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Wohngruppen für demente ältere Menschen

©2004 Diplomarbeit 155 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Demenz ist eine der häufigsten und folgenreichsten psychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter, die neben den außergewöhnlichen Belastungen für Betroffene und Pflegende mit hohen gesellschaftlichen Kosten sowie vermindertem sozialen Status für die Betroffenen verbunden ist. Demenzielle Erkrankungen und ihre Folgen für Betroffene, Angehörige und das professionelle Hilfesystem sind in den letzten Jahren daher verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt.
Angesichts der Problematik der Betreuung von Demenzerkrankten, die derzeit etwa 900.000 beträgt und ihrer Verdoppelung bis schätzungsweise 2040, ist das öffentliche Interesse verständlich.
Die heute über 65-Jährigen leben relativ zufrieden und werden immer älter. Was geschieht, wenn sie an Demenz erkranken?
Werden sie dann von ihren Kindern, von denen sie meist getrennt leben, versorgt und gepflegt?
Können Wohngruppen für demente ältere Menschen eine adäquate Versorgungsmöglichkeit für die Betroffenen bieten? Sind solche Angebote vorhanden?
Für die betroffenen Angehörigen, aber auch für ambulante Pflegedienste, gesetzliche Betreuer und Selbsthilfeorganisationen ist dies der Anlass, nach neuen Wegen der Versorgung für demenziell erkrankte Menschen zu suchen. Denn pflegende Angehörige geraten bei Fortführung der Versorgung ihres erkrankten Familienmitglieds häufig an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit. Selbst professionelle ambulante Dienste können einen mittelschwer Demenzkranken auf Dauer nicht verantwortlich in seiner eigenen Wohnung versorgen.
Verhaltensauffälligkeiten und Verwahrlosung zwingen über kurz oder lang die bisherigen Pflegepersonen über eine Alternative nachzudenken.
Mein Interesse für dieses Thema wurde geweckt durch die Betreuung einer dementen 87-jährigen Frau.
Frau M. wohnt seit drei Jahren alleine in einer modernen 3-Zimmerwohnung. Ihr berufstätiger, 60-jähriger Sohn und seine Familie wohnen in der Nähe. Die Schwiegertochter ist Hausfrau, die 20-jährige Enkeltochter ist in der Ausbildung und lebt ebenfalls zu Hause. Die Schwiegertochter hat ihre eigene Mutter fünf Jahre bei sich zuhause gepflegt. Sie sagt, sie wolle jetzt auch mal Zeit für sich haben, außerdem könne sie ihre Schwiegermutter nicht bei sich ertragen, da diese ‘keine Ruhe gebe’. Durch die räumliche Nähe - vom Fenster aus kann man das Haus des Sohnes sehen - erfolgen fast täglich Besuche. Die alte Dame versteht aber nicht, warum sie alleine leben […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Demenz ?
2.1 Epidemiologie der Demenz
2.1.1 Prävalenz von Demenzen
2.1.2 Inzidenz der Demenz
2.1.3 Demenzrisiko
2.2 Übersicht der verschiedenen Erscheinungsformen der Demenz
2.3 Verlauf von Demenzen
2.4 Demenz vom Alzheimer-Typ
2.4.1 Prävalenz der Alzheimer-Demenz
2.4.2 Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz
2.4.3 Laborbefunde der Alzheimer-Demenz
2.5 Vaskuläre Demenz
2.5.1 Prävalenz der vaskulären Demenz
2.5.2 Risikofaktoren der vaskulären Demenz
2.5.3 Laborbefunde der vaskulären Demenz
2.6 Diagnostik
2.7 Therapie
2.7.1 Nicht-pharmakologische Interventionen
2.7.2 Medikamentöse Therapie

3. Wohngruppen für demente ältere Menschen 32
3.1 Prinzipien von Wohngruppen
3.2 Typen von Wohngruppen
3.3 Segregation versus Integration
3.4 Tagesstruktur und Arbeitsabläufe in der Wohngruppe
3.5 Personaleinsatz in der Pflege und Betreuung dementer Menschen
3.6 Die Wohnstruktur von Wohngruppen
3.7 Demenzgerechte Architektur
3.8 Rechtliche Rahmenbedingungen von Wohngruppen für demente ältere Menschen
3.8.1 Recht und Demenz
3.8.2 Wohngruppen und Heimrecht
3.8.3 Wohngruppen und Sozialrecht
3.9 Finanzierungsoptionen für ein Wohngruppenprojekt

4. Betreuungskonzepte
4.1 Realitätsorientierungstraining
4.2 Validation
4.3 Milieutherapie
4.4 Umgang mit dementen Menschen
4.4.1 Erleben aus Sicht der Betroffenen
4.4.2 Erleben aus Sicht der Angehörigen
4.4.3 Erleben aus Sicht der professionellen Pflegekräfte

5. Praxisbeispiele für betreute Wohngruppen 101
5.1 Stationär betreute Wohngruppe am Beispiel des Gradmann Haus
5.1.1 Leitgedanken
5.1.2 Rahmenbedingungen
5.1.3 Ausstattung
5.1.4 Zielsetzung
5.1.5 Leben und Aktivitäten in der Gemeinschaft
5.1.6 Personalkonzept
5.1.7 Angebote im Gradmann Haus
5.1.8 Angehörige in der Einrichtung
5.1.9 Kosten und Finanzierung
5.1.10 Aufnahmekriterien
5.2 Ambulant betreute Wohngruppe am Beispiel Berlin- Tiergarten
5.2.1 Leitgedanken
5.2.2 Rahmenbedingungen
5.2.3 Ausstattung
5.2.4 Zielsetzung
5.2.5 Leben und Aktivitäten in der Gemeinschaft
5.2.6 Angehörige in der Wohngruppe
5.2.7 Personalkonzept
5.2.8 Kosten und Finanzierung
5.2.9 Planung der Wohngruppe

6. Diskussion

7. Schlussbemerkungen

8. Anhang Demographische Entwicklung

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Demenz ist eine der häufigsten und folgenreichsten psychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter, die neben den außergewöhnlichen Belastungen für Betroffene und Pflegende mit hohen gesellschaftlichen Kosten sowie vermindertem sozialen Status für die Betroffenen verbunden ist. Demenzielle Erkrankungen und ihre Folgen für Betroffene, Angehörige und das professionelle Hilfesystem sind in den letzten Jahren daher verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt.

Angesichts der Problematik der Betreuung von Demenzerkrankten, die derzeit etwa 900.000 beträgt und ihrer Verdoppelung bis schätzungsweise 2040, ist das öffentliche Interesse verständlich.

Die heute über 65-Jährigen leben relativ zufrieden und werden immer älter. Was geschieht, wenn sie an Demenz erkranken?

Werden sie dann von ihren Kindern, von denen sie meist getrennt leben, versorgt und gepflegt?

Können Wohngruppen für demente ältere Menschen eine adäquate Versorgungsmöglichkeit für die Betroffenen bieten? Sind solche Angebote vorhanden?

Für die betroffenen Angehörigen, aber auch für ambulante Pflegedienste, gesetzliche Betreuer und Selbsthilfeorganisationen ist dies der Anlass, nach neuen Wegen der Versorgung für demenziell erkrankte Menschen zu suchen. Denn pflegende Angehörige geraten bei Fortführung der Versorgung ihres erkrankten Familienmitglieds häufig an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit. Selbst professionelle ambulante Dienste können einen mittelschwer Demenzkranken auf Dauer nicht verantwortlich in seiner eigenen Wohnung versorgen.

Verhaltensauffälligkeiten und Verwahrlosung zwingen über kurz oder lang die bisherigen Pflegepersonen über eine Alternative nachzudenken.

Mein Interesse für dieses Thema wurde geweckt durch die Betreuung einer dementen 87-jährigen Frau.

Frau M. wohnt seit drei Jahren alleine in einer modernen 3-Zimmerwohnung. Ihr berufstätiger, 60-jähriger Sohn und seine Familie wohnen in der Nähe. Die Schwiegertochter ist Hausfrau, die 20-jährige Enkeltochter ist in der Ausbildung und lebt ebenfalls zu Hause. Die Schwiegertochter hat ihre eigene Mutter fünf Jahre bei sich zuhause gepflegt. Sie sagt, sie wolle jetzt auch mal Zeit für sich haben, außerdem könne sie ihre Schwiegermutter nicht bei sich ertragen, da diese „keine Ruhe gebe“. Durch die räumliche Nähe - vom Fenster aus kann man das Haus des Sohnes sehen - erfolgen fast täglich Besuche. Die alte Dame versteht aber nicht, warum sie alleine leben muss und besonders ihr Sohn nicht mehr Zeit mit ihr verbringt.

Frau M. kann mit Hilfe eines Gehwagen in ihrer Wohnung laufen und räumt gerne in ihrem Kleiderschrank herum. Sie kann selbstständig zur Toilette gehen. Unter Anleitung kann Frau M. Geschirr abspülen und Wäsche zusammenlegen. Frau M. braucht Hilfe bei der zeitlichen und örtlichen Orientierung, beim An- und Ausziehen, beim Waschen und zu Bett gehen. Ich koche und kaufe für sie ein. Alle vier Wochen macht der Hausarzt einen Hausbesuch. Frau M. wird zwar körperlich versorgt, ist aber nicht zufrieden und oft traurig und fühlt sich allein gelassen. Ihren vor zehn Jahren verstorbenen Mann vermisst sie sehr. Ungefähr alle zwei Monate entwickeln sich bei Frau M. psychosomatische Störungen. Sie hat dann undifferenzierte Schmerzen in den Beinen, sagt, sie könne nicht laufen. Frau M. sieht in diesen Phasen oft Dinge, die nicht da sind. Ihre latent vorhandene Angst kommt durch Schreien zum Ausdruck. Sie ruft während diesen Perioden ständig -ca. 20 bis 40 mal am Tag- ihre Familie oder die Pflegepersonen an.

Obwohl ihr Sohn und seine Frau nicht mit ihr zusammen leben können, möchten sie die alte Dame nicht in ein Pflegeheim geben, da sie jetzt schon ein schlechtes Gewissen haben.

Deshalb ist die Situation für beide Seiten unbefriedigend.

Ich habe ein Jahr in einem „normalen“ Altersheim als Pflegepersonal gearbeitet.

Heime, die ohne spezifische Konzeption für die Betreuung Demenzkranker ihre Arbeit verrichten, können diesen meistens nicht gerecht werden. Viele Angehörige Demenzkranker möchten ihre Verwandten nicht in einem Pflegeheim versorgen lassen, weil sie dort häufig noch ein Angebot erleben, das ihren Ansprüchen an eine liebevolle, annehmende und fördernde pflegerische Betreuung bei weitem nicht genügt.

In konventionellen Arrangements besteht zudem folgende Diskrepanz: Während bei der ambulanten häuslichen Versorgung die Hauptpflegeperson umfassende Verantwortung trägt und ambulant zugeschaltete Dienstleistungen nur punktuell in Anspruch genommen werden, dominiert im Fall der stationären konventionellen Versorgung die Dienstleistung. Angehörige und Familie, oft mit schlechtem Gewissen, bleiben außen vor.

In diesem Zwischenraum präsentieren sich nun mehr speziell auf demenziell erkrankte Menschen zugeschnittene Wohngruppen. Angehörige brauchen nicht mehr alleine die Belastung der Versorgung zu tragen. Gleichzeitig wird ihnen die Option gegeben, am Gemeinschaftsleben der Wohngruppe teil zu nehmen und den erkrankten Angehörigen weiter zu begleiten.

Fraglich ist, ob Angehörige in den Alltag der Wohngruppen eingebunden werden können.

Ist ein spezieller Umgang mit dementen älteren Menschen notwendig?

Kann der besondere Umgang in einer Wohngruppe umgesetzt werden? Ist hierfür eine demenzgerechte Architektur vorteilhaft?

Ich möchte untersuchen, ob spezielle Wohngruppen für demente ältere Menschen eine Alternative und gute Wahl sind.

Im ersten Kapitel der Arbeit werden die Grundlagen der Demenz erklärt. Dies beinhaltet Epidemiologie, eine Übersicht der verschiedenen Erscheinungsformen und den Verlauf von Demenzen. Die Demenz vom Alzheimer-Typ und die vaskuläre Demenz werden explizit behandelt. Abschluss des Kapitels sind Diagnostik und Therapie.

Im darauffolgenden Kapitel werden Wohngruppen für demente ältere Menschen mit Prinzipien und unterschiedlichen Typen vorgestellt. Segregation versus Integration wird dargelegt. Weiterhin werden die Tagesstruktur und Arbeitsabläufe in der Wohngruppe sowie Personaleinsatz in der Pflege und Betreuung dementer Menschen gezeigt. Hinzu kommen Wohnstruktur und Architektur. Zudem werden rechtliche Rahmenbedingungen dargestellt. Das Recht hinsichtlich Demenz, Heimrecht und Sozialrecht wird ausführlich erläutert. Am Ende des Kapitels werden unterschiedliche Finanzierungsoptionen geschildert.

Im Kapitel Betreuungskonzepte werden drei unterschiedliche Ansätze vorgestellt. Im weiteren wird der Umgang mit Dementen behandelt, um in Unterkapiteln das jeweilige Erleben aus Sicht der Betroffenen, der Angehörigen und der professionellen Pflegekräfte zu erläutern.

An den Schluss meiner Arbeit habe ich zwei unterschiedliche Beispiele realisierter Konzepte für Wohngruppen gestellt.

Der Anhang behandelt die demographische Entwicklung Deutschlands um die Dringlichkeit dieses Themas zu verdeutlichen.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783836640213
DOI
10.3239/9783836640213
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule RheinMain – Sozialwesen, Studiengang Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2009 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
demenz wohngruppen betreungskonzepte praxisbeispiele alter
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Titel: Wohngruppen für demente ältere Menschen
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