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Die Europäische Aktiengesellschaft

Gesellschafts- und steuerrechtliche Rahmenbedingungen der SE

©2009 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Wahl der Rechtsform ist eine Entscheidung, die langfristige Auswirkungen hat und sich nicht nur auf die Gründung einer Unternehmung beschränkt, sondern bei geänderten Rahmenbedingungen neu diskutiert werden muss. Die Entscheidung für eine Rechtsform wird von vielfältigen Kriterien beeinflusst: Haftung, Leitungsbefugnisse, Erfolgsbeteiligung, Finanzierungsmöglichkeiten, Steuerbelastung und die Aufwendungen für eine Rechtsform sind nur die Wichtigsten von ihnen.
Mit der europäischen Aktiengesellschaft steht den Unternehmen seit einigen Jahren eine neue Rechtsform zur Verfügung, welche in die Rechtsformentscheidung mit einzubeziehen ist.
Problemstellung Allgemein:
Die am 8. Oktober 2004 in Kraft getretene ‘Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)’ (nachfolgend ‘SE-VO’ genannt) erlaubt es auf dem Gebiet der Gemeinschaft eine europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea = SE) zu gründen. Damit haben Handelsgesellschaften auf dem Gebiet der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) seit nunmehr fünf Jahren die Möglichkeit eine ‘supranational-europäische Rechtsform’ für ihre grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit zu wählen.
Die SE-VO fußt auf Art. 308 des Vertrags über die Europäische Union. Dieser besagt, dass Ziele, die im Rahmen des Gemeinsamen Marktes verwirklicht werden sollen, es dem Rat erlauben, geeignete Vorschriften zu erlassen.
Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer wird in der ‘Richtline 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer’ (nachfolgend ‘SE-ErgRiL’ genannt) geregelt.
Die SE-VO nennt einige Gründe für die Schaffung der Rechtsform. Die ‘Beseitigung der Handelshemmnisse’ und eine ‘gemeinschaftsweite Reorganisation der Produktionsfaktoren’ werden unter anderem angeführt. Die Unternehmen sollen ihre Tätigkeit auf ‘Gemeinschaftsebene’ ausüben. Die Feststellung, dass der wirtschaftliche Handlungsrahmen, in dem sich Unternehmen heute bewegen, nicht dem rechtlichen entspricht, war ebenso ein Beweggrund für die SE. Denn obwohl Unternehmen länderübergreifend tätig sind und es ihnen durch die EU erleichtert werden soll, sich international zu entfalten, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen immer noch sehr stark an den jeweiligen Einzelstaat geknüpft.
Durch die SE sollen Effizienzsteigerungen durch das Senken von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Daniel Tax
Die Europäische Aktiengesellschaft
Gesellschafts- und steuerrechtliche Rahmenbedingungen der SE
ISBN: 978-3-8366-4052-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule Ansbach, Ansbach, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I. Inhalt
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1
Problemstellung
Allgemein
1
1.2
Gang
der
Untersuchung
3
1.3
Einführung
in
die
Fallstudie
4
2. Gesellschaftsrechtliche Aspekte der SE
6
2.1
Rechtsgrundlagen
und
Wesen
6
2.2
Gründung
8
2.2.1
Verschmelzung 12
2.2.2
Holding-SE
17
2.2.3
Tochter-SE
19
2.2.4
Umwandlung
19
2.3
Innere
Organisation
21
2.3.1
Dualistisches
System 22
2.3.2
Monistisches
System
25
2.3.3
Satzung 28
2.3.4
Hauptversammlung
31
2.4
Rechnungslegung
34
2.5
Jahresabschluss
36
2.6
Prüfung
und
Offenlegung
37
2.7
Arbeitnehmerbeteiligung
38
2.8
Auflösung
47

3. Steuerrechtliche Aspekte der SE
49
3.1
Besteuerung
der
Gründung 50
3.2
Laufende
Besteuerung
52
3.2.1
Körperschaftsteuer
53
3.2.2
Gewerbesteuer 57
3.2.3 Steuerliche Behandlung der ausländischen
Betriebsstätte
einer
SE
62
3.2.4 Fallstudie zur laufenden Besteuerung einer SE
70
3.2.4.1 Angaben zur Besteuerung der Wind Power SE
70
3.2.4.2 Berechnung der Steuerlast der Wind Power SE
72
4. Kritische Würdigung der SE
78
IV. Literaturverzeichnis
V. Verzeichnis von Rechtsmaterialien
VI. Verzeichnis von Internet-Quellen

