Implementierung einer Methode zur automatischen 3D-FEM Modellerstellung und Festigkeitsrechnung für Vollhartmetall-Spiralbohrer
©2009
Diplomarbeit
101 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
In der heutigen industriellen Fertigung ist das Bohren ein wichtiger Prozess. Der Anwendungsbereich des Verfahrens reicht von einfachen Durchgangsbohrungen für Schraubenverbindungen bis hin zu komplexen und hochpräzisen Flüssigkeitskanälen in Hydraulikverteilern. Die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Werkzeugmaschinen und der Werkzeuge hat auch für das Bohren neue Anwendungsfelder eröffnet. Beispiele sind die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (HSC) oder der Einsatz von Minimalmengen-Schmiersystemen (MMS). Es ist notwendig, die Bohrer beständig weiter zu entwickeln, um sie produktiv in diesen neuen Einsatzfeldern zu verwenden.
Stand der Technik für komplexe Bohraufgaben sind Vollhartmetall-Spiralbohrer mit innenliegenden Kühlkanälen. Mit diesen Werkzeugen sind Bohrungen mit einem Verhältnis von Bohrungstiefe zu -durchmesser von bis zu 40 möglich. Dabei haben sie wesentliche Vorteile gegenüber den konventionellen Tiefbohrverfahren. Die Optimierung dieser Werkzeuge stellt die Ingenieure jedoch vor eine große Herausforderung, da die Parameter der komplexen Geometrie sich gegenseitig beeinflussen und die Auswirkungen einer Parameteränderung auf analytischem Wege kaum zu ermitteln sind. Außerdem besteht ein Zielkonflikt zwischen der Größe der Spannuten und der Kühlkanäle, die zusammen für einen guten Abtransport der Späne aus dem Bohrungsgrund sorgen, einerseits und der Menge an tragendem Material im Bohrerquerschnitt, die eine hohe Steifigkeit des Bohrers gewährleistet, andererseits.
Für die Optimierung der Geometrie eines Werkzeuges wird häufig die Analyse mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) angewendet. Dieses Verfahren erlaubt es, komplexe physikalische und technische Sachverhalte im Computer zu simulieren, während sich das Bauteil noch in der Entwicklungsphase befindet. Dadurch kann der Bau teurer und aufwendiger Prototypen reduziert und Kosten, sowie Entwicklungszeit eingespart werden. Die FEM ist in vielen Bereichen ein wichtiges Werkzeug für Ingenieure und es werden viele verschiedene Programme mit unterschiedlichen Spezialisierungen auf dem Markt angeboten. Es gibt auch Ansätze von kostenlos verfügbarer Software für die FEM-Analyse. Seit mehreren Jahren gibt es eine zunehmende Entwicklung von frei verfügbarer Software. Abb. 1.1 zeigt die Ergebnisse einer Studie, die die Verbreitung von quelloffenen Programmen (OSS - OpenSource Software) auf privaten und geschäftlichen PCs untersucht, wobei die Dunkelziffer […]
In der heutigen industriellen Fertigung ist das Bohren ein wichtiger Prozess. Der Anwendungsbereich des Verfahrens reicht von einfachen Durchgangsbohrungen für Schraubenverbindungen bis hin zu komplexen und hochpräzisen Flüssigkeitskanälen in Hydraulikverteilern. Die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Werkzeugmaschinen und der Werkzeuge hat auch für das Bohren neue Anwendungsfelder eröffnet. Beispiele sind die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (HSC) oder der Einsatz von Minimalmengen-Schmiersystemen (MMS). Es ist notwendig, die Bohrer beständig weiter zu entwickeln, um sie produktiv in diesen neuen Einsatzfeldern zu verwenden.
Stand der Technik für komplexe Bohraufgaben sind Vollhartmetall-Spiralbohrer mit innenliegenden Kühlkanälen. Mit diesen Werkzeugen sind Bohrungen mit einem Verhältnis von Bohrungstiefe zu -durchmesser von bis zu 40 möglich. Dabei haben sie wesentliche Vorteile gegenüber den konventionellen Tiefbohrverfahren. Die Optimierung dieser Werkzeuge stellt die Ingenieure jedoch vor eine große Herausforderung, da die Parameter der komplexen Geometrie sich gegenseitig beeinflussen und die Auswirkungen einer Parameteränderung auf analytischem Wege kaum zu ermitteln sind. Außerdem besteht ein Zielkonflikt zwischen der Größe der Spannuten und der Kühlkanäle, die zusammen für einen guten Abtransport der Späne aus dem Bohrungsgrund sorgen, einerseits und der Menge an tragendem Material im Bohrerquerschnitt, die eine hohe Steifigkeit des Bohrers gewährleistet, andererseits.
Für die Optimierung der Geometrie eines Werkzeuges wird häufig die Analyse mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) angewendet. Dieses Verfahren erlaubt es, komplexe physikalische und technische Sachverhalte im Computer zu simulieren, während sich das Bauteil noch in der Entwicklungsphase befindet. Dadurch kann der Bau teurer und aufwendiger Prototypen reduziert und Kosten, sowie Entwicklungszeit eingespart werden. Die FEM ist in vielen Bereichen ein wichtiges Werkzeug für Ingenieure und es werden viele verschiedene Programme mit unterschiedlichen Spezialisierungen auf dem Markt angeboten. Es gibt auch Ansätze von kostenlos verfügbarer Software für die FEM-Analyse. Seit mehreren Jahren gibt es eine zunehmende Entwicklung von frei verfügbarer Software. Abb. 1.1 zeigt die Ergebnisse einer Studie, die die Verbreitung von quelloffenen Programmen (OSS - OpenSource Software) auf privaten und geschäftlichen PCs untersucht, wobei die Dunkelziffer […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Bastian Kaiser
Implementierung einer Methode zur automatischen 3D-FEM Modellerstellung und
Festigkeitsrechnung für Vollhartmetall-Spiralbohrer
ISBN: 978-3-8366-4013-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Technische Universität Darmstadt, Darmstadt, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010
Kurzfassung
Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Programm zur vollautomatischen 3D-FEM-Berechnung von Spiralbohrern realisiert. Dies ent-
hält auch die Modellerstellung. Ziel ist die Berechnung von verschiedenen Bohrergeometrien zur Optimierung von Vollhartmetall-
Spiralbohrern.
Das Programm ist vollständig aus M
ATLAB
heraus aufrufbar. Es werden die Programme O
PEN
FEM als FEM-Programm, sowie
G
MSH
als Mesher verwendet. Beide sind quelloffen und kostenlos verfügbar.
