlich für die Beeinträchtigungen im Unterricht? Wie
können sie Unterrichtsstörungen bekämpfen?
Ich würde mich freuen, wenn diese Arbeit auch anderen Studenten und Studentinnen,
Referendaren und Referendarinnen sowie Lehrern und Lehrerinnen eine Hilfestellung, bei
der Bewältigung ihrer Probleme, sein kann. Ich denke, dass sie auf jeden Fall eine
Hilfestellung sein kann, um das Problem von Beeinträchtigungen des Unterrichts erkennen
und bekämpfen zu können.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Zulassungsarbeit gliedert sich in zwei Teile, und zwar dem theoretischen
und dem praktischen Teil.
Im theoretischen Teil werde ich zunächst in ,,Kapitel 2.1" auf theoretische
Fundierungen von Unterrichtsstörungen eingehen. Mir ist wichtig, dass das Verständnis
von Unterrichtsbeeinträchtigungen erkennbar wird, welches von Person zu Person
verschieden sein kann. Vertieft werde ich auf die Wünsche, Vorstellungen und subjektive
Empfindungen eingehen. Anschließend werde ich einige Definitionen von
Unterrichtsstörungen wiedergeben und veranschaulichen, dass es keine einheitlichen
Merkmale gibt, ab wann der Unterricht gestört wird. Außerdem werde ich berichten, wie
sich Unterrichtsstörungen im Laufe der Zeit entwickelt und verändert haben.
4

Um über Unterrichtsstörungen sprechen zu können, muss klar sein welche Typen es gibt.
Ich möchte in ,,Kapitel 2.2" deutlich machen, dass Störungen sowohl vom Schüler und von
den Schülerinnen, den Lehrkräften als auch den äußeren Bedingungen verursacht werden
können.
Bevor man nach Möglichkeiten sucht, diese Störungen zu bekämpfen, muss klar sein,
wodurch sie verursacht werden. Gründe dafür kann man hier ebenso bei den Schülern und
Schülerinnen, den Lehrern und Lehrerinnen und den äußeren Bedingungen finden, diese
Ursachen beschreibe ich in ,,Kapitel 2.3"
Die vorangegangenen Kapitel sind entscheidend um effektiv gegen die
Unterrichtsbeeinträchtigungen ankämpfen zu können. Um Störungen erst gar nicht
aufkommen zu lassen, sind Präventionen von Bedeutung. Falls jedoch bereits
Beeinträchtigungen des Unterrichts statt finden, ist eine Intervention wichtig. Diese
Handlungsperspektiven habe ich in ,,Kapitel 2.4" ausführlich dargestellt.
Schließlich möchte ich in ,,Kapitel 2.5" über mein gewonnenes Verständnis von
Unterrichtsstörungen berichten. Anhand dieser Erkenntnisse werde ich beurteilen, ob der
Trainingsraum, welchen ich im praktischen Teil vorstelle, wirksam ist.
Im praktischen Teil werde ich, wie bereits erwähnt, den Trainingsraum konkretisieren.
Es ist für mich bedeutungsvoll, dass man die Ziele und die Umsetzung dieses Projekts
versteht, worauf ich in ,,Kapitel 3.1" eingehen werde.
Schließlich werde ich in ,,Kapitel 3.2" Evaluationsergebnisse anführen, um in der Praxis
die Wirksamkeit der Trainingsraummethode zu veranschaulichen.
Da ich mir ein eigenes Bild dieses Konzepts machen wollte, machte ich eine Woche lang
ein Praktikum in der Dr.-Albert- Liebmann Schule in Kleinostheim, welche dieses
Programm erfolgreich, wenn auch etwas abgeändert, umsetzt. In Kapitel ,,3.3" werde ich
zunächst allgemein auf die Schule eingehen, anschließend andere Methoden der
Bekämpfung von Unterrichtsstörungen vorstellen und letztlich auf die Realisierung des
Programms in der Dr.Albert-Liebmann-Schule eingehen.
5

In ,,Kapitel 3.4" werde ich schließlich positive, wie auch negative Aspekte des
Trainingsraumprogramms anführen. Mein Ziel ist es, dass der Leser oder die Leserin sich
ein eigenes Urteil bilden kann und nicht wie in den Büchern das Thema verherrlicht wird.
In ,,Kapitel 3.5" werde ich die Trainingsraummethode reflektieren und bewerten, wie
effektiv ich diese in der Theorie und der Realisierung finde. Hierzu ziehe ich
Informationen aus Büchern und aus Erfahrungen meines Praktikums heran.
Im Schlussteil, ,,Kapitel 4" möchte ich meine Arbeit reflektieren und beurteilen. Ich werde
einige Vorschläge anführen, wie sich Schulen weiterentwickelt und gegen die
Unterbrechungen des Unterrichts angehen können.
6

2 Theoretischer Teil
2.1 Theoretische Fundierung von Unterrichts-
störungen
2.1.1 Unterschiedliches Verständnis von
Unterrichtsstörungen
Um die Problematik im Unterricht durch die Störungen zu verstehen, müssen zunächst die
Wünsche und Vorstellungen der Lehrer und Lehrerinnen und der Schüler und
Schülerinnen betrachtet werden sowohl die Lehrer und Lehrerinnen als auch die Schüler
und Schülerinnen erleben einen Unterricht als angenehm, wenn dieser effektiv,
befriedigend, eindrucksvoll und abwechslungsreich ist. Diese Vorstellungen werden meist
durch methodische und didaktische Umsetzungen erreicht. Es ist wünschenswert, dass der
Schulalltag gut strukturiert ist, offene und freundliche Umgangsformen sowohl unter den
Schülern und Schülerinnen selbst als auch mit den Lehrkräften existieren und alle
gemeinsam kooperieren. Es sollen klare Regeln, Grenzen und Rituale gelten, Minderheiten
sollen beispielsweise geschützt werden.
Störungen sind auf subjektive Empfindungen zurückzuführen und stellen Interpretationen
von Schülern und Schülerinnen und von Lehrern und Lehrerinnen dar, wobei sie sich inter-
und intraindividuell unterscheiden können. Was der eine Lehrer als Störung wahrnimmt
stört den Kollegen nicht, und was ein Lehrer an einem Tag als störend empfindet, nimmt er
am nächsten Tag mit Humor auf oder erst gar nicht wahr. Dies hängt häufig von der
7