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Abkürzungsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
ABl. der EG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft
ABl. der EU
Amtsblatt der Europäischen Union
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
AO
Abgabenordnung
AR-Mitglieder Aufsichtsratsmitglieder
Art.
Artikel
AStG
Außensteuergesetz
BASF
Badische Anilin- & Soda-Fabrik
BB
Betriebs
Berater (Zeitschrift)
BGBI.
Bundesgesetzblatt
BilReG Bilanzrechtsreformgesetz
BMF
Bundesministerium
der
Finanzen
BVG
besonderes
Verhandlungsgremium
d.
h.
das
heißt
DAX
Deutscher
Aktienindex
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz
DStR
Deutsches
Steuerrecht
(Zeitschrift)
EG
Europäische
Gemeinschaft

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Abkürzungsverzeichnis
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische
Union
EWR
Europäischer
Wirtschaftsraum
f. folgende
Seite
ff.
folgende
Seiten
FGG
Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit
FusR
Fusionsrichtline
GewStG Gewerbesteuergesetz
GewStR Gewerbesteuer-Richtline
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft
mit
beschränkter
Haftung
HGB
Handelsgesetzbuch
i. d. R.
in der Regel
i. H. v.
in Höhe von
i. S. d.
im Sinne des
i. V. m.
in Verbindung mit
IAS
International
Accounting
Standards
IAS-VO IAS-Verordnung
IASB
International
Accounting Standards Board
IFRS
International Financial Reporting Standards
InvZulG Investitionszulagengesetz
Jg.
Jahrgang

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Abkürzungsverzeichnis
Kap.
Kapitel
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KStG
Körperschaftsteuergesetz
KStR
Körperschaftsteuer-Richtline
lit.
litera
lt.
laut
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
MA
Musterabkommen
MitbestG Mitbestimmungsgesetz
Montan-MitbestG Montanmitbestimmungsgesetz
Nr.
Nummer
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
OHG
offene
Handelsgesellschaft
R
Richtline
Rn.
Randnummer
S.
Seite
SE
Societas
Europaea
SEAG
SE-Ausführungsgesetz
SEBG
SE-Beteiligungsgesetz
SEEG
Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft
SE-ErgRiL Ergänzung
des
Statuts
der Europäischen Gesellschaft
hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer

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Abkürzungsverzeichnis
SEStEG
Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung
der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer
steuerlicher Vorschriften
SE-VO
Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft
SolZG
Solidaritätszuschlaggesetz
u.
a.
und
andere
UmwG Umwandlungsgesetz
UmwStG Umwandlungssteuergesetz
UK
United
Kingdom
USA
United States of America
vgl.
vergleiche
VZ
Veranlagungszeitraum
z.
B.
zum
Beispiel
z. v. E.
zu versteuernde Einkommen

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Abbildungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
Abb.
1:
Gründungsformen
der
SE
10
Abb. 2:
Mitbestimmungsrecht in Deutschland
39
Abb. 3:
Zusammensetzung des BVG am Beispiel der Wind Power SE 41
Abb. 4:
Verhandlungsverfahren der Arbeitnehmermitbestimmung
46
Abb. 5:
Gewinnausschüttung der SE an die Anteilseigner
56
Abb. 6:
Hinzurechnungen bei der
Gewerbesteuer
58
Abb. 7:
Kürzungen bei der Gewerbesteuer
59

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1. Einleitung
Die Wahl der Rechtsform ist eine Entscheidung, die langfristige Auswirkungen hat
und sich nicht nur auf die Gründung einer Unternehmung beschränkt, sondern bei
geänderten Rahmenbedingungen neu diskutiert werden muss. Die Entscheidung
für eine Rechtsform wird von vielfältigen Kriterien beeinflusst: Haftung,
Leitungsbefugnisse, Erfolgsbeteiligung, Finanzierungsmöglichkeiten,
Steuerbelastung und die Aufwendungen für eine Rechtsform sind nur die
Wichtigsten von ihnen.
1
Mit der europäischen Aktiengesellschaft steht den Unternehmen seit einigen
Jahren eine neue Rechtsform zur Verfügung, welche in die
Rechtsformentscheidung mit einzubeziehen ist.
1.1 Problemstellung Allgemein
Die am 8. Oktober 2004 in Kraft getretene
2
,,Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des
Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)"
(nachfolgend ,,SE-VO" genannt) erlaubt es auf dem Gebiet der Gemeinschaft eine
europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea = SE) zu gründen.
3
Damit
haben Handelsgesellschaften auf dem Gebiet der Europäischen Union (EU) und
des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) seit nunmehr fünf Jahren die
Möglichkeit eine ,,supranational-europäische Rechtsform"
4
für
ihre
grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit zu wählen.
Die SE-VO fußt auf Art. 308 des Vertrags über die Europäische Union.
5
Dieser
besagt, dass Ziele, die im Rahmen des Gemeinsamen Marktes verwirklicht
werden sollen, es dem Rat erlauben, geeignete Vorschriften zu erlassen.
Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer wird in der ,,Richtline 2001/86/EG des Rates
vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft
1
Vgl. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2002, S. 267 f.
2
Vgl. Art. 70 SEVO.
3
Vgl. Art. 1 SEVO.
4
Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 13.
5
Vgl. Europäische Union, Vertrag über die Europäische Union, Art. 308, S. 179.