Die Implementierung wird anhand von Parametervariationen auf Plausibilität getestet und durch Vergleichsberechnungen mit
einem validierten FEM-Modell in A
NSYS
-FEM verifiziert.
Stichwörter: Technologie, M
ATLAB
, Finite-Element-Methode
iii
Abstract
The intention of this work is the implementation of a fully automatic 3D-FEA-program for structural calculation of twist-drills. This
includes the modeling. The aim is the calculation of various drill-geometries for optimisation of solid carbide twist drills.
The program will be started from the M
ATLAB
-worksuite. The FEA-toolbox O
PEN
FEM and the meshing software G
MSH
will
be used. Both programs are open-source and free of cost.
The implementation will be testet for plausibility by variation of parameters and for validity by comparison with the results of an
already validated FEM-model.
Keywords: technology, M
ATLAB
, finite-element-analysis
iv
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
iii
Inhaltsverzeichnis
v
Abbildungsverzeichnis
vii
Tabellenverzeichnis
ix
Abkürzungsverzeichnis
x
1
Einleitung
1
2
Stand der Technik
2
2.1 Der Bohrprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.1.1
Der Spiralbohrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.1.2
Prozesskräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.1.3
Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2 Finite Element Methode
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.2.1
Vorgehensweise der FEM-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.2.2
Mathematischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.2.3
Vom Element- zum Gesamtgleichungssystem
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.2.4
Lösung des Gleichungssystems
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.3 OpenSource-Software für die FEM-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.3.1
Eigenständige Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
2.3.2
Matlab-Toolboxes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
3
Methodik
24
3.1 Auswahl der Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.2 Erstellung des 3D-FEM-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.2.1
2D-Meshing und Extrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.2.2
Extrusion und 3D-Meshing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.3 FEM-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.3.1
Aufbereitung der Modelldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.3.2
Torsionsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
3.3.3
Biegeberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.4 Post-Processing
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
3.4.1
Torsionsbelastbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
3.4.2
Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
v
3.4.3
Biegesteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.4.4
Berücksichtigung der Kernverjüngung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.5 Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
4
Ergebnisse
40
4.1 Parametereinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.1.1
Dralllänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.1.2
Drehmoment
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.1.3
Ebenenabstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.1.4
Elementgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
4.1.5
Länge des Biegemodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
4.1.6
Länge des Torsionsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4.1.7
Biegelast
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.1.8
Anzahl der ausgeblendeten Ebenen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
4.2 Stabilität und Robustheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
4.3 Genauigkeit der Berechnungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
4.4 Performance
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5
Zusammenfassung
60
6
Ausblick
61
Literaturverzeichnis
62
Literatur
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
A Quellcode der Matlab-Funktionen
64
A.1 fitness_openfem.m (Hauptfunktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
A.2 meshgeneration.m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
A.3 verdrillung.m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
A.4 start_ofem_torsion.m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
A.5 start_ofem_biegung.m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
B gmsh-Definitionsdateien
81
B.1 bohrer.geo (Geometriedefinition) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
B.2 bohrer.msh (Gitterdefinition)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
vi
Abbildungsverzeichnis
1.1
Anzahl installierten OSS-Programme[28] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2.1
Bezeichnungen zur Geometrie eines Spiralbohrers[6] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.2
Arten von Spannutengeometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.3
Auftretende Prozesskräfte beim Bohren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.4
Einflussgrößen auf die Eigenschaften von Hartmetallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.5
Vergleich von FEM-Berechnung und Experiment eines Bohrprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.6
Zusammenwirken von CAD- und FEM-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.7
Schnittdarstellung des FEM-Modell eines Zylinderkopfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.8
Postprocessing-Beispiel eines Bauteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.9
Mechanik des linearen Stabelements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.10 Darstellung einer schwach besetzten Matrix mit ausgeprägter Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
3.1
Vorgehensweise für die FEM-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.2
Vergleich der Gitterfeinheit bei verschiedenen elementsize-Einstellungen mit GLM
ESH
. . . . . . . . . . . . . .
28
3.3
Vergleich von Gittern mit M
ESH
2D (links: ohne Polygonreduzierung, rechts: mit Polygonreduzierung) . . . . . .
28
3.4
Mit G
MSH
erzeugtes 2D-Gitter
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
3.5
3D-FEM-Modell mit Dreiecksprisma-Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.6
Veranschaulichung des Torsionslastfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
3.7
Veranschaulichung des Biegelastfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
3.8
Darstellung der Modellaufteilung nach der Querschnittsverjüngung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
4.1
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Dralllänge" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.2
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Dralllänge" auf die Biegesteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.3
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Dralllänge" auf die Torsionsbelastbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.4
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Drehmoment" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.5
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Drehmoment" auf die Biegesteifigkeit
. . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.6
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Drehmoment" auf die Torsionsbelastbarkeit
. . . . . . . . . . . . . .
43
4.7
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Ebenenabstand" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.8
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Ebenenabstand" auf die Biegesteifigkeit
. . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.9
Auswirkung der Variation des Parameters ,,Ebenenabstand" auf die Torsionsbelastbarkeit
. . . . . . . . . . . . .
45
4.10 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Elementgröße" auf die Torsionssteifigkeit
. . . . . . . . . . . . . . .
45
4.11 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Elementgröße" auf die Biegesteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
4.12 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Elementgröße" auf die Torsionsbelastbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
46
4.13 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Biegemodells" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . .
47
4.14 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Biegemodells" auf die Biegesteifigkeit
. . . . . . . . . . .
47
4.15 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Biegemodells" auf die Torsionsbelastbarkeit . . . . . . . . .
47
4.16 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Torsionsmodells" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . .
48
4.17 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Torsionsmodells" auf die Biegesteifigkeit . . . . . . . . . .
48
4.18 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Länge des Torsionsmodells" auf die Torsionsbelastbarkeit . . . . . . .
49
4.19 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Biegelast" auf die Torsionssteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.20 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Biegelast" auf die Biegesteifigkeit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
4.21 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Biegelast" auf die Torsionsbelastbarkeit
. . . . . . . . . . . . . . . .
50
vii
4.22 Einfluss der Richtung der Biegelast auf unterschiedliche Querschnitte
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
4.23 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Anzahl der ausgeblendeten Ebenen" auf die Torsionssteifigkeit
. . . .
51
4.24 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Anzahl der ausgeblendeten Ebenen" auf die Biegesteifigkeit . . . . . .
51
4.25 Auswirkung der Variation des Parameters ,,Anzahl der ausgeblendeten Ebenen" auf die Torsionsbelastbarkeit . . .
52
4.26 Beispiele für unterschiedliche Gitter bei der Erzeugung mit G
MSH
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
4.27 Für die Stabilitätsuntersuchungen verwendete abstrahierte Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
4.28 Für die Stabilitätsuntersuchungen verwendete Bohrerquerschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4.29 Vergleich der Gesamt-Torsionssteifigkeit verschiedener Querschnitte bei Berechnung mit A
NSYS
und O
PEN
FEM .
56
4.30 Vergleich der Gesamt-Biegesteifigkeit verschiedener Querschnitte bei Berechnung mit A
NSYS
und O
PEN
FEM . .
57
4.31 Vergleich der Torsionsbelastbarkeit verschiedener Querschnitte bei Berechnung mit A
NSYS
und O
PEN
FEM
. . .
57
4.32 Rechengeschwindigkeits-Vergleich von O
PEN
FEM (sequentiell) und A
NSYS
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
4.33 Rechengeschwindigkeits-Vergleich von O
PEN
FEM (parallel) und A
NSYS
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
4.34 Funktionen mit der längsten Berechnungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
4.35 Rechenzeit der einzelnen Programmabschnitte
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
viii
Tabellenverzeichnis
2.1
Übersicht über verschiedene Bohrverfahren und -werkzeuge
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.2
Arten von Schneidstoffen[3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.3
Speicherbedarf und Rechenaufwand von Gleichungslösern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.4
OpenSource-Programme zur Gittergenerierung (Meshing)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
2.5
OpenSource-Programme zum Lösen des Gleichungssystems (Solving) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.6
M
ATLAB
-Programme zum Lösen des Gleichungssystems (Solving) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.1
Getroffene Auswahl der Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
4.1
Konstante Werte bei der Parametervariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.2
Parameter für die Stabilitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
4.3
Ergebnisse identischer Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
4.4
Ergebnis der Überprüfung auf Robustheit anhand von Testquerschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
4.5
Parameter für die Vergleichsrechnung mit A
NSYS
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
4.6
Eigenschaften des für Performance-Untersuchungen verwendeten Computersystems . . . . . . . . . . . . . . . .
57
ix
Abkürzungsverzeichnis
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Querkontraktionszahl
E
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastizitätsmodul
Abb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung
bzw. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . beziehungsweise
CBN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kubisches Bornitrid
CG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . konjugiertes Gradienten-Verfahren
Co . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kobalt
CVD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . chemical vapour deposition
DGL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differentialgleichung
FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finite-Elemente-Methode
GGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtgleichungssystem
GUI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . graphical user interface - graphische Benutzeroberfläche
HSC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . high speed cutting - Hochgeschwindigkeitsbearbeitung
HSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochleistungs-Schnellarbeit-Stahl
ILU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Incomplete LU - Verfahren der unkompletten LU-Zerlegung
KSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kühlschmiermittel
LGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lineares Gleichungssystem
MMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minimalmengen-Schmiersysteme
Ni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nickel
NURBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Non Uniform Rational B-Splines
OSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . OpenSource-Software - quelloffene Software
PDE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . partial differetial equation - partielle Differentialgleichung
PKD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polykristalliner Diamant
PVA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzip der virtuellen Arbeit
PVD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . physical vapour deposition
TaC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tantalkarbid
TiC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Titankarbid
TiN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Titannitrid
WC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolframkarbid
x
1 Einleitung
In der heutigen indutriellen Fertigung ist das Bohren ein wichtiger Prozess. Der Anwendungsbereich des Verfahrens reicht von
einfachen Durchgangsbohrungen für Schraubenverbindungen bis hin zu komplexen und hochpräzisen Flüssigkeitskanälen in Hy-
draulikverteilern. Die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Werkzeugmaschinen und der Werkzeuge hat auch für
das Bohren neue Anwendungsfelder eröffnet. Beispiele sind die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (HSC) oder der Einsatz von
Minimalmengen-Schmiersystemen (MMS). Es ist notwendig, die Bohrer beständig weiter zu entwickeln, um sie produktiv in die-
sen neuen Einsatzfeldern zu verwenden [14].
Stand der Technik für komplexe Bohraufgaben sind Vollhartmetall-Spiralbohrer mit innenliegenden Kühlkanälen. Mit diesen
Werkzeugen sind Bohrungen mit einem Verhältnis von Bohrungstiefe zu -durchmesser von bis zu 40 möglich. Dabei haben sie we-
sentliche Vorteile gegenüber den konventionellen Tiefbohrverfahren [14]. Die Optimierung dieser Werkzeuge stellt die Ingenieure
jedoch vor eine große Herausforderung, da die Parameter der komplexen Geometrie sich gegenseitig beeinflussen und die Aus-
wirkungen einer Parameteränderung auf analytischem Wege kaum zu ermitteln sind. Außerdem besteht ein Zielkonflikt zwischen
der Größe der Spannuten und der Kühlkanäle, die zusammen für einen guten Abtransport der Späne aus dem Bohrungsgrund sor-
gen, einerseits und der Menge an tragendem Material im Bohrerquerschnitt, die eine hohe Steifigkeit des Bohrers gewährleistet,
andererseits [11].
Für die Optimierung der Geometrie eines Werkzeuges wird häufig die Analyse mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) ange-
wendet. Dieses Verfahren erlaubt es, komplexe physikalische und technische Sachverhalte im Computer zu simulieren, während
sich das Bauteil noch in der Entwicklungsphase befindet. Dadurch kann der Bau teurer und aufwendiger Prototypen reduziert und
Kosten, sowie Entwicklungszeit eingespart werden. Die FEM ist in vielen Bereichen ein wichtiges Werkzeug für Ingenieure und es
werden viele verschiedene Programme mit unterschiedlichen Speziallisierungen auf dem Markt angeboten [8]. Es gibt auch Ansätze
von kostenlos verfügbarer Software für die FEM-Analsye.
Seit mehreren Jahren gibt es eine zunehmende Entwicklung von frei verfügbarer Soft-
Abb.
1.1: Anzahl installierten OSS-
Programme[28]
ware. Abb. 1.1 zeigt die Ergebnisse einer Studie, die die Verbreitung von quelloffenen
Programmen (OSS - OpenSource Software) auf privaten und geschäftlichen PCs unter-
sucht, wobei die Dunkelziffer noch weit größer sein dürfte. OSS sind Computerprogram-
me, die von Jedermann verwendet, umgeschrieben und weiterverbreitet werden dürfen.
Auch im Maschinenbau gibt es immer wieder Anwendungen für diese Programme, bei-
spielsweise die Verwendung von Linux-Betriebssystemen für die Steuerungscomputer
von Werkzeugmaschinen [16]. Die Vorteile von OSS sind:
· Kostenersparnis durch Wegfall von Lizenzgebühren.
· Die Software kann bei Bedarf vollständig an die Bedürfnisse des Benutzers
angepasst werden.
· Oftmals schnelle Reaktion auf Anwenderprobleme, da jeder Anwender selbst Korrekturvorschläge machen kann.
· Programmupdatens werden öfter geliefert, da kommerzielle Software normalerweise in großen Releases veröffentlicht wird.
Dadurch muss der Anwender länger warten bis Verbesserungen etabliert sind. Meist ist ein Versionsupdate auch mit weiteren
Kosten verbunden.
· FAQs und Support-Foren sind oft besser gepflegt, da jeder Anwender aktiv daran mitarbeiten kann.
1
2 Stand der Technik
2.1 Der Bohrprozess
Das Bohren ist ein spanender Fertigungsprozess, bei dem das Werkzeug eine kreisförmige Schnittbewegung um die Längsachse
und eine gerade Vorschubbewegung entlang der Werkzeugachse ausführt. Eine Übersicht der gebräuchlichsten Arten des Bohrens
und der dazu passenden Werkzeuge ist in Tabelle 2.1 dargestellt. Sie unterscheiden sich vor Allem in der Form der zu erzeugenden
Geometrie, sowie der zu erreichenden Oberflächengüte. Charakteristisch für das Bohren ist, dass die Schnittgeschwindigkeit linear
mit dem Radius nach innen abnimmt und in der Bohrermitte zu Null wird. Das Material muss hier bei einem stark negativem
Schneidwinkel verdrängt werden, wobei im Bohrungsgrund durch den Vorschub eine starke Druckkraft entsteht. Außerdem ist beim
Bohren der Spanabtransport aus dem Bohrungsgrund sehr schwierig [3].
Tab.
2.1: Übersicht über verschiedene Bohrverfahren und -werkzeuge [5]
Arten von Bohrprozessen
a Bohren ins Volle
b Aufbohren
c Senken
d Zentrierbohren
e Kernbohren
f Gewindebohren
g Reiben
Arten von Bohrwerkzeugen
1
Spiralbohrer
2
Spiralsenker
3
Profilsenker
4
Zentrierbohrer
5
Kernbohrer
6
Gewindebohrer
7
Maschinenreibahle
2.1.1 Der Spiralbohrer
Das am häufigsten verwendete Werkzeug ist der Spiralbohrer. Dieser weißt eine komplexe Geometrie auf, die in Abb. 2.1 dargestellt
ist. Den größten Einfluss auf den Bohrprozess haben folgende Parameter [5]:
· das Profil oder die Querschnittkontur und die Kerndicke
2
· die Spannutengeometrie und der Drallwinkel, d.h. die Steigung der Spannuten
· die Spitzenausformung, vor Allem die Art des Anschliffs und der Spitzenwinkel
Abb.
2.1: Bezeichnungen zur Geometrie eines Spiralbohrers[6]
Das Profil des Bohrers und die Kerndicke bestimmen in erster Linie die Steifigkeit, sowie die Spantransportfähigkeit. Der oben
erwähnte Konflikt zwischen diesen Größen macht es schwierig, die Kontur zu optimieren. Üblich sind heute Kühlkanäle im Boh-
rerkern, durch die Kühlschmiermittel mit bis zu 30 bar Druck in den Bohrungsgrund gepumpt wird. Dadurch wird die Schneidstelle
geschmiert und die Späne ausgespült. Jedoch wird die Materialmenge im Bohrerquerschnitt durch die Kühlkanäle verringert [4].
Einfluss auf den Spantransport haben außerdem die Spannutengeometrie und der Drallwinkel.
Um den Spanabtransport zu verbessern, können eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden. Zum Einen kann der Querschnitt
nach oben hin verjüngend ausgebildet werden. Dies reduziert das Materialvolumen und damit die Festigkeit. Jedoch kann sich beim
Tiefbohren diese Maßnahme als sinnvoll erweisen. Je tiefer die Bohrung ausgeführt wird, desto höher ist der Reibungsanteil der
Späne an der Bohrungswand. Wird die Spanreibung verringert, wird auch die Torsionsbelastung reduziert und der tragende Quer-
schnitt kann verkleinert werden. Des Weiteren kann eine Gleitschicht mit niedrigem Reibkoeffizienten auf die Werkzeugoberfläche
aufgebracht werden (siehe Seite 7). Es ist üblich, die Spannutengeometrie und -steigung speziell für den jeweiligen Bearbeitungs-
prozess auszulegen. Daraus haben sich verschiedene Bohrergeometrietypen entwickelt, die in Abb. 2.2 dargestellt sind. Der Typ N
ist für den universellen Einsatz konzipiert. Der Typ H wurde für spröde, kurzspanende Materialien entwickelt, während der Typ W
für weiche Materialien gut geeignet ist, da der große Drall einen effektiven Abtransport der längeren Späne ermöglicht.
Die Bohrerspitze hat vor Allem Einfluss auf die Prozesskräfte. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Anschliffs der Bohrer-
spitze. Für die meisten Anwendungen hat sich der Kegelmantelanschliff als am geeignetsten erwiesen. Die Freiflächen sind dabei
Teil eines Kegelmantels. Diese Form ist einfach herzustellen und auch bei hoher mechanischer Belastung sehr formbeständig. Je-
doch hat ein Bohrer mit dieser Spitze eine schlechte Selbstzentrierung. Außerdem nimmt mit zunehmendem Bohrerdurchmesser die
Größe der Querschneide zu, was zu hohen Vorschubkräften führt. Für spezielle Anwendungen kann ein anderer Anschliff gewählt
werden. In der DIN 1412 sind die Anschliffvarianten in 6 Gruppen eingeteilt, wobei für die meisten der Kegelmantelanschliff die
geometrische Grundlage bildet [9].
3
Abb.
2.2: Arten von Spannutengeometrien (v.l.n.r: Typ N, Typ H, Typ W)[11]
2.1.2 Prozesskräfte
Die allgemein bei jedem Zerspanprozess auftretenden Prozesskräfte sind die Schnittkraft, die in Schnittrichtung des Werkzeugs
wirkt, die Vorschubkraft, die in Richtung der Vorschubbewegung wirkt und die Passivkraft, welche die durch die Werkzeuggeometrie
bestimmten Abdrängkräfte darstellt. In Abb. 2.3 sind diese Kräfte am Bohrer dargestellt.
Die Passivkraft stellt die kleinste Kraft dar. Jedoch kann sie durch einen unsymmetrischen Anschliff zu einem Verziehen des
Bohrers führen und die Qualität der Bohrungswand negativ beeinflussen. Außerdem spielt dies beim Ansetzen eine große Rolle,
damit der Bohrer nicht verläuft. Die Schnittkraft wird in der Praxis näherungsweise nach der folgenden Formel berechnet [9]:
darin sind:
F
c
Schnittkraft [mm]
F
c
= F
cz
· z
F
cz
Schnittkraft an jeder Schneide [mm]
z
Anzahl der Schneiden
D
Durchmesser des Bohrers [mm]
F
cz
=
D
2
· f
z
· k
c
· f
b
f
z
Vorschub pro Schneide [mm]
k
c
Spezifische Schnittkraft [N/mm
2
]
f
b
Verfahrensfaktor (beim Bohren ins Volle = 1)
Die spezifische Schnittkraft in der Formel ist vom Spanungsquerschnitt und der Spanungsdicke abhängig und kann Tabellen
entnommen werden (z.B. [6]). Die Schnittkraft ist entlang der Hauptschneiden linear verteilt und nimmt in Richtung der Bohrermitte
ab, ebenso wie die Schnittgeschwindigkeit. Aus der Schnittkraft lässt sich das erforderliche Drehmoment für den Bohrvorgang
ermitteln. Hierbei findet häufig die Formel [6]
M
c
=
z
· F
cz
·
D
4
1000
Anwendung, mit dem Schnittmoment
M
c
in Nm. Diese überschlägige Formel berücksichtigt jedoch nicht die Reibung der Führungs-
fasen an der Bohrungswand. Die Führungsfasenreibung nimmt mit zunehmender Bohrtiefe zu und hat einen Anteil von 15-20% am
4
Abb.
2.3: Auftretende Prozesskräfte beim Bohren [9]
Gesamtmoment [9]. Dieser Faktor wird vor Allem beim Tiefbohren mit Spiralbohrern wichtig, da hier hohe Bohrtiefen erreicht
werden und der Spanabtransport durch die Wendel zusätzliche Reibung verursacht.
2.1.3 Material
Das Material, aus dem das Werkzeug besteht hat einen nachhaltigen Einfluss auf den Bearbeitungsprozess. Dabei wird zwischen
dem Werkzeuggrundkörper-Material und dem Schneidstoff unterschieden. Ersteres bestimmt Eigenschaften wie Steifigkeit und
Massenträgheit des Werkzeugs. Im Falle des Spiralbohrers ist, zusammen mit der Spannutengeometrie, die Oberflächenrauigkeit
entscheidend für die Spantransportkapazität. Der Schneidstoff beeinflusst hauptsächlich die Standzeit und ist somit maßgebend für
die Prozesskosten und die möglichen Prozessgeschwindigkeiten. Es ist möglich, dass beide Materialien identisch sind, beispielswei-
se beim Vollhartmetallbohrer. In Tabelle 2.2 sind die gängigen Schneidstoffe aufgeführt. Dabei nimmt die Härte von Werkzeugstahl
zu Diamant hin zu, was zu einer hohen Steifigkeit und Verschleißbeständigkeit führt. Jedoch nimmt mit zunehmender Härte die
Zähigkeit des Werkstoffes ab, was zu erhöhter Bruchneigung führt [3].
Tab.
2.2: Arten von Schneidstoffen[3]
Polykristalliner Diamant (PKD)
Bornitrid (CBN)
Schneidkeramik
Hartmetall
Werkzeugstahl (HSS)
Ein idealer Schneidstoff sollte die folgenden Eigenschaften möglichst gut erfüllen [9]:
· Härte und Druckfestigkeit
· Biegefestigkeit und Zähigkeit
· Kantenfestigkeit
5
· innere Bindefestigkeit
· Warmfestigkeit
· Oxidationsbeständigkeit
· geringe Diffusions- und Adhäsionsneigung
· Abriebfestigkeit
· reproduzierbares Verschleißverhalten
Viele dieser Eigenschaften schließen sich jedoch gegenseitig aus, wie beispielsweise die Härte und die Zähigkeit. Einen ,,idealen"
Schneidstoff kann es demnach nicht geben. Es muss immer ein Kompromiss gefunden werden. Die Materialien für Werkzeuge
werden daher speziell für einen Bearbeitungsprozess ausgewählt und die Eigenschaften optimiert.
Werkzeugstähle gibt es als Kaltarbeits- oder Schnellarbeitsstähle (HSS). Letztere zählen zu den hoch legierten Stählen und
sind dadurch teurer, haben jedoch bessere Werkstoffeigenschaften. Generell zeichnen sich Werkzeugstähle durch hohe Zähigkeit
aus. Sie sind leicht nachzuarbeiten und kostengünstig in der Anschaffung. Häufig werden sie für Prozesse mit niedriger Priorität
oder für Reparaturwerkzeuge eingesetzt. Für High-Performance-Prozesse eignen sie sich aufgrund ihrer geringen Verschleiß- und
Wärmebeständigkeit nicht [11].
In solchen Bearbeitungsprozessen kommen die sogenannten harten Schneidstoffe zum Einsatz. Dazu zählen Schneidkeramiken,
Bornitrid und Diamant, die überwiegend in Wendeschneidplattenform verwendet werden, sowie Hartmetall, das als Wendeschneid-
platten und als Vollmaterial verarbeitet werden kann. Schneidkeramiken werden auf der Basis von Aluminiumoxid, Siliziumnitrid
oder einer Mischung aus Beidem hergestellt [11]. Kubisches Bornitrid (CBN) wird durch Reaktion von Borhalogeniden mit Am-
moniak und anschließendem Hochdruck-Hochtemperatur-Prozess hergestellt. Dadurch erhält es seine kubische Gitterstruktur, die
für große Härte sorgt. Auf ähnliche Weise wird der synthetische Diamant hergestellt, der die gleiche Gitterstruktur aufweist. Da
er jedoch ein chemischer Reinstoff ist, hat er eine größere Härte und eine deutlich überlegene Wärmeleitfähigkeit. Dies macht den
Diamant zum idealen Schneidstoff bei hohen Schnittgeschwindigkeiten. Allerdings ist er ungeeignet für die Verwendung bei Stäh-
len, da dieser eine hohe Reaktionsneigung mit dem Kohlenstoff im Diamant entwickelt. Daher wird für die Stahlbearbeitung auf
Bornitrid zurückgegriffen [9].
Hartmetall ist ein Gemisch aus einem Hartstoff, der für die guten Schneideigenschaften sorgt und einem Binder, der die kör-
nigen Hartstoffteile zusammenhält und gleichzeitig für eine erhöhte Duktilität gegenüber dem reinen Hartstoff sorgt. Die Anteile
werden in Pulverform gemischt, geformt und anschließend gesintert. Eventuell kann in weiteren Zwischenschritten eine mechani-
sche Bearbeitung hinzugefügt werden [9]. Die Kombination der Eigenschaften beider Stoffe macht es möglich, aus Hartmetall auch
komplexere Werkzeuge als Wendeschneidplatten zu formen, beispielsweise Bohrer oder Fräser [11].
Als Hartstoffe kommen folgende Materialien zum Einsatz [9]:
Wolframkarbid (WC)
ist einer der am Meisten eingesetzten Materialien. Er zeichnet sich durch große Härte und in Verbindung
mit Kobalt als Bindemittel eine gute innere Bindefähigkeit aus. Die Bindefestigkeit verschlechtert sich jedoch bei hohen
Temperaturen, was die maximale Prozesswärme und damit die Schnittgeschwindigkeit begrenzt.
Titankarbid (TiC)
hat eine höhere Wärmebeständigkeit als WC, ist allerdings spröder und damit bruchanfälliger.
Tantalkarbid (TaC)
wird häufig als Zusatz eingesetzt und erhöht die Kantenfestigkeit, sowie die Zähigkeit von WC-Hartmetallen.
Titannitrid (TiN)
wird in sogenannten Cermets eingesetzt. Es ist hoch verschleißfest.
Als Bindemittel werden eingesetzt:
Kobalt (Co)
ist das am Weitesten verbreitetste Bindemittel und unübertroffen für WC-Hartmetalle. Es sorgt für eine ausreichende
Zähigkeit des Verbundstoffes. Jedoch hat die Kobalt-Bindephase eine starke Adhäsionsneigung zu Stahlwerkstoffen.
6
Nickel (Ni)
wird wegen der besseren Benetzungseigenschaften in Cermets eingesetzt. Es kann durch Kobalt ergänzt werden, um die
Härte des Gemisches zu steigern.
Durch Variation der Anteile können die Schneidstoffeigenschaften von Hartmetall spezifisch angepasst werden. In Abb. 2.4 sind
die Einflüsse von Kobaltgehalt, Hartstoff-Korngröße und Mischkarbidgehalt auf Verschleißfestigkeit, Biegefestigkeit und Härte von
WC-Co-Hartmetallen dargestellt. Daraus lässt sich ermitteln, mit welchen Variationen man die erwünschten Eigenschaften des
Werkzeugs erreichen kann.
Abb.
2.4: Einflussgrößen auf die Eigenschaften von Hartmetallen[9]
Hartmetallwerkzeuge werden fast immer beschichtet. Vor allem bei Hartmetallwerkzeugen mit Kobaltbindephase für die Stahl-
bearbeitung ist dies unerlässlich, da diese Materialpaarung eine starke Adhäsionsneigung entwickelt. Außerdem können durch eine
Beschichtung verschiedene Eigenschaften wie die Oberflächenhärte, die Verschleißbeständigkeit, die Oberflächenrauhigkeit oder
die Temperaturbeständigkeit verbessert werden. Beim Beschichten wird auf die Werkzeugoberfläche eine ca. 1-5
µ
m dicke Schicht
aufgetragen. Dafür gibt es zwei gängige Verfahren. Das CVD-Verfahren (aus dem Englischen: chemical vapour deposition, che-
mische Abscheidung aus der Dampfphase) ist kostengünstig und die einzige bekannte Möglichkeit, eine stabil haftende Schicht
aus Diamant aufzubringen. Da das Verfahren jedoch in einer sehr hohen Umgebungstemperatur (ca. 900°C - 1100°C) angewendet
wird, ist es für Werkzeugstahl ungeeignet. Auch viele Hartmetalle können dabei verspröden. Das PVD-Verfahren (physical vapour
deposition, physikalische Abscheidung aus der Dampfphase) arbeitet bei niedrigeren Temperaturen um 500°C und kann somit für
alle Werkzeugmaterialien angewendet werden.
Als Beschichtungsmaterial kommt häufig Titannitrid (TiN) zum Einsatz, da es eine ausgewogene Mischung aus Härte, Verschleiß-
festigkeit und Oberflächenrauheit bietet. Titankarbonnitrid (TiCN) bietet eine höhere Härte als TiN und bei hohen Anforderungen
an Verschleißfestigkeit und Wärmebeständigkeit wird Titanaluminiumnitrid (TiAlN) verwendet. Diese haben jedoch schlechtere
Gleiteigenschaften als TiN, was vor Allem bei Bohrern unerwünscht ist. Die Oberflächenrauhigkeit kann durch eine zusätzliche
Schicht aus Molybdänsulfid (MoS
2
) oder Wolframkarbid/Kohlenstoff (WC/C) verringert werden. Diese Schichten weißen jedoch
eine deutlich geringere Härte auf und verschleißen dadurch schnell. Eine Nachbeschichtung ist sehr aufwendig, da die Gleitschich-
ten zuvor komplett entfernt werden müssen. Andere Möglichkeiten zur Verbesserung der Gleiteigenschaften sind die mechanische
Nachbearbeitung oder die teilweise Beschichtung des Bohrers mit einer Hartschicht. Oft wird nur der Bohrerkopf beschichtet, wenn
die Qualität der Bohrungswand eine geringere Rolle spielt [11].
7
2.2 Finite Element Methode
Die Finite-Element-Methode ist eine Simulationstechnik, die mit Hilfe eines geometrischen Modells physikalische Sachverhalte im
Computer abbilden und damit reale Prozesse vorausberechnen kann. Sie ist eine relativ junge Technik, die erst seit ca. 60 Jahren
produktiv eingesetzt wird [8]. Allerdings nimmt ihre Anwendung und Verbreitung immer weiter zu. Im Maschinenbau sind die
meisten Problemstellungen zu komplex, um sie analytisch berechnen zu können. Daher werden oft Vereinfachungen getroffen, um
diskrete Modelle zu erschaffen, beispielsweise bei der Starrkörpersimulation. Diese Methoden erreichen jedoch schnell einen hohen
Grad der Komplexität, wenn man die Genauigkeit der Ergebnisse erhöhen möchte. Die FEM bietet hier eine Alternative. Einige
mögliche Einsatzgebiete sind [9]:
· Berechnung elastischer und plastischer Verformungen sowie Spannungsberechnungen an Bauteilen
· dynamische Simulation von Bearbeitungsprozessen
· thermische Problemstellungen
· dynamische Flüssigkeitssimulation
Die FEM kann dabei lineare, wie nichtlineare Probleme bearbeiten. Die Fähigkeiten der Methode sind anhand von Abb. 2.5 er-
kennbar. Hier sind die Ergebnisse eines Vergleichs zwischen FEM-Berechnung und experimenteller Messung eines Bohrprozesses
dargestellt. Die Simulation eines so komplexen Vorganges wie das Bohren stellt extrem hohe Anforderungen an das Simulations-
werkzeug. Dennoch zeigen die Ergebnisse eine überaus gute Übereinstimmung [9].
Abb.
2.5: Vergleich von FEM-Berechnung und Experiment eines Bohrprozesses[9]
2.2.1 Vorgehensweise der FEM-Analyse
Jede FEM-Berechnung findet in den folgenden 3 Phasen statt [8]:
1. Vorbereitung (Pre-Processing)
2. Lösung des Gleichungssystems (Solving)
3. Aufbereitung der Ergebnisse (Post-Processing)
Auf die einzelnen Phasen soll im Folgenden näher eingegangen werden.
8
Pre-Processing
Zu dieser Phase gehört:
· Geometriedefinition
· Gittergenerierung (Meshing)
· Zuweisen von Materialparametern
· Definition von Randbedingungen
Die Geometriedefinition kann direkt erfolgen oder aus einem CAD-System übernommen werden. Letzteres ist die übliche
Vorgehensweise für die Lösung von strukturmechanischen Problemen an Bauteilen. Das Zusammenspiel der Programme ist in Abb.
2.6 dargestellt. Die Schnittstelle ist kann ein genormtes Datenformat sein, das vom CAD-System ausgegeben und vom FEM-System
eingelesen werden kann. Ein gängiges Beispiel ist STEP. Eine weitere Möglichkeit ist eine direkte Schnittstelle, mit deren Hilfe das
CAD-System das Modell unmittelbar übertragen kann. Die Entwicklung der Software geht immer mehr in die Richtung, dass CAD-
und FEM-System in einem Programm vereint werden und hundertprozentig konsistent sind. Erste Lösungen sind mit I-DEAS oder
CatiaV5 bereits auf dem Markt [8].
Abb.
2.6: Zusammenwirken von CAD- und FEM-System[8]
Die Geometrie wird beim Meshing in diskrete Elemente zerlegt. Für diese Netzbildung gibt es spezielle Software, die entweder
als separate Anwendung läuft oder im FEM-System integriert ist. Die Vernetzung hat einen großen Einfluss auf den Berechnungs-
prozess und das Ergebnis. Abb. 2.7 zeigt ein FEM-Gitter eines Zylinderkopfes.
Abb.
2.7: Schnittdarstellung des FEM-Modell eines Zylinderkopfs [22]
9
Generell kann gesagt werden, dass mit einem feineren Gitter die Ergebnisse genauer werden, jedoch erhöht sich der Rechenauf-
wand erheblich. Es ist folglich ein Kompromiss zu finden, der durch adaptive Vernetzung etwas verbessert werden kann. Dabei wird,
wie in Abb. 2.7 zu erkennen ist, die Vernetzungsdichte über das Problemgebiet variiert. Auf diese Weise können empfindliche Stel-
len, zum Beispiel an Punkten mit der höchsten Beanspruchung sehr fein abgebildet werden. Das erhöht hier die Ergebnisgenauigkeit.
Bereiche von untergeordneter Bedeutung werden nur grob vernetzt, was Rechenzeit einspart [8].
Mit der Vernetzung einher geht die Definition der Elemente. Eine vollständige Definition enthält die Elementform, die Anzahl der
Knoten, die Art der Knotenvariablen und die Interpolationsfunktion, mit der die Problemgröße in das innere des Elements abgebildet
wird. Die Elementtypen können nach ihrer Dimensionalität unterteilt werden. Einige Beispiele für gebräuchliche Elementtypen sind
[9]:
· 1-D: Stab
· 2-D: Dreieck, Viereck
· 3-D: Tetraeder, Pentaeder, Pyramide, Hexaeder
Für die Wahl des Problemgebietes, auf dem das Gitter generiert werden soll, gibt es zwei Ansätze. Nach dem Lagrange'schen
Ansatz deformiert sich das Gitter mit dem Material. Diese Vorgehensweise wird fast immer bei strukturmechanischen Problemstel-
lungen verwendet. Problematisch wird sie, wenn sehr große Deformationen auftreten, da das Gitter verzerrt wird. In diesem Fall ist
ein Remeshing erforderlich, was allerdings das Ergebnis verschlechtern kann. Nach dem Euler'schen Ansatz bleibt das Gitter stets
fix. Diese Konstellation wird häufig für strömungsmechanische Berechnungen verwendet.
Als Randbedingungen können äußere Lasten und Kräfte, Kontaktbedingungen, Reibung zwischen zwei Objekten oder Lager-
bedingungen bzw. Verschiebungsbehinderungen auftreten. Sie werden meistens konkreten Knoten des Netzes zugewiesen [8].
Solving
Die FEM unterscheidet sich von anderen numerischen Methoden unter anderem dadurch, dass die Problemgleichungen zunächst
für jedes einzelne Element gelöst werden. Daher werden zur Lösung des Gleichungssystems als erster Schritt die Elementglei-
chungssysteme aufgestellt. Die unbekannten Zustandsgrößen werden an den Elementecken, des sogenannten Knoten, gesucht. Um
die Verteilung der Unbekannten im Inneren des Elements darzustellen, werden Formfunktionen, auch Shape- oder Ansatzfunktio-
nen genannt, eingeführt. Diese werden über den Verlauf des Elements integriert. Aus diesem Grund werden meistens Polynome
als Ansatzfunktionen gewählt, da sie leicht zu integrieren sind. Als Stützstellen dienen bei linearen Elementen die Eckpunkte. Bei
Elementen höherer Ordnung werden zusätzliche Stützstellen auf den Elementkanten, -seiten oder im Inneren gebildet. Dies erlaubt
eine genauere Interpolation der Zustandsgrößen durch die Formfunktion, erhöht allerdings den Rechenaufwand. Die Integration der
Ansatzfunktion wird ausschließlich mit numerischen Methoden durchgeführt [9].
Nach dem Aufstellen der Elementgleichungen werden diese zum Gesamtgleichungssystem (GGS) zusammengesetzt. Um der
Anforderung, dass das GGS vom Computer lösbar sein muss, gerecht zu werden, werden alle Gleichungen in Matrixschreibweise
aufgebaut. Hierfür gibt es verschiedene Verfahren. Für die Lösung von stationären Problemen ohne Zeiteinfluss gibt es die direkten
oder die iterativen Lösungsverfahren. Die Direkten eignen sich nur für kleine Gleichungssysteme, da sie viel Speicherplatz be-
nötigen. Für große Systeme werden ausschließlich iterative Verfahren eingesetzt [8]. Für die Berücksichtigung von Zeiteinflüssen
werden explizite oder implizite Methoden verwendet. Explizite Lösungsverfahren berechnen die Werte eines neuen Zeitschrittes
t
+ t
allein auf Basis der Daten des vorangegangenen Zeitschrittes
t
. Dies verringert den Rechenaufwand, beschränkt allerdings
die maximale Zeitschrittweite erheblich. Implizite Verfahren nutzen für die Berechnung der Werte von
t
+ t
auch Werte des neuen
Zeitschrittes und lösen die Gleichungen iterativ. Der erhöhte Rechenaufwand dieser Vorgehensweise wird in den meisten Fällen
durch die Möglichkeit, erheblich höhere Zeitschritte zu verwenden, ausgeglichen [9].
Aus der Lösung des GGS gehen die Werte der primären Unbekannten hervor. Bei mechanischen Problemen sind dies im All-
gemeinen die Verschiebungen der Knoten. Über Rückrechnung können dann für jeden Knoten aus den primären die sekundären
Unbekannten ausgerechnet werden, zum Beispiel die Spannungen im Bauteil [8].
10
Post-Processing
Nach dem Lösen der Gleichungssysteme liegen die Werte der Unbekannten für jeden Knoten des Gitters vor. Zur Auswertung muss
diese oftmals gewaltige Datenmenge noch aufbereitet werden. Üblicherweise geschieht dies in graphischer Form. In Abb. 2.8 ist ein
typisches Beispiel einer graphischen Datenaufbereitung dargestellt. Die Deformation des Bauteils ist der Ursprungsform überlagert,
wobei die Verformung meistens überhöht dargestellt ist. Die Spannungen werden farblich codiert auf dem Bauteil angezeigt. Oft
wird hier eine Skala mit den Zahlenwerten des Farbcodes angegeben. Auf diese Weise sieht man auf einen Blick die maximale oder
minimale Spannung, sowie deren Verteilung.
Abb.
2.8: Post-Processing-Beispiel eines Bauteils [15]
Eine weitere Möglichkeit der Datenausgabe besteht in der Form von Tabellen. Dies eignet sich vor Allem für die maschinel-
le Weiterverarbeitung der Daten, beispielsweise die automatische Ermittlung von Maximalwerten der Zustandsgrößen, wenn die
Verteilung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Da je nach Größe des Modells die graphische Darstellung erhebliche Rechnerkapa-
zitäten benötigt, kann die tabellarische Ausgabe für bestimmte Anwendungen sinnvoller sein.
Die Auswertung der Daten nach der Berechnung ist unbedingt notwendig, um die Ergebnisse zu verifizieren. Die FEM stellt
nur eine Näherung an die Realität dar und ist fehlerbehaftet. Ein Fehler in der Implementierung des numerischen Verfahrens oder
in der Eingabe der Eingangsdaten kann erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Daher ist es wichtig, die Ergebnisse
mit Referenzwerten zu vergleichen. Diese können aus Experimenten, überschlägigen Berechnungen oder früheren Simulationen
stammen. Mögliche Fehlerquellen für falsche Berechnungsergebnisse sind [8]:
· Diskretisierungsfehler bei der Vernetzung
durch Interpolation der Geometrie
durch Interpolation der Zustandsgrößen
· Fehlerhafte Eingangsdaten (z.B. Werkstoffdaten)
· numerische Fehler aufgrund von Implementierungsfehlern
· Rundungsfehler durch begrenzte Gleitkommadarstellung im Rechner
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2.2.2 Mathematischer Hintergrund
Um die FEM besser zu erklären, wird an dieser Stelle kurz auf die wichtigsten mathematischen Grundlagen eingegangen. Wir
beschränken uns dabei auf den Bereich der Elastostatik, da er für die Berechnungen im Rahmen dieser Arbeit völlig ausreichend
ist. Das heißt, dass nur linear elastisches Werkstoffverhalten betrachtet wird und keine zeitabhängigen Simulationen durchgeführt
werden. In den meisten Fällen sind die Prinzipien jedoch relativ einfach auf dynamische oder nichtlineare Problemstellungen er-
weiterbar. Weiterführende Informationen dazu bietet zum Beispiel [8].
Grundgleichungen der Elastostatik
Die Elastostatik beschreibt elastische Körper unter der Einwirkung von äußeren Kräften. Voraussetzungen dafür sind, dass die Kräfte
klein genug sind, damit die Spannungen nicht über die Fließgrenze steigen und eine plastische Deformation auftritt. Es wird immer
von einem linearen, isotropen Werkstoffverhalten ausgegangen. Das Verhalten eines beliebigen dreidimensionalen Körpers unter
diesen Bedingungen kann mit 15 Unbekannten vollständig beschrieben werden:
· 3 Verschiebungen
· 6 Verzerrungen
· 6 Spannungen
Zwischen diesen Unbekannten gibt es Zusammenhänge:
· Der Zusammenhang zwischen den Verschiebungen und den Verzerrungen ist die kinematische Verträglichkeit. Die einzel-
nen Gleichungen lauten:
xx
=
u
x
,
yy
=
v
y
zz
=
w
z
xy
=
v
x
+
u
y
yz
=
w
y
+
v
z
zx
=
u
z
+
w
x
(2.1)
Darin sind u,v,w die Verschiebungen in die kartesischen Koordinatenrichtungen x,y,z.
xx
,
yy
,
zz
sind die Dehnungen in die
jeweiligen Raumrichtungen und
xy
,
yz
,
zx
geben die Gleitungen in den drei orthogonalen Ebenen an. Um die Gleichungen
leichter handhabbar zu machen, werden sie in Matrizenschreibweise überführt:
=
xx
yy
zz
xy
yz
zx
=
x
0
0
0
y
0
0
0
z
y
x
0
0
z
y
z
0
x
·
u
v
w
= D · u
(2.2)
Mögliche Randbedingungen für diesen Zusammenhang können sein, dass die Verschiebung an bestimmten Knoten gesperrt
wird:
u = 0
.
12
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (eBook)
- 9783836640138
- DOI
- 10.3239/9783836640138
- Dateigröße
- 3.4 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Technische Universität Darmstadt – Maschinenbau
- Erscheinungsdatum
- 2009 (Dezember)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- matlab technologie bohren festigkeitsrechnung
- Produktsicherheit
- Diplom.de