Stimmung, der Tagesform, der Müdigkeit und der Gelassenheit ab. Die
Störungsempfindlichkeit ist zudem durch die Arbeitsform bedingt, bei Gruppenarbeit und
offenem Unterricht liegt die Toleranzgrenze deutlich höher als beim Frontalunterricht und
bei Schülerreferaten. Darüber hinaus kann das Unterrichtsfach auch ausschlaggebend sein,
in manchen Fächern ist die Klasse interessierter und konzentrierter und folgt dem
Unterrichtsgeschehen aufmerksamer als in anderen Fächern. Die unterschiedliche
Auffassung von Unterrichtstörungen gilt ebenso für die Schüler und die Schülerinnen.
Wenn sie selbst involviert sind, empfinden sie die Störungen anderst als wenn sie nicht
beteiligt sind. Wenn sie als Täter oder Mitläufer fungieren finden sie die Situation meist
amüsant, im Gegensatz zu den Opfern, welche darunter leiden. Lehrer und Lehrerinnen
haben oftmals den Eindruck, dass die Schüler und die Schülerinnen Störungen gleichgültig
hinnehmen, es hat sich jedoch im Gegensatz heraus gestellt, dass sie sich dadurch belästigt
fühlen und ein Durchgreifen der Lehrkräfte fordern. (vgl. Bründel, Simon 2007, S.13ff.,
37ff.)
Müller-Fohrbrodt sieht dennoch einen
negativen Interaktionskreislauf,
ohne Beachtung dieser
Toleranzunterschiede, als Ursache
von Unterrichtsstörungen an. (siehe
Abb.2) Der Lehrer oder die Lehrerin
bewertet Störungen als nicht
akzeptabel und reagiert daraufhin mit
Ermahnungen und Bestrafungen. der
Störer oder die Störerin ärgert sich
darüber und ist nicht bereit das
Verhalten zu ändern, woraufhin er/sie
wieder stört und der Kreislauf von
vorne beginnt. Müller-Fohrbrodt
empfindet es als wichtig, dass die Lehrer und die Lehrerinnen diesen Kreislauf
durchbrechen und sich einer offenen Ursachenannahme zuwenden. Sie sollen den Störer
oder die Störerin nicht in seiner Persönlichkeit kränken, sondern akzeptieren, dass sein
Benehmen einen Grund hat, auch wenn dieser zu diesem Zeitpunkt nicht nachvollziehbar
ist. Der Schüler oder die Schülerin hat Wünsche und Ziele, die er/sie verwirklichen will.
8
Abb.2: Der negative Interaktionskreislauf
(entnommen aus: Bründel, Simon 2003, S.28)

Im Gegensatz zum negativem
Interaktionskreislauf versucht die
Lehrperson bei der offenen
Ursachenannahme herauszufinden,
welches Motiv der Schüler oder die
Schülerin hatte, den Unterricht zu
beeinträchtigen. (siehe Abb.3)
Störungen sind offene und verdeckte
Botschaften, welche der Lehrer oder
die Lehrerin und der Störer oder die
Störerin bestmöglichst gemeinsam
aufklären und Wege zur Vermeidung
der Störungen finden sollen. Der
Schüler oder die Schülerin soll das
Gefühl übermittelt bekommen, dass er
bzw. sie verstanden und ernst
genommen wird, wodurch er selbst
bereit wird, seine Handlungen zu
kontrollieren und die störenden
Verhaltensweisen aufzugeben. (Müller-Fohrbrodt 1999, S.93 zit. n. Bründel, Simon 2003,
S.28 ff.)
9
Abb.3: Offene Ursachenannahme
(entnommen aus: Bründel, Simon 2003, S.30)

2.1.2 Der Begriff ,,Unterrichtsstörung"
In der heutigen Zeit hat der Begriff ,,Unterrichtsstörung" an Bedeutung in der Schule
gewonnen. Die Unterrichtsstörung stellt die größte Blockade dar, um guten Unterricht zu
verwirklichen und respektvolles Verhalten bei den Schülern und Schülerinnen
untereinander und gegenüber der Lehrkraft zu erzielen. Konflikte können bis zu 60 Prozent
einer Unterrichtsstunde ausmachen, wobei nicht nur die Störungen der Schüler oder der
Schülerinnen sondern auch die Reaktionen der Lehrpersonen inbegriffen sind. Die
Maßnahmen sind von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich und vielfältig. Ab wann von einem
störenden Verhalten gesprochen wird ist nicht eindeutig festgelegt, meist hängt es vom
subjektiven Befinden ab. (vgl. Bründel, Simon 2007, S.13) Es lassen sich dennoch
Kriterien für die Definition von Störungen nennen. Im folgendem werde ich einige
Begriffserklärungen von verschiedenen Autoren wiedergeben.
Winkel (2005)
"Eine Unterrichtsstörung liegt dann vor, wenn der Unterricht gestört ist, d.h. wenn das
Lehren und Lernen stockt, aufhört, pervertiert, unerträglich oder inhuman wird." (Winkel
1996, S. 31)
Ortner (2000)
"Eine konkrete oder potentielle Unterrichtsstörung umfasst alles, was dazu führt oder
führen kann, den Prozess oder die Beziehungsgefüge von Unterrichtssituationen zu
unterbrechen (vgl. Biller 1981, S.28). Auf das Verhalten eines Schülers bezogen betrifft
Stören des Unterrichts alle Aktionen und Reaktionen, mit denen dieser sich bewusst über
schulische Normen und Regeln hinwegsetzt. Das Störverhalten richtet sich dabei gegen
den Lehrer, die Mitschüler oder gegen den Unterrichtsverlauf." (Ortner 2000, S.200)
10

Nolting (2007)
Normative Definition: ,,Unterrichtsstörungen sind Handlungen von Schülern, die gegen
Regeln für das Verhalten im Unterricht verstoßen. Ob eine Störung vorliegt oder nicht,
hängt hier letztlich von der Lehrkraft ab; sie bestimmt die Regeln und bewertet das
Verhalten. Was Lehrer X als ,,unruhig" bezeichnet, nennt seine Kollegin Y vielleicht
,,lebhaft"."
Funktionale Definition: ,,Unterrichtsstörungen sind Handlungen, welche die von einer
Lehrkraft beabsichtigte Unterrichtsdurchführung behindern, und zwar (a) indem sie andere
Personen, nämlich die Lehrkraft oder die Mitschüler, in ihren aufgabenbezogenen
Aktivitäten beeinträchtigen, und/oder (b) indem sie die eigene aufgabenbezogene
Aufmerksamkeit und Mitarbeit beeinträchtigen." (vgl. Nolting 2007, S.13)
Lohmann (2007)
,,Unterrichtsstörungen sind Ereignisse, die den Lehr-Lern-Prozess beeinträchtigen,
unterbrechen oder unmöglich machen, indem sie die Voraussetzungen, unter denen Lehren
und Lernen erst stattfinden kann, teilweise oder ganz außer Kraft setzen. Zu den
Voraussetzungen zählen äußere und innere, das Lernen ermöglichende Bedingungen, wie
z.B. physische und psychische Sicherheit, Ruhe, Aufmerksamkeit, Konzentration. Die
Störungen können von Schülern und Lehrern verursacht oder von außen hereingetragen
werden, z.B. laute Zwischenrufe, verbale oder physische Attacken, Herumlaufen von
Schülern; Hektik, Herumbrüllen oder Sarkasmus von Lehrern; Durchsagen,
Baustellenlärm, Tiefflieger, plötzlicher Schneefall usw." (Lohmann 2007, S.12)
Bei den Definitionen, wobei hier nur ein kleiner Bruchteil aufgezählt ist, wird deutlich,
dass die Autoren den Begriff ,,Unterrichtsstörung" auf unterschiedliche Weise bestimmen.
Winkel bezieht sich nur auf die Beeinträchtigung des Unterrichts, seiner Meinung nach
liegt dies vor, wenn das Lehren und Lernen unterbrochen wird. Er gibt keine Auskunft
über den Auslöser der Geschehnisse.
11

Nolting und Ortner halten ebenso fest, dass der Unterricht unterbrochen wird, gehen jedoch
in ihrer Definition weiter, und sehen die Ursache im Schülerverhalten. Ortner erklärt, dass
die Störungen sich gegen Lehrer bzw. Lehrerinnen, Mitschüler bzw. Mitschülerinnen und
gegen Unterrichtsverläufe richten. Nolting bekennt, dass die Unterbrechungen auch
Folgen für den Störer selbst haben können. Nolting räumt des weiteren ein, dass der
Begriff personenabhängig ist, manche Lehrkräfte sehen eine Handlung bereits als
Unterrichtsstörung an, wo ein anderer Lehrer bzw. Lehrerin nur der Meinung ist, dass die
Klasse lebhaft ist.
Lohmann definiert Unterrichtsstörungen als Beeinträchtigung des Lehr-Lern-Prozesses. Im
Gegensatz zu den anderen genannten Autoren sieht er die Auslöser in mehreren Faktoren,
sowohl im Schülerverhalten, als auch im Lehrerverhalten, als auch in den äußeren
Bedingungen. Neben den Ursachen von Unterrichtsstörungen bezieht sich Lohmann auch
auf Voraussetzungen, die für das Lehren und Lernen gegeben sein müssen.
Meiner Meinung nach ist die Definition von Lohmann am besten, da er verschiedene
Gründe nennt, die Beeinträchtigungen des Unterrichts auslösen. Er erwähnt, dass sowohl
Schüler und Schülerinnen, Lehrkräfte, wie auch äußere Bedingungen sich störend auf das
Lehren und Lernen auswirken können und gibt hierfür sogar Beispiele an, welche die
Geschehnisse überzeugend darstellen. Bei dieser Definition fehlt allerdings der Aspekt,
dass es Präventions- und Interventionsmaßnahmen gibt, diese sind jedoch nicht unbedingt
notwendig, um den Begriff ,,Unterrichtsstörung" lediglich zu beschreiben.
12

2.1.3 Die Schulgeschichte und der heutige Diskussionsstand
Wer denkt, dass es früher keine Unterrichtsstörungen gab und diese ein Phänomen der
heutigen Zeit sind, liegt falsch. Schon seit dem Schüler und Schülerinnen gelehrt werden,
ist der Unterricht auf verschiedene Art und Weise Disziplinproblemen ausgesetzt. Früher
gab es sogar manchmal so gravierende Erscheinungen, dass man sich diese heute gar nicht
mehr vorstellen kann.
Ein Beispiel hierfür ist das 16. und 17. Jahrhundert, in welcher Zeit Schülerstreik und
Vandalismus herrschte. Im 16. Jahrhundert, welches man auch Grobeanismus nennt,
spürte man die schwer schwerwiegendsten Beeinträchtigungen. Die Schüler und
Schülerinnen verweigerten den Besuch der Schule, man hörte häufig auch den Vorwurf,
dass sie die Schule nicht pflegten und verwüstet hinterlassen haben. Die Störungen des
Unterrichts waren manchmal so drastisch, dass die Folge war, dass Tage lang kein
Schulunterricht statt fand. Neben dem Ausfall von Unterricht muss auch noch erwähnt
werden, dass die Ausbildung und Qualifikation der Lehrkräfte mangelhaft war und dies
Gründe für die Störungen sein konnten. Man kann die Schule von damals keineswegs mit
der Schule von heute vergleichen, die Standards waren viel tiefer und fast jeder Idiot
konnte Lehrer werden. Vor allem der 30jährige Krieg von 1618 bis 1648 hatte extreme
Formen der Unterrichtsstörung, viele Teile des Landes wurden vernichtet und und ca. ein
Drittel der Bevölkerung starb. (vgl. Conrad, Ludwig 1999, S.16 f.)
Seit etwa 200 Jahren werden in der Schule mehrere Schüler und Schülerinnen gleichzeitig
gelehrt, es wurden nicht mehr länger einzelne Schüler bzw. Schülerinnen unterrichtet. Es
stellte sich am Anfang die Frage wie man dies durchsetzen könnte. Es wurden
Unterrichtsmethoden entwickelt, die es möglich machten mehrere Schüler und
Schülerinnen gemeinsam zu unterrichten. In dieser Zeit verstand man unter Disziplin einen
Zustand, bei dem eine ,,Lehr-Lernsituation" möglich war und sowohl die Mitschüler und
Mitschülerinnen als auch die Lehrer und Lehrerinnen mit Respekt behandelt wurden. Die
Erwartungen und die Durchsetzung von Disziplin haben sich im Laufe der Zeit in der
Schule verändert. Disziplin ist somit nicht nur abhängig von den Lerninhalten und den
13

Lernumständen, sie wird ebenso historisch-gesellschaftlich bestimmt. Die Vorstellung und
Umsetzung von Disziplin lässt einige Erkenntnisse der jeweiligen Zeit zu. Welche Struktur
besteht zu dieser Zeit, welche Ziele werden verfolgt, welche Absichten haben die Schulen,
welche fachliche und pädagogische Fähigkeiten sind vorhanden, welchen Stellenwert hat
der Lehrer bzw. die Lehrerin in der Gesellschaft.(vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 f.)
Im 18. und 19. Jahrhundert setzten sich die Elementarschulen durch, hier wurde die
arme Bevölkerung unterrichtet. Die Lehrkräfte waren kein Fachpersonal, sie kamen meist
aus dem Handwerk oder waren einst Soldaten. Als Lehrer verdiente man nur wenig,
weshalb die Bevölkerung den Beruf Lehrer als Nebenverdienst ansahen und nicht so ernst
nahmen. Die Klassenzimmer waren miserabel ausgestattet, die materielle Ausstattung war
armselig, wodurch entsetzliche räumliche Umstände vorhanden waren. (vgl Conrad,
Ludwig, S.17) Neben der katastrophalen Ausstattung waren die Klassen überfüllt, es
waren 100 und mehr Kinder mit unterschiedlichem Alter und Wissenstand in einer Klasse,
hier war es ein Ding der Unmöglichkeit, dass eine einzelne Lehrkraft die Schüler und
Schülerinnen unter Kontrolle halten konnte. Vermittlung von fachlichem Wissen war nur
in einem geringen Maße möglich. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 f.) Obengenannte Gründe
hatten negative Verhaltensweisen zur Folge, es treten Gewalttätigkeiten, Heucheleien,
Tücken und Bösheit auf. Natürlich ist nicht nur die Schule dafür verantwortlich, sondern
auch die Natur des Menschen, die Erziehung durch das Elternhaus, das soziale Umfeld
usw. (vgl. Conrad, Ludwig, S.17) Im 19. Jahrhundert hatte sich die Schwarze Pädagogik in
der Erziehung durchgesetzt. Zucht und Sitten wurde durch physische, wie auch psychische
Sanktionen erzielt. (vgl. Jetter 2002, S.30)
Als sich 1871 das Deutsche Kaiserreich gründete, begann in der Schule eine
Untertanenerziehung, autoritäre Gewalt und Disziplin waren angesagt. Der Unterricht
war leer und langweilig, das Verhältnis zwischen den Lehrkräften und den Schülern und
Schülerinnen war gestört. (vgl. Conrad, Ludwig, S.17 f.) Die Schule wurde als
,,bürokratische Schreckensanstalt" bezeichnet, eine Strafpädagogik, bei welcher der
Rohrstock als Bestrafung angewandt wurde, war Alltag. Die Lehrer und Lehrerinnen
wurden zu dieser Zeit aber nicht gehasst, die meisten Schüler und Schülerinnen waren
sogar stolz auf ihre Lehrkraft. Dies war das Ziel der Untertanenerziehung, die Kinder
unterwarfen sich ohne Zweifel den Lehrpersonen. Häufig wurde sogar Gehirnwäsche
vollzogen, die Kinder fühlten sich nicht mehr gezwungen nach den Vorstellungen des
14

Lehrers bzw. der Lehrerin zu handeln, es wurde ihr eigener Wille.
Nach Beendigung des 1. Weltkriegs 1918 wurde die Vorstellung von Disziplin und deren
Umsetzung grundlegend geändert. Von einem zum anderen Tag wurden die Methoden
eines Jahrhunderts fest gelegt. Man konnte von einer Schulrevolution reden, welche unter
der Führung der Lehrer und Lehrerinnen statt fand. Die Schüler und Schülerinnen konnten
machen was sie wollten, sie konnten in die Schule kommen wann sie wollten, zu Hause
bleiben, im Klassenzimmer herumlaufen usw. Die Schule war plötzlich ein Paradies für die
Kinder, sie fühlten sich nicht mehr unterdrückt. Durch das Chaos musste erst wieder durch
Auseinandersetzungen und schwere Kämpfe Ordnung entstehen. Durch die neuen
Methoden in der Schule wird ein pädagogisches Verhältnis zwischen den Lehrkräften und
den Schülern und Schülerinnen aufgebaut. Dem Lehrer bzw. der Lehrerin kann Vertrauen
entgegengebracht werden, es besteht eine freundschaftliche Beziehung. Durch das
gegenseitige Miteinander kann Disziplin ohne Zwang wachsen, Berichte von damals
können dies belegen. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 45f.)
1930 stand die Schule dann schließlich im Dienste des Nationalsozialismus. Adolf Hitler
entwickelte einen Plan, nach dem die Erziehung in der Schule zum fanatischen
Nationalsozialisten angestrebt wird. Die Lehrkräfte sollen von den marxistischen-
demokratischen Verhaltensweisen abgekehrt werden und den Lehrplan an das
nationalsozialistische Handeln und Denken anpassen. (vgl. Conrad, Ludwig, S.20ff.)
In den letzten Jahrzehnten erfährt die Schule eine gegenläufige Entwicklung zu ihren
Anfängen. Nicht die Schüler und Schülerinnen haben Angst vor den Lehrkräften, sondern
häufig ist dies umgekehrt der Fall. Es gehört neuerdings Mut dazu den Lehrerberuf
auszuüben, viele Lehrer und Lehrerinnen klagen über Ängste, Hilflosigkeit und
Verunsicherungen. Einige Lehrkräfte sind entmutigt und resignieren, sie sind nicht mehr
bereit ihre Kraft für die Schule zu opfern. Leider kommt es immer öfter zu der Diagnose,
dass einige Lehrkräfte an dem Burnout Syndrom leiden und nicht mehr unterrichten
können. Sie sind durch den störanfälligen Unterricht und durch die undisziplinierten
Schüler und Schülerinnen erschöpft und sehen keinen Erfolg in ihrem Tun. Neben den
Problemen mit den Schülern und Schülerinnen kommt noch die Tatsache hinzu, dass die
Presse und die Politiker die Lehrkräfte beschuldigen, dass sie nur Halbtagsarbeiter sind
und nichts tun, sie sollen sich nicht so anstellen. Außen stehende Personen können die
15

Herausforderung und Probleme des Schulalltags oftmals nicht nachvollziehen. Häufig wird
die Pluralisierung und Individualisierung, wie auch die 68er Bewegung und die
antiautoritäre Erziehung, als Auslöser dafür angesehen, diese Konflikte gibt es allerdings
schon länger.
In der DDR gab es keine Bedenken über die strenge Erziehung in der Schule, wenigstens
nicht offiziell. Leute, die an der Schulpädagogik zweifelten, wurden erst gar keine
Lehrkräfte, wechselten den Beruf oder widersetzten sich lautlos. Der Lehrer bzw. die
Lehrerin führte die Klasse an, die Regeln wurden nicht hinterfragt und die strenge
Disziplinierung und der Frontalunterricht waren unantastbar. Im Vordergrund des
Unterrichts stand die Zucht der Schüler und Schülerinnen, der eigentliche Sinn des Lehrens
wurde zweitrangig. Bei den Vorstellungen der Schule, die Kinder durch strenge Zucht zu
erziehen, wurden äußere Einflussfaktoren, wie die Familie, der Freundeskreis und
Massenkommunikationsmittel etc. nicht beachtet. Die Unterdrückung der Schüler und
Schülerinnen hatte in den meisten Fällen zur Folge, dass die Schüler und Schülerinnen ihre
Persönlichkeit nicht frei entfalten konnten und es an Selbstbewusstsein, Individualität und
Kreativität mangelte. (vgl. Sandfuchs 2002, S. 44 ff.)
Seit den letzten 30 Jahren wird auf autoritäre Erziehung ausgewischen. Dies ist kein
Vorwurf, jedoch brauchen die Kinder Halt, Orientierung, Hilfen, Aufmerksamkeit, Regeln
und vor allem auch Grenzen. (vgl. Kreter 2002, S.10 ff.)
Heute
besteht das Problem,
dass sich zwei Erziehungsvorstellungen, nämlich die Autoritäre und die Demokratische
gegenüber stehen. Die zwei Begriffe erleichtern die Erklärung der beiden Auffassungen,
allerdings ist das Spektrum und der Grad der Erziehung sehr vereinfacht dargestellt und
zur genauen Analyse und Bewertung nicht ausreichend. Wenn man nun aber denkt, dass
die unterschiedlichen Erziehungsstile nur bei verschiedenen Menschen auftreten, irrt man
sich. Meist sind beide gegensätzlichen Verhaltensweisen in einer Person verankert, was zu
kritischen Umständen führen kann. Die Lehrer bzw. Lehrerinnen getrauen sich heutzutage
nicht mehr autoritär zu erziehen und ein demokratisches Benehmen wird häufig
missverstanden oder falsch umgesetzt. (vgl. Roth 1955, S.7f. zit. n. Sandfuchs 2002, S.47)
16

Erwachsene, die schon länger nicht mehr die Schule besucht haben, haben die Vorstellung,
dass dort Disziplin und Ordnung herrscht. Jedoch irren sie sich da, die heutigen Schüler
und Schülerinnen sind selbstbewusst, impulsiv und frech, sie kennen keine Tabus.
Normalerweise ist das Betreten des Klassenzimmers durch die Lehrkraft ein Signal, dass
der Unterricht beginnt, heutzutage brauchen die Schüler und Schülerinnen jedoch eine
eigene Aufforderung, bevor sie an ihren Platz gehen und sich still verhalten. Sie achten
nicht auf Ordnung und Sauberkeit, da sie ihrer Meinung nach dafür nicht zuständig sind.
Auf den Erhalt von Büchern achten sie ebenso nicht, da es nicht ihre eigenen sind. Dies
sind nur ein paar Beispiele, um aufzuzeigen, dass heute nicht mehr das selbe Bewusstsein
von Benehmen herrscht.
Die Vorstellungen von Schulen korrelieren nicht mehr mit denen der Lehrer und
Lehrerinnen, der Schüler und Schülerinnen und der Eltern. Die Schüler und Schülerinnen
stützen sich bei Ermahnungen und Bestrafungen auf die Hilfe ihrer Eltern. Die
Lehrpersonen beschweren sich , dass sie sich alles bieten lassen müssen und die Ausübung
ihres Berufs gestört wird und keiner etwas dagegen tut. Keiner will Verantwortung für
die Beeinträchtigungen des Schulalltags übernehmen, nicht die Schüler und Schülerinnen,
nicht die Eltern, und ebenso wenig die Lehrkräfte und die Schulleitung.
Bis weit in die 70er Jahre hatte die Schule noch nicht so gravierende Disziplinprobleme.
Sie konnte sich darauf verlassen, dass die Eltern bei Nichteinhaltung der Regeln die
Verantwortung für die Erziehung der Kinder übernahmen und Konsequenzen aus ihrem
Benehmen zogen. Der Lehrer bzw. die Lehrerin waren nicht auf sich alleine gestellt um
pädagogische Ziele im Unterricht zu verwirklichen. Heutzutage sind die Lehrkräfte meist
auf sich allein gestellt, die Eltern von heute übernehmen keine Verantwortung mehr für das
Verhalten ihrer Kinder. Sie kommen mit Aussagen, wie, dass die Lehrperson den Vorfall
nicht so ernst nehmen soll oder dass sie den Lehrer bzw. die Lehrerin ja bereits vor ihrem
Kind gewarnt haben. Wenn man die Aussagen der Eltern betrachtet, ist es nicht
verwunderlich, dass die Kinder heutzutage nicht wissen welches Verhalten richtig oder
falsch ist. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass die Schüler und Schülerinnen mit
Wohlverhalten und Sozialkompetenzen ausgestattet sind und für ihr Handeln
Verantwortung übernehmen. Bevor sie in die Schule kommen, orientieren sie sich an den
Eltern und übernehmen dessen Verhaltensweisen. Die Kinder sind nicht böswilliger als
früher, sie sind sich nur häufig nicht bewusst welches Benehmen angebracht ist. (vgl.
Kreter 2002, S.10 ff.)
17

Die Schwierigkeiten des effektiven Lehrens in der Schule wird immer drastischer. Häufig
bestehen schlechte soziokulturelle Bedingungen im Bezirk der Schule, welche sich in
den letzten Jahren oftmals noch verschlechtert haben. Der Anteil von Schülern, welche in
sozial benachteiligten Familien leben, sonderpädagogisch beeinträchtigt sind und einen
Migrationshintergrund haben nimmt ständig zu.
Die Lehrkräfte bekommen heutzutage zusätzlich familientypische Aufgaben zugeteilt,
wie gesunde Ernährung, soziale Bindung und Vermittlung von Regeln. Durch die
Zusammenkunft von den unterschiedlich abstammenden und disziplinierten Schülern und
Schülerinnen besteht eine heterogene Verteilung. Durch die hohen Anforderungen an die
Lehrer und Lehrerinnen fühlen diese sich häufig überlastet und ausgelaugt. Sie können
meist nicht mehr objektiv in das Unterrichtsgeschehen gehen, da die Konflikte subjektive
Empfindungen auslösen, womit oftmals kein sachliches unterrichten möglich ist. (vgl.
Pawollek 2009, S.99)
Häufig resignieren die Lehrer und Lehrerinnen, da sie keinen Erfolg in ihrem Handeln
sehen. Sie sind nicht bereit an Fortbildungen teil zu nehmen, ihre Unterrichtsmethoden zu
ändern oder didaktische Verbesserungen zu erzielen. Einige Lehrkräfte versuchen leider
gar nicht mehr zu präventionieren oder zu intervenieren, sie warten nur noch auf ihre
Pensionierung und bemitleiden die angehenden Lehrer und Lehrerinnen. Dieses Phänomen
wird in vielen Fällen Lehramtsanwärtern und-wärterrinnen bewusst, wenn sie Kommentare
von langjährigen Lehrpersonen hören, welche die Frage stellen, ob sie sich diesen Beruf
wirklich antun wollen. (vgl. Kreter 2002, S.10 ff.)
Heutzutage wird das Thema in den Medien oftmals diskutiert. Man sucht Gründe in den
Schulen, Lehrern und Schülern und auch in unserer Gesellschaft, wobei oft die
Schlagwörter ,,Wohlstandsgesellschaft", ,,Reizüberflutung", ,,Fernsehen", ,,Stress"
auftauchen. (vgl. Nolting 2007, S.16) In den letzten Jahren ist aber auch die Tendenz
sichtbar, dass die Ursachen häufig auf die Schüler und Schülerinnen geschoben werden. Es
wird von krankhaften, körperlichen und genetischen Defiziten gesprochen. Man liest und
hört immer öfter in den Medien die Begriffe Legasthenie, ADS, Hyperaktivität,
Impulsivität usw. Der Vorteil ist, dass keine Person schuldig für das Versagen der Kinder
ist, nicht die Eltern, die Lehrer und Lehrerinnen, die Gesellschaft oder die Schüler und
18

Schülerinnen. Das Problem hierbei ist jedoch, dass wenig Möglichkeiten bestehen diese
Schüler zu präventionieren oder intervenieren. (vgl. Lohmann 2003, S.15)
Mit Hilfe von Fragebögen werden bei der PISA Studie Hintergrundmerkmale von
Schülern und Schülerinnen, sowie Schulen erhoben. Es werden Zusammenhänge zwischen
Leistung und Merkmalen von den Schülern und Schulen untersucht. Das Verständnis über
solche Korrelationen können die Leistungsfähigkeit schulischer Systeme klären. Bei der
PISA Studie vom Jahr 2000 kam heraus, dass 12,3 Prozent der Menschen in Deutschland
der Meinung sind, dass die Varianz der Leistung der Schüler und Schülerinnen von dem
schüler- und der schülerinabhängigem Schullklima abhängt. Dies ist der dritt meist
genannteste Grund. Bei Umfragen von Schulleitern wurden Ursachen gesucht, welche das
Klima beeinflussen. Dabei kam heraus, dass die häufige Abwesenheit von Schülern und
Schülerinnen, Störungen des Unterrichts durch Schüler und Schülerinnen, Schwänzen des
Unterrichts, fehlender Respekt der Schüler und Schülerinnen vor den Lehrkräften, Konsum
von Alkohol oder illegalen Drogen, Einschüchtern oder Schikanieren von Schülern und
Schülerinnen durch Mitschüler Auslöser für ein schlechtes Klassenklima und somit den
Mißerfolg.
Lehrkräftebezogene Faktoren für das Schulklima wurden nur mit 1,2 Prozent und die
Schuldisziplin nur mit 1,1 Prozent in Deutschland genannt. Bei der PISA Studie kommt
somit der Eindruck herüber, dass vorwiegend das Verhalten der Schüler und Schülerinnen
für den Erfolg ausschlaggebend ist und nicht die der Lehrkräfte oder der Schule. (vgl.
http://www.trainingsraum.de/Pisa_und_Disziplinprobleme/PISA_erkl_rte_Varianz_der_Sc
h_lerleistung.pdf)
19

2.2 Formen von Unterrichtsstörungenen
2.2.1 Durch Schüler verursachte Arten
2.2.1.1. Aktive Unterrichtsstörungen
Bei aktiven Unterrichtsstörungen besteht ein Übermaß an unerwünschten Tätigkeiten,
welche auffällig und störend sind. Oftmals entsteht dadurch ein Gefühl von Unruhe und
Unaufmerksamkeit der Klasse. Die Schüler und Schülerinnen führen beispielsweise
Privatgespräche, reden ohne sich zu melden, laufen unaufgefordert durch das
Klassenzimmer und lachen über Beiträge von Mitschülern.(vgl. Nolting 2007, S.12) Sie
sehen keine Verpflichtung zur Ordnung und Sauberkeit des Schulhofes, Schulgebäudes
und des Klassenzimmers, sie sind der Meinung, dass der Hausmeister oder die Putzfrau
dafür zuständig ist. Mit Büchern brauchen sie nicht sorgsam umzugehen, da sie nicht dafür
aufkommen müssen. Über schwache, ausgeschlossene Mitschüler lachen sie, sie sind ja
nicht für ihre Dummheit verantwortlich. (vgl. Kreter 2002, S.10)
Bei einer Untersuchung von 1984, in Rheinland-Pfalz, wurden Lehrkräfte aller Schularten
über Verhaltensauffälligkeiten befragt. In der Untersuchung wird unter anderem auf die
Art und die Häufigkeit von Störungen eingegangen. Auffällig ist, dass die am meist
genannten Arten häufig passiv ablaufen und die aktiven Typen zwar auch häufig
vorkommen, aber auch das Schlusslicht der meist aufgezählten Arten bilden. Allerdings
sind diese Typen von Unterrichtsstörungen auch die schwerwiegendsten, wie
beispielsweise der Selbstmordversuch, dieser kommt nur bei 0,0002 Prozent der Schüler
und Schülerinnen vor. Drohungen mit Selbstmord und Drogenmissbrauch werden mit
0,001 Prozent angegeben und sexuelle Auffälligkeiten mit 0,003 Prozent.
Alkoholmissbrauch wird bei 0,2 Prozent, Stehlen bei 0,5 Prozent und Provokation des
Lehrers oder der Lehrerin bei 0,6 Prozent der Schüler und Schülerinnen sichtbar. Gewalt
gegen Schuleigentum, Druck auf Mitschüler und Mitschülerinnen, Beschädigung von
20

Mitschülereigentum, Wutanfälle, Clownerie und unterrichtsfremde Tätigkeiten werden bei
1 bis 5 Prozent der Schüler und Schülerinnen genannt und sind nicht mehr so gravierend
wie die vorangegangenen Verhaltensauffälligkeiten, sie sind jedoch auch keine Lapalien.
Mit 5,6 Prozent wurden physische und mit 9,1 Prozent verbale Aggressionen aufgezählt,
beide kommen ziemlich häufig vor und können negative Gefühle bei den Opfern
hervorrufen. Bei den aktiven Unterrichtsstörungen wurden am häufigsten die motorischen
Unruhen genannt, diese tauchen jedoch nicht absichtlich ,gegen den Willen der Lehrkraft,
auf. (vgl. Bach 1987, S.56 f.)
2.2.1.2 Passive Unterrichtsstörungen
Beim zweiten Typ, den passiven Unterrichtsstörungen, besteht hingegen ein Mangel an
erwünschten Handlungen. Die Schüler und Schülerinnen vergessen häufig ihre
Hausaufgaben, arbeiten nicht am Unterrichtsgeschehen mit, beteiligen sich nicht an
Unterrichtsgesprächen. Man spricht hier seltener von Unterrichtsstörungen, dennoch ist das
Lehren und Lernen offensichtlich gestört. (vgl. Nolting 2007, S.12)
Bei der Untersuchung in Rheinland-Pfalz wurden auch passive Unterrichtsstörungen
genannt, die drei häufigsten Angaben fallen unter diese Typen. Den Lehrkräften fiel bei
den Schülern auf, dass 22,4 Prozent unter Unkonzentriertheit, 21,8 Prozent unter
Ungenauigkeit und 16,3 Prozent an Faulheit leiden. Alle drei Arten wirken sich schädigend
auf den Unterricht und den Lernerfolg aus, sie sind jedoch keine Angriffe gegenüber
anderen Personen oder Gegenständen, sie haben einen größeren Schaden für den Schüler
bzw. die Schülerin selbst. Mit 14,7 Prozent wird das mangelnde Interesse und mit 8,6
Prozent das mangelnde Selbstvertrauen aufgezählt. Diese Unterrichtsstörungen haben wie
die zuvor erwähnten Auffälligkeiten negative Auswirkungen auf den Schüler bzw. die
Schülerin selbst, wie aber auch auf den Unterricht. Ungehorsamkeit wurde bei 5,5 Prozent
der Schüler und Schülerinnen angegeben, diese Störung kann den Unterricht beeinflussen
und somit auch die Mitschüler und Mitschülerinnen schädigen. Zwischen 1 und 5 Prozent
der Schüler und Schülerinnen sollen unter Kontaktproblemen, Überempfindlichkeit,
Pedanterie, Schulangst etc. leiden und unregelmäßig die Schule besuchen. Die passiven
Unterrichtsstörungen werden nicht weniger als bei 1,4 von 100 Schülern und Schülerinnen
21

beklagt, die selten genanntesten und die gravierendsten Störungen sind, wie bereits im
letzten Abschnitt erwähnt, nur durch aktive Typen gekennzeichnet. (vgl. Bach 1987, S.56
f.)
2.2.1.3 Interaktionen zwischen Schülern
Bei Interaktionen zwischen Schülern und Schülerinnen können feindselige Geschehnisse
auftreten. Häufig sind dies Antipathien zwischen Gruppen einer Klasse, wie beispielsweise
zwischen Jungen und Mädchen, es können jedoch auch Angriffe gegen einzelne Schüler
bzw. Schülerinnen sein.
Eine ausgeprägte Form von Verhaltensstörungen sind Aggressionen, welche sich stark von
den üblichen Unterrichtsstörungen, wie Unaufmerksamkeiten, Unpünktlichkeit und
fehlende Hausaufgaben, unterscheiden. Die Schüler und Schülerinnen beabsichtigen
jemandem absichtlich wehzutun und richten somit ihr aggressives Verhalten gegen
Mitschüler und Mitschülerinnen, Schüler und Schülerinnen aus anderen Klassen und
Lehrkräfte. Eine weitere Diskrepanz zu üblichen Unterrichtsstörungen ist, dass aggressive
Handlungen meist außerhalb des Klassenzimmers ausgetragen werden. Typische
Situationen sind Orte ohne Beaufsichtigung, wie Pausen auf dem Schulhof, Wartezeiten
vor und im Klassenzimmer und Heimwege. Diese Handlungen haben vorwiegend negative
Auswirkungen auf die Klasse und die Schule, es ist jedoch nicht außer Acht zu lassen, dass
diese Umstände auch Einfluss auf den Unterrichtserfolg des aggressiven Schülers oder der
aggressiven Schülerin haben. (vgl. Nolting 2007, S.13 f., S.144 ff.)
Aggressives Verhalten tritt in verschiedenen Ausprägungen auf, Ortner & Ortner
unterscheiden zwischen körperlichen, verbalen, expressiven, verdeckten Aggressionen,
Aggressionen gegen Objekte, Aggressionen gegen die eigene Person und
Gruppenaggressionen. Körperliche Aggressionen richten sich gegen Personen und können
durch verschiedene Formen, wie Schlagen, Beißen, Stoßen, Treten, Spucken auftreten. Die
Erscheinungsformen von verbalen Aggressionen sind beispielsweise Ironie,
Beschuldigungen, Beschimpfungen, Widerworte. Des weiteren gibt es noch expressive
Aggressionen, welche meist durch verbale Aggressionen begleitet werden. Hierzu zählen
22

Gestik, Gebärde, Mimik und Sprechstimme, Erscheinungsformen sind zum Beispiel
Spucken, Fäusteballen, Vogelzeigen, Zunge herausstrecken und Drohgebärden. Alle drei
genannten Typen sind offene Handlungsweisen. Es gibt auch Arten von Aggressionen, die
sich verdeckt abspielen. Hierbei werden aggressive Gedanken nicht offenbart, die Kinder
verhalten sich liebevoll und freundlich vorne herum, lästern jedoch hinter dem Rücken.
Häufig leben sie ihre Aggressionen in einer Phantasiewelt, zum Beispiel bei PC-Spielen,
aus, es ist jedoch umstritten ob diese Form zu echten Aggressionen zählt. Die bereits
erwähnten Aggressionsformen richten sich gegen andere Personen, es gibt jedoch auch
aggressive Handlungen, die sich gegen Objekte richten. Hierbei gehen die Täter gegen
wehrlose Objekte, wobei ein Erfolg gesichert ist und der innere Druck entlastet wird.
Wenn die Aggressionen aufgrund von Widerständen, gesellschaftlichen Forderungen und
zwecks sozialer Anpassungen nicht ausgelebt werden können, können sie sich gegen die
eigene Person richten. Dies wird dadurch sichtbar, dass die betroffenen Personen an ihren
Nägeln beißen, Haare ausreißen, Wunden aufkratzen und sogar schlimmstenfalls sich
selbst umbringen. Bei Gruppenaggressionen lernt ein Individuum Handlungsweisen und
Aggressionsformen, welche von den Normen der jeweiligen Gruppe abhängig sind. Diese
Form von Aggression wird für Kriege verantwortlich gemacht. (vgl. Ortner & Ortner 2000,
S.168 f.)
Eine große Mehrheit der Schüler und Schülerinnen weisen dieses aggressive Verhalten
jedoch nicht auf, sie sind in der Regel sozial und gewaltlos. Somit zählen aggressive
Störungen zu Minderheitsproblemen. Jedoch haben einige besonders angriffslustige,
offensive Schüler und Schülerinnen den Drang, wiederholt andere Leute anzugreifen.
Diese Art von Angriffen wird Mobbing oder Bullying genannt. Diese notorischen
Angreifer werden meist von Mitschülern unterstützt und von Zuschauern animiert, womit
nicht allein der einzelne Schüler oder die Schülerin Grund für die Handlungen ist.
Von Gewalt wird gesprochen wenn die Vorkommnisse stark ausgeprägt auftreten und
eigennützig sind. In der Schule wird öfters von Gewalt, als von Aggressionen gesprochen,
vermutlich weil die Lehrkräfte diese Vorkommnisse gravierender bemerken und sie dieses
Problem intensiver beschäftigt. (vgl. Nolting 2007, S.13 f., S.144 ff.)
23

Die typischen Opfer sind meistens ängstlich, unsicher, mutlos und körperlich schwach. Sie
sind erfahrungsgemäß Außenseiter und verhalten sich passiv, sie geben somit keinen
Grund für die Attacken. Neben den ruhigen Opfern, gibt es auch Opfer, welche die
Angriffe provozieren. Oftmals sind diese gleichzeitig Opfer und Täter. Zumeist besteht das
Hauptproblem darin, dass die Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlich starken
Schülern und Schülerinnen statt finden. (Olweus 1995, S.22 f., 42ff., 60ff)
2.2.2 Durch Lehrer verursachte Arten
Nicht nur die Schüler und Schülerinnen zeigen Formen von Unterrichtsstörungen,
Lehrkräfte beeinträchtigen ebenso den Unterricht. Das Verhalten des Lehrers bzw. der
Lehrerin kann der Grund dafür sein, dass die Schüler und Schülerinnen anders reagieren
wie gewollt und den Unterricht unterbrechen. Leider schieben die Lehrkräfte jedoch all zu
oft die Schuld auf die Klasse und sehen keine eigenen Fehler ein. Um die Störungen im
Unterricht bekämpfen zu können, müssen sie jedoch erkennen, dass sie auch Einfluss
darauf haben und ihr Verhalten ändern müssen, um einen optimalen Unterricht anbieten zu
können. Sie müssen die Chance erkennen, dass es leichter ist eigene Verhaltensweisen zu
ändern, als die der Schüler und Schülerinnen. (vgl. Eikenbusch 2009, S.6 ff.)
2.2.2.1 Persönlichkeit
Formen von Beeinträchtigungen des Unterrichts sind beispielsweise ungerechtes und
differenziertes Verhalten gegenüber den Schüler und Schülerinnen. Unfaire, ironische,
unangebrachte und sarkastische Kommentare greifen den Schüler oder die Schülerin als
Person an und nicht die Handlungen.
Viele Lehrkräfte haben Vorurteile gegenüber den Schülern und Schülerinnen. (vgl.
http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html) Sie haben keine gewünschte
neutrale Haltung, dies kann sich negativ auf die Beziehung zur Klasse auswirken. Die
24

Lehrer und Lehrerinnen suchen die Gründe der Störungen nicht im Zusammenhang,
sondern in individuellen Eigenschaften.
Das Schüler-Lehrer-Verhältnis kann dadurch Schaden nehmen, dass die Lehrkräfte
Handlungen der Klasse persönlich aufnehmen und sich angegriffen fühlen. In den
meisten Fällen sind die Unterrichtsstörungen nicht bewusst oder gar nicht gegen den
Lehrer oder die Lehrerin gerichtet.
Bei Regelverstößen verhalten sich leider manche Lehrpersonen inkonsequent, an einem
Tag bewerten sie Handlungen anders als an einem anderen Tag und ergreifen keine
einheitlichen und stabilen Maßnahmen. Die Schüler und Schülerinnen bemerken sofort,
wenn der Lehrer bzw. die Lehrerin zuviel durchgehen lässt und nutzen dies aus.
Kleine Unterrichtsstörungen werden dramatisiert und langwierig diskutiert. Dadurch geht
zum einen Unterrichtszeit verloren und zum anderen können die Schüler und Schülerinnen
meistens nicht mehr unterscheiden, wann ihr Benehmen angemessen, beeinträchtigend
oder als unentschuldbar zu bewerten ist. Wenn die Lehrpersonen zu häufig ermahnen,
nimmt die Klasse die Vorwürfe und den Lehrer bzw. die Lehrerin nicht mehr ernst.
(http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)
Häufig sind die Arbeitsanweisungen unklar, wodurch Unruhe im Klassenzimmer
entsteht, die Schüler und Schülerinnen fragen die Nachbarn wie die Aufgabenstellung zu
verstehen ist oder schalten gleich ganz ab und unterhalten sich mit Klassenkameraden.
Häufig ist einfach auch nur die Aussprache unverständlich, wie durch leises Sprechen,
Nuscheln oder Dialekt.
Einige Lehrpersonen haben eine unruhige Art und stecken die Klasse damit an. Sie
können den Unterrichtsstoff nicht klar und nachvollziehbar lehren. (vgl.
http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html) Häufig verhalten sie sich
ungeduldig und uninteressiert. Wenn dies für die Klasse spürbar wird, braucht der
Lehrer bzw. die Lehrerin sich nicht zu wundern, dass die Klasse ähnliche Züge annimmt.
(vgl. http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)
Oft fühlt sich die Lehrkraft vor der Klasse unsicher und hat Angst etwas falsches zu
25

machen und die Klasse nicht unter Kontrolle zu haben. Diese Befürchtungen tauchen vor
allem in der Referendariatzeit und in den ersten Jahren des Lehrerberufs auf.
Nicht selten ist bereits die Kleidung des Lehrers bzw. der Lehrerin unpassend und sorgt
für Gesprächsstoff. Kindern fällt es bereits auf wenn die Lehrkraft zwei Tage die selben
Klamotten
trägt
oder
der
Stil
altmodisch
ist.
(vgl.
http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html)
2.2.2.2 Unterrichtsgestaltung
Zum anderen können die Lehrpersonen den Unterricht unvorteilhaft gestalten und dadurch
Unterrichtsstörungen verursachen. Ein Beispiel hierfür ist ein uninteressanter und
monotoner Unterricht, bei welchem die Schüler und Schülerinnen nicht motiviert werden
mitzuarbeiten. Einige Lehrkräfte haben falsche Vorstellungen, was einen erfolgreichen
Unterricht charakterisiert.
Viele Lehrkräfte bereiten sich ungenügend oder gar nicht auf den Unterricht vor,
wodurch keine klare Struktur erkennbar ist. Häufig erklären sie auch einfach schlecht.
In beiden Fällen kann passieren, dass die Schüler und Schülerinnen den Unterrichtsstoff
nicht verstehen, dem Unterrichtsgeschehen nicht mehr folgen und den Unterricht
beeinträchtigen.( http://nibis.ni.schule.de/~sts-ler/pdf/umgang-mit-schuelern.pdf)
Es ist zwar in vielen Situationen ratsam aus dem eigenen Leben zu erzählen um die
Themen interessanter und nachvollziehbarer zu machen, es sollten jedoch keine
persönliche Gespräche statt finden. Diese wirken sich störend auf den Unterricht aus, da
der Rest der Klasse nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen teil haben kann, und abschaltet.
Häufig haben Lehrkräfte Verspätungen, wodurch sie Unruhe in der Klasse verursachen.
Sie stellen die Regeln als nicht allgemein gültig hin, da sie sich selbst nicht daran halten.
(vgl. http://www.unterrichtsstoerungen.de/html/formen.html)
26

2.2.3 Durch Umfeld verursachte Arten
2.2.3.1 Schulart
Bei den verschiedenen Schularten sind einige ausgeprägte Unterschiede erkennbar. Bei den
Schülern und Schülerinnen der Sonderschule treten die Verhaltensauffälligkeiten am
häufigsten auf. Aggressionssymptome, wie verbale und physische Aggressionen,
Wutausbrüche und Ungehorsamkeit gegen die Lehrkräfte sind hier überproportional
vertreten. Mangelndes Selbstvertrauen, Kontaktprobleme und Überempfindlichkeit werden
ebenso viel häufiger in der Sonderschule bemerkt als in den anderen Schularten.
In der Grundschule gibt es zum Vergleich mit den anderen Schularten keine
Unterrichtsstörungen, die häufiger vorkommen und besonders ausgeprägt sind. Dies ist
leicht nachvollziehbar, da in der Grundschule noch keine Aufteilung der Klassen nach dem
Leistungsniveau statt findet und alle Kinder zusammen in eine Klasse gehen. Trotzdem
kommen auch in dieser Schulart Unterrichtsstörungen vor, häufig vertreten sind
Ungenauigkeit, Faulheit, unterrichtsfremde Aktivitäten und Gewalt am Schuleigentum.
Die Nennung von Faulheit taucht in der Hauptschule am meisten auf, Ungenauigkeit,
Interessenmangel, Unkonzentriertheit, verbale Aggressionen und Ungehorsamkeit gegen
den Lehrer bzw. die Lehrerin fallen bei den anderen Schularten, außer der Sonderschule,
auf und stören den Unterricht.
Für das Gymnasium werden am wenigsten Beeinträchtigungen des Unterrichts festgestellt,
vor allem Aggressionssymptome sind eher selten. Die am häufigsten genannten
Auffälligkeiten bei allen Schularten sind auch im Gymnasium am meisten vertreten.
Hierzu zählen Ungenauigkeit, motorische Unruhe, Interessenmangel, Unkonzentriertheit
und Faulheit, die Verbreitung ist jedoch merklich geringer. Die größten Verbreitungen sind
im Gymnasium Ehrgeiz, Schulangst, übertriebende Anpassung und Kontaktprobleme.
(Bach 1987, S.58 f.)
27

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836640725
DOI
10.3239/9783836640725
Dateigröße
9.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – Schulpädagogik, Lehramt Hauptschule
Erscheinungsdatum
2010 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
trainingsraum prävention intervention unterrichtsgestaltung schüler
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Titel: Unterrichtsstörungen - Formen, Ursachen und Handlungsperspektiven
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