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hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer" (nachfolgend ,,SE-ErgRiL" genannt)
geregelt.
Die SE-VO nennt einige Gründe für die Schaffung der Rechtsform. Die
,,Beseitigung der Handelshemmnisse" und eine ,,gemeinschaftsweite
Reorganisation der Produktionsfaktoren" werden unter anderem angeführt. Die
Unternehmen sollen ihre Tätigkeit auf ,,Gemeinschaftsebene" ausüben.
6
Die
Feststellung, dass der wirtschaftliche Handlungsrahmen, in dem sich
Unternehmen heute bewegen, nicht dem rechtlichen entspricht, war ebenso ein
Beweggrund für die SE.
7
Denn obwohl Unternehmen länderübergreifend tätig sind
und es ihnen durch die EU erleichtert werden soll, sich international zu entfalten,
sind die rechtlichen Rahmenbedingungen immer noch sehr stark an den jeweiligen
Einzelstaat geknüpft.
Durch die SE sollen Effizienzsteigerungen durch das Senken von Transaktions-
und Organisationskosten erreicht werden.
8
Als erforderliche Voraussetzung für die Erreichung der Ziele ist in den
Erwägungsgründen zur SE-VO die Möglichkeit der SE genannt, mit
Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten ,,zu fusionieren oder eine
Holdinggesellschaft zu errichten" und gemeinsame Tochtergesellschaften zu
gründen.
9
Mit der Allianz, BASF, Fresenius und MAN firmieren bereits vier namhafte
Unternehmen der 30 im DAX gelisteten Aktiengesellschaften als SE.
10
Damit ist
die SE in der deutschen Unternehmenslandschaft Wirklichkeit geworden.
Die neue Rechtsform wirft für Unternehmer viele Fragen auf, die für die
Rechtsformentscheidung geklärt werden müssen. Was unterscheidet die SE von
den herkömmlichen Rechtsformen? Welche Besonderheiten zeichnen sie aus?
Welche Rechtsvorschriften sind für die SE von Bedeutung? Wie kann eine SE
gegründet werden? Wie gestaltet sich die Arbeitnehmermitbestimmung innerhalb
der SE? Diese Fragen sind nur einige der Wichtigsten, die sich für die SE stellen.
6
Vgl. Erwägungsgründe Abs. 1 SEVO.
7
Vgl. Erwägungsgründe Abs. 3 und 4 SEVO.
8
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 39.
9
Vgl. Erwägungsgründe Abs. 10 SEVO.
10
Vgl. Deutsche Börse, DAX Gewichtung und Kennzahlen am 21.08.2009,
http://deutscheboerse.com, [24.08.2009].

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Wichtig bei der Rechtsformwahl ist aber auch die Besteuerung der zukünftigen
Gesellschaft. Hier ist zu klären, ob es Besonderheiten bei der SE gibt und wie sich
die Besteuerung im Allgemeinen darstellt.
Nach der Klärung dieser Fragen sollte der Entscheider die Frage beantworten
können, ob es für sein Unternehmen sinnvoll ist, die neue Rechtsform zu nutzen.
Sicherlich sind dabei nicht nur rein monetäre Gesichtspunkte ausschlaggebend.
Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaftssubjekte wird
auch der globale Charakter der SE für sie sprechen. Der Name ,,SE" könnte eine
prestigeträchtige Außenwirkung für ein Unternehmen haben.
1.2 Gang der Untersuchung
Die Untersuchung soll vor allem die wichtigsten grundlegenden gesellschafts- und
steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die SE aufzeigen. Um die Darstellung
einzugrenzen und anschaulich zu gestalten, wird ein Fallbeispiel eingeführt, an
dem die theoretischen Grundlagen teilweise verdeutlicht werden können.
Die SE bezieht sich in weiten Teilen auch auf das Recht des jeweiligen
Sitzstaates. Um die Betrachtungen zu vereinfachen, wird davon ausgegangen,
dass die SE ihren Sitz in Deutschland hat. Damit kommt zum großen Teil auch
das deutsche Aktien-, Umwandlungs- und Steuerrecht zum Tragen.
Zuerst werden die rechtlichen Grundlagen der SE ermittelt und dargestellt, dann
soll auf den Gründungsprozess eingegangen werden. Die innere Organisation
einer SE soll untersucht werden. Hierbei ist vor allem der Unterschied vom
dualistischen zum monistischen System abzugrenzen. Auch auf Satzung und
Hauptversammlung der SE soll eingegangen werden. Anschließend werden
Aspekte der Rechnungslegung, Jahresabschluss, Prüfung und Offenlegung, sowie
die Auflösung der SE erläutert. Ein wichtiger Aspekt im Bereich Gesellschaftsrecht
ist die Frage nach der Arbeitnehmerbeteiligung in einer SE. Auch hier gibt es in
den Rechtsvorschriften einige Regelungen, die von der deutschen AG abweichen.
Im zweiten Teil soll die steuerliche Behandlung einer SE geklärt werden. Zunächst
wird die Besteuerung des Gründungsvorgangs kurz dargestellt. Eingehender soll
die laufende Besteuerung, die eine SE betrifft, verdeutlicht werden. Da es hier auf

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europäischer Ebene keine einheitlichen Regelungen gibt und bei den
Ertragssteuern i. d. R. das nationale Recht gilt, werden sich die Betrachtungen
hauptsächlich darauf beschränken.
Da sich die Untersuchung auf eine SE mit Sitz in Deutschland bezieht, wird das
deutsche Steuerrecht betrachtet. Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer bilden
dabei die Schwerpunkte, der für die SE relevanten Steuern. Grenzüberschreitende
Sachverhalte, die sich schon aus der Natur der SE ergeben, sollen ebenso in die
Betrachtungen mit einfließen.
Der unter Kapitel 2. behandelte gesellschaftsrechtliche Teil der Arbeit, folgt dem
aktuellen Rechtsstand. Der steuerrechtliche Teil, der in Kapitel 3. erörtert wird und
insbesondere die Fallstudie zur laufenden Besteuerung einer SE (vgl. Kapitel
3.2.4), beziehen sich auf die Regelungen des Veranlagungszeitraums 2008.
1.3 Einführung in die Fallstudie
Um die theoretische Untersuchung der SE anhand praktischer Fragesellungen zu
verdeutlichen, wird ein Fallbeispiel eingeführt. Das Fallbeispiel soll sich auf die
grundlegenden Fragestellungen konzentrieren und punktuell Beispiele geben. Zu
spezifische Probleme würden den Umfang der Arbeit übersteigen. Vor allem die
laufende Besteuerung der SE, soll ausführlich am Fallbeispiel verdeutlicht werden.
Das Fallbeispiel betrifft ein fiktives Unternehmen.
Wird im Text darauf Bezug genommen, sind diese Abschnitte durch kursive Schrift
hervorgehoben. (Ausnahme: Kapitel 3.2.4 bezieht sich vollständig auf die
Fallstudie)
Der Fallstudie liegen folgende Informationen zu Grunde, die im Text noch ergänzt
werden:
Die Windmühlen AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Ansbach. Das
Technologieunternehmen hat sich auf die Produktion von Windrädern zur
Stromerzeugung spezialisiert.
Die Windmühlen AG betreibt eine enge Geschäftsbeziehung mit der
Maschinenwerk AG, die ihren Sitz in Wien (Österreich) hat. Die Maschinenwerk

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AG ist der wichtigste Zulieferer der Windmühlen AG. Neben den Rotoren werden
noch verschiedene andere Bauteile an das Ansbacher Unternehmen geliefert.
Die Windmühlen AG ist in den letzten Jahren sehr stark expandiert und gehört in
Deutschland zu den Marktführern bei Windkraftanlagen. Ziel der
Unternehmensführung ist ein stärkeres Engagement im europäischen Ausland.
Außerdem will sich das Unternehmen unabhängiger von Zulieferern machen und
mehr Produktionsstufen im eigenen Unternehmen fertigen.
Da die österreichische Maschinenwerk AG fast ausschließlich für die Windmühlen
AG produziert, wird eine Verschmelzung der beiden Unternehmen in eine
gemeinsame SE von den Aktionären der Unternehmen diskutiert.
Die Anteilseigner beider Unternehmen sind dabei besonders an dem
Gründungsprozess, der inneren Struktur und der laufenden Besteuerung des
neuen Unternehmens interessiert.

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2. Gesellschaftsrechtliche Aspekte der SE
Im Folgenden sollen die gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen, die SE
betreffend, geklärt werden. Dabei werden vor allem die Besonderheiten der SE
gegenüber der Aktiengesellschaft herausgestellt. Der Schwerpunkt der
Betrachtungen liegt dabei auf dem Gründungsvorgang, der inneren Organisation,
mit der Unterscheidung der beiden Leitungssysteme, die für die SE in Frage
kommen und der Arbeitnehmerbeteiligung.
Auf die grenzüberschreitende Sitzverlegung der SE wird in den nachstehenden
Ausführungen nicht näher eingegangen. Die neue Rechtsform ermöglicht erstmals
die identitätswahrende Verlegung des Satzungssitzes. Die SE kann ihren Sitz
innerhalb der EU bzw. EWR-Staaten verlegen, ohne das sie aufgelöst und neu
gegründet werden muss. Die grenzüberschreitende Sitzverlegung ist im § 8 SE-
VO geregelt.
11
Auch in der Fallstudie ist eine Sitzverlegung nicht thematisiert.
2.1 Rechtsgrundlagen und Wesen
Am 08. Oktober 2004 ist die SE-VO in Kraft getreten.
12
Mit der Verordnung können
in den Mitgliedsstaaten der EU und des EWR europäische Aktiengesellschaften
gegründet werden.
13
Die SE-VO ist jedoch keine abschließende Rechtsnorm für die SE. Die neue
Rechtsform wird teilweise wie eine Aktiengesellschaft nach dem Recht ihres
Sitzungsstates behandelt. Die Bestimmungen der SE-VO gehen dem nationalem
Recht des jeweiligen Sitzstaates vor.
14
Daraus ergibt sich, dass die SE einer großen Normenvielfalt unterliegt. In Art. 9
Abs. 1 SE-VO werden die Vorschriften aufgezählt, von denen die SE betroffen ist.
11
Vgl. Van Hulle u. a., Handbuch zur Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2007, S. 249 Rn. 1 ff.
ebenso: Vgl. Binder, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2007, S. 328 Rn. 1 ff.
12
Vgl. Art. 70 SEVO.
13
Der Gemeinsame EWRAusschuss hat die SEVO in das EWRAbkommen aufgenommen.
Vgl. Europäische Gemeinschaft, Beschluss Nr. 93/2002 vom 25. Juni 2002.
14
Vgl. Art. 10 SEVO.

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Theisen und Wenz stellen die Normenvielfalt in der ,,Rechtsquellenpyramide der
Societas Europaea"
15
dar. Die Rechtsquellen für die SE sind: Das europäische
Gemeinschaftsrecht, die Satzung der SE, nationales Recht der Mitgliedsstatten für
die SE und das nationale Recht der Mitgliedstaaten für Aktiengesellschaften.
Daher hat die SE vielfältige Vorschriften zu beachten. Grund für die Normenvielfalt
ist, dass die SE-VO bei vielen Fragestellungen dem nationalen Gesetzgeber
Regelungsaufträge oder Wahlrechte gibt.
16
Einige Bereiche sind in der SE-VO
auch gar nicht geregelt.
Die Konzeption der SE sieht ein Nebeneinander von EU-Recht und nationalem
Recht vor.
17
Wegen des bedeutenden Anteils nationaler Regelungen kann die SE
nicht als eine europaweit einheitliche Rechtsform bezeichnet werden.
Während die SE-VO vor allem auf Aspekte der Gründung, Sitzverlegung und
inneren Organisation einer SE eingeht, wurde die Mitbestimmung der
Arbeitnehmer in der SE-ErgRiL separat geregelt.
Die SE-VO hat unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten der EU. Dagegen
musste die SE-ErgRiL in nationales Recht umgesetzt werden.
18
Die europäische Aktiengesellschaft wurde in Deutschland durch das ,,Gesetz zur
Einführung der Europäischen Gesellschaft" (nachfolgend ,,SEEG" genannt)
verwirklicht. Das SEEG besteht aus dem ,,Gesetz zur Ausführung der Verordnung
(EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der
Europäischen Gesellschaft (SE)" (SE-Ausführungsgesetz / nachfolgend ,,SEAG"
genannt) und dem ,,Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer
Europäischen Gesellschaft" (SE-Beteiligungsgesetz / nachfolgend ,,SEBG"
genannt).
Das SEAG enthält Regelungen, die die SE-VO ergänzen sollen. Vor allem das
bisher in Deutschland nicht vorgesehene monistische Verwaltungssystem wird
näher geregelt. Das SEBG stellt die Umsetzung der SE-ErgRiL zur Mitbestimmung
der Arbeitnehmer dar.
19
15
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 50 ff.
16
Vgl. Bartone / Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 6 f.
17
Vgl. Van Hulle u. a., Handbuch zur Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2007, S. 44 Rn. 7.
18
Vgl. Europäische Union, Vertrag über die Europäische Union, Art. 249, S. 179.
19
Vgl. Van Hulle u. a., Handbuch zur Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2007, S. 43 Rn. 4.

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Die Rechtsnatur der SE ist eine Aktiengesellschaft. Die Haftung der Aktionäre ist
auf die Höhe des gezeichneten Kapitals beschränkt.
20
Die SE besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist somit eine juristische
Person.
21
Das gezeichnete Kapital der SE muss mindestens 120.000 betragen.
22
Die Firma der SE ist in Art. 11 SE-VO geregelt. Danach muss eine Europäische
Aktiengesellschaft den Zusatz ,,SE" in ihrem Namen tragen. Gleichzeitig ist es
anderen Unternehmen untersagt, den Zusatz SE in ihrem Namen zu tragen.
Der Sitz der SE muss innerhalb eines Mitgliedstaates der EU bzw. des EWR
liegen. Der Staat in dem sich die Hauptverwaltung der SE befindet, ist auch ihr
Sitzstaat.
23
2.2 Gründung
Die SE kann auf fünf verschiedene Weisen gegründet werden. Die Beschränkung
der Gründungsvarianten ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 SE-VO. Man spricht vom
,,numerus clausus der Gründungsformen", da nur die in der SE-VO vorgesehenen
Gründungsvorgänge möglich sind.
24
Art. 2 Abs. 1 - 4 SE-VO nennt vier möglichen Gründungsformen der SE. Diese
sind die Verschmelzung, Holding-SE, Tochter-SE und die Umwandlung. Die
Entstehung einer SE kann nur durch Umstrukturierung erfolgen. Eine
Neugründung ist durch die Verordnung nicht vorgesehen. Im Folgenden werden
die Gründungsformen kurz erläutert und die Voraussetzungen genannt. Die
nachfolgenden Kapitel gehen dann näher auf die unterschiedlichen
Gründungsarten ein.
Bei der Gründung durch Verschmelzung gründen zwei bestehende AGs eine
gemeinsame SE. Die AGs gehen dabei unter. Die Verschmelzung kann aber auch
20
Vgl. Art. 1 Abs. 2 SEVO.
21
Vgl. Art. 1 Abs. 3 SEVO.
22
Vgl. Art. 4 Abs. 2 SEVO.
23
Vgl. Art. 7 SEVO.
24
Vgl. Schwarz, SEVO Kommentar, 2006, Art. 2 SEVO Rn. 10 m. w. N.

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dadurch erfolgen, dass eine AG die andere aufnimmt, dann geht nur eine der
beiden AGs unter, die andere wird zur SE.
25
Die Gründung einer Holding-SE kann durch zwei Unternehmen, die sowohl AGs
oder GmbHs sein können, erfolgen. Die Unternehmen gründen eine gemeinsame
SE, in die sie ihre Anteile einbringen.
26
Die Gründungsunternehmen bleiben auch
nach der Gründung der SE weiterhin bestehen.
27
Durch Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE können zwei Unternehmen eine
gemeinsame Tochtergesellschaft mit der Rechtsform einer SE gründen.
28
Eine AG kann weiterhin durch eine formwechselnde Umwandlung ihre
Rechtsform, hin zu einer SE, ändern.
29
Neben der unmittelbaren Gründungsformen einer SE, die im Art. 2 SE-VO
abschließend genannt sind, gibt es noch eine in der Literatur als ,,sekundäre"
30
Gründung bezeichnete Gründungsform. Hier wird einer bereits bestehenden SE
die Möglichkeit gegeben, eine (oder mehrere) Tochter-SEs zu gründen.
31
Die folgende Tabelle zeigt die rechtlichen Grundlagen, die möglichen
Gründungsunternehmen und die Voraussetzungen zu den einzelnen
Entstehungsvarianten einer SE.
25
Vgl. Bartone / Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 24.
26
Vgl. Bartone / Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 36 f.
27
Vgl. Art. 32 Abs. 1 S. 2 SEVO.
28
Vgl. Bartone / Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 48.
29
Vgl. Bartone / Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 56.
30
Lutter / Hommeldorf, Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 26.
31
Vgl. Art. 3 Abs. 2 SEVO.

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Verschmelzung Holding-SE
Tochter-SE
Umwandlung
§
Art. 2 Abs. 1 SE-VO
Art. 2 Abs. 2 SE-VO Art. 2 Abs. 3 SE-VO
Art. 2 Abs. 4 SE-
VO
Gründer
AG i. S. d.
Anhang I SE-VO
AG und
Gesellschaften mit
beschränkter
Haftung i. S. d.
Anhang II SE-VO
Gesellschaften
i. S. d. Art. 48 Abs. 2
des EG-Vertrags
oder juristische
Personen des
öffentlichen oder
privaten Rechts
AG
Vorauss
etzungen
Mindestens zwei der
Gesellschaften
müssen dem Recht
verschiedener
Mitgliedstaaten
unterliegen.
Mindestens zwei der
Gesellschaften
müssen dem Recht
verschiedener
Mitgliedstaaten
unterliegen
oder seit
mindestens zwei
Jahren eine
Tochtergesellschaft
in einem anderen
Mitgliedstaat haben.
Mindestens zwei der
Gesellschaften
müssen dem Recht
verschiedener
Mitgliedstaaten
unterliegen
oder seit mindestens
zwei Jahren eine
Tochtergesellschaft /
Zweigniederlassung
in einem anderen
Mitgliedstaat haben.
Seit mindestens
zwei Jahren muss
eine Tochter-
gesellschaft in
einem anderen
Mitgliedstaat
bestehen.
Abb. 1: Gründungsformen der SE
Quelle: eigene Darstellung
Der Überblick über die Gründungsformen zeigt, dass natürliche Personen und
Personengesellschaften nicht als Gründer einer SE in Frage kommen. Einzige
Ausnahme hiervon ist die Tochter-SE, die z. B. auch unter Beteiligung einer OHG
oder KG gegründet werden kann.
32
Von der Verschmelzung und der Umwandlung
sind auch alle Kapitalgesellschaften, mit Ausnahme der AG, ausgeschlossen. Der
Weg zur Gründung einer SE ist somit deutlich erschwert. Unter Umständen ist es
nötig, eine Gesellschaft erst in eine AG zu wandeln, um später eine SE gründen
zu können.
33
Ein weiteres wichtiges Kriterium für die SE ist das Mehrstaatlichkeitsprinzip.
Dieses besagt, dass mindestens zwei verschiedene Mitgliedstaaten von der SE
32
Vgl. Schwarz, SEVO Kommentar, 2006, Art. 2 SEVO Rn. 80.
Vgl. im einzelnen Abb. 1.
33
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 65.

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berührt werden müssen. Während bei der Verschmelzung mindestens zwei AGs in
unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sein müssen, genügt bei der Holding-
SE und der Tochter-SE bereits eine Tochtergesellschaft, die seit mindestens zwei
Jahren dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt. Eine Umwandlung
kann von einer einzelnen AG vorgenommen werden, wenn sie eine
Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat hat.
34
Eine Ausnahme vom Mehrstaatlichkeitsprinzip bildet die Tochter-SE, die von einer
bereits bestehenden SE gegründet wird.
Um die Erfüllung des Mehrstaatlichkeitsprinzips zu prüfen, ergeben sich zwei
wichtige Aspekte, die beachtet werden müssen.
Zum einen ist zu klären, bis zu welchem Zeitpunkt des Gründungsverfahrens die
zweijährige Frist für das Bestehen einer ausländischen Tochtergesellschaft
abgelaufen sein muss. Die SE-VO macht hierzu keine eindeutige Aussage. Für die
Holding-SE und die Umwandlung kann der Hauptversammlungsbeschluss nach
Art. 32 Abs. 6 bzw. Art. 37 Abs. 7 SE-VO herangezogen werden. Für die Tochter-
SE kann das nationale Recht über Art. 15, 36 SE-VO herangezogen werden,
welches in den §§ 23 Abs. 1 und 29 AktG den Zeitpunkt der Feststellung der
Satzung und die Übernahme der Aktien vorsieht.
35
Zum anderen ist der Begriff der Tochtergesellschaft zu klären. Dies geschieht
nicht in der SE-VO, auch ein Verweis auf nationales Recht fehlt. Theisen und
Wenz verweisen hier vornehmlich auf Art. 2 lit. c SE-ErgRiL,
36
in dem die
Tochtergesellschaft als eine Gesellschaft definiert ist, auf die die ,,betreffende
Gesellschaft einen beherrschenden Einfluss im Sinne des Artikel 3 Absätze 2 bis 7
der Richtline 94/45/EG ausübt". Der beherrschende Einfluss wäre demnach vor
allem durch die Mehrheit des gezeichneten Kapitals, oder die Möglichkeit der
Bestellung von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Leitungs- und
Aufsichtsorgans gegeben.
34
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 66.
35
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 68.
36
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 68

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2.2.1 Verschmelzung
Die Gründung durch Verschmelzung ist die ,,originäre Gründungsform"
37
der SE.
Dies zeigt sich auch dadurch, dass die Verschmelzungsgründung in der SE-VO
am umfangreichsten geregelt ist. Die Regelungen zur Verschmelzung betreffen
teilweise auch die anderen Gründungsvarianten.
38
Es gibt zwei Möglichkeiten einer Verschmelzungsgründung:
- Verschmelzung durch Aufnahme
39
- Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft
40
Bei der Verschmelzung durch Aufnahme erlischt die aufgenommene
Gesellschaft.
41
Ihre Aktionäre werden Aktionäre der übernehmenden
Gesellschaft.
42
Bei der Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft
übertragen die Gesellschaften ihr Vermögen auf die neue SE.
43
Dadurch gehen
die ,,alten" Gesellschaften unter.
44
Ihre Aktienbesitzer werden Teilhaber der neu
gegründeten SE.
45
Für die Verschmelzung haben, auf multinationaler Ebene, die Bestimmungen der
Art. 17 bis 31 SE-VO Gültigkeit. In den §§ 5 bis 8 SEAG sind ergänzende
Regelungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger enthalten. Für
Bereiche, die nicht in der SE-VO geregelt sind, finden nationale Regelungen zur
Verschmelzung Anwendung. In Deutschland ist vor allem das
Umwandlungsgesetz zu beachten.
46
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Aspekte, die beim
Ablauf der Verschmelzung beachtet werden müssen, gegeben werden.
Da die SE-VO keine Regelungen enthält, welche Bilanzen der Verschmelzung
zugrundegelegt werden, erfolgt hier ein Rückgriff auf das nationale Recht.
47
Das
37
Lutter / Hommeldorf, SE Kommentar, 2008, Art. 17 SEVO Rn. 1.
38
Vgl. Van Hulle u. a., Handbuch zur Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2007, S. 53 f. Rn. 2.
39
Vgl. Art. 17 Abs. 2 lit. a SEVO.
40
Vgl. Art. 17 Abs. 2 lit. b SEVO.
41
Vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. c SEVO.
42
Vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. b SEVO.
43
Vgl. Art. 29 Abs. 2 lit. a SEVO
44
Vgl. Art. 29 Abs. 2 lit. c SEVO
45
Vgl. Art. 29 Abs. 2 lit. b SEVO.
46
Vgl. Binder, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2007, S. 49 Rn. 46.
47
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 80.

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deutsche Umwandlungsrecht verlangt die Vorlage von Schlussbilanzen der
übertragenden Gesellschaften. Die Bilanzen dürfen ihren Stichtag höchstens acht
Monate vor der Handelsregisteranmeldung haben.
48
Nach Art. 20 Abs. 1 SE-VO ist durch Leitungs- oder Verwaltungsorgane der sich
verschmelzenden Gesellschaften ein Verschmelzungsplan aufzustellen. Bei
einer deutschen AG wäre somit der Vorstand dafür zuständig.
Außerdem ist in Art. 20 Abs. 1 SE-VO der Mindestinhalt des Verschmelzungsplans
festgelegt.
49
So muss Firma und Sitz der Gesellschaft angegeben sein.
50
Sitz der
Gesellschaft ist der Ort, an dem die SE ihre Hauptverwaltung hat. Er muss in
einem EU bzw. EWR-Staat liegen.
51
Das Umtauschverhältnis der Aktien und ggf. die Höhe der Ausgleichszahlungen,
52
welche besonders für die Anteilseigner große Bedeutung haben, ist anzugeben.
Der Unternehmenswert der Gesellschaften, der vorher festgesellt werden sollte,
wird i. d. R. zum Tragen kommen.
53
Die Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Aktien der SE betreffen vor
allem die Bestellung eines Treuhänders nach § 71 UmwG.
54
Der Zeitpunkt, von dem an die übertragenen Aktien das Recht auf Beteiligung am
Gewinn der neuen SE gewähren,
55
muss ebenso im Verschmelzungsplan
festgelegt sein. Hier ist es sinnvoll, den Beginn des Geschäftsjahres der
übernehmenden Gesellschaft zu wählen.
56
Häufig geht am selben Stichtag auch
die Rechnungslegung der Gesellschaft auf die neue SE über.
57
Er ist aber wie der
Beginn des Dividendenrechts frei wählbar.
58
Dieser ,,Verschmelzungsstichtag"
59
,
wie er im deutschen Umwandlungsrecht tituliert wird, muss ebenso im
Verschmelzungsplan festgelegt sein.
48
Vgl. Art. 15 Abs. 1, 18 SEVO i. V. m. § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 4 UmwG.
49
Art. 20 Abs. 2 SEVO gestattet weitere Punkte im Verschmelzungsplan.
50
Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. a SEVO.
51
Vgl. Art. 7 SEVO.
Vgl. zum Sitz in der Gemeinschaft: Schwarz, SEVO Kommentar, 2006, Art. 7 SEVO Rn. 8.
52
Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. b SEVO.
53
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 87 ff.
54
Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c SEVO.
55
Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. d SEVO.
56
Vgl. Van Hulle u. a., Handbuch zur Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2007, S. 63 Rn. 37.
57
Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. e SEVO.
58
Vgl. Theisen / Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 90.
59
§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836640527
DOI
10.3239/9783836640527
Dateigröße
793 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Ansbach - Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Ansbach – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2010 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
societas europaea rechtsform steuerrecht jahresabschluss rechnungslegung
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Titel: Die Europäische Aktiengesellschaft